Bücher mit dem Tag "dekonstruktivismus"
5 Bücher
- Elfriede Jelinek
Die Klavierspielerin
(234)Aktuelle Rezension von: CatastrophiaDie mittdreißigjährige Klavierlehrerin Erika Kohut sollte eigentlich ein anderes Leben haben: Akribisch hatte ihre Mutter das Leben ihrer Tochter bis zur gefeierten Konzertpianistin vorgeplant. Nun erhofft sie sich, mithilfe des Einkommens ihrer Tochter bald die erwünschte gemeinsame Eigentumswohnung zu kaufen. Ihre Tochter Erika hält sie von allen Einflüssen fern, die schädlich sein könnten, seien es Männer, Freundschaften, auch nur irgendeine Situation, in der sich Erika selbstständig machen könnte. Denn die Mutter wacht eifersüchtig über ihren Besitz, der ihr nun zu entgleiten droht. Erika, die durch diese schädliche Beziehung - sie und ihre Mutter schlafen noch gemeinsam in einem Bett - nie eine eigene Form der Sexualität oder Selbstbestimmung entwickeln konnte, vertreibt sich die Zeit mit Voyeurismus, belauscht heimlich Paare beim Sex im Wiener Stadtpark und ist völlig überfordert, als ihr jüngerer Schüler versucht, sie zu verführen. Sie findet bei der Annäherung zu ihm das Maß nicht, ist entweder bösartig und abweisend oder verlangt von ihm, sie stundenlang zu quälen - freilich nur in der Fantasie und nicht in der Realität, denn dort erhofft sie sich umfassende Liebesgeständnisse, die er wiederum nicht bereit ist zu geben.
Man merkt dem Buch und seiner Sprache das Alter an. Ich hatte es einmal weggelegt und jetzt, nach ein paar Monaten Pause, zu Ende gelesen. Mich erschlägt die teilweise schwer verständliche Sprache trotz ihrer Kunstfertigkeit und gerade die sehr verallgemeinernden bis rassistischen Beschreibungen sogenannter Gastarbeiter empfand ich als problematisch. Ich verstehe, dass es zur Zeit seines Erscheinens - insbesondere wegen der expliziten Schilderungen sadomasochistischer Sexualität, noch dazu durch eine weibliche Autorin - ein wichtiges Werk war und in diesem historischen Kontext immer noch ist. Gerade die Darstellung sadomasochistischer Neigungen ist aber aus heutiger Sicht aufgrund der vorgenommenen Pathologisierung sehr schwierig. Es gibt zwar viele Menschen, die BDSM aufgrund individueller Erlebnisse als Mechanismus nutzen, das ist aber keine zwingende Kausalität. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist mitunter schwer zu verdauen und führte bei mir zu Fremdscham bis Abscheu. Vermutlich sollte man dieses Buch gelesen haben, weil es trotz der Kritikpunkte sehr eindrücklich eine toxische Mutter-Kind-Beziehung schildert und diesem mit scharfem Blick begleitet, und weil die Sprache tatsächlich sehr bildhaft und außergewöhnlich ist. Mich hat aber beides in diesem Fall teilweise abgestoßen.
- Ingeborg Bachmann
Malina
(117)Aktuelle Rezension von: Villa_malLitEine namenlose Ich-Erzählerin, welche als Schriftstellerin arbeitet, wohnt mit ihrem Mitbewohner Malina in der Ungargasse in Wien. Ihre Liebe gilt aber dem Ungarn Ivan, der Vater zweier Jungs, doch auch ohne Malina kann sie nicht leben.
Was zunächst nach einer Liebesgeschichte aussieht, verwandelt sich in eine Tragödie voller Albträume. Der Roman ist in drei Teile aufgeteilt: Im ersten geht es hauptsächlich um die Entwicklung mit Ivan, im zweiten verarbeitet die Schriftstellerin die Shoa und im letzten Teil ereilt sie ihr Schicksal.
Ich empfand den ersten Teil zunächst sehr träge, obwohl es mich auch irgendwie angezogen hat.
Nachdem ich mich über dieses Werk und über Ingeborg Bachmann genauer informiert hatte, war es um mich geschehen. Dieses Werk, welches laut Bachmann zwar keine Autobiografie ist, aber autobiografisch, bringt die Zerrissenheit und den Schmerz einer Depression und Abhängigkeit unglaublich genial zum Ausdruck. Wenn man sich auf das Werk einlassen kann, spürt man dies auch beim Lesen in jeder Zeile.
Dieser Roman ist definitiv kein Buch für leichte und angenehme Stunden. Mich hat es vor allem ab dem zweiten Teil auf faszinierende Art und Weise zerrissen. Das Ende macht einen in Anbetracht des Todes der Autorin sprachlos.Es ist wirklich schwer diesem Werk mit Worten gerecht zu werden.