Bücher mit dem Tag "erzählband"
30 Bücher
- Ferdinand von Schirach
Schuld
(552)Aktuelle Rezension von: Lina_LentgeWas ist Schuld? Was ist Unschuld? 💭 In "Tabu" von Ferdinand von Schrirach taucht man ein, in eine Welt voller moralischer Zwickmühlen und ethischer Dilemmata. Die Story, die auf wahren Begebenheiten basiert, fesselt mich von der ersten bis zur letzten Seite. ☝🏼Schirachs einzigartiger Schreibstil zieht mich mitten hinein in die komplexen Themen, ohne dabei verwirrend zu wirken. 💡
Meine Meinung zu "Tabu" ist klar: Es ist ein verstörend gutes Buch. Schirach gelingt es, die Lesenden mit seinen klaren und prägnanten Sätzen zu fesseln, ohne dabei an inhaltlicher Tiefe einzubüßen. Das Buch habe ich förmlich verschlungen und konnte es an einem Tag nicht aus der Hand legen. Es ist ein weiteres Meisterwerk des Autors, das mich tief beeindruckt hat und noch lange nachhallen wird.
- Alice Munro
Wozu wollen Sie das wissen?
(32)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerDer Einstieg in Elf Geschichten aus meiner Familie, wie der Untertitel des Buches lautet, beginnt in Schottland. In diesen Teilen des Buches ist der Leser mehr gefordert als in den späteren. Manche Sätze muss man hier zweimal lesen, um ihren Bedeutungsgehalt ganz zu erfassen und für den Fortgang der Geschichte im Gedächtnis zu behalten. Aber auch der Autorin, die sich Nobelpreisträgerin nennen darf, dürften die Recherchen zu den Anfangsgeschichten einiges mehr abverlangt haben als zu spüren ist. Was angesichts des zeitlichen Unterschieds des Lebens der Autorin zu dem von ihren Vorfahren Erlebten auch verständlich erscheint. Die Teile der Geschichten, die in Kanada und in den USA spielen, lesen sich wesentlich leichter. Eventuell muss der Anfang sogar als literarisch qualitativ höherwertig angesehen werden. - Mehr Interesse möchte ich dem Haupttitel widmen. Will Frau Munro damit eine Interaktion zwischen ihr und ihren Lesern hervorrufen? Ähnlich wie es bei Theateraufführungen schon seit Längerem der Fall ist. Das dürfte allenfalls bei einer von ihr veranstalteten Buchlesung funktionieren, weil nur da, also unter Anwesenden, eine echte und gleichzeitige Aktion und Reaktion stattfinden kann und nicht bloß eine „Gefällt-mir-Button-Reaktion“. Für Rezensionen bedurfte es keines solchen Buchtitels. Sie kommen unaufgefordert. Die im Haupttitel ganz simpel verstandene Frage müsste sonach ganz banal mit „weil ich gerne lese“ oder „weil ich gerne Familiengeschichten lese“ beantwortet werden. Indes erklärt sich der Buchtitel noch einfacher. Die Autorin wurde bei ihrer Anfrage nach Kirchengeschichten in der Bibliothek des Colleges, an dem sie und ihr Mann studiert hatten, danach gefragt, wozu sie das wissen wolle. Weshalb sie diese Frage, die einem Benutzer eines deutschen Archivs eventuell genau so gestellt worden wäre, zum Buchtitel gewählt hat, bleibt ihr Geheimnis. Der Leser kann da nur spekulieren. - Nach diesem Vorgeplänkel nun doch auch noch ein paar Worte zum Inhalt des Buches. Einerseits bringt die Geschichte einer Auswanderer-Familie nichts Besonderes. Auswanderergeschichten kennt die Literatur viele, aus vermutlich allen "alten" Erdteilen und für wohl alle Kontinente. Solche Geschichten liegen angeblich derzeit sogar im Trend. Bemerkenswert ist jedoch die Art und Weise, wie sich Munro der inneren Verfassung ihrer Hauptfiguren annimmt. In den von ihr beschriebenen Charakteren kann jeder Leser Züge seiner Vorfahren und in gewisser Weise auch von sich selbst finden. Damit erfüllt das Buch die wichtigste Voraussetzung für ein reges Interesse ihrer Leserschaft, will diese doch in jedem literarischen Produkt in ihren eigenen Gedanken und Emotionen angesprochen werden. Ein zweiter Punkt, den ich hervorheben möchte, ist der treffende und manchmal lakonisch wirkende Schreibstil der Autorin. Ein Beispiel: Ihre an sich selbst gerichtete Frage, weshalb sie von der Familie Mountjoy, der sie in jungen Jahren als Dienstmädchen - gedichtet oder real - gedient hatte eine Art von Gleichgestelltheit eingefordert hatte, beantwortet sie mit dem Satz: „Alles, weil ich jung war und über Nausikaa Bescheid wusste“. Damit bin ich bei einem dritten, für mich erwähnenswerten Punkt angelangt. Am meisten besticht das Buch vermutlich durch die Darstellung dessen, wie sich die Lebensumstände und die Denk- und Lebensweise der Menschen im Laufe der verschiedenen Generationen, während der die Geschichte spielt, geändert haben. Man will kaum glauben, wie wenig einerseits und doch auch wieder wie stark sich anderseits nicht nur der technische und wirtschaftliche Fortschritt früherer Zeiten, sondern vor allem auch das Lebensgefühl der Menschen von heute gegenüber damals geändert haben. Munro macht einem die alte Weisheit, dass nur die Veränderung Bestand hat, eindrucksvoll bewusst. - Ein Buch, das vor allem wegen dieses zuletzt genannten Grundes wärmstens als Lektüre empfohlen werden kann.
- Alice Munro
Himmel und Hölle
(99)Aktuelle Rezension von: rumble-beeIch habe schon viel von Alice Munro gelesen. Immer - oder zumindest oft - geht es um ungewöhnliche Frauen und ihre Schicksale, um die Bedeutung von lebensverändernden Ereignissen, um die Verstrickungen innerhalb von Familie und Freundeskreis. Dieses Buch habe ich jedoch, aus welchem Grund auch immer, als "besonders" empfunden. Besonders düster in den Untertönen, besonders weitreichend in den Konsequenzen, die man gedanklich ziehen kann.
Ungewöhnlich oft geht es in diesen neun Geschichten zum Beispiel um den Tod und das Lebensende. In "Trost" sucht zum Beispiel eine Frau nach dem Tod ihres schwer kranken Mannes verzweifelt nach einem Abschiedsbrief - und entdeckt dabei Unglaubliches. Vielleicht hat sie ihren eigenen Mann kaum wirklich gekannt...? In "Was in Erinnerung bleibt" begegnen sich ein Mann und eine Frau auf einer Beerdigung. Was nicht ohne Folgen bleibt. In "Eine schwimmende Brücke" macht eine schwer krebskranke Frau eine charmante Spritztour mit einem jungen Mann. Und in "Der Bär klettert über den Berg" schließlich sieht sich ein alternder Universitätsdozent mit der schwierigen Situation konfrontiert, seine an Alzheimer erkrankte Frau in ein Heim geben zu müssen.
Gerade letztere Geschichte hatte mich dazu bewogen, dieses Buch zu lesen. Denn sie ist vor einigen Jahren grandios verfilmt worden, mit Julie Christie in der Rolle der an Alzheimer erkrankten Frau. "An ihrer Seite" heißt der Film, soweit ich mich erinnere. Mich hat beeindruckt zu sehen, dass die Kurzgeschichte eigentlich mit einem Minimum an Worten und Szenen mindestens ebenso viel ausgedrückt hat wie der ganze Film! Das kann eine Alice Munro! Sie zieht einige Pinselstriche, porträtiert ihre Figuren gekonnt, und schon entstehen ganze Landschaften und Schicksale vor dem inneren Auge des Lesers. Auch die moralische Problematik fand ich hervorragend getroffen. Ist ein Mensch, der sich nicht mehr an mich erinnert, für mich überhaupt noch derselbe...? Ich hatte einen dicken Kloß im Hals.
Ja, ich fand es diesmal nicht ganz leicht zu lesen, dieses Buch. Man musste schon nach jeder Geschichte pausieren. Manchmal auch mittendrin. Aber der Titel der Sammlung - zumindest der deutschen Fassung - ist ausgesprochen gelungen. (Das englische Buch wurde hingegen einfach nach der ersten Geschichte benannt. Nicht immer sind veränderte deutsche Buchtitel ein Fehler!) Denn wer definiert schon Himmel und Hölle? Immer ist auch ein Körnchen des einen im anderen enthalten. Das verdeutlicht diese Sammlung auf zutiefst berührende Weise. - Haruki Murakami
Der Elefant verschwindet
(188)Aktuelle Rezension von: Jana_hat_buecherIn acht Kurzgeschichten bringt uns Murakami die Schlichtheit der Dinge nahe. Geschichten über einen Elefanten, der verschwindet, über eine Frau, die über einen langen Zeitraum nicht schlafen kann oder einen Mann, der seine Katze sucht. Keine großartigen Ereignisse und trotzdem findet der Autor in diesen Kleinigkeiten Dinge zum Vorschein, die man als Leser nicht erwartet hätte.
Manche Geschichten haben mir äußerst gut gefallen und manche überhaupt nicht. Daher glaube ich, dass dieses Buch ein guter Einstieg war in Murakami's Werke und man sich bei seinen anderen Werken komplett in den Geschichten verlieren kann. Bis jetzt habe ich kaum Bücher von asiatischen Autoren gelesen und von Stil waren sie bis jetzt immer sehr ähnlich. Aktuell bin ich noch unschlüssig, ob es meinen Lesevorlieben entspricht, aber es ist auf jeden Fall einen erneuten Versuch wert.
- Meir Shalev
Mein Wildgarten
(6)Aktuelle Rezension von: killmonotonyMeir Shalev erzählt in seinem Buch „Mein Wildgarten“viele kleine Geschichten über seinen Wildgarten und den Lebewesen, die sich in diesem tummeln. Aufmerksam beobachtet er die Gewohnheiten der Tierwelt und das Wachsen, Blühen und Sterben der Pflanzen. Shalev berichtet jedoch nicht nur ausschließlich über seinen Wildgarten, sondern streut noch Erzählungen aus Mythologie und Volkssagen, Bibelstellen und -verse und Anekdoten aus seinem Leben ein. Nicht selten ist er dabei witzig, und das auf eine sehr charmante Art. Shalev lässt uns teilhaben an seinen innersten Gedanken und Gefühlen zu seinen Wildpflanzen und den Gartenbewohnern. Er lehrt uns, wie man richtig sät und anpflanzt, wie man eine Pflanze am Leben erhalten kann, sollte sie plötzlich dahindarben, und er zeigt uns, wie man neben der Schönheit des Gartens zusätzlich eine kleine Freude für die Geschmacksknospen ernten kann. Im Buch sind wunderschöne Illustrationen gestreut, teils farbig, teils in Grau gehalten, die uns die Schönheit der beschriebenen Blumen und Pflanzen näher bringen sollen – was sie auch tun! Jede einzelne Illustration ist ein wahrer Augenschmaus.
Ich bin kein Naturforscher und auch keiner von denen, die Bäume umarmen und mit Sträuchern sprechen, aber selbst Laien wie ich merken, dass Pflanzen Empfindungen und Reaktionen zeigen können und komplexer und höher entwickelt sind, als wir komplexere und hochentwickelte Säuger es anderen Existenzformen zuzusprechen bereit sind.
In „Mein Wildgarten“ kann man einen wahren Schatz an tollen Erzählungen und Anekdoten entdecken. Shalev schafft es, seinen Wildgarten, Bibelpassagen, Kuriositäten und wundersame Fakten der Etymologie bestimmter hebräischer oder arabischer Wörter thematisch unter einen Hut zu packen, und versehen mit vielen wunderschönen Illustrationen kam dann dieses Perlchen heraus. Der Autor erzählt, wie er vor etlichen Jahren sein kleines Häuschen mit angrenzendem Garten gekauft und in diesem begonnen hat, Wildpflanzen hochzuziehen, dabei immerfort weiterzulernen über die Welt der Pflanzen und besonders, wie man auf die speziellen Bedürfnisse jedes einzelnen Baums und Strauchs eingeht. Shalev empfindet eine tiefe Zuneigung für seinen Wildgarten und alles, was in ihm wächst und wohnt, so schmerzt es ihn besonders, wenn eine geliebte Blume auf einmal nicht mehr wächst oder aber ein langjähriger Freund in Form eines Baumes plötzlich ausdörrt und nicht mehr zu retten ist. So pflegt Shalev intensive Beziehungen zu seinen Pflanzen und imitiert das ein oder andere Mal sogar Gespräche zwischen diesen.
Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: http://killmonotony.wordpress.com
- Judith Hermann
Lettipark
(33)Aktuelle Rezension von: simone_richterJudith Hermann hat hier nun einen Erzählband geschrieben. Dieser handelt mehr von Gefühlen als um richtige Befindlichkeiten. Somit enden sie mit dem Nachgrübeln über diese Gefühle. Die Personen dieses Bandes stehen in der Mitte des Lebens und haben ihre Erinnerungen und Wendepunkte. So geht es um Abschied, Alter, Tod und Enttäuschung. Einfach und auf den Punkt gebracht ist das für die Personen und ihren Empfindungen. Es sind kurze Augenblicke, in denen sich die Komplexität des Alltags widerspiegeln. Man muss es mögen und wohl auch die richtige Haltung dazu haben. Das schließt auch ein, diese Prosa als poetisch stehen zu lassen und nicht groß darüber nachzudenken. Eben den Augenblick der Zeilen genießen - die Stimmungen der Erzählungen von der Zufälligkeit und der Sprödigkeit der Welt. Das ist minimal, d. h., manchmal nur auf 6 Seiten beschrieben. Sind wir nicht alle Personen, die davon träumen auszubrechen, dabei aber vielleicht schon angekommen sind? So bin ich zum Schluss angekommen bei dem Ende, aber eigentlich auch nicht. Wer also einfach den Moment erlesen will und nicht nach einem roten Faden sucht, der wird hier kurz und lyrisch unterhalten.
- Oguz Atay
Warten auf die Angst
(7)Aktuelle Rezension von: binookiIch bin so glücklich, dass wir mit Oğuz Atay starten durften. Er ist so ein "durchgeknallter" Kerl (möge er in Frieden ruhen) und so ein großartiger Schriftsteller. Es ist mir eine große Freude ihn auf Deutsch zu lesen und es ist mir eine noch größere Ehre ihn verlegen zu dürfen. - Bernhard Schlink
Abschiedsfarben
(56)Aktuelle Rezension von: alenadesi„Ein Schmerz, der pocht und pocht. Manchmal lässt das nächste Pochen auf sich warten. Man denkt, man hat’s hinter sich. Aber es verspätet sich nur und tut so weh wie das letzte.“ S. 24
Abschiede. Meistens tun sie weh. Jemand verschwindet, geht aus deinem Leben. Manche für Jahre, manche für immer. Der beste Freund, das geliebte Haustier, eine ehemalige Klassenkameradin. Und dann bleibt nichts zurück als Trauer, Schmerz und Erinnerungen. Manchmal kaum aushaltbar.
„Ich laufe durch die Straßen, weil die Erinnerungen dann nicht so weh tun, wie wenn ich zu Hause sitze, aber sie tun weh.“ S. 218
Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand von heute auf morgen aus deinem Leben verschwindet, weil er einfach untertaucht, jeden Kontakt abbricht. Oder sich umgebracht hat. Oder nach langer Krankheit gestorben ist. Es tut immer weh. Manchmal noch nach Jahren.
„Meine Trauer legt sich auf alles, sie macht mich müde, sie ist ein schwarzes Wasser, ein schwarzer See, in dem ich ertrinke, unentwegt ertrinke.“ S. 115
Dieses Buch mit seinen neun Kurzgeschichten ist ein guter Begleiter in Zeiten von Verlusten, von Trauer, von Abschieden. Manches passiert so unverhofft, dass es einem die Kehle zuschnürt. Jahrelang. - Alice Munro
Tanz der seligen Geister
(45)Aktuelle Rezension von: pardenVOM ERWACHSENWERDEN...
Schon lange befindet sich dieser Band von 15 Erzählungen in meinem Regal - zufällig sogar das Debüt der kanadischen Schriftstellerin (Erstveröffentlichung 1968) -, und spätestens seit Alice Munro 2013 den Nobelpreis für Literatur erhielt, war ich neugierig auf dieses Buch. Doch erst jetzt nahm ich mir die Zeit für die Lektüre und kann schon so viel vorweg verraten: es wird für mich nicht das letzte Buch der 1931 geborenen Preisträgerin gewesen sein.
Das verbindende Glied der 15 Erzählungen ist im weiteren Sinne der Abschied von der Kindheit, das Finden eines eigenen Weges. Angesiedelt sind die Geschichten etwa in den 40er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der kanadischen Provinz, und wie ich gelesen habe, beinhalten sie zahlreiche autobiografische Erlebnisse der Schriftstellerin. Dies lässt die meist zwischen 20 und 30 Seiten langen Erzählungen in einem besonderen Licht erscheinen.
"Es gibt nichts, was du im Augenblick tun kannst, außer die Hände in die Taschen zu stecken und dir ein unvoreingenommenes Herz zu bewahren." (S. 55)
Aber auch ohne dieses Wissen konnte mich Alice Munros Schreibstil beeindrucken: präzise, unsentimental und intensiv, dabei oftmals poetisch und melancholisch, zeitweise ironisch, immer aber durchzogen von einer tiefen Ernsthaftigkeit. Die Unausweichlichkeit der geschilderten Situationen wird dem Leser vor Augen geführt, nur gelegentlich begleitet von einem leisen Bedauern, stets aber mit der immensen Bedeutung des Geschilderten für das Schicksal der jeweiligen Hauptperson im Fokus. In wenigen Sätzen skizziert Munro den oftmals eher tristen Ort, die Situation, das Geschehen und schafft so ein scharfes Bild, das ein Wegschauen unmöglich macht.
"Wie die Kinder im Märchen, die gesehen haben, dass ihre Eltern mit furchterregenden Fremden einen Pakt schlossen, die entdeckt haben, dass unsere Ängste auf nichts als der Wahrheit beruhen, die aber nach wundersamer Rettung aus Gefahr heil nach Hause kehren, artig und wohlerzogen zu Messer und Gabel greifen und vergnügt bis an ihr seliges Ende leben - wie sie, von den Geheimnissen benommen und mit Macht begabt, sagte ich nie auch nur ein Wort." (S.79)
Die einzelnen Geschichten hier vorzustellen, würde m.E. den Rahmen sprengen, und so schließe ich die Rezension mit der Erwähnung meines anfänglichen Erstaunens und der mit dem Lesen wachsenden Erkenntnis, dass auch und gerade das Schreiben von Kurzgeschichten eine Kunst ist - eine so hohe, dass Alice Munro, die 13 Erzählbände und nur einen einzigen Roman geschrieben hat, den Nobelpreis für Literatur in meinen Augen zu Recht gewonnen hat. Eben als "Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschichte". Chapeau.
Für mich mit Sicherheit nicht das letzte Buch dieser Schriftstellerin!
© Parden - Ephraim Kishon
Die netten Nachbarn
(5)Aktuelle Rezension von: pardenMODERNES COVER, ALTBACKENER HUMOR...
Nachbarn und ihre Eigenheiten sind ein fast unerschöpfliches Thema für jedermann. Die Familie Kishon lebt Tür an Tür mit Felix und Erna Selig. Ob es um die Lautstärke geht, mit der man Musik hören darf, ob ausgelassene Feste erlaubt sind oder die Renovierung der Wohnung, bei der alle mitleiden - Nachbarn sind eine besondere Spezies, die einem das Leben nicht immer leicht macht. Doch ohne sie wäre unser Leben so viel ärmer, denn auch die Hilfe unter Nachbarn ist legendär. Die Familie Kishon jedenfalls erlebt viel Abenteuerliches mit ihren lieben Nachbarn.
Vielleicht ist Kishons Zeit allmählich doch vorbei (gestorben ist der israelische Schriftsteller bereits 2005)? In meiner Jugend habe ich etliche seiner unterhaltsamen Geschichten gelesen und diese Mischung aus überzogenem Humor und Selbstironie stets zu schätzen gewusst. Diesmal allerdings gingen mir manche Erzählungen irgendwie auf die Nerven, weil sie für mich 'zu drüber' waren als dass sie für mich amüsant hätten wirken können.
Ob nun das nachbarliche Radio, das durch den heimischen Rasierapparat gestört wird, das Wegschauen der Nachbarn bei einem wiederholten nächtlichen Einbruch in dem Betrieb gegenüber oder die Tratschgewohnheiten unter Nachbarn - irgendwie hat mich diesmal keine der Geschichten so recht überzeugt. Es mag an der vom Verlag gewählten Zusammenstellung liegen, aber womöglich liegt mir der Humor Kishons auch einfach nicht mehr...
Eine flotte Lektüre, ganz nett für zwischendurch, aber in nächster Zeit werde ich um Ephraim Kishon wohl eher einen großen Bogen machen...
© Parden
- Terézia Mora
Die Liebe unter Aliens
(17)Aktuelle Rezension von: BlacksallyMeine Meinung:
Kurzgeschichten mag ich an sich sehr gerne. Bei Bänden mit Kurzgeschichten hat man meistens ein paar die man sehr gut findet und auch 1-2 die man nicht so mag.
Hier ging es mir etwas anders.
Leider bin ich mit dem Schreibstil der Autorin nicht wirklich warm geworden. Mir hat etwas gefehlt, und das waren nicht nur die Striche, wenn jemand etwas sagt.
Die Gefühle usw. sind gut rüber gekommen, wir haben hier insgesamt 11 Kurzgeschichten, die alle etwas melancholisch waren und zum Nachdenken anregen. Jedoch bin ich mit den meisten nicht wirklich warm geworden.
Ich hatte bei keiner der Geschichten das Gefühl das es einen richtigen Abschluss gab. Was sehr schade war.
Dennoch könnte ich mir vorstellen das der Schreibstil an sich, einigen Personen gefallen könnte. Für mich war dieses Buch leider nichts.
- Chris Priestley
Onkel Montagues Schauergeschichten 1
(207)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderEdgar muss jedes mal mitten durch den Wald gehen, wenn er zu seinem Onkel Montague möchte. Es macht ihm aber nichts aus, denn die Geschichten die der Onkel immer auf Lager hat sind einfach spitze! Spannend, gruselig, lustig und mit seinem Diener Franz lebt er selbst in einer etwas gruseligen Umgebung. Das alte Haus von Edgars Onkel birgt selbst einige düstere Geheimnisse.
Die Geschichten sind einfach klasse geschrieben und unterstützt durch die tollen Illustrationen von David Roberst, werden die Geschichten richtig lebendig.
- Han Kang
Weiß
(50)Aktuelle Rezension von: Obst4Unglaublich lyrische Sprache bekommt man mit dem dünnen Büchlein zu lesen. Es geht um Verlust und um Trauer über eine ältere Schwester die wenige Stunden nach ihrer Geburt verstarb und deren Tot die gesamte Familie geprägt hat. Sogar die Ich Erzählerin (Han Kang selbst?)
Weswegen es einen Stern Abzug gibt;
Die Trauer um die verstorbene ältere Schwester ist riesengroß - da gibt es aber noch einen verstorbenen Bruder…..der in 2 Sätzen kurz erwähnt wird…..
- Margaret Atwood
Die steinerne Matratze
(13)Aktuelle Rezension von: dunkelbuchGegenstand der neun Erzählungen sind immer ältere Herrschaften, die sich jedoch nicht durch ihre Gebrechen und Widrigkeiten kleinkriegen lassen. Ausgehend von ihren aktuellen Seniorendasein erinnern sie sich an ihre wilde Jugendzeit in den 60er und 70er Jahren. Mit Sarkasmus und innerer Gelassenheit begegnet sie dem Leben.
Absurde Ausgangssituationen und noch abstrusere Wendungen. Ich liebte das Gefühl, überhaupt nicht erahnen zu können, was einen in der nächsten Geschichte erwartet. Und deswegen werde ich es auch nicht verraten.
Zwischen Mord und Fantasy: Die durchwegs bejahrten Heldinnen, sind zäher, kampfbereiter und poetischer als ihre - jüngere - Umwelt sich träumen lässt.
Süffisante Erzählungen.....
- Michela Murgia
Drei Schalen
(9)Aktuelle Rezension von: ins_lebenlesenDie Autorin und Aktivistin gegen die italienische Rechte Michela Murgia machte im Frühjahr letzten Jahres ihre schwere Krankheit öffentlich. Kurz nach Erscheinen ihres Erzählbandes DREI SCHALEN in Italien verstarb sie im Alter von nur 51 Jahren im August 2023.
DREI SCHALEN ist ein Abschied und zugleich eine Ermutigung, sich mit Veränderungen, scheinen sie auch noch so ungangbar zu sein, auseinanderzusetzen, Herausforderungen nicht den Kampf anzusagen, sondern sie anzunehmen und daran zu wachsen.
Die erste Geschichte UNÜBERSETZBARER AUSDRUCK erzählt genau in diesem Geist von der Diagnose, deren Name nicht aussprechbar ist. Worte, wie KREBS oder KARZINOM manifestieren Gewissheiten und geben ihnen eine Bedeutung, die dem Gefühl, das die Ich-Erzählerin im Innern trägt, nicht entspricht. Verbundenheit findet sie in einer fremden Sprache.
Michela Murgia nähert sich dem Existenziellen von hinten, indem sie das Verborgene im Sichtbaren, im Banalen beschreibt. In der Geschichte DREI SCHALEN zeigt sich der Schmerz über das Verlassenwerden nicht im Schmerz selbst, sondern in wochenlangem Erbrechen. Heilung geschieht durch Routinen und Ordnung, die den äußeren Rahmen schaffen, die Trauer zu überwinden.
Zwölf Kurzgeschichten reihen sich wie eine Perlenkette aneinander, die in sich geschlossen sind und doch Berührungspunkte haben. Eigentlich wollte Michela Murgia ihr letztes Werk als Essay schreiben, hat sich aber überzeugen lassen, dass „sie mithilfe der Literatur weniger Eindeutiges sagen kann, ja sogar Dinge, die ihrer eigenen Meinung widersprechen“, sagt sie in einem Interview.
In klaren ungeschönten Worten, die aber immer auch etwas Versöhnliches haben, erzählt sie mit viel Humor und Elementen der Satire aus ihrem Innern und den Unruhen in der Gesellschaft. Sie dreht sich selbst die Worte im Mund herum, schafft immer neue Perspektiven auf peDie lesbische Frau, die eine künstliche Schwangerschaft anstrebt und dabei Kinder hasst, ist für mich das beste Beispiel, wie Murgia ihre Geschichten erzählt. Die Vorzeichen werden vertauscht, man weiß nicht mehr wo oben und unten, was richtig oder falsch ist. Und man fängt an zu denken. Und zu fühlen.
Das Kleid, das sie in der ersten Geschichte beim Besuch des Onkologen trägt, ist vielleicht das, das in der letzten Geschichte nach ihrer Beerdigung im Wind flattert und auf jemanden wartet, der es mitnimmt und sich darin einhüllt. Kreise schließen sich.
Große Empfehlung. - Julian Barnes
Unbefugtes Betreten
(15)Aktuelle Rezension von: skywatcherIn seinen klugen, manchmal auch lustigen Kurzgeschichten beschreibt Julian Barnes die Liebe in ihren verschiedenen Facetten, zwischen zwei Eheleuten, die schon lange zusammen sind, zwischen zwei Bekanntschaften, die sich so eben kennengelernt haben, das Ende der Liebe und auch der neuen Liebe nach einer Scheidung und der Liebe zu einer besten Freundin und gleichzeutigen Rivalin.
Die Zusammenstellung der Geschichten ist gut gewählt, nicht alle haben mir gefallen, aber die Sprache Barnes' überzeugt immer. - Ángel Santiesteban
Wölfe in der Nacht
(2)Aktuelle Rezension von: pardenDESILLUSIONIEREND...
Der Erzählungsband »Wölfe in der Nacht« des kubanischen Autors Ángel Santiesteban erzählt von einem anderen Kuba, fern der Postkartenidylle und des scheinbar so karibisch-leichten Lebensflairs: verstörend, eindringlich, hochpolitisch. Unbeirrbar erhebt der Kubaner Ángel Santiesteban seine Stimme gegen Willkür und Unterdrückung. Seine Erzählungen sind durchwebt von eigenen Erfahrungen, ihr Spektrum reicht von phantastisch bis zu erschütternd real: Da verschwindet eine Figur aus ihrem Roman, um der Zensur zu entgehen; eine hungrige Meute Männer zieht im Dunkel der Nacht los, um das Fleisch toter Rinder zu stehlen; inmitten einer ausgelassenen Feier suchen einen Soldaten Erinnerungen an den Angola-Krieg heim. (Verlagsbeschreibung)
Um die Bedeutung des Buches zu unterstreichen, möchte ich hier ausnahmsweise die Informationen zum Autor voranstellen: "Ángel Santiesteban, geboren 1966 in Havanna, ist das literarische Gewissen Kubas. Jahrelang war er der gefeierte Autor seiner Generation und wurde mit allen wichtigen Literaturpreisen des Landes ausgezeichnet. Nachdem er einen regimekritischen Blog zu schreiben begann, wurde er wiederholt bedroht und schließlich zu einer Haftstrafe verurteilt. Auf Druck des Writers in Prison Committee (WiPC) des PEN International wurde er im Juli 2015 bedingt aus der Haft entlassen, darf aber in Kuba nicht publizieren. 2020 wurde er von der Václav Havel Library Foundation mit dem renommierten »Disturbing the Peace Award« ausgezeichnet." (S. Fischer Verlage)
Entsprechend kritisch, nachdenklich, melancholisch, bedrückend, unbequem muss man sich diese Erzählungen auch vorstellen. In schnörkellosem und direktem Schreibstil legt der Autor den Finger in die Wunde, beschreibt verstörende Lebenswelten und präsentiert ein ums andere Mal eine existentielle Verlorenheit, die teilweise beim Lesen kaum erträglich ist. Armut, Repressalien, Willkür, verlorene Träume, Kriegserlebnisse in Angola, Gefängnisgeschichten sind dabei immer wiederkehrende Themen. Mehr als einmal stellt sich da die Frage: Wann wird der Mensch zum Tier?
Die Erzählungen werden teilweise auf realer Ebene erzählt, teilweise gleiten sie jedoch auch ins Fantastische ab, was die Eindringlichkeit jedoch nicht schmälert. Mehr als einmal überschreitet der Autor dabei die Ekelgrenze in seiner detaillierten Schilderung bestimmter Zustände, und mehr als einmal wollte ich nicht mehr hinschauen. Doch Durchhalten lohnt sich, auch wenn ich dringend empfehle, die Erzählungen nur wohldosiert zu lesen.
Ein erschütternder Erzählband von einem, der sich den Mund nicht verbieten lässt...
© Parden
- Eva Menasse
Tiere für Fortgeschrittene
(12)Aktuelle Rezension von: wandablueWie gewohnt eloquent, befasst sich Eva Menasse in acht Geschichten mit den modernen Themen unserer Zeit: Patchworkfamilie, Demenz, der Beinaheheld oder die Beinaheaffäre, Wissenschaftler-Konferenz, - man soll die Welt retten, hat aber keine Ahnung wie- , Wildwechsel und/oder Pädophilie, Mobbing, Scheidung bez. Neuanfang und schließlich Entfremdung.
Die Autorin schickt diesen Geschichten seltsame Phänomene aus der Tierwelt voraus. Den Zusammenhang mit den Stories muss man sich erarbeiten, man kann ihn aber auch vernachlässigen und diese Auszüge einfach als interessante Information aufnehmen.
Die Stories haben allesamt einen depressiven Grundton, den zu ertragen mir schwer fiel, sie waren teilweise auch difus und interpretationsbedürftig. Letztlich haben sie mich nicht so angesprochen, wie ich es mir gewünscht hätte.
Fazit: Eigenwillig und interpreationsbedürftig.
Kategorie: Kurzgeschichten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch, 2017 - Matthias Thurau
Das Maurerdekolleté des Lebens: Drei surreale Geschichten
(3)Aktuelle Rezension von: Fuxich„Das Maurerdekolleté des Lebens“ war mein zweites Buch von Matthias Thurau und hat mich – genau wie sein Gedichtband „Alte Milch“ – nicht enttäuscht.
Das Buch gliedert sich in drei Teile, in denen es um Theo geht, der sich in den Irrungen und Wirrungen der Realität verliert und dadurch die Leser*innen mit Sicherheit mehr als einmal an ebendieser Zweifeln lässt.
Der Autor legt dabei einen interessanten und absolut hochkarätigen Sprachstil an den Tag, wodurch er mich sehr tief in das aufgespannte Labyrinth hineingezogen hat. An dieser Stelle möchte ich die Warnung aussprechen, dass in einer speziellen Szene des Buches (in der ersten Erzählung) definitiv mit dem Thema Ekel gearbeitet wird. Leser*innen mit schwachem Magen mögen sich also rüsten.
Besonders gut haben mir die Naturbeschreibungen der zweiten Erzählung gefallen, in denen das umfangreiche philosophische Wissen und Denken des Autors durchschimmern. Generell sehe ich die Erzählungen als Denkanstoß. Ich habe mehrfach beim Lesen das Buch zugeklappt, gegrinst und mich über einen Erkenntnismoment gefreut (z.B. im Bezug auf die "Beutelmänner" der ersten Erzählung).
Lesenswert sind auch das Vor- und Nachwort, welche einen schönen Rahmen für die Erzählungen setzen und Deutungsvorschläge des Autors anbieten. Rundum ein wirklich gelungenes Werk!
Ich empfehle dieses Buch vor allem Fans der Phantastik, des Skurrilen, Philosophischen und anspruchsvoller Literatur und bin mir sicher, dass keiner von ihnen enttäuscht wird.
- Annie Proulx
Hier hat's mir schon immer gefallen
(8)Aktuelle Rezension von: pardenNEUN ERZÄHLUNGEN AUS WYOMING...
Wyoming ist Annie Proulxs Revier, eine unwirtliche, bizarr-schöne Gegend, der am dünnsten besiedelte Staat der USA, Schauplatz auch ihres Meisterwerks »Brokeback Mountain«. Wie kaum einer kennt sie dieses Land der Berge und Prärien, der sturen Farmer und neureichen Millionäre, und sie schreibt darüber voller Sympathie und Ironie. In neun neuen Geschichten, von der Prähistorie über die Pionier- und Postkutschenzeit bis zur Gegenwart von Gasboom und Irakkrieg, erzählt Annie Proulx von den Mythen und Menschen Wyomings – lakonisch, witzig, unvergesslich. (Klappentext)
Die Erzählungen dieses Bandes spieln zu sehr unterschiedlichen Zeiten und haben auch jeweils andere Schwerpunkte. Zwei Geschichten über den Teufel stechen allerdings aus der Sammlung heraus, denn hier ist (zumindest für mich) nicht ersichtlich, dass sie unbeding in Wyoming spielen - für den Rest trifft das jedoch zu.
"Die einen lebten und die anderen starben, so war das eben."
Dieser eine Satz macht die lakonische Haltung deutlich, die in den Erzählungen vorherrscht. In den Teufelgeschichten gesellt sich ein klein wenig an bösem Humor dazu, aber allen Geschichten gemein ist, dass sie nicht zum Happy End neigen. Es gibt wunderschöne Naturbeschreibungen, die mit den Bergen und Prärien das Bild einer herb-spröden Gegend mit ganz eigenem Reiz hervorrufen. Aber der Menschenschlag - egal zu welcher Zeit die jeweilige Erzählung spielt - scheint wenig zugänglich zu sein. Es gibt kaum Zärtlichkeiten, das Zusammenleben wird von alltäglichen Notwendigkeiten und wenig gegenseitiger Beachtung bestimmt, das Leben ist immer ein einsames. Und man hat gefälligst ein Leben zu führen, das den Erwartungen der anderen entspricht.
So zeichnen sich hier oft bitter-düstere Lebensentwürfe ab, zusätzlich geprägt durch Schicksalsschläge, die man ebenso wie das Wetter und die Familie, in die man zufällig hineingeboren wurde, pragmatisch zu ertragen hat. Man kann sich bei diesen Erzählungen sicher sein: kaum zeichnet sich mal etwas Licht am Horizont ab, ein kleiner Hoffnungsschimmer, kommt gleich der Hammer hinterher und zerschlägt alles, was die Zukunft hätte rosiger aussehen lassen.
Diese sich durchziehende Stimmung hat mir das Lesen etwas erschwert. Für mich muss es nicht die rosarote Brille sein, auch nicht das klebrigsüße Happy End - aber diese so lakonisch zur Schau getragene Hoffnungslosigkeit hinsichtlich der Möglichkeit, die persönliche Lage zum Positiven zu ändern, fand ich in dieser geballten Form doch viel. Wie immer bei einem Erzählband gefielen mir manche Geschichten besser als andere, aber den Tenor der meisten Erzählungen fand ich gleichermaßen bedrückend. Am unterhaltsamsten fand ich persönlich dabei die kleine Gruselgeschichte um einen Beifußstrauch.
Vielleicht ist es die unerbittliche Landschaft Wyomings, die die Menschen dort prägt und so werden lässt, wie sie hier erscheinen. Die Schilderungen wirken jedenfalls, als wüsste Annie Proulx, wovon sie spricht. Das ändert aber nichts daran, dass ich die Erzählungen oftmals eher als bedrückend empfand. Alles in allem durchaus interessant und lesenswert, aber für mich persönlich kein Highlight...
© Parden
- Angelika Stephan
Entflammtes Herz
(3)Aktuelle Rezension von: AsmodiWas ist das? Es ist spaßig, es ist verspielt und es ist spannend. Nein, es ist kein Überraschungsei. Es ist ein Buch! Ein Erzählband mit Prosa und Lyrik. Angelika Stephans im Engelsdorfer Verlag erschienenes Werk "Entflammtes Herz" ist unterhaltsam, ulkig, ziemlich gepfeffert, sogar etwas frivol, streckenweise poetisch, oft ungestüm, sehr gefühlvoll, unaufdringlich tiefsinnig, makaber, stilistisch aufputschend uneinheitlich, bunt, poppig und insgesamt ziemlich heiß. Um Rache geht's in den hier versammelten Kurzgeschichten, Aphorismen und Gedichten, um verletzte Gefühle, Trabbel mit der Haarpracht, die Berliner Mauer, Naturkatastrophen, das Verschwindenlassen von Leichen, gerechte Strafen, verschiedene Sichtweisen, Tagträume, die Zeit, die Seele, die Liebe natürlich, Erinnerungen, Masken ... Alltägliches nimmt überraschende Wendungen, die geschilderten Gefühlsmomente bergen viel Abenteuerliches, häufig spürt man zwischen den Zeilen große Nachdenklichkeit. Man ist schnell durch mit diesem schmalen, kurzweiligen Büchlein, aber nach der Lektüre noch lange nicht fertig damit. Aufgepeppt wird das Ganze zusätzlich durch wunderhübsche abstrakte Illustrationen der Essener Autorin, die sich schon als Malerin in der Kunstszene einen guten Namen gemacht hat. Wie gesagt, "Entflammtes Herz" ist kein Überraschungsei. Aber es ist definitiv was zum Vernaschen! - C'rysta Winter
Nachtschatten: Befremdliche Geschichten
(1)Aktuelle Rezension von: pardenDREI BEFREMDLICHE GESCHICHTEN...
Sie glauben die Lüneburger Heide ist ein beschauliches Fleckchen Erde? Sie irren. Denn im Hahnenbachtal kommt die ländliche Idylle beunruhigend ins Wanken. Da lauert Magdalena auf eine perfide Gelegenheit sich einen Traum zu erfüllen. Gehen Geschwister einem makabren Zeitvertreib nach. Wird eine Gartenhacke nicht nur zum Unkraut jäten verwendet …
Der Titel des schmalen Erzählbändchens kann schon als Warnung dienen, impliziert er doch Düsteres und Geheimnisvolles. Die drei befremdlichen Geschichten sind rasch gelesen, ein kurzer Snack für zwischendurch, und doch nicht so leicht verdaulich, wie die geringe Seitenzahl vielleicht vermuten lässt.
Bei einer Sammlung von Geschichten ist es nicht immer leicht, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Doch hier ist es eindeutig das Zwischenmenschliche, das im Fokus steht, geheime Wünsche, Leidenschaften, Gedanken. Das Miteinander, das zum Gegeneinander zu werden droht, der Alltag, der die Gemeinsamkeiten vertreibt, Gefühle, die verblassen und anderen Empfindungen Platz machen.
C'rysta Winter pflegt einen eher leichtfüßigen Schreibstil, die oftmals kurzen Sätze dennoch wohlgefeilt. Ein leichtes Gruseln und schwarzer Humor durchziehen die Zeilen der nur wenige Seiten umfassenden Erzählungen, kleine Überraschungen inklusive.
Ein schmaler, liebevoll gestalteter Erzählband, der die Lust der Autorin an einer subtilen Hintergründigkeit zum Ausdruck bringt.
© Parden