Bücher mit dem Tag "deutsche kolonialgeschichte"

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7 Bücher

  1. Cover des Buches Meine Farm in Afrika (ISBN: 9783492308861)
    Kerstin Decker

    Meine Farm in Afrika

     (13)
    Aktuelle Rezension von: Zmei

    Es ist kein  Roman im belletristischen Sinne, denn für die Geschehnisse zwischen 1882 und 1905 gibt es einen umfangreichen Quellennachweis am Ende des Buches. Und doch ist es kein Werk, das im Stil einer Dokufilmsendung rein informativ und trocken den Stoff vor den Augen der Leser ausbreitet. Ganz im Gegenteil. Es gibt genug Raum für Eigeninterpretationen, philosophischen Überlegungen, Ironie und Humor, der gekonnt wie gewitzt genutzt wird. Fakten bilden eine solide Basis dieses opulenten, im Sinne gehaltvoll an wertvollen Gedanken, Werkes. Eigene Nachempfindungen von der Autorin Kerstin Decker hauchen erst das Leben in jene historische Ereignisse und Figuren ein des XIX Jh., die ihr Buch uns bietet.

    Ein Vielfalt an Themen taucht in dem Buch: Freundschaft, Liebe, Familie, Suche nach persönlichem Gluck, der Mensch und sein Platz in dieser Welt, aber auch Eroberung der Deutschen von Ostafrika, politische Geschehnisse der damaligen Zeit, Attitüde der deutschen Regierung zu der Entstehung der Kolonien, Umgang der Afrikaner mit den Eroberern, die Lebensumstände der deutschen Eroberer in Ostafrika, uvm.

    Eines der Themen, das wie ein roter Faden durch Schicksale der Figuren durchzieht, ist das Thema der eigenen Identität/des eigentlichen Ich-Werdens. Es wird gezeigt und kommentiert, wie einige der Helden dieses Werkes das Problem für sich gelöst haben: Zu Anfang musste Carl Peters, der Pfarrersohn aus Neuhaus an der Elbe, aufhören, ein Deutscher zu sein, um in London weiterzukommen. „Leben ist Hochstapelei; man muss die Person behaupten, die man erst zu werden gedenkt.“ S. 103 Oder auf S. 152: „Er hat sich selbst erschaffen. Ein Unternehmer im Wortsinn, ein Selbsterfinder. Es ist also möglich. Da gründet einer sein Dasein auf nichts als sich selbst, und plötzlich wird eine Welt daraus. Er hatte keine Chance. Aber er hat sie genutzt. Ich bin ich!“ Emin Bay, ein Ornithologe aus Oberschlesien, musste sich einen neuen Namen wie andere Identität leihen: Er gab sich für einen Türken aus, um den Job des Gouverneurs in Äquatoria zu bekommen. Frieda von Bülow war das Thema ebenfalls nicht fremd: „Sie misstraut nun einmal Menschen, deren Ideal die Selbstverleugnung ist. Dabei müsste etwas ihr sagen, wie gefährlich gerade diese sind.“S. 310. Ebenso Deutschland als junger Staat unter Bismark und das deutsche Volk waren um die Zeit auf der Suche nach eigener Identität.

    Auch andere Fragestellungen und spannende philosophische Gedanken, wie poetische Beschreibungen erwarten die Leser in diesem Buch. „Jetzt strömen immer mehr Menschen auf den großen Platz, mit nur in Venedig möglicher Geräuschlosigkeit. Kurz versinkt die junge Frau im Anblick der hellen Sterne auf tiefblauem Grund am Portal der Markuskirche. Es könnte ein Bild der Verlorenheit sein, der Verlorenheit in der unendlichen Nacht des Raums, und ist doch, seltsam genug, eines der Geborgenheit. Als sei die Erde ein heimatlicher Stern. Als könne man auf ihm nicht verlorengehen.“ S.145 oder: „Es ruht ein Hauch süßer Poesie über der Landschaft und ladet den Geist zum träumerischen Sich-Versenken in sich selbst ein.“S. 358

     Als Teil der westlich orientierten Mentalität haben einige Fragen auch heute an Aktualität nicht verloren. Schön, bereichernd, dass sie im Kontrast zur Weltanschauung der Afrikaner so deutlich uns vor Augen geführt wurden: „Der Stärkere nimmt dem Schwächeren nicht das Seine? Sollte das Zivilisation sein? Oder ist Zivilisation, wenn der Stärkere dem Schwächeren das Seine so nimmt, dass es sich nicht mehr nachweisen lässt?“S. 79 oder „Es kann nicht schön sein dort, sonst würden sie nicht alle fortlaufen. … doch hätte er das große Wasser kennenlernen sollen, wäre er gewiss an seinem Strand geboren.“ Und weiter S. 160-161: „Trotzdem sah ihn Mandara wohl mit einem Gefühl an, das er Rührung nennen müsste, wenn er dafür einen Namen wüsste. Denn er erinnerte ihn an das, woran alle älteren Leute am liebsten denken: an seine Jugend.“ Es gibt noch mehr gelungene Gegenüberstellungen der europäischen und der afrikanischen Mentalität in dem Werk.

    Auch höchstinteressante Details zur europäischen Gesichte, u. a. was Deutschland, Niederlande oder Belgien mit all ihren Kolonien angeht. Man erfährt auch, wie Belgien zu ihrem ersten König kam. Oder wie stark die Rivalität zw. Briten und Deutschen in Ostafrika z.T. auch ausfiel.

    Es wird schon oft zwischen den Orten, Zeiten, Figuren und Perspektiven geschaltet, um einen bestimmten Gedankengang, ein Bild fertig zu malen, eine Geschichte zu Ende zu erzählen, manchmal auch ohne einen sichtbaren Grund, aber es erweist sich stets als eine Ergänzung und letztendlich Bereicherung.

    Zum schnellen Weglesen ist es nichts. Ich musste öfters mal das Buch weglegen, um genug Raum dem ganzen Gedankenreichtum und der Vielfalt an Figuren, Situationen, etc. zu geben. So ein Buch braucht eben so viel Zeit und Ruhe.

    Auch dieser mal ernst philosophische, mal humorig-ironischer Erzählstil sagte mir sehr zu und machte das Fortkommen um einiges leichter.

    Fazit: Ein Buch in hoher Qualität, innerlich wie äußerlich, auf jeder Seite. Es ist zwar schon ein Werk, das Zeit und Aufmerksamkeit fordert, man wird aber auch dafür mit schönen wie erfüllten Stunden voller Witz und Weisheit belohnt. Zu lesen lohnt es sich auf jeden Fall. Daher 5 wohl verdiente Sterne und eine klare Leseempfehlung.

     

  2. Cover des Buches Im Aufstand (ISBN: 9783942258081)
    Michael Meinert

    Im Aufstand

     (19)
    Aktuelle Rezension von: nicole8684
    Schlesien im Jahre 1905. Franziska von Wedell und ihre Freundin Julie von Götzen müssen mehr oder weniger freiwillig ihr Internat verlassen, zu aufmüpfig war ihr Verhalten. Franziska - Komtess von Wedell - entflieht dem frommen, streng gläubigen Elternhaus. Zu allem Überfluss verbietet der Vater ihr die erträumte medizinische Ausbildung. Zu sehr fürchtet er die Reaktionen der Standesgenossen und überhaupt ist dies nicht mit seinen strengen Glaubensregeln zu vereinbaren. Die Waise Julie möchte der gefühlskalten Großmutter entfliehen, die sich leider überhaupt nicht für sie interessiert. Gemeinsam wollen sie nach Deutsch-Ostafrika reisen, um dort sich dort ein Leben aufzubauen. Genauer gesagt beim Onkel von Julie, den dortigen Gouverneur der Kolonie. Dieser ist nicht sonderlich erfreut darüber und nur mit Wagemut, Sturheit und Erfindergeist finden die beiden Mittel und Wege in Afrika zu bleiben. Während ihrer Reise treffen die zwei auf so manches Hindernis, beginnend bei der Abreise bis hin Maji-Maji-Aufstand. „Im Aufstand“ trifft somit in mehrerlei Hinsicht auf die Geschichte zu.

    Der oben beschriebene Band ist bereits der vierte Teil der „Hochwald-Saga“, doch kann er durchaus ohne Vorkenntnisse gelesen werden, da er in sich abgeschlossen ist.

    Ich habe mich recht schnell in die Handlung hinein gefunden. Auch für einen Nichtkenner der Saga sind Orte und Personen so gut beschrieben, dass man sich alles genau vorstellen kann und gut in die Geschichte rein kommt. Allerdings muss man sich darauf einstellen, dass es nicht mal schnell durch lesen kann. Mit über 600 Seiten ist der Wälzer eher umfangreich.

    Der Schreibstil von Michael Meiner ist besonders hervorzuheben. Flüssig, abwechslungsreich, detailliert sowie auch bildhaft und einfühlsam mit einer überaus guten Grammatik. Die Dialoge sind gut gestaltet, sprachlich zeitgemäß angepasst und gekonnt bringt der die verschiedenen Sichtweisen in unterschiedlichen Erzählsträngen zusammen. Detailreich werden die Orte und Szenen beschrieben, man kann sich das alles sehr genau vorstellen. Auch der Spannungsbogen ist dem Autor gut gelungen. Er zieht sich wirklich durch den kompletten Wälzer und ist selten vorhersehbar. Man fühlt mit den Charakteren mit, leidet mit ihnen und fiebert mit ihnen mit. Gelegentlich war es mir etwas zu viel Dramatik.

    Der Autor hat ein durchweg tiefgründiges Werk geschaffen, christliche Werte haben einen sehr hohen Stellenwert eingenommen. Die Charaktere verkörpern die Glaubensthemen sehr überzeugend und tiefgründig. Aber auch die eher nicht gläubigen Leser finden sich in den doch alltäglichen Problemthemen wieder. Konflikte zwischen Eltern und Kindern sowie den Generationen allgemein, Freundschaft, Vergebung und Einsicht sind nur eine der Blickwinkel. Egal aus welcher Perspektive der Leser die Geschichte betrachtet, definitiv schafft es der Autor zum Nachdenken anzuregen.

    Die Charaktere in diesem Buch hat der Autor wirklich gut gestaltet, sehr realistisch, detailliert und haben sich gut ergänzt. Man kann eigentlich immer gut nachvollziehen, warum ein Charakter so handelt, wie er handelt. Es war schön zu lesen, dass allen genügend Platz für deren Entwicklung gegeben wurde, man konnte diese wirklich gut miterleben.

    Man merkt, dass der Autor für sein Werk sehr viel recherchiert hat.
    Durch sein Vorwort ermöglicht der Autor seinen Lesern einen gelungen Einstieg in die Komplexe Geschichte, sodass man den Ereignissen rund um Franziska und ihrer Freundin leicht folgen kann.

    Auch zum Schluss findet der Autor nochmals Platz, um ein wenig auf die historischen Fakten einzugehen und diese von seiner Fiktion anzugrenzen. Zusätzlich findet man etliche Extras wie eine Auflistung der militärischen Grade, eine Übersetzung der genutzten Suaheli-Wörter sowie einer Karte.

    Dieses Buch ist durchaus empfehlenswert, auch wenn es mich persönlich nicht reizt, den Rest der Saga zu lesen.
  3. Cover des Buches Der Schrei der Hyänen (ISBN: 9783492046114)
    Andrea Paluch

    Der Schrei der Hyänen

     (3)
    Aktuelle Rezension von: HeikeG
    Afrikanische Schatten - Deutsche Kolonialgeschichte in der Literatur "Du bist die Frau, die ich hätte sein sollen." Nele von Kavea blickt in die dunklen Augen ihrer Urenkelin, in der sie die ganze schicksalhafte Geschichte ihrer Familie wiederzuentdecken glaubt: Alles begann mit dem blutigen Aufstand der Herero und ihrer Mutter Arabella, die vor beinahe hundert Jahren nach Namibia gegangen war... Eine generationenübergreifende Geschichte von vier Frauen, deren ungewöhnliches Schicksal im kolonialen Afrika seinen Anfang nimmt. Obwohl "Der Schrei der Hyänen" über weite Strecken in Afrika spielt, ist er durch die verhandelten Themen - Gewalt, Schuld, Heimat - genauso ein Deutschland-, wie ein Afrika-Roman. Gleichzeitig ist er eine Familiengeschichte über die Unmöglichkeiten, sichere Grenzen der Abstammung zu ziehen. Er handelt von vier Frauen in vier Generationen und umfasst hundert Jahre, wird jedoch nicht kontinuierlich, sondern in Ereignissen erzählt, wobei die Lebensalter der Frauen wiederum die Gesamtheit eines Lebens darstellen (Arabella-Jugend, Kriemhild-Geburt, Cosima-Erwachsenenalter, Nele-Greisin). Die Geschichte wird ebenfalls nicht linear, sondern gleichzeitig erzählt. Ein spannendes, informatives und lesenswertes Buch.
  4. Cover des Buches Auf den Schwingen des Windes (ISBN: 9783743137554)
    Harry Baumann

    Auf den Schwingen des Windes

     (1)
    Aktuelle Rezension von: StillerStiller
    Der Roman 'Auf den Schwingen des Windes' von Harry Baumann ist eine ungewöhnliche, hoch unterhaltsame Mischung aus atemlosem Abenteuer, Romanze und Geschichtsstunde.
    Wie so oft im wahren Leben zeigt der Roman das Schicksal der Hauptfiguren als Reise, bei der die Akteure zwar ein Ziel ins Auge fassen, aber immer wieder auf die Welt um sie herum und unerwartete Geschehnisse reagieren müssen - und das tun sie in diesem Roman oft ganz anders, als das der Leser möglicherweise erwarten würde. Dieser Bruch mit den Erwartungen und stereotypen Figuren anderer historischer Romane ist eine, vielleicht sogar die, große Stärke des Buches.
    Sowohl die weibliche als auch die männliche Hauptfigur treten ausgesprochen klar als Individuen hervor... eine Aussage, die vielleicht einer Erklärung bedarf. Es ist für Autoren oftmals verführerisch bei der Schilderung vergangener Epochen und/oder fremder Kulturkreise eine sehr eingeschränkte Sicht einzunehmen - so dass bestimmte Merkmale meist ganz besonders betont und andere, oftmals weniger bekannte, gänzlich fehlen. Das hat natürlich unmittelbare Auswirkungen nicht nur auf die Glaubwürdigkeit und die empfundene Nähe der Protagonisten, sondern beeinflusst oft schon die Handlung der Geschichte ganz maßgeblich. Diesen Fehler macht Harry Baumann in beiden Fällen an keiner Stelle:
    Seine Figuren sind so, wie sie sind, von ihrer Zeit und den Umständen geprägt, aber nicht durch sie allein bestimmt. Jeder trifft Entscheidungen und lebt mit den Konsequenzen. Jeder hat Schwächen, Stärken und vor allen Dingen die Fähigkeit, das Unerwartete zu tun und eben nicht nur eine 'Rolle' im Plot zu erfüllen. Besonders deutlich wird dies bei den Protagonisten, aber es gibt auch eine Vielzahl liebvoll ausgearbeiteter Nebencharaktere, die dieselben Züge erkennen lassen.
    'Auf den Schwingen des Windes' bietet gerade in der heutigen Zeit einen interessanten Blick auf die Frage nach Heimat, kultureller Unterschiede und dem Umgang damit. In einer Gegenwart, in der das Fremde nur noch selten den Beiklang von Abenteuer und Neugier besitzt, sondern im Gegenteil meist negativ besetzt ist, öffnet sich hier ein Fenster in eine Zeit der Möglichkeiten. Dabei werden die Schattenseiten wie Sklaverei, religiöse Verfolgung und Unterdrückung durch die Kolonialmächte keineswegs ausgeblendet; sie werden aber auch nicht als Mittelpunkt des gesamten damaligen Lebens dargestellt, wodurch erneut eine einseitige Darstellung, die den erhobenen Zeigefinger immer erahnen lässt, vermieden wird.
    Wenn es einen Kritikpunkt gibt, dann den, den man bei jedem "Piece of Life" anbringen kann: Es gibt keine Auflösung, keinen Showdown, keinen dramatischen Schlussakt im Sinne etwa eines Thrillers. Die Reise, die der Leser begleitet, beginnt und endet nicht im Roman und so bleiben natürlich Geschichten unerzählt, die sicher ebenso interessant wären. Zugleich sind es diese Realitätsnähe und Unmittelbarkeit, die 'Auf den Schwingen des Windes' zu einem so  spannenden und immer unvorhersehbaren Lesevergnügen machen.
  5. Cover des Buches Gelber Wind oder Der Aufstand der Boxer (ISBN: 9783746625768)
    Gerhard Seyfried

    Gelber Wind oder Der Aufstand der Boxer

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Jisbon

    In "Gelber Wind" erzählt Seyfried die Geschichte von mehreren europäischen Charakteren, die sich 1900 zum Zeitpunkt des sogenannten Boxeraufstandes in China aufgehalten haben. Die Bewegung richtete sich vor allem gegen die ausländischen Besatzer und ging auf das imperialistische Handeln zurück, mit dem China immer mehr in seiner Unabhängigkeit eingeschränkt worden war. Obwohl der Autor ausdrücklich betont, dass er nicht versuchen werde, die chinesische Perspektive der Vorkommnisse wiederzugeben, ist es ihm gelungen, diese Motivation gut herauszuarbeiten. Trotz der Grausamkeiten, die den Ausländern und chinesischen Christen angetan werden, hat er gezeigt, dass die Chinesen ebenfalls Opfer sind, in Bezug auf die Vergangenheit und was den Umgang mit den Aufständischen angeht.

     

    Die Geschichte ist im Präsens geschrieben. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich an diese doch eher ungewohnte Erzählzeit gewöhnt hatte, doch ich fand, dass auf diese Art eine gewisse Unmittelbarkeit der Geschehnisse vermittelt wurde, was mir gefallen hat. Dadurch, dass die Protagonisten in verschiedenen Verhältnissen leben und zu den Kriegshandlungen einen jeweils anderen Bezug haben, kann Seyfried ein rundes Bild der Ereignisse zeichnen und nicht nur die schwere Situation im Belagerungszustand und die Angst, sondern auch die Befreiungstaktiken und die Reaktionen in Deutschland schildern. Dabei hat er immer deutlich herausgearbeitet, wie die Charaktere sich fühlen und die Situation wurde nie beschönigt. Die furchtbare Lage und die Entbehrungen, ganz zu schweigen von den Auseinandersetzungen und den Todesopfern, wurden ausgiebig, aber nicht zu detailliert geschildert. Dazu kamen persönliche Dramen und Konflikte, die gut mit dem übergreifenden Thema verknüpft wurden.

     

    Obwohl ich die Charaktere und die Handlung interessant fand und der Autor die historischen Tatsachen gut mit den fiktiven Erlebnissen der Figuren zusammengeführt hat, war das Buch für mich zwischendurch etwas zäh und trocken. Dies lag unter anderem daran, dass sehr viele Daten eingearbeitet wurden und ich dadurch das Gefühl hatte, dass die Geschichte nicht richtig voranging. Davon abgesehen hat das Buch mir gefallen. Es ist ein umfassender Bericht über die Ereignisse in China im Jahr 1900, der Fakten und Fiktion gut vermischt und sich zwar auf die europäische Sicht konzentriert, zugleich aber auch die andere Seite beleuchtet.

  6. Cover des Buches Nachleben (ISBN: 9783328112228)
    Abdulrazak Gurnah

    Nachleben

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Buckshaw

    Nachleben (übersetzt von Eva Bonné) ist ein historischer Roman, der im Kontext der Kolonialzeit in Deutsch-, später dann Britisch-Ostafrika spielt. Wir begegnen zunächst Khalifa, einem jungen Mann indisch-afrikanischer Abstammung, der sich bei einem Kaufmann in einer Küstenstadt verdingt. Khalifa freundet sich mit Ilyas an, der in einer deutschen Fabrik in der Stadt arbeitet und auch dessen Schwester Afiya erlangt das Wohlwollen von Khalifa und seiner Frau. Doch Ilyas Vergangenheit und die Auswirkungen des 1. Weltkriegs verhindern ein glückliches Zusammenleben. Denn Ilyas wurde als Kind entführt von der Schutztruppe (der deutschen Kolonialarmee) und dort gut behandelt. Seine Bildung, seine Anstellung verdankt er den Deutschen. Und so meldet er sich freiwillig als Askari (Söldner) bei der für ihre Brutalität berüchtigten Schutztruppe, um auf afrikanischem Boden gegen die Briten zu kämpfen. Auch Hamza lässt sich rekrutieren, allerdings nicht aus Überzeugung, sondern um seinem bisherigen Leben zu entfliehen. 

    Für eine Weile folgt die Geschichte Hamza durch den Krieg. Er wird zum Offiziersburschen ernannt, denn dem Oberleutnant gefällt sein Aussehen. So kommt Hamza ums Kämpfen herum, lernt sogar Deutsch. Am Ende wird er doch verwundet und in einer Mission von einer deutschen Pastorenfamilie gesund gepflegt. Der Roman erzeugt immer wieder diese Ambivalenz zwischen der Brutalität, dem Krieg und Terror und der Ausbeutung durch die Kolonialmacht und der Güte einzelner Personen, dem Bau von Krankenhäusern und Schulen. Letztlich ist das aber nur die Leinwand, auf der der Autor seine Figuren arrangiert. Das Kriegsgeschehen ist sehr distanziert und emotionslos, fast schon lehrbuchhaft beschrieben und für mich der schwächste Abschnitt des Buches. Seine Stärken entfaltet der Roman in der Schilderung des Alltags, ist dort trotzt des ernsten Hintergrunds auch humorvoll, hier werden die zuvor blassen Charaktere mit Leben gefüllt. 

    Von Ilyas erfahren wir lange nichts mehr, er bleibt verschollen, trotzt Afiyas Bemühungen etwas über ihn herauszufinden. Aufgelöst wird seine Geschichte dann in einer Art, die mir beim Lesen etwas zu gezwungen konstruiert und nicht so ganz zum Rest passend erschien. Im Nachgang habe ich aber gelesen, dass dieser Part auf einer wahren Begebenheit beruht, die isoliert betrachtet auf jeden Fall sehr interessant ist. Unterm Strich bietet der Roman einen spannenden Einblick in die deutsche Kolonialgeschichte aus einer afrikanischen Perspektive, Sprache und Schreibstil sind aber unspektakulär.    

  7. Cover des Buches Deutsche Kolonialgeschichte: Reclam Sachbuch (ISBN: 9783159605227)
    Winfried Speitkamp

    Deutsche Kolonialgeschichte: Reclam Sachbuch

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Pongokater

    Immens kenntnisreich und voller statistischer Fakten bis in Details ist dieses Überblickswerk. Manchmal wünscht man sich als Leser aber klarer Analysen und Wertungen.

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