Bücher mit dem Tag "challenge: niveau 2015"

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39 Bücher

  1. Cover des Buches Streichquartett (ISBN: 9783442715305)
    Anna Enquist

    Streichquartett

     (13)
    Aktuelle Rezension von: StefanieFreigericht

    Das namengebende „Streichquartett“ besteht aus vier Hobbymusikern, einzig Hugo, die erste Geige, hat sein Studium am Konservatorium beendet. Der geschiedene Vater einer dreijährigen Tochter arbeitet aber nur mehr in der Verwaltung der Musik, als Leiter des (Musik-) Zentrums, das aufgrund schrumpfender Subventionen mehr schlecht als recht fortbesteht. Seine ältere Cousine Heleen ist die zweite Geige – die typische Überengagierte, die sich immer kümmert, um ihre drei Söhne, als Mitglied einer Gruppe von Brieffreunden für Häftlinge, um Pflanzen, das Essen, als Krankenschwester. Hier arbeitet sie zusammen mit der Ärztin Carolien, der Cellistin, die ihr Musikstudium zugunsten der einträglicheren Medizin aufgegeben hat – und für eine Familie mit Jochem, Bratsche und Instrumentenbauer.

    Anna Enquist zeichnet diese Charaktere für mich jederzeit nachvollziehbar und lebensnah in aller Tiefe und all ihren Unterschieden, mit ihren Nöten. Besonders das Ehepaar Carolien und Jochem muss mit einem schweren Schicksalsschlag klarkommen, dem Jochem bislang nur Zorn entgegensetzen kann, Carolien hingegen Sprachlosigkeit, Erstarrung, Abmagern.
    Einzig im Musizieren finden alle regelmäßig Trost, gewinnen aber auch aus der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Stücken - ich habe früh begonnen, in einiges davon bei der Lektüre hineinzuhören, es später allein zu genießen. Die Autorin schafft es, mir als Nicht-Musikerin das Wechselspiel im Quartett nahezubringen, die besondere Wirkung der Werke und ihrer Teile, die Instrumente; das, was ich gar nicht verstand, hielt sich sehr in Grenzen. Soweit ein Genuss:
    „Gottverdammt, denkt Jochem, eine richtiggehende Ansprache. Das ist lange her. Was will sie jetzt? Zustimmung will sie, die Erlaubnis, für immer und ewig in Trauer bleiben zu dürfen. Ich höre es, aber ob ich es auch verstehe? Sein Blick wandert über das Instrument [Anmerkung: eine Gambe], das auf der Werkbank liegt. Man kann es so nehmen, wie es ist: bescheidener Klang, schwer zu regulieren, für ein begrenztes Repertoire geeignet. Man kann auch auf Veränderung aus sein, sich einen größeren Klang wünschen, von einer Form träumen, die eine breitere Entwicklung ermöglicht: einem Cello also. Er nickt. Das ist der Unterschied, den sie meint.“

    Als das Hobbyquartett beschließt, ein Stück einzustudieren für den Geburtstag von Caroliens Praxis-Mitinhaber Daniel, stürzt ein unerwarteter Besucher das Leben aller ins Chaos. Und hier kommen meine Bedenken – brauchte es diesen zweiten Eingriff des Schicksals? Ich hatte eine Art Kontrapunkt erwartet zu dem Verlust von Carolien und Jochem, etwas, was beiden wieder einen Sinn gibt oder ihren Verlust einordnet, keinen zweiten Schnitt, im wahrsten Sinne. Das allein wäre vielleicht noch gegangen für mich, wenn es nicht so unabdingbar eine Fortsetzung gäbe; allein dadurch bekommt das Ende etwas, bei dem ich als Leser nicht einmal wusste, ob das offen oder geschlossen sein sollte. Auch vom Nebenstrang mit dem früheren Lehrer von Carolien und Hugo, Rainier van Aalst, der erkennt, dass er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters mehr Unterstützung benötigt, und sich im wahrsten Sinn des Wortes über seine Vorurteile und Ängste hinaus-wagt, hätte ich mir ein anderes Hinzulaufen auf die Haupthandlung gewünscht, vielleicht über die gemeinsamen Bezüge Kinder, Hoffnungen, Verlust, Musik,…

    Dazu spart die Autorin nicht mit Sozialkritik in ihren Spitzen gegen das niederländische Gesundheitswesen und die Politik, besonders zu den Themen Altenpflege (mehr schlecht als recht), Kulturförderung (schlecht, da ohne Budget inexistent), Immobilien und Verkehrswesen (ganz schlecht, da mafiös) – übrigens sei das Buch an diesen Stellen leicht dystopisch, so die Süddeutsche Zeitung, aha, deshalb konnte ich dazu nichts finden, aber das versteht so richtig wohl nur ein Niederländer. Ich habe übrigens in der Realität noch nie erlebt, dass sich vier Personen so einig zur Politik waren - für mich schoss das reichlich über das Ziel hinaus, weil es mir rüberkam wie „Person geht in den Wald – einer der Politiker war mal im Wald, Politiker ganz schlecht“ – „Politiker benutzt Löffel – Politiker hat mal alten Leuten Löffel weggenommen, ganz schlecht“. Inwiefern die Aussagen in der Realtät fußen, haben ich zur Gesundheitspolitik nachzuvollziehen versucht, kam aber auf keinen grünen Zweig (ja, es gab Änderungen, so eindeutige Zuständigkeiten von Ärzten für bestimmte Patienten. Wer wie meine Familie nahe einer Großstadt lebend letztens miterleben durfte, KEINE Termine bei akuter Lungenentzündung oder in einem anderen Fall bei Bronchitis seit 5! Wochen zu bekommen, teils trotz Privatversicherung, WILL aber auch in Deutschland Änderungen, statt zum Bereitschaftsdienst zu gehen).

    Ohne diese Anteile wäre der Roman bei mir also mit fünf Sternen plus zum Ende gekommen, doch so mag ich nur vier geben (auch, weil der Krimileser in mir nicht nachvollzieht, warum sich vier Personen nicht gegen eine zur Wehr setzen – siehe Spoiler). Der Folgeroman liegt bereits bereit.

    Spoiler: Hugo flieht ohne seine Tochter? Die nehmen sich den Eindringling nicht gemeinsam vor, sondern gehorchen brav? Welche zusätzliche Komponente gibt es dadurch, dass Rainier als zweites Opfer alt ist, darauf wird sehr herumgeritten? Rainier kann das Fenster öffnen – danach aber nicht durch selbiges hinaus sich in Sicherheit bringen? Sein Eindringling ist sich seiner Sache so sicher, dass er Rainier nicht fesselt, einsperrt, ähnliches, während er duscht? Warum benutzt die Polizei keine Richtmikrophone am Boot, war das Geld auch da zu knapp – aber für Sprengstoff reicht es? Überhaupt Rainier: er soll über achtzig sein, Carolien aber war vor 25 Jahren achtzehn. Damit wäre sie jetzt 43, damit Rainier mindestens 37 Jahre älter als sie – sie hätte somit mit achtzehn ein Verhältnis mit einem über 55jährigen gehabt, und das, bis sie heiratete und Kinder bekam, was ja – das älteste Kind war vor zwei Jahren zwölf, sie trennte sich für die Familiengründung – also bis gut in ihre Zwanziger Jahre gedauert haben dürfte, er also längst Anfang Sechzig war. Ja, gibt’s – aber so oft dann doch nicht mit so einem heftigen Altersunterschied. Abgesehen davon: was bringt hier genau diese gemeinsame Vergangenheit, Lieblingsschülerin reichte nicht?

    Dissonanzenquartett von Mozart https://www.youtube.com/watch?v=6zbNgyJkzdw
    Bach: Präludium der ersten Suite https://www.youtube.com/watch?v=mGQLXRTl3Z0
    Bach: Kunst der Fuge https://www.youtube.com/watch?v=YqXZtGyFyDo
    Mozarts Quintett in g-Moll https://www.youtube.com/watch?v=hEFu9iV0Zxw
    Haydn für Streicher …es wird nicht gesagt, welches Stück, daher: Überraschung! https://www.youtube.com/watch?v=mBmCcSz6HWw&list=RDQMgAGi01CAV9s&index=4
    Mozart Quartett in d-Moll https://www.youtube.com/watch?v=_dSaoEvodhg
    Schubert Der Tod und das Mädchen https://www.youtube.com/watch?v=ovEYC-mFjvU

    https://www.perlentaucher.de/buch/anna-enquist/streichquartett.html
    https://www.deutschlandfunkkultur.de/anna-enquist-streichquartett-filigrane-verwebungen-von.1270.de.html?dram:article_id=335621


  2. Cover des Buches Der begrabene Riese (ISBN: 9783896677006)
    Kazuo Ishiguro

    Der begrabene Riese

     (76)
    Aktuelle Rezension von: Deepreads

    „Ich arbeite bei Regen und Wind und sengender Sonne. Aber ich bleibe guter Dinge, indem ich mich auf die Tage der Ruhe freue. Ich bin nämlich nur einer von mehreren Fährleuten, wir wechseln uns ab, und jeder bekommt seine Ruhezeit, wenn auch erst nach langen Arbeitswochen. Wir haben alle unseren besonderen Ort, den wir an unseren Ruhetagen aufsuchen, und dies Freunde, ist meiner.“

    Da ich bereits „Alles, was wir geben mussten“ und „Klara und die Sonne“ von Kazuo Ishiguro gelesen habe, kannte ich zumindest die Art des Schriftstellers aber „Der begrabene Riese" hat mich dennoch überrascht und lässt mich auch nachhaltig nicht los.
    Ishiguros Darstellungen der Protagonisten sind fesselnd und emotional zugleich, in all ihrer Sachlichkeit. Landschaften und Situationen beschreibt Ishiguro ebenso unverkennbar.
    Es fällt mir sehr schwer, dieses Buch zu bewerten weil es etwas mit mir macht, ich es aber nicht in schwarz und weiß einteilen kann, daher weiche ich hier mal von meiner Pros/Contra Bewertung ab.


    In diesem Buch begleiten wir das Ehepaar Axl und Beatrice, die mit einem ominösen Nebel des Vergessens kämpfen und sich zu Beginn des Buches dazu entscheiden, ihren Sohn zu (be)suchen.
    Auf diesem Weg geschehen surreale Situationen und Weggefährten stoßen dazu. Der Roman verlangt dem Leser jedoch einiges an Durchhaltevermögen ab. Besonders begeistert haben mich die Begegnungen mit dem Fährmann und die Liebe dieses zauberhaften alten Ehepaares. Sprachlich und emotional ist dieses Buch fesselnd aber zwischendurch durchaus langatmig und etwas verstrickend. Das Ende ist emotional und berührend, hinterlässt jedoch unglaublich viele offene Fragen. Das Pärchen Beatrice und Axl wirkt liebevoll und der Leser stellt fest, dass die Ehe der Beiden durch viele Unwegsamkeiten gegangen ist. So liebevoll das Pärchen auch ist, so sehr sorgt leider die Grundsituation und die daraus entstehende Naivität der Beiden auch für Distanz. (Sicher gewollt aber für mich eher unnötig) Die Fantasyelemente nehmen dem Roman leider die Glaubwürdigkeit. Drachen, Ritter, Menschenfresser und die Tafelrunde wirken lange wie Metaphern oder eben Fantasiegebilde, die sich eher in den Köpfen abspielen, hiermit meint es der Autor jedoch ernst. Das war der wohl enttäuschendste Aspekt für mich an diesem Buch. Ich liebe Fantasy, habe sie hier aber ganz und gar nicht gebraucht. Erinnerungskultur und Identität bestimmen diesen Roman. Ein hochkomplexes Werk und wieder eine Bereicherung meines Leseschatzes aber leider mit einigen Schwächen.

  3. Cover des Buches Butcher's Crossing (ISBN: 9783423145183)
    John Williams

    Butcher's Crossing

     (113)
    Aktuelle Rezension von: SotsiaalneKeskkond

    Will Andrews lässt Harvard und sein bisheriges Leben hinter sich. Er ist auf der Suche, will entdecken. Und so verschlägt ihn der Wind nach Butcher's Crossing, einem kleinen, noch jungen Städtchen in den Weiten von Kansas. Dort lernt er Miller kennen, einen begnadeten Jäger und Abenteurer. Er erzählt ihm die Geschichte von einer Büffelherde, so groß, wie es sie in den Weiten der Prärie nicht mehr gibt, die sich in einem entlegenen Tal in den Rockys befinden soll, von dem nur er alleine weis, wie man dorthin kommt. Von Abenteuerlust gepackt bricht er mit Miller und zwei weiteren Männern auf zu einer wochenlangen Reise in die Berge. Mit der Ankunft in dem atemberaubend schönen Bergtal nimmt ein uramerikanisches Drama seinen Lauf. 

    Weder Autor, noch Buch waren mir davor ein Begriff, und das Buch ist mir nur durch Zufall auf einem Flohmarkt in die Hände gefallen. Demnach, was der Klappentext verrät, gingen meine Erwartungen auch in die Richtung von Abenteuer und Kritik am amerikanischen Traum, alles und jeden unterwerfen oder vernichten zu können. Und diese Mischung findet sich genau so in dem Buch wieder. Auf der einen Seite war ich beim Lesen von kindischer Abenteuerlust und Freude, immer begierig darauf zu erfahren, was als nächstes passieren würde. Und auf der anderen Seite hat man von Anfang an das Bewusstsein, wie mit der rauen und bildschönen Natur umgegangen werden wird, wie das kostbarste Gut der Menschheit, eine intakte Natur, auf dem Altar der niederen Gelüste und Bespaßung geopfert wird. Und so braucht der Autor nicht viel mehr als den natürlichen Charakter der Männer beschreiben, dass ich vor allem Miller hasste. Ich hasste ihn für seinen Umgang mit der Natur im Bewusstsein des nahenden Kollapses dieses Ökosystems, und gleichzeitig bewunderte ich ihn irgendwie für seine Unabhängigkeit und sein Vermögen in der Natur zu leben. Denn bei den wunderschönen und atemberaubenden Szenerien der Rocky Mountains habe mehr als einmal mich dorthin gewünscht, die Stille der Berge, den Duft des Waldes und die Harmonie der Natur zu inhalieren. Auch die anderen Männer bekommen eine für mich recht eindeutig interpretierbare Rolle zugeschrieben. Einen fanatischen und dennoch alkoholabhängigen Christen, der alleine nicht in der Lage wäre, zu überleben, eine, wenn auch eitle und selbstbedachte Stimme der Vernunft, die das übliche Schicksal der Vernunft ereilt, und zuguterletzt Will Andrews, der irgendwie nichts besonderes ist. Er ist Durchschnitt, Mitläufer und irgendwie auch nur das Paar Augen, durch die wir recht kommentarlos die Geschehnisse mitverfolgen können. 

    Der Roman konnte mich von Anfang an fesseln und auch der moralische Mehrwert, das Voraugenführen der selbstmörderischen Vernichtung der Menschheit durch sich selbst, ist unbestreitbar bemerkenswert. Mitunter das beste Buch, dass ich bisher aus dem amerikanischen Westen gelesen habe. 

    Im Übrigen ist 2023 zumindest auf englisch die Romanverfilmung erschienen. Einmal schauen, ob die den Charakter des Buches authentisch aufgreifen kann. 

  4. Cover des Buches Alles zählt (ISBN: 9783596036271)
    Verena Lueken

    Alles zählt

     (13)
    Aktuelle Rezension von: GAIA

    In ihrem stark autobiografischen Roman begibt sich Verena Lueken zurück nach New York, dem Ort, der ihre innere Heimat beherbergt. Ohne viel Pathos aber mit vielen (pop-)kulturellen und literarischen Querverweisen beschreibt die Autorin die Überwindung eines dritten Lungenkrebsausbruchs. Gemeinsam mit der Protagonisten, welche keinen Namen trägt, die wir nur als "sie" kennenlernen, streift die Leserin durch einen überhitzten New Yorker Sommer, erfährt Gedanken zum Sterben und über bereits Verstorbene aus dem Leben der Protagonistin.

    Diese Erzählung liest sich nicht immer - eigentlich erst zum Ende hin -  einfach. Dies mag nicht nur am bleischweren Inhalt liegen, sondern auch an der personalen Erzählperspektive über "sie". Denn gerade, wenn "sie" über die Beziehung zu ihrer verstorbenen Mutter sinniert, wird es oft schwer, auseinander zu halten, welche Gedanken, Sätze und Gefühle nun zu "ihr" der Protagonistin oder zu "ihr" der Mutter gehören. Auch die genutzten Abkürzungen von Vornamen wichtiger Personen aus dem sozialen Umfeld, reduziert auf einen Buchstaben, macht ein Verstehen der komplizierten Familienverhältnisse schwerer, als es sein müsste. Hat man sich dort hindurch gearbeitet, arbeitet man sich gemeinsam mit der Protagonistin durch die strapaziöse Schmerztherapie. Diese gibt die Autorin sehr gut wieder und es verstärkt sich der Eindruck, dass diese Erzählung ohne den autobiografischen Hintergrund so nicht hätte entstehen können. Vor allem der dritte Teil des Romans mit einer Begegnung in Myanmar gibt ihm ein sowohl inhaltliches wie auch stilistisch leichteres Ende.

    Insgesamt handelt es sich um eine nicht immer leichte, aber solide Geschichte über das Sterben und dann doch Überleben. Wer sich dafür interessiert, wird hier sicherlich eine interessante und anspruchsvolle Lektüre finden. Für Einsteiger scheint mir der Roman nicht geeignet. Man braucht Zeit dafür trotz knapper 200 Seiten, aber diese lohnt sich. Und wie die Autorin selbst im Buch schreibt: "Sterbebücher neigen dazu, kurz zu sein. Die meisten Schriftsteller fangen spät damit an, da wird die Zeit, sie zu schreiben, oft knapp. ... Tote schreiben keine Bücher, und so war es ihr recht, mit den Sterbenden so nah es ging an diesen Augenblick im Leben aller Menschen heranzurücken. In der Vorstellung und in Gedanken." Dies tun wir mit dem vorliegenden Buch ebenso.


  5. Cover des Buches Der Büro-Ninja (ISBN: 9783570585498)
    Lars Berge

    Der Büro-Ninja

     (11)
    Aktuelle Rezension von: santina
    Inhalt
    Jens Jansen lebt ein normales Mittelklasse-Leben in Stockholm. Er hat eine Freundin, eine Zweizimmerwohnung und einen Job als Brand Manager bei einem Hersteller von Fahrradhelmen. Aber seine Motivation für seinen Job ist auf der Strecke geblieben und auch seine Beziehung geht ihrem Ende entgegen.

    Als ihm eine Beförderung ins Haus steht, versteckt er sich scheinbar spontan in der Zwischendecke der Herrentoilette. Doch schnell wird klar, Jens Jansen hat sein Verschwinden von langer Hand geplant und hält sich nun in einer vergessenen Abstellkammer verborgen, die er nur nachts verlässt – verkleidet als Ninja, falls sich unerwartet doch jemand in dem Bürokomplex aufhalten sollte.

    Eines Tages erfährt Jens Jansen, dass er nicht der einzige ist, der dem Wahnsinn des Alltags entflohen ist und dass es eine Schattenwelt gibt, die genau diesen Menschen Schutz bietet…

    Protagonist
    Jens Jansen kann sich seit geraumer Zeit weder für seinen Arbeit, noch für die Erhaltung seiner Beziehung motivieren. Seinen Tag verbringt er damit, Kaffee zu trinken, leere Blätter auf dem Schreibtisch hin und her zu schieben und mit dem Handy am Ohr wichtige Telefonate zu simulieren. Scheinbar sieht er in seinem Leben keinen Sinn mehr und greift zu einem eher ungewöhnlichen Ausweg, er möchte verschwinden und nicht mehr gefunden werden.

    Meine Gedanken zum Buch
    Lars Berge hat eine sozialkritische Satire geschaffen und sich die moderne Geschäftswelt und ihre Konsequenzen vorgenommen. Er nimmt Klischees, wie zum Beispiel den Büroleiter, der liebend gerne andere in die Pfanne haut, auf die Schippe. Oftmals musste ich über die Szenen, die sich in diesem Bürokomplex abspielen, schmunzeln.

    Das Buch hat mich in dem Moment in seinen Bann gezogen, in dem der Protagonist in der Zwischendecke abgetaucht ist. Es war spannend, zu erleben, wie intensiv er sich vorbereitet hat, um sein Verschwinden zu verschleiern. Ebenso spannend war es, zu sehen, wie Jens Jansen auf unplanmäßige Zwischenfälle reagiert, denn dass er nicht auf alles vorbereitet war, erfährt man spätestens, als es darum geht, wovon er sich ernähren will und als er feststellt, dass so ein Tag in der Abstellkammer sehr langweilig sein kann. Dieser „Abenteuer“-Teil hat mir sehr gut gefallen.

    Hin und wieder hatte ich den Eindruck, dass durch die Übersetzung etwas verloren gegangen ist, denn den Hype, den das Buch in Schweden ausgelöst hat, konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Insbesondere konnte mich das Finale nicht überzeugen.

    Daher vergebe ich 3,5 von 5 Sterne.
  6. Cover des Buches Späte Einsichten (ISBN: 9783455000436)
    David Leavitt

    Späte Einsichten

     (9)
    Aktuelle Rezension von: Dolores999

    "Späte Einsichten" hat mich von der ersten Seite an gefesselt.

    Zwei Paare warten 1940 in Lissabon darauf, dass sie in die USA zurückkehren bzw. fliehen können.

     Leavitt entwirft  lebendige Charaktere klar, eindringlich und durch viele Auslassungen. z.B. beschreibt Pete es als reine Tatsache, dass Julia auf der Flucht die immer abgegriffenere Vogue, in der ihre Pariser Whg abgebildet ist, ansieht. Pete macht sich darüber keine weiteren Gedanken, was für mich, als Frau, die Distanz zw. ihnen zeigt. Er jedoch wähnt sich mit ihr glücklich, bis er Edward trifft und die Handlung ihren eigentlichen Lauf nimmt. Was dann folgt, ist psychologisch, sprachlich und zeitgeschichtlich vom Feinsten. 

    "Späte Einsichten" wird eins der wenigen Bücher sein, die ich ein zweites Mal lesen werde.

  7. Cover des Buches Judas (ISBN: 9783518466704)
    Amos Oz

    Judas

     (58)
    Aktuelle Rezension von: awogfli

    Amoz Oz ist ausgezogen, um eine politische und religiöse Analyse mit einem Roman zu verknüpfen und das ist meiner Meinung nach gehörig in die Hosen gegangen. Die Analyse der Staatengründung von Israel, der Regentschaft von Ben Gurion und die Beziehung des Judentums zu Jesus Christus und Judas Ischariot sind recht gut gelungen. Wenngleich ich die Judas Analyse schon einige Male woanders basierend auf dem gnostischen Judas Evangelium gelesen habe und manche Analysen auch doppelt breitgetreten werden.

    Die Romanhandlung hingegen ist voll gegen die Wand gefahren. Ich hasse Redundanzen abgrundtief!!! (Bitte hier 30 Rufzeichen und Großbuchstaben dazu denken). Zugegeben, Oz kann fantastisch fabulieren, aber bei der Dramaturgie hat er sowas von vergeigt, denn es passiert einfach nicht viel in der Geschichte, die Handlung kommt nicht vom Fleck und wenn irgendetwas passiert, ist es eine ewige wiederholte Beschreibung derselben Abläufe, deren Beschreibung am Anfang charmant scheint, dann irgendwann monkhaft zu belächeln ist und mit zunehmender Seitenanzahl so brüllend nervt, dass ich mir die Augen auskratzen wollte.

    Protagonist Schmuel verliert seine Freundin, schmeißt sein Studium kurz vor der Doktorarbeit über Jesus aus der Sicht der Juden hin und da ihn die Eltern nicht mehr unterstützen können, nimmt er einen Job als Gesellschafter des Behinderten Gerschom Wald an, der mit seiner Schwiegertochter Alija sehr zurückgezogen in einem alten Haus in Jerusalem lebt. Der alte Mann und der ehemalige Student politisieren und diskutieren ausführlich und vertreiben sich so den Winter. Die verwitwete Schwiegertochter Atalja wird von unserem Protagonisten angebetet, tausende ausführliche Warnungen, sich nicht in sie zu verlieben, schlägt er in den Wind.

    Schmuel isst wortreich beschrieben seine 100ste Gulaschsuppe mit Apfelkompott, sein ausladend geschildertes 50stes Käsebrot und die Reste des 70sten Grießbreis mit Zimt, den Herr Wald auf dem Teller übriggelassen hat (igitt wie grauslich). Da unser Protagonist sonst nichts isst und die Geschichte schon den ganzen Winter dauert, wundert es mich, dass ihm vor Skorbut nicht die Zähne ausfallen. Man möchte ihm zurufen: Iss endlich einen Salat, Junge! Auch die Prozedur des Bartpuderns wiederholt Schmuel viel zu ausführlich.

    Dazwischen brillante Streitgespräche und Analysen über Israels Beziehung zu seinen Nachbarn. Einen Feind zu einem Freund zu machen ist fast unmöglich, nur unterdrücken kannst Du ihn, das ist die falsche langfristige Strategie, sich Feinde zu machen.


    „Das glauben auch die Juden in Israel, weil sie keine Ahnung von den Grenzen der Macht haben. Die Wahrheit ist, dass alle Macht der Welt den Feind nicht in einen Freund verwandeln kann. Man kann den Feind zum Sklaven machen, aber nicht zu einem Liebenden. Mit aller Macht der Welt kann man Fanatiker nicht zu einem aufgeklärten Menschen machen. Und mit aller Macht der Welt kann man aus einem Rachedurstigen keinen Freund machen. Und genau da liegen die existenziellen Probleme des Staates Israel.“

    Ich habe Oz mal persönlich auf der Frankfurter Buchmesse getroffen. Dort sagte er: Wir sind mit den Arabern quasi in einer WG und wir müssen uns endlich arrangieren. Leider haben zu wenige damals bei der Staatengründung so gedacht und denken auch heute noch so. Letztendlich ist es genauso gekommen zwei Gemeinschaften, zerfressen vor Hass und Gift, die tausende Tote über Jahrhunderte und Generationen verursachen werden.


    „Schließlich leben die Juden in einem großen Flüchtlingslager und die Araber leben ebenfalls in einem großen Flüchtlingslager. Die Araber erleben jeden Tag die Katastrophe ihrer Niederlage, und die Juden erleben Nacht für Nacht ihre Angst vor Rache.“



    Leider wiederholen sich auch die religiösen Analysen über Jesus und Judas irgendwann einmal, indes die Romanhandlung gefühlte Ewigkeiten auf der Stelle trabt. Dann endlich, als ich schon die Geduld verloren hatte, passiert etwas. Hallelujah Jesus Christ, da muss sich der Schmuel einen Haxen brechen, damit er letzendlich Vitamin C in Form seines ersten Salats mit Oliven bekommt und der Autor ihn schließlich ins Bett der Atalja schreiben kann. Der erste Sex war dann auch sehr unspektakulär und langweilig mit vorzeitigem Samenerguss, der zweite war wahrscheinlich sehr gut, aber gerade hier versagt die Erzählkunst und Wortgewandtheit von Oz völlig.

    Das offene Ende ist dann nur das Tüpfellchen auf dem I der Enttäuschung und hat mich eigentlich gar nicht mehr so sehr gestört, denn ich hab das Interesse an den Protagonisten und der Geschichte verloren.

    Fazit: Bedauerlicherweise nur Mittelmaß, so viel Potenzial und so viel Talent derart vergeudet. Das gesamte Werk stinkt nach der ersten Hälfte total ab und ergeht sich in ewigen Wiederholungen. Da hilft auch die sparsame Handlung am Ende nichts. Wäre Oz bei der politisch-religiösen Analyse geblieben, hätte nicht versucht, diese mit einem Roman zu verbinden, und hätte die Wiederholungen auch in der Analyse etwas gestrafft, hätte mir das Buch sogar ausnehmend gut gefallen. Denn es hat seine brillanten Momente, die leider nur Momente bleiben und das ist zu wenig für eine gute Beurteilung meinerseits.

  8. Cover des Buches Mehr als wir sind (ISBN: 9783328101901)
    Jürgen Neffe

    Mehr als wir sind

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Babscha

    Janush Coppki heißt der Protagonist des Buches, ein verschrobener und genialer Chemiker unserer Zeit, der sich darüber Gedanken macht, was die Welt im Innersten zusammen hält. Und wie sinnlos doch Schlaf ist, nämlich unnützer Zeitverlust. Also entwickelt er ein Wundermittel, dass so gut wirkt wie geplant. Man bleibt dauerhaft wach....

    Tja, und an dieser Stelle hab ich entschieden, dass Buch dauerhaft zuzuklappen. Weil ich eben nicht mehr wach bleiben konnte. Und auch wegen des Zeitverlustes. Den ich leider während des Lesens zunehmend empfunden habe, bis ich mich am Schluss nur noch durch die Seiten gequält hatte und die Reißleine ziehen musste. Schade, das kommt nur alle Jubeljahre mal vor bei mir. Kann man nichts machen. Die Sprache des Buches ist ausgefeilt, wenn auch eher trocken, und lebt von dem Wissen des Autors um die Materie von Chemie und Philosophie. Auch die Idee, das Leben dieses Weltveränderers aus der Perspektive einer Gruppe "analytischer Biografen" Ende des 21. Jahrhunderts "nachspielen" zu lassen, ist gelungen. Und trotzdem: Es ziiiiieht sich alles ungemein und driftet immer wieder in theoretische Gefilde ab, die  sich mir einfach nicht mehr erschließen. Die Handlung kriecht im Schneckentempo vorwärts. Schade drum. Aber besser ein Ende mit Schrecken als umgekehrt. So hätte es bestimmt auch Coppki selbst gesehen. Bestimmt.

    Trotz allem fairerweise 3 Sterne für ein insgesamt außergewöhnliches Buch. Nur der Schreibstil, eben nichts für mich.

  9. Cover des Buches Wider die Kunst (ISBN: 9783751801126)
    Tomas Espedal

    Wider die Kunst

     (7)
    Aktuelle Rezension von: das_lesewesen

    Sein Roman „Wider die Kunst“ hat mich überhaupt nicht gepackt. Ich hätte es beinahe abgebrochen. Espedal erzählt vom Alltag mit seiner Teenager-Tochter, seinen Vorfahren, vom Handwerk des Schreibens und nicht zuletzt vom Tod seiner Mutter.

    Er erzählt es so verschlungen, beinahe virtuos. Die Handlung ist collagenhaft und sprachlich brilliant geschildert, ohne Frage. Seine Sprünge sind mir aber zu groß. Erst sind da seine Behausungen in denen er lebt, dann die sozialen Milieus in denen er aufwächst, seine Studienjahre, zwischendrin Tochter und der Tod der Mutter. Mir war das zu viel. [Unbezahlte Werbung]


    Schaut doch gerne mal auf unserem Instagram-Blog vorbei 😊

    https://www.instagram.com/das_lese_wesen/

    Liebe Grüße,

    das_lese_wesen



  10. Cover des Buches Die gute Erde (ISBN: 9783423144377)
    Pearl S. Buck

    Die gute Erde

     (74)
    Aktuelle Rezension von: Petra54

    Klares Titelbild, passender Titel, fester Einband und Lesebändchen (in meinem Fall ein chinesisches Paar) – genau richtig für jeden Buchliebhaber. Die Autorin lebte jahrzehntelang in China und beschreibt das wirkliche Leben, was den Roman noch zusätzlich wertvoll macht.

    China um 1900. Wang Lung liebt sein Land, das ihn und seine Familie ernährt. Es ist die ganz wunderbar erzählte Geschichte einer Familie. Mit westlichem Auge und Gefühl schockt so manche Situation und Handlung, aber ich war immer mitten im Geschehen und und freute mich jeden Abend schon lange vorher auf die Lesestunde.

  11. Cover des Buches Mitternacht zu sein ist nicht jedem gegeben (ISBN: 9783442715985)
    António Lobo Antunes

    Mitternacht zu sein ist nicht jedem gegeben

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Angie*
    INHALT/KLAPPENTEXT:

    Eine Frau Anfang fünfzig fährt für ein Wochenende an den Strand. Das Ferienhaus ihrer Familie, an der Atlantikküste nördlich von Lissabon gelegen, ist verkauft worden, und sie möchte Abschied nehmen, ihren Erinnerungen an die Kindheit, an die gemeinsamen Sommer dort nachhängen. Doch die Vergangenheit bricht regelrecht über sie herein, und der Kurzurlaub gerät ihr zur Abrechnung über ihr Leben, zur Rückschau auf das ganze Drama ihrer Existenz. In diesen drei Tagen weichen ihre Erinnerungen an die glücklichen Zeiten der Kindheit einem immer bedrohlicheren Strudel der Verzweiflung …

    Rezension

    Meine Meinung: 
    Es ist auch sicher nicht jedem Leser gegeben dieses Buch zu lesen. Der komplizierte und anspruchsvolle Schreibstil braucht einige Zeit um beim Lesenden im Kopf anzukommen und die Sortierung der Aussagen des Autors  sind nicht einfach zu erledigen. Wenn man sich allerdings nach vielen Seiten anstrengenden Lesegenusses darauf eingestellt hat, funktioniert es gut.
    Drei Tage aus dem Leben der nicht bei Namen genannten ca. fünfzigjährigen Frau werden vom Autor in drei Teilen beschrieben. Je mehr ich in das Buch, die Stimmung und die Charaktere der Frau, ihrer Kindheit, ihrer Eltern und der zwei Brüder eingetaucht bin, desto grösser wurde mein Unbehagen und ein unbestimmtes Gefühl von Traurigkeit, Mitleid, Verstehen und Nicht-Verstehen ergriff mich. Dieses Buch machte mich depressiv und ich habe es immer wieder aus der Hand legen müssen, da es mich bedrängt und verfolgt hat. Es endet tragisch, bitter - für die Familie und auch für die Frau.
    Hier eine Kostprobe des Schreibstils:
    Zitat Seite 63/64
    " - Ich bin hier
    wie auch das Fahrrad
    -Ich bin hier
    und die Pullis meines ältesten Bruders in der Schublade 
    -Wir sind alle hier
    in dem Augenblick, als ich es gebraucht hätte, dass er mich
    huckepack nahm, im Garten eine Runde im Galopp drehte und
    ich glücklich
    -Schneller
    ich so glücklich
    -Schneller Bruderherz
    und wir springen über ein Beet, zwei Beete, der Brief an
    die Vase gelehnt und der Krankenwagen, darin ein Ertrunke-
    ner, wir springen über die Leute an der Gartenpforte, die leisen
    Gespräche
    -Ganz schnell Bruderherz"
    Ich hoffe ihr konntet einiges aus dem Schreibstil erlesen, der recht ungewöhnlich ist. 
    Dieses wehmütig verfasste Buch hat mich nicht wirklich erreicht und begeistert, aber es ist mit Sicherheit ein gutes Buch vom bekannten und angesehenem Autor António Lobo Antunes!
    Meine subjektive Bewertung: *** Drei gute Sterne!

    Mein Dank gilt dem Autor und dem Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!
      

  12. Cover des Buches Die Chronik des verpassten Glücks (ISBN: 9783630874463)
    Peter Henning

    Die Chronik des verpassten Glücks

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Devona

    Ein ansprechender Klappentext, ein nicht minder ansprechendes Cover machten mich neugierig auf ein Buch, welches schlussendlich zu meinem persönlichen Lesefiasko in diesem Jahr wurde – ich glaube auch nicht, dass man das noch toppen kann. Das Traurige ist, dass ich hier nicht über die Geschichte an sich meckern muss: die ist in einem gut lesbaren Stil aus vier auktorialen Perspektiven geschrieben. (Warlo, Oliwia, Lucyna, Marcin)

    Ich bin nicht vom Fach, ich bin “NUR” der Leser und ich habe keine Ahnung, wer dafür verantwortlich zeichnet, aber dieses Buch enthält dermaßen viele Logikfehler, dass ich mir als Leser extrem vera…lbert vorkam. Die Offensichtlichkeit ist so hanebüchen, dass ich mich gefragt habe, was das soll.  Warum mutet man so etwas der Leserschaft zu? Und vor Allem: warum hat Keiner derer, die berufsmäßig schreiben und rezensieren und die hochqualifiziert die Feuilletons befüllen, auch nur ein Wort darüber verloren?

    Dieser handwerkliche Murks macht nicht mal vorm Klappentext halt. Wir lesen dort: “25 Jahre nach Pawels Tod stößt Richard auf alte Fotos, die Pawel als jungen Mann in SS-Uniform zeigen.” (Zitat Klappentext, siehe oben). Im Prolog des Buches erfahren wir, dass Pawel Król 1981 verstarb. Der junge Richard stand zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Abitur, auch das erfährt man im Text, wenn man aufmerksam liest. Kopfgerechnet ist Richard 1981 also 18 oder 19. 25 Jahre später wäre er Mitte Vierzig und wir schrieben das Jahr 2006. Nur spielt die Handlung des Buches nicht im Jahr 2006, sondern das Kapitel, welches dem Prolog folgt und in welchem die brisanten Fotos  von Richard gefunden werden ist mit “1991” übertitelt, sogar das GENAUE Datum erfahren wir: (Zitat) “…und der Wandkalender mit den historischen Falterdarstellungen zeigte als Datum Montag, den 4. Februar 1991.” Richard ist also nicht Mitte Vierzig sondern 28/29, wozu aber sein beruflicher Werdegang, der in diesem Kapitel ebenfalls umrissen wird, nicht wirklich passt: zu viel müsste in nur 10 Jahren untergebracht werden (Studium, Tätigkeiten im Ausland, Aneignen von fachspezifischen Kenntnissen jenseits des Studiums etc.) und die derzeitige leitende Position erfordert eine praktische Berufserfahrung, die ein 28-Jähriger noch nicht haben kann.

    Richard macht sich nun also 1991 als mathematisch korrekter 28/29-Jähriger per Zug auf den Weg nach Polen: (Zitat) “…Wie in einer jähen filmischen Überblendung schoben sie sich vor die draußen vorbei ziehende Landschaft und trugen ihn augenblicklich dorthin zurück, wo für ihn VOR MEHR ALS VIERZIG Jahren alles begann. …” Vor mehr als 40 Jahren wäre dann aber rechnerisch um 1950 und 1981 wäre dann ein recht später Zeitpunkt fürs Abi gewesen. Ich befand mich von Anfang bis Ende des Buches in einem zähen Zeitbrei und habe das eigentliche Alter des Protagonisten nicht herausfinden können. Da der Autor mit vielen Rückblenden in die Kindheit von Richard arbeitet, wird dieser Brei zäher und zäher. Warlo, der als Kind den Religionsunterricht schwänzte, unterhielt sich mit seiner Großmutter Vera über Gott. Vera konnte die Frage nach Gott auch nicht erschöpfend beantworten, (Zitat): “…aber wenn es einen gibt, dann schenkt er Pawel sicher eine Drehbank und ein Schweißgerät, damit er sich nicht so langweilt da oben!…” Ach ja? Logik an Gehirn: Richard war ein Kind, da lebte Pawel noch und brauchte keine Werkbank im Himmel!

    In dieser Stil geht es weiter, das Buch strotzt von vorne bis hinten von diesen Fehlern: Warlo trifft seine Mutter Sabine (sie verließ ihn nach der  Geburt) erst im “Alter von 28 Jahren wieder”, nachdem sie sich, wie man an anderer Stelle erfährt, “mehr als 30 Jahre nicht um ihn gekümmert hat”. Himmel hilf, er ist doch erst 28! Oder doch nicht? Seine Zugbekanntschaft und spätere Dolmetscher-Begleitung Zygmunt wird als “bärtiger Mann mittleren Alters” mit massiver schwarzer Brille vorgestellt, der gut Deutsch spricht. Später wird er nur noch als “junger Verleger” oder “junger Mann” bezeichnet. Ist egal, ob jung oder mittleren Alters, bei Warlo nimmt`s ja auch keiner so genau. Aber wenn er doch Deutsch spricht, warum begrüßt er Warlo nach der ersten Übernachtung in Englisch? Und wozu braucht man eigentlich überhaupt einen Dolmetscher? Weil Warlos erste Anrufe von Deutschland bei den Verwandten von Pawel ergaben, dass sie nicht mal ansatzweise Deutsch sprechen und er keinen Deut polnisch versteht? Wieso funktioniert die Kommunikation mit Lucyna dann bei einem Telefonat nach der Ankunft in Polen problemlos OHNE Dolmetscher? Den man übrigens auch beim folgenden Treffen nicht benötigt, denn Warlo und Lucyna können barrierefrei ohne Zygmunt kommunizieren, als dieser das Treffen verlassen hat. Es ist unklar in welcher Sprache, aber letztendlich war ich an dieser Stelle schon so genervt, dass es mir egal war. Ich hatte jegliches Interesse an Warlo verloren, der für mich zu einer alters- und gesichtslosen Amöbe verkommen war. Ich hatte keine Lust mehr, darüber nachzudenken, wie alt Warlo in den vielen Erinnerungs-Rückblenden an Pawel wohl gewesen sein mochte. Oder in denen an seine verstorbene Freundin, deren Tod er noch nicht wirklich verarbeitet hat.

    Lesenswert waren für mich einzig die Kapitel, die aus Oliwias Perspektive geschrieben sind. Angerührt verfolgt man ihren unsentimentalen Abschied vom Leben, ihre letzten schweren, schmerzerfüllten Tage und weit schweifenden selbstmitleidsfreien Gedanken, ihr Todes-bewusst-sein. Das ist richtig gut geschrieben und packt den Leser. Alle anderen aufgeworfenen existentiellen Fragen des Buches verblassen dagegen, werden nebensächlich, bedeutungslos und die angebotenen Lösungen sind eigentlich keine. Ich persönlich konnte mit den finalen Aussagen für oder durch die Protagonisten ganz gut leben, auch wenn besonders Warlows Handeln nicht so wirklich verständlich ist: dem “ich-muss-das-jetzt-unbedingt-wissen-und-mache-eine-große-Reise” ein lapidares “okay-sie-stirbt-dann-lassen-wir-das-halt-so-wichtig-isses-denn-doch-nicht” folgen zu lassen, war nicht so recht glaubwürdig. Der Leser allein erfährt im finalen Kapitel, was es denn nun mit Pawel und den Fotos auf sich hat. Hätte man auch noch weg lassen können, denn wenn es für Warlo und den Rest der Handelnden schlussendlich wurscht ist, dann für den Leser sowieso.

    Fazit: 2 Sterne für Oliwia. Der Rest ist nix. Empfehlung für Leute, die um des Lesens Willen lesen und nicht um der Inhalte Willen. Wem Logik ein Fremdwort ist, der kann zugreifen.

  13. Cover des Buches Fieber am Morgen (ISBN: 9783455002102)
    Péter Gárdos

    Fieber am Morgen

     (36)
    Aktuelle Rezension von: Bibliomania

    In dieser herzerwärmenden Geschichte, erzählt Péter Gárdos die Geschichte seiner Eltern. Es ist 1945. Miklós ist dem Krieg gerade so entkommen und befindet sich als Ungar in einem schwedischen Krankenhaus. Er hat Tuberkulose und die Ärzte räumen ihm nur noch etwa 6 Monate Lebenszeit ein. Doch Miklós, der das Konzentrationslager überlebte und dadurch seine gesamten Zähne verlor, will heiraten. Er schreibt Briefe an junge Ungarinnen, die sich ebenfalls in Schweden aufhalten. Doch nur mit einer behält er das Briefeschreiben bei: Lili.

    Miklós ist ein Dichter, ein Schreiber, ein Wortkünstler und Lili verfällt ihm nach und nach. Natürlich verschweigt er ihr seinen Gesundheitszustand und den Zustand seiner Zähne – denn sein Gebiss glänzt silbrig und verscheucht eher, als dass es anzieht. Die beiden wollen sich besuchen, doch Miklós' Arzt ist dagegen und auch Lilis eine Freundin stellt sich den beiden in den Weg. Unermüdlich arbeiten die jung Verliebten daran sich sehen und heiraten zu können.

    Als Leser bangt man mit den beiden und ist betrübt über die vielen Ereignisse in den beiden „Auffanglagern“. Man wünscht sich so sehr, dass die beiden sich sehen können, dass es ein gutes Ende nimmt. Und obwohl man weiß, dass Péter geboren worden sein muss, kann man sich nicht vorstellen, wie die beiden je zusammenkommen. Sie schweigen verständlicherweise über die Geschehnisse im Krieg. Erzählen sich alles, nur nichts darüber. Lili spricht nur immer wieder über ihre Mutter und ihr Heimweh. Beide wollen zurück nach Ungarn. Dort sind sie zu Hause und obwohl nicht mehr viel Ihrer Heimat übrig ist, ist es verständlich, dass man zurück möchte, wenn man gewaltsam entfernt wurde.

    Eine schöne Geschichte, leicht poetisch und noch dazu basierend auf einer wahren Geschichte, 3,5 Sterne für diese Lebens- und Liebesgeschichte.

  14. Cover des Buches Eine Rose für Putin (ISBN: 9783827012630)
    Thomas Wendrich

    Eine Rose für Putin

     (36)
    Aktuelle Rezension von: Sikal

    Während auf einem Parkplatz alle gespannt dem Tennisfieber verfallen, verschwindet aus einem Auto ein kleines Mädchen. Die Spuren führen bis nach Weißrussland, doch trotz genauer Recherche kommt die Lösung nicht ans Licht.

    20 Jahre später: Der Drehbuchautor Johann Stadt zieht sich mit dem Regisseur M. in ein abgelegenes Ferienhaus zurück, um diesen Entführungsfall einem Drehbuch zugrunde zu legen. Die beiden schreiben die Geschichte ähnlich dem ursprünglichen Verbrechen nur in die Gegenwart versetzt – und nun beginnen die Zeitzonen zu verschwimmen, der Unterschied zwischen Fiktion und Realität nur schwer auszumachen. Während des Schreibens passieren immer wieder eigenartige Szenen, bei denen man als Leser nicht genau weiß, ob diese nun der Realität entsprechen oder nur im Drehbuch vorkommen. Was hat es mich dem Kampf mit einem Schwan auf sich? Ist die Postbotin nun wirklich tot und wie kommt es, dass Putins Revolver auftaucht?

    „Findest du einen Nagel in der Wand, so nutze ihn! Mir ist, als suchte ich ein Leben lang nach Nägeln. In der Wand. Aber da sind nicht einmal Wände.“

    Die Sprache ist flüssig und facettenreich, wechselt zwischen anspruchsvollen Passagen und humorvollen Dialogen. Das Buch ist auf alle Fälle spannend, so dass man unbedingt Seite um Seite weiterlesen möchte. Doch oftmals denkt man, dass man nun einen Teil ergründet hat und plötzlich kommt eine schräge Wendung, die wieder verwirrt.

    „Mit Manipulationen sät man, denke ich, was man Tage, Wochen, Jahre später ernten will. M. liebt die Ergebnisse, aber direkt, und zwingt die Zeit regelmäßig unters Joch, nur um noch schneller recht zu haben.“

    Für mich war dieses Buch eine große Herausforderung und ließ mich nach der letzten Seite verwirrt zurück. Erst nach und nach ordnet man seine Gedanken und macht sich hierzu sein eigenes Bild.

    Ein ungewöhnliches Leseerlebnis, auf das man sich einlassen muss.

  15. Cover des Buches Menschen im August (ISBN: 9783100425119)
    Sergej Lebedew

    Menschen im August

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Read-and-Create

    Daher habe ich es auf Seite 158 von 368 abgebrochen.
    ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
    Eine Rezension finde ich an dieser Stelle weder dem Buch, noch dem Autor gegenüber fair, aber vielleicht dürft ihr diese irgendwann noch lesen. Es darf in meinem Bücherregal bleiben und ich werde ihm eine zweite Chance geben.

  16. Cover des Buches Das Gift (ISBN: 9783518425039)
    Samanta Schweblin

    Das Gift

     (4)
    Aktuelle Rezension von: SteffiWausL

    Nachdem ich so nachhaltig begeistert war von „Hundert Augen“, habe ich mir noch zwei weitere Bücher von Samanta Schwein gekauft: „Sieben leere Häuser“ und „Das Gift“.

    Über „Sieben leere Häuser“ habe ich ja schon kurz in meinem letzten Beitrag berichtet.


    Hier soll es nun über „Das Gift“ eine kurze Rezension geben:

    Es ist das merkwürdigste Buch, das ich je gelesen habe. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich gar nicht sagen…


    Die Handlung: Amanda macht mit ihrer kleinen Tochter Nina Urlaub im Ferienhaus von Carla und dessen Sohn David. Carla erzählt Amanda, dass David vor ein paar Jahren eine Vergiftung erlitt, an der er beinahe gestorben wäre, wenn sie nicht mit ihm zum grünen Haus gegangen wäre, in dem eine Heilerin lebt, die eine Transmigration vornimmt, bei der ein Teil von Davids Seele in einen anderen Körper übergeht, um so auch das Gift zu verteilen. Seitdem ist er nicht mehr der Sohn, den sie mal hatte.

    Es kommt dann auch zu einer Vergiftung von Amanda und Nina…

    Mehr will und kann ich zur Handlung an dieser Stelle nicht sagen.

    So viel hab ich vom Buch verstanden.

    Am Ende sind mehr Fragen geblieben, als Antworten:


    Was möchte die Autorin zwischen den Zeilen sagen? Ist es ein Buch über bedingungslose Mutterliebe? Wofür steht das Gift sinnbildlich? Welche Rolle spielen die Männer / Väter eigentlich? Sie werden zwischendurch erwähnt und bilden dann aber den Abschluss der Geschichte. Auf diesen Abschluss wird mit einem großen Spannungsbogen hingearbeitet, aber dann…?! Ratlosigkeit auf meiner Seite! Was hat das Ende zu bedeuten?


  17. Cover des Buches Kennen Sie diesen Mann? (ISBN: 9783442715909)
    Carl Frode Tiller

    Kennen Sie diesen Mann?

     (25)
    Aktuelle Rezension von: suppenfee

    David hat sein Gedächtnis verloren und versucht nun herauszufinden, wer er wirklich ist. Wie er tickt und wie er bisher gelebt hat. Seine Freunde Jon und Silje schreiben ihm. Die drei waren als Jugendliche oft zusammen unterwegs. Auch sein Stiefvater Pfarrer Arvid meldet sich und schildert David, wie er ihn damals erlebt hat.

    Kenne ich David nach den Briefen seiner Freunde und Verwandten nun? Ich habe nicht das Gefühl. Sie hingegen kenne ich nun relativ gut, glaube ich. Der Klappentext hat mich ein wenig in die Irre geführt. Bis zuletzt habe ich darauf gewartet, dass David nun auch einmal zu Wort kommt, doch man lernt ihn nur aus den Augen der anderen kennen und muss sich seinen David selbst erschaffen. Die drei Protagonisten schildern in Briefen, wie sie den Jungen damals kennengelernt haben. Alle geben neue Einblicke, jeder hat David in der Beziehung zu sich selbst sehr subjektiv erlebt und so unterscheiden sich die Bilder von ihm natürlich auch. Man kann also nie mit Bestimmtheit sagen, wie David nun war. Doch diese Erfahrung ist auch mal sehr interessant und ich war durchweg gefesselt und oft auch sehr berührt.

    Der Autor gibt jedem seiner Erzähler eine individuelle Note. Die Briefe lassen sich alle relativ leicht lesen und haben einen recht harmonischen Schreibstil. Doch man erfährt auch immer aus den jetzigen Leben der Schreiber und hier unterscheiden sich die Stile dann sehr deutlich, was das Lesen mal mehr und mal weniger angenehm macht.

    Jon ist mit Leib und Seele Musiker, aber irgendwie in dem kleinen Nest seiner Heimat hängengeblieben und er leidet unter den Ansichten von Mutter und Bruder. Ständig geraten sie aneinander. Sowieso scheint Jon zu den meisten Leuten keine gute Beziehung zu hegen. Er ist zu pessimistisch, zu negativ in seinen Ansichten. In seinem Text fehlen gerne mal Pronomen oder Füllwörter, als würden sie das Leben noch deprimierender machen.

    Arvid habe ich als einen sehr sympathischen, wenn auch missverstandenen Menschen kennengelernt. Er ist Pfarrer, jetzt schwer krank und sehr alt, doch er hat gerne die Vaterrolle für David übernommen. Er wollte den Jungen unterstützen wo es nur ging, doch David hat diese Liebe nie so recht erwidert. Arvids Passagen waren für mich am schönsten zu lesen. Sie sind sehr bildhaft und wirken rund und warm, auch wenn er sich ärgert.

    Auf Silje war ich durch die Beschreibungen der Vorgänger am meisten gespannt. Sie war damals eine sehr schillernde und einnehmende Persönlichkeit. Ein aufgewecktes Mädchen. Doch auch sie wird von Jon und Arvid sehr unterschiedlich wahrgenommen. Offenbar macht hier der Blick eines Erwachsenen sehr viel aus. Im Heute ist Silje erschöpft und ihre Ehe droht zu zerbrechen. Plötzlich konnte ich ihre Worte genauso wenig nachvollziehen wie ihr Mann. Und obwohl mich ihre Geschichte so interessiert hat, haben mir ihre Passagen in der Gegenwart am wenigsten gefallen. Sie waren unheimlich schwer zu verfolgen. Keine wörtliche Rede mehr, lange und wirre Sätze und viele Wiederholungen, als hätte Silje selbst Persönlichkeitsstörungen entwickelt.

    Insgesamt kein leichter, aber dafür durchaus lesenswerter und tiefgründiger Roman, doch es braucht etwas Geduld, um sich darauf einzulassen.

  18. Cover des Buches Der Löwensucher (ISBN: 9783257243697)
    Kenneth Bonert

    Der Löwensucher

     (19)
    Aktuelle Rezension von: Michelles_Notebook

    Viele jüdische Familienromane scheinen sich hauptsächlich mit dem persönlichen Elend zu beschäftigen, 'Der Löwensucher' bildet hier keine Ausnahme.

    Wir begleiten in diesem Buch den Protagonisten nicht nur beim verzweifelten Versuch, zu beruflichem Erfolg zu kommen, sondern auch mit einem schrecklichen Familiengeheimnis. Wirklich sympathisch ist niemand in diesem Buch, das Südafrika vor dem zweiten Weltkrieg ein gespaltener, trostloser Ort und über einen sehr langen Zeitraum weiß man nicht, in welche Richtung sich das Buch und die Charaktere entwickeln. Es ist ein deprimierendes Buch, an dessen Schreibstil man sich erst gewöhnen muss, und wer sich unwohl fühlt mit detaillierten Gewaltbeschreibungen, ist hier fehl am Platz.

    Spaß macht dieses Buch nicht, trotzdem konnte ich es nur schwer aus der Hand legen und das Ende der Geschichte stimmt ein wenig versöhnlicher. Trotzdem ist das hier schwere Kost und dieser über alle Seiten anhaltende Trübsinn und Frust lassen keine rechte Freude aufkommen.

  19. Cover des Buches Widerrechtliche Inbesitznahme (ISBN: 9783442714551)
    Lena Andersson

    Widerrechtliche Inbesitznahme

     (38)
    Aktuelle Rezension von: Obst4

    Schlussendlich geht es in dem Buch durchweg das Ester  in Hugo verliebt ist, der aber die Liebe nicht so erwidert wie Ester es sich wünscht.
    Dennoch ist der Schreibstil so seltsam fesselnd das man das Buch nicht beiseite legen kann obwohl die Geschichte völlig banal ist. Ich glaube man kann es immer wieder lesen

  20. Cover des Buches Die Kathedrale (ISBN: 9783701716524)
  21. Cover des Buches Die Geometrie der Liebe (ISBN: 9783866482258)
    Luigi Trucillo

    Die Geometrie der Liebe

     (2)
    Aktuelle Rezension von: MartinaFF
    Liebesromane sind normalerweise meine Sache nicht. Aber diese Buch hat mich einfach auf eine magische Weise in den Bann gezogen und ich war von der Lektüre schlichtweg begeistert!

    Eigentlich ist es kein Roman im herkömmlichen Sinn, sondern ein kleines Sprachkunstwerk. Trucillo ist in Italien ein bekannter Lyriker, der hier seinen ersten Roman vorgelegt hat. Der Text umfasst rund 150 Seiten und ist auf das Sorgfältigste durchkomponiert, ohne deshalb im Geringsten konstruiert zu wirken. Vielmehr sprudelt die Erzählung leichtfüßig voran. Man folgt ihr mit Vergnügen, immer vorangetrieben von der Neugier: wie geht es weiter?

    "Neugier ist ein Riesendurst, der sich aus winzigen Schlucken nährt." - Das ist nur eine von den unzähligen, wunderbaren Metaphern, in die der Autor seine Geschichte bettet, und allein schon der Wortbilder wegen ist das Buch ein Lesevergnügen.
    Aber worum geht es eigentlich?
     
    Die Geschichte wird erzählt aus der Perspektive eines namenlosen Protagonisten, den Trucillo konsequent in der Du-Form tituliert. Ohne dabei ins Pathetische abzurutschen oder ins Melodramatische, kommt er schnell zur Sache: dieser Mann also trifft auf einer Schiffsreise eine flüchtige Bekannte. Aus der Begegnung entwickelt sich eine leidenschaftliche Liebe. Doch schon kurz nach der ersten Euphorie trüben die ersten Wolken den Horizont.

    Der Tanz beginnt: Es ist das uralte Drama zweier Liebenden, die zueinander nicht finden, aber auch nicht voneinander lassen können. Man redet viel und redet aneinander vorbei, wobei in der Mitte etwas großes Unausgesprochenes steht, ein gegenseitiges Ringen um einander.

    Doch was ist Wahrheit, ws ist Lüge? Verbirgt die geheimnissvolle Geliebte ein Doppelleben vor ihm, oder gaukelt ihm die Vorstellung trügerische Bilder vor?

    Mehr sei dazu gar nicht verraten. Nur so viel: dieses Buch genießt man am besten wie feines Konfekt. Einfach auf der Zunge zergehen lassen. Großartig.
  22. Cover des Buches Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt (ISBN: 9783896675484)
    Gunnar Ardelius

    Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Corsicana
    Ende der 60er Jahre kommt eine schwedische Familie nach Liberia. Der Vater hat dort in einer schwedischen Bergbaufirma eine Stelle als Personalchef angeboten bekommen. Seine Frau und sein 16 jähriger Sohn kommen notgedrungen mit. Aber es wird keine spannende und schöne neue Erfahrung. Denn im Grunde genommen ist die Familie zerrüttet, alle drei kommen mit ihren Problemen im Gepäck nach Afrika - und können dort nicht ankommen und sich dort nicht wohlfühlen.

    Der Vater wirkt seltsam haltlos und energielos - trotz seiner beruflichen Karriere. Vor kurzem hatte sich sein Vater umgebracht, Darunter leidet er. Und er wollte nach Afrika, weil er sich "nach dieser Finsternis" sehnt.

    Die Ehefrau ist  wahlweise planlos, hysterisch oder depressiv. Sie ist chronisch unentschlossen, denn "nach jeder Entscheidung, die sie im Leben getroffen hatte, immer ein bisschen weniger von ihr übrig geblieben war". Sie trauert ihrem Liebhaber in Schweden hinterher, der sie vor kurzem verlassen hat. Und dies alles betäubt sie mit Tabletten. Mit den Einheimischen kommt sie gar nicht klar - und sie bemüht sich auch nicht darum - sie kreist nur um sich selbst.

    Am normalsten wirkt noch der Sohn Marten, Er vermisst seine in Schweden zurückgelassene Freundin und ist  ansonsten auf dem Jugendlicher-Rebellen-Weg. Und so interessiert er sich als einziger für die Einheimischen und für deren Probleme - und kämpft damit auf Seiten der Minenarbeiter - und beschwört damit eine Katastrophe herauf....

    Irgendwie hat mich dieses Buch nicht packen können. Die Protagonisten waren mir all zu unsympathisch - bis auf den Sohn,
    der ein ganz normaler Jugendlicher zu sein schien. Etwas rebellisch - aber natürlich konnte er die Folgen seiner Handlungen noch nicht einschätzen.

    Was mich jedoch beeindruckt hat, war der Einblick in die Geschichte Liberias. "Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt" ist das Motto Liberias. Der Staat wurde quasi von Amerikanern gegründet, die hierhin Tausende ihrer freigelassenen Sklaven verschifften. Ob als Geste der Wiedergutmachung oder eher weil man diese Menschen nicht als freie Bürger im eigenen Land haben wollte?

    Jedenfalls führten sich diese freigelassenen Sklaven dann gegenüber der einheimischen Bevölkerung als neue Sklavenhalter auf. 



    Liberia war zwar nie Kolonie - aber "Freiheit" gab es auch nie. Statt Kolonialherren kamen später ausländische Firmen, die das Erz abbauten und die Wirtschaft bestimmten. Und danach ein langer und blutiger Bürgerkrieg - der begann jedoch erst Ende der 80er Jahre.

    Daher ist dieses Buch durchaus relevant als Zeugnis von Kolonialismus und Neo-Kolonialismus und  es wird aufgezeigt, dass Gewalt und Unterdrückung nur zu neuer Gewalt und weiterer Unterdrückung führen. 

    Fazit: Geschichtlich interessant, sprachlich gut geschrieben. Aber düster und mit komplett haltlosen Protagonisten. Für mich persönlich eher eine Enttäuschung.






  23. Cover des Buches Ein Diktator zum Dessert (ISBN: 9783328100607)
    Franz-Olivier Giesbert

    Ein Diktator zum Dessert

     (76)
    Aktuelle Rezension von: Buchliebhaberin

    Dieses Buch war ein Tipp von aba, ganz, ganz herzlichen Dank dafür!

    Es hat genau meinen Geschmack getroffen. Rose, die Hauptperson, hat einen wunderbaren Humor und eine tolle Sicht der Welt. Sie hat viel erlebt und ihre daraus resultierende Liste ganz am Ende und die Rezepte finde ich großartig.

    Der Roman vereint Geschichte, Literatur und Kochgenuss und führt durch mehrere Kontinente.

    Ich liebe seine Sprache und die faszinerenden Charaktere.

    Für mich ist dieses Buch ein Juwel.

    Es ist voll von Wissen quer durch die verschiedensten Themengebiete, hat mir viel zum Nachdenken mit auf den Weg gegeben und mich wunderbar unterhalten.

    Dieses Buch werde ich sicher noch einmal lesen, es hat jedenfalls einen "Lieblingsbuch"-Platz bei mir erobert.

    Es vereint Anspruch und Leichtigkeit und Düsternis mit Humor.

    Ganz, ganz toll!

  24. Cover des Buches Praterveilchen (ISBN: 9783455405316)
    Christopher Isherwood

    Praterveilchen

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Nespavanje

    Praterveilchen ist, so wie viele Romane von Christopher Isherwood, biografisch gefärbt. Der Schriftsteller und Berthold Viertel arbeiteten gemeinsam als Drehbuchautor und Regisseur beim Film „Little Friends“, basierend auf einem Roman von Ernst Lothar. Alleine wegen dieser biografischen Basis lohnt es sich diesen Roman zu lesen. Zeit seines Lebens hat sich der Schriftsteller von seinem literarischen Ich distanziert, wenn er sagt, dass auch wenn er in diesen Erzählungen seinen eigenen Namen verwendet, es den Leser nicht zur Annahme berechtigt, dass diese Seiten rein autobiografisch, oder seine Figuren exakt ehrabscheindende Porträts lebender Menschen seien. Christopher Isherwood ist hier nicht mehr al eine zweckdienliche Bauchrednerpuppe.

    Isherwood behandelt in Praterveilchen zwei wesentliche Themen. Neben dem Film ist es der Nationalsozialismus. Hier sind es vor allem die Figuren, die verschiedene Perspektiven und Ansichten zu Wort bringen. Ähnlich also schon wie auch in den zu den „The Berlin Stories“ gehörenden Romanen „Mr. Norris steigt um“ und „Leb wohl, Berlin“. Auch wenn dieser Roman nun nicht zu meinen liebsten gehört, ist es doch ein sehr gutes Werk von Isherwood. Wer sich dem Leben von Christopher Isherwood nähern möchte, dem kann ich Peter Parkers Biografie „Isherwood wärmstens empfehlen. Leider zurzeit nur antiquarisch und auf Englisch erhältlich.


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