Bücher mit dem Tag "brd"
282 Bücher
- Ken Follett
Kinder der Freiheit
(479)Aktuelle Rezension von: m_schr98Mit dem Abschlussband der Jahrhundert-Trilogie hat mich Ken Follett ein letztes Mal auf eine bewegende Reise durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts mitgenommen. Kinder der Freiheit war für mich ein zutiefst emotionales Erlebnis – besonders das Ende, das den Mauerfall schildert, hat mich zu Tränen gerührt.
Die Geschichte der Familie Williams und all der anderen Charaktere, die ich seit Sturz der Titanen begleiten durfte, ist mir unglaublich ans Herz gewachsen. Obwohl ich selbst die historischen Ereignisse altersbedingt nicht miterlebt habe, konnte ich dank Folletts eindringlicher Erzählweise hautnah miterleben, wie sich Geschichte anfühlt – mit all ihren Grausamkeiten, Hoffnungen und Wendepunkten.
Besonders fasziniert hat mich die Vielfalt der Perspektiven. Als geschichtsinteressierter Mensch hat mir die Trilogie geholfen, mein Wissen zu vertiefen und die Zusammenhänge der politischen Entwicklungen besser nachvollziehen zu können. Follett zeigt eindrucksvoll, wie Geschichte nicht nur in den Geschichtsbüchern existiert, sondern in den Schicksalen einzelner Menschen lebendig wird.
Ein absoluter Lesetipp für alle, die Geschichte nicht nur verstehen, sondern fühlen wollen.
- Marc-Uwe Kling
Die Känguru-Chroniken
(1.244)Aktuelle Rezension von: LooneyTunesNormalerweise lese ich gerne Bücher aus den Genres Fantasy, Abenteuer, Mystery oder Krimi. Aber manchmal langweilen sie mich, also dachte ich, ein Buch aus der Kategorie Komödie und Humor könnte eine lustige Abwechslung sein. Nach einiger Recherche bin ich auf die Känguru-Chroniken gestoßen.
Wenn ich ehrlich bin, hat mich das Buch nicht so sehr begeistert, dass ich es weiterempfehlen würde. Ich hatte erwartet, dass es hauptsächlich humorvoll ist, doch es enthält mehr politische und religiöse Meinungen als eigentlichen Humor. Das Problem ist, dass dies in keiner Zusammenfassung oder Buchvorstellung erwähnt wurde – der Autor hätte das zumindest erwähnen können.
Natürlich kann jeder seine eigene Meinung über Religion haben, das ist Teil der Meinungsfreiheit. Manche finden Religion logisch, andere nicht. Aber ich persönlich mag es nicht, wenn in einem Buch zu viel über Religion oder Politik gesprochen wird. Allerdings muss ich mir auch eingestehen, dass ich mich vor dem Lesen besser über das Buch hätte informieren können.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass in den Känguru-Chroniken Türken und andere Ausländer kritisiert werden. Humor kann für manche lustig sein, aber für andere auch verletzend. Es ist schade, wenn Satire so gemacht wird, dass sich bestimmte Menschen angegriffen fühlen.
Trotzdem gibt es auch positive Aspekte. Abgesehen von den religiösen Themen fand ich einige Gedanken des Autors wirklich großartig! Beim Lesen hatte ich oft das Gefühl, dass er mich mit logischen Argumenten zum Nachdenken bringt.
Zum Abschluss möchte ich ein paar Zitate aus dem Buch teilen, die mir besonders aufgefallen sind:
„İch lebe nach der Devise: lieber fünfmal nachgefragt als einmal nachgedacht”
„》Du willst nicht?《, frage ich. Ja. Weil das gar keine Wahl ist, sagt das Kanguru. Das ist nämlich nur ein Demokratietrugbild, eine Abstimmungsattrappe, eine Volksherrschafts-Fata-Morgana. Kurz gesagt nur der Schein einer Wahl, oder, um den offiziellen Terminus zu verwenden: ein Wahlschein.《 》Ein Wahlschein?《, frage ich. Das ist, als ob du in den Supermarkt gehst und da wahlen kannst zwischen der Tütensuppe von Maggi und der Tütensuppe von Knorr, aber in Wirklichkeit ist alles Nestlé. Der Wahlschein suggeriert Freiheit, aber in Wirklichkeit sage ich dir: Alles Kapitalismus, alles Nestlé, alles Hähnchen. Da ich nun aber generell keine Tütensuppe essen will, ist mir die Markenwahl im Supermarkt eben schnurzpiepe.”
„Gewalt ist die Sprache der Dummen.”
„Nichts ist peinlicher als ein Verlierer, der nicht merkt, dass er verloren hat.” „ So ist das in der Welt. Der eine hat den Beutel, der andere hat das Geld.”
„Wenn zwei sich streiten,sitzt der Dritte in der Mitte(Altes chinesisches Sprichwort)”
„Das Tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann.Das Furchtbare ist, das auch jeder es tut.”
„Natürlich ist niemand selbst schuld, wenn er im Schlamm geboren wird, aber doch trägt er eine gewisse Verantwortung, sich daraus zu befreien”
„Das ist die einzige Möglichkeit, sich wirksam zu schützen. Indem man vergisst.”
„Wer Krieg spielen will, sagt das Känguru, muss auch bereit sein, leiden zu lernen.”
„gibt es eigentlich nur zwei Kategorien von Menschen: die, die dich kennen, die du aber nicht kennst,und die, die du kennst, die dich aber nicht kennen.”
İch hoffe, dass ich hilfreich sein konnte☘️☘️☘️
- Bernhard Schlink
Der Vorleser
(5.795)Aktuelle Rezension von: RettufEine absolute Qual. Der Schreibstil und die Figuren sind grauenhaft. Ein moralischer Kompaß existiert nicht.
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- Stefan Aust
Der Baader-Meinhof-Komplex
(309)Aktuelle Rezension von: hamburgerlesemausWährend meine Mutter beim Post-oder Bankschalter anstand (ATM gab es damals noch nicht), guckte ich mir das große Poster mit all den gesuchten RAF-Gesichtern an. In jeder Bank, Geschäft, Bahnhof oder öffentlichem Amt hing dieses Plakat! Wann immer wir mit unseren Eltern aus Hamburg nach Hause nach HH-Lemsahl fuhren, wurden wir von mindestens einer Polizeikontrolle gestoppt. Am Ende wohnte die RAF nur 5 Km von meinem Elternhaus in Poppenbüttel entfernt.
#derbaadermeinhofkomplex war das erste Buch, das mir alle Zusammenhänge der RAF darstellte.
Es ist schon länger her, dass ich es gelesen habe, aber ich weiß noch, das es sich wie ein Krimi las. 878 Seiten Spannung pur. Allerdings erinnere ich mich auch, dass ich über Baaders seitenlangen, intellektuellen Ergüsse ohne Punkt und Komma im Gerichtssaal hinweggelesen habe.
Danke #stefanaust - Rolf Bauerdick
Pakete an Frau Blech
(20)Aktuelle Rezension von: schoensaWorum es gehtKaum haben Maik Kleine und seine ehemaligen Zirkus-Kollegen den ehemaligen Zirkusdirektor Alberto Bellmonti wie von ihm gewünscht mit Parade durch Berlin und Elefanten vorweg beerdigt, beginnen die schlechten Nachrichten: Bellmonti soll für die Stasi gearbeitet haben. Und irgendwie hängt auch alles mit Maiks Kindheit in der DDR zusammen, die tragisch 1978 endete, als seine Geschwister bei einem Brand ums Leben kamen.
Wie es gefälltZu Beginn ein Tragikroman, am Ende Klamauk - was hervorragend anfängt, wird immer chaotischer und vor allem unrealistischer. Wer damit leben kann, der bekommt eine abwechslungsreiche und vielseitige Geschichte, bei der man kaum etwas vorhersehen kann.
- Heinrich Böll
Ansichten eines Clowns
(469)Aktuelle Rezension von: Friedrich_SchoenhoffImmer wenn ich nicht begreife, warum ich so bin, wie ich bin, brauche ich nur das Buch zur Hand nehmen und mich an die Moral der Wirtschaftswunder-Gesellschaft erinnern. An Marie, die ihre Liebe Hans verlässt, weil er sich weigert, die Kinder, die sie bekommen könnten katholisch taufen zu lassen. Und Hans selbst, der, ohne sich hätte anstrengen müssen, in Wohlstand alt geworden wäre.
Statt dessen beschließt er, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, und Clown zu werden.
Er verachtet seine Eltern, die überzeugte Nazis waren und zeigt dem Spießertum erfolgreich den gestreckten Mittelfinger, bis Marie ihn verlässt
Nun wird er der traurigste aller Komödianten, ist völlig mittellos und blickt sentimental auf sein Leben zurück.
Das Buch reflektiert in Ansätzen eine Zeit, deren Macher mich groß gezogen haben, bis ich selbst gemerkt habe, wohin das Streben nach immer mehr führt und welchen Preis ich dafür bezahlen müsste.
Jeder ist ein Kind seiner Zeit und die, die folgen, bleiben Zeit ihres Lebens ein Stück Zeuge der Zeit, ob sie wollen oder nicht. Berührend und damals 1963 skandalös, als jemand sich traute, das Gesicht des Katholizismusses zu entlarven.
Der steht heute vor ganz anderen Problemen und löst sich gerade selbst auf
- Sven Regener
Herr Lehmann
(1.213)Aktuelle Rezension von: ArmilleeHerr Lehmann ist knapp 30 Jahre, wohnt in Berlin und arbeitet in einer Kneipe hinterm Tresen...und ab und zu trinkt er viel...!
Diese Geschichte war für mich wie eine Reise in die Vergangenheit. Ich bin praktisch in einer Kneipe groß geworden, kenne das gewöhnliche + klein-geistige Geschwafel der Alkis, den Qualm, die Mucke aus der Box, die Besserwisser, die Schleimer, die Depressiven, die Wichtigtuer, die Aggros, die Voll-Alkis, die funktionierenden Alkis, die Anzüglichkeiten und dass alle denken, sie können sich bei jedem + alles einmischen. Ich habe selbst Jahrzehnte in der Gastro gearbeitet und verschieden Stadien meiner Entwicklung - mal mehr, mal weniger gut - durchlaufen.
Ja, hier in Buch stößt man auf das Elend der Welt mit seinen vielen Facetten, findet Freunde fürs Leben, manchmal Feinde auf ewig. Und manchmal ist die Spelunke mit den Menschen darin der einzige Halt, den man noch hat. Genau drum handelt es hier. Ohne das Schön-Reden, ohne Schnörkel.
Und deshalb finde ich es unglaublich gut gelungen. Und der Humor...ich hab mich total geömmelt vor Lachen. Ich konnte nicht mehr, hab mir den Bauch gehalten. Manches ist einfach Situationskomik !
- Bov Bjerg
Auerhaus
(359)Aktuelle Rezension von: rkuehneEine schöne und wirklich ganz klassische Coming-of-Age Geschichte. Frieder versucht sich das Leben zu nehmen, scheitert und soll oder will nach dem Klinikaufenthalt nicht mehr alleine wohnen und zieht mit einigen seiner Schulfreunde in ein altes Bauernhaus seines Opas. Das Auerhaus. Grundsätzlich solide Geschichte, auch gut geschrieben, aber der Funke ist zu mir nicht übergesprungen, ich hab kaum Bindung zu den Figuren gewonnen und daher verbleibt es im Mittelmaß.
- Saša Stanišić
Vor dem Fest
(195)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderFürstenfelde in der Uckermark. Es ist die Nacht vor dem großen Fest und alle Bewohner bereiten sich auf ihre Weiße vor. Frau Kranz will zum ersten mal ihre Heimatstadt bei Nacht malen und strauchelt doch immer wieder. Jeder hat seinen Teil zu tun und seinen Teil zu vergessen und seinen Teil, den er lieber nicht mehr sehen will. Der kleine Ort hat schon viel erlebt. Die DDR, die Wende, den Umbruch, den Neuanfang, den Tod des Fährmanns und den Wandel von Berufen und Strukturen. Was ist besser? Was kommt noch? Im Stadtarchiv, im Heimatmuseum, da gibt es alles über die Stadt und immer wieder wird etwas Neues hinzu getragen und archiviert. Sicher auch wieder bei diesem Fest, denn ohne Spuren geht es niemals vorbei. Das war immer schon so und wird auch immer so bleiben. Sasa Stanisic ist mit Vor dem Fest ein Roman gelungen, der auf den ersten Blick vielleicht nicht viel Geschichte bietet, aber das täuscht! In jedem Satz, in jedem Detail und in jedem Charakter steckt so viel Leben und Hintergrund, dass es zuweilen Sätze über fast eine Seite gibt. Ich liebe seine Art zu schreiben und erzählen und wie er manchmal ganz behutsam und leise berichtet und an anderer Stelle laut, aufbrausend und auch wieder ironisch wird. Jede Figur ist ein Erlebnis für sich und kennen wir sie nicht alle irgendwie und wohnen wir nicht selbst im fiktiven Fürstenfelde? Manchmal erschreckend realistisch und dann doch wieder überzogen und fast forsch, aber niemals langatmig oder langweilig. Manchmal ist das Leben aufregend, langweilig, so wie die Speisekarte beim Metzger
- Zsuzsa Bánk
Der Schwimmer
(168)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderKata und Isti sind Kinder und sie sind verlassen. Während die Panzer durch Ungar rollen, flieht die Mutter und sie bleiben zurück mit dem Vater. Das Leben im Jahr 1956 ist schwer und während der Vater immer mehr abdriftet, entwerfen die Kinder ihre eigene Welt. Sie leben und erleben und sie tauchen ab. Sie schwimmen hinaus und tauchen ab und Isti liebt es und er tut dies nicht nur im Wasser, nein, er taucht auch in seine Gedanken ab und macht sich dort eine andere Welt, eine bessere. Kata und Isti finden ihren ganz eigenen Weg, mit dem Weggang umzugehen und sie schwimmen einfach hinaus ins Leben. Zsuzsa Banks Der Schwimmer ist ein großartiges Buch und es hat mich damals beim Erscheinen schon begeistert. Es wurde zurecht mit so vielen Preisen ausgezeichnet und es hat einen ganz besonderen Klang, seine ganz eigene Stimme. Banks Sprache ist toll und die Metaphern bestechend und sie entfacht so viele Gefühlswelten, dass eine Pracht und vor allem auch eine Wucht ist. Eine ganz große Literaturstimme.
- Werner Bräunig
Rummelplatz
(33)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderDieser Roman ist eine Bombe! 40Jahre lang hat er auf seine veröffentlichung gewartet und ist doch so aktuell und brisant wie damals. Werner Bräunig hat jetzt leider nicht mehr mit erlebt, dass sein Werk endlich verörrentlicht wurde. Er versteht es perfekt den Bogen zwischen Ost und West zu spannen und zeigt auf, macht klar und erklärt und all seine Figuren sind ehrlich, menschlich einfach aus dem Leben gegeriffen. Einer der wichtigsten Romane die es gibt!
- Heinz Strunk
Fleisch ist mein Gemüse
(443)Aktuelle Rezension von: deidreeLaut den vorliegenden Rezensionen habe ich mir dieses Buch schenken lassen, weil ich es mir interessant und witzig vorstellte.
Leider war es für mich nur zäh und langweilig. Es passiert ganz selten, dass ich ein Buch abbreche. „Fleisch ist mein Gemüse“ hier ist allerdings so eines. Ab der Hälfte habe ich seitenweise weiter geblättert, etwas gelesen, und wieder viele Seiten übersprungen. Die letzten paar Seiten habe ich wieder gelesen und nicht das Gefühl gehabt, dass mir etwas entgangen ist.
Grundsätzlich erzählt der Autor ständig das Gleiche. Und das nicht einmal überzeugend witzig. Von einem Tanzabend zum nächsten, Alkohol, Glückspiel, keine Frauen, Gesicht mit Pickel, Mutter der es gesundheitlich immer schlechter geht, bis sie am Ende stirbt, Tagesablauf zum Kaputtmachen. Tja, das war es dann auch schon.
Wird das ganze Buch dafür verwendet zu beschreiben wie es bei dieser einen Tanzkapelle ablief, so war das Ende im Schnellverfahren erzählt. Innerhalb einiger Seiten trennt er sich von der Gruppe, Mutter stirbt, er zieht um und aus.
Dazu passt noch nicht einmal das Cover. Schade, für mich enttäuschend.
- Helmut Schmidt
Außer Dienst
(69)Aktuelle Rezension von: FederstrichHelmut Schmidt bestach durch seine herausragende Rhetorik, die auch in diesem Buch überlegt und besonnen aufscheint. Es wäre interessant zu wissen, wie er zu den heutigen Ereignissen steht, denn vieles von dem er schreibt ist immer noch aktuell. Sicherlich hat auch er nicht alles richtig gemacht und es waren auch Fehler wiedergutzumachen, doch Schmidt geht mit sich ehrlich ins Gericht. Seine Anforderung an den heutigen Politiker würde einigen Staatsdienern gut zu Gesicht stehen, die gerne Wasser predigen aber noch lieber den Wein trinken, den ihnen Lobbyisten und Großunternehmer einschenken. Auch der ehemalige Bundeskanzler war letztendlich nur ein Mensch, aber einer, der das Wohl seines Landes nie aus den Augen gelassen hat. Es wäre zu wünschen, dass sich mancher davon ein Scheibchen abschneidet oder wenigstens dieses Buch liest. Was Machiavelli für absolute Herrscher war, sollte Schmidt für Demokraten sein.
- Ben Aaronovitch
Der Oktobermann
(130)Aktuelle Rezension von: wanderer-of-wordsIch mag die "Flüsse von London"-Welt sehr gerne und war neugierig, ob es auch mit einem neuen Hauptcharakter in einer ganz anderen Umgebung so viel Spaß macht. Dass dann keine der üblichen Großstädte, sondern Trier, als Mittelpunkt der Handlung gewählt wird war für mich schon mal ein Pluspunkt. Blieb für mich noch die große Frage, ob es einfach die gleiche Story in einem neuen Umfeld ist und ob die nur knapp 200 Seiten ausreichend sind, um eine spannende Story zu erzählen.
Bei den Charakteren wären gute Ansätze zwar vorhanden, nur ist das Buch schon wieder zu Ende, kaum, dass man sie etwas besser kennengelernt hat. Man merkt stark, dass der Platz für eine Charakterentwicklung fehlt. Einige Parallelen zwischen Peter Grant und Toby Winter empfand ich als sehr deutlich, genau wie Peter stolpert Toby eher zufällig in die Welt der Magie und ist ebenfalls der einzige Lehrling seines Vorgesetzten. Ich hätte da einen komplett anderen Werdegang besser gefunden - gerade auch, weil man das Buch doch ganz automatisch mit der in London angesiedelten Geschichte vergleichen wird.
Die Story ist eher durchwachsen. Die eingebauten Plottwists wirkten auf mich schnell sehr chaotisch, das Zusammenführen der Handlungsstränge muss auf wenigen Seiten passieren, die Story hat einfach insgesamt zu wenig Platz sich zu entfalten.
Positiv ist der gewohnt flüssige Schreibstil von Ben Aaronovitch und der spöttische Humor der immer wieder durchblitzt (auch wenn es insgesamt ernster zugeht als in London). Sehr clever gelöst fand ich , dass einige Vorkommnisse mit Geschehnissen aus der deutschen Vergangenheit erklärt werden, ich mag es wenn reale Geschehnisse mit Fantasy-Storys verwoben werden.
Fazit
Den Handlungsort von England nach Deutschland zu verlegen funktioniert leider nur teilweise. Es gibt ein paar witzige Anspielungen auf das "Original", aber insgesamt blieb für mich immer der Beigeschmack, hier eher einen Abklatsch als ein wirklich durchdachtes Spin-off zu lesen. Ort und Namen sind anders, aber zu vieles bleibt einfach gleich - ich hätte mir mehr Kreativität gewünscht. Lieber ein besser ausgearbeiteter und längerer Roman, als die halbgare Kurzgeschichte. Ein wenig bekommt man das Gefühl, dass hier einfach nur die Kuh gemolken wird. - John le Carré
Der Spion, der aus der Kälte kam (Ein Smiley-Roman 3)
(89)Aktuelle Rezension von: JosseleDer Roman, der John le Carré schlagartig berühmt machte, erschien 1963 unter dem Originaltitel „The Spy who came in from the Cold“. Laut Wikipedia schrieb le Carré den Bestseller in nur fünf Wochen. Alec Leamas, Agent des britischen Geheimdienstes, soll an einer Aktion mitwirken, die den ostdeutschen Leiter der Operationsabteilung des Auslandsgeheimdienstes beseitigt. Deshalb wird Leamas‘ Entlassung aus dem Dienst und einiges andere inszeniert, bis der ostdeutsche Geheimdienst mit ihm Kontakt aufnimmt.
Le Carré, der selbst einige Jahre in Diensten der britischen Geheimdienste MI5 und MI6 stand, kann durchaus als Experte für geheimdienstliche Tätigkeiten bezeichnet werden. In diesem Roman vermittelt er dem Leser einen Eindruck von den Methoden, die dort zu Anwendung kommen. Der Roman spielt in der Zeit kurz nach dem Mauerbau in Berlin, den le Carré vor Ort miterlebte. Zeitlebens hatte der Autor eine besondere Beziehung zu Deutschland und zur Schweiz.
Der Erzählstil des Autors verlangt dem Leser einiges an Aufmerksamkeit ab, will er jederzeit auf der Höhe des Geschehens sein, denn le Carré erzählt so, dass neben dem politischen Gegner auch der Leser in die Irre geführt werden kann. So weist er z.B. nicht ausdrücklich, sondern nur in Andeutungen darauf hin, dass es sich bei Leamas Abschiebung in den Innendienst und seinem darauf folgenden Verfall um eine ins geheimdienstliche Werk gesetzte Inszenierung handelt.
Eindrücklich beschreibt der Roman auch die Dilemmata, in die Agenten aufgrund ihres Doppellebens fast zwangsläufig geraten und die zu ihrer Vereinsamung führen. Die Gefühllosigkeit, die das System von den handelnden Personen verlangt, ist geradezu spürbar, wenn z.B. George Smiley, der in diesem Roman nur eine Nebenrolle spielt, sich stirnrunzelnd Sorgen um Leamas Freundin Liz macht, wohl wissend, nichts tun zu dürfen, was die gesamte Aktion gefährdet, selbst wenn sie Menschenleben kostet.
Ein absolutes Highlight ist die Auflösung, der man sich schrittweise nähert, wobei der Leser mit immer neuen „Wahrheiten“ konfrontiert wird, weil fast gar nichts so ist, wie es scheint. Das ist grandios ausgedacht und inszeniert.
Dieser außerordentlich gute Agententhriller hat Maßstäbe für das Genre definiert, die danach nur von ganz wenigen erreicht wurden. Fünf Sterne.
- Ursula Krechel
Landgericht
(66)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerBuchvorstellung von meinem Blog schreibgewitter.
Die Sprache sticht. Entweder ins Auge oder ins Ohr, je nachdem, ob man zum Buch oder Hörbuch greift. Ich habe mich für Letzteres entschieden. „Landgericht“ klingt etwas sperrig, doch hat es nicht lange gedauert, bis mich der Roman für sich eingenommen hat, auch wenn Inhalt und Stil durchaus mit dem Titel harmonieren. Keine Komfortlektüre.
Die Autorin Ursula Krechel hat eine Sprache gewählt, die zugleich distanziert und ganz besonders nah, unmittelbar, ja intim wirkt. Der Duktus mutete bisweilen kühl, juristisch, formal an, da er mit einer ungeheuer detaillierten Beobachtung einhergeht und zugleich außergewöhnlich präzise Bilder für die Schilderung nutzt, fühlt sich der Leser ganz dicht am Geschehen, am inneren wie äußeren. Diese Kombination sorgt für eine hohe Intensität.
„Ich bin in einer Mitläuferfabrik gelandet.“
Die Themen machen wütend. Richard Kornitzer, promovierter Jurist, zu Zeiten der Weimarer Republik im Amt eines Richters, kehrt nach dem Krieg aus Cuba nach Deutschland zurück. Der nächste Satz wird schwierig, denn würde ich sagen, Kornitzer wäre Jude, entspräche das nicht der Wahrheit. Die Nazis und ihre antisemitische Vernichtungsideologie haben ihn zum Juden gemacht, obwohl er selbst keiner sein wollte und sogar Protestant geworden ist.
Das mag als kleines Detail erscheinen, ist es allerdings nicht. Die Zuweisung einer einzigen Identität für eine andere Person ist ein signifikantes Merkmal der großen totalitären Regimes des 20. Jahrhunderts, nicht nur dem der Nazis. Auch in Stalins und Maos Reichen wurde so verfahren, immer mit dem Ziel, Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen, ihrer Rechte zu berauben, einzusperren, zu quälen und zu töten.
„Die Geschichte war ein Krater.“
Es gehört zu den großen Vorzügen dieses Romans, dass Krechel einen Protagonisten gewählt hat, der dem Vernichtungsapparat entkommen konnte und wieder zurückgekehrt ist. Diese Rückkehr nach Deutschland steht am Anfang des Romans, der Weg zu seiner Flucht aus dem so genannten „Dritten Reich“ wird als Rückblick im Romanverlauf geschildert. Zunächst einmal geht es um die Ankunft in der ehemaligen Heimat.
Dort hat Kornitzers Frau Claire ausgeharrt. Sie ist aus der Sicht der Nazis „arisch“, durch ihre Heirat mit Kornitzer jedoch belastet, sodass sie keinen Organisationen beitreten kann, was Voraussetzung für ihre Berufsausübung wäre. Claire Kornitzer ist eine sehr moderne Frau, sie leitet eigenständig eine GmbH, ist erfolgreich, selbstständig, stark und dennoch dem Übel der Nazis hilflos ausgeliefert, denn sie muss Firma und berufliche Tätigkeit aufgeben.
Nach dem Krieg und der Gründung eines demokratischen Deutschlands ändern sich manche Dinge nicht unmittelbar zum Guten. Die während der Weimarer Republik bereits erreichte Modernität war durch die gesellschaftliche Steinzeit im Hitlerregime so weit zurückgedreht worden, dass es lange Jahre dauern sollte, ehe der einmal verlorene Stand wieder erreicht wurde. Das ging ganz erheblich zu Lasten der Frauen. Krechel hat das in ein wunderbares Bild gefasst:
„Es schmerzte sie, als wäre sie an einem anderen Zeitufer stehengeblieben und das Schiff wäre ohne sie abgefahren. Ja, hätte ihr den Zutritt verweigert, nur weil sie eine Frau war. Und was hieß nur? Die Frau eines Landgerichtsdirektors. Jetzt klang es in ihren Ohren wie Hohn.“
Die Kinder der Kornitzers, Georg und Selma, werden gerade noch rechtzeitig nach England geschickt und entgehen so einem schrecklichen Schicksal im Hitlerreich. Auf der Insel haben sie allerdings ebenfalls mit Widrigkeiten zu kämpfen, was den Roman übrigens brandaktuell macht, wenn etwa von „unbegleiteten Minderjährigen“ die Rede ist, die aus Syrien, Afghanistan oder anderen Regionen nach Deutschland fliehen.
In seiner Heimat und sieht sich Kornitzer auf allen Ebenen Widrigkeiten ausgesetzt. Beruflich setzt ihm zum Beispiel die skandalöse Behandlung von Philipp Auerbach heftig zu, privat ist es ein extrem schwieriges Unterfangen, die Familie wieder unter einem Hut zu versammeln. Diese Dinge entwickelt Krechel in ihrem typischen Stil vor den Augen des Lesers, der mitgerissen werden kann, wenn er sich darauf einlässt.
Die „Stunde Null“, der „Neuanfang“ ist eben geprägt von vielen Kontinuitäten, die rückwirkend ebenso verblüffen wie auch verstören. Vor allem der latente, unterschwellige oder auch offene Antisemitismus, das Fortdauern von NS-Ideologie und Denkweise in juristischen (und anderen) Bereichen des Staates und die Hilf- und Wehrlosigkeit der Opfer, insbesondere der Juden, sind eigentlich unfassbar.
„Es rüttelte an seinem Rechtsempfinden wie eine eisige Sturmböe.“
Eine ganz besonders bedrückende Episode ist die so genannte „Irrfahrt der St. Louis„, ein Dampfer, der vollgestopft mit jüdischen Flüchtlingen aus dem Reich Cuba angelaufen hatte. Touristenvisa wurden plötzlich nicht mehr anerkannt, nur wenige der Notleidenden wurden von Bord gelassen, der Rest harrte auf dem Schiff zunächst zwischen Cuba und den USA, später von der Küste Kanadas aus, ehe die St. Louis wieder nach Deutschland zurückkehrte.
Dieser auch aus der Gegenwart sattsam bekannte Vorgang, der den Eindruck verstärkt, dass manche Dinge sich eben doch wiederholen, ist auch in anderen Werken behandelt worden. Der kubanische Autor Leonardo Padura hat ihn in seinem Roman „Ketzer“ aufgegriffen und aus Sicht von Einwohnern Havannas geschildert. Für Kornitzer wird Cuba aber zum Rettungsanker, eine ihm sehr fremde Welt.
„Tage, mit heißer Nadel aneinandergestichelt, sich gegenseitig überlappend. Ein Sandmückenschleier sirrt in der Luft über der dösenden Bucht. Klares, blaues Licht. Licht, von ruhiger Eindringlichkeit, das einen blass und bleich erscheinen ließ.“
Mir haben an dem Buch sehr viele Aspekte ganz besonders gefallen. Neben der eindringlichen Sprache vor allem die Vielschichtigkeit der angesprochenen Themen, die Rückblenden und kurzen Ausflüge in Seitenhandlungen, die zusammengenommen auf nachdrückliche Weise aufzeigen, wie die Opfer des NS-Regimes auf verlorenem Posten kämpften, als es darum ging, angemessen entschädigt und anerkannt zu werden. Der Krieg mochte 1945 beendet worden sein, sein verheerendes Wirken dauerte weit darüber hinaus an
- Charlotte Link
Sturmzeit - Die Stunde der Erben
(277)Aktuelle Rezension von: _jamii_Deutschland 1977. Alexandra Marty hat viel von ihrer Großmutter Felicia geerbt – nicht nur deren Familiensinn, sondern vor allem auch ihren Ehrgeiz und Freiheitsdrang. Aufgewachsen in den Jahren politischer Unruhen und Veränderungen, ist Alexandra eine junge Frau ihrer Zeit, kühl und zärtlich, eigenwillig und anschmiegsam, träumerisch und mit einem ausgeprägten Blick für die Wirklichkeit. Doch als sie das große Erbe Felicias antritt und das Familienunternehmen übernimmt, trifft sie eine folgenschwere Entscheidung, durch die auf einmal alles auf dem Spiel steht. Ein Zurück in die behütete Idylle auf dem Gut der Familie kann es nicht geben, und Alexandra muss sich erneut entscheiden, ob sie ihren ganz eigenen unabhängigen Weg gehen und sich endlich aus dem Schatten ihrer Familie lösen möchte ...
Ich hatte echt meine Zweifel, ob ich dieses Buch überhaupt lesen sollte, weil ich solche Mühe mit dem zweiten Teil bzw. vor allem mit Felicia und Belle gehabt habe.
Ich bin froh, habe ich es dann doch gelesen, denn Teil 3 ist um Längen besser als der Vorgänger! Zum einen hilft, dass Felicia und Belle nicht mehr die Hauptfiguren sind, sondern eben ihre Erben, mit welchen ich deutlich besser klargekommen bin. Belle nimmt nur noch eine Rolle am Rande ein, Felicia ist immer noch präsent. Während diese am Anfang immer noch schwierig zu ertragen war, ging das im Verlaufe des Buches besser.
Es gibt hier mehr unabhängige Einzelgeschichten als vorher. Man kann an mehreren Schicksalen teilhaben, welche eigentlich nichts miteinander zu tun haben, ausser dass die einzelnen Personen auf welche Art auch immer miteinander verwandt sind. Entsprechend weniger sind sie auch miteinander verknüpft.
Ebenfalls wird die Zeit der deutschen Spaltung sehr interessant und bildlich dargestellt.
Manchmal, vor allem gegen Ende, ziehen sich die Ausführungen etwas in die Länge, aber ansonsten sehr gelungener Roman mit starken Charakteren!
- Cora Stephan
Ab heute heiße ich Margo
(100)Aktuelle Rezension von: JulianchenDieses Buch wartete schon etwas länger im Regal darauf, gelesen zu werden. Es hat sich gelohnt. Auf den Spuren von Margo, eigentlich Margarete, begibt sich der Leser auf eine Reise durch die deutsche Geschichte von 1936 bis zur Jahrtausendwende. Margo ist eine selbstbewusste Frau, für die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung sehr wichtig sind. Während der Naziherrschaft ist sie eine Mitläuferin, hat keine politischen Interessen und keine politische Haltung. Sie ist fleißig, tatkräftig und mutig und hält sich nicht mit Emotionalitäten auf. Nach dem Krieg gelingt es ihr mit ihrem Mann Henri, ein neues Leben im Wirtschaftswunder Westdeutschlands aufzubauen. Sie ist pragmatisch, kreativ und zukunftsgerichtet. So wird sie schnell erfolgreich und erarbeitet sich eine eigene Karriere. Henri, der auch als Richter seinen Platz gefunden hat, kocht und kümmert sich hingebungsvoll um den Garten. Ein sehr moderner Mann in der damaligen Zeit. Seine Figur rührt mich sehr. Seine Liebe zu Margo hält auch Betrug und Seitensprünge aus. Neben Margo wird die Handlung auch aus der Perspektive von Helene, einer ehemaligen Kollegin Margos und Alard, eines Adeligen erzählt. Die drei verbindet ein Geheimnis aus den letzten Kriegsjahren. Helene ist eine sehr zwiespältige Figur. Anfangs gefällt sie mir sehr gut mit ihrem Mut und ihrem Aufbegehren. Auch ihre Liebe zu Alard, die sich bis auf wenige Tage im Krieg nicht entfalten kann, ist sehr gut eingefangen. Ihre Wandlung zur Spionin der DDR und ihre emotionalen Intrigen werfen dann aber ein anderes Licht auf sie. Mir bleibt ihre Figur bis zum Ende etwas fremd und unnahbar. Dennoch ist die wechselseitige Perspektive aus Ostdeutschland und Westdeutschland, durch Helene und Margo sehr gut gesetzt. Die Geschichte der beiden Töchter, Leonore und Clara bzw. Emma ist angerissen, wird aber im Nachfolgeroman tiefer erzählt. Am Ende geht es dann etwas schnell und wirkt stellenweise konstruiert. Auch das Geheimnis um die verschwundenen DDR-Millionen hätte es für mich nicht unbedingt gebraucht. Doch der Roman berührt mich, interessiert mich und die Figuren sind sehr facettenreich gezeichnet. Daher absolut empfehlenswert.
- Heinrich Böll
Die verlorene Ehre der Katharina Blum
(868)Aktuelle Rezension von: caro_linIch fand die Bericht-Form in der es geschrieben ist irgendwie ziemlich zäh, und die verschiedenen Nebencharaktere zu verwirrend, um bis zum Schluss durchzublicken. Vielleicht hätte ich es zügiger durchlesen müssen, aber wie man sieht hat es mich dafür nicht genug gepackt.
Die Story ist ganz nett, mal was anderes, da man das Ende schon kennt, aber irgendwie auch einfach frustrierend. - Klaus Modick
Klack
(56)Aktuelle Rezension von: DuffyDie älteren Semester kennen sie noch, die Kameras, die nur eine Tag und Nachteinstellung hatten, in die man Filme mit 12, 24 oder 36 Fotos einlegen musste und die dann vom Fotogeschäft seiner Wahl entwickelt und zu Abzügen gemacht wurden. Agfa-Klick war der gebräuchliche Name der Billigkameras, und eine spielt in Modicks Buch die Hauptrolle, indem sie zur Zeitzeugin einer Epoche Anfang der 60er wurde. In 15 Bildern erzählt sie die Geschichte von Markus, der in dieser Phase der bundesdeutschen Erholung seine Zeit vom Kind zum Jugendlichen erzählt, mit den Schwerpunkten der Pubertät und der ersten Liebe, eingebettet in die ersten Kontakte mit ausländischen (Italiener) Zugegogenen, die Klischees der Nachkriegsgeneration und der Alten, die den Krieg noch miterlebten und nun den schweren Übergang kompensieren müssen.
Modick, ein großartiger Erzähler, der seine Kunst schon mehrfach unter Beweis gestellt hat, lässt der Kamera die Auswahl der Schwerpunkte, das, was zufällig auf dem jeweiligen Foto zu sehen ist, ist eine Momentaufnahme, die im Kapitel darauf ausgeführt, und wo es sein muss, erklärt und richtiggestellt wird.
Das Ganze ist ein teilweise schönes Bild dieser Zeit, ohne in Klischees steckenzubleiben. Die ungewollte Komik ist dann doch irgendwie beabsichtigt, weil es nun mal so war zu dieser Zeit. Das Rührende behält nicht nur sein sanftes Gesicht, es verklärt auch die innewohnende Nostalgie nicht als etwas Kitschiges, sondern wird zum Film des Lesers, der sich an die Zeit ebenfalls erinnern kann. Er kann seine alten Fotos herausholen und sagen: "Genauso war das", und wer weiß, vielleicht kann er der heutigen Generation etwas erzählen, was sie interessieren könnte. Von Klack-Kameras, von Anstand, von Respekt untereinander, von menschlichem Umgang miteinander, von der Aufregung, die Liebe zu entdecken, ohne auf das Internet zurückgreifen zu müssen. Von Momenten, die zu Erinnerungen wurden, die ein ganzes Leben bestehen bleiben. Ein schönes, stilles Buch, wenn man es einfach so entdecken will, ohne jeden Satz zu hinterfragen. - Hans Waal
Die Nachhut
(103)Aktuelle Rezension von: dunkelbuchVier, als junge Männer zu der Waffen SS eingezogene, Soldaten haben das Ende des zweiten Weltkrieges in einer großen unterirdischen Bunkeranlage nicht mit bekommen. Sie sind weiterhin der Meinung, es herrsche immer noch Krieg. Verstärkt wird ihre Annahme dadurch, dass über der Bunkeranlage ein Bombenabwurfplatz der UDSSR entstanden ist.
Erst als der letzte Dosenöffner abbricht, entschließen sie sich die Anlage zu verlassen.
Da sich in den letzten 70 Jahren natürlich sehr viel geändert hat, müssen die vier alten Herren mit den jetzigen Gegebenheiten zurecht kommen. Immer noch behaftet mit dem Gedankengut des dritten Reiches.
Der Autor hat das Buch aus drei verschiedenen Sichtweisen geschrieben. Immer als Tagebuch. Aus Sicht des einen Soldaten, der Ermittlerin und eines Journalisten.
Das Buch ist lustig, witzig aber auch traurig zu lesen.
Witzig wegen der Situationen in die die vier alten Herren geraten (z.B. ein Zusammentreffen mit Neo-Nazis) traurig aber auch, da man wieder einmal sehen kann, was eine obskure Weltanschauung anrichtet.
Allerdings sollte man wissen, dass man es mit "Er ist wieder da", das ja ein ähnliches Thema behandelt, nicht vergleichen kann. Das sind zwei verschiedene Dinge.
Das Buch ist wirklich gut zu lesen und auch der Schluß fand meine Zustimmung. - Peter Schneider
Rebellion und Wahn
(10)Aktuelle Rezension von: Liebes_BuchWährend ich in der Schule etwas über das 3. Reich gelernt habe, blieben mir die 68er unerklärt. Ich habe diese Autobiographie gelesen, um zu begreifen, warum die Nachkriegsgeneration sich für den Terrorismus begeistern konnte. Peter Schneider war ein Kamerad Rudi Dutschkes, erlebte die aufregende Zeit an der Uni Berlin mit und arbeitete im Springertribunal, das die Springer Medien enteignen wollte. Obwohl ich nachvollziehen kann, dass die Nachkriegsgeneration Probleme mit den Taten der Elterngeneration hatte, bleiben die Aktionen der 68er für mich nahezu unbegreiflich. Auch Peter Schneider, der hautnah dabei war, wirkt auf mich ratlos und verwirrt. Am Ende seines Aktivismus ging er in Therapie. Andere 68er begingen Selbstmord oder wurden Neonazis. Der Grundgedanke, Eltern, Staat oder Schulen in Frage zu stellen, scheint mir nach dem Krieg verständlich. Ich vermute, dass sich daraus auch der Starkult um die Bewegung speist. In den USA protestiert die Bewegung gegen die Diskriminierung der Schwarzen. In Deutschland kristallisiert sich ein Kampf gegen den Kapitalismus heraus, der von der Stasi unterstützt wird. Warum 68er jüdische Gebäude anzünden und gegen Israel kämpfen, bleibt mir schleierhaft. Einerseits wusste die Nachkriegsgeneration, dass ihre Eltern in Verbrechen verstrickt waren, andererseits wollten sie diese nicht aufarbeiten, sondern Neues schaffen. Peter Schneider beschreibt seine Schulzeit, seinen Umzug nach Berlin, seine Liebe zu einer jungen Frau, die später wegen ihrer Taten vor Gericht steht und von dem Hype, den die 68er erfahren. Nicht nur, dass Studenten für Politiker Reden schreiben dürfen, die auch bezahlt werden, wenn sie niemand liest, auch für Zeitungsaufsätze wird genug Geld bezahlt, um davon leben zu können. (Offensichtlich handelte es sich damals nicht um die Generation Praktikum.) Die Designerklamotten klauen seine Freundin und er aus Luxusboutiquen zusammen. Trotzdem veröffentlicht die Bewegung ein schadenfrohes Flugblatt als 300 Konsumenten (Menschen) in einem Kaufhaus verbrennen. Diese Freude am Tod bildet den Auftakt zu folgenden Anschlägen. Peter Schneider beschreibt seine Erlebnisse sehr interessant und glaubwürdig. Trotzdem lässt er den Leser ratlos zurück. Auch hier scheint es sich um ein Stück Geschichte zu handeln, bei dem der Zeitgeist dominierte und die Beteiligten mitriss. Als Erklärung bietet sich nur die Beziehung zur Freundin. Aber kann man eine Partnerin für die eigene politische Gesinnung verantwortlich machen? Jedenfalls waren die 68er Medienstars, fanden grosse Beachtung und auch Unterstützung aus der Bevölkerung (Spendengelder) und fühlten sich bedeutend und damit gerechtfertigt. Für mich war das Buch sehr interessant, obwohl es schwer zu lesen ist. Die damalige Welt war sehr anders und die Motivation bleibt schwer zu begreifen. Diese Generation nahm sich das Recht zu rebellieren und hat nicht viel daraus gemacht. (in Deutschland) Trotzdem wird wohl jeder Leser traurig werden, dass wir heute kaum noch rebellieren. Aber ist es wahr, dass es nur mit Gewalt geht? Den Eindruck hatten die Studenten damals und diese Frage ist wohl noch immer ungelöst. - Richard David Precht
Lenin kam nur bis Lüdenscheid
(51)Aktuelle Rezension von: betapoetRichard David Precht Lenin kam nur bis Lüdenscheid: Meine kleine deutsche Revolution ist ein humorvolle und ernste Rückschau auf die Sozialisation und Erziehung des Philosophs Richard David Precht.
In sorgsam abgestuften Kapiteln wir die enstehende Wertekanon seiner Eltern und deren Einfluß auf die Familie von den frühen Sechzigern bis zum Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger ausgerollt und in vielen persönlichen Erfahrungen geschildert. Dabei hat der neue Wertekanon starke Auswirkungen auf die schulische und Identitätsstiftende Laufbahn. Keine übliche Westsozialisation mit Sweet T.Rex und Deep Purple, sondern Franz Josef Degenhardt und Hannes Wader, amerikanism freies Denken und Natur sowie eine Begeisterung für Sportler aud den sozialisten Staaten spielen dabei eine große Rolle. Precht erstellt ein linkes, Kommunistisches Diorama von den Einflüssen des Viernam Krieges, über die RAF bis zu der Verblassung der Linken im Gründungsfieber und Erschaffung einer 80er Jahre Wohlstandsgesellschaft.
Besonders gut gefallen haben mir die Sozialisation im westdeutschen Schullalltag zwischen Alt Nazis und reaktionären Gedankengut und der Einzug der links orientierten Refendare und Kumpellehrer. Ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht. Ganz in der Nähe von Solingen. Werte werden in dieser Familie gelebt, egal ob die Mehrheit einen anderen gesellschaftlichen Entwicklungen und Zielen in Anpassung voranschreitet.
Das Anderssein und die Kritik werden zur Kompetenz, die heute immer noch eine enorme Kraft und Brillanz des Autors ausmachen. Dieses Buch hat mich, ebenfalls Kind dieser Jahrgänge, zum Abgleich und Reflexion mit meiner eigenen Biographie sehr stark angeregt. Besonders stark finde ich die letzten Seiten die den den Status Quo einer Gesellschaft aufzeigt(Stand 2005) die immer wieder ihre eigenen Gedankenschöpfungen verfolgt egal ob Zustände bleiben oder eher nicht. Tolles Buch. - Konrad Jarausch
Zerrissene Leben
(16)Aktuelle Rezension von: SatansbratenDas Buch schafft, was Geschichte sonst oft fehlt, es es ist lebendig, zum Anfassen, verstehbar, nachvollziehbar. Es erzählt anhand von konkreten Schicksalen die Geschichte des letzten Jahrhunderts. Die Befragten Menschen haben unterschiedliche Hintergründe, der Sohn wohlhabender Juden, das Kind eines Pastors, andere aus Arbeiter Familien, kommunistischen Familien. Sie erleben daher die Vorkriegszeit sehr unterschiedlich, auch die Zeit des Krieges und die Jahre danach sind neben den politischen Ereignissen auch durch persönliche Entscheidungen geprägt. Gleichzeitig wird auch sehr viel erklärt, das wichtig ist, um Hintergründe und Geschehnisse besser einordnen zu können. Mir hat das Buch erstaunliche Einblicke in diese Zeit gegeben, selbst wenn man mit den geschichtlichen Fakten vertraut ist, bringt diese Herangehensweise ganz neue Einsichten! Lesenswert !