Bücher mit dem Tag "bbc-auswahl"

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18 Bücher

  1. Cover des Buches 2666 (ISBN: 9783596187843)
    Roberto Bolaño

    2666

     (123)
    Aktuelle Rezension von: Jona_DER_Jona

    Zu nächst einmal folgendes: Dieses Buch ist für mich Kanon der Weltliteratur und muss als solches anerkannt werden, Punkt. Bolano beschreibt mit einer Trockenheit und gleichzeitig einer immensen Sensibilität und Einfühlsamkeit die ganz persönlichen und auch völlig unpersönlichen, gesellschaftlichen Abgründe der modernen Gesellschaft. Er erschafft großartige Stimmungsbilder, die sich alle um ein Mysterium ranken, welches bis zum Ende des Romans nicht einmal vollständig erahnt werden kann, dabei bildet man sich ein, mit jeder Seite die Verzweiflung und die Todesnähe, aber auch den den Lebenswillen wahrzunehmen, die der moribunde Autor der Nachwelt hier hinterlassen hat. 

    Stilistisch herausragend, inhaltlich interessant, fesselnd, gesellschaftskritisch, düster: Der Roman hat trotzdem die Schwäche der Länge. Diese wäre für mich nicht einmal das Problem gewesen, wäre da nicht Teil 4 der wie ein Brocken in der Mitte des Romans prangt und den Leser erschlägt mit diversen Beschreibungen von teils sexuell motivierten Frauenmorden, die zuerst erschüttern und recht bald nur noch langweilen. Ich bin hier zerrissen: Das Buch vollständig aufzutrennen wäre Kunstmord, nur Teil 4 zu beseitigen ebenso, in seiner jetztigen Form verschreckt der Roman aber nach wie vor (vielleicht auch zurecht).

    Unbedingt lesenswert, wenn auch dem Leser auf keinen Fall die Entschlossenheit abgehen darf.

  2. Cover des Buches Brüder (ISBN: 9783832162269)
    Hilary Mantel

    Brüder

     (153)
    Aktuelle Rezension von: Ana80

    Aus der Sicht von Danton, Robespierre und Desmoulins erhalten wir in diesem Roman Einblick in die Geschehnisse der Französischen Revolution. Die drei Männer sind und denken sehr unterschiedlich und geraten doch alle in den Sog der Revolution.

    Ich habe es erneut mit Hilary Mantel versucht und muss gestehen, auch hier fiel es mir streckenweise schwer. Der Schreibstil der Autorin macht es der Leserschaft einfach nicht Leicht, am Ball zu bleiben. Oft holprige und abgehackte Dialoge, regelmäßige Verwirrung bei mir, wer denn gerade das Wort ergriffen hat.

    Ich habe mir sehr bewusst das Buch noch in meine Urlaubszeit gelegt, im normalen Alltag hätte ich es nicht geschafft es durchzulesen. Ich bin bei Mantel immer hin und hergerissen, da ich es eigentlich genial finde, dass sie Geschichte nicht schönt und möglichst bei den Fakten bleibt, andererseits ihr Stil mich immer wieder sehr viel Konzentration und Ausdauer kostet.

    Dennoch gefällt mir das Buch. Empfehlen kann ich es allerdings nur Leser/innen, die Vorkenntnisse über die Revolution haben und diese aus der Sicht einiger der wichtigsten Persönlichkeiten der Revolution und zum Teil auch aus Sicht der Frauen betrachten wollen und dafür viel Zeit mitbringen. 

  3. Cover des Buches Die Straße (ISBN: 9783644050518)
    Cormac McCarthy

    Die Straße

     (690)
    Aktuelle Rezension von: Sarita143

    dieser dysotopischer Roman erzählt von einem Vater und seinem Sohn, die ihren Weg nach Süden durch ein zerstörtes Land gehen. 

    Nach einer Postapokalypse (man weiß allerdings nicht, wie es dazu kam) sind das Vater-Sohn-Gespann auf einer Straße Richtung Meer unterwegs, ohne dabei zu wissen, was sie dort eigentlich erwartet. Auf dem Weg leben sie von Lebensmitteln, die sie in verlassenen Häusern finden, aber sehr oft müssen sie hungern und frieren, weil es keine Sonne mehr gibt. Nur noch Rausch und Smog. 

    Die wenigen Überlebenden kämpfen um alles, die 'Bösen' mit allen Mitteln, die 'Guten' mit noch ein wenig Moral.

    Der Roman ist furchteinlösend, großartig und erzählt von der Liebe vom Vater und Sohn, die einem nicht mehr loslässt.. 

  4. Cover des Buches Middlesex (ISBN: 9783499258404)
    Jeffrey Eugenides

    Middlesex

     (510)
    Aktuelle Rezension von: Nackt_und_Gluecklich

    Ich mag es, wenn Geschichten ewig lang ausholen und so hat mich dieses Buch gefesselt. Ich fand das Thema mordspannend und interessant und wäre froh, wenn der momentane Rundumschläger gegen Otto Normalbürger sich einmal dieses Buch ansehen würde, damit er weiß, wie man ein solches Thema seriös und gefühlvoll aufbereiten kann. Das Buch hat nix mit LGBQT zu tun und das ist sehr wohltuend! Eine unbedingte Leseempfehlung für Middlesex.

  5. Cover des Buches Americanah (ISBN: 9783596521067)
    Chimamanda Ngozi Adichie

    Americanah

     (197)
    Aktuelle Rezension von: Linda_Nicklisch

    Dank meiner Schwester bin ich auf dieses wunderbare Buch aufmerksam geworden. 


    Zwei Jugendliche - Ifemelu und Obinze - begegnen sich in ihrer Heimat Nigeria. Es ist etwas besonderes zwischen den beiden, das spürt man schnell. Dieses Buch ist aber alles andere als eine kitschige Liebesgeschichte. Es ist eher eine Studie über zwei Menschen,  deren Leben sich voneinander wegbewegen, die sich aber trotz allem nie wirklich verlieren.


    Ifemelu bekommt die Chance in den USA zu studieren. Sie muss feststellen, dass es Unterschiede zwischen amerikanischen und nicht amerikanischen Schwarzen gibt. Zunächst beginnt sie auch anzupassen und findet Anschluss und auch eine neue Liebe. Die Beobachtungen die sich macht, schreibt sie in einem Blog auf, der entgegen ihrer Erwartungen extrem erfolgreich wird. Sie findet Arbeit und bleibt viele Jahre in den USA. 

    Aufgrund einer ihr sehr unangenehmen Begebenheit zu Beginn ihres Aufenthalts bricht sie den Kontakt zu Obinze ab.


    Obinze versucht noch lange Ifemelu zu erreichen. Ohne Erfolg. Er geht nach England. Nach Ablauf seines Visums bleibt er noch eine Weile illegal, wird aber irgendwann doch abgeschoben. In Nigeria zurück baut er sich ein Unternehmen auf, wird erfolgreich, heiratet, wird Vater.


    Jahre später kommt Ifemelu zurück und sie treffen wieder aufeinander...


    Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um in die Geschichte einzutauchen. Zwischendrin empfand ich einige Passagen als zäh, aber größtenteils übten vor allem das Leben Ifemelus eine große Faszination auf mich aus. Zudem wurden bei Charaktere so beschrieben,  dass ich sie am Liebsten persönlich kennenlernen wollte. 


    Ein ehrlicher teilweise auch erschütternder Blick auf Migranten und damit auch bei uns hochaktuell. 


    Klare Lesemepfehlung.


  6. Cover des Buches Der grössere Teil der Welt (ISBN: 9783104916057)
    Jennifer Egan

    Der grössere Teil der Welt

     (80)
    Aktuelle Rezension von: Forti

    Erwartet hatte ich einen Musik-Roman mit Punkrock, Band- und Tourleben etc. Bekommen habe ich einen Roman, der sich vor allem durch Perspektiv- und Zeitwechsel auszeichnet, das Thema Musik aber immer nur streift. Den Überblick über die verschiedenen Zeitebenen und das umfangreiche Personal zu behalten, war durchaus fordernd. Die Personen, aus deren Perspektive erzählt wird, haben teilweise nur sehr lose Verbindungen zueinander, wodurch es oft überrascht, aus welcher Perspektive als nächstes berichtet wird. So ergibt sich ein vielschichtiger Roman, der sich aber leider recht wenig mit Musik beschäftigt, sondern mehr mit PR-Arbeit, Freundschaft, Liebe, Älterwerden, Drogen - bei großzügiger Betrachtung also mit den Begleiterscheinungen eines Musiker-Lebens.

    Anders als von mir erwartet, teilweise überzeichnet, fordernd, aber durchaus lesenswert.

  7. Cover des Buches Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao (ISBN: 9783596188628)
    Junot Díaz

    Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao

     (85)
    Aktuelle Rezension von: FranziskaBo96

    "Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao" handelt von... nun ja, dem kurzen, wundersamen Leben von Oscar Wao. Als übergewichtiger Nerd mit dominikanischen Wurzeln hat es Oscar oft nicht leicht und so begleiten wir ihn durch seine teils doch sehr aufregenden jungen Jahre. Des weiteren lernen wir die weiblichen Mitglieder von Oscars doch sehr illustren Familie kennen und erfahren nebenbei eine Menge über dominikanische Geschichte und Kultur.

    Für mich war dieses Buch ein Wachrüttler, dass der magische Realismus und ich einfach keine Freunde mehr werden - auch wenn er hier gar nicht so extrem ausgeprägt ist. Die Rückseite des Buches verfügt über ein Zitat, dass die Geschichte als "Gabriel García Márquez auf Speed" bezeichnet, und tatsächlich findet man doch einige Parallelen, obwohl mir "Leben in den Zeiten der Cholera" deutlich besser gefallen hat. Auf den ersten 100 Seiten von "Oscar Wao" war ich immer wieder kurz davor abzubrechen. Ich weiß nicht, ob das ein wesentliches Merkmal des Genres ist oder ob mir das einfach immer bei Büchern des magischen Realismus unterkommt, aber es stößt mich einfach unheimlich ab, wenn Frauenkörper auf extrem detaillierte und ekelhafte Weise beschrieben werden, auch vor minderjährigen Figuren wird da selten Halt gemacht. Allgemein gefiel mir überhaupt nicht, wie über Frauen und ihre Sexualität in diesem Buch geschrieben wird. Die Tatsache, dass Oscar eigentlich der uninteressanteste Charakter des Buches ist, er aber unbedingt Hauptfigur sein muss, spricht auch irgendwie Bände. An dieser Stelle ist sicher auch erwähnenswert, dass gegen den Autor Vorwürfe der sexuellen Belästigung im Raum stehen, was ich erst nach der Lektüre erfahren habe.

    Hinzu kam ein teils unnötig komplizierter Schreibstil, bei dem ich manchmal echt den Eindruck hatte, Díaz schreibt absichtlich übermäßig komplexe Satzstrukturen, nur um den Leser zu ärgern und um selbst schlauer zu wirken.

    Nachdem ich mich jedoch durch die ersten Seiten gekämpft habe und der Fokus zwischenzeitlich ein bisschen von Oscar wegging, konnte ich dem Buch doch noch einiges abgewinnen. Wie bereits erwähnt, fand ich die weiblichen Nebencharaktere, deren Geschichten wir auch erfahren, deutlich interessanter. Nebenbei lernt man außerdem eines über die Geschichte und die Kultur der Dominikanischen Republik und ihre Menschen. Ich denke, hier kann man dem Buch sicher auch etwas mehr abgewinnen, wenn man aus diesem Kulturkreis stammt oder irgendeine Form von Verbindung dazu hat.

  8. Cover des Buches Die bekannte Welt (ISBN: 9783423135368)
    Edward P. Jones

    Die bekannte Welt

     (12)
    Aktuelle Rezension von: Perle

    Klappentext:

    Hoffmann und Campe

    "Das Beste an neuer amerikanischer Literatur, was mir seit Jahren auf den Schreibtisch gekommen ist." (Jonathan Yardly, Washington Post).

    Die bekannte Welt - sie endet in Virginia Mitte des 19. Jahrhunderts für viele Schwarze an den Grenzen der Plantage, auf der sie leben. So auch für Henry Townsend, der als Sklave aufwächst, später von seinem Vater freigekauft wird und schließlich - aus heutiger Sicht Sklavenhalter wird. "Mit einer Dichte, die an William Faulkner und Gabriel Garcia Marquez erinnert" (Nensday), verwebt Edward P. Jones in diesem Roman zahlreiche Lebensgeschichten zu einem großen , unvergeßlichen Bild einer Epoche.


    Eigene Meinung:

    Ja, das stimmt! Schon bei der ersten Seite und die ersten Worte, da wusste ich, dass dieses Buch wunderschön ist. Gut und einfach zu lesen. Ich hätte es schneller lesen und aus haben können, doch ich habe mir eine ganze Woche damit Zeit gelassen und es richtig genossen, in dem dicken Wälzer von über 400 Seiten sprich 447 Seiten zu schmökern. Muss ich immer an die Sendung "Lemmy und die Schmöker" dran denken. Habe ich in den 80ern oft in meiner Jugendzeit geschaut. Im ZDF-Ferienprogramm.


    Es war wirklich sehr interessant es zu lesen, bin froh es doch noch gelesen zu haben, da ich, als ich es Anfang Januar entdeckte, hatte ich zuerst gar keine Lust gehabt es zu lesen, da es über 400 Seiten hatte, diese lese ich eh, wenn überhaupt oft meistens im Herbst oder Winter, was wir ja jetzt haben, an kalten Wintertagen, wenn die Tage länger werden, oder es draußen schneit oder geschneit hat. Und dies war dann das 4. Buch des Jahres bzw. erst auch mal des Monats Januar 2019.


    Auf den Seiten 256 und Seite 257 musste ich sehr schmunzeln und auch ziemlich lachen. Auch nochmal an andere Stelle glaube ich mich erinnern zu können, aber auf Seite 256 am meisten. Das konnte ich mir richtig vor Augen vorstellen, weil ich das bestimmt mal gesehen hatte, mit dem Pferd, so was ähnliches mal in den 80ern hatte und kannte. Da musste ich dann dran denken. Überhaupt sah ich einige Szenen aus dem Buch wie kleine Filme vor Augen oder auch Bilder/Fotos, wie die Leute/Menschen, wie sie früher wohl ausgesehen haben mussten. Vor 80-100 Jahren. Wir schreiben jetzt schon das 21. Jahrhundert - schon jetzt das 20. Jahr, in dem neuen Jahrhundert, sogar Jahrtausend.


    Es hat mir viel Freude gemacht darin zu blättern, konnte es fast kaum aus der Hand legen, bis am späten Abend hatte ich darin gelesen und tief in der Nacht, aber irgendwann muss man auch mal schlafen, sprich sich ausruhen und wieder neue Kraft tanken für die nächsten 100 Seiten, damit man die 447 Seiten dann doch mal zu Ende schafft. Ich kann es also deshalb sehr empfehlen und ich weiß wovon ich rede, spreche und schreibe, da ich selber Autorin bin.


     Ein super tolles Buch, einfach beste Unterhaltung!


    Vergebe gut und gerne, liebgemeinte 5 Sterne!


  9. Cover des Buches My Brilliant Friend (ISBN: 9781609450786)
    Elena Ferrante

    My Brilliant Friend

     (11)
    Aktuelle Rezension von: TinaGer

    Historische Texte, dieser spielt im Neapel der Nachkriegszeit, sind oft erfolgreich, wenn sie zwei Dinge tun: Einerseits zeitlos sind und andererseits für Veränderung und Fortschritt stehen. Das macht Ferrante in ihrem Buch und ersten Teil einer vierteiligen Saga ganz hervorragend. Die beiden Freundinnen im Zentrum des Textes streben nach einem unabhängigen und selbstbestimmten Leben. Damit können wir uns identifizieren. Obgleich sich die Familiengeschichte leicht genießen lässt, habe ich mich nicht veranlasst gefühlt, die weiteren Teile zu lesen. Ich glaube, mir ist der Text letztlich zu konstruiert geblieben, ich bin einfach nicht neugierig genug, wie es mit den beiden Freundinnen weitergeht.

  10. Cover des Buches Die Schönheitslinie (ISBN: 9783453471856)
    Alan Hollinghurst

    Die Schönheitslinie

     (23)
    Aktuelle Rezension von: Hypochrisy
    Sommer 1983. Als der zwanzigjährige Nick Guest eine Dachkammer bei den Feddens im reichen Londoner Stadteil Notting Hill bezieht, taucht er in eine ihm bis dahin völlig fremde Welt ein. Nicks Entwicklung vom kleinbürgerlichen Provinzler zum dandyhaften Kosmopoliten ist gleichzeitig ein großes Sittengemälde der Thatcher-Ära, für das Hollinghurst mit dem Booker-Preis ausgezeichnet wurde.
  11. Cover des Buches Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay (ISBN: 9783462042054)
    Michael Chabon

    Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay

     (48)
    Aktuelle Rezension von: Radagast

    Zwei Cousins, Josef und Sam, werden in der Mitte des 20 Jahrhunderts zu einem Comic - Künstlerduo das seines Gleichen sucht. Anfangs sind es Zeichnungen und Kurzcomics für die Zeitung, später kommen die Hefte hinzu. Doch zwischen den Erfolgen zeigt sich eine tragisch und zum Teil komische Lebensgeschichte auf. Jo (Josefs Spitzname) versucht seine Familie aus Europa in die Staaten kommen zu lassen, wie es so viele versuchten im zweiten Weltkrieg. Scheitert und möchte sich Rächen. Sam übernimmt währenddessen Verantwortung und stellt sein Schwul sein hinten an. 

    Es klingt nach einem normalen Roman. Eine geradlinige Geschichte wie man es in Romanen kennt. Doch weit gefehlt. Michael Chabon gelingt es mit seinem spitzfindigen und raffinierten Schreibstil zu fesseln. Gleichzeitig fütterte er das Lesegehirn mit Abschnitte worüber ich länger nachgedacht habe. Zeitweise ist es etwas langatmig, aber diese Abschnitte halten sich in Grenzen.
    Ein gelungener Roman über die Anfänge des Comickultes, über Menschen Kummer und Leid erleben, Momente des Glücks und gleichzeitig großartiges auf das Zeichenpapier bringen.

  12. Cover des Buches Zähne zeigen (ISBN: 9783462320527)
    Zadie Smith

    Zähne zeigen

     (67)
    Aktuelle Rezension von: BeaMilana
    „Zähne zeigen“ von Zadie Smith ist ein überbordender, überschwänglicher Generationenroman aus dem Jahre 2000 und das beeindruckendste Buch, das ich 2018 gelesen habe. Erzählt wird die Geschichte einer Einwanderung, die den Zeitraum vom 2. Weltkrieg bis 1992 umfasst. Der Hauptteil konzentriert sich auf die Leben dreier Familien im Schmelztiegel ethnischer Vielfalt im London der siebziger bis neunziger Jahre; sie entwickelt sich aus der Freundschaft der beiden Väter: Archiebald Jones (verheiratet mit Clara Bowden, einer Frau aus Jamaika) und Samad Iqbal, der mit seiner Frau Alsana (aus Bangladesh) Zwillinge hat. Ihre beiden Söhne, Magid und Millat, werden auf Wunsch des Vaters in der frühen Jugend voneinander getrennt. Die dritte Familie namens Chalfen, aus der gebildeten Mittelschicht englischer Herkunft, gesellt sich später dazu und bildet den Kontrast und den Sprengsatz für Weiterentwicklung und Konflikte.

    Die Themen reichen von Vergangenheitsbewältigung, Freundschaft, Tradition, Religion bis hin zum Fanatismus und Assimilationsproblemen der Muslime, Elternliebe, Ehestreit, Weltuntergang, Gentechnik, Werteverlusten und den daraus resultierenden Problemen, die sich in einem multikulturellen Drama zuspitzen. Große Themen für kleine Leute? Ja, warum nicht; sie werden getrieben von Fragen nach Identität, Selbstfindung und besonders der Heimatlosigkeit. Zadie Smith geht es im Wesentlichen um die Unmöglichkeit ein anderer Mensch zu sein, als der, der man ist.

    Ihre Schreibweise ist intelligent und äußerst kreativ, die Sprache salopp, der Ton heiter und die Figurenzeichnung und -entwicklung des reichlich vorhandenen Personals darf als sehr gelungen bezeichnet werden. Was ich am meisten mochte, ist die Lebendigkeit mit der die Autorin diesen Kosmos (so beschissen er eben sein kann) auf Buchseiten bannt. Ein 643-seitenstarker Roman, der dem Leser vergnügliche Stunden bereitet und auch aufgrund des spritzigen, teilweise lakonischen Humors auf keiner Seite durchhängt.

    Dieser Debütroman gewann zahlreiche Preise und machte die außergewöhnliche, damals fünfundzwanzigjährige Autorin zu Recht auf einen Schlag international berühmt.
  13. Cover des Buches London NW (ISBN: 9783462006087)
    Zadie Smith

    London NW

     (45)
    Aktuelle Rezension von: nonostar

    Grob betrachtet geht es in "London NW" um vier junge Menschen, die alle in der gleichen Gegend aufgewachsen sind, deren Leben sich jedoch komplett verschieden entwickelte.

    Drei der Figuren kannten sich schon als Kinder: Nathalie, Leah und Nathan. Nathalie scheint es geschafft zu haben, sie ist eine erfolgreiche Anwältin, hat einen guten Mann und zwei Kinder. Auch Leah geht es gut, sie konnte ausbrechen aus den ärmlichen Verhältnissen, verdient zwa rnicht so viel wie Natalie, doch auch sie hat einen Mann, der sie liebt. Nathan hingegen ist noch immer gefangen in alten Gewohnheiten, drogensüchtig & ohne Geld lebt er auf der Straße. Der 4. ist Felix. Er hat viel probiert, ist abgestürzt, doch am Ende scheint er sein Leben in den Griff bekommen zu haben. Doch wenn man hinter die Kulissen schaut, ist nicht alles so, wie es scheint. Nicht alles ist perfekt oder schlecht, alle Charaktere schwanken und hadern mit ihrem Leben und ihren Entscheidungen.

    Besonders faszinierend an "London NW" fand ich den Schreibstil. Das Buch ist in mehrere Teile untergliedert und jeder Teil hat eine ganz eigenständige Art zu sprechen. Zadie Smith wechselt zwischen knappen Formulierungen, fast schon gedichtartigen Absätzen und der Abfolge von unzusammenhängenden Gedanken zu tagebuchartigen Beobachtungen und kurzen Notizen von Gedanken. Aber auch der "klassische" romanhafte Aufbau und Schreibstil findet sich. Die Sprache von zadie Smith ist mitunter nicht ganz einfach, v.a. an den Anfang musste ich mich erst gewöhnen. Doch schließlich hat es Spaß gemacht sich auf die unterschiedlichen Abschnitte und ihre eigene Sprache einzulassen und zu versuchen hinter die Sätze zu schauen.

    Die Handlung scheint nur grob einem Plot zu folgen, es werden eher einzelne Momente und Gegebenheiten im Leben unserer vier Protagonisten geschildert. Am Ende führt zwar alles irgendwie zusammen, doch ich glaube, das ist gar nicht so wichtig bei diesem Buch. Es geht um die Armut und das Abstreifen selbiger, aber auch um das Kinderkriegen und den Druck, den andere auf einen ausüben, wenn man keine Kinder möchte. Durch alle Teile zog sich das Thema Kinder und war für mich ein Bindeglied im Hintergrund. Wer will sie und warum, wer will sie nicht, was bedeuten Kinder für die einzelnen Figuren? Im Vordergrund stehen dabei Natalie und Leah, denn leider erfährt man über die beiden männlichen Protagonisten eher weniger. V.a. Nathan erschließt sich dem Leser lediglich durch Leah und Natalie, da er nicht selbst zu Wort kommt. Doch auch Nathan ist irgendwie ein Bindeglied, das die drei anderen Hauptfiguren zusammenführt.

    "London NW" ist kein Buch, das man mal eben zwischendurch liest. Man sollte sich Zeit dafür nehmen und gewillt sein, sich auf die Sprache und das Abenteuer damit einzulassen. Zadie Smith zeichnet Figuren, die nicht perfekt sind, die alle etwas verbergen, etwas in ihrem Inneren vergraben und gerade deshalb nicht einfach nur sympathisch oder unsympathisch sind. Ich habe "London NW" gerne gelesen, v.a. wegen dem experimentieren mit der Sprache, doch am Ende hat es mich auch irgendwie etwas unbefriedigt zurück gelassen.

  14. Cover des Buches Die Hälfte der Sonne (ISBN: 9783596035489)
    Chimamanda Ngozi Adichie

    Die Hälfte der Sonne

     (35)
    Aktuelle Rezension von: Sanne54

    Adichie beeindruckt mich nicht nur als Frau, sondern mit einem Erzählstil, der mir sehr liegt. Ihre Themen hingegen sind meist alles andere als einfach. Auch diesmal steht wieder ihre Heimat Nigeria und das Schicksal der Igbo bzw. des Versuchs eines unabhängigen eigenen Staates, Biafra, im Mittelpunkt. Der Roman liest sich dabei mehr wie eine Familiengeschichte, wobei erklärende Worte zur politischen Situation eingeschoben sind, was leider den Lesefluss bremst. Allerdings sind diese Erklärungen an sich für mich schon wichtig gewesen, da ich mit dem Konflikt bzw. dem Bürgerkrieg rund um diese kurze Geschichte Biafras nicht sonderlich vertraut war. Die Ereignisse spielen in den 1960ern und der Untergang Biafras wurde von einem der schlimmsten Bürgerkriege in der afrikanischen Geschichte begleitet. Der Titel des Buches spielt auf die Staatsflagge Biafras an, die eine halbe Sonne zeigte.

    Die Ereignisse werden aus Sicht dreier Personen erzählt:
    Ugwu ist ein ungebildeter Junge aus ärmlichen Verhältnissen, der als Houseboy bei einem Universitätsprofessor und dessen in England studierter Frau Olanna, einer gleichermaßen schönen und intelligenten Soziologin, angestellt ist. Dort wird ihm auch eine entsprechende schulische Bildung zu teil und er wird fast wie ein Sohn behandelt. Olanna stammt aus einer sehr wohlhabenden, aber korrupten Familie und versucht, ihren eigenen Weg zu gehen. An ihrem Mann fasziniert sie vor allem seine Persönlichkeit. Der dritte ist Richard, ein Engländer, der nach Nigeria kam, um ein Buch über nigerianische Kunst zu schreiben. Er lernt Olannas Zwillingsschwester kennen und beginnt eine Beziehung mit ihr. Als europäischer Beobachter erlebt er die grausamen Ereignisse aus einer anderen Sicht.
    Ugwus heile bürgerliche Welt zerbricht schließlich (nicht nur) durch den Bürgerkrieg. Er wird Soldat statt die Universität zu besuchen. Erst später kann er sich wieder seiner Leidenschaft, den Büchern zuwenden und schreibt über diese Ereignisse.

    Ich war schon nach wenigen Zeilen in der Geschichte, allerdings habe ich dennoch sehr lange gebraucht, um ihn zu lesen.
    Das liegt weder an den über 600 Seiten noch am Schreibstil der Autorin, sondern, dass ich ihn immer wieder zur Seite legen musste. Gerade die emotionale Spanne zwischen den überschäumenden Hoffnungen der Menschen auf einen eigenen Staat und die unfassbaren Grausamkeiten, die seiner Gründung vorangingen und die am Ende auch seinen Untergang begleiteten, machen aus dem Roman alles andere als eine leichte Lektüre. Mich hat es auch angeregt, weiter zu recherchieren. Dadurch dass Adichie den Roman als eine Art Familiendrama anlegt, führt sie die Leser sehr nah an die Menschen und ihr Schicksal. Am Ende geht es aber nicht um die Frage der Schuld, sondern um die Menschen und was der Krieg mit ihnen macht. 

  15. Cover des Buches Gilead (ISBN: 9783596034468)
    Marilynne Robinson

    Gilead

     (13)
    Aktuelle Rezension von: bookstories

    "Letzte Nacht sagte ich dir, dass ich eines Tages vielleicht fortgehe, und du sagtest, wohin, und ich sagte, zu unserem Herrn, und du sagtest, warum, und ich, weil ich alt bin, und du sagtest, ich sei doch gar nicht alt. Und du legtest mir die Hand auf meine Hand und sagtest, ich sei überhaupt nicht alt, als ob die Sache damit erledigt gewesen wäre. Ich sagte dir, du würdest vielleicht ein ganz anderes Leben führen als ich, ein anderes Leben auch als das, das du mit mir hattest; was wunderbar wäre, es gäbe viele Möglichkeiten, ein gutes Leben zu führen. Und du sagtest, Mama habe dir das auch schon gesagt. Und dann sagtest du, lach nicht!, weil du dachtest, ich hätte über dich gelacht."  (Seite 9) 


    Was für ein Beginn für einen Roman! Ich möchte mit diesem Zitat beginnen, denn diese Worte bewogen mich damals dazu, mir das Buch zuzulegen. Mir kamen Tränen, als ich diese Zeilen las, sie berührten mich tief und liessen mich keinen Augenblick an einem Kauf zweifeln. Es war damals aber auch eine Zeit, in der ich mich intensiv mit Sinn- und Lebensfragen beschäftigte, weshalb mir das Buch wohl zugeflogen kam. Eine gewisse Resonanz zum Inhalt dieser Geschichte muss ich mir zugestehen, auch jetzt bei der dritten Lektüre. Sie übt eine starke Faszination auf mich aus. 


    Ich hatte über die Autorin Marilynne Robinson nie zuvor etwas gehört oder gelesen. Für das Buch "Gilead" erhielt sie den Pulitzerpreis und für ihre anderen Werke zahlreiche andere Auszeichnungen. Ihre Bücher sind Bestandteil von Oprahs Bookclub, und Barack Obama soll "Gilead" in die Reihe seiner Lieblingsbücher eingereiht haben. Aber das alles war wie erwähnt nicht der Grund, weshalb ich es mir zulegte. Damals führten wir einen kleinen Buchzirkel und ich schlug es für eine gemeinsame Lektüre und anschliessende Buchbesprechung vor. Es kam bei den wenigsten gut an. Zu sehr störten sich die anderen an der Tatsache, dass theologischen Grundsätzen viel Raum gelassen wird; zu wenig konnten sie, so schien mir, sich davon inspirieren lassen, dass sehr viel Lebenserfahrung und Weisheit in diesem Roman steckt. 


    Zahlreiche Textstellen liessen sich finden, die zu zitieren lohnenswert wären. So viel Reife und Schönheit steckt in diesem Buch, so viel Herrlichkeit, dass selbst Leser, die Vorurteile gegenüber theologischen Inhalten hegen, eine Lesegenuss erwarten dürfen, dass es einfach keine Rolle mehr spielt, den fiktionalen autobiografischen Aufzeichnungen eines Predigers zu folgen. Im Gegenteil. Wenn nur die Hälfte der Menschheit in der Weise über ihr Leben reflektierte, wie Marilynne Robinson ihren Protagonisten John Ames über sich und die Welt sprechen lässt, wäre die Welt eine bessere Welt. Das klingt wie ein Klischee. Es ist aber so. 


    John Ames ist sechsundsiebzig Jahre alt und spürt, dass er bald sterben wird. Er möchte seinem sechsjährigen Sohn nicht fremd bleiben und ihm das, was ihm im Leben wichtig erscheint, in Form eines langen Briefes mit auf den Weg geben. Ames ist ein zweifelnder, selbstkritischer Mensch und ein Denker, was seine Berufung als Pfarrer mit sich bringt, aber stets auch Sinnkrisen in ihm ausgelöst hat. Schon sein Vater und Grossvater waren Prediger - aus dieser ihn prägenden Familientradition heraus entfaltet sich sein Leben und gewinnt er seine Erkenntnisse, die sich immer wieder auf die heilige Schrift beziehen, die er aber auch kritisch hinterfragt. Selbst mit Feuerbach, einem deutschen Philosophen und scharfen Glaubens- und Religionskritiker, setzt er sich auseinander. All seine Predigten hat er Wort für Wort aufgeschrieben und diese auf dem Dachboden in Schachteln aufgehoben - Predigten, die sein Leben widerspiegeln. 


    So nimmt Marilynne Robinson den Leser mit auf eine Lebensreise durch die Gedanken, Erinnerungen und Erlebnisse ihres Protagonisten. Wir erhalten Einblick in seine Ängste, beschäftigen uns mit seinen Zweifeln und dürfen ebenso an den kleinen Wundern teilhaben, die Ames in alltäglichen kleinen Dingen schätzen lernt. Wir erfahren einiges über Ames Vater, mit dem er, als er zwölf war, einen Fussmarsch durch die Prärie nach Kansas unternahm, um das Grab seines Grossvaters aufzusuchen; über den exzentrischen und einäugigen Grossvater selbst, der aktiv im Bürgerkrieg mitgewirkt hatte; über Ames ungläubigen Bruder Edward; über seine Einsamkeit nach dem Tod seiner ersten Frau; über den alten Boughton, Ames bester Freund, der Pfarrer bei den Presbyterianern ist und mit dem er sich ein Leben lang ausgetauscht hat; und schliesslich auch über Jack, den verlorenen Sohn des alten Boughton, der nach langer Zeit nach Gilead zurückkehrt und dem Erzähler Sorgen bereitet, da er ein Taugenichts ist und in der Vergangenheit grosse Schande über die Familie gebracht hat. Von Jack ist viel die Rede, da Ames viel daran liegt, seinen Sohn und seine Frau vor Jacks vermeintlich schlechtem Einfluss zu warnen. 


    John Ames wird als Mensch mit sehr wachem Bewusstsein dargestellt. Und da es sich um eine erfundene Person aus der Feder von Marilynne Robinson handelt, schreibe ich der Autorin dieses Eigenschaft zu. Jemand, der sich mit dem Grossen und Ganzen nicht verbunden fühlt, kann keinen solchen Roman verfassen. Ich habe nichts über die Autorin nachgeschlagen, mir ist dieses Buch Zeugnis genug, um Marilynne Robinson als Autorin bewundern zu können. Mit drei weiteren Romanen hat sie die Welt in und um Gilead weitergesponnen und mit der Lebensgeschichte dreier Personen ergänzt. Das Buch "Lila" handelt von John Ames zweiter Frau Lila, "Zuhause" erzählt  von Glory, der Tochter des alten Boughton, die nach Hause kommt, um ihren sterbenden Vater zu pflegen, und in "Jack" wird die Geschichte über das Leben des erwähnten verlorenen Sohnes Jack beschrieben. Es besteht kein Zweifel darüber, dass ich mir diese Werke noch besorgen werde. 


    "Gilead" spielt in der Zeit zwischen 1880 und 1957. Natürlich beleuchtet die Autorin auch die geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe dieser Zeitepoche, in der Amerika von Dürren und der spanischen Grippe heimgesucht wurden und der Sessionskrieg zwischen den Nord- und Südstaaten zahlreiche Opfer forderte. Auch spielen christliche Aspekte eine Rolle. Auf Wikipedia ist zu lesen, dass "Gilead" als Werk wahrgenommen wurde, dass dazu beiträgt, zeitgenössische Fehleinschätzungen über den Calvinismus und Puritanismus zu korrigieren, als 'Versuch der Konstruktion einer zeitgenössischen christlichen multikulturellen Identität, bereinigt von der Komplexität christlicher Sklaverei'. Ich kann das alles nicht beurteilen, da ich diesen Strömungen unkundig bin, weshalb meine Eindrücke auch nicht in diese Richtung zielen. Es wird seinen Grund haben, weshalb das Buch 2019 den zweiten Platz in der Liste der hundert besten Bücher des 21. Jahrhunderts erreichte und BBS News das Buch auf die Liste der hundert einflussreichsten Romane setzte. 


    Ich glaube mich vage zu erinnern, dass der Briefroman "Gilead" mich damals vor siebzehn Jahren dazu inspiriert hatte, das Manuskript zu meinem ersten Buch kurz vor dem Ende noch einmal umzuschreiben. Ich war überzeugt von der Romanform und Erzählperspektive und wollte meine Handlung in Form von Briefen voranschreiten und den Erzähler in der Ich-Form berichten lassen. Dies ist der Autorin hier in wunderschöner Weise gelungen. Von der ersten Seite an "hängt man an den Lippen" des Erzählers. Momente gab es, da ich beim Lesen aufblickte und dachte: das ist schon beachtlich, hier lässt eine fiktive Romanfigur sein Leben Revue passieren, aber eigentlich ist das alles aus der Feder von Marilynne Robinson. Das muss einem erst einmal gelingen. 


    Das Buch wurde ursprünglich im Brendow Verlag herausgegeben. Zwölf Jahre später folgte eine Neuauflage im S. Fischer Verlag, wo es heute noch publiziert wird, allerdings nicht mehr als gebundenes Buch. Als der Fischer Verlag vermutlich plante, die Folgebücher von Marilynne Robinson um diesen fiktiven Ort Gilead ins Programm aufzunehmen (Lila, Zuhause, Jack), wurde auch Gilead neu von Uda Strätling ins Deutsche übersetzt. Ich war überrascht, als ich diese Version anlas, ich fand, dass Strätling den Originalton nicht auf die Weise getroffen hat, wie Karl-Heinz Ebnet das für die Ersterscheinung im Brendow Verlag gelungen ist. Gerade dieser wunderbar klassische, vielleicht etwas konservative, aber authentische Erzählstil war für mich Anlass gewesen, das Buch zu lesen. Wenn man allerdings diese erste Übersetzung nicht kennt, wird man auch mit der zweiten Übersetzung zufrieden sein. 


    "Gilead" ist keine leichte Lektüre. Es gibt keinen überflüssigen Satz, alles ist wohlbedacht, durchdacht, von einer literarischen und atmosphärischen Dichte. Man muss sich nicht aktiv mit Daseinsfragen des Lebens auseinandersetzen, aber man darf ihnen nicht mit Widerstand oder Desinteresse begegnen, sonst kommt bei der Lektüre schnell Langeweile auf und man legt das Buch zur Seite. Ich geniesse in dieser Hinsicht Heimvorteil, da mir diese Fragen schon immer am Herzen lagen, und dennoch gab es immer wieder Abschnitte, die ich mehrmals lesen oder über die ich nachdenken wollte, um zu begreifen. Man kann das Buch nicht einfach so durchlesen, man muss sich den Inhalt erarbeiten. Das hört sich nach Mühe an. In der Tat kann die Lektüre anstrengend sein, nämlich dann, wenn man schon zu müde ist, um einzutauchen in diese wundersame Welt von Marilynne Robinsons Roman. 


    Ich habe das Buch bereits dreimal gelesen. Ich könnte wieder von vorn beginnen, man findet immer wieder neue Denkanstösse und wunderschöne Formulierungen. "Gilead" ist ein schönes, tiefgründiges Buch, oder wie es auf der Rückseite des Umschlags der Ausgabe des Brendow Verlags heisst, ein Buch über Väter und Söhne, über das Kindsein und die Weisheit des Alters, über das Vergängliche und das, was bleibt (...), über das Wunder des Lebens selbst.


    Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/gilead 





  16. Cover des Buches Die irre Heldentour des Billy Lynn (ISBN: 9783423086530)
    Ben Fountain

    Die irre Heldentour des Billy Lynn

     (10)
    Aktuelle Rezension von: smayrhofer
    Bei einem gefährlichen Einsatz im Irak-Krieg wird das Team Bravo von einem eingebetteten Kamerateam begleitet. Das Video macht in der Heimat Furore und die beteiligten Soldaten zu Helden. Was liegt also näher, diese zu Propagandazwecken zu einer „Victory Tour“ durch die Heimat zu kutschieren? Am letzten Tag dieser Tour – kurz vor der unvermeidlichen Rückkehr in den Irak und den Krieg – sind die „Bravos“ am Thanksgiving Day Ehrengäste bei einem Footballspiel der Dallas Cowboys und erleben allerhand groteske Begegnungen, inklusive Romanze mit einer hübschen Cheerleaderin und Beteiligung an einer merkwürdigen Halbzeitshow…

    „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ handelt zwar indirekt vom Irak-Krieg, ist aber weder ein Kriegs- noch ein Antikriegs-Buch, er legt im vorliegenden Buch vielmehr den Finger in eine andere Wunde, nämlich der des Kampfes an der Heimatfront. Die Handlung des vorliegenden Buches beschränkt sich vorwiegend auf den letzten Tag der Victory Tour, andere Ereignisse wie die eigentlichen Kriegserlebnisse oder Billys Besuch bei seiner Familie werden in kurzen Rückblenden angeschnitten. Hier erleben die Bravos noch einmal in komprimierter Form die ganze Absurdität besagter Heimatfront. Es zeigt sich, dass die in den Krieg geschickten Soldaten trotz aller Beteuerungen oftmals alleine gelassen werden – von Politikern, die sich in der Vergangenheit selbst vor dem Krieg gedrückt haben; von Wirtschaftsleuten, die auch hier nur auf Profit aus sind; aber auch vom Durchschnittsamerikaner, der zwar „stolz“ auf seine Soldaten ist, aber zu mehr als ein paar Schulterklopfern nicht bereit ist. Auch die Begegnung mit den Profi-Footballern der Dallas Cowboys zeigt, dass letztere überhaupt keine Vorstellung davon haben, was im Krieg passiert oder welche Probleme und Gefühle die Soldaten umtreibt. Letztendlich sind die Bravos also nur willkommene Staffage in einem gut geölten Mechanismus und sind sozusagen zuständig für die Komponente „Menschlichkeit“, auch wenn sie selbst kaum welche erfahren. Und so schafft es der Autor, dass die Bravos dem Leser irgendwie ans Herz wachsen - trotz ihrer teilweise rüden Ausdrucksweise, ihres Benehmens und ihrer Taten.

    Sprachlich beginnt die Geschichte etwas holprig, steigert sich aber im Verlauf des Buches zu einer bitterbösen Satire mit unverhohlener, deutlicher Kritik an der amerikanischen Gesellschaft. Der Roman ist aber trotz (oder wegen?) dieses kritischen Untertons äußerst kurzweilig, obwohl sich die Handlung – abgesehen von ein paar Rückblenden – hauptsächlich auf die Ereignisse im Stadion beschränkt. Das Ende ist dann in zwar wie ein „Anti-Klimax“, auf der anderen Seite aber auch logisch und folgerichtig. Mich hat das Buch mit seinem Spagat zwischen unterhaltsamen Gegenwartsroman und kritischer Satire berührt und fasziniert, deswegen gibt’s von mir die volle Punktzahl.
  17. Cover des Buches The Great Fire (ISBN: 0312423586)
    Shirley Hazzard

    The Great Fire

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  18. Cover des Buches Austerlitz (ISBN: 9783596148646)
    W.G. Sebald

    Austerlitz

     (41)
    Aktuelle Rezension von: ElisabethSch

    Sebald erzählt in diesem Roman in einer wunderbaren Sprache die lange und schmerzhafte Geschichte eines Erinnerns. Der Leser erfährt die Biographie des eigentlichen Protagonisten Jaques Austerlitz gleichsam gebrochen durch einen Freund, den Ich-Erzähler der Geschichte. Über Jahrzehnte begleitet der Leser die ungewöhnliche Freundschaft der beiden Männer und erlebt so nach und nach mit Austelitz gemeinsam dessen schmerzhaftes Bewusstwerden der eigenen Vergangenheit. Es ist der Lebensbericht eines gewaltsam entwurzelten Menschen. Austerlitz gelingt es nur mühsam und bruchstückhaft, die traumatischen und deshalb verdrängten Erlebnisse seiner frühen Kindheit zu erinnern. Zeiten und Orte zerfließen, die traumatische Vergangenheit durchdringt die Gegenwart. Austerlitz, der in seiner Kindheit zur Rettung vor den Nazis mit einem Kindertransport aus der Tschechoslowakei nach England geschickt wurde, ist letztendlich unfähig, emotionale Bindungen aufzubauen und irgendwo wirklich anzukommen.        

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