Bücher mit dem Tag "bohumil hrabal"

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5 Bücher

  1. Cover des Buches Ich habe den englischen König bedient (ISBN: 9783518022955)
    Bohumil Hrabal

    Ich habe den englischen König bedient

     (29)
    Aktuelle Rezension von: Nicolai_Levin

    Dies ist die Lebensgeschichte des Icherzählers, von dem Moment an, als er irgendwann in den 1920-ern als Pikkolo im Hotel "Goldenes Prag" seinen Dienst antritt. Er ist aufgeweckt und erkennt schnell, dass er reich werden will und wie er das mit üppigen Trinkgeldern anstellen kann. Fasziniert beobachtet er auf seinen Stationen als Kellner, wie Handelsvertreter, Börsianer, Offiziere und Politiker tafeln. In den Speisesälen und Séparées bekommt der Kleine (im doppelten Sinne klein: jung an Jahren und kleingewachsen) mit, wie sie essen, trinken und huren. Die Völlerei nimmt ihren Gipfel bei einem Staatsbesuch des abessinischen Kaisers, dem sein Gefolge ein Kamel brät, das mit Antilopen gefüllt ist, in denen ihrerseits Truthähne stecken, die mit Ei und Fisch vollgestopft wurden.

    Kurz vor dem Einmarsch der Deutschen verliebt sich die Hauptfigur, die mit Nachnamen Dítĕ heißt (was auf tscheschisch Kind bedeutet, was wiederum kein Zufall ist, wie so ziemlich nichts Zufall ist in diesem Buch voller Zufälligkeiten) in eine deutschstämmige Turnlehrerin, deren Vater ein Wirtshaus in Eger betreibt. Dank des deutschsprachigen Grabsteins seines Großvaters Johann Ditie geht er ebenfalls als halber Deutscher durch, nach eingehender Untersuchung durch die Rassenhygieniker der Nazis darf er heiraten. Die Deutschen beordern ihn in einen lauschigen Landgasthof, in dem Frontoffiziere Abschied von ihren Liebsten nehmen, ehe sie wieder in den Krieg ziehen müssen. Aufgrund eines Missverständnisses wird Dítĕ von der Gestapo verhaftet und misshandelt, aber bald wieder freigelassen. Kurz vor Kriegsende stirbt die Gattin bei einem Luftangriff, Dítĕ selbst wird von den Tschechen als Kollaborateur ins Gefängnis gesteckt - aufgrund mildernder Umstände (seine Gestapohaft!) aber nur für ein halbes Jahr. 

    Danach eröffnet er mit seinen Ersparnissen ein luxuriöses, flamboyantes Hotel in einem Steinbruch, ganz nach seinen Vorstellungen gestaltet, das glänzend läuft und internationale Gäste anzieht. Glücklich aber wird er dort auch nicht, und so ist er gar nicht traurig, als die Kommunisten das Hotel enteignen. Er selbst weist sich als Millionär in ein Internierungslager für Millionäre ein, einem Luxusgefängnis, in dem Bewachte und Wächter gemeinsam in höchster Bequemlichkeit einen drauf machen. Hier erkennt er, dass er (wie zuvor von den Deutschen) von den anderen Reichen nie als ihresgleichen angesehen wird, dass Reichtum und Anerkennung, wonach er immer gestrebt hat, ihn nicht glücklich machen.

    Stattdessen meldet er sich nach Auflösung des Lagers zum Dienst als Holzarbeiter auf der böhmischen Seite des Erzgebirges in einer Siedlung, aus der die deutschsprachige Bevölkerung vertrieben wurde. Gemeinsam mit einem Professor und einer schönen Arbeiterin aus einer Schokoloadenfabrik muss er Resonanzfichten für den Bau von Violinen und Celli fällen. Dabei lehrt der Professor der jungen Schönen Französisch und seine Lebensweisheiten.

    Nach Ablauf seiner Dienstzeit begibt er sich allein, nur von ein paar Haustieren begleitet, auf seine letzte Station. Als Straßenarbeiter muss er eine strategisch bedeutsame, aber praktisch völlig unbenutzte Straße im abgelegenen Böhmerwald in Stand halten. In der Einsamkeit findet er Glück und Erfüllung, einmal in der Woche geht er den weiten Weg ins nächste Dorf, holt sich seinen Lohn und kauft Vorräte und beglückt die Menschen im Wirtshaus mit Geschichten aus seinem Leben und mit den Erkenntnissen, die er durch den Professor erlangt hat. Hier beginnt er auch mit der Aufzeichnung seiner Lebensgeschichte - und damit endet der Roman.

    Ungeachtet seines etwas kruden Handlungsverlaufs und der vermeintlichen Form als mündliche Erzählung - alle Kapitel beginnen mit einem einleitenden: "Passen Sie auf, was ich Ihnen jetzt erzählen werde:" und enden entsprechend - ist der Roman sehr sorgfältig und mit Bedacht durchkomponiert. Die fünf Kapitel entsprechen den Akten des griechischen Dramas, die Abschnittsgrenzen sind sehr exakt gesetzt, und auch die Sprache, soweit das in der deutschen Übersetzung nachklingt, zeugt von großer stilistischer Virtuosität. Das surreale Motiv, das Hrabal selbst in seinem Nachwort als leitend benennt, finde ich nur in Einschränkungen wieder. Es fügt sich wohl alles ein wenig schräg, aber es geht zwar lustvoll, jedoch immer mit rechten Dingen zu, keine schmelzenden Uhren, schwebenden Äpfel oder brennende Giraffen! Nein, mit barocker bildhafter Wucht zeigt uns Hrabal, was sich in den feinen Etablissements zuträgt, und man bekommt direkt selbst Lust, sich ein saftiges Svíčková mit Schmettensauce zu bestellen, dazu ein Krügel jenes herrlichen Bieres aus Budweis oder Pilsen - und sich dann zwischen den Schenkeln einer liebeshungrigen Frau zu verlieren.

    Aber was will uns der Autor mit dieser wilden, turbulenten symbolträchtigen und melancholischen Lebensgeschichte eigentlich sagen? Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Die einen haben in dem Buch eine Allegorie auf die Geschichte der Tschechoslowakei gesehen, eine Einschätzung, der ich skeptisch gegenüberstehe. Zuviel passt da nicht, zuviel, was dafür wichtig wäre, fehlt. Andere sagen, es sei ein Schelmenroman, und Bohumil Hrabals Dítĕ stehe in der Tradition von Eulenspiegel und Schwejk. Dem muss ich vehement widersprechen: Nicht alles ist eine Schelmengeschichte, nur weil es tschechisch geschrieben ist und irgendwie lustig! Hier wird niemandem der Spiegel vorgehalten, keiner entblößt oder übers Ohr gehauen (na ja, nur die Bahnreisenden ganz zu Anfang, deren Zug abfährt und die deshalb vergebens auf das Wechselgeld des Würstlverkäufers Dítĕ warten müssen). In dem Icherzähler finden wir keinen, der nur laviert oder die Schwächen des Systems ausnutzt. Im Gegenteil, er ist das Kind, das er im Namen trägt, und er spielt das Spiel der Großen sehr exakt mit. Wie alle in seiner Umgebung strebt er nach Reichtum und Anerkennung - und er ist erfolgreich damit! Seine Trinkgelder machen ihn letztlich zum Millionär, und er bedient als Kellner niemand Geringeren als den Kaiser von Abessinien.

    Für mich ist die Geschichte des Kellners Dítĕ vor allem ein Loblied auf das Individuum. Am Ende erkennt er, dass Geld und Ruhm nichts bedeuten, dass er nur aus sich selbst heraus und im Einklang mit sich selbst glücklich werden kann. Das mag für unsereinen etwas schwach wirken für die Essenz eines so wortgewaltigen Textes, es mag in unseren Tagen nach wenig klingen und nach kurioser Selbstverständlichkeit, in einer Zeit und einer Gesellschaft, in der sich jeder als Markenprodukt verkauft und auf Social Media sein eigener kleiner Star ist. Aber Hrabals Buch ist 1978 erschienen, zehn Jahre nach der Niederschlagung des Prager Frühlings, in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, wo die kommunistischen Zensoren sorgsam auf Linientreue wachten. Und es ist in einem Land erschienen, in der die Gruppenzugehörigkeit seit Jahrhunderten eine größere Rolle spielte als anderswo: Protestant oder Katholik? Deutsch oder Tschechisch? Demokrat oder Kommunist? In einer Gesellschaft, in der jeder Knabenchor und jeder Hasenzüchterverein über Jahrzehnte hinweg in dreifacher Ausführung bestehen musste (Deutsch / Tschechisch / Jüdisch), ist das Loblied auf den Einzelnen vielleicht doch etwas ganz Besonderes. Und besonders ist dieses Buch zweifellos.

  2. Cover des Buches Verschollene Kapitel (ISBN: 9783930325290)
    Pawel Huelle

    Verschollene Kapitel

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Diese literarischen Kolumnen sind relativ weit gestreut, reichen von Erika Steinbach (Bund der Vertriebenen) bis zur Französischen Revolution, beschäftigen sich aber v. a. mit Anekdoten und Randepisoden mitteleuropäischer Autoren und Philosophen wie Elias Canetti, Bohumil Hrabal, Bruno Schulz oder Karl Popper und mit russischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts (Muratov, Nabokov, Bulgakov) sowie mit dem Literaturbetrieb als solchen. Mehrfach schildert Huelle Reisen zu den Heimatorten von Schriftstellern (Nabokov, Dostojevski), auf denen er deren Umfeld nachfühlen will. Die thematische Vielfalt lässt die Zusammenstellung dann aber willkürlich erscheinen, denn Stalin, Erika Steinbach oder Kaiser Hirohito haben mit Literatur nun wirklich nichts zu tun. Zudem ist der Ton einige Male unpassend. Das Buch zeugt von der Bildung des Autors, aber auch davon, dass er manchmal etwas zu ungestüm vorgeht (etwa wenn er darauf verfällt, Kriegsverbrechen aufzurechnen oder wenn er Strafe für Stalin fordert). Es ist mehr ein Buch zum Rumblättern als zum Lesen, denn diese Anekdötchen sind zwar recht nett, aber so besonders spannend ist es dann auch nicht, dass etwa Schulz genau ein Jahr nach seinem letzten Brief an seine Brieffreundin starb. Recht amüsante Details aus dem Leben von Schriftstellern (so heuerte Hrabal einen Doppelgänger an, um Touristen etwas zu bieten), mehr nicht.
  3. Cover des Buches Schöntrauer (ISBN: 9783518018170)
    Bohumil Hrabal

    Schöntrauer

     (4)
    Noch keine Rezension vorhanden
  4. Cover des Buches Mercedes-Benz (ISBN: 9781852428693)
  5. Cover des Buches Leben ohne Smoking (ISBN: 9783518389614)
    Bohumil Hrabal

    Leben ohne Smoking

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Leben ohne Smoking ist nur eine der Kurzgeschichten aus Bohumil Hrabals gleichnamigem Buch. Ein leises Buch, deren Erzählungen selten heiter, zumeist melancholisch sind, sehr zum Nachdenken über sich und die Menschen um einen herum verleiten. Da wäre gleich die erste Geschichte „Gotteskinder“ in der Hrabal nach den ganzen Leuten fragt, die er im Laufe seiner Jahre kennen gelernt hatte. Leute, die nicht immer ganz normal, dennoch immer liebenswürdig sind, einfache Leute, kleine Händler und verrückte Trinker. „Und wo mag Kaspar geblieben sein, der verrückte junge Mann, der die Straßen fegte…?“ Hrabal erzählt von lauter Leuten, denen er in seiner Geburtsstadt Nymburk begegnet ist, die er aber schließlich aus den Augen verlor. „Die Katze Autitschko“ erzählt von der großen Liebe des Schriftstellers zu Katzen, von seinen Leiden, wenn er nicht bei ihnen auf dem Land sein konnte, sondern in Prag weilte. Und vom Leid, das ihm die Katzen selbst brachten – ständig vermehrten sie sich oder verschwanden, starben, brachten kleine, wehrlose Tiere, was er nicht mochte. Eine sehr einfühlsame Geschichte über die Tierliebe. „Ein Dandy im Schlosseranzug“ schildert das kurze Leben seines Freundes und Malers Vladimir Boudnik, dessen Liebesleben, seine schiere Kraft, die kleinen Freuden des Lebens zu genießen und vor allem dessen Werk, dass er schon immer einen Tag vor seinen Ausstellungen zum Veranstaltungsort reiste, um die Menschen zu beobachten, die diesen umgaben und schließlich betraten, seine Schüchternheit, wenn er nicht getrunken hatte. Auch selbst liebte Hrabal den Alkohol, wie er in der Erzählung „Eine Wirtshausgeschichte“ preisgibt. Hier erzählt er, wie er seine Vorliebe für die einfachen Kneipen in frühester Kindheit zusammen mit seinem Vater – einem Brauereiverwalter – erhalten hat, die noblen Restaurants „mit den Tischdecken“ aber eher meidet, da er sich sicher war, dort fehl am Platze zu sein. In „Liben“ schildert er liebevoll den kleinen Vorort Prags, wie sehr er Hrabal verzauberte, der fast ein Vierteljahrhundert hier in einer ehemaligen Schmiede wohnte. In der letzten Schilderung erfahren wir, warum Hrabal überhaupt schreibt, was für mich zwar nicht die spannendste, wohl aber die interessanteste der Geschichten war. Ein sehr leises Buch, das dennoch durch seinen Inhalt eine sehr große Kraft nach außen trägt.

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