Bücher mit dem Tag "dbp 2016"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "dbp 2016" gekennzeichnet haben.

20 Bücher

  1. Cover des Buches Die Welt im Rücken (ISBN: 9783499272943)
    Thomas Melle

    Die Welt im Rücken

     (81)
    Aktuelle Rezension von: Faidit

    Die Berliner Zeitung schrieb in ihrer Rezension über dieses Buch, dass es u. a. zugleich "irre" komisch wäre. Ich konnte keine Komik in der Beschreibung des Lebens von Thomas Melle finden und der Autor empfand sicherlich auch nicht so während seiner Paranoia und Psychose in den manischen Phasen oder während den darauf folgenden Depressionen. Seine Manie kostete den Autor beinahe seine Existenz und die Depression über sein Verhalten in den manischen Phasen und dessen Folgen brachte ihn an den Abgrund der Lebensmüdigkeit.

    Die Beschreibung des Lebens vom Thomas Melle, seiner übersteigerten Sinneswahrnehmungen, Unruhezustände, sein Irren durch diese Welt und seiner tiefen Traurigkeit, ist für einen emphatischen Leser mitunter kaum erträglich, doch zum Verstehen der Krankheit unumgänglich. "In Wahrheit sind Irre meist Opfer, die sich im Leben nicht mehr zurechtfinden, hospitalisiert oder obdachlos werden, als verknotete Nervenbündel durch die Gegend wanken und vielleicht noch vergewaltigt oder ermordet werden, selbst jedoch eher selten vergewaltigen oder morden. Oder sie sind durchschnittliche, weder hoch- noch minderbegabte Menschen, die einfach krank sind und damit zu kämpfen haben. Es ist nicht alles 'Abgrund'. Die Leute gruseln sich einfach zu gerne", so der Autor treffend in diesem Buch, das er in Selbstreflexion mit einer schonungslosen Ehrlichkeit schrieb. Doch dieses Buch ist ebenfalls nicht gruselig. Es ist einfach nur erschütternd und unglaublich wertvoll für das Verstehen dieser psychischen Krankheit.. 

  2. Cover des Buches Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke (ISBN: 9783462001891)
    Joachim Meyerhoff

    Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke

     (210)
    Aktuelle Rezension von: _liesmich_

    Mein 2. Meyerhoff. Und wieder brauchte ich einige (viele) Seiten um in den detaillierten Schreibstil einzutauchen. Aber auch diesmal hat es sich gelohnt! Hier beschreibt er die Zeit in München, als er bei seinen Großeltern wohnte und zur Schauspielschule ging. Besonders witzig, die Sicht und das Empfinden der Schüler. Ich mag München, Großeltern und Schauspielschulen, besonders „meine“

  3. Cover des Buches Hool (ISBN: 9783746633954)
    Philipp Winkler

    Hool

     (137)
    Aktuelle Rezension von: Boris_Goroff

    Romanerzählung aus der Perspektive eines Hannover-Ultras. Die Hooliganszene in Deutschland wird beleuchtet. Für diese Fans ist Fußball nur noch Nebensache, es geht um Zusammenhalt, Saufen, Schlägern. Schonungslose Analyse der Szene.

  4. Cover des Buches Widerfahrnis (ISBN: 9783627002282)
    Bodo Kirchhoff

    Widerfahrnis

     (95)
    Aktuelle Rezension von: gst

    Reither hat sich auf seinen Altersruhesitz im Weißbachtal zurückgezogen. Seinen Verlag hat er verkauft, weil er feststellte, „dass es allmählich mehr Schreibende als Lesende gab“ (Seite 10). Noch hat er sich alte Gewohnheiten erhalten: er liebt nach wie vor Bücher, überlegt bei jedem Satz, ob er druckreif ist und spricht dem Rotwein zu. Als er ein Büchlein aus der hauseigenen Bibliothek mitnimmt, wird er von Leonie Palm, der Leiterin des Lesekreises, beobachtet. Da sie es geschrieben hat, wüsste sie gerne sein Urteil. Deshalb besucht sie ihn abends, um für den nächsten Tag einen Termin zu vereinbaren. Doch es kommt anders als gedacht. Zwischen den beiden entwickelt sich ein Gespräch, das sie noch in der Nacht zu einem Ausflug an den Achensee aufbrechen lässt. Der erhoffte Sonnenaufgang ist noch weit und zum Warten darauf ist es zu kalt, also geht die Fahrt weiter. Die beiden kommen sich zögernd näher und das späte Glück scheint zum Greifen nah zu sein.

    Ich habe die beiden gerne auf ihrer Reise über den Brenner und durch Italien begleitet. Ich spürte richtig, wie es nach und nach wärmer wurde und die kalten Tage im Gebirge in den Hintergrund rückten. Die im Alter der Protagonisten ungewohnte Spontanität lud mich zum Träumen ein. Vor allem in der zweiten Hälfte des Buches häuften sich die Überraschungen und ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

    Fazit: Kirchhoff ist ein begnadeter Erzähler.

  5. Cover des Buches Der Weg der Wünsche (ISBN: 9783499272592)
    Akos Doma

    Der Weg der Wünsche

     (10)
    Aktuelle Rezension von: Xirxe
    Und noch ein Flüchtlingsbuch, allerdings aus einer Zeit, in der Flüchtlinge aus dem Osten noch eher selten waren. Es ist 1980, Ungarn hat eine autoritäre kommunistische Regierung, die durch die Sowjetunion gesteuert wird, wobei im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten Polen, Tschechoslowakei usw. in vielen Bereichen eine gewisse Liberalität Einzug gehalten hat. Doch Ungarinnen und Ungarn, die sich weigern, Mitglied der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei zu werden und/oder nicht mit deren Meinung übereinstimmen, haben es schwer in ihrem Leben. Sie und ihre Familien müssen sich mit schlechten Wohnverhältnissen zufriedengeben, werden im Berufsleben benachteiligt und laufen Gefahr, überall drangsaliert zu werden. Teréz und Károly halten dies nicht mehr aus, vor allem Teréz will dieses Land, das sie trotz allem liebt, mit ihrem Mann und den beiden Kindern verlassen. Im Sommer ist es soweit: Offiziell brechen sie zum Plattensee auf, um dort Ferien zu machen. Doch ihre Fahrt geht weiter: nach Jugoslawien, um von dort die Grenze nach Italien zu überqueren und weiter nach Deutschland zu fahren.
    Für Jemanden, der sein Leben lang ein Heim hatte, ist es schwer nachvollziehbar, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein. Am Beispiel der Familie Kallay schildert Akos Doma überzeugend, welche Hoffnungen, aber auch wieviel Druck und und Angst dieser Exodus mit sich bringt. Die Freude auf ein Leben in Freiheit und ohne Bespitzelung; auf eine gerechte Behandlung ohne Furcht vor Wilkür. Aber auch die Last des untätigen Wartens auf die erlösenden Papiere; die zunehmende Besorgnis was werden soll, wenn die Papiere nicht kommen. Das Paar Kallay mag bemerkenswert naiv wirken in ihrem Glauben an das Gelingen ihrer Flucht, doch ihre jeweiligen Vergangenheiten, die als Erinnerungen oder Erzählungen immer wieder in die laufende Geschichte eingeschoben sind, machen klar, dass es keine Naivität ist, die sie so hoffnungsvoll sein lässt. Beide haben sich den Optimismus und die innere Überzeugung an das Gute im Menschen und im Leben bewahrt, sodass sie trotz ungeahnter Schwierigkeiten im gelobten Westen, weitermachen. Ungeachtet diverser Rückschläge und obwohl der Schluss des Buches das Ende der Reise offen lässt, bin ich mir sicher: Es wird gelingen; ihre Reise und ihr Ankommen in einem neuen Leben.
    Ein schönes Buch, doch ein bisschen wundert es mich schon, dass es auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2015 zu finden ist. Aber da habe ich mich ja schon ein paar Mal gewundert ;-)
  6. Cover des Buches Rauschzeit (ISBN: 9783596195305)
    Arnold Stadler

    Rauschzeit

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Aliknecht
    Alain nimmt 2004 an einer Tagung in Köln teil. Dort trifft er überraschend auf seine einstige Jugendliebe Babette. Sie sagt "Du bist grau geworden". Während dessen sieht  Mausi, mit der Alain seit 15 Jahren verheiratet ist, in Berlin erwartungsvoll einem Opern-Abend an der Seite eines blonden Dänen entgegen. Alain und Mausi blicken wechselweise auf ihr Leben zurück. Als sie noch jung waren, verbrachte die Freiburger Wohngemeinschaft 1983 mit Alain, Mausi, Elfi, Norbert, Justus, Inge, Toby und Babette einen unvergesslichen Sommer-Urlaub voller Aufbruchstimmung und Freiheit an der französischen Atlantikküste. Damals entfloh Babette mit Toby und brach Alain das Herz. 

    Norbert war bald darauf einer der frühen Aids-Toten und Justus und Inge entwickelten sich zu einem schwer erträglichen Spiesserpärchen. Während der Tagung erreicht sie die Nachricht vom Tod der trink- und männerfreudigen Photographin Elfi.

    Arnold Stadler entwickelt aus verschiedenen Perspektiven in seinen Dialogen, Gedanken, Träumereien und Rückblenden eine Sicht über das Leben, das nur von der Jugend aus gesehen lange währt. Einige sind bereits tot und auch Alain und Mausi haben schon die "vegetarische Zeit" ihrer Ehe erreicht.  

    Der Autor hat den Meßkircher Dialekt, der für einen Schriftsteller eigentlich ein schweres Handicap sein müsste, in einer an verschiedenen Studienorten purifizierten Form in eine scharfe Waffe verwandelt. Mit dem süddeutschen Knoten im Kopf gelingen ihm die wunderlichsten Formulierungen, wie man es in seinen früheren Büchern wie etwa "Ich war einmal" oder "Mein Hund, meine Sau mein Leben" lieben gelernt hat. Hier in Rauschzeit liest man beispielsweise den ersten Satz «Was ist Glück? Nachher weiß man es.» oder später «Dass die Liebe das Warten auf die Liebe war» oder dann  «Mein Leben war eine Vermeidungsstrategie, damit es glückte.» Wunderbare Sätze drehen sich im Kreis, kommen immer wieder, bleiben schließlich an der Seele des Lesers haften und machen nachdenklich. Ein wunderbares Buch. 
  7. Cover des Buches München (ISBN: 9783103972078)
    Ernst-Wilhelm Händler

    München

     (3)
    Aktuelle Rezension von: serendipity3012
    Sinnsuche in der High Society 

    Thaddea ist Anfang 30 und musste sich in ihrem Leben noch nie Gedanken über Geld machen. Es war und ist immer da, und sie pflegt einen entsprechenden Lebensstil. Sie besitzt zwei Häuser, von denen das eine, in dem sie auch erste Schritte als freie Therapeutin zu tun versucht, stets nur „die Struktur“ genannt wird (und das sie selbstverständlich nie selbst geputzt hat). Kata, Architektin und beste Freundin, hat das Haus, das nur Glaswände besitzt, entworfen. Zu Beginn von Ernst-Wilhelm Händlers neuem Roman „München“ allerdings erfährt Thaddea, dass ihr Freund Ben-Luca sie mit Kata betrogen hat. Thaddea beschließt, beide aus ihrem Leben zu verbannen.

    Allerdings waren Ben-Luca und Kata die einzigen Menschen, die Thaddea in ihrem Leben hatte, die ihr nahestanden. Andere Freunde gibt es nicht, und die Eltern kamen vor einigen Jahren ums Leben. Thaddea stürzt sich in die Events der Reichen und Schönen, besucht Ausstellungen und Partys. Und sie empfängt erste Klienten als Therapeutin. Allerdings hat sie wenig Erfolg, denn die, die sich angekündigt haben, kommen entweder gar nicht erst, oder es bleibt bei einem einzigen Besuch. Nachdem sie auf einer der Partys die Bekanntschaft eines Schriftstellers gemacht hat, beschließt sie außerdem, selbst einen Roman zu schreiben und fängt sogleich damit an. Mit dem Autor, Franz Rumpold heißt er, trifft sie sich weiter und führt Gespräche über Literatur und das Schreiben, will von den persönlichen Geschichten ihres Gegenübers aber lieber nicht zu viel wissen.

    Händler konzentriert sich in „München“ ganz auf seine Hauptfigur Thaddea und ihre Versuche, nach dem Betrug von Freund und Freundin nicht einzuknicken. Thaddea hat klare Vorstellungen davon, wie man sich zu benehmen hat. Die Fassade muss aufrecht bleiben, Schwäche wird nicht gezeigt. Sie muss Haltung bewahren, vor allem vor sich selbst. Thaddea hat durch einen – selbstverschuldeten – Unfall in ihrer Kindheit eine Behinderung zurückbehalten und humpelt, wenn sie vergisst, auf ihren Gang zu achten. Es ist ihr enorm wichtig, dass niemand von ihrem Handicap erfährt. In den Szenen mit ihren Klienten wird außerdem deutlich, dass sie sich für andere und ihre Probleme eigentlich nicht interessiert. Da aber auch die Klienten nicht wirklich Hilfe von Thaddea zu erwarten scheinen, sondern offenbar nur vor jemandem ihre Probleme ausbreiten möchten, fällt das nicht weiter auf. Die Gespräche, die sie mit ihnen führt, laufen so ins Leere.

    „München“ wird mit „Gesellschaftsroman“ untertitelt, allerdings ist es eine ganz bestimmte Gesellschaft, die hier näher beleuchtet wird, eine, der nur die wenigsten angehören. Es ist eine seltsame Welt, in der man am liebsten unter sich bleibt. Thaddea zum Beispiel habe nichts gegen „Aufsteiger“, ist zu lesen, es sei aber anstrengend, immer auf ihren wunden Punkt aufpassen zu müssen.

    Die Szenen, die in dieser Gesellschaft spielen, lesen sich oft trocken, ziehen sich, als Leser bleibt man ein Stück weit außen vor, wenn zum Beispiel lange Szenen in der Kunstwelt zu lesen sind, ein aufwendiger Kunstparcours beschrieben wird, dem beim Lesen nicht recht beizukommen ist. Immer wieder einmal blitzt aber auch ein feiner Humor durch, wenn Händler seinen Lesern zeigt, wie absurd diese Welt und ihre Regeln teilweise sind. Auch die Sprache zeigt manchmal Absurditäten, dann ganz auf Thaddea gemünzt: Ab und zu verwendet sie eine seltsame Jugendsprache, wenn etwas „très cool“ ist, oder auch einfach „untoll“. Vielleicht ist Thaddea nicht so erwachsen, wie sie gern sein will.

    Alles in diesem Roman wirkt ein wenig steril, auch immer etwas schwer zu fassen. Thaddea ist nicht unbedingt eine Sympathieträgerin, immerhin gelingt es dem Autor aber gut, ihre Zerrissenheit darzustellen. Trotzdem lässt die Geschichte am Ende ein wenig ratlos zurück. Das gezeichnete Bild der höheren Münchner Gesellschaft überzeugt durchaus, gerade die Passagen, die diese Welt abbilden, haben aber ihre Längen, erschließen sich nicht immer leicht. Händlers Roman „München“ stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreis 2016.

  8. Cover des Buches Die Verteidigung des Paradieses (ISBN: 9783596030477)
    Thomas von Steinaecker

    Die Verteidigung des Paradieses

     (28)
    Aktuelle Rezension von: dunkelbuch

    durch nicht näher genannte Sonnenstürme, haben sich einige Überlebende auf einer Almhütte zusammengerauft. Sehr unterschiedliche Charaktere wie Cornelius, der Ex-Chef eines Großunternehmens, Anne, die ehemalige nun immer mehr demente Krankenschwester, das Pärchen Chang und Özlem und Heinz. Der ist fünfzehn Jahre alt und hat eine seltene Gabe: Er kann Literatur zitieren, die er bewusst nie gelesen hat. Sein Begleiter ist ein High-Tech-Spielzeug in Form eines Fenneks. Zum Geburtstag bekommt er Schreibhefte und Stifte geschenkt und wird damit zum Chronisten der kleinen Gruppe. Diese muss die Alm verlassen, da die Tiere, von denen die Menschen leben, sterben.  Man packt die Sachen und ein Marsch durch das verseuchte, heiße Deutschland beginnt. Ziel ist ein Lager in Frankreich, von dem sich alle die Rettung erwarten. 


    Ich kann dieses Buch empfehlen. Keine ganz leichte Kost, aber ein Buch, das man nicht vergißt!

  9. Cover des Buches Drehtür (ISBN: 9783596298891)
    Katja Lange-Müller

    Drehtür

     (28)
    Aktuelle Rezension von: HansDurrer

    Geht es um Fragen der Seele, des Gemüts und der Haltung, fühle ich mich bei Romanen (das schliesst Krimis mit ein) meist besser aufgehoben als bei Sachbüchern von einschlägig Diplomierten. Und Katja Lange-Müllers Drehtür zeigt höchst überzeugend auf, warum dem so ist. Selten habe ich intelligenter, reflektierter, pointierter und witziger über das Helfen gelesen.

    "Das Bedürfnis, dem Artgenossen beizustehen, das wir mit vielen Tieren teilen, selbst so niederen und unsympathischen wie Wespen oder Ameisen, nannten und nennen neunmalkluge Schwachköpfe Helfersyndrom, als sei das eine multiple, entsprechend komplizierte Krankheit, eine Psycho-Seuche, die nur Exemplare unserer Gattung befällt. Warum zum Henker soll es krank sein, den Menschen gesund sehen zu wollen – oder tot, falls Heilung nicht möglich ist? Und was würde aus der Welt, wenn alle auf dem Gebiet der Medizin Tätigen plötzlich kuriert wären von diesem angeblichen Helfersyndrom, wenn sie es unwiederbringlich verloren hätten?! Katastrophaleres als jede Katastrophe spielte sich ab in den Städten und Dörfern, den Wäldern, Steppen, Wüsten sämtlicher Länder unseres verkommenen Planeten."

    Ich will hier nicht die Handlung dieses Buches umreissen, ich will hier nur auf einige Aspekte aufmerksam machen, die meines Erachtens die Lektüre nicht nur lohnen, sondern zu einem intellektuellen Genuss höchster Güte machen. Da ist zunächst einmal die sprachliche Genauigkeit, denn die Autorin macht sich Gedanken über Dinge, die den meisten (ich schliesse mich ein) wohl gar nie auffallen.

    " ... Gesundheit, vollkommene, gänzlich beschwerdefreie Gesundheit, die gibt es nicht, schon gar nicht im Gesundheitswesen.
    Gesundheitswesen, wieder so ein blödsinniger Begriff! Was, zum Henker, soll das sein, ein Gesundheitswesen? Lebewesen, ja, die kennen wir. Aber Gesundheitswesen. Wie habe ich mir die vorzustellen?!"

    "Krankenschwester, das Wort rührt von den ersten Krankenschwestern her, die ja generell Nonnen, also Ordensschwestern, gewesen waren, und es tönt, als wären sie alle, als wären wir Krankenschwestern alle, zumindest solange wir unseren Beruf ausüben – wieder so ein dämliches Wort – , blutsverwandt mit allen Kranken, die es auf Erden gab, gibt und geben wird. Doch zu den Pflegern sagt niemand Krankenbrüder, obwohl deren Stammes- oder Standesväter ebenfalls dem einen oder anderen katholischen Orden dienten und bis heute dienen ..."

    An der Frankfurter Buchmesse wird die Autorin und Krankenschwester Tamara mit Indern bekannt  und in der Folge nach Kalkutta eingeladen, wo sie vor Frauen, auf die Anschläge mit Kochbenzin verübt worden sind, lesen soll. Die Schilderung der Reise und ihrer Ankunft am Flughafen Dum Dum gehört mit zum Lustigsten, was ich je übers Reisen gelesen habe.

    "Nach etwa zwei Stunden Fahrt im Schritttempo zwischen ununterbrochen, aber völlig sinnlos hupenden Autos, vorbei an Kühen und Schafen, windschiefen Hütten, diverse Dinge über dem Kopf balancierenden Fussgängern und auf dem Trottoir sitzenden oder gar liegenden Frauen, Männern, Kindern, näherten wir uns wohl der eigentlichen Stadt, denn am Horizont, hinter einem breiten Gürtel von Leuchtschriften, Werbeplakaten, Modegeschäften, Supermärkten, Garküchen, Bretterbuden und Warenstapeln links und rechts der Strasse, ragten hohe, steinerne Gebäude aus dem Dunst ...".

    Drehtür erzählt ganz unterschiedliche Geschichten, die unter anderem in Nicaragua, Tunesien, New York und München spielen. Was sie verbindet sind die verschiedenen Arten und Facetten des Helfens mit all seinen Risiken – sei es im Dienste von internationalen Hilfsorganisationen oder beim Füttern von Katzen am Urlaubsort.

    Das Bedürfnis zu helfen ist womöglich angeboren, wirklich helfen zu können aber eben nichts für "gutwillige, aber realitätsfremde Dilettanten", die Gefahr laufen, ob des schrillen Geschreis traumatisierter Kleinkinder oder des Wahnsinns in den Gesichtern von Gefolterten, selber traumatisiert oder wahnsinnig zu werden.

    Drehtür ist weit mehr als gute Literatur, es ist ein überaus cleveres und hilfreiches Buch.

  10. Cover des Buches Weit über das Land (ISBN: 9783596521746)
    Peter Stamm

    Weit über das Land

     (81)
    Aktuelle Rezension von: Bemyberlinbaby

    Alles ist wie immer, als die Familie aus dem Urlaub zurückkehrt. Der Abend vergeht ruhig, Astrid und Thomas sitzen mit einem Glas Wein und der alten Zeitung vor dem Haus und genießen die Stille. Als Astrid ins Haus geht, um nach dem Sohn zu sehen, beschließt Thomas aufzubrechen. Er geht zum Tor hinaus und immer weiter über die Felder und durch den Wald. Wie er zu diesem Entschluss kam, weis er selbst nicht, er weis nur, dass er nicht entdeckt werden will und immer weitergehen muss. Astrid bemerkt seine Abwesenheit erst am nächsten Morgen und beginnt sich Sorgen zu machen, da er nicht in der Arbeit angekommen ist. Nachdem sie die Leugnung aufgibt, beginnt sie mit polizeilicher Unterstützung nach ihm zu suchen. 

    Auch wenn mir die Handlung zuerst etwas abwegig erschien, musste ich doch feststellen, dass den Gedanken, einfach loszulaufen und allem den Rücken zu kehren wohl jeder kennt. Diese befreiende Vorstellung liegt der Geschichte ebenso inne wie die Verwirrung und der Schmerz der zurückgelassenen. Für mich ein absolutes Jahreshighlight

  11. Cover des Buches Weshalb die Herren Seesterne tragen (ISBN: 9783957573230)
    Anna Weidenholzer

    Weshalb die Herren Seesterne tragen

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Xirxe
    Der Titel dieses schmalen Büchleins fiel mir gleich ins Auge: Ja weshalb tragen denn die Herren Seesterne? Wenn es dazu noch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises steht, dann muss sich die Lektüre doch lohnen, oder ;-) ?
    Um es kurz zu machen: eher nicht. Die Hauptfigur ist Karl, ein pensionierter Lehrer, der im Gegensatz zu seiner Ehefrau Margit nicht so recht etwas mit sich anzufangen weiß. Er möchte die Welt verstehen, die Menschen, "... woher diese Unzufriedenheit kommt, diese Angst, die manche in die falsche Richtung treibt." Auf der Grundlage des Fragebogens zum bhutanischen Bruttonationalglück will er seine eigene Befragung starten und fährt los, ohne Margit zu informieren. In einem kleinen Dorf quartiert er sich in einem Gasthof ein und versucht, sein Projekt umzusetzen. Doch es geht nur stockend voran...
    Der Aufbau der Geschichte ist anders als meine Zusammenfassung es hier vermutlich suggeriert. Es wird konsequent Alles aus Karls Sicht berichtet und zwar nicht chronologisch, sondern mit Sprüngen in diverse Vergangenheiten. Zu Beginn ist Karl bereits wieder auf der Rückreise, auf der er sich das Geschehene nochmals durch den Kopf gehen lässt. Dabei springt er in seinen Erinnerungen auch in Zeiten davor, sodass man Margit und ihren Sohn Helmut kennenlernt (ohne ihnen im Buch als realistische Figuren zu begegnen), seine Nachbarn daheim, aber auch eine Jugendliebe.
    Eine richtige Geschichte ist es eher nicht, denn der Aufenthalt im Dorf plätschert so dahin und die weiteren Erinnerungen sind eher Stückwerk. Auf mich wirkte es wie die Darstellung eines furchtsamen Mannes, der versucht zu erfahren, wie man glücklich, besser: zufrieden leben kann. Denn auch wenn er seine Frau Margit offensichtlich liebt, machte er auf mich während der ganzen Lektüre weder einen glücklichen noch zufriedenen Eindruck. Zwar ist es deutlich, dass sie die Dominante in der Ehe ist, es wird aber nie explizit dargestellt und Karl scheint nicht darunter zu leiden (oder wenn, dann nur still und leise). Vielmehr hatte ich das Gefühl, als hätte er stets Angst, seine Frau zu verärgern oder zu verlieren, ohne dass es dafür einen konkreten Hinweis gibt.
    Die Autorin versteht es durchaus, eine Atmosphäre aufzubauen und schöne Sätze zu schreiben ("Ich möchte in einer Gesellschaft leben, die so gut ist, dass keine Hoffnungen auf ein Leben nach dem Tod aufgespart werden müssen."), doch sie alleine machen ein Buch noch nicht lesenswert. Es fehlt einfach eine Geschichte, ein Ansatz, an dem sich die eigene Phantasie entlanghangeln könnte. Karl, sein Umfeld und auch sein Projekt bleiben derart farblos, dass ich vermute, dass ich Alles beim nächsten Buch schon wieder vergessen haben werde.
    Und weshalb tragen die Herren nun Seesterne? Hm, tja, ich befürchte, ich weiß es schon nicht mehr so genau. War auch nicht so wichtig.
  12. Cover des Buches Das Pfingstwunder (ISBN: 9783518468418)
    Sibylle Lewitscharoff

    Das Pfingstwunder

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Aliknecht
    Sibylle Lewitscharoff spricht in Interviews  spontan und offen und wirkt deshalb sympathisch. Zudem erschien die Idee zu ihrem letzten Roman attraktiv. Im "Pfingstwunder" treffen sich Wissenschaftler aus aller Welt auf einem Kongress über die Göttliche Komödie in Rom. Die führenden Dante-Experten konferieren im Saal der Malteser auf dem Aventin. Sie interpretieren und diskutieren die Divina Commedia und geniessen in den Kaffee-Pausen den einzigartigen Blick über Rom. Sibylle Lewitscharoff hat sich tief in den Stoff eingearbeitet. Sie kennt die lange Übersetzungs- und Interpretationstradition und der Leser erfährt darüber so manches. Dann läuft die Geschichte auf einen merkwürdigen Höhepunkt zu: ein neues Pfingstwunder bricht über die Tagungsteilnehmer herein. "Ein sonderbar tiefer Ton mit pulsierendem Rand" lässt sie verstummen. Es war ungeheuerlich. Einer nach dem anderen klettern sie auf die Fensterbretter und fliegen davon. Nur ein einziger Frankfurter Romanist bleibt zurück. Ohne ihn hätten wir  von dem Vorfall nie erfahren, denn er erstattet beim Verhör auf der Questura Bericht und verfasst die vorliegenden Conference Proceedings. 

    Das Pfingstwunder ist ein enttäuschendes Buch. Man hätte doch viele Aspekte aus dem echten Leben verwenden können. Ein Tagungsverlauf mit alten Platzhirschen, die versuchen die Newcomer niederzuhalten, Streit um die Reihenfolge von Vorträgen, Kampf verschiedener Schulen um Interpretationshoheit, Modethemen, die bald wieder verschwinden, wenige erstaunliche Koryphäen, breites solides Mittelmaß und ein paar völlig Unterbelichtete, persönliche Animositäten, seit Jahren immer gleich wiederholte Vorträge, ein paar Highlights, kumpelhafte US-Amerikaner, in unverständlichem Englisch radebrechende Spanier, die überdies ihren heiligen Landestraditionen folgend immer eine halbe Stunde zu spät kommen und Chinesen, die hauptsächlich für Kollegen, die nicht mitreisen durften, entschädigende Souvenirs beschaffen müssen, elegante Italiener und Deutsche in Trainingshosen.  

    Bei Sibylle Lewitscharoff ist jeder Vortrag gut, jede Präsentation wird beklatscht und gelobt, es gibt nahezu keine Kontroversen, kaum Eitelkeiten und wenig nationale Eigenheiten. Es ist eher wie in der Epoche Himmel, Hölle, Fegefeuer an einer Waldorfschule. Solche Konferenzen gibt es nicht. Tagungsteilnehmer fliegen auch nicht durch Fenster davon, sondern fliegen in der Regel mit ihren nationalen Airlines zurück nach Hause. Man sollte einen Roman nicht wegen mangelnder Realitätsbezüge kritisieren. Aber warum muss Fiktion langweiliger als Realität sein? Märchenhafte Züge können manchmal bezaubern, aber hier verstehe wer will, was das soll mit dieser wunderbaren Himmelfahrt und einem Aderlass auf Expertenebene. 

    Ausgabe: Sibylle Lewitscharoff Das Pfingstwunder Suhrkamp Berlin 2016 Erstausgabe (gelesen im Dezember 2016)
  13. Cover des Buches Ein langes Jahr (ISBN: 9783990270806)
    Eva Schmidt

    Ein langes Jahr

     (12)
    Aktuelle Rezension von: Estrelas
    In 38 Episoden erzählt die Autorin vom Leben an einem Ort am See, der sich Kennern als Bregenz am Bodensee offenbart. Nach und nach ergeben sich Verbindungen zwischen den einzelnen Geschichten. Mal geht es um die Sorgen der Protagonisten, mal um Beobachtungen des Alltags, z.B. den Blick aus dem Fenster zu den Nachbarn hinüber, und Hunde spielen eine besondere Rolle. Das Gewöhnliche, teilweise Banale, unaufgeregt wiederzugeben, ist Eva Schmidt ganz wunderbar gelungen. Einzig störend dabei ist, dass die gesprochene Rede nicht gekennzeichnet wird. Durch das Verweben der Leben entsteht ein Roman - wenn auch ein ungewöhnlicher, ein ungewöhnlich schöner.
  14. Cover des Buches Fremde Seele, dunkler Wald (ISBN: 9783596033638)
    Reinhard Kaiser-Mühlecker

    Fremde Seele, dunkler Wald

     (26)
    Aktuelle Rezension von: Xirxe
    Zwei Brüder aus einem kleinen Dorf, der ältere hat es bereits vor einigen Jahren hinter sich gelassen, während der halb so alte 15jährige praktisch im Alleingang den Hof bewirtschaftet. Der Vater ist ständig unterwegs auf der Suche nach neuen lukrativen Geschäften, um seine Geldsorgen zu beenden. Stattdessen verkleinert sich der Hof jedoch nach jedem neuen Versuch, Hektar um Hektar. Und Jakob, dem Jüngeren, bleibt nichts Anderes, als zuzuschauen.
    Es ist ein ungemein trostloses Buch, das dem Landleben nichts Positives abgewinnt, zumindest was das Zwischenmenschliche anbelangt. Was die Menschen dort leisten müssen, ist harte Arbeit, die immer schlechter entlohnt wird. Höfe werden verkleinert, verkauft, Landwirte müssen aufgeben, das Leben scheint perspektivlos. Miteinander reden ist den Menschen dort nicht gegeben; wenn man redet, dann eher übereinander, ansonsten schweigt man sich an. Es gibt kein Gemeinschaftsgefühl füreinander, weder bei den Brüdern noch bei den anderen Personen in diesem Buch. Trotz Ehe und Freundschaften sind die Menschen einsam, eine gewisse Zusammengehörigkeit gibt es nur in einer außerkirchlichen Gruppe. Alexander und Jakob brauchen eine geraume Zeit, bis sie erkennen was ihnen fehlt und sie die Eigeninitiative ergreifen. Doch für Andere gibt es keine Rettung mehr.
    Alexander gelingt es durch den Besuch einer weiterführenden Schule (worum er sich selbst kümmern musste) dieser Einsamkeit zu entfliehen und landet nach einigen Umwegen bei der Bundeswehr. Und Jakob tritt fast exakt in die Fußspuren seines großen Bruders, ohne sich dessen jedoch bewusst zu sein, sodass zumindest zum Ende hin sich für beide so etwas wie ein Lichtblick zeigt.
    Doch warum sollte man so etwas lesen, was einem vermutlich keine allzu guten Gefühle bereitet, eher im Gegenteil? Weil Reinhard Kaiser-Mühlecker eine wunderbare Sprache sein Eigen nennt. Es sind weniger einzelne Sätze, die herausragen, sodass sie das Zitieren wert sind, sondern die Beschreibungen der Gefühle und Gedanken seiner Protagonisten, die so echt sind, dass ich mir sicher bin, manche davon sehr gut zu kennen ;-) Wie Jakob in bestimmten Situationen ein unbändiger Zorn packt, den er jedoch nicht artikulieren kann und will. Wie Mutmaßungen und Interpretationen über andere Menschen angestellt werden, die durch ein Gespräch einfach klargestellt werden könnten. Wie Vermutungen fast Menschen zerstören, ohne dass diese sich wehren können. Es sind Situationen, die vermutlich jede/r kennt und wo ich mich immer wieder dabei erwischte, dass ich vor mich hinmurmelte: 'Jetzt redet doch miteinander!' Eine Aufforderung, die auch im wirklichen Leben beherzigt werden sollte :-)
  15. Cover des Buches Die Erziehung des Mannes (ISBN: 9783596195268)
    Michael Kumpfmüller

    Die Erziehung des Mannes

     (14)
    Aktuelle Rezension von: das_lesewesen

    ´Es ist die Geschichte des Komponisten Georg, die #michaelkumpfmüller in seinem Roman „Die Erziehung des Mannes“ erzählt. Der Titel macht schon deutlich, es geht um die verworrene Lage des männlichen Geschlechts im Hier und Jetzt. Kumpfmüller erzählt brillant, mit narrativen Vor- und Rückgriffen von Georgs Leben, vor allem das mit den Frauen. Da sind Therese, Katrin, Jule und Sonja. Frauen, die Georg zeigen, wo es langgeht, und er geht mit. Geräuschlos, ohne Widerstand, ohne Aufbäumen, er erduldet. Alles. Wer ist dieser Georg? Er erwacht nach der Scheidung von Jule, mit der er inzwischen drei Kinder hat. Es folgt: Dauerkrieg. Ein juristisches und menschliches Gemetzel. Und dann ist da auch noch Georgs Kindheit, geprägt durch den autoritären Vater.


    Kumpfmüller zeichnet eine Vielzahl an inneren Konflikten. Keiner davon an den Haaren herbeigezogen. Im Gegenteil. Georg wirkt wie ein glaubwürdiger Stellvertreter seines Geschlechts. Der weder Macho noch Patriarch ist. Stattdessen einfühlsam, besorgt, aufopfernd. Der vor der Frage steht: Wie viel Testosteron ist denn gewünscht? Zu wenig? Dann bin ich ein Weichei. Zu viel? Dann bin ich ein sexistischer Macho.


    Der Roman verallgemeinert nicht, er bleibt im Detail. Es ist die Geschichte von Georg. Nicht der Männer allgemein. Es ist die federnde Sprache, die unangestrengten Konstruktionen, die unverblendete, nie kalte Sicht auf die Figuren, die dieses Buch so besonders macht. [Unbezahlte Werbung]


    Schaut doch gerne mal auf unserem Instagram-Blog vorbei 😊

    https://www.instagram.com/das_lese_wesen/

    Liebe Grüße,

    das_lese_wesen


  16. Cover des Buches Apollokalypse (ISBN: 9783492311861)
    Gerhard Falkner

    Apollokalypse

     (10)
    Aktuelle Rezension von: Estrelas

    „Apollokalypse“ skizziert das Leben des  Protagonisten Georg Autenrieth im Berlin der 80er und 90er Jahre.

    Der Roman ist sprachgewaltig inszeniert, doch leider bleibt von der Handlung nicht viel hängen, außer dass es ständig um Sex oder Fäkalien geht. Ersteres reicht mir alleine dann doch nicht aus, um ein Werk genießen zu können, oder, um es aus dem Buch zu zitieren, ist man „‚als Leser fortwährend auf der Suche nach einem Zusammenhang‘, und es könne ja nicht Sinn eines Romans sein, ‚sich bis zu seinem Ende abzukaspern, einen solchen Zusammenhang zu entdecken.‘ ... Man hat sich im Leben wirklich mit Wichtigerem abzukaspern.“

  17. Cover des Buches Skizze eines Sommers (ISBN: 9783499270840)
    André Kubiczek

    Skizze eines Sommers

     (34)
    Aktuelle Rezension von: Xirxe
    Was für ein schön zu lesendes Buch! Locker-leicht-melancholisch vermittelt es ein Lebensgefühl, wie man es nur in einem Sommer mit 16 haben kann - ok, vielleicht auch noch mit 17 oder 18 ;-)
    Sommer 1985 in Potsdam, René ist gerade 16 geworden und vor ihm liegen zwei Monate ohne Schule, ohne Erwachsene und mit überraschenderweise viel Geld. Lässig-schnoddrig und auch wundervoll selbstironisch erzählt er von dieser Zeit, dem Abhängen mit seinen Freunden, seinen Erfahrungen mit Mädchen und überhaupt diesem Leben, in dem es nichts Wichtigeres zu geben scheint als Bücher, Musik, Klamotten - nicht zu vergessen der Weltfrieden. Ich las die meiste Zeit mit einem Grinsen im Gesicht, zum Einen weil der Text an sich sehr humorvoll ist ('Es herrschte bei uns ja ständig ein Überfluss an irgendwelchem Mangel'), zum Andern weil mir Vieles sehr bekannt erschien, auch wenn ich meine Jugend nicht in der DDR verbrachte (beispielsweise das Zusammenstellen von Mixtapes). "Hach! - diesen Ausruf hat man beim Lesen von André Kubiczeks «Skizze eines Sommers» ziemlich oft im Kopf." - so schrieb der Stern und ich kann dem nur zustimmen. Insbesondere auch bei der Erwähnung von Musik. Viele, schon lange nicht mehr gehörte Gruppen kehrten wieder ins Bewusstsein zurück, die ich mir endlich mal wieder zu Gemüte führen werde ;-) (The Cure, Grandmaster Flash...). Überrascht bin ich, wieviele Gemeinsamkeiten es offensichtlich damals zwischen der Ost- und West-Jugend gab, nur in wenigen Situationen schienen wirklich deutliche Unterschiede zu herrschen (beispielsweise bei der Literaturbeschaffung).
    Auch wenn das Buch mehr als leichte Unterhaltung daherkommt, sind doch immer wieder schöne, tiefergehende Passagen zu finden. Beispielsweise die Lobeshymne auf ein Gedicht: 'Es war wie ein Wunder, jemanden zu treffen, der genau wusste, was man selber gern gesagt hätte. Und der es für einen in Worte kleiden konnte, die schön klangen und in einem Buch geborgen waren, das so edel wirkte wie ein Schatzkiste.' So oder so ähnlich ging es mir auch mit diesem Buch :-)
  18. Cover des Buches Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch (ISBN: 9783857877995)
  19. Cover des Buches Am Rand (ISBN: 9783442716227)
    Hans Platzgumer

    Am Rand

     (38)
    Aktuelle Rezension von: CocuriRuby

    Das Buch ist im Ich-Erzähler geschrieben und im Prinzip wie ein langer Brief über sein Leben, indem sich der Protagonist gelegentlich auch direkt an dem Leser richtet.


    Ich fand den Stil sowohl angenehm zu lesen, als auch besonders – es fanden sich ein paar sehr schöne Sätze darin, die regelrecht nachklingen.


    Ich muss sagen, dass ich den Anfang, als er über seine Kindheit und den ersten Toten den er gesehen hat berichtet, ich das noch nicht so mitreißend fand. Das änderte sich dann jedoch recht schnell.


    Wie gesagt berichtet er von seinem Leben, von den Menschen darin und von seinen Toten.

    Es war wirklich großartig, wie Personen und dessen Wesen beschrieben wurden.

    Die Distanz zu seiner Mutter, die selbstgefällige Härte seiner Großvaters, die Liebe zur sich immer im unsteten Fluss befindenen Elena, der Trägheit verachtene Guido.

    Auch zu sehen, wie deren Leben verlaufen und sich die Beziehung zu dem Protagonisten entwickelt, fand ich sehr interessant.


    Ich war tatsächlich überrascht, wie viel Raum für den Wunsch nach Schreiben eingeräumt wurde – sich der Kunst des Schreibens zu widmen, was jedoch immer brotlos blieb.


    Es wird ein Leben beschrieben und ist trotz den ganzen Schicksalen und Tragödien, weder anklagend, noch rechtfertigend. Das fand ich ziemlich beeindruckend.


    Das Thema Moral – also ob der Protagonist nicht nur aus technischer Sicht ein Mörder ist, sondern auch aus moralischer – das schwang in der Tat mit, nahm aber doch nicht so viel Raum ein wie ich erwartet hatte.


    Viel mehr verfolgte man den Moment des Entkoppelt sein – den Moment, wenn die Menschlichkeit aussetzt und eine andere Seite übernimmt, um zu funktionieren.

    Das fand ich wirklich sehr spannend.


    Fazit

    Auch wenn es nicht exakt das war, was ich erwartet hatte, hat es mich positiv überrascht und ich empfand es als sehr mitreißend und irgendwie ergreifend.

  20. Cover des Buches Die Witwen (ISBN: 9783990270882)
    Dagmar Leupold

    Die Witwen

     (15)
    Aktuelle Rezension von: 0815-2

    Dass drei Frauen ihrer Freundin von Berlin in die Provinz folgen, um sich nah zu sein, ist mir ein bisschen zu viel Kontruktion und zu wenig Realismus. Und dann tröpfelt die Handlung vor sich, ohne dass sich viel tut. Der Roman ist eher eine mühsame Angelegenheit...

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