Bücher mit dem Tag "care-arbeit"
8 Bücher
- Alexandra Zykunov
"Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!"
(33)Aktuelle Rezension von: BooksOfTigerlilyWer kennt sie nicht, die Sätze, die sicherlich jede Frau schon einmal im Hinblick auf das Thema Gleichberechtigung schon einmal gehört hat und auf die man oft nur unzureichende Antworten findet, möchte man nicht wie eine verkniffene "Emanze" abgestempelt werden. Hier hilft dieses brillante Buch weiter.
Die Autorin zerlegt darin gegliedert in Kapiteln nach klassischen Sätzen ebendiese Bullshitsätze, die man als Frau in Diskussionen um Feminismus und Gleichberechtigung regelmäßig entgegen geschleudert bekommt. Nun hat man Munition, zum zurückschleudern - und dies gespickt mit Witz, Charme und Fakten.
Alexandra Zykunov beweist ihr schreiberisches Talent, indem sie mit feiner Ironie und Wortwitz Anworten liefert. Gleichzeitig zeigt sie auf, wie tief das Patriarchat in unserer Gesellschaft verankert ist und welche Auswirkungen es auf uns alle hat, seien sie auch noch so subtil. Dabei hat sie hervorragend recherchiert und direkt Fundstellen mitgeliefert, wenn man mal wieder in Diskussionen mit wissenschaftlichen Belegen gegen grude Eigenwahrnehmung ankämpfen muss.
Ein bissiges, humoriges, wertvolles Buch, bei dem jeder etwas für sich mitnehmen kann und das eine kleine Argumentationshilfe bietet. Ladies, ihr seid nicht selbst schuld, das System ist es!
- Daniela Dröscher
Lügen über meine Mutter
(238)Aktuelle Rezension von: insanebookpersonEinzelband; 448 Seiten; Contemporary Fiction (grenzt an Autofiktion); Chronische Krankheit; Anxiety; Feminismus;
Triggerwarnungen: Abtreibung, Body Shaming, Mobbing, Kindesmisshandlung, Sexismus, Gedanken an Suizid, Toxische Freundschaft, Essstörung, Emotionale Misshandlung, Gaslighting, Trauer, Betrug, Medizinischer Kontent, Misogynie, Schwangerschaft, Klassismus, Tod, Tod eines Elternteils, Demenz, Autounfall, Häusliche Gewalt, Toxische Beziehung
Ich musste dieses Buch im Rahmen eines Seminars an der Uni lesen und ich wurde positiv überrascht. Ich habe die Abschnitte des Buches nur so inhaliert und wurde in die Geschichte hineingezogen. Zudem habe ich das Buch teilweise annotiert , da ich einige Situationen nicht unkommentiert stehen lassen konnte. Das Buch spricht sehr wichtige Themen an, wie zum Beispiel die gesellschaftlichen Rollen in den 70er Jahren in Deutschland. In „Lügen über meine Mutter“ sehen wir die Kindheit eines Mädchens mit einem Elternpaar, welches teilweise nur verheiratet ist, weil dies von der Gesellschaft erwartet wurde und weil sie/das Kind existiert. Sie lebt mit ihren Eltern und ihren Großeltern väterlicherseits in einem Dorf im Süden von Deutschland. Ihr Vater verbringt einen Großteil der Zeit damit, das Gewicht seiner Frau zu kommentieren, außerdem kommentiert er das Gewicht von anderen Frauen, beziehungsweise Mädchen. Unsere Protagonistin wird demnach permanent mit dem Body Shaming in ihrem Haushalt konfrontiert und dieses färbt teilweise auf sie ab. Sie beginnt extrem auf ihr Gewicht zu achten und Diäten schon im jungen Alter zu absolvieren. Interessant fand ich die Zwischenkapitel, welche in der Zukunft/Gegenwart spielen, in denen sie die Vergangenheit mit ihrer Mutter reflektiert. Insgesamt finde ich, dass dieses Buch sehr wichtige Themen anspricht, die ich hier gar nicht alle auflisten kann. Ich empfehle dieses Buch auf jeden Fall zu lesen. Das Buch bekommt von mir 5 Sterne.
PS: Wenn euch interessiert, was für Worte ich für den Vater übrig hatte…DM
- Mareike Fallwickl
Und alle so still
(144)Aktuelle Rezension von: Katrin_Bongard"Und alles so still" von Mareike Fallwinkl
Seit Mai, also kurz nach Erscheinen des Buches, liegt dieser Blogbeitrag im Entwurfsstadium herum. "Und alles so still" von Mareike Fallwinkl war ein Buch, von dem ich mir sicher war, dass ich es gerne lesen und positiv besprechen werde. Ja, natürlich! Das ganze Thema Care-Arbeit ist so wichtig und so angesagt. Und dieser tolle Teaser (Credits zu denjenigen, die ihn erdacht haben):
"An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang zwanzig, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, neunzehn Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte fünfzig, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint."(Klappentext von Rowohlt-Verlag)
Ja, das will ich sofort lesen. Die Frauen verweigern die Arbeit. Wie spannend! Ich will lesen, wie die Welt auf die Verweigerung reagiert, wie alles aus den Fugen gerät.
Doch irgendwie muss ich offenbar vorher durch Vieles hindurch. Seltsame Sexszenen, kleine literarische Miniaturen, wenn die Gebärmutter spricht oder die Pistole, lange Beschreibungen von jemanden, der im Krankenhaus arbeitet. Gut recherchiert aber - warum? Muss ich tatsächlich mehr über Care-Arbeit lernen?
Who cares?
Moment mal, ich hatte eine Mutter, Großmutter und ich bin Mutter. Ich habe Bekannte, die im Krankenhaus arbeiten aber natürlich, ist es nicht meine Welt. Ich sitze am Schreibtisch und schreibe. Wie Mareike Fallwickl. Die mir aber jetzt dringend sagen möchte, was ich alles nicht weiß. Nicht so genau. Noch eine Schilderung von Care-Arbeit. Was haben die schmuddeligen Sexszenen mit Care-Arbeit zu tun?
Nein, beruhigt mich die Gebärmutter, warte ab, es wird alles Sinn machen. Erst einmal musst Du VERSTEHEN. Langsam bin ich ungeduldig und auch etwas genervt. Das Buch heischt nach literarischer Anerkennung, aber - es trifft mich nicht. Weder im Herz noch im Kopf. Ich warte auf den Aufstand der Frauen, den Moment, der mich interessiert mit dem mich der Klappentext gehookt hat.
Wofür oder für wen?
Ich merke, dass dieser Roman mich nicht braucht. Er ist auf einer Mission. Er will etwas reißen in der literarischen Welt, politisch und er will vielen Menschen gefallen, die sich gerne aufregen. Er dient dem Narrativ über die Autorin, aber nicht mir. Okay. Ich bin draußen. Ich bin bestimmt auch jemand, der zu wenig über Care-Arbeit weiß. Stimmt nicht. Noch dazu habe ich dafür gekämpft, dass mein Vater und mein Freund und mein Sohn berhaupt alle Männer, die ich treffe, sich aktiv an der Care-Arbeit beteiligen. Und sie tun es.
Fazit
Ich hatte die Wahl, dieses Buch nicht zu rezensieren, es zu ignorieren oder mich aufzuregen. Es ist das Letztere geworden. Was mich stört: Das Buch ist seiner Zeit nicht voraus, sondern biedert sich beim Mainstream an. Es blendet eine wohlhabende Gesellschaftsschicht, in der die Care-Arbeit bezahlt wird, aus und konzentriert sich auf die Opfermentalität einer Mittel- und Unterschicht. Es klingt populistisch, doch gleichzeitig bemüht literarisch, was es schwierig macht, ihm Populismus vorzuwerfen. Dafür ist es zu gut geschrieben. Es macht mich ärgerlich, weil es nicht an Lösungen interessiert ist, sondern ganz laut EGO schreit. Es ist nicht mein Buch, ganz eindeutig.
- Ann-Kristin Tlusty
Süß
(19)Aktuelle Rezension von: JessicaImReihenhausKurzum: richtig gutes Buch, wenn man sich ein Sache klar vor Augen hält: Dieser Text ist eine wissenschaftliche Abhandlung!
Es geht um veraltete Frauenbilder und inwiefern diese aus feministischer Sicht zu kritisieren sind. Deutliche Lösungsansätze gibt es nicht, aber wenn es so einfach wäre mit jahrhundertealten Strukturen zu brechen, dann müssten wir jetzt nicht mehr drüber reden. Von daher darf man das auch nicht erwarten finde ich. Vielmehr bietet es ein paar weibliche Vorbilder, die sich eingefahrenen Machtstrukturen widersetzen oder widersetzt haben, von denen wir lernen dürfen (und vielleicht auch sollten).
Was mir gut gefällt und was ich auch schon positiv bei „Beklaute Frauen“ hervorgehoben habe ist, dass der weiße Oberschichten-Feminismus kritisch betrachtet wird. Genau bei diesem Thema kommt allerdings das große Manko des Buches raus: die Formulierung und Sprache. Weißer Feminismus bringt der Reinigungskraft aus Gelsenkirchen mit gerade so Hauptschulabschluss nichts, ist richtig, nur wird in diesem Buch ÜBER diese Frauen geredet, anstatt sich an sie zu wenden. Warum? Weil es teilweise echt kein Vergnügen ist diesen Text zu lesen! Wetten, dass ich es schaffe ein Maximum an Fachausdrücken in einem kleinen Text unterzubringen? Tlusty: Hold my beer!
Kleines Beispiel gefällig?
„Durch die Infragestellung vielfältiger Normen, der Norm der Heterosexualität, der Monogamie, des Vorrangs männlicher Lust, Besitzanspruchs auf eine Partnerin, der Doppelmoral der bürgerlichen Zweierbeziehung, hat sich unsere Kultur im vergangenen Jahrhundert nachhaltig liberalisiert, und diese Auseinandersetzungen kulminierten zweifelsohne in den Umbrüchen um 1968 herum - jedoch fanden sie statt, ohne die Idee des Patriarchats auflösen zu können.“ (Seite 73)
Boah! So geht das 167 Seiten lang. Da muss man schon richtig Bock auf Feminismus haben. Etwas umgangssprachlicher hätte es hier wirklich sein dürfen.
- Heike Abidi
Ich dachte, zu zweit muss man nicht alles selber machen
(25)Aktuelle Rezension von: Witch-JournalIch muss den beiden Autorinnen - Lucinde Hutzenlaub und Heike Abidi, ein großes Kompliment machen. Sie haben hier ein Buch geschrieben, bei dem man herrlich entspannen kann, bei dem man lachen kann und sich freuen kann, das es diese Probleme auch woanders gibt. Wunderbar getroffene Protagonisten, die das Buch zum Leben erwecken. Das Buch ist sehr blumig und witzig geschrieben. Aus jeder Zeile springt das wahre Leben hervor. Vieles davon haben wir alle schon einmal erlebt. Das Multitasking der Ehefrau, haben viele von uns schon mal erlebt. Es ist einfach herrlich, wie viel Wahrheit in diesem Buch steckt. Das Cover selbst versprüht schon gute Laune und fällt ins Auge. Die beiden Autorinnen haben mit diesem Buch mal wieder gezeigt, was sie können und wie viel Spaß sie am Schreiben haben. Ich habe mich wirklich sehr unterhalten gefühlt.