Bücher mit dem Tag "bombenangriffe"
19 Bücher
- Markus Zusak
Die Bücherdiebin
(4.666)Aktuelle Rezension von: bibliophilaraIn den Nachrichten hört man diese Woche überall vom 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz. Auschwitz war ein deutsches Konzentrationslager zur Zeit des Nationalsozialismus, in dem mindestens eine Millionen Menschen, meistens Juden, systematisch ermordet wurden. Auch wenn der Zweite Weltkrieg ein Thema ist, das man in der Schule bis zur Ermüdung durchgenommen hat, ist die Erinnerung an den Holocaust doch so wichtig, gerade in einer Zeit, in der der Rechtspopulismus europaweit eine traurige Renaissance erlebt. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen einen Roman zu lesen, der diese Themen behandelt. „Die Bücherdiebin“ von Markus Zusak aus dem Jahr 2005 ist zwar ein historisches Jugendbuch, aber definitiv auch für Erwachsene lesenswert.
Im Jahr 1939 wird die neunjährige Liesel Meminger von ihrer Mutter bei Pflegeeltern im fiktiven Dorf Molching in der Nähe von München in Obhut gegeben. Schnell akzeptiert sie Rosa und Hans Hubermann als ihre neuen Eltern und freundet sich mit dem Nachbarjungen Rudi an. Außerdem entdeckt sie ihre Liebe zu Büchern, welche sie auf nicht immer ganz legalem Weg erwirbt. Doch nicht nur deshalb muss die Bücherdiebin vorsichtig sein. Im Sommer 1940 steht ein 15-jähriger Jude vor der Haustür der Hubermanns und bittet um Unterschlupf. Doch einen Juden vor den Nationalsozialisten zu verstecken bedeutet auch Kopf und Kragen zu riskieren.
„Zuerst die Farben. Dann die Menschen.“, sind die ersten beiden Sätze des Kapitels „Tod und Schokolade“ im Prolog. Die fast 600 Seiten beinhalten Prolog und Epilog, sowie zehn Teile, die alle nach den Büchern benannt sind, die Liesel in diesem Lebensabschnitt am meisten beschäftigt haben. Anhand des äußerst ungewöhnlichen Auftakts lässt sich erahnen, dass hier ein recht eigenartiger Erzähler am Werk ist, nämlich der Tod selbst. Er erzählt aus der Ich-Perspektive und im Präsens, häufiger aber auch retrospektiv. Doch wer den Tod für kaltherzig und blutrünstig hält, der irrt. Dem Tod ist sein Job zuwider und er hätte nichts lieber als einen Tag, an dem er einmal nicht arbeiten müsste. „Bitte glaubt mir: ich kann wirklich fröhlich sein. Ich kann angenehm sein.“, beteuert er. Mehr noch, er kann es nicht ertragen die Hinterbliebenen trauern zu sehen, deswegen hat er sich einen eigentümlichen Blickwinkel auf die Welt angeeignet. Er beobachtet am liebsten die Farben des Himmels und genießt ihre Schönheit, anstatt groß auf den Sterbenden zu achten. Zudem besitzt er Humor, gerne auch mit etwas Sarkasmus und wirkt mit seinen regelmäßigen Einwürfen und Unterbrechungen nahezu psychisch angeschlagen. „Vergesst die Sense – ich hätte einen Besen oder einen Wischmopp gebraucht.“, kommentiert er lakonisch bei all dem Blutvergießen des Zweiten Weltkriegs. Schnell wird deutlich, dass der Tod ein sehr unerfahrener Erzähler ist, der sich versehentlich auch mal verplappert und dem Leser so Manches vorweg nimmt. Der Tod weiß nämlich, wie jede einzelne Geschichte endet. Mit ihm.
Allerdings gibt es immer wieder Menschen, die das Interesse des Todes noch zu ihren Lebzeiten wecken und ihn faszinieren. Besonders angetan ist er von Buchliebhabern und Weltverbesserern. Die Protagonistin Liesel ist eine davon. Zu Beginn des Jugendbuches ist sie neun Jahre alt, im Epilog eine alte Dame. Warum der Tod gerade sie ins Auge gefasst hat, ist leicht zu verstehen. Sie hat ein Leben ohne Privilegien. Im Dritten Reich wächst sie als Tochter von Kommunisten bei Pflegeeltern ohne ausreichend Geld auf. Obwohl sie ein politisch völlig unwichtiges kleines Mädchen ist, leistet sie stillen Widerstand. Damit beweist sie Mut, Geist und Starrsinn.
Zusaks Schreibstil ist ebenso außergewöhnlich wie sein Erzähler. Man wird von rhetorischen Mitteln wie Metaphern, Personifikationen, Anaphern oder Synästhesien förmlich überflutet. So habe beispielsweise „der Himmel die Farbe von Juden“. Ein Stilmittel, das sich in fast jedem Kapitel findet, ist die Materialisierung der Worte. Manchmal rutschen, fallen oder purzeln gesprochene Worte aus Mündern. Manchmal werden sie Anderen vor die Füße geschleudert, mal zerbrechen sie dabei. Ein interessanter Ansatz, der aber leider weit über das Erträgliche hinaus verwendet wird. Generell verschwimmt durch diese rhetorischen Mittel die Realität mit der lebhaften Fantasie eines Kindes, was sich auch in der Atmosphäre widerspiegelt. Sie ist gedankenverloren, bunt und lebensfroh, wird aber gleichzeitig überschattet von Bedrohung, Düsternis und Angst durch die regierenden Nationalsozialisten.
Ein Leitmotiv, das natürlich jeden Buchliebhaber berührt, ist Liesels Bibliophilie. Für sie bietet das Lesen sowohl einen Eskapismus, als auch die Möglichkeit ihre Mitmenschen durch Vorlesen zu trösten. Die Bücher, an die sie über verschiedene, mehr oder weniger legale Wege kommt, sind alle fiktiv und tragen Titel wie „Das Handbuch für Totengräber“, „Faust, der Hund“, „Der Leuchtturm“, „Das Schulterzucken“, „Der Pfeifer“, „Die Menschen aus Lehm“, „Der Traumträger“ oder „Ein Lied im Dunkeln“. Manche dieser Titel sind jedoch Anspielungen auf reale Werke wie „Faust, der Hund“ eine Kombination aus Goethes „Faust“ und „Der Hund von Baskerville“ ist, dem dritten Roman der Sherlock Holmes-Reihe von Sir Arthur Conan Doyle. „Der Leuchtturm“ ist eine Anlehnung an „Der Leuchtturm am Ende der Welt“ von Jules Verne. Ein echtes Buch taucht aber tatsächlich in der Geschichte auf und wirft einen Schatten über alle anderen: „Mein Kampf“ von Adolf Hitler.
Generell spielen er und seine Auswirkungen auf die deutsche Zivilbevölkerung eine große Rolle. Zusak hat extrem gut recherchiert und streut zwischendurch auch immer wieder politische Informationen ein. Der Fokus liegt hier aber ganz klar auf der Zivilbevölkerung und ihrer individuellen Unterstützung oder ihrem stillen, beziehungsweise manchmal lauten Widerstand. Durch den Zweiten Weltkrieg, den Deutschland begonnen hat, sind geschätzt mindestens 55 Millionen Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon Zivilisten. Die Frage, wie viel Schuld die deutsche Bevölkerung an diesem Krieg hat, wird hier beantwortet. Man begegnet Charakteren, die sich in einem Spektrum von Schwarz bis Weiß in allen Grautönen begegnen. Dies wird bezeichnet als „die widernatürliche Natur des Menschen. Ein bisschen gut, ein bisschen böse. Man muss nur einen Schuss Wasser dazugeben und umrühren.“.Das Ende ist plötzlich, überraschend und erschreckend, aber gleichzeitig auch so distanziert, dass es nicht emotional ist. Auch hier übertreibt der Tod in seiner epischen Vorausdeutung, sodass er den Leser schlichtweg spoilert, bevor das eigentliche Ereignis passiert. Der Abschluss war in Ordnung, wird aber nicht übermäßig im Gedächtnis verbleiben.
Mit „Die Bücherdiebin“ hat Markus Zusak ein eindrucksvolles historisches Jugendbuch geschaffen, das in vielerlei Hinsicht begeistern kann. Eine einzigartige Erzählperspektive, eine nahbare Protagonistin, ein außergewöhnlicher Schreibstil, Bücherliebe als Thematik und enorm ausgefeilte Recherchen. Allerdings wirkt der anfangs so poetische Schreibstil auf Dauer zunehmend repetitiv, fast schon monoton. Auch das Ende sticht nicht sonderlich heraus, sondern ist eher ein schnell erzählter Abschluss. Deswegen gebe ich dem Roman aus dem Jahr 2005 vier von fünf Federn. Wahrscheinlich wird dieses trotzdem mein einziges Werk von Zusak bleiben.
- Anthony Doerr
Alles Licht, das wir nicht sehen
(419)Aktuelle Rezension von: Sanne54Werner lebt in den 1930ern als Waise gemeinsam mit seiner Schwester im Ruhrpott. Über dem mathematisch-technisch hochbegabten Junge, der mit Begeisterung Radios baut und repariert, hängt das Damoklesschwert sobald zulässig unter Tage zu schuften, wie sein Vater, der nicht zurückkehrte. Die Möglichkeit diesem Schicksal zu entfliehen und seinen Interessen nachzugehen, eröffnet sich mit der Aufnahme an einer Napola, einem Ort der erbarmungslosen, ideologisch-indoktrinierten Elitenförderung. Sein Weg soll ihn bald als Spezialist für Funktechnologie an die Fronten des 2.Weltkriegs führen.
Marie-Laure ist früh erblindet und lebt mit ihrem ebenfalls technisch äußerst begabten Vater in Paris. Er arbeitet im Naturkundemuseum, ihrer zweiten Heimat und arbeitet leidenschaftlich für die Selbstständigkeit seiner Tochter, mit der er die Stadt quasi vermisst bis sie alle wichtigen Wege auswendig kann, der er Modelle baut und teure Bücher in Braille-Schrift besorgt. Die Tochter wird zur Spezialistin für Details.
Eine große Rolle für Marie-Laure soll der Roman "20.000 Meilen unter dem Meer" spielen - auch im Fortgang des Romans.
Vater und Tochter bringt die Flucht zum Großonkel in die alte Küstenstadt Saint-Melo, dort landet auch Werner für die Wehrmacht.
Der Roman achtet sehr auf die Details, bringt Bekanntes z.T. episodenhaft oder wie selbstverständlich (Die Familie des Freundes hofft auch die bessere Wohnung im 4.Stock. Sie gehört einer Jüdin. Der Großonkel verbarrikadiert sich in seinem Haus, zwischen Radios, Büchern usw. Er leidet unter den Folgen seiner Erlebnisse des 1.Weltkriegs usw.). Dennoch scheint alles auf einer anderen Ebene der Wahrnehmung und erzeugt in der Kombination von Technik mit verschiedenen sinnlichen Eindrücken für eine besondere Atmosphäre, wie ich finde. Die Kapitel sind relativ kurz, die Schicksale zweier Jugendlicher laufen aufeinander zu, z.T. sehr spannend, oft auch sehr bedrückend, und traurig, aber mit für einen Weltkriegsroman wenig Brutalität. Das hat der Roman nicht nötig.
Obwohl der Autor z.T. in der Zeit springt, also die Ereignisse nicht völlig chronologisch erzählt und neben der Perspektive der beiden Jugendlichen auch noch weitere eingeflochten werden, hat man keinerlei Schwierigkeiten zu folgen.
- Markus Zusak
The Book Thief, Film Tie-In. Die Bücherdiebin, englische Ausgabe
(243)Aktuelle Rezension von: ElOlorDeUnLibroLiesel ist neun als ihr Bruder stirbt und ihre Mutter sie in eine Pflegefamilie nahe München gibt. Es ist 1939. Liesel erlebt die ihr völlig unverständliche Nazizeit aus Kinderaugen. Die Schrecken des Krieges und des Holocaust werden in diesem Buch aus Sicht des Todes geschrieben. Der Tod wird auch Liesel besuchen...
Meine Meinung:
Es gibt schlicht nicht mehr zu sagen wie: jeder muss dieses Buch gelesen haben.
Ich habe mit sämtlichen Charakteren mitgefiebert und teils echt heftig weinen müssen. Eine ergreifende Geschichte über Freundschaft, Mut, und die Grausamkeit der Menschen.
Fazit:
Unbedingt lesen!
- Richard Birkefeld
Wer übrig bleibt, hat recht
(21)Aktuelle Rezension von: TheSilencerBerlin, 1944. Während die Alliierten vorrücken und Berlin in Schutt und Asche legen, haben zwei Männer ihr Schicksal zu meistern.
Der eine war ein überzeugter Nationalsozialist, bis er wegen einer Führer-Beleidigung selbst in jene Lager wanderte, von denen man nur hinter vorgehaltener Hand erzählt. Als Bomben sein Straflager zerstören, kann Ruprecht Haas fliehen und macht sich auf in seine alte Heimat Berlin, die er nicht wiederkennt. Die Suche nach seiner Frau und seinem Sohn und dem Denunzianten, der ihm zehn Jahre nicht überlebbares Straflager einbrachte, erwecken in ihm das Tier.
Der andere ist ein zweifelnder SS-Offizier. Vor dem Krieg war er Kriminalbeamter und als solches wird er aus einem Kriegslazareth nach Berlin geholt, um eine Mordserie aufzuklären. Während er mit seiner eigenen Verantwortung hadert und den Endsieg längst aufgegeben hat, manipuliert er seine Ermittlungsergebnisse, die den Täter längst aufzeigen, ihn nach Abschluß aber wieder an die Front schicken würden. Und Kalterer möchte auch noch die Gelegenheit in Berlin nutzen, seine Ehefrau zurückzugewinnen, die sich von ihm trennte, als sie von den Greueltaten der SS erfuhr.
Beide Wege treffen sich irgendwann. Jedoch völlig anders als erwartet.
Das Autoren-Duo Birkefeld & Hachmeister liefern keinen geschichtsschuldigen Roman ab, sondern machen ihn zu einem Stück Zeitgeschichte. Das Grauen der Braunen ist spürbar, genauso wie die drohende Strafe, ergibt man sich nicht dem Endsieg-Gespenst.
Fesselnd, realistisch - der Fliegeralarm ist hörbar.
Ein Muß für jene, denen Erzählungen der Eltern und Großeltern nicht ausreichen. Das passende Mittelstück zwischen Robert Merles Der Tod ist mein Beruf und Pierre Freis Onkel Toms Hütte, Berlin.
Von den beiden Autoren ist 2009 ein weiterer Krimi erschienen, dieser spielt in der Weimarer Republik: Deutsche Meisterschaft. - Judith Kerr
Warten bis der Frieden kommt (Ein berührendes Jugendbuch über die Zeit des Zweiten Weltkrieges, Rosa Kaninchen-Trilogie, 2)
(109)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerInhalt
Anna und ihre jüdische Familie fliehen in der letzten Minute vor den Nazis! Der zweite Band schließt an den vorherigen an, wobei aber 3-4 Jahre von Annas Leben auf der Internatsschule ausgelassen werden. Anna ist mittlerweile 15 Jahre alt und ihre Familie kann sich kaum über Wasser halten. Ihr Bruder Max verlässt die Familie, um beim Millitär zu arbeiten, während Anna ihre Lieb zu Kunst endeckt und sie sich zum ersten Mal verliebt.
Meine Meinung
Oft gefallen mir der erste Band der Reihe am besten, doch hier war es nicht so. Ich musste mich immer aufraffen, dieses Buch zu lesen, aber am Ende hat es sich wirklich gelohnt.
Fazit
Ich kann es wirklich jedem empfehlen! Es ist schön, romantisch, emotional aber auch spannend und packend!
5 von 5 Sternen!
- Katrin Tempel
Mandeljahre
(49)Aktuelle Rezension von: Melanie_LudwigInhalt
Als Katharina Nicklas die Jugendstilvilla ihrer Familie an der pfälzischen Weinstraße entrümpelt, findet sie im Keller Aufzeichnungen ihrer Urgroßmutter Marie. Die sensible Ehefrau eines gnadenlosen Großunternehmers schreibt darin über den Aufstieg und Fall einer Kaffeeröster-Dynastie in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts – und über ihre geheime Liebe zu einem naturverbundenen Mandelbauern ...
Mir hat das Buch gefallen. Es wurde gut erzählt wie es zur Zeit des Krieges und dlavor mit der Familie und der Kaffeerösterei ausgeht.
- Delphine Minoui
Die geheime Bibliothek von Daraya
(13)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerIn Daraya, Vorort von Damaskus in Syrien, wütet der Krieg in verheerender, brutaler und zerstörerischer Wut. Daraya ist für Baschar al-Assad ein riesiger Dorn in seiner Politik. Unentwegt erklärt er der Welt, dass die Stadt voll mit Terroristen sei. Ohne jegliche Skrupel lässt er Daraya bombardieren, hält Lebensmittellieferungen zurück, tritt den Freiheitskämpfern mit Festnahme und Folter entgegen. Doch die Menschen in Daraya, wiedersetzen sich Assad, weil sie sich eine Demokratie für Syrien wünschen, weil sie ihre Meinung frei äußern wollen. Sie wollen keine Folter, kein menschenverachtendes Leben, keinen Diktator an der Macht. Mitten in dieser Zerstörung gibt es einen geheimen, magischen Ort, von dem das Regime nichts wissen soll. Eine unterirdische Bibliothek, voll mit Büchern, die die Männer zumeist unter Einsatz ihres Lebens aus den Trümmern geborgen haben. Eine Bibliothek voll mit Literatur, mit Romanen genauso wie mit Sachbüchern. Die Männer und Frauen von Daraya flüchten in die Welt der Worte.
Als Delphine Minoui durch Zufall ein Bild auf Facebook entdeckt, bei dem Männer inmitten von kriegerischer Zerstörung vor einem Büchregal posieren, ahnt sie nicht, in welche brutale Realität sie reisen wird. Wie nah ihr das Leben und das Kämpfen der Bürger von Daraya gehen wird. Langsam entwickelt sich die Idee, ein Buch zu schreiben. So entsteht nach und nach eine Art Zeitzeugenbericht, den Delphine Seite für Seit festhält. Dieses Buch ist das Sprachrohr für die Männer von Daraya, die der Welt zeigen wollen, dass sie keine Terroristen sind, dass das Regime sie zu Sündenböcken machen will, dass Daraya für Assad ein einziger Schandfleck ist, weil die Bürger von Daraya sich nichts sehnlicher wünschen, als in einer Demokratie zu leben. "Die geheime Bibliothek von Daraya" hat es wirklich gegeben und jeder einzelne Satz im Buch von Delphine Minoui ist eine Hommage an das Lesen und an die Bücher dieser Welt. Die Kraft und die Liebe zur Literatur vereint die Menschen von Daraya. Sie gibt ihnen den Halt, den sie in der vollkommen abgeschnittenen Stadt brauchen. In dieser Liebe empfinden sie die Hoffnung auf ein besseres Leben.
Delphine Minoui erzählt in einzelnen Kapiteln von den unterschiedlichen Träumen der Menschen von Daraya, von ihren täglichen Erlebnissen inmitten eines Krieges. Dabei ist der Wechsel von glücklichen Momenten zu grausigen Szenerien beinah fließend. Mich hat dieses Buch sehr berührt, schockiert und zum Nachdenken angeregt. Warum ließ die Welt die Menschen von Daraya allein? Gibt es ein höheres Gut, als das Leben unschuldiger Menschen? Ich bin verärgert, dass so wenig von Daraya in den Medien berichtet wurde, dass den Lügen von Assad Glauben geschenkt wurde und dabei Menschen gefoltert wurden, sei es körperlich oder seelisch. Dieses Buch zeigt mir aber auch, dass man nur das beurteilen sollte, was man selbst gesehen hat. Was einem von jemandem erzählt wird, der es miterlebt hat. Kein Generalverdacht für Menschen, die flüchteten, weil sie sich nur Frieden wünschen. Diese Welt sollte gegen Terrorismus vorgehen, keine Frage, aber sie sollte vorher genau schauen, wem sie diese Radikalisierung unterstellt.
(c) buchgefieder.blogspot.com
- Anne C. Voorhoeve
Liverpool Street
(97)Aktuelle Rezension von: LeseabenteuerDieses Buch wurde mit dem Buxtehude Bullen Preis ausgezeichnet und mir ging die Geschichte auch unter die Haut.
Die elfjährige Ziska wird 1939 für auf einen Kindertransporte nach London geschickt. Sie ist Jüdin und ihre Mutter hofft, sie in Sicherheit zu wissen. Auf Ziska wartet eine Fremde Familie, eine fremde Sprache und Kultur. Doch schnell fühlt sie sich dort heimisch, doch ihr schlechtes Gewissen gegenüber ihrer Mutter nagt an ihr. Auch in London tobt der Krieg.
Diese Geschichte ist zwar fiktiv, aber viele Ereignisse sind früher so passiert. Man hat einen guten Eindruck bekommen, wie es für die Kinder und auch zurück gelassenen Familien war, auf einen Kindertransport in die Fremde geschickt zu werden. Ziska ist ein taffes Mädel und sie erfährt Geborgenheit. Es werden viele Gefühle und Emotionen rüber gebracht.
Eine sehr bewegende und lehrreiche Geschichte.
- Uwe Siemon-Netto
Griewatsch!
(3)Aktuelle Rezension von: fibroeEtwas sachte bin ich an das Buch „Griewatsch“ herangegangen. Ich konnte so gar nicht festmachen was mich erwartet. Biografien sind nicht an sich nicht meins, aber gut, da Leipzig auch für mich eine Zeitlang zum Leben dazu gehörte, wollte ich halt mal reinlesen...
Was mich dann jedoch erwartete war so viel mehr als ich erwartet hatte. Eine Biografie natürlich, aber mit so viel Humor und Abenteuerlust geschrieben, dass ich weiterlesen musste. Es machte richtig Lust auf mehr.
Uwe Siemon-Netto wurde kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges geboren und hier spielt auch ein Großteil seiner Lebensgeschichte, die mir trotz der großen Ernsthaftigkeit, mehr als einmal ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat. Wie spannend war es für mich zu lesen, wie der kleine Uwe den Krieg erlebt hat und wie interessant waren auch die Personen in seinem engsten Umfeld. Vor allem Großmutter Netto war prägend für seine Zukunft, seine Art zu Denken und zu Handeln. Für mich eine der spannendsten Personen überhaupt in diesem Buch, mit ihrer Art der Erziehung, ihrer Art den Glauben an Gott zu leben und ihrem sehr speziellem Humor. Auch ihre Kontraeinstellung gegenüber dem Nazi Regime fand ich mehr als beeindruckend.
Ein Satz ist mir in Bezug auf Oma Netto im Sinn geblieben, den ich nicht vorenthalten möchte: "Auf unsere politisch-korrekt verspießerte Gegenwart mag Omis Kombination aus ... befremdlich wirken." Ich lass den jetzt mal so stehen! Omi Netto würde zu heutiger Zeit vermutlich sehr misstrauisch beäugt:)
Dieser Buchteil des Krieges war überaus lehrreich für mich. Es war sehr interessant die Geschehnisse einer derart traurigen Epoche aus erster Hand erzählt zu bekommen, zumal diese so weit weg und doch gleichzeitig wieder so präsent für uns ist. Uwe war damals noch ein Kind und trotz Kummer und Elend konnte man sie teilweise zwischen den Zeilen spüren, die Unbeschwertheit und Leichtigkeit einer Kindheit. Das passte so überhaupt nicht in meine Vorstellung von Kriegskindern. Was mich als Außenstehende oft überraschte, war die Unbekümmertheit der Erzählung an manchen Stellen. Meint man doch, solch eine Kindheit kann nur schrecklich sein. Aber Uwe Siemon-Netto beschreibt auch wie normal das Leben irgendwie weiter ging! Die Jungs haben genau so Unfug getrieben, Schule wurde egal wie bewerkstelligt und ein Gang durch die zerbombte Stadt wurde alltäglich. Leider habe ich mich nie wirklich mit Großeltern oder anderen Personen über diese Zeit unterhalten können, so dass dies eine neue Erfahrung darstellte, die wirklich spannend für mich war! Aber wie Herr Siemon-Netto ebenfalls feststellte, oft riss die Wunde der Seele erst weit nach Kriegsende auf, so auch bei ihm, 20 Jahre lang und das passte wieder in meine Vorstellung vom Krieg, leider.
Der 2. Teil des Buches befasst sich mit der Zeit nach dem Krieg bis weit hinein in tiefste DDR Zeiten. Gerade letzteres ist genau mein Thema, da ich im Osten aufgewachsen bin und noch heute nach Geschichten der damaligen Zeit giere;). Ich kann mich so gar nicht mehr an Leipzig nach der Wende erinnern, umso spannender fand ich es darüber zu lesen. Ich hätte mir so gern noch viel mehr Informationen darüber gewünscht (z.B. Friedensmarsch, Glaube an Gott in der DDR) kann aber verstehen dass, da Herr Simon-Netto zu dieser Zeit nicht in Leipzig verweilte, dieser Teil des Buches nicht ganz so ausgiebig ausgefallen ist. Nichtsdestotrotz viele neue Informationen für mich, verbunden mit einigen Aha Erlebnissen für die ich echt dankbar bin und das gepaart mit viel interessantem Insiderwissen und der richtigen Menge an Humor. Wirklich großartig und absolut lesenswert!
Den Schreibstil des Buches empfand ich als entspannt und flüssig, nur manchmal waren mir die Sprünge zwischen einzelnen Anekdoten zu groß. Die sächsischen Passagen fand ich großartig, ich fühlte mich sofort in die Kindheit zurück versetzt:) Wegen mir hätten die Übersetzungen zum Sächsischen nicht im Buch stehen müssen, das empfand ich oft eher als störend. Lieber wäre mir gewesen, einen Nachschlageteil zu haben um im Notfall nachsehen zu können. Ich denke das Meiste war doch selbsterklärend.
Witzigerweise fehlte mir allerdings die Übersetzung einiger Fremdwörter, die mich doch das ein oder andere Mal überfordert haben. Ich will mir jetzt hier aber nicht die Blöße geben;)
Fazit:
Bis auf meine kleine Kritik oben, hat mir das Buch sehr gut gefallen. Ich durfte viele interessante und teilweise sehr private Dinge erfahren und habe das Gefühl, dass mein Horizont definitiv wieder ein Stück erweitert wurde, nachdem mir das Buch über den „Weg gelaufen“ ist. Am spannendsten waren für mich die unzähligen Informationen aus erster Hand zu Epochen die vor meiner Zeit Bestand hatten, weiterhin aber auch die familiären Verhältnisse im Hause Siemon-Netto. Seine Mutter konnte ich viele Male nur schwer verstehen, aber Omi Netto fand ich klasse!!
Ich danke sehr für die informativen, privaten und teilweise sehr amüsanten Passagen, und freue mich, über meinen Schatten gesprungen zu sein und ein Buch gelesen zu haben das eigentlich, so dachte ich, nicht meinem Geschmack entspricht.
Wieder was dazu gelernt;) Nochmals vielen Dank! - A.J. Pearce
Liebe Mrs. Bird
(40)Aktuelle Rezension von: Annabeth_BookInhalt:
Emmi hat eine neue Stelle bei einem Zeitungsverlag, doch anders wie erwartet. Und plötzlich gibt Emmi sich für jemanden aus, der sie gar nicht ist.
Erster Satz:
Als ich die Anzeige in der Zeitung sah, hatte ich das Gefühl, gleich platzen zu müssen.
Meine Meinung:
Als das Buch bei mir ankam, habe ich mich sehr darüber gefreut und war schon sehr gespannt darauf, wie mich das Buch überzeugen wird.
Das Cover finde ich wirklich sehr schön und es passt auch sehr gut zu dem Inhalt des Buches, was man als Leser dann aber erst beim lesen bemerkt. Ansonsten hätte ich es aber auch schön gefunden wenn man Briefe auf das Cover gedruckt hätte, um nochmals die Leserpost zu verdeutlichen.
Der Schreibstil der Autorin war sehr angenehm und auch flüssig zu lesen, sodass die Seiten wie von selbst dahin geflogen sind und ich das Buch auch in ein paar Tagen ausgelesen hatte.
Unsere Protagonistin Emmi, war mir von Anfang an wirklich sehr sympathisch, auch wie sie auf einem verpeilten Umweg auf ihrem Arbeitsplatz gelandet ist und man ihr sehr schnell anmerkt, dass sie es nicht gut findet wie Mrs. Bird die Briefe aussortiert.
Sie findet einfach das man die Briefe als einen Art Hilferuf erachten sollte und sie nicht einfach so in den Müll werfen sollte.
Mrs. Bird dagegen sieht es ganz anders, sie ist für meine Augen ziemlich altbacken und sieht in allem nur das schlechte und allgemein ist bei ihr eh alles verwerflich. Auch die Ratschläge die sie in meinen Augen an die Leserinnen weitergibt, sind totaler Unsinn und werden der Hilfesuchenden nicht wirklich weiterhelfen.
In dem Buch spielt auch noch Bunty eine wichtige Rolle, denn sie ist Emmis Mitbewohnerin und auch beste Freundin. Doch nach einem schrecklichen Unglück wird die Freundschaft der beiden sehr auf die Probe gestellt und man fiebert dann auch hier als Leser mit ob die Freundschaft zwischen den beiden wieder was wird oder ob sie für immer zerbrochen ist.
Emmi versucht natürlich alles immer richtig zu machen und kommt dadurch auch in einen Zweispalt, als sie anfängt die Briefe zu beantworten und dann auch noch mit Mrs. Bird unterschreibt. Sie will den Leserinnen helfen, aber keiner aus dem Zeitungsverlag sollte was davon mitbekommen. Die Briefe die Emmi schreibt, sind wirklich sehr einfühlsam und es sind auch wirkliche Ratschläge, die den Leserinnen auch helfen können
Neben dem Zeitungsverlag ist Emmi auch noch bei der Feuerwehr, weil sie einfach was tun will und nicht nur tatenlos zusehen.
Alles in einem haben wir hier eine sehr bewegende Geschichte, die einen in ihren Bann zieht und mit ihren vielen Auf und Abs auch nicht langweilig wird.
Ich bin auch sehr gespannt darauf, mit was die Autorin mich als nächstes überraschen wird.
- Wendy Higgins
Unknown
(1)Aktuelle Rezension von: paperloveMeine Rezension findet ihr auch auf: https://mrspaperlove.blogspot.com
Es fällt mir wirklich schwer, eine Rezension zu "Unknown" zu verfassen, denn irgendwie war die Story nichts Halbes und nicht Ganzes. Bis zuletzt war mir nicht mal ganz klar, um welches Genre es sich bei diesem Buch eigentlich handelt.Die Story fängt als eine Art Coming-of-Age Erzählung an, in der die Kindheit von Amber, der Protagonistin, beschrieben wird. Wir lernen nicht nur sie, sondern auch ihren Bruder Tater und dessen besten Freund Rylen kennen und erfahren, wie und warum Amber sich in Rylen hoffnungslos verliebt hat. Diese Entwicklung spielt in der weiteren Handlung immer mal wieder eine Rolle, denn keiner der beiden wagt es je, offen über seine Gefühle zu sprechen, so dass es zu einigen Missverständnissen kommt. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich das Buch deshalb als Contemporary Romance eingestuft.
Nach einer Weile wird die Story plötzlich düsterer und an verschiedenen öffentlichen Orten werden Bombenanschläge verübt. Niemand weiss genau wer dahinter steckt (es wird nur ein einziges Mal angedeutet, dass die Anschläge keine religiösen und/oder rassistischen Gründe haben), aber es scheint auch so, als würde das auch niemand wirklich herausfinden wollen. Die Gefahr wird einfach hingenommen und die Ressourcen zum Überleben (inkl. Elektrizität und fliessendes Wasser) werden aufgrund dieser ominösen Gefahr eingestellt. Auch diese Entscheidung, die von Politikern getroffen wurde, wird nicht weiter in Frage gestellt - weder von Amber, noch von einem anderen Charakter.
Um die Sicherheit der Menschheit zu gewährleisten, hat ab sofort eine Art Polizei - die DRI - das Sagen. Dabei gehen sie jedoch so unzimperlich vor, dass man als Leser sehr schnell merkt, dass es sich bei den DRI wohl nicht wirklich um die Guten handelt. Trotzdem scheinen Amber, ihre Familie und ihre Freunde diesen neuen Verordnungen wie blind zu folgen. Zeitgleich treibt auch ein gefährlicher Virus sein Unwesen, an dem immer mehr Menschen erkranken. Aber auch hier scheinen sich Amber und ihre Familie blind auf die Regierung zu verlassen, indem sie sich - trotz beträchtlicher und besorgniserregender Nebenwirkungen! - einfach mal irgendetwas impfen lassen, ohne zu hinterfragen, um was es sich da eigentlich handelt.
Zu diesem Zeitpunkt hat sich die Story also zu einer Art Endzeit-Szenario entwickelt, ohne dass man das Gefühl hatte, dass die Erde tatsächlich kurz vor dem Untergang steht. Kurzzeitig hatte ich ja noch eine Alieninvasion gedacht, nachdem eine Einwohnerin panisch aufgefunden wurde, und etwas von Aliens brabbelte. Aber auch dieser Gedanke schien schnell wieder verworfen worden zu sein.
Während der gesamten Story wartet man schliesslich darauf, dass die Gefahr endgültig ausbricht, dass irgendwas Einschneidendes passiert oder dass es zu einem überraschend Plot Twist kommt. Leider bleibt dies alles gänzlich aus. Die Autorin verschwendet viel zu viel Zeit daran, unwichtige Szenen zu erläutern - wie etwa die Beschaffung von Nahrungsmitteln, dem Verstecken von Waffen oder Ambers Fahrten zum Krankenhaus.
Die Story endet schliesslich in einer Art Cliffhanger, so dass man sich als Leser irgendwie veräppelt fühlt und denkt: That's it?!
Das Buch war nicht schlecht, die Szenen zwischen Rylen und Amber sehr gefühlvoll und die Idee macht neugierig. Aber irgendwie wirkt das ganze Buch sehr planlos, als hätte die Autorin einfach mal drauf los geschrieben, ohne richtig zu wissen, wohin sie mit ihrer Geschichte eigentlich will.
Da sich das Buch wie eine seeeeehr lange Einleitung für die eigentliche Story liest, werde ich Teil 2, der im Winter 2017 erscheint, sicher auch lesen. Ich hoffe aber, dass Wendy Higgins dann etwas geplanter vorgeht und sich einige offene Fragen noch klären. - Martin Doerry
Mein verwundetes Herz
(30)Aktuelle Rezension von: graphida‚Mein verwundetes Herz‘ von Martin Doerry ist ein berührendes und bewegendes Buch.Erzählt wird, anhand von Briefen, die Geschichte von Lilly Jahn. Die Jüdin wächst wohlbehütet auf und ahnt lange Zeit nicht, dass ihr Glauben alles zerstören wird, was ihr wichtig ist. Sie lernt den angehenden Arzt Ernst kennen und als Leserin möchte man ihr zurufen ‚tu es nicht‘, denn Ernst ist ganz offensichtlich ein charakterschwacher und labiler Mensch, der ihr kein Glück bringen kann. Sie selbst ist Jahrgang 1900 und emanzipiert genug, um ihren eigenen Weg zu gehen, zu studieren und als Ärztin ganz in ihrem Beruf aufzugehen, allerdings nur kurze Zeit, denn die Nationalsozialisten verstehen es schon bald Lilli unter entsprechendem Druck an der Ausübung ihres Berufes zu hindern.
Ihr Mann Ernst ist ihr keine grosse Unterstützung, er scheint einfach alles geschehen zu lassen und mehr mit sich und später mit seiner Geliebten beschäftigt zu sein. Bis 1943 ist Lilli Jahn noch durch die Ehe geschützt, aber nachdem Ernst mit seiner Geliebten ein gemeinsames Kind hat, lässt er sich scheiden, wendet sich von Lilli ab und liefert sie damit dem NS-Regime schutzlos aus.
Lilli bekommt mit Ernst 5 Kinder, die ihre ganze Liebe und Aufmerksamkeit erhalten. Sie hadert nicht mit ihrem Schicksal, sondern bleibt hoffnungsvoll, dass diese schweren Zeiten, in denen sie denunziert und geächtet wird, vorübergehen. Leider bleibt es eine nicht zu erfüllende Hoffnung. Sie wird verhaftet und kommt zunächst in ein Arbeitserziehungslager. Immer noch voller Hoffnung schreibt sie in ihren Briefen ihre Gedanken, ohne zu klagen, nimmt regen Anteil am Leben ihrer Familie. Als Leserin weiß man spätestens nach dem Klappentext, was mit Lilli geschehen wird, dennoch ist man geneigt die Hoffnung zu teilen und von einer unerwarteten Wendung zu lesen.
Ihre fünf Kinder berichten beinah täglich in liebevollen Worten wie sehr sie fehlt, welche Entwicklung es gibt und wie sehr sie die Rückkehr der Mutter erhoffen. Monat für Monat vergeht, schließlich wird Lilli in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort umgebracht.
Das Buch ist ein beeindruckendes Zeugnis des Holocausts und der tiefen Liebe zwischen einer Mutter und ihren Kindern.
Der Autor und Enkel von Lilli Jahn, Martin Doerry, hat unglaubliche Recherchearbeit geleistet und es war sicher kein leichtes Unterfangen die Dokumente zusammen zu tragen und Zeitzeugen zum Sprechen zu überreden. Entstanden ist ein beeindruckender und berührender Roman, dem Lilli Jahn sicher Respekt und Achtung entgegengebracht hätte und, sie wäre stolz auf ihren Enkel gewesen.
- Barbara Schilling
Meine Berliner Kindheit
(6)Aktuelle Rezension von: sarahsbuecherweltDie Thematik rund um den zweiten Weltkrieg wurde schon in unzähligen Büchern aufgenommen. Früher gerne gelesen, schüttelt inzwischen vielerorts der Leser den Kopf und denkt sich, nicht noch ein bewegendes Schicksal aus dieser Zeit. Einerseits ist dies verständlich, denn inzwischen möchte niemand mehr an diese Zeit denken und wer sich doch dafür interessiert, wird zahlreiche Werke finden. Auf der anderen Seite ist dies ein Stück deutscher Geschichte, die niemals vergessen werden sollte, um jüngere Generationen zu warnen. Barbara Schilling setzt hier auf eine ganz besondere Umsetzung. Der Leser wird direkt in das Berliner Leben einbezogen. Ein Berlin welches rund 70 in der Vergangenheit liegt. Dabei lässt sie die zahlreichen Fakten weg, und widmet sich dem reinen Schicksal von Helene, ihrer Mutter. Zahlreiche Bücher setzen auf die trockenen, wenn auch wichtigen Fakten, da ist es angenehm nur das Wichtigste zu erfahren. So können Leser selbst bestimmen, ob sie sich weiter informieren wollen oder schon genug wissen, und sich voll und ganz auf das Buch konzentrieren wollen. Schließlich geht es nicht nur um den zweiten Weltkrieg, sondern auch um die ersten Jahre danach. Geboren 1939 bekommt sie den Krieg nur am Rande mit. Trotzdem gelingt es der Autorin ihre Mutter in angenehmen Farben darzustellen. Das Bild eines kleinen, liebenswerten Mädchens, dass man gerne als freche Göre bezeichnen kann. Sympathisch und in gewisser Weise noch kindlich-naiv beschreibt Barbara Schilling die Kriegsjahre aus den Augen eines Kindes. Sie geht auf Bombennächte in Schutzkellern, Mangel an Lebensmitteln, den Leben ohne Männern und den Nazi-Nachbarn ein. Trotz der kindlichen Erzählweise bekommt der Leser ein authentisches Bild. Leider viel zu schnell zu Ende, denn ein Kind erinnert sich nur an wenige Details. So weiß ich aus Erfahrung, dass Mütter nur die einprägenden Momente an ihre Kinder weitergeben kann. Viele Schilderungen kamen mir komplett bekannt vor, denn meine Mutter ist Baujahr 38. Eingestürzte Häuser, wo noch der Herd mit der dampfenden Suppe steht, während der Rest eingestürzt ist; die Lebensmittelrationen oder kleine Spielsachen, die Kinderherzen für wenige Stunden ablenken. Ich denke, dass wenn man stückweise Dinge erkennt, die Umsetzung wirklich gelungen ist. Ohne große Lücke wechselt die Autorin in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Die Besetzung von Berlin durch die Russen, die Trümmerfrauen, die verzweifelte Suche nach Männern und der Versuch ein Stück Alltag in das Leben zu bringen. Inhaltlich kann die Autorin voll und ganz überzeugen. Der Stil selbst ist anschaulich, wächst mit der Protagonistin und weiß den Leser mit ansprechenden und klaren Worten zu fesseln. Dabei setzt die Autorin auf den typischen Charme von Berlin. Meine Oma schaffte es trotz ihrer geringen Körpergröße, drohend auf das Fräulein hinab zu sehen, die Arme in die breiten Hüften gestemmt: „Hä! Sie Würmchen wollen mir Angst machen? Dass ick nich lache! Lene kriege Se nur über meene Leiche, sach ick Ihnen.Erst müssen Se an mir vorbei!“ (Zitat S. 7) Und genau darin liegt das Problem, welches den Lesefluss hemmt und das Buch streckenweise recht anstrengend macht. Die Autorin hat ihre gesamten Dialoge mit dem allseits bekannten Berliner Dialekt versehen. Der Leser versteht die wörtliche Rede ohne Probleme, aber bei einigen Berliner Begriffen muss man jedoch nachdenken. Für Berliner sicherlich angenehm, aber für andere Städter schwer. Vereinzelt macht dieser Charme noch Spaß und ist passend. Jedoch ist er überall vertreten und definitiv einfach zu viel. Ich persönlich musste mir immer wieder kleinere Pausen gönnen, und einmal Verschnaufen, weil es mir einfach zu viel war. Ich kann nachvollziehen, dass Barbara Schilling damit eine ganz authentische Atmosphäre schaffen wollte, aber an die zahlreichen Nicht-Berliner hat sie nicht gedacht. Ebenfalls ist mir noch ein kleinerer Punkt aufgefallen, den ich mir für eine solche Biographie gewünscht hätte. Ich persönlich hätte mir vereinzelt ein paar Fotos gewünscht. Einfach um sich das alte Berlin, ihre Mutter oder bestimmte Personen noch besser vorstellen zu können. Ich will nicht sagen, dass es fehlt, denn Barbara Schilling weiß auch ohne Fotos ein genaues Bild entstehen zu lassen, aber für mich gehören zu einer Biographie einfach Fotos. Nichtsdestotrotz ist ihr damit ein wertvolles Buch gelungen, dass eindrucksvoll an der Biographie ihrer Mutter zeigt, wie es in Berlin während des Krieges und danach aussah. - Frank Maria Reifenberg
Wo die Freiheit wächst
(69)Aktuelle Rezension von: miss_organ_izedDie junge Lene ist 16 Jahre alt, und der Krieg dauert jetzt schon einige Jahre an. Statt sich mit dem Erwachsenwerden zu beschäftigen, hat sie alle Hände voll zu tun die Familie zusammen zu halten. Ihr großer Bruder Franz kämpft an der Ostfront gegen Russen, ihr Vater ist verschollen, ihre Mutter depressiv und ihr kleiner Bruder verehrt den Führer so sehr, dass es mehr kaum geht. Und wo steht Lene selber? Sie weiß, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Doch kaum jemand unternimmt etwas. Dann lernt sie Erich kennen und mit ihm eine Gruppe von Jugendlichen, die ihren eigenen Kopf haben: die Edelweißpiraten…
»Ich versuche wacker den Überblick NICHT zu verlieren. Aber manchmal würde ich mich auch gerne wie der Kalli irgendwo in eine Ecke der Welt verfrachten lassen, wo über dir nichts ist außer der Sonne und dem Mond. Auf ein Inselchen mitten im Ozean oder auf einen Berggipfel, am besten den höchsten der Welt, wo du nachts nur in den Sternenhimmel starren kannst. Dahin, wo nichts mehr über dir ist, wo die Freiheit wächst, bis zu den Sternen.«
BRIEFROMAN
Ein Briefroman? Zunächst war ich skeptisch, ob ich damit beim Lesen so gut zurecht kommen würde. Skeptisch war zunächst auch der Autor, wie ich später hinten im Buch gelesen habe. Ihm sei auch bewusst gewesen, dass man fast nichts von dem, worum es sich im Buch dreht, in Briefe hätte schreiben können zu dieser Zeit. Das hatte ich nämlich erst vor hier als Kritikpunkt aufzuführen, weil es mir doch ein bisschen sehr leichtsinnig und lebensmüde von den Charakteren erschien. Aber dem wurde durch das Nachwort der Wind aus den Segeln genommen.
»Haben die denn keine anderen Sorgen? Wenn ich mir anhöre, was der Führer da vorige Woche im Reichstag gesagt hat! ›Front und Heimat müssen alles geben‹, sagt er und dass uns ein Kraftakt bevorstünde. Als ob alles, was bisher gewesen ist, ein Spaziergang am Rheinufer war. Darum sollten sie sich kümmern, nicht um unser Geschreibsel.«
Im Endeffekt war ich begeistert von der Briefform. Denn es hilft, sich besser in die damaligen Umstände hineinzuversetzen. Freunde und Familie über ganz Deutschland verstreut, und die einzige Möglichkeit sich nicht zu verlieren, waren Briefe. Auch wenn man teilweise ewig darauf warten musste oder manche gar nicht am Ziel ankamen. Obwohl man genug mit sich selber zu schaffen hatte (schauen wo man etwas zu Essen herbekam, die Wohnung bewachen,…), nahm man sich die Zeit zum Briefe schreiben, um nicht ganz verrückt zu werden. Daher finde ich, hat sich das Wagnis Reifenbergs gelohnt, das Ganze in einen Briefroman zu verpacken.
SCHREIBSTIL
Besonders gut hat mir der Schreibstil gefallen. Ich hatte das Gefühl, diese Personen hätten wirklich 1942 gelebt und diese Briefe geschrieben. Das ist nicht der Fall, auch wenn manche Charaktere an wahre Persönlichkeiten angelehnt sind. Ich kann wirklich nur empfehlen, das Nachwort des Autors auch zu lesen, dort erfährt man einige spannende Dinge.
CORONA UND FREIHEIT
Ich habe das Buch gelesen und gedacht: Um Gottes Willen! Was die damals im Krieg alles aushalten mussten. Da konnte keiner einfach auf die Straße gehen und gegen das, was ihm nicht recht gefiel protestieren. Beziehungsweise natürlich konnte man das, aber dann wurde kurzer Prozess gemacht. Natürlich hat jeder von uns in der Schule gelernt wie schlimm die Zeiten waren und was alles dahinter steckte. Aber im Alltag verblasst das immer, finde ich. Und wenn man dann so ein Buch liest, taut alles wieder auf.
Und dann frage ich mich, warum die Leute zur Zeit es nicht einmal aushalten können ein wenig Abstand zu halten. Ich glaube, dass gerade zur Zeit dieses Buch einige Menschen aufrütteln könnte. Dass man sich mal bewusst wird, wie geringfügig manche Probleme im Vergleich zu anderen sind. Wenn Fliegeralarm war, dann sind alle in den Bunker oder in den Keller. Natürlich gab es da auch Murren und bestimmt ist auch mal der ein oder andere durchgedreht und raus gerannt. Aber der hatte dann auch gleich die Quittung dafür. An Corona ist das Problem, dass man keine Bomben sieht, die fallen. Der Feind ist unsichtbar, aber das macht ihn nicht weniger gegenwärtig. Wir sollten froh sein, dass wir diesen Krieg eigentlich nur mit der Waffe des Social Distancing ausfechten können. Jedenfalls wenn wir alle zusammen helfen.
Kleiner Denkanstoß
Und daher finde ich auch, dass Demonstrationen gegen die Einschränkungen der Grundrechte vermieden werden sollten. Wir haben das Privileg der Freiheit unseres Gedankenguts. Und wenn alle so vernünftig wären zu Hause zu bleiben, weil sie es selbst für richtig halten, dann müsste auch kein Staat von oben eingreifen und die Bevölkerung zur Vernunft erziehen.
»Die Schäden und das Leid sind so unfassbar, aber am Schlimmsten für mich ist das, worüber keiner spricht, was viele nur im hintersten Eckchen ihres Herzens verstecken. Es ist das Gefühl, dass es uns nur recht geschieht. Das hat sich schon so manches Mal bei mir eingeschlichen, als es von Bombennacht zu Bombennacht schlimmer geworden ist. Wenn man mit so einem Leid und Verbrechen gestraft wird, muss man doch etwas angestellt haben.«
SPOILER-ALERT
Mein Kopf fand das Ende super geschrieben. Dass man nicht weiß was mit Lene und Erich passiert, fand ich ein gutes Stilmittel, auch wenn ich mich jetzt immer noch ärgere, dass ich es nicht weiß (ich hoffe auf einen zweiten Teil). Damals war es ja nicht so einfach Kontakt zu halten. Und das hat die Unübersichtlichkeit noch einmal gut hervorgehoben. Dass Franz gefallen ist, hat mich ernüchtert, obwohl es mehr als realistisch ist. Mein Herz war einfach nur traurig. Ich hätte mir so sehr ein Happy End gewünscht. Aber gerade das gab es eben meist leider nicht. Und das macht bei allem Schmerz das Buch auch so gut, glaube ich.
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