Bücher mit dem Tag "dissident"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "dissident" gekennzeichnet haben.

21 Bücher

  1. Cover des Buches Limit (ISBN: B00G48NCZM)
    Frank Schätzing

    Limit

     (594)
    Aktuelle Rezension von: StanLight

    Die Idee ist ja interessant, aber das Buch ist viel zu lang. Ich habe es mehrmals probiert und mir schließlich das Audiobook angehört. Dort werden regelmäßig mehrere Seiten übersprungen. Mit Recht, die gefühlt 800 Seiten weniger fehlen überhaupt nicht! Das hat mir die Lust genommen, weitere Frank Schätzing Werke zu lesen...

  2. Cover des Buches Kind 44 (ISBN: 9783442481859)
    Tom Rob Smith

    Kind 44

     (767)
    Aktuelle Rezension von: honeyandgold

    Kind 44 war jetzt schon lange auf meiner Wunschliste und dann durch einen netten Zufall hab ich das Buch dann geschenkt bekommen. Nun lag es aber wieder auf meinem SUB und gammelt da vor sich hin.

    Nun hab ich mir endlich den Mut gefasst und das Buch in die Hand genommen und es hat mich wirklich aus den Socken gehauen.

    Ich dachte natürlich das es hier um harten Toback geht aber ich war nicht auf das vorbereitet.

    Allem voran die Grausamkeit des russischen Staates hat mich komplett aus den Socken gehauen. Mir war nie bewusst unter welchem Druck die Menschen gelebt haben müssen.

    Die Angst zu verhungern oder in ekelhaften Lebensverhältnissen zu leben, war fast an der Tagesordnung.

    Kein Schritt konnte gemacht werden ohne die Angst zu haben, verpfeifen zu werden.

    Wir schreiben das Jahr 1953. Wir befinden uns in Russland und jeder mit ein bisschen geschichtlichen Wissen, hat ein wenig die Vorstellung das es zur Stalins Zeiten nicht so rosig für die Bevölkerung aussah. Auch ich wusste zwar Eckpunkte aber das was das Buch so schonungslos berichtet, war leider bittere Realität. Hunger, Verlustängste und Vertrauensbrüche standen leider auf der Tagesordnung. Eine grausame Welt, die für viele Menschen leider Realität war.

    Zusammen mit dem erfolgreichen Leo Demidow stolpern wir über einen Fall, der grausam genug ist aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.

    Ein Kind ist gestorben, aber niemand will ermitteln. Es war ein Unfall.

    Doch Leo glaub dem ganzen nicht und fängt an selbst zu ermitteln. Nur leider macht ihm das Regime immer wieder ein Strich durch die Rechnung. Er wird als Verräter gejagt und geächtet.

    Damit beginnt eine knallharte Reise.

    Der Schreibstil liest sich flüssig, aber leider tröpfelt die Geschichte manchmal etwas vor sich hin. Durch die Grausamkeit des russischen Staates, tretten die Morde fast schon in den Hintergrund. Ein stückweit denke ich das es wollt war, aber Kinder sterben auf grausame Weise und irgendwie niemanden scheint es zu interessieren. 

    Der Tod der Kinder, rückt eigentlich immer etwas in den Hintergrund. Es wird sehr deutlich das der Schwerpunkt eher woanders liegt.

    Es macht das Buch dadurch nicht schlecht aber macht einen stutzig. 

    Leider kann ich nicht mehr dazu sagen, den der Plotwist hat mich wirklich umgefegt.

    Also wirklich umgefegt.

    Ich hab das Buch kurz weg legen müssen, um damit klar zu kommen.


    Kurzum: Jeder der diese Buch liest muss sich auf einiges gefasst machen.

    Es ist nicht mein Highlight und ich würde es nicht nochmal lesen, aber es hat sich sein Platz in meinem Regal auf jedenfall verdient.

  3. Cover des Buches Der Archipel GULAG (ISBN: 9783596903641)
    Alexander Solschenizyn

    Der Archipel GULAG

     (50)
    Aktuelle Rezension von: DrGordon
    Das Buch zum Thema sowjetisch-russischer Terror und kommunistischer Diktatur. Trotzdem der Autor gut beschreibt, das die Gulags bereits zur Kaiserzeit existiert haben. Egal mit wem ich über das Thema Vertreibung, Verbannung des sowjetischen Kommmunismus rede, empfehle ich Solschenizyn zu lesen. Als ein Art Grundlagenwerk Wenn ich Archipel Gulag gelesen habe, kann ich andere Bücher und Autoren (z.B. Herta Müller oder der chinesische Nobelpreisträger Gao Xingjian) besser verstehen und einordnen. Das Buch lässt niemanden kalt. Resumée: Absolut empfehlenswert und lesenswert.
  4. Cover des Buches Child 44 (ISBN: 9781455561445)
    Tom Rob Smith

    Child 44

     (26)
    Aktuelle Rezension von: Angelsammy

    Zwischen der stalinistischen Propaganda und der Realität im Russland des Jahres 1953 klafft eine Lücke wie der Krater von Tunguska. 

    Der Prolog legt schon eine Lunte, die am Ende des Buches eindrucksvoll zündet. 

    Selbstredend gibt es im Paradies des Arbeiters keine Verbrechen, und erst recht keine Serienmörder. Das ist dekadenter Westen. Was sonst? 

    Man bräuchte aber auch wirklich keinen individuellen Feind, wenn der Staat selbst dein ärgster Feind ist und du immerzu in Angst leben musst. 
    Archipel Gulag, KGB und die Geheimpolizei, deren wohl eifrigster Vertreter Leo Demidow ist. Ein Offizier des MGBs.
    Er ist ein Kriegsheld, liebt seine Frau Raisa, lebt materiell nicht schlecht.

    Nicht wenige hat er verhaftet und hart verhört. Dann kommt es knüppeldick. Zu seinem Entsetzen kombiniert er, dass ein Serienmörder sein Unwesen treiben muss, der Kinder ermordet. 

    Mächtige Feinde sägen ihn jedoch ab und er soll samt Frau deportiert werden.  

    Er muss um jeden Preis die Wahrheit aufdecken und den Täter schnappen, wenn er überleben will. 


    Ein sehr fesselndes, exzellent recheriertes Buch, das einem den Schweiß aus den Poren treibt. Was für ein klasse Werk des Briten mit schwedischer Mutter. 

    Dezidiert und raffiniert, komplex, mit unerwarteten Wendungen hält das Buch einen schlaflos. Cold War Fiction at its best! 

    Leo ist eine ambivalente Figur mit dennoch sympathischen Seiten und ich mag ihn. Sehr authentisch! 


  5. Cover des Buches Meat (ISBN: 9783453433724)
    Joseph D'Lacey

    Meat

     (60)
    Aktuelle Rezension von: ihkft

    Nichts für Vegetarier oder Veganer - dieses Buch hat es in sich! In einer Stadt, abgetrennt von anderen Städten und nur von Ödnis und Verfall umgeben, bestimmt Fleisch den Alltag. Die Schlachterei und die damit verbundenen Tätigkeiten sind Hauptarbeitgeber und so funktioniert der perfekte Kreislauf (im Ruhrgebiet fühlt man sich vage an die Kruppsche Konsumanstalten erinnert). Fleischessen wird zum Gesetz, dass sich auf Religion stützt - denn was im heiligen Buch steht, kann ja nur richtig ung gut sein. 

    Wir begleiten im Buch verschiedene Personen in ihrem Alltag, allen voran Shanti, ein Arbeiter des Schlachtbetriebs, der heimlich kein Fleisch isst und sich selbst geißelt. Aber auch andere Arbeiter, die nicht so sehr mit ihrem Schicksal hadern, lernen wir kennen. 

    Im Kern der Geschichte steigen wir bei einem Umbruch ein, die Revolution steht bevor, immer weniger Menschen können sich Fleisch leisten und manche wollen es nicht mehr essen. Unterstützt und angeführt werden sie von einem - ja man will es fast sagen - Propheten mit den wenig kreativen Initialen JC. Dem Gegenüber steht der skupellose Firmenbaron, der alles daran setzen will, sein Geschäft aufrecht zu erhalten. 

    Fazit: Das Buch ist durchaus lesenswert und nichts für schwache Nerven oder schwache Mägen. Als Film wäre das FSK18. Der religiöse Aspekt und das Ende hat mir persönlich nicht ganz zugesagt, aber an sich war es natürlich durchaus stimmig und spannend. 

    Zu empfehlen in diesem Kontext ist auch das Buch "Wie die Schweine" - wem Meat gefallen hat, sollte das lesen und umgekehrt.

  6. Cover des Buches Bevor es Nacht wird (ISBN: 9783423129862)
    Reinaldo Arenas

    Bevor es Nacht wird

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Dubois
    Die letzten kurzen Kapitel von Reinaldos Autobiographie las ich ruhig und leicht, wusste ich doch was am Ende kommt. Von AIDS schwer gezeichnet und ohne Geld oder eine Krankenversicherung, war er im New York der 80er Jahre dem Tod geweiht. Er machte sich darüber keine Illusionen. Erst kürzlich war sein engster Freund und Vertrauter, Lázaro, obwohl bei einem Autounfall schwer verletzt, unbehandelt aus dem Krankenhaus vor die Tür gesetzt worden, weil er mittellos und ohne Versicherung war. God's own country. Die vielen Kapitel davor las ich oft mit einem Klos im Hals. Wie heiter und schamlos begann doch das Buch und Reinaldos Leben! Doch sobald sich zeigte, dass Reinaldo zu jener Art Mensch gehört, die nirgendwo geduldet wird, außer am Rand von was für einer Gesellschaft auch immer, kam er in die Kreise der Hölle. Immer enger zog sich die Schlinge um ihn. Immer seltener wurden im Lauf der Jahrzehnte seine unbeschwerten Augenblicke, am Meer, in den nächtlichen Straßen von Alt-Havanna, mit Freunden im Park. Was zuerst nur leicht zu verschmerzende Ungerechtigkeiten ihm oder anderen Schriftstellern gegenüber waren, uferte später in himmelschreiende Ungerechtigkeit und bösartige Verfolgung aus. Gott scheint ein Freund von Darwin zu sein. Wer niemals unter einem totalitären Regime leben musste, sollte Reinaldos Lebensgeschichte lesen. Unbarmherzige Verfolgung durch die Staatssicherheit, rigorose Ausgrenzung nonkonformistischer Individuen, schmerzhafter Verrat durch Vertraute, Freund wie Familie, sind ein grausames Schicksal. Der Getriebene weiß warum er leidet, weiß aber auch, dass er sich nicht verleugnen kann, sich nicht verdrehen und verstellen will, nur um zu gefallen. Immer schneller rennt er in eine Sackgasse. Immer geringer wird die Chance durch Aufgabe noch etwas zu retten, weder für sich, noch im Angesicht seiner Verfolger, der Staatssicherheit. Wie eine Beute wird er gehetzt. Gott kennt kein Mitleid. Eine politische Justiz und unmenschliche Gefängnisse tun schließlich ihr übriges. Der Dissident wird in den Schraubstock der Diktatur eingespannt und für das Brechen vorbereitet. Öffentlicher Widerruf, verräterische und falsche Bezichtigung von Freunden und Kollegen könnte das eigene, wertlos gewordene Leben retten. Manche beugen sich, leisten Abbitte, widerrufen. Andere weigern sich und gehen unter. Und Gott trinkt Tee mit Darwin. Wer in Kuba seine Pflicht erfüllt, eine dem System gefällige Ausbildung ohne zu murren absolviert, dann anschließend sich dorthin versetzen lässt wo die behördlichen Stellen einen haben wollen, wer folgt ohne Widerstand zu leisten, wer konform ist und nicht selbständig oder gar kritisch denkt, dem gibt der allmächtige Staat das zum Leben Notwendige: eine Wohnung, einen Lohn, Grundnahrungsmittel auf Bezugsschein, Zugang zur Gesundheitsversorgung. Aber wehe nicht. Gott sieht alles. Ich kenne meine eigene Natur, ich weiß, dass mich ein ähnliches Schicksal wie Reinaldos erwartet hätte. Ob in der DDR oder in der UdSSR, auch ich wäre ein Dissident gewesen und hätte das gleiche Los geteilt. Reinaldos Lebensgeschichte ist eine Mahnung an alle Salon-Linken. Sie liebäugeln mit der Befreiung der ausgebeuteten und unterdrückten Massen, wofür sie meinen Respekt und meine Sympathie haben. Aber sie sind blind gegenüber den totalitären, real-existierenden und unmenschlichen Auswüchsen ihrer Ideologie. Die Perversion zeigt sich erst dann, wenn sie aus den Seiten gut gemeinter Bücher in die Welt der Menschen tritt, um dann auf dem gleichen Weg, wie vorher manch andere gut gemeinte Utopie, zu scheitern, verraten durch das Böse in der menschlichen Natur. Der Teufel schläft wohl selten. Im Lauf der Zeit steigert sich der Druck auf Reinaldo, die Welt um ihn herum wird immer wahnsinniger, sein Leben immer ungewisser. Auf dem Höhepunkt schließlich kann er mit mehr als 100.000 anderen Kubanern die Insel in Richtung USA verlassen. Natürlich wird er auch dort nicht glücklich. Wie auch? "Im Kapitalismus wird einem, wie im Kommunismus, in den Arsch getreten", schreibt er. "Nur, im Kapitalismus darf man schreien", fügt er hinzu. Er lernt, dass die Freie Welt nicht frei ist. Die zehn Jahre im Exil verbringt er ohne Geld in New York und lebt auch hier am Rand der Gesellschaft. Nur, diese Gesellschaft ist ihm gegenüber nun vorwiegend gleichgültig. Wäre sie es doch nur in Kuba gewesen! Als Dissident in Kuba war er für seinen mexikanischen Verleger noch von Wert der sich in Pesos umwandeln ließ (wovon Reinaldo nichts ab bekam). Sobald er aber den Nimbus des verfolgten Regimekritikers verloren hat, ist er nur ein Niemand unter vielen. Erneut ist er ein Bauer im Spiel anderer, nur Objekt, wird benutzt, wird ausgenutzt, nach Belieben geopfert, bei Bedarf fallen gelassen. Schließlich geht die bunte tropische Pflanze Reinaldo im New Yorker Winter Ende 1990 ein, welkt, ermattet, gibt sich geschlagen und nimmt sich am Ende das Leben, da es ihm nur noch körperliche Qual bieten kann.
  7. Cover des Buches Nacht in Havanna (ISBN: 9783442554959)
    Martin Cruz Smith

    Nacht in Havanna

     (27)
    Aktuelle Rezension von: addicted3books

    Havanna ist der vierte Renko-Roman von Martin Cruz Smith (1981 Gorky Park, 1989 Polar Star, 1991 Red Square, 1999 Havanna, 2004 Wolves eat Dogs, 2007 Stalin's Ghost, 2010 Three Stations, 2013 Tatiana, 2019 The Seberian Delemma). 

    Von den neun Romanen ist dieser meiner Meinung nach der beste. Arkadi Renko ist in Havanna, Kuba unterwegs, Dort soll er das Verschwinden seines FreundFeindes Sergej Pribluda aufklären. Er kommt gerade zurecht, um beim Auffinden einer Leiche aus der Bucht von Havanna dabeizusein, die möglicherweise jene von Pribluda ist. An den Herzinfarkt glaubt er nicht und beginnt zu ermitteln. Ohne jede Rücksicht, so wie immer. Und macht sich natürlich wieder mal mächtige Feinde.

    Für mich eine gelungene und interessante Mischung aus Russland und Kuba, die zwar lange dicke Freunde waren, aber so gar nicht zusammenpassen. Detailreich beschreibt Cruz die schwierigen Ermittlungen in einer Welt, die so gar nicht Arkadis ist. 

    Kann ich nur empfehlen!

  8. Cover des Buches Schweinerei (ISBN: 9783596137183)
    Marie DARRIEUSSECQ

    Schweinerei

     (9)
    Aktuelle Rezension von: Holden
    Eigentlich sind hier die Männer die Schweine: Die Ich-Erzählerin ist verzweifelt auf Arbeitssuche in Paris und wird von dem Generaldirektor einer Parfumkette zur Hälfte des Mindestlohns eingestellt, nachdem dieser sie beim Vorstellungsgespräch mißbraucht hat und sie das in ihrer Naivität hingenommen hat. Die Parfumfiliale, in der sie arbeitet, verfügt über einen Massagesalon im hinteren Bereich, wo Kunden beiderlei Geschlechts befriedigt werden, was auch zu den Pflichten der Parfumverkäuferinnen gehört. Nachdem die Protagonistin aufs Schlimmste mißbraucht wurde und gezüchtigt wurde, verwandelt sie sich als Reaktion auf die rücksichtslose und sexuell übersteuerte Gesellschaft zum Schwein, ohne daß sie zunächst beschreiben könnte, was ihr passiert. Das alles ist aber nur Vorbote einer Revolution in Frankreich, wodurch das Land in ein Terrorregime verwandelt wird, der Eiffelturm umfällt usw. Ein hochintelligentes Buch, dabei bitterböse. Für Houllebecq-Fans (aber auch für alle anderen) sehr zu empfehlen!
  9. Cover des Buches Für ein Lied und hundert Lieder (ISBN: 9783596190003)
    Liao Yiwu

    Für ein Lied und hundert Lieder

     (11)
    Aktuelle Rezension von: Kaivai
    " 8. Mühlentofu (unterschieden in "kleine Portion" und "große Portion"): Bei der sogenannten großen Portion wird dem zu Bestrafenden ununterbrochen mit einem Stäbchen heftig gegen die Schädeldecke geklopft; dabei kommt es zu einem mit einer blutfarbenen Granulation verbundenen Perlkopfband, das dann mit Seife eingerieben wird. Kochsalz stoppt die Blutung. Wenn nach ein paar Tagen das Band zu einem kreisrunden Geschwür verfault, wird das faulige Fleisch herausgeschnitten, und Blut und Eiter werden herausgedrückt, so bildet sich der "Fluch des goldenen Bandes", hält ewig. Bei der sogenannten kleinen Portion werden die Enden der Bambusstäbchen langsam gegen Schneidezähne, Eckzähne und Backenzähne geschlagen, von innen, von außen, das kann schon gut zwei Stunden gehen. Das Blut aus dem Zahnfleisch ist erst blass, dann wird es dunkel, dann geht von ihm ein beißender Gestank aus. Nach so einer Bestrafung dauert es keine zwei Tage und die Schneidezähne werden locker, wenn man einmal an ihnen wackelt, fallen sie aus, Eck- und Backenzähne folgen. Bis alle Zähne ausgefallen sind, ist es ein langwieriger Prozeß, der begleitet wird von latenten Schmerzen und Blutungen." Dies ist das Gericht Nr. 8 (von 45 zur Auswahl), das sich auf der Speisekarte des Untersuchungsgefängnises von Chongquing in China, im Jahr 1990, befand (allerdings nur die Tagekarte, die gehobene Karte hat noch größere Köstlichkeiten zu bieten). Liao Yiwu, geboren 1958, war im Alter von 31 Jahren, ohne politisch interessiert zu sein, in den demokratischen Frühling auf dem Tiananmenplatz in Peking, im Jahr 1989, hineingezogen worden. Dies erzählt er auf den ersten hundert Seiten. Schwer zu lesen. Innenweltkaskaden. Er ist ein anerkannter Dichter und sieht sich nun mitten hineingestellt in diesen Weckruf, spürt sich aufgerufen, spürt seine persönliche Situation mit Frau und kommendem Kind und Ambivalenz dazu durch und durch und schreibt dann das Gedicht "Massaker". Bringt es in Umlauf. Und will noch einen Film dazu drehen: "Requiem". Natürlich kann die chinesische Obrigkeit solch eine Frechheit nicht dulden. Er wird verhaftet und landet im Untersuchungsgefängnis von Chongquing. Die nächsten 400 Seiten handeln von vier Jahren in vier Gefängnissen. Liao Yiwu, vorher noch ein schwer faßbarer Charakter, ganz unklar ob nun wirklich symphatisch, wird für mich ganz deutlich. Seine Leidenschaft und sein Gespür für Würde begeistern mich. Die Verhältnisse, in denen er sich befindet, erschüttern mich. Was für eine Welt. Folter der Gefangenen untereinander (siehe Speisekarte) und der Vollzugsbeamten an den Gefangenen, ist gang und gäbe. Liao Yiwu, aufgrund seiner Renitenz aus dem Gefühl seiner Würde heraus, gerät immer wieder in die Bredouille. Allerdings eher selten in die Fänge seiner Mitgefangenen. Die Achtung vor ihm ist groß. Wie alle politischen Gefangenen wird er Konterrevolutionär genannt. Zum Tode verurteilte heißen Tote. So wie der Tote Chen. Viele von diesen Toten trifft Liao Yiwu. Er erzählt von ihnen und sie werden lebendig, obwohl sie schon lange hingerichtet sind. Hab fast einen Monat für dies Buch gebraucht, wirklich schwere Kost, gut verdaut ist sie aber nachhaltige Nahrung für die Seele. Liao Yiwu hat es noch bis 2010 in China ausgehalten. Dann durfte er ausreisen. Und ihm blieb eine weitere Tortur erspart, die ihm mit der Veröffentlichung dieses Buches drohte. Nun lebt er in Berlin. Für alle Feinschmecker noch ein Gericht von der gehobenen Karte: "27. Das Erdbeben: Der zu Bestrafende kriecht auf allen vieren herum wie ein Hund, einer der Killer springt an das Gitterfenster, das oben in Zweimannshöhe angebracht ist, er zieht den Bauch ein und Fäuste und Beine an und lässt sich plötzlich auf den "Hunderücken" fallen (diese Strafe ist heimtückisch, in einem berühmten Untersuchungsgefängnis von Chongquing sind auf diese Weise eine Reihe von Gefangenen ums Leben gekommen; in schweren Fällen war das Rückgrat gebrochen und die Leute spuckten gleich scheffelweise Blut)."
  10. Cover des Buches Tod eines Dissidenten (ISBN: 9783453620278)
    Alex Goldfarb

    Tod eines Dissidenten

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Wer sich für Tschetschenien und Rußland interessiert ist mit diesem Buch gut beraten. Flüssig und spannend, wie ein Politthriller, enthüllt dieser Tatsachenroman so manche Geheimdienstaktivitäten. Putin, der versucht alles unter den Mantel des Schweigens zu hüllen, wird dieser Roman sicher ein Dorn im Auge sein, deshalb sollten ihn auch viele lesen. Schade nur das über die Journalistin Anna Politkovskaja nicht ausführlicher berichtet wird.
  11. Cover des Buches Die Listensammlerin (ISBN: 9783499238444)
    Lena Gorelik

    Die Listensammlerin

     (78)
    Aktuelle Rezension von: BeateKniescheck

    Sofia, die Protagonistin dieses Romans, schreibt leidenschaftlich gerne Listen. Sie tut das zur eigenen Beruhigung, wenn das Leben rundherum schwer wird, denn Sofias Schicksal ist alles andere als einfach: Einerseits ist da die Mutter der Protagonistin, die mit Demenz in einem Pflegeheim lebt, außerdem eine totgeschwiegene Vergangenheit, die mit der Fluchtgeschichte der Familie aus der Sowjetunion zu tun hat, und die der Aufklärung harrt.

    Was mich aber am meisten bewegt hat, war die Mutter-Tochter-Geschichte in der „Listensammlerin“: Sofias Kind kommt mit einer schweren Herzkrankheit zur Welt, eine lebensgefährliche Operation ist nötig. Auch meine Oma hatte eine Tochter, die an einem "Herzfehler" starb (mit dieser Thematik beschäftige ich mich in meinem Debütroman, der im Herbst erscheint).

    An Lena Goreliks Familienroman finde ich besonders schön, dass die Autorin die nicht unbedingt heitere Thematik dennoch „komisch und ernst“ erzählt, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung nach Erscheinen des Buchs geschrieben hat. Ein Balanceakt, der ganz wunderbar gelungen ist, absolute Leseempfehlung!

  12. Cover des Buches Das Flüstern der Stadt (ISBN: 9783499234620)
    Rosa Ribas

    Das Flüstern der Stadt

     (51)
    Aktuelle Rezension von: walli007

    Die seit zwei Jahren verwitwete Mariona wird in ihrer Wohnung ermordet. Im Barcelona der 1950er Jahre kann es geschehen, dass eine polizeiliche Ermittlung von oben gelenkt wird. Der Staatsanwalt bestimmt den Ermittler Castro als leitenden Beamten. Dieser wiederum möchte, dass die Zeitung in seinem Sinne über den Fall berichtet. Allerdings ist sein üblicher Kontakt erkrankt und so bekommt die junge Journalistin Ana Martí den Auftrag, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Zunächst darf Ana einem Verhör beiwohnen, bei dem ihr gleich klar wird, wie Untersuchungen unter der Franco-Diktatur laufen. Es fehlt nicht viel und Castro hätte ihr den anschließenden Bericht in die Feder diktiert. 


    Hierbei handelt es sich um den ersten Band einer bisher dreiteiligen Reihe um die Journalistin Ana Martí und ihre Cousine Beatriz, eine Literaturwissenschaftlerin. Beide Frauen sind nicht frei in ihrer Berufsausübung. Dennoch fühlen sich sowohl Ana als auch Beatriz der Wahrheit verpflichtet. Und so erfüllt sich der Wunsch der Polizei, die Berichterstattung zu steuern zwar, aber nicht der Wunsch, dass es Ana damit auch bewenden lässt. Und die journalistische Art, Sachverhalte zu hinterfragen, ist der polizeilichen nicht so unähnlich. Es überrascht daher nicht, dass Ana Hinweise finden, die der Polizei nicht bedeutend genug erschienen.


    Eine spannende Stadt in einer spannenden Zeit. Besonders am Anfang macht das Autorinnenduo Rosa Ribas und Sabine Hofmann klar, wie schwierig und eingeschränkt das freiheitliche Leben in der Diktatur war. Im weiteren Verlauf konzentriert sich die Handlung mehr auf die Nachforschungen der gewitzten Reporterin und ihrer vielleicht etwas phlegmatischen, aber keineswegs dummen Cousine. Mit einfachen Mitteln und ihrer Hartnäckigkeit lassen sie sich einfach nicht einbremsen. Da fallen die obrigkeitshörigen Polizisten doch ab. Dieser Kriminalroman gibt einen packenden Eindruck vom Spanien unter Franco, fokussiert sich aber letztlich auf den verzwickten Fall mit einer überraschenden Auflösung.


  13. Cover des Buches Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu: Roman (ISBN: 9783838723525)
  14. Cover des Buches Ein Fall Für Diplomaten (ISBN: B0025ST0R4)
    William H. Hallahan

    Ein Fall Für Diplomaten

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  15. Cover des Buches Fuck off, Amerika (ISBN: 9783453020191)
    Edward Limonow

    Fuck off, Amerika

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  16. Cover des Buches Gedichte (ISBN: 9783103975826)
    Reiner Kunze

    Gedichte

     (5)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly
    Reiner Kunze verdichtet diese oft kleinen unscheinbaren Momente zu großen Augenblicken. Seine Gedichte sind sehr persönliche Essenzen. Oft an seine Frau, seine Kinder, Freunde und Bekannte gerichtet, zeugen sie von einem Autor, der über große soziale Kompetenzen verfügt.
  17. Cover des Buches Meine freie deutsche Jugend (ISBN: 9783104912608)
    Claudia Rusch

    Meine freie deutsche Jugend

     (39)
    Aktuelle Rezension von: Holden

    "für Irmgard, ganz herzlich, Weimar 16.10.03" lautet die Widmung, dem bleibt eigentlich nichts hinzuzufügen, nur das hier die Lebensgeschichte eines Vorbilds an Zivilcourage anschaulich präsentiert wird. Wäre man selbst so tapfer gewesen, man weiß es nicht, aber durch die Erziehung zum Querdenken durch ihre Mutter und deren Freunde wurden die Energien der kleinen Claudia in die richtigen Bahnen gelenkt. Das DDR-Unrecht wird drastisch angeklagt, so daß kein Platz mehr für Ostalgie und Verklärung bleibt, erst mit der "Wende" wurden die Oppostitionellen zu "echten" DDR-Bürgern, aber aufhalten ließ sich der hier schreibende Wirbelwind nicht. Auch ein Vorbild an Lebensenergie und der Beweis dafür, was man als Individuum erleben kann.

  18. Cover des Buches Freiheit für Raif Badawi, die Liebe meines Lebens (ISBN: 9783404609109)
    Ensaf Haidar

    Freiheit für Raif Badawi, die Liebe meines Lebens

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Influenza-Bookosa
    Keine Heldengeschichte, sondern eine, die das Leben schreibt. Unvollkommen, voller Fragen und bedrückend. Aber in einer Welt, in der uns das Internet vorgaukelt, jeder auf diesem Planeten könne doch sagen, was er wolle, auch ungemein wertvoll.
    Sprecherin Pegah Ferydoni trifft im Hörbuch genau den richtigen Ton.
  19. Cover des Buches Exit Music (ISBN: 9780316099271)
  20. Cover des Buches Karambolagen (ISBN: 9783548364940)
    Hellmuth Karasek

    Karambolagen

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Peter_Waldbauer

    Das ideenärmste Buch, das man sich vorstellen kann. Karasek zählt einfach alle prominenten Namen auf, die er in seinem Journalistenleben kurz gestreift hatte. Billy Wilder, über den er eine Biographie geschrieben hatte, gleich dreimal. Steven Spielberg, Günter Grass (zweimal), Peter Handke, Friedrich Dürrenmatt, Heinz Rühmann, Romy Schneider, Marlene Dietrich, Wolf Biermann, Helmut Kohl und andere.

    Aggressives Namedropping, getragen von Geltungsbedürfnis, denn die kurzen Essays von zwei, drei Seiten sind an Banalität kaum zu überbieten. Zwei Fälle seien hierfür exemplarisch gewählt.

    Seine Begegnung mit Brigitte Bardot beschränkte sich darauf, dass er sie, den Wunschtraum seiner Jugend, beim Urlaub in St. Tropez einmal am Strand von weitem gesehen habe. Von weitem!

    Laut Karasek habe B.B. ihm zugenickt und gelächelt. Oder hat Karasek sich dies nur eingebildet? Haben zwanzig Jahre die Erinnerung womöglich verklärt?

    Karasek schlief auch nicht im Bett von Marilyn Monroe, wie er in der Kapitelüberschrift suggeriert. (Schon gar nicht gleichzeitig mit ihr, wie mancher Leser vielleicht vermuten könnte.)

    Karasek übernachtete in einer luxuriösen Bungalowsuite des Beverly Hills Hotel. Die Monroe „soll“ dort vor sechsundzwanzig Jahre auch übernachtet haben. Ob es genau die gleiche Suite-Nummer war, ist ebenso wenig bewiesen, wie die Frage, ob Maryiln Monroe in demselben Bett schlief wie Karasek.

    Die Monroe könnte zwar im Hotel abgestiegen sein, aber woanders geschlafen haben. Oder das Bett könnte in den sechsundzwanzig Jahren ausgetauscht worden sein.

    Zum Thema Bett berichtet Karasek noch stolz, er habe beim Dreh von Regisseur Woody Allen zusehen dürfen. Natürlich „eine sehr intime Szene, wo eine Frau und ein Mann miteinander ins Bett gingen“. Besagte Szene habe Woody Allen dann aber später aus dem fertigen Film herausgeschnitten, bedauert Karasek.

    Und erst sein Schreibstil. Kein verrissener Autor des Literarischen Quartetts könnte jemals so schlecht formulieren wie Karasek. Sehen Sie sich einmal diesen Satz an (Seite 91, im Kapitel über Peter Handke, es ging um eine Tagung der Gruppe 47):

    „Ich war erst zum zweiten Mal dabei und noch nicht so eingeschliffen in den Chor des als Regen über die Autoren nach der Lesung niederprasselnden Kritiker-Parlandos.“

    Wo war bloß der Lekor?

    „...in den Chor des als Regen über die Autoren nach der Lesung...“

    Wieviele Substantive (nur durch Präpositionen getrennt) will Karasek denn noch aneinanderreihen?

     Schließen wir mit den Worten von Elke Heidenreich. Die frühere Moderatorin der ZDF-Büchersendung Lesen wurde im Focus gefragt, ob sie sich vorstellen könne, Hellmuth Karasek in ihre Sendung einzuladen.
    „Nee“, antwortete sie.
    Focus: „Warum nicht?“
    Heidenreich: „Da hatten wir ja nun genug davon, all die Jahre. Das reicht erst mal.“

  21. Cover des Buches Ein Rest von Schuld (ISBN: 9783442469406)
    Ian Rankin

    Ein Rest von Schuld

     (53)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Bei dem Roman handelt es sich um den 17. und vorerst letzten Band von Ian Rankins Reihe mit dem unbequemen bis aufmüpfigen Detective Inspector John Rebus. Er ist im Original 2007 unter dem Titel „Exit Music“ erschienen. John Rebus hat noch zehn Tage bis zu seiner Pensionierung. Eigentlich will er in den letzten Tagen im Dienst noch möglichst viele unerledigte Fälle abarbeiten oder wenigstens geordnet an Siobhan Clarke übergeben, als der russische, seit zehn Jahren im Exil lebende, Dichter Alexander Todorow erschlagen aufgefunden wird. Zwar fehlen einige Dinge aus seinem Besitz, aber die Brutalität der Tat und Rebus Instinkt sprechen gegen einen aus dem Ruder gelaufenen Raubüberfall, zumal Todorow der Regierung seines Heimatlandes sehr kritisch gegenüberstand. Bald gibt es einen weiteren Toten und Rebus Instinkt hat sich einmal mehr als richtig erwiesen – nicht uneingeschränkt diesmal, aber immerhin.

    Wie bereits im Vorgängerband wird Siobhan Clarke mit der Leitung der Ermittlungen beauftragt. Zusätzlich nimmt Siobhan einen jungen, ehrgeizigen Police Constable ins Team auf, was den Eindruck vermittelt, dass sie nun vollständig in Rebus‘ Fußstapfen getreten ist, nicht nur als Ermittlungsleiterin, sondern auch als Ausbilderin, so wie sie einst von Rebus lernte. Entsprechend eifersüchtig reagiert Rebus zu Anfang, er fühlt sich ein paar Tage zu früh aufs Abstellgleis gestellt.

    Interessanterweise geht es in diesem - wie wir heute wissen: vorläufig - letzten Rebus-Band nur um einen Fall. Es gibt zwar mehrere Morde, doch hängen die augenscheinlich zusammen, d.h. Ian Rankin, der Meister der Verknüpfung von scheinbar losen Fäden, entwirft ausgerechnet für den letzten Band ein anderes Szenario. Womit es ihm gelingt, den Leser – zumindest mich – lange hinters Licht zu führen und wieder einmal zu überraschen, indem er nicht lose Fäden zusammenführt, sondern scheinbar zusammenhängende Fäden in ihre Einzelteile auflöst.

    Ganz am Ende folgt dann, man kann fast sagen, ein Reigen an Auflösungen. Ein sehr würdiger – wie wir heute wissen – vorübergehender Abschied von John Rebus. Fünf Sterne. 

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