Bücher mit dem Tag "ausreise"
33 Bücher
- Uwe Tellkamp
Der Turm
(176)Aktuelle Rezension von: werthelotteIm Jahre 2008 veröffentlicht Uwe Tellkamp seinen dritten Roman „Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land.“ und befasst sich darin mit einer Familiengeschichte in den letzten sieben Jahren der DDR, vor dem Mauerfall. Die Handlung spielt in dem Villenviertel am östlichen Elbgang in Dresden, in dem Tellkamp selbst ab 1977 aufwuchs. Der Roman verfolgt den 17-Jährigen Protagonisten Christian Hoffmann über sein Aufwachsen im bildungsbürgerlichen Milieu der DDR, seine Erfahrungen bei der Nationalen Volksarmee (kurz: NVA) und seinem Wunsch Arzt zu werden um den Erwartungen seines Vaters gerecht zu werden. Neben dem Untergang der DDR, skizziert Tellkamp eine Großfamilie und deren verschiedene Generationen, mit den daraus resultierenden Generationskonflikten.
Tellkamp gelingt es einen glaubhaften Einblick in die letzten Jahre der deutschen demokratischen Republik zu geben. Seine kritischen Äußerungen gegenüber dem damaligen System und die Veranschaulichung der Notwendigkeit von Anpassung, weckt bei vielen Gleichaltrigen und Generationsvorgängern Erinnerungen an die damalige Zeit und persönliche Schicksale. Doch der Roman beinhaltet noch viel mehr als lediglich die kritische Auseinandersetzung mit dem Sozialismus: Das zahlreiche Auftreten verschiedener Generationen und deren unterschiedliche Werteauffassungen, führen zu einem fast endgültigen Bruch der Familie. Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Generationskonflikts wird bei der Behandlung dieses Romans leider zu häufig außer Acht gelassen, verdient aber auf Grund seiner Plausibilität und Zeitlosigkeit mehr Aufmerksamkeit. Denn Generationskonflikte werden zwar erst auf den zweiten Blick richtig wahrgenommen, geschehen aber jeden Tag innerhalb Familie, Beruf oder auf offener Straße.
Tellkamp hat mit „Der Turm“ ein unglaublich umfangreiches Werk erschaffen, dass eine Vielzahl von Kritikäußerungen und Konflikten innerhalb einer Familie aufzeigt. Die realitätsnahe Schilderung und das Identifikationspotenzial, das dieser Roman aufzeigt, macht es zu einem ganz besonderen und außergewöhnlichen Werk.
- Jürgen Ehlers
Nur ein gewöhnlicher Mord
(12)Aktuelle Rezension von: hermineInhalt:
Juli 1939. In einem Park in Hamburg wird die Leiche einer Frau gefunden. Sie wurde mit einem Stein erschlagen, ihr Gesicht mit einem Messer unkenntlich gemacht. Kommissar Berger und seine Leute haben das Opfer rasch identifiziert: Ines Reuther, 45 Jahre alt, geschieden und sehr wohlhabend. Vieles deutet auf einen Raubmord hin, aber auch andere Motive sind denkbar. Die Tote war eine exzentrische Frau mit einem ausschweifenden Liebesleben. War es ein eifersüchtiger Verehrer? Oder eine der beiden Töchter, die an das Geld herankommen wollten, bevor ihre Mutter alles verschleudert? Eine von ihnen ist mit einem SS-Offizier liiert, was Bergers Arbeit nicht gerade erleichtert. Wer ist der geheimnisvolle Anrufer, mit dem die Tote angeblich wenige Stunden vor dem Mord telefoniert hat? Und wer ist die Besucherin aus Polen, mit der sich Ines Reuther in Hamburg getroffen hat? Gegen den Rat seiner Freunde beschließt Berger, nach Polen zu fahren, um der Sache auf den Grund zu gehen. Kurz nach seiner Ankunft wird er verhaftet. Er erfährt, dass Deutschland soeben Polen angegriffen hat.
Meine Meinung:
Der Krimi hat mir sehr gut gefallen, er war an jeder Stelle spannend gestaltet. Der historische Hintergrund war gekonnt einbezogen, ohne dass aus dem Roman eine Abhandlung über den Nationalsozialismus wurde.
Toll finde ich, dass der Krimi sehr gut recherchiert war und vieles wirklich so damals stattgefunden hat. Diese gute Recherchearbeit ist zu bewundern! Die Kombination aus Krimi und historischer Hintergrund ist sehr gut gelungen.
Ehlers detailreiche und realistische Erzählweise und sein Schreibstil geben dem Krimi einen besonderen Touch.
Fazit:
Für alle Geschichts- und/oder Krimifans wärmstens zu empfehlen!
- Chris Cleave
Little Bee
(250)Aktuelle Rezension von: MarywyDieses Buch lässt nachdenklich und schockiert zurück und dich deine Weltsicht hinterfragen. Die Story verursacht an vielen Stellen ein mulmiges Gefühl, ist aber gleichzeitig auch eine Geschichte der Hoffnung und der Liebe, die unbedingt gelesen werden sollte.
- Iris Wolff
Die Unschärfe der Welt
(153)Aktuelle Rezension von: graphidaDie Unschärfe der Welt war mein erstes Buch von Iris Wolf.
Der Beginn war sehr vielversprechend, eine schöne, detailreiche und poetische Sprache, so dass es eine Freude war die Zeilen zu lesen.
Nach der ersten Geschichte blieb es aber leider etwas unscharf und farblos. Nur eine schöne Sprache war nicht genug um mich mitzunehmen, obgleich mich der Hintergrund (Banat, Rumänien) sehr interessiert hat.
Ich habe es zunehmend verwirrend empfunden und es fehlte mir die Tiefe um mehr als 2 Sterne zu vergeben.
- Henri Charriere
Papillon
(117)Aktuelle Rezension von: Pia_KuepperIn dem Buch beschreibt der Autor Henri seine diversen Fluchtversuche aus dem Gefängnis und wie er es letztendlich doch zu einem ehrbaren, vor allem freien Leben geschafft hat.
Dieses Buch gehört zu den Klassikern und sollte gelesen werden. Auch wenn es mir persönlich etwas zu mühsam war, da es sich in vielen Dingen zu sehr gezogen hat, ist es doch ein lesenswerter Tatsachenbericht.
Am besten ist mir sein Aufenthalt bei den Indianern und seinen zwei Frauen in Erinnerung geblieben. Ich frage mich immer noch, warum genau er wieder fortgegangen ist. Immerhin hatte er es doch sehr gut dort. Allerdings hat er sich selber auch oft diese Frage gestellt.
Dieses Buch ist für alle geeignet, die sich für Tatsachenberichte interessieren. Alle, die die große Liebesgeschichte erwarten, werden enttäuscht werden.
Nichtsdestotrotz, auch wenn es meinen Geschmack nicht zu 100% getroffen hat, bin ich froh, einen weiteren Klassiker der Weltliteratur gelesen zu haben.
- Leon de Winter
Sokolows Universum
(54)Aktuelle Rezension von: DuffySascha Solokov war Raumfahrtforscher in der Sowjetunion. Bis ein Projekt scheiterte, an dem er mit seinem Freund Lew gearbeitet hat und für das die beiden zur Verantwortung gezogen wurden. Ihre Wege trennen sich danach und Solokovs Abstieg beginnt. Der endet in Tel Aviv, wo er als Straßenkehrer arbeitet und dem Alkohol verfallen ist. Als er Zeuge eines Mordes wird und in dem Mörder glaubt, seinen alten Freund Lew erkannt zu haben, wendet sich das Blatt.
Unglaublich viel Inhalt steckt in dem Buch. Es ist nicht nur die Geschichte der zwei Freunde, die im Wechsel von Gegenwart und Retrospektive aufgearbeitet wird, sondern es ist auch das Ende der Sowjetunion, die Besetzung Kuwaits durch die Iraker, organisertes Verbrechen, das Leben eines russischen Immigranten in Israel, die Rituale des Judentums, Verrat und natürlich Liebe enthalten. So kann man dieses Buch nicht einordnen, nennen wir es einfach nur Roman. De Winter ist ein großartiger Erzähler, manchmal hat man das Gefühl, als hätten ein paar Passagen überflüssige Längen, doch das ist selten und unterbricht den Fluss nicht. Konsequent erzählt er die Geschichte bis zu ihrem überraschenden Ende. Sehr gutes Buch, aber de Winter hat sich in seiner weiteren Schriftstellerlaufbahn mit seinen jüngsten Büchern noch einmal deutlich steigern können. - Herta Müller
Herztier
(62)Aktuelle Rezension von: BuecherwuermerIm Grunde ist über Herta Müller alles gesagt und geschrieben. Für mich gibt es keine Dichterin, keinen Dichter, die oder der sich auf diese einzigartige literarische Weise mit dem Totalitären gerade im sozialistischen Rumänien auseinandergesetzt hat. Und obgleich das stets wiederkehrende, stets quälende Thema im Gesamtwerk der Müller das Lesen oft zum Kraftakt werden lässt, schafft es die Dichterin durch ihre einzigartige Sprachkunst, dass die Lektüre immer wieder ein Genuss ist. Dies gilt vor allem auch für den Roman "Herztier", den ich sicher noch einmal lesen werde.
- Jochen Rehm
Liebe, Hoffnung, Tod
(33)Aktuelle Rezension von: MarjuvinKlappentext:
„Sarah,ich bin kein Nazi, wie könnte ich denn auch, wenn die Frau, die ich liebe und mit der ich zusammensein will, Jüdin ist?“ Die Geschichte von Sarah und Ludwig, deren Liebe am politischen Wahnsinn der 30er Jahre zu scheitern droht, ein Buch über Aufbruch und Neuanfang, Entäuschung und Hoffnung.
Rezension:
Ich habe sehr lange gebraucht, um das Buch zur Hand zu nehmen, da ich einen biografischen, auf Tatsachen aufgebauten Roman erwartet habe. Ich bin also dem Irrglauben aufgessessen, den ich nun auch in vielen anderen Rezensionen zu diesem Buch entdeckt habe. Mich hingegen hat es Anfangs jedoch positiv überrascht, da es dann weniger "sachlich" war, als ich befürchtet hatte. Bis zur Phase, in denen Lena und Ludwig sich einander nähern, hat mir das Buch ausnehmend gut gefallen, danach hat es leider für mich einiges an Glaubwürdigkeit eingebüßt, ohne es konkret an Einzelheiten festmachen zu können.
Was ich als störend empfand war, dass in direkten Reden das "Sie" und "Ihren/Ihre" usw. niemals in Großschreibung war. Zuerst dachte ich an einen einmaligen Tippfehler, aber es zieht sich durch. Generell gab es einige Stellen, an denen die Groß- / Kleinschreibung nicht korrekt war. An der Stelle von Romans und Lenas Hochzeit wechselte Lena namentlich zwei mal zu Sarah und wieder zurück, was mich extrem aus dem Lesefluss brachte. Ich blätterte vor und zurück, in der Annahme, dass ich einen Szenenwechsel verpasst hatte.
Insgesamt empfand ich es durchaus als Lesevergnügen, jedoch mit ein paar Schwächen; insbesondere würde dem Buch ein anderer Titel gut tun. - Ulrich Alexander Boschwitz
Der Reisende
(137)Aktuelle Rezension von: PikamadsGerade weil es eine so authentische Geschichte ist, werden alle Emotionen bildgewaltig nähergebracht. Ich musste das Buch doch tatsächlich öfter aus der Hand legen, weil es einfach so überwältigend war. Das Wissen, dass die Behandlung der Menschen in Bezug auf Otto Silbermann in so vielen Fällen einfach so falsch ist und doch aus der damaligen Überzeugung heraus geschieht, macht es einfach umso bedrückender seinem Schicksal zu folgen.
- Alexandra Tobor
Sitzen vier Polen im Auto
(59)Aktuelle Rezension von: Nini61Alexandra wächst in Polen Anfang der 80er Jahre auf. Durch Zufall findet sie im Keller der Großmutter einen alten QUELLE-Katalog. Total fasziniert sieht sie sich die Bilder an, von Frauen in unglaublichen Kleidern, Männern und Kindern, die Sachen tragen, die sie noch nie gesehen hat und Spielsachen in unvorstellbarem Ausmaß und Farben. Seit diesem Tag will sie auch „rausfahren“. Der Insider-Begriff für das Auswandern in die gelobte BRD, wo angeblich die Straßen mit weißer Schokolade gepflastert sind und es alles gibt, was man sich nur wünscht. Nachdem ihr Onkel schon seit 2 Jahren drüben ist, beschließen die Eltern von Alexandra, ebenfalls mit ihrem Fiat Polska den Schritt zu wagen. Eine Odyssee über Durchgangslager und Behördengänge beginnt. Aus der Sicht von einem 8-10 Jährigen Mädchen erlebt man hier die Schwierigkeiten und die teilweise unfreiwillige Komik des Aussiedlerdaseins. Auch die Ablehnung der BRD Bürger wird angesprochen. Alexandra Tobor beschreibt die Zeit bis zur Kommunion des kleinen polnischen Mädchens, das Buch ist durchweg schön zu lesen und man sieht die Probleme der Aussiedler mit einem lachenden und weinenden Auge… - Ines Thorn
Das Glück am Ende des Ozeans
(60)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderGottwitha, Annett und die schwangere Susanne treffen sich auf einem Auswandererschiff nach Amerika. Sie steigen alle im Jahre 1876 in Bremen an Bord. Jede aus einem anderen Grund und jede mit einer ganz besonderen Hoffnung und mit eigenen Wünschen und Gefühlen. Das Leben dort hält viele Überraschungen bereit und es ist eine Freundschaft zwischen den dreien auf der Überfahrt entstanden und vertraut einander und als ein Fremder auftaucht und das neue Leben ins wanken bringt, halten die drei Frauen fester zusammen als jemals zuvor. Eine spannende Auswanderer Sage und eine zu Herzen gehende Freundschaftsgeschichte. Toll!
- Herta Müller
Der Mensch ist ein großer Fasan auf der Welt
(18)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderEs tut mir ja leid für Frau Müller, die sympathische Nobelpreisträgerin, aber dieses Buch ist nichts. Das die Story traurig und elend ist, ergibt sich aus dem Thema. Aber die Sprache in diesem Buch ist furchtbar. Eine Freundin von mir die nicht viel liest, hat die erste SEite gelesen und gefragt, was für ein Kinderaufsatz das ist. Leider muss ich ihr da recht geben. Kurze Sätze wie Der Mann geht aus dem Haus. Der Wind weht. usw. Was soll das? Es ermüdet und erinnert echt an einen schlechten Schulaufsatz und nicht an eine große Schriftsetllerin. Hätte man so einen Aufsatz abgeliefert, hätte man ganz schlechte Noten bekommen
- Eva-Maria Neumann
Sie nahmen mir nicht nur die Freiheit
(9)Aktuelle Rezension von: RedrosebooksIch bin nach dem Mauerfall geboren, von daher kenne ich das geteilte Deutschland nur aus Geschichten. Es ist schwer, die damaligen Verhältnisse zu begreifen und so richtig nachvollziehen kann man das ganze wohl nur, wenn man es miterleben musste, aber Eva-Marias Roman hat mir das ganze auf jeden Fall näher gebracht. Sie beschreibt schockierend ehrlich ihre eigenen Erlebnisse und stellt damit mit Sicherheit keinen Einzelfall da. Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen und mochte es sehr. Ich empfehle das Buch eigentlich jedem, jene die es mit erlebt haben, zur Aufarbeitung und die, die wie ich nicht wirklich viel über die damaligen Verhältnisse wussten.
- Marion Brasch
Ab jetzt ist Ruhe
(82)Aktuelle Rezension von: jannehanneSchreibt leicht über das Schwere, feine Psychologie, nimmt den Leser emotional mit.
S.64 "Doch dieses Weihnachtsfest war anders. Ich spürte schon am Vormittag, dass irgendetwas faul war. Oder besser ich hörte es. Aus der Küche klang schlechtgelauntes Tellerklappern, Töpfe lähmen auf dem Herd, und das Besteck ließ sich beleidigt in den Besteckkasten fallen. Meine Mutter war sauer."
- Manfred Krug
Abgehauen
(22)Aktuelle Rezension von: Jens65Zwanzig Jahre nach seiner eigenen Ausreise aus der DDR (1978) schildert Manfred Krug eindrucksvoll, welches Repressionen er sich als kritischer Künstler in der DDR ausgesetzt sah, obwohl er ein großer Star dort war. Repressionen, die an ein Berufsverbot für den gefeierten Sänger und Schauspieler grenzten und die ihm keine Wahl ließen - außer einem Ausreiseantrag. Manfred Krug, dem Unterhalter, ist ein Stück Zeitgeschichte und DDR-Vergangenheitsbewältigung gelungen, welches unbedingt lesenswert ist ! - Hubert Bär
Damals im Roten Kakadu
(1)Aktuelle Rezension von: ewigeweltenDresden, 1961: Hans, der sich Johnny nennt, ist passionierter Schachspieler und Ted Herold-Fan und will am liebsten Journalistik studieren. Ihn interessiert alles, von Sport bis Sonnenfinsternis, aber mit dem Studium ist das nicht so einfach: An der Uni Leipzig will man ihn nicht haben, weil er für den Beruf nicht genug politische Gesinnung beweist, und da ihm seine gebliebte Bruni ohnehin die kalte Schulter zeigt, überlegt er, mit Achim nach Brasilien auszuwandern – dort könnte er dann Karten nach Hause schicken und vielleicht für die hiesige Zeitung schreiben … Aber erstmal muss er doch sein Abitur fertigmachen – und ist das überhaupt so einfach, wegzugehen?
Das Dresden der DDR ist bei „Damals im Roten Kakadu“ allgegenwärtig: Obusse und die lokalen Lichtspielhäuser, der „Pilz“ am Schillerplatz, Loschwitz mit seiner Seilbahn und die Elbwiesen sind Details, die damaligen Dresdnern täglich begegnet sind. Viele „Spuren“ von damals lassen sich noch heute live erleben: So zum Beispiel die „Kakadu“-Bar im Parkhotel, die jedoch nur noch für geschlossene Veranstaltungen gemietet werden kann. Auch wenn die Schaufester heute andere Auslagen zeigen, kann man bei einem Spaziergang am Schillerplatz oder auf dem Blauen Wunder die Zeitreise im Roman nachvollziehen – so lebendig beschreibt Bergmann das Dresden der frühen Sechziger.
Der gebürtige Dresdner flüchtete 1961 aus der DDR und kehrte erst 2006 endgültig zurück. Sein Roman ist autobiografisch geprägt, der Held Johnny ist gleich alt und durchlebt Höhen und Tiefen, während er nach einem Weg für sein persönliches Glück sucht. „Damals im Roten Kakadu“ (2005) schrieb Bergmann aus der Erinnerung mit aufwendigen Recherchen. Sein Erstling „Cuba Libre in Benidorm“ (1977) war eine literarische Tourismus-Kritik, die als Fischer Taschenbuch erschien. Danach weitete Rolf Bergmann seine Themen in alle Richtungen seiner Erfahrungen und Interessengebiete: Der Taxi-Krimi „422“ (2003) reiht sich neben zwei biografische Werke über den Mannheimer Art Brut Künstler Ernst Kolb (2000 und 2013), ebenso wie den Schriftsteller-Roman „Der Mann, der aus den Quadraten fiel“ (2009). Bergmanns neues Werk ist wieder ein Krimi, der auf Mallorca spielt, und kommt im November heraus.
Der zeitliche Abstand zwischen Handlung und Veröffentlichung des Romans schadet der Authentizität kein Stück: Die atmosphärischen Kulissen, wie die Jazzclubs, sind ebenso detailliert wie die Beschreibungen der angesagten Filme und Musiktitel in der damaligen Jugend. Die politische Prägung wirkt unterschwellig-aufdringlich auf eine sehr realistische Art: Während die Jugendlichen jeden Freiraum nutzen, den sie bekommen können, erklärt man ihnen sozialistische Interpretationen von Goethes Faust und beschuldigt ihre Rockmusik der „klassenfeindlichen“ Weltanschauung.
„Zero hatte Johnny insgeheim die Station getauft. Talstation klang zu banal. Die Welt war dazu da, neu benannt zu werden. Zero to One. Aus dem Nichts auf den Gipfel, plötzlich die Nummer Eins sein. Wie es Ted Herold geschafft hatte, der nur fünf Tage älter als Johnny war. Und Schiller war 18 gewesen, als er die ‚Räuber‘ schrieb. Er musste irgendwie auf die Tube drücken, wenn er noch etwas erreichen wollte.“
Stilistisch zeigt sich der Dozent und Lektor: Bergmann schreibt im anschaulichen Nominalstil und hält sich an jedem Fakt gerade lange genug auf, um das Interesse zu wecken. Er charakterisiert seine Figuren raffiniert von innen und außen – nur die Mädchen erscheinen ein wenig blass; in ihre Werte und Ziele bekommt man wenig Einblick.
Doch die Unsicherheit in der Jugend ist spürbar: Eingeschränkte Perspektive und ständige Wachsamkeit, weil man Freund und Feind kaum unterscheiden kann. Ihre Träume sind bescheiden: Ein Kofferradio, Jeans oder die Fahrt nach West-Berlin sind die Highlights in Johnnys DDR-Jugend und zeigen das für heutige Verhältnisse einfache Leben ohne Überfluss und einen Horizont, der für viele an der Ostsee endet, die in Johnnys Vorstellung eigentlich genauso gut nur eine Kulisse sein könnte.
„… vor allem galt es, dem Schaffner ein überlegenes Gesicht zu zeigen, um ihn die ganze Lächerlichkeit seiner kleinkarierten Existenz spüren zu lassen, von der Johnny sich nie und nimmer unterkriegen lassen würde.“
Josefine Gottwald für Elbmargarita.de
- Hera Lind
Über alle Grenzen
(42)Aktuelle Rezension von: rose7474Da mir zuletzt ein anderer Roman von Hera Lind, der auf wahren Begebenheiten beruht so gut gefiel wollte ich unbedingt auch diesen lesen. Er konnte mich auch sehr berühren und stimmte mich nachdrnklich.
Die Geschichte in der Vergangenheit, die in der DDR spielte war nicht alltäglich und mir gefiel auch der Gegenwartsstrang sehr. Ich finde es wichtig, dass über das Thema Pflege geschrieben wird. Lotti mochte ich sehr und fand es so schön, wie sie sich um ihren Bruder Bruno kümmerte.
Das Buch wollte ich kaum aus der Hand legen und fesselte mich gleich. Daher vergebe ich 4 1/2 Sterne und eine Leseempfehlung. Einen halben Stern ziehe ich ab, da ich noch mehr von Bruno erfahren hätte. Jedoch ein sehr lesenswertes und wichtiges Buch.
- Waltraud Krüger
Ausreiseantrag. Sie nannten mich Nervensäge.
(1)Aktuelle Rezension von: Tweetywoman76Ich bin eher zufällig über dieses Buch gestolpert, welches bereits 1989 erschien. Waltraud Krüger beschreibt darin ihre Kindheit und Jugend, welche sie in diversen Heimen verlebte. Kurz vor ihrem 18 Lebensjahr lernte sie auf ihren Wunsch hin ihre Mutter kennen, welche in Stollberg (Erzgebirge) im Zuchthaus saß. Anfangs kann sich Waltraud Krüger mit dem Staat DDR aufgrund ihrer sozialistischen Erziehung identifizieren. Mit zunehmender Reife und Selbständigkeit kommt sie jedoch immer häufiger in Situationen, in denen sie die DDR und ihr System in Frage stellt. Offene Meinungsäußerung ist nicht erwünscht, wird mit Repressalien geahndet. Waltraud Krüger ist inzwischen verheiratet und Mutter einer Tochter. In ihr und ihrem Mann wird der Wunsch nach Ausreise in die BRD immer stärker. Immer wieder beantragen sie die Ausreise, immer wieder wird diese abgelehnt. Sie lassen sich nicht entmutigen, auch wenn sie wissen, dass mit jedem neuen Antrag das alltägliche Leben schwieriger wird, sie mit Einschnitten zu rechnen haben. „Krönung“ des Ganzen ist die Einweisung von Waltraud Krüger in eine Psychiatrische Klinik. „Aufgrund ihrer seit Wochen auffälligen Verhaltensweisen ergab sich der Verdacht auf das Vorliegen einer seelischen Störung.“ hieß es bei der Zwangseinweisung, Und: „Wer den sozialistischen Staat DDR verlassen will, kann nicht normal sein.“ Familie Krüger gibt nie die Hoffnung auf. Sie haben Freunde in der BRD, welche ihre Geschichte publik machen. Nach 8 Jahren, die gezeichnet waren von Schikane, Quälerei, Misshandlung und oft auch Hoffnungslosigkeit, erhielten sie die lang ersehnte Ausreisegenehmigung. Das Buch ist ein detailreiches Dokument darüber, wie das Leben einer Familie fremdbestimmt werden kann und darüber, was Menschen aus ideologischen Gründen heraus in der Lage sind, anderen anzutun, ohne darin Fehlverhalten zu sehen. - Jörg Bong
Werke, Band 5: »Ich«
(11)Aktuelle Rezension von: GertDer Plot ist gut, wenngleich etwas skurril und langatmig. Es bedarf schon ziemlicher Durchhaltekraft, dieses Buch bis zum Letzten durchzuhalten und diesem Handlungsverlauf zu folgen. Sicher, als Westdeutscher versteht man das meiste eh nicht und es macht einen sprach- und deutungslos vor der damaligen Situation in der DDR. Der Schreibstil ist sehr literarisch und eigentlich noch das Spannenste an diesem Buch. Es lohnt sich, vieles sprachlich "abzuklopfen" und es aufmerksam zu lesen. - Johanna Marie Jakob
Inhalt: Äußerst bedenklich
(9)Aktuelle Rezension von: AnMich_09
Der "Gelbe Hund" birgt eine Handvoll kurzer Szenen aus einer Zeit, die mir selbst offensichtlich eher fremd ist, obgleich ich ein paar Jahre dieser Zeit auch miterlebt habe.
Beim Lesen kommt man sich zuweilen vor wie bei einem Familientreffen, in dem Anekdoten und Erlebnisse zum Besten gegeben werden.
Jede Perspektive ist vertreten: die des Kindes, des Reisenden im Grenzverkehr, des Zollbeamten, des Arbeiters, Tankwarts usw.
Die Vielfalt der Perspektiven ermöglicht, sich in verschiedene Positionen hineinzuversetzen. Einzig der Zollbeamte konnte keinerlei Empathie oder auch nur ansatzweise Nachvollziehbarkeit im Denken oder Handeln bei mir hervorrufen.
Wunderbar fand ich die überspitzte Abstrusität der Geschichte der Zuckerrübenbauern. Ich fand den Irrsinn in der absoluten Konsequenz, mit der Ideologien hier bis ins Kleinste weitergedacht werden, einerseits humorvoll, andererseits mahnend.
(Generation VEB vs. Generation Aldi.... eine wirklich humorvolle Konfrontation)
Insgesamt lässt mich das Buch in der Sache selbst ein wenig ratlos und nachdenklich zurück, ich kann mich trotzdem oder gerade deshalb nicht für ein geschichtliches "Gut" oder "Böse" entscheiden; tendiere eher zur Differenzierung im Kleinen, für ein menschliches "Gut" oder "Böse".
Aber vielleicht ist ja das auch genau die beste Betrachtungsweise.
Damals von der Mehrheit verteufelt, heute (viel zu) oft glorifiziert hat wohl jede Position zur DDR, welcher Erlebnisse sie auch geschuldet sein mag, ihre Berechtigung.
Fazit: Lesen lohnt sich!
- Alexandra Friedmann
Besserland
(40)Aktuelle Rezension von: sursulapitschiAls Ende der 80er Jahre in der UDSSR die Perestroika ausgerufen wird, ist man begeistert im russischen Gomel. Ungeahnte Möglichkeiten tun sich auf.
In heiteren Episoden erzählt Alexandra Friedmann von ihrer umfangreichen Familie. Man hat sich arrangiert im sozialistischen Russland, ist das Schlangestehen gewöhnt, hat Beziehungen und wenn nicht, kennt man jemanden, der Beziehungen hat und an entscheidender Stelle ein paar Flaschen Wodka hinterlegen kann. Mit der Perestroika wird die Situation irrwitzig. Niemand weiß mit der neuen Freiheit umzugehen, versucht aber trotzdem sein Glück mit windigen Geschäftsmodellen.
Irgendwann hat die Familie Friedmann genug: Sie wandern aus. Am besten nach Amerika.
Das ist ein wirklich spannendes Thema, das hier sehr unterhaltsam dargeboten wird. Für meinen Geschmack war es fast zu unterhaltsam. Gerade der erste Teil in Russland liest sich wie eine Slapstick-Komödie, in der sich unterschiedlichste Menschen mit skurrilsten Methoden durchs Leben schlagen. Es liest sich höchst spaßig, aber in all dem Irrsinn kann man über den Grund, warum die Familie auswandern will, nur mutmaßen. Man könnte diese Idee fast für eine spontane Laune halten. Und an dieser Stelle hätte ich mir mehr Substanz erhofft. Eine Familie wandert aus ins „Besserland“, das ist kein Scherz. Dahinter sollte man Schicksalhaftes wenigstens erahnen können.
Auch die Figuren bleiben gängigen Komödien-Klischees treu. Vater Edik scheint trotz Hochschulabschluss ein Ausbund an Naivität zu sein. Immer wieder rennt er treuherzig ins Schlamassel. Oma Anna tut, was russische Omas so tun: Kochen, backen und zetern. Man ist amüsiert, aber nicht überrascht.
Von diesem Buch hatte ich mir Einblick in russisches Leben und Denken erhofft, den ich im Ansatz auch bekommen habe. Allerdings überwiegt der Eindruck, Russen sind findige Schlitzohren, die immer Wodka trinken und Auswandern ist ein Abenteuer, das man mit etwas Geduld gerne mal unternehmen kann. Gar so einfach kann es nicht sein.
- J.M. Coetzee
Leben und Zeit des Michael K.
(26)Aktuelle Rezension von: NeleMichael K. ist ein junger Mann, der so irgendwie gar nicht in seine Zeit hineinpassen will / kann. Er wächst in Südafrika zur Zeit des Bürgerkrieges auf. Nachdem seine Mutter schwer erkrankt, will er ihr einen Gefallen tun und begibt sich mit ihr auf eine Reise hin zu dem Ort ihrer Kindheit. Auf der Reise verstirbt die Mutter und Michael sieht sich alleine mit der Asche seiner Mutter zurück auf der Strecke. Es beginnt eine Odyssee mit verschiedensten Aufenthaltsorten und verschiedensten Personen denen er begegnet. Das Buch ist geprägt von Zwangsarbeitern und Arbeitslagern, in die Michael immer wieder eingewiesen wird, nachdem er versucht, sich selbst durch das Leben zu schlagen. Auch seine Abneigung gegen Nahrung wird im Buch dargestellt. Er wüsste nicht, warum er im Krankenlager essen sollte, früher hätten sich Leute auch nicht dafür interessiert ob er isst oder nicht. Es ist schon erschütternd zu lesen, wie Michael eine Reise durch eine Zeit antritt, die gefährlich genug ist. Er, der sich dagegen wehrt, sich mit ihr zu beschäftigen, hat es noch viel schwerer. Auf sich alleine gestellt erlebt er mancherlei Abenteuer und mausert sich zu einem jungen Erwachsenen, der sein Leben versucht in den Griff zu bekommen. Stellenweise hat mir die Sprache des Buches nicht zugesagt, ich kam leider nur schleppend hinein. Das die Geschichte allerdings eine Gute ist, kann ich bestätigen (Coetzee ist nicht umsonst Literaturnobelpreisträger). Das Bild Südafrikas zur Zeit des Bürgerkriegs wird gut und abschreckend für den Leser dargestellt. Ein lesenswertes Buch! - Steffen Möller
Expedition zu den Polen
(26)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderSteffen Möller war 1994 nach Polen gegangen, weil ihn ein Angebot am schwarzen Brett seiner Uni aufmerksam gemacht hatte. Bis 2008 lebte er dort und lernte Land und Leute kennen und feierte als Comedian und Schauspieler Erfolge. Heute pendelt er zwischen Berlin und Warschau. Er nimmt uns mit auf eine Zugfahrt nach Warschau und zeigt die Besonderheiten, Kuriositäten und Lebensbräuche der Polen auf. Es ist das dritt beliebteste Auswanderungsland der Deutschen und ist 2012 unter anderem der Austragungsort der Fußball EM. Was hat das Land aber sonst zu bieten? Gelten alte Vorurteile überhaupt noch und wie wird man als Deutscher behandelt? Ein kluger, witziger, geistreicher und ehrlicher und sehr informativer Reisebericht. Steigen Sie ein in den Berlin-Warszawa-Express und lernen sie tolle Menschen, Begebenheiten und Sitten kennen. Gute Reise!