Bücher mit dem Tag "chemnitz"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "chemnitz" gekennzeichnet haben.

16 Bücher

  1. Cover des Buches Anarchoshnitzel schrieen sie (ISBN: 9783644103719)
    Oliver Maria Schmitt

    Anarchoshnitzel schrieen sie

     (33)
    Aktuelle Rezension von: rkuehne
    Ich bin hin und hergerissen – zwischen einem Verriss und einer Lobhudelei. Die Geschichte der ehemaligen erfolglosen Punkband Gruppe Senf, die für einen Reunionauftritt im ebenso wiedervereinigten Deutschland, wiederzusammengetrommelt wird, ist letztendlich nicht mehr als ein wirrer Roadtrip durch die Zitatehölle. Die Geschichte selbst ist banal bis blödsinnig und wäre sie es allein, die dieses Buch ausmacht hätte ich beizeiten aufgehört mit lesen. Allerdings gelingt es Schmitt immer wieder ein paar Humorkracher zu zünden, ich musste sogar wirklich lachen, und das muss ich ganz selten bei Büchern. Dafür wiederum die Pluspunkte. Außerdem wird so ziemlich alles zitiert, was in der deutschen Punkmusik der letzten 30 Jahre mal den Mund aufgemacht hat, und auch das Wiedererkennen der fast vergessenen Zeilen macht Spaß. Die Geschichte aber – echt blöd.
  2. Cover des Buches Mein deutsches Dschungelbuch (ISBN: 9783442459452)
    Wladimir Kaminer

    Mein deutsches Dschungelbuch

     (114)
    Aktuelle Rezension von: Holden
    Wladi schildert seine erste Lesereise im Anschluß an "Russendisko" und berichtet humorvoll und pointiert über das,. was er in der provinz erlebt hat. Das Ganze ist subjektiv von seinem Standpunkt aus geschrieben, und ihninteressiern eher die persönlichen Eindrücke als die Stadtgeschichte o.ä. Der Leser staunt, grinst und wünscht sich, daß W.K. auch seine eigene Stadt besucht hätte.
  3. Cover des Buches Ab jetzt ist Ruhe (ISBN: 9783103975062)
    Marion Brasch

    Ab jetzt ist Ruhe

     (82)
    Aktuelle Rezension von: jannehanne

    Schreibt leicht über das Schwere, feine Psychologie, nimmt den Leser emotional mit. 

    S.64 "Doch dieses Weihnachtsfest war anders. Ich spürte schon am Vormittag, dass irgendetwas faul war. Oder besser ich hörte es. Aus der Küche klang schlechtgelauntes Tellerklappern, Töpfe lähmen auf dem Herd, und das Besteck ließ sich beleidigt in den Besteckkasten fallen. Meine Mutter war sauer."

  4. Cover des Buches Schmerz und kein Trost (ISBN: 9782496710779)
    Elias Haller

    Schmerz und kein Trost

     (66)
    Aktuelle Rezension von: clematis

    Kommissar Erik Donner aus Chemnitz, auch Kommissar Monster genannt, hat eine schreckliche Vergangenheit hinter sich. Gerade als er sich in psychologische Behandlung begibt, verschwindet das Kind seiner Therapeutin spurlos am Schulweg und schließlich meldet sich Donners Schwester Marit auch nicht mehr von ihrem Wohnort in Berlin. Was braut sich da zusammen und soll er, Erik Donner, persönlich getroffen werden? Spannende Ermittlungstage und brutale Taten füllen die Seiten zum bereits achten Fall.

    Erinnerungen stehen am Beginn dieses Bandes, sodass auch Neueinsteiger gut gewappnet diesem Alptraum für Donner folgen können. Und auch später noch kommen ausreichend Hinweise auf Vergangenes, sofern fürs Verständnis nötig. Überhaupt wechseln Jetzt und frühere Episoden immer wieder ab, da die aktuellen Geschehnisse eng verknüpft sind mit alten Akten, welche in irgendeinem Kommissariat 77 vor sich hin stauben. Stilistisch gewandt  und mit ausreichend Wortwitz und Donners ganz eigenem Galgenhumor gespickt, rauschen die Szenen nur so dahin. Geschickt sind Gebrüder Grimms grausigste Märchen ansatzweise in die Handlung verpackt und man darf staunen, wie Donner von Rotkäppchens Wolf auf Schweine zu schließen vermag. Grausige Details, denen ich an dieser Stelle keinesfalls vorgreifen möchte, finden sich auch in diesem Teil der Serie wieder, was eine Warnung sein soll an all jene, die nicht von Blutlacken und Misshandlungen (insbesondere an Kindern) lesen wollen. Denn solche Szenen kehren in der Tat immer wieder, auch wenn sie nicht immer real sind, sondern Alpträumen und Gedanken entspringen. Nichtsdestotrotz ist auch „Schmerz und kein Trost“ ein ausgesprochen gut gelungener Thriller mit allem, was dazu gehört: Donners bisherige Erlebnisse, welche ihn zu dem werden haben lassen, der er ist, Angst um Angehörige, kryptisch verschlüsselte Informationen und Respekt vor einem Täter, der mehr weiß, als man glauben möchte. Das Buch vermittelt Spannung vom Anfang bis zum Ende, Erik Donner als hervorragend erschaffener Kommissar stellt selbst eine Zielscheibe dar und unternimmt im wahrsten Sinne des Wortes einen Wettlauf gegen die Zeit.

    Blutig, brutal, nervenaufreibend – wer sich dem stellen möchte, der sollte hier unbedingt zugreifen. Von mir kommt jedenfalls eine klare Leseempfehlung!

     


    Titel                                  Schmerz und kein Trost

    Autor                                Elias Haller

    ISBN                                978-2-496-71077-9

    Sprache                           Deutsch

    Ausgabe                          Taschenbuch (412 Seiten), ebenfalls erhältlich als ebook

    Erscheinungsdatum        2. August 2022

    Verlag                              Edition M

  5. Cover des Buches Ewig (ISBN: 9783453435957)
    David G. L. Weiss

    Ewig

     (86)
    Aktuelle Rezension von: beastybabe

    Wer auf historische Schatzsuchen a´la Dan Brown steht, der wird hier wohl auch seine helle Freude damit haben. Wobei hier ein Team am Werk ist, das an sich das Lesen schon mal zu einem echten Vergnügen macht ... ein süßer Hund inbegriffen (gibt bei mir immer Pluspunkte). 

    Zwei Freunde, die sich aus tragischem Grund aus den Augen verloren hatten, werden durch einige grausame Morde auf die Spur eines Geheimnisses gebracht, das die Zukunft der gesamten Menschheit verändern könnte.
    Das ist in Kurzform die Story, die sich über viele Seiten erstreckt, von denen jedoch nicht eine einzige als überflüssig empfunden werden kann.
    Die  beiden Autoren schreiben nämlich so lebendig, mitreißend und immer fesselnd, dass man das Buch eigentlich kaum noch aus der Hand legen mag.

    Ihre Spurensuche führt sie an viele spannende Orte, die auch immer sehr eindrücklich beschrieben werden, so dass man sich stets mittendrin fühlt. Viele berühmte Kunstwerke, Denkmäler, Bauwerke spielen eine Rolle, die man mittels einer parallelen Bildersuche auch zusätzlich noch lebendiger werden lassen kann. Zudem kann man auch diverse historische Persönlichkeiten einer näheren Recherche unterziehen, um festzustellen, dass hier vieles aus alten Überlieferungen übernommen wurde. Geschichtsunterricht in seiner schönsten Form also - und dazu noch sehr spannend.

    Besonders berührend fand ich das Ende, den sehr gelungenen Epilog. Das ganze Buch ist eine absolut gelungene Mischung aus Humor, Spannung, Emotionen und Geschichtswissen und die bunt zusammengewürfelte Truppe, die da auf Spurensuche geht, ist einfach nur sympathisch und liebenswürdig. Ich freue mich schon sehr auf die beiden Folgebände, die hier schon darauf warten, endlich von mir gelesen zu werden!

  6. Cover des Buches Großwildjagd (ISBN: 9783426514573)
    Katharina Sulzbach

    Großwildjagd

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Dina_Casparis
    Der (hoffentlich nicht) letzte Band um die Frankfurter Ladies Susanne, Heike und Claudia ist ein grandioser Rundumschlag von St. Moritz über Frankfurt bis Chemnitz, vom kriegserschütterten, geteilten Deutschland über das heutige oligarchische Russland bis zu umweltschützenden Organisationen und solchen, die skrupellos nur den eigenen Profit sehen. Die Jungmannschaft hält Eltern und Polizei auf Trab, die Frauen machen derweil auf High Heels und in Skischuhen, mit Helikopter und im Karmann Ghia Jagd auf einen russischen Grossinvestor. Jede aus einem andern Grund… Spannend und mit wohldosiert eingesetzten Designernamen und amüsantem Zickenkrieg ein vielschichtiger Roman mit Tiefgang.
  7. Cover des Buches Nachgetragene Liebe (ISBN: 9783630864983)
    Peter Härtling

    Nachgetragene Liebe

     (12)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly

    Warum blickt ein Mensch im fortgeschrittenen Alter auf seine frühe Kindheit zurück? Sind es die schönen Erinnerungen an die unbeschwerte Zeit, an vergessen geglaubte Momente, an Freunde, die man über die Jahre aus den Augen verloren hat? Oder sind es die wehmütigen Augenblicke, in denen man nie aussprechen durfte, was man dachte, nie reagieren durfte, wie man wollte. Diese Momente, in denen man liebes- und schutzbedürftig eine Umarmung herbeigesehnt hat und höchstens einen strengen Blick oder eine flüchtige Berührung im Vorbeistreifen erhielt. Erinnerungen an die prägenden Ereignisse, wenn man still zu sein hatte, obwohl alles in einem laut schrie.

    Der Schriftsteller Peter Härtling versetzt sich in „Nachgetragene Liebe“ in seine frühe Kindheit zurück, in die Zeit, als er die Zuneigung seines Vaters noch ganz still am Tisch neben dem großen Schreibtisch seines Vaters herbeigesehnt hat. Später dann die eher aufmüpfigen Versuche eines Elfjährigen auch nur einen Wink an Aufmerksamkeit zu provozieren. Geboren 1933 in Chemnitz wächst Peter bei seiner Mutter Erika und Vater Rudolf auf. Der Vater ist Rechtsanwalt und ein schweigsames Oberhaupt der Familie. Schwester Lore kommt 1936 auf die Welt. Peter schwankt zwischen einer ehrfürchtigen Haltung, vor allem seinem Vater gegenüber. Stets und ständig lechzt Peter nach Informationen, nach Kommunikation, nach Aufklärung und erhält nichts davon. Vor allem sein Vater bedient sich der Schweigsamkeit als erzieherischem Mittel, in erster Linie zur Bestrafung. Doch Peter ist ein wachsamer, aufmerksamer Junge, der vieles beobachtet und so wenig versteht, weil niemand ihm die Hintergründe erklärt. So geschieht es auch, dass er sich unbedingt in der HJ beweisen will. Seine Eltern erklären ihm nicht, warum sie es nicht gutheißen können, sondern ignorieren ihn vielmehr. Vermutlich soll Peter vor regimekritischen Äußerungen geschützt werden, aber bei ihm kommt die Botschaft an, dass man ihn nicht ernst nehmen will. Als der Vater in den Kriegsjahren eingezogen wird, unterhält Mutter Erika wohl ein Verhältnis und Peter verliert den Respekt vor ihr. In dieser Zeit ist es die Babitschka, die Großmutter, zu der er bewundernd aufblickt, da sie sowohl in der Küche mit Schürze wirbelnd und leckere Mahlzeiten zaubernd, als auch bei einem festlichen Mahl im Abendkleid ein Frauenbild bekleidet, das in Peter Bewunderung hervorruft. Die Zeiten werden härter, die Familie flüchtet zuerst nach Mähren, als der Vater wieder auftaucht nach Zwettl in Niederösterreich. Doch die Rote Armee und das Kriegsende rücken näher.

    Sehr eindringliche Erzählung, in der es Peter Härtling gelingt in atmosphärisch und emotional dichter Art wieder das Kind zu sein und aufzublicken zu seinem Vater, der nicht die Chance hatte so alt zu werden, wie Härtling es war, als er seine Beziehung zum Vater aufzuarbeiten versucht. Diese sehr gefühlvolle Rückschau erlaubt Härtling den Vater besser zu verstehen und ihm vieles zu verzeihen.

  8. Cover des Buches Sachsenmorde 3 (ISBN: 9783946734222)
    Andreas M. Sturm

    Sachsenmorde 3

     (4)
    Aktuelle Rezension von: sommerlese
    In der Anthologie "Sachsenmorde 3" stellt Andreas M. Sturm 13 verschiedene Kurzkrimis vor, die im edition krimi Verlag erscheinen.

    Waren sie schon einmal in Sachsen? Wenn man diese 13 Krimis liest, scheint das ja ein mordslustiges Völkchen zu sein. Doch die hier gezeigte dunkle Seite liegt nicht etwa am kriminellen Milieu der Bewohner Sachsens, sondern an blutrünstigen Geschichten der Autorinnen und Autoren.
    Es werden hier tödliche Psychopathinnen, rächende Ehemänner und andere mordsfinstere Täter beschrieben, die quer durch Sachsen ihn Unwesen treiben.


    Diese Sammlung von 13 Krimigeschichten enthält spannende Thriller mit unterschiedlichen Handlungsvorgängen, alle spielen im Freistaat Sachsen. Mit Andreas M. Sturm zeigen weitere 11 Autoren ihr schriftstellerisches Können rund um das Thema Mord.

    Da sorgt ein Brandanschlag einer Schneiderei für besondere Probleme, ein Kind wird Opfer eines brutalen Überfalls, nur weil er ein wehrloses Opfer darstellt, es gibt einen erbitterten Nachbarschaftsstreit oder eine Hochzeit in einer Grube, die immer tiefer in vergangene Verbrechen Einblick nimmt.

    Die Schauplätze befinden sich alle in Sachsen, fast meint man hier eine erhöhte Kriminalitätsrate vorzufinden. Aber der Schein trügt, denn hier sind es die Autoren, denen es an krimineller Energie nicht zu mangeln scheint und die 13 Morde schildern und dann raffiniert aufdecken.

    Das Schöne an solchen Anthologien ist die Vielseitigkeit, denn jeder Autor bringt seinen persönlichen Stil ein und der ist teilweise tiefgründig ernst, sarkastisch, recht sachlich oder voll mit schwarzem Humor. Damit findet sich für jeden Leser auch die passende Story. Für Abwechslung und spannende Unterhaltung ist hier reichlich gesorgt. Mich konnten die Geschichten von Andreas M. Sturm durch die humorvolle Note am meisten überzeugen.

    Das Buch endet mit einer Kurzbiografie der Autoren und Kartenansichten von Sachsen.

    Die bunte Mischung dieser Geschichten hat mir spannende Lesezeit geschenkt, nicht alle Stories konnten mich völlig packen, aber einige hatten es echt in sich.


    Diese mörderische Reise durch Sachsen zeigt sich abwechslungsreich und vielseitig und legt dabei noch landestypische Ansichten frei. Man kann diese Geschichten wunderbar für kleine Pausen nutzen und lernt dabei noch 12 verschiedene Autoren und ihre Erzählstile kennen. Es ist ein bunter Krimi-Mix mit Mord und Totschlag, Intrigen und berechnenden Tätern, der spannend unterhält.
  9. Cover des Buches Walter Linse: 1903 - 1953 - 1996 (ISBN: 9783962331139)
    Benno Kirsch

    Walter Linse: 1903 - 1953 - 1996

     (1)
    Aktuelle Rezension von: nordberliner
    Zugegeben: Der Titel dieser Buchbesprechung könnte an breit diskutierte Vorfälle im Spätsommer 2018 in der kreisfreien Stadt im Südwesten des Freistaates Sachsen erinnern. Darum geht es hier aber nicht, sondern um eine Biografie, die eine Vita der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Schauplätzen in Chemnitz und Berlin schildert, eine Vita, die mit nationalsozialistischem Unrecht verknüpft ist - und mit der Frage, wie wir Heutigen die damals Lebenden bewerten. Das tun wir reichlich, und es ist sinnvoll, den Blick für die Grundlagen des eigenen Urteils zu schärfen. Es lohnt sich also, hier weiter zu lesen - vor allem aber das wertvolle Buch von Benno Kirsch über Walter Linse.

    Wir Heutigen haben das Glück, in Westdeutschland seit 1949 und im wiedervereinigten Deutschland seit 1990 in einer als Demokratie und Rechtsstaat verfassten Nation mit politischer Stabilität und weitgehendem Frieden im Inneren und Äußeren zu leben. Dieses Glück hatte Walter Linse nicht: Er hat - wie Viele seiner Zeit - nach 1903 fünf Herrschaftsformen und zwei Weltkriege erlebt und überlebt - bis zu seiner Ermordung 1953 in der damaligen Sowjetunion. Man sollte nicht der Versuchung erliegen, aus allgemeingültigen (?) Werten der zivilisierten Menschheit und unabhängig von der historischen und persönlichen Situation der Handelnden auf stets gleiche moralische Entscheidungen als quasi einzig richtige ("alternativlose") Wertentscheidung zu schließen - allzu leicht würde man aus der Perspektive unserer eigenen, vergleichsweise komfortablen Lebenswirklichkeit übersehen, dass es Zeitläufte und Lebensumstände geben kann, die wir auch auf den zweiten Blick kaum ermessen können.

    Aktuelle repräsentative Studien* der
    Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) zeigen, dass die rückblickende Betrachtung der Zeit des Nationalsozialismus zu verzerrten Urteilen führt: Die Befragten meinten durchschnittlich, dass die deutsche Bevölkerung damals zu je etwa einem Drittel zu den Opfern (35 %) und Tätern (34,0 %) zählte. Ein deutlich geringerer Teil der Deutschen (16 %) hat nach Meinung der Befragten potentiellen Opfern geholfen. Demgegenüber halten es gut zwei Drittel der Befragten (69 %) für unwahrscheinlich, dass sie selbst zu Tätern geworden wären, wenn sie in der NS-Zeit gelebt hätten. Dass sie selbst potentiellen Opfern geholfen hätten, halten knapp zwei Drittel der Befragten (65 %) für wahrscheinlich. Diese bemerkenswert positive Selbsteinschätzung, die sich in den Ergebnissen der Studien widerspiegelt, könnte durchaus auch aus einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte resultieren, aus der die Befragten "gelernt" haben und deswegen weniger anfällig für menschenverachtende Ideologien sind als frühere Generationen. Allerdings darf die Überschätzung der eigenen Courage und der eigenen Handlungsmöglichkeiten bzw. die Unterschätzung des Einflusses gesamtgesellschaftlicher Prozesse auf das eigene Handeln (sog. Attributionsfehler) nicht übersehen werden - die geschilderte Selbsteinschätzung tendiert leider zur Selbstüberschätzung.

    Letztlich steckt der Teufel auch hier im Detail: Was sind die konkreten Umstände, die die eigenen Handlungskompetenzen bzw. den Einfluss gesamtgesellschaftlicher Prozesse auf das eigene Handeln ausmachen? Wären die "mutigen" Antifaschisten unserer Zeit, deren Lippenbekenntnisse man in den sozialen Medien zahlreich besichtigen kann, Widerstandskämpfer gewesen in der Zeit ab 1933? Vorschnelle Antworten kann nur geben, wer sich die damaligen Umstände nicht vergegenwärtigt - soweit das heute auch mit Blick auf die Quellenlage noch möglich ist. Eine Annäherung hieran leistet Benno Kirsch mit dem vorliegenden Buch in zweifacher Weise beispielhaft: nämlich am Beispiel der gründlich recherchierten Vita des Walter Linse und beispielgebend mit seiner Darlegung der Bewertungskriterien des Handelns von Walter Linse.

    Walter Linse wurde 1903 in Chemnitz geboren und ist dort zur Schule gegangen, hat in Leipzig Jura studiert, seine ersten beruflichen Schritte im sächsischen Justizdienst getan und ist 1938 als Referent in die Industrie- und Handelskammer (IHK) Chemnitz eingetreten, wo er bis 1942 mit der Arisierung von Wirtschaftsunternehmen befasst war. Er hat die Befreiung Sachsens von den Nazis durch die Rote Armee, den anschließenden Aufbau der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) und das Erstarken des von der SED errichteten Regimes erlebt. Die Zwänge der Kollektivierungen veranlassten ihn zur Übersiedlung nach West-Berlin, genauer gesagt in den damaligen amerikanischen Sektor der Stadt, die damals noch nicht von der Berliner Mauer (1961 bis 1989) abgeriegelt, aber bereits eine Hochburg von gegenseitiger Infiltration und Spionage im Kalten Krieg war. Dort fand er schließlich Anfang 1951 Anstellung beim Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen (UfJ) und setzte sich aktiv mit dem SEDistischen Unrechtsstaat der DDR auseinander. Das führte letztlich zu seiner Verschleppung und Ermordung durch die Tschekisten. Erst im Mai 1996 wurde Linse durch den Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation als politisches Opfer rehabilitiert.

    Der Öffentlichkeit bekannt war der promovierte Jurist Walter Linse jahrzehntelang als Opfer der stalinistischen Machenschaften des Ostblocks. Es ist das Verdienst von Benno Kirsch, als Erster der Frage nachgegangen zu sein, was eigentlich der Gegenstand des Berufslebens von Linse war, bevor er als fast Fünzigjähriger durch das MfS der DDR verschleppt wurde. Die Offenlegung der Rolle Linses bei der IHK Chemnitz und seiner dortigen Rolle bei der Arisierung unter dem NS-Regime erfolgte in der Erstauflage des vorliegenden Buches im Jahr 2007 - und hat dem Autor zu Unrecht die Anschuldigung einer Verharmlosung der Rolle Linses eingebracht. Benno Kirsch hat dies erfreulicherweise zum Anlass einer Vertiefung seiner Recherchen und zu einer Neuauflage seines Werkes genutzt, die zusätzliche Quellen zur Vita Linses erschlossen hat. Der mit über 600 Fußnoten belegte Befund seiner gründlichen Recherche ist im Ergebnis unverändert geblieben:

    Walter Linse dachte vermutlich eher national und konservativ als sozialistisch, stand dem politischen Betrieb distanziert gegenüber und bewegte sich stets im Mainstream des Akzeptierten. Er war während des Nationalsozialismus weder Parteigenosse, Karrierist oder Richter noch Widerstandskämpfer oder Verfolgter. Linse war Mitläufer, politisch uneindeutig und vermeintlich neutral - womit er letztlich auf der Seite der NS-Diktatur stand, ohne aktivistischer Nazi zu sein. Dass er die Ablehnung des NS-Regimes nicht zum Ausdruck brachte, macht das Verstehen seiner Rolle aus heutiger Sicht, die von anderem Akzeptierten geprägt ist, so schwer. Linses Leben vom Holocaust her zu beschreiben, würde die Aufgabe verfehlen, die Vergangenheit zu verstehen. Linse fällt eher durch seine Normalität auf und hat einen eher geringen Beitrag bei der Arisierung geleistet. Interessanter als die weitere Befassung mit Linses Rolle in der Nazizeit wäre die überfällige Untersuchung der Arisierung in Chemnitz - man würde dann wohl feststellen, wer in Wahrheit die Fäden zog und wer von dem damaligen Unrecht profitierte.

    Benno Kirsch arbeitet heraus, dass heute niemand überzeugt sein sollte, damals nicht selber "mitgemacht" zu haben, denn Linse ist dem Durchschnittsbürger von heute näher, als ihm lieb sein kann. Nebenbei erfährt man etwas über Unterschiede zwischen Burschenschaften und studentischen Korps, begegnet der Figur des von Ernst Fraenkel beschriebenen → Doppelstaats und der gebotenen Differenzierung zwischen Arisierung und Holocaust. Gelegentlich wird der Lesefluss gestört von zahlreichen und wiederkehrenden Abkürzungen, worüber das im Anhang befindliche Abkürzungsverzeichnis hinweghilft. Das Buch ist fast völlig frei von Schreibfehlern und lässt nur eine inhaltliche Unstimmigkeit aufscheinen, wenn dem Protagonisten für eine Tätigkeit bei der Imbal-Niederlassung in Berlin-Grunewald ein Monatsgehalt von 6000 DM zugeschrieben wird - es werden wohl 600 DM gewesen sein. Das gut 260 Seiten umfassende Buch ist ausgestattet mit 22 Abbildungen nebst Abbildungsverzeichnis, dem schon erwähnten Abkürzungsverzeichnis, einer Quellenübersicht und einem Literaturverzeichnis.

    Zu den beiden Hauptschauplätzen Chemnitz und Berlin sind hier noch zwei Notizen angezeigt, die die Vergänglichkeit von akzeptierten Normalitäten zeigen und den historischen Kontext abrunden:
    • Am 10. Mai 1953 wurde Chemnitz umbenannt in Karl-Marx-Stadt. Zu diesem Zeitpunkt war Walter Linse zwar noch am Leben, aber bereits seiner Freiheit beraubt. Bei seiner Rehabilitierung am 8. Mai 1996 trug die Stadt wieder ihren ursprünglichen Namen - die Akzeptanz der Benennung nach Karl Marx hatte → im Frühjahr 1990 per Abstimmung ein deutliches Ende gefunden. Benno Kirsch hat den Namen "Karl-Marx-Stadt" zu Recht kein einziges Mal erwähnt.
    • Der Autor spricht in seinem Buch stets von "Westberlin" - eine Schreibweise, die ihm zu Zeiten des Kalten Krieges den Vorwurf der Nähe zur DDR eingebracht hätte, denn "Westberlin" war die in der DDR erwartete Schreibweise in Abgrenzung zu "Berlin, Hauptstadt der DDR", während man im freien Westen amtlicherseits stets von "Berlin (West)" und im nicht-amtlichen Bereich bestenfalls noch von "West-Berlin" gesprochen hat.

    Mein Resümee: Benno Kirsch legt eine ehrliche und nachvollziehbare Bewertung der Person und Rolle von Walter Linse vor, weil der Autor der Versuchung widersteht, sein Urteil an aktuellen Instrumentalisierungsbedürfnissen auszurichten, und sich statt dessen an die recherchierbaren Fakten hält. Das Zeug zum Helden haben nur die Wenigsten; dazu muss den Menschen ein Impuls zum Handeln ohne Rücksicht auf das eigene Wohl innewohnen. Walter Linse war wohl das, was man einen normalen Menschen nennt: auf Anerkennung bedacht und strebsam, zudem bemüht, sich im eigenen Leben ein Plätzchen am wärmenden Ofen zu sichern. Im Nazismus ist ihm das durch Orientierung am damals Akzeptierten noch gelungen, im SEDismus nicht mehr. Er ist von Chemnitz nach West-Berlin geflohen, um dann von dort - unter Außerachtlassung des Selbstschutzes - gegen den Unrechtsstaat DDR zu arbeiten. Das hat ihn die Freiheit und das Leben gekostet.

    Walter Linse bleibt ein ambivalentes Beispiel für die - letztlich immer ganz persönliche - Auseinandersetzung mit der Frage, was "normal" und "akzeptiert" ist und wie man es mit dem Rechtsstaat hält. Es ist das Verdienst von Benno Kirsch, dieses Beispiel eindrucksvoll und nachvollziehbar sichtbar gemacht zu haben. Und es liegt nahe, den geschärften Blick für die Grundlagen des eigenen Urteils auch auf aktuelles Zeitgeschehen zu richten.

    ___________
    * Die beiden MEMO-Studien sind abrufbar auf der Webseite der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft über folgende Links:
    • MEMO-Studie 2018: https://www.stiftung-evz.de/presse/pressemitteilungen-2018/pm-studie-erinnerungskultur.html 
    • MEMO-Studie II 2019: https://www.stiftung-evz.de/presse/pressemitteilungen-2019/pm-memo-2019.html 
  10. Cover des Buches Chemnitz (ISBN: 9783937025711)
  11. Cover des Buches Das Lügenspiel (ISBN: 9783937025117)
    Günter Spranger

    Das Lügenspiel

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Margo
    Das Buch erzählt die Geschichte von Grete Beier, die Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Verlobten ermordete und dafür im Alter von 23 Jahren hingerichtet wurde. Für mich war das Buch sehr interessant, da ich in Freiberg geboren wurde und ein Teil meiner Familie noch dort wohnt. Aber auch die Geschichte selbst fand ich sehr spanned, zumal sie ja auch noch auf einer wahren Begebenheit beruht. Außerdem hat mir Günther Sprangers Technik gefallen, immer einen Teil der Ereignisse zu schildern und im jeweils letzten Teil der Kapitel seine eigenen Recherchetätigkeiten darzulegen.
  12. Cover des Buches Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste (ISBN: 9783462054200)
    Philipp Schwenke

    Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste

     (45)
    Aktuelle Rezension von: Joroka

    Als Kind habe ich die Bücher von Karl May verschlungen. Ich habe mir – soweit ich mich erinnern kann – nie Gedanken darüber gemacht, ob es sich dabei um Tatsachenberichte handelte. Spätestens in meiner frühen Jugend war mir dann aber bekannt, dass sie der Phantasie eines kreativen Kopfes entsprungen sind. Enttäuscht hat mich das nicht, eher verwundert.

    Der Roman beginnt mit einem kurzen Rückblick in das Jahr 1862 als Prolog. Dann fokussiert er sich auf die Ereignisse von 1899 bis 1902, den Zeitraum in dem zunehmend ans Licht der Öffentlichkeit rückte, dass Karl May seine Abenteuer wohl gar nicht selbst erlebt hat. Um seinen Zweiflern, aber vor allem sich selbst zu beweisen, dass er es doch kann, macht sich in fortgeschrittenem Alter nochmals auf den Weg in den Orient und erstmals überschreitet er damit tatsächlich die Grenzen Europas. Dieses 'Abenteuer' stellt den einen Erzählstrang dar, im parallel verlaufenden zweiten, wird die zunehmende Zerrüttung seiner Ehe mit Emma und die zweifelhafte Rolle, die Klara, die Witwe seines besten Freundes Richard dabei spielt, in den Blick genommen.

    Im Erzählfluss wird ziemlich viel hin und her gesprungen zwischen den Zeitlinie. Dieses Stilmittel hat sicherlich seinen Sinn, doch ich finde, manchmal hat es mich doch ein wenig schwindelig gemacht. Ansonsten ist der Sprachstil gut und ohne viel Anstrengung zu lesen. Bei mir war es eine Urlaubslektüre. Ohne zu viel zu verraten, gibt es noch mehr Ebenen zwischen Fiktion und Realität, wie man zunächst denkt. Das ist dem Autor gut gelungen, damit zu überraschen. Manche Schilderungen der Zerwürfnisse zwischen den Eheleuten halte ich für zu ausführlich. Die 'gleichgeschlechtliche' Episode finde ich nicht so ganz nachvollziehbar.

    Philipp Schwenke stellt Kay May als größenwahnsinnigen, realitätsfremden, manipulierbaren und letztendlich psychisch stark angeschlagenen Menschen dar. Bei der Lektüre weiß man nicht so genau, ob man nun Mitleid für ihn oder Abneigung entwickeln soll. Die Aufschneidereien Mays haben immer auch eine peinlich-humoristische Komponente.

    Fazit: Ich habe diesen Wälzer mit relativem Vergnügen gelesen.

  13. Cover des Buches Superbusen (ISBN: 9783548064727)
    Paula Irmschler

    Superbusen

     (20)
    Aktuelle Rezension von: Wolf-Macbeth

    Ich war sehr gespannt auf dieses Buch, da es den Anschein hatte, in die wilde Jugend zurückzukehren, auch wenn ich selbst nicht mehr so jung bin. Die Kulisse von Chemnitz im Jahr 2018, mit Antifa, Neonazis, Fake News und echten Fakten, versprach eine interessante Geschichte. Leider wurde ich enttäuscht.

    Die Handlung erwies sich als langweilig und oberflächlich. Statt Einblicke in die turbulenten Ereignisse in Chemnitz zu erhalten, begleitete man lediglich langweilige Geschichten aus dem Leben einer Studenten-WG. Die Charaktere wirkten alle recht austauschbar, und die Zeit in Chemnitz blieb nahezu unerwähnt.

    Nach nicht einmal der Hälfte des Buches musste ich es frustriert beiseitelegen. Es schien ein oberflächlicher und langweiliger Jugendroman zu sein, der lediglich mit ein wenig Sex und belanglosen Problemen angereichert war. Die Geschichten fesselten mich überhaupt nicht, und ich hätte mir gewünscht, dass das Buch wenigstens gut geschrieben wäre, was jedoch nicht der Fall war.

    Insgesamt war meine Erfahrung mit “Superbusen” von Paula Irmschler leider enttäuschend, und ich kann es nicht empfehlen.

  14. Cover des Buches Chemnitz. The City (ISBN: 9783361005228)
  15. Cover des Buches Der Mädchenflüsterer (ISBN: 9783734100963)
    Eva Fürst

    Der Mädchenflüsterer

     (33)
    Aktuelle Rezension von: KerstinTh

    Die Rechtsmedizinerin Maja Heuberger bekommt einen Sack voll menschlicher Knochen vorgesetzt. Es stellt sich heraus, dass es sich um Teile drei junger Frauen handelt. Bei allen fehlen Schädel und Handknochen. Die jungen Frauen, lagen schon einige Jahre vergraben im Wald. Wie sollen sie nur der Mörder finden? Und wer sind diese Frauen? Dann tauchen plötzlich Briefe mit Hilferufen auf. Bei Eltern von vor Jahren verschwundenen Töchtern. Ein DNA-Abgleich zeigt, dass es sich um die Waldmädchen handelt. Dann verschwindet eine weitere junge Frau.

     

    Dieser Krimi war etwas anders als andere. Im Mittelpunkt steht hier (eigentlich) eine Rechtsmedizinerin, Maja Heuberger, ihr polizeilicher Mitspieler ist Kriminaloberkommissar Andreas Melzer. Von Maja erfahren wir viel über die Leichen, wer sie sind, wie alt, was ihnen zugestoßen ist. Melzer und sein Team übernehmen die Ermittlungsarbeit. So weit so gut. Doch parallel zu diesen beiden ermittelt auch noch ein Freund von Maja, Peter Holzing. Über ihn weiß man, dass er Medizin studiert hat, was er heute macht, habe ich nicht erfahren. Mir war dieser Peter Holzing sehr unsympathisch. Sein Vater ist ein Serienkiller und Psychopath. An Peter scheint dies nicht vorbeigegangen zu sein, denn dieser war teilweise auch sehr merkwürdig drauf. Er spielt hier den Fallanalytiker und begibt sich selbstständig auf Tätersuche und nimmt so eigentlich den Hauptpart der Handlung ein. Er besitzt ein fotografisches Gedächtnis und kann sich in Psychopathen hineinversetzen. Das hilft ihm bei seiner Arbeit sehr. Mir persönlich hätte es besser gefallen, die Polizei hätte diesen Teil übernommen, denn Peter war mir durchweg unsympathisch. Maja blieb mir leider etwas fremd. Und Andres Melzer kam kaum zu Wort. Somit waren die Charaktere dieses Krimis nicht mein Fall.

    Die Handlung dieses Krimis war interessant und recht spannend. Auch wenn ich das Ende erahnen konnte, wird man recht lang in die Irre geführt. Etwas gestört hat mich, dass doch viele Dinge immer wieder wiederholt wurden. Das ist bei 400 Seiten nicht nötig.

    Bei „Der Mädchenflüsterer“ handelt es sich um den zweiten Band um die Rechtsmedizinerin Maja Heuberger. Es wird immer wieder auf den ersten Fall hingewiesen, aber mich hat es im aktuellen Fall nicht gestört, dass ich diesen nicht kannte – mir fehlten keinerlei Informationen.

     

    Da ich die Geschichte gut fand, es spannend war, mir die Charaktere aber fern blieben beziehungsweise unsympathisch waren, vergebe ich drei von fünf Sternen.
  16. Cover des Buches Eine Wiege (ISBN: 9783518424681)
  17. Zeige:
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