Bücher mit dem Tag "eichmann"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "eichmann" gekennzeichnet haben.

10 Bücher

  1. Cover des Buches Hannah Arendt (ISBN: 9783458358725)
    Alois Prinz

    Hannah Arendt

     (28)
    Aktuelle Rezension von: Pantoffeltier

    "Ihr »Ton« sei ihre Person, hat Hannah Arendt einmal ihren Kritikern entgegengehalten, und damit gemeint dass man ihre Bücher und ihre »Philosophie« nicht trennen kann von ihrer persönlichen Haltung, ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit und ihrer Einstellung zu Politik, Freundschaft und Liebe." (aus der Nachbemerkung des Autors zur Neuausgabe)

    Laut Alois Prinz kann man Hannah Arendt nur verstehen wenn man ihre Beziehungen zu anderen Menschen, die historischen Hintergründe, ihre Erlebnisse und ihre Persönlichkeit kennt. Eben dies alles versucht er in seiner Biographie zu verbinden. Da gibt es viel zu erzählen, denn Hannah Arendt hat einen wechselvollen Lebensweg und ihre Denkweise bleibt vielen ihrer ZeitgenossInnen unverständlich. 

    Prinz zeichnet das Bild einer scharfsinnigen Denkerin, die gern streitet, keine Kompromisse und falsche Höflichkeit zulässt und damit oft aneckt. Zentral sind für Sie die Diskussionen mit Anderen. Berühmt ist ihre Beziehung zu Heidegger mit dessen Philosophie und politischer Einstellung sie ihr Leben lang hadert, aber sie pflegte auch enge Freundschaften u.a. zu Karl Jaspers, Walter Benjamin und Mary McCarthey.

    Das Ganze ist informativ und gut lesbar aufbereitet. Arendts Werke werden eher in den Kontext gesetzt, als das tiefgehend ihr Inhalt beschrieben wird.

    Eine Biographie, die sich gut eignet, um sich einen Überblick zu verschaffen und Arendts Werke biographisch und historisch einzuordnen und deren Rezeption zu verstehen. Ein guter Einstieg in Arendts Denkweise.

  2. Cover des Buches Eichmann in Jerusalem (ISBN: 9783492962582)
    Hannah Arendt

    Eichmann in Jerusalem

     (37)
    Aktuelle Rezension von: BrittaRoeder
    Hanna Arendt, Publizistin, Autorin, streitbare politische Theoretikerin, begleitete von April bis Dezember 1961 als Journalistin die Jerusalemer Eichmannprozesse und veröffentlichte dazu eine Berichtstrecke „Eichmann in Jerusalem - von der ‚Banalität des Bösen‘ in der Zeitschrift New Yorker.
    Dieser Veröffentlichung folgte eine große Debatte, in deren Rahmen Arendt heftig kritisiert, ja sogar angefeindet wurde.
    Denn – die deutsch-amerikanische Journalistin, selbst Jüdin, kritisierte in ihrem Text nicht nur offen den Prozessverlauf, ja sie stellte ihn sogar teilweise in Frage.
    Die öffentliche Empörung war riesig. Wie konnte sie es wagen, einen der schlimmsten Massenmörder des Dritten Reiches zu verteidigen? Wie die Schwere seiner Schuld zu relativieren?

    Die 2011 erschienene mit einem sehr aufschlussreichen Vorwort von Hans Mommsen versehene Ausgabe gibt der Berichterstattung eine dankenswert neutrale Plattform.
    Insgesamt sind die zusammengefassten Berichte von Arendt gut lesbar. Chronologisch folgt sie in ihrer Darstellung dem Prozessverlauf, weicht aber auch regelmäßig ab um ergänzende Fakten einzubringen. In diesem Sinne liefert Arendt auch heutigen Lesern noch immer eine fundierte Quelle über die Ereignisse rund um den Prozess. Man kann ihre Texte aber auch als eine große zusammenfassende historische Darstellung der Gräueltaten der Nationalsozialisten sehen.  Arendts Berichtston bleibt dabei immer kühl und sachlich. Bittere Ironie ist das höchste Maß an Polemik, das sie sich als Berichterstatterin gestattet. Diese Nüchternheit, mit der sie das Grauen ungeschönt benennt,  verleiht den zahllosen Opfern die verdiente Würde und weitet den Blick der Leserschaft auf das unfassbare Ausmaß dieses Verbrechens.

    Darüber hinaus sind Arendts Schriften noch in einem weiteren Kontext zu betrachten:
    Immer wieder kommt sie auf die Frage zurück, wie Eichmanns Anteil am Holocaust zu bewerten ist. Und immer wieder kommt sie dabei zu dem Schluss, dass er in Wahrheit lange nicht die tragende Rolle spielte, die man ihm anhängt. Um allen Missverständnissen vorzubeugen: sie nimmt ihn nicht in Schutz, sie zweifelt nicht an seiner Schuld, an seinem Beitrag am Morden. Aber sie stellt die Korrektheit des juristischen Verfahrens in Frage, kritisiert die Verhandlungsführung, die Auslegung der Beweise etc.
    Und sie sieht in den Verbrechen Eichmanns (und der Nationalsozialisten) nicht nur das Verbrechen am jüdischen Volk bzw. ein Verbrechen an der Menschlichkeit sondern das Verbrechen an der Menschheit begangen am jüdischen Volk, wodurch es im Grunde nur noch schwerer wiegt.
    Auch wehrt sie die These ab, das jüdische Volk historisch in einer Opferrolle zu sehen.

    Arendts Beharren auf eine neutrale Behandlung aller historischer Fakten, ihre Forderung nach Objektivität zu jeder Seite hin, hat viele Diskussionen aufgeworfen.
    Sie muss eine unbequeme Frau gewesen sein. Eine mutige Frau war sie in jedem Fall, denn mit ihrer kompromisslosen Art brachte eine breite Öffentlichkeit gegen sich auf.
    Alleine diese ihr eigene unbestechliche Art auf die Wahrheit der Tatsachen zu bestehen, macht dieses Buch zu einer lohnenden und hochaktuellen Lektüre.
  3. Cover des Buches Das Verschwinden des Josef Mengele (ISBN: 9783746636672)
    Olivier Guez

    Das Verschwinden des Josef Mengele

     (90)
    Aktuelle Rezension von: mariameerhaba

    Zuzusehen wie Mengele alles verliert, seine Würde, seine Haltung, seinen Doktortitel, es hatte etwas Befriedigendes, das gebe ich ungern zu. Das Karma hat ihn eingeholt, sein Leben zerstört, die letzten Lebensjahre waren nur noch eine Folter für ihn, ohne dass ihn jemals sein Gewissen beunruhigt hat und das zu lesen, war erschreckend.

    Der Autor hier beschreibt sehr gut die Flucht eines Monsters. Er macht daraus nicht einen einfachen Bericht, das den zweiten Abschnitt vom Leben Mengeles zerlegt, sondern er sorgt dafür, dass man Mengeles Elend mitfühlt, dass man dabei ist und zu sieht, wie ein stolzer Mann langsam zerbricht.

    Es ist ein erschütterndes Buch, aber gleichzeitig zeigt es auch, wie die Reichen davonkommen können. Wie sie sich der Justiz entziehen, wie Geld ihnen ermöglicht, jenseits der Gesetze ein Leben zu führen, das man getrost als ein schönes Leben bezeichnen kann. Vielleicht ging es Mengele nicht gut bei seiner Flucht, aber alle anderen hatten doch ein angenehmes Leben, gönnten sich nach so viel Mord und Korruption eine Villa, ein riesiges Anwesen, die ihre Vergangenheit so weit in den Schatten rückte, das man sie zu beneiden begonnen hat.

    Das Buch ist spannend, interessant, gewaltig, brutal und so ehrlich, dass es mich sehr oft erschüttert hat. Der Stil ist einfach und leicht und vor allem funktioniert das Buch. Ich habe es gern gelesen.

  4. Cover des Buches Eichmann-Syndikat (ISBN: 9783839213001)
    Uwe Klausner

    Eichmann-Syndikat

     (8)
    Aktuelle Rezension von: Gulan

    Das Buch klingt erstmal vielversprechend. In der Bundesrepublik gibt es Anfang der 60er-Jahre ein Zusammenschluss von ehemalige NS-Tätern, die wieder an die Spitze der Gesellschaft gelangt sind. Die auch vor Mord nicht zurückschrecken als bekanntzuwerden droht, dass Eichmann jahrelang unbehelligt in Argentinien leben konnte, obwohl staatliche Stellen davon wussten.

    Hauptperson ist Kommissar Tom Sydow. Er erinnert ein wenig an Sturmbannführer März aus Robert Harris' Vaterland: Einzelgänger, eigenwillig, unbestechlich und am Ende auf verlorenem Posten.

    Wie in der ersten Rezension bemängele auch ich an diesem Roman, dass der Spagat zwischen historischen Passagen und Handlung nicht gut gelöst wird. Eichmanns Prozess und Hinrichtung wird eingebaut, aber nicht mit den Ereignissen des Plots verwoben. Ganz schwach sind vor allem Dialoge, die als Geschichtsreferat daherkommen und völlig unglaubwürdig sind.

    Das "Syndikat" bleibt außerdem über den ganzen Roman hinweg ziemlich nebulös. Auch Sydows Schwester enttäuscht als Antiheld, da sie die eigentliche Handlung (bis auf den Schluss) kaum beeinflusst.

    Insgesamt war ich von dem Buch enttäuscht, da es nicht gelingt, reelle Spannung aufzubauen, weil vieles im Unklaren bleibt oder unplausibel wirkt.

  5. Cover des Buches Begegnung mit einem Mörder – Die vielen Gesichter des Adolf Eichmann (ISBN: 9783862311262)
    Jochanan Shelliem

    Begegnung mit einem Mörder – Die vielen Gesichter des Adolf Eichmann

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Sokrates
    Es gibt wenige (Sach-)Hörbuchproduktionen, die Sachthemen historisch exakt vermitteln. In abgetrennten Blöcken wird die Geschichte um Eichmann erzählt. Zunächst seine Einbindung in das NS-System; dann - nach 1945 - seine Flucht nach Argentinien, von wo aus er mit einer Hand voll Altnazis eine ideologische und politische "Rückeroberung" Deutschlands starten will. Dabei entstehen Tondokumente und Schriftstücke, die später - stückchenweise - nach Deutschland gelangen und dort schließlich mit zur Ergreifung (und Aufbau der Anklage gegen Eichmann) durch den Mossad führen. Lang widmet sich der Autor des Feature den Verhörprotokollen durch die Israelis. Zu hören, wie sich Eichmann in der intelligenten Verhörweise verstrickt, ist erschütternd; wie er seine Mitwisserschaft und aktive Teilnahme leugnet, wie er sich als bloßen Vollstrecker, aber eben nicht als Ideologen der Nazis darzustellen versucht - und sich doch im Laufe des eigenen Verhörs ad absurdum führt. Hinzutreten die aus den argentinischen Exil gesammelten Schrift- und Tondokumente, die Eichmann der Lüge bezichtigen und stattdessen klar das Bild entstehen lassen, wonach Eichmann sehr wohl ideologisch klar den Nazis verpflichtet war und sogar aus eigenem ideologischen Antrieb Tötungsverfahren anordnete, durchorganisierte, Schießbefehle ausgab. Erst nach dem Krieg, bei den Israelis, denkt er doch tatsächlich, durch Leugnen sich aus der Schlinge lösen zu können, die sich sachte um seinen Hals zu legen beginnt, als der Prozess in Gang kommt. -- Zuletzt nimmt das Feature den eigentlichen Prozess und die vielen (sehr erschreckenden und erschütternden) Zeugenaussagen von überlebenden KZ-Häftlingen in den Focus, verbunden mit Eichmanns Aussagen hierzu im Prozess. Das Feature berücksichtigt den aktuellen Forschungsstand; eine aktuell an den weit verstreuten und unsortierten Unterlagen forschenden Historikern wird immer wieder in das Feature eingebunden, bringt einen objektiven Blick und weitere Fakten in die Handlung. Sehr gut gemacht, unglaublich informativ und neben Hannah Arendts Die Banalität des Bösen eine sehr gute - anspruchsvolle - Einführung in dieses makabre und erschütternde Thema.
  6. Cover des Buches Ein Bericht von der Banalität des Bösen - Eichmann in Jerusalem (ISBN: B002SSDSRE)
    Hannah Arendt

    Ein Bericht von der Banalität des Bösen - Eichmann in Jerusalem

     (1)
    Aktuelle Rezension von: rd19779
    (Karl) Adolf Eichmann (1906 – 1962) war während der Nazi-Diktatur verantwortlich für den Transport der Juden aus allen Teilen Europas in die Konzentrationslager – um sie dort vernichten zu können. Er selbst hat keinen Menschen getötet und auch jener Schauprozess in Jerusalem (1961), den dieses Buch als Thema hat, konnte ihm nicht das Gegenteil beweisen. Hannah Arendt – selbst angehörige des betroffenen Volkes – beschreibt als Reporterin die Ereignisse vor Ort und pendelt dabei zwischen den Rollen als Anklägerin, Verteidigerin und Richterin. Sie lehnt das Verfahren ab, weil sie ein internationales Tribunal bevorzugt hätte und fertig dabei einen »Bericht von der Banalität des Böses«, indem sie den Angeklagten als unfähige, selbstgefällige Marionette seiner Eitelkeiten zeigt, der selbst gar nicht Antisemit ist und nur der Karriere wegen, Millionen Menschen in den Tod schickt! Die Autorin philosophiert über diverse rechtstheoretische Fragen: von der Legitimität der Entführung des Angeklagten über Rechtsgrundlagen für das Verfahren und seinen Ablauf bis hin zur Urteilsbegründung und dem Strafmaß. Das ist einerseits sehr interessant und aufschlussreich, andrerseits aber extrem schwierig zu lesen, da sie ihre scheinbar unendlichen Gedankengänge in ebensolche Sätze fassen will. Dabei vergisst man leider manchmal am Ende bereits, worum es am Anfang ging. Das Werk verlangt sehr viel Konzentration und eine intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte, ist aber dennoch sehr empfehlenswert.
  7. Cover des Buches Hannah Arendt (ISBN: 9783492301756)
    Hannah Arendt

    Hannah Arendt

     (2)
    Aktuelle Rezension von: cosima73
    Nüchterne Sachlichkeit und fehlende Weitsicht, was sie mit ihrem Protokoll des Eichmann-Prozesses auslösen könnte, machten Hannah Arendt zum Mittelpunkt einer der grössten Kontroversen des vergangenen Jahrhunderts und kosteten sie einige Freundschaften, an denen ihr Herz gehangen hatte. Diese Sachlichkeit war aber auch nur eine Seite, die andere war voller Charme, Herz und auch einer gewissen Schüchternheit. Hannah Arendts erster Mann, Günther Stern, brachte die Widersprüchlichkeiten ihres Charakters auf den Punkt: "Sie war damals zugleich profund, frech, fröhlich, herrschsüchtig, schwermütig, tanzlustig – für die scheinbaren Widersprüche übernehme ich keine Verantwortung – sie war eben so." Das vorliegende Buch mit einem Vorwort von Franziska Augstein ist mehr als ein Buch zum Film. Es bietet eine Annäherung an eine der grössten Denkerinnen von verschiedenen Seiten, es beleuchtet ihr Leben und Werk (vornehmlich das Buch Eichmann in Jerusalem, dessen Entstehung die Ausgangslage zum Film bot). Margarete von Trottas schildert, wie sie sich langsam der Person Hannah Arendt annäherte und von ihr immer mehr begeistert war. Auch werden die Schwierigkeiten offensichtlich, die bei der Suche nach den geeigneten Mitstreitern und vor allem nach den finanziellen Mitteln für einen solchen Film auftauchen. Vom ersten Gedanken bis hin zum fertigen Film sollte mehr als eine Dekade ins Land streichen. Pam Katz (Mitautorin), Barbara Sukowa und Klaus Pohl (Schauspieler) beschreiben ihre Auseinandersetzung mit diesem Film und der Rolle, die sie dabei spielten und Bettina Brokemper den Weg vom Projekt hin zum Film. Viel Platz wird der Arendt-Kontroverse rund um das Buch Eichmann in Jerusalem gewidmet. Mary McCarthy, Schriftstellerin und Hannah Arendts Freundin bezeichnet das Werk als „Dokument ethischer Verantwortung, Ernst Vollrath zeichnet ihren Gedankengang vom „radikal Bösen“ (Kant) hin zur „Banalität des Bösen“ nach und auch Jerome Kohn und Rainer Schimpf beleuchten Aspekte des Buches und der daraus entstehenden Debatte, die für Hannah Arendt sehr schmerzlich war. Durch Volker Schaefer gelingt noch ein Blick in Hannah Arendts Wohnung in New York, die Zentrum ihres Schaffens, Liebens und der Freundschaftspflege war, also quasi ihr ganzes Leben beherbergte. Fazit: Ein sehr gelungenes Buch, das einem Hannah Arendt in ihrem Schaffen und Sein näher bringt und zudem einen Einblick in die Entstehung des Filmes über sie bietet. Sehr empfehlenswert!
  8. Cover des Buches Eichmann war von empörender Dummheit (ISBN: 9783492964494)
    Thomas Wild

    Eichmann war von empörender Dummheit

     (5)
    Aktuelle Rezension von: cosima73
    Hannah Arendt beschreibt Eichmanns Dummheit, die weder grausam noch dämonisch war, sondern einfach die Gedankenlosigkeit eines Funktionärs innerhalb eines bürokratischen Systems ausdrückt, und bezeichnete sie in ihrem Buch "Eichmann in Jerusalem" als „Banalität des Bösen“. Mit diesem Begriff (unter anderem) löste sie eine der grössten Kontroversen des letzten Jahrhunderts aus. Das vorliegende Buch enthält ein Gespräch mit Joachim Fest, welcher zur selben Zeit wie Hannah Arendt Eichmann in Jerusalem sein Werk Das Gesicht des Dritten Reiches veröffentlicht hatte, welches zu einem ähnlichen Schluss kam wie Arendt. Das Gespräch behandelt Themen wie die Definition eines neuen Verbrechertypus, welcher eben keine kriminelle Energie hat, sondern aus (oft blindem ) Gehorsam handelt, es handelt von der Frage nach Verantwortung und Schuld in einem totalitären System, von Gerechtigkeit nach einem historischen Unrecht solchen Ausmasses, sowie von gut und böse als moralischen Urteilen. Neben dem Gespräch findet man den das Gespräch vorbereitenden Briefaustausch zwischen Arendt und Fest sowie sporadische spätere Briefe, welche eher auf eine intellektuelle Verbindung denn auf eine Freundschaft hinweisen, allerdings von gegenseitigem Respekt zeugen. Anschliessend folgen vier Dokumente aus der Kontroverse um Hannah Arendt und Eichmann in Jerusalem, welche während des Austauschs zwischen Arendt und Fest erwähnt worden sind. Die Stellungnahme des Council of Jews from Germany tut sein Unverständnis kund über die „unverantwortbaren Schlussfolgerungen“, die Hannah Arendt aus „unfundiertenn Feststellungen“ zog, Golo Manns sarkastischer Text voller plakativer Herabwürdigungen gibt ihr immerhin in Bezug auf das Portrait Eichmanns recht und Mary McCarthy verteidigt das Buch so sachlich, wenn auch offensichtlich wohlgesonnen. Den Abschluss macht Reinhard Baumgard mit einem Nachwort zu Hannah Arendts Eichmann-Buch: Mit Mördern leben? Die Zusammenführung der Texte ist aufschlussreich und sinnvoll, die Einleitung zeigt durch Vorwegnahme und Zusammenfassung einiger zentraler Argumente die Grundaussagen des Austauschs und hilft damit beim Verständnis des Kommenden. Die abschliessenden Dokumente aus der Kontroverse verdeutlichen die Unsachlichkeit der Angriffe gegen Hannah Arendt und ihr Buch. Fazit: Die spannende Analyse eines Jahrhundertverbrechers und des Systems, das ihn zustande brachte. Sehr empfehlenswert.
  9. Cover des Buches Beruf Philosophin oder Die Liebe zur Welt. Die Lebensgeschichte der Hannah Arendt (ISBN: 9783407811288)
    Alois Prinz

    Beruf Philosophin oder Die Liebe zur Welt. Die Lebensgeschichte der Hannah Arendt

     (7)
    Aktuelle Rezension von: karatekadd

    Gibt es eigentlich Philosophinnen? So lautete die Frage vor einigen Jahren unter zwei sogenannten Buchgesichtern. Damals ging es um Luise Rinser. Ausgangpunkt der Diskussion war dann das Buch MIRIJAM von ihr. Aber auch der Name Hannah Arendt fiel. Dannach verlor ich das ein wenig aus den Augen, bis ich vor knapp zwei Jahren in einem kleinen Kino in Brühl den Film HANNAH ARENDT sah. Das Buchgesicht, welches mir deutlich machte, dass Philosoph durchaus auch weiblich sein können, schenkte mir die hier zu besprechende Biografie und nun habe ich sie gelesen.

    * * *

    Im Jahre 1906 wurde Johanna Arendt bei Hannover geboren, sie wuchs in Königsberg auf. Die Eltern waren säkulare Juden, wodurch sie relativ spät mit dem Judentum an sich in Verbindung kam.1 Bereits mit vierzehn Jahren beschäftigte sie sich mit KANT und KIERKEGAARD. Ab 1924 studierte sie in Marburg bei Martin HEIDEGGER Philosophie. Das Studium setzte sie später ab 1928 bei Karl JASPERS fort, der auch ihr Doktorvater wurde. Sie bekam später Kontakt zu zionistischen Organisationen, welche sie auch unterstützte ohne selbst Zionistin zu sein oder zu werden.

    Frühzeitig emigrierte sie vor dem Nationalsozialismus nach Paris und konnte auch in Frankreich 1940 der Deportation entgehen. Gemeinsam mit Ehemann Heinrich Blücher und ihrer Mutter erreichte sie 1941 New York.2

    Sie beschäftigte sich weiterhin viel mit Philosophischen Themen und natürlich immer wieder mit M. HEIDEGGER, mit dem sie am Anfang ihres Studiums eine Liebesbeziehung verband, welche erst später offenbart wurde. Sie unternahm regelmäßig Europareisen und besuchte die junge Bundesrepublik Deutschland und auch den jungen Staat Israel. Gegenüber der zionistischen Weltanschauung ging sie auf Distanz. Arendt vertritt schon lange vor der Staatsgründung Israels die Auffassung, dass eine jüdische Heimstätte nur existieren kann, wenn man sich mit seinen arabischen Nachbarn versöhnt und mit ihnen friedlich zusammenlebt. Ansonsten wären die Juden so etwas wie ein Kriegerstamm (Spartaner), umgeben von feindlichen Nachbarn. Wie weitblickend.3

    Bekannt wird sie später vor allem mit ihren Werken zum Totalitarismus und dann mit ihren Berichten zum Eichmann-Prozess (Eichmann in Jerusalem). Da sie hier die „Banalität des Bösen“ beschreibt und Eichmann zwar als verbrecherischen Nationalsozialisten, jedoch nicht als das personifizierte Böse schlechthin beschreibt, handelt sie sich entsprechenden Ärger ein. Sie bezeichnet den Angeklagten in Jerusalem „Das Gespenst in der Glaskiste“4 und schreibt, „Ich weiß nicht, wie oft ich gelacht habe, aber laut“ als sie ihre Protokolle bzw. die Gerichtsprotokolle noch einmal liest. „Eichmann und kein Ende“ ist das nächste, das 28. Kapitel, überschrieben und darin berichtet Prinz von den Anfeindungen, denen sie auch und vor allem von jüdischen Freunden ausgesetzt ist.

    Sie nimmt Stellung zum Vietnamkrieg, zur McCarthy – Ära, zu den Bürgerrechten in Amerika und wählt John F.Kennedy. Arendt beschreibt sich in einem Interview mit Günter Gaus im ZDF vom 28. 10.64 nicht als Philosophin sondern als Dozentin für „politische Theorie“5. Doch beschäftigt sie sich bei weitem nicht nur mit politischer Theorie, sondern eben auch mit wirklich philosophischen Themen. „Vita activa oder vom tätigen Leben“ heißt eines ihrer Werke, Hannah Arendt geht es um das Denken, das Wollen und das Urteilen des Menschen, dies behandelt sie auch in ihren

    Vorlesungen an amerikanischen Universitäten.

    1975 stirbt sie nach einem zweiten Herzinfarkt in New York.

    * * *

    Es ist einerseits nicht schwierig, die Biografie einer solchen Person zu lesen, will man aber tiefer einsteigen, wird es komplizierter. Alois Prinz hat es mit einer geschickten Einteilung der Kapitel, deren Überschrift auch immer ein kurzes Zitat beinhalten, auf gerade mal rund 300 Seiten einen Bogen zu spannen, der Leben und Wirken von Hannah Arendt sehr gut beschreibt. Man muss nicht besonders philosophisch interessiert sein, um dem Inhalt zu folgen, auch wenn es sich empfielt, bei diesem oder jenem Ereignis oder zu einzelnen Personen einmal nachzuschlagen. Alois Prinz schaft es auch, das Thema „Eichmann in Jerusalem“ eben nicht als das zentrale Thema zu behandeln, sondern es genauso zu bearbeiten wie andere große Themen, deren sich die „politische Theoretikerin“ annahm. In einer Rezension6 habe ich gelesen, dass der Autor „mit wenig wissenschaftlichen Aufwand (in der Textverarbeitung) eine Biographie schreiben [habe] wollen. … flach, sich auf das Wesentliche beschränkend, liefert die vorliegende Biographie außer biographischen Daten wenig werkinterpretatorische Ansätze und kaum kritische Reflektion der von Arendt vertretenen philosophischen Positionen.“

    Wir haben es hier mit einer Biografie für Jugendliche und junge Erwachsene zu tun, wer wissenschaftlich Ansätze sucht, der solle sich einer entsprechenden Bibliothek umsehen. Die geforderten Inhalte würden eine solche Biografie wohl sprengen. Zu empfehlen hätte ich allerdings unbedingt das erwähnte Interview mit Günter Gaus und die Dokumentation in sieben Teilen auf YouTube7.

    Das Buch wurde für den UNESCO-Preis für Kinder und Jugendliteratur nominiert und der Tagesspiegel schrieb „So anschaulich, spannend wie ein Roman, dabei sorgfältig auf Zeugnisse bauend, macht Alois Prinz mit seiner Biografie eine der originellsten politischen Persönlichkeiten dieses Jahrhunderts bekannt.“ (Buchrücken).

    * * *

    Alois Prinz8 wurde 1958 geboren. Er studierte Literaturwissenschaft und Philosophie, er lebt in der Nähe von München. Prinz veröffentlichte Biografien über Hermann Hesse, Ulrike Meinhof, Franz Kafka und auch über den Apostel Paulus und Josef Goebbels.


    © KaratekaDD


    1Prinz: Hannah Arendt, Kapitel II „Jüdin in Königsberg“

    2Vegleiche wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt, 16.01.2015

    3Prinz: Hannah Arendt, Seite 116

    4Ebenda, Seite 228, Kapitel 27 „Das Gespenst in der Glaskiste“

    5Interview: https://www.youtube.com/watch?v=J9SyTEUi6Kw

    6LB: http://www.lovelybooks.de/autor/Alois-Prinz/Hannah-Arendt-1018078603-w/rezension/1080272172/

    7Dokumentation: https://www.youtube.com/watch?v=3XSaoBgqDMI

    8Alois Prinz in der wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Alois_Prinz
  10. Cover des Buches Hitlers Helfer (ISBN: 9783641119973)
    Guido Knopp

    Hitlers Helfer

     (34)
    Aktuelle Rezension von: Trigulex
    wird bei mir immer wieder gelesen
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