Bücher mit dem Tag "erzählend"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "erzählend" gekennzeichnet haben.

21 Bücher

  1. Cover des Buches Die Frau des Zeitreisenden (ISBN: 9783942656689)
    Audrey Niffenegger

    Die Frau des Zeitreisenden

     (4.371)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Die Idee ist ausgezeichnet und auch der Anfang vermag durchaus zu begeistern, doch schnell wird klar, dass hier eine gute Kurzgeschichte über die Maßen gestreckt wurde. Was zu Beginn für Spannung sorgt, verbleibt auf Dauer im Wiederkäuen des ewig Gleichen. Wenn es denn darum gehen würde, bei den ganzen, oft für die Geschichte vollkommen überflüssigen, Zeitreisen, wenigstens die Charaktere zu vertiefen, würde der Roman gefälliger werden. Aber so ist es eine Liebesgeschichte aus dem tiefsten Herzen der puritanischen USA. Keine Ahnung wie man solche Rollenbilder als gelungenen Roman abfeiern kann.

    Und wie sollte es anders sein, sind alle mir bekannten Geschichten über Zeitreisen gespickt mit Logikfehlern oder Logiklöchern. So natürlich auch hier. Zumal die Zeitreisen ja in diesem Falle lediglich Beiwerk sind, um die in Teilen brutal kitschige Liebesgeschichte zu rahmen. Und wie könnte es bei der vermuteten Zielgruppe anders sein, sind die Sexszenen dermaßen peinlich, dass man sich ob der literarischen Qualität nur schämen kann.

    Kurz: In weiten Teilen eine langweilige und redundante Liebesgeschichte mit Rollenbildern aus den 1950er Jahren. Lediglich die Grundidee ist spannend, was aber nicht im Ansatz ausreicht um 500 Seiten lesenswert zu füllen.

  2. Cover des Buches Die Abendröte im Westen (ISBN: 9783499272400)
    Cormac McCarthy

    Die Abendröte im Westen

     (56)
    Aktuelle Rezension von: Rosenthal

    Das Buch hat seinen eigenen Stellenwert und gilt als McCarthys bedeutendes Werk. Es ist allerdings auch schwere Kost, aufgrund des zähen dahin Schleichens der Geschichte durch Staub und Blut und der Tatsache, dass einem keiner der Akteure auch nur annähernd sympathisch sind. Man muss was Denkwürdiges lesen wollen und nicht Unterhaltung suchen, um dieses Buch zu mögen.

  3. Cover des Buches Das sterbende Tier (ISBN: 9783446251281)
    Philip Roth

    Das sterbende Tier

     (113)
    Aktuelle Rezension von: Miringa_83
    Dies bleibt einfach meine liebste Liebesgeschichte. Ich empfinde immer tiefes Mitleid mit dem guten Kepesh und muss doch immer über ihn lachen. Er ist in vielen Dingen so weise und ehrlich, da wünsche ich mir diese Eigenschaften wären schon vor seiner ersten Ehe etwas ausgeprägter gewesen. Im Grunde tut er mir aber doch nur leid, sorry. Einfach gut!
  4. Cover des Buches Die Kinder der Meerfrau (ISBN: 9783455401905)
    Konrad Hansen

    Die Kinder der Meerfrau

     (8)
    Aktuelle Rezension von: Thaila
    Norddeutschland, 18. Jahrhundert: Die Brüder Thiess und Momme führen ein eher einsames Leben als Fischer, als sie eines Tages eine junge Frau am Meeresstrand finden, die halb ertrunken ist. Lena weigert sich etwas über ihre Vergangenheit zu verraten. Aufgrund ihres Aussehens gilt sie im Dorf bald als die "Wendische". Da sie über die Fähigkeit verfügt zu heilen, aber auch auf magische Weise Schaden anzurichten, ist sie in der Gegend bald gleichermaßen respektiert wie gefürchtet. Zwischen Thiess, Momme und Lena entwickelt sich bald eine harmonische Dreierbeziehung. Keiner weiß, wer der Vater der vier Kinder ist, die nach und nach geboren werden - es interessiert aber auch niemanden von ihnen. Nur im Dorf gibt es Gerede und der Pfarrer wird angehalten, für Zucht und Ordnung zu sorgen. Lenas Söhne und Enkel bleiben nicht im engen Leben an der südjüdländischen Küste. Es verschlägt sie in alle Welt. Einer wird Walfänger, er arbeitet sich vom Hilfsjungen bis zum erfolgreiche Kapitän herauf. Ein anderer wird Maler und reist bis in die Karibik. Ein Enkel wird Sklavenhändler wider Willen. Indem Konrad Hansen einzelne Familienschicksale herauslöst, macht er ein breites Panorama an Themen und Landschaften auf. Leider wirkt der Roman dadurch gelegentlich überfrachtet. Weniger wäre manchmal mehr gewesen, vor allem über die weiblichen Personen der Familie hätte ich manchmal gerne mer erfahren. Die Qualität der einzelnen Erzählstränge varriert, besonders gelungen fand ich die Passagen, die auf dem Meer spielen. Die sind so eindringlich geschrieben, dass mein einen lebhaften Eindruck von der Faszination des Meeres, aber auch vom mühseligen Leben an Bord eines Segelschiffes bekommt. Insgesamt ist Die Kinder der Meerfrau ein gelungener historischer Roman, von einem Autor, der weiß wovon er schreibt.
  5. Cover des Buches Tante Julia und der Kunstschreiber (ISBN: 9783518380208)
    Mario Vargas Llosa

    Tante Julia und der Kunstschreiber

     (76)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Dieser Roman erschien mit dem Originaltitel „La tía Julia y el escribidor“ bereits 1977 und soll laut Information im Innenteil (Suhrkamp Tb, 1. Aufl. 1988) „Mario Vargas Llosas wohl beliebtester Roman“ sein. Zum einen geht es um die autobiografische Geschichte des jungen Autors, der für einen Radiosender als Nachrichtenredakteur arbeitet, nebenbei seine ersten schriftstellerischen Versuche macht und seine vierzehn Jahre ältere Tante Julia kennen- und lieben lernt. Zum anderen werden die Geschichten erzählt, die der Hörspielautor Pedro Camacho für das Radio schreibt und aufführen lässt. Die Geschichte von der erwachenden Liebe zu Tante Julia decken sich im Wesentlichen mit den entsprechenden Teilen aus den Erinnerungen in „Der Fisch im Wasser“. 

    Diese unterschiedlichen Erzählebenen hält Vargas Llosa strikt ein, immer abwechselnd. Das ändert sich erst im letzten Kapitel, das wie eine Art Epilog angefügt ist.

    Die Geschichten Camachos haben immer einen Protagonisten, der um die fünfzig Jahre alt ist, eine breite Stirn, eine Adlernase sowie einen durchdringenden Blick hat und sie haben jeweils ein offenes Ende, im Grunde einen klassischen Cliffhanger, der jedoch nie aufgelöst wird, da es, zumindest im Buch, keine Fortsetzung gibt.

    Aufgefallen ist mir auch, wie schlecht die Argentinier in den Storys wegkommen. Sie müssen für eine Menge menschlicher Unzulänglichkeiten herhalten. Das habe ich bisher in keinem anderen Buch von Vargas Llosa so in Erinnerung.

    Vargas Llosa scheint sich hier, so mein Eindruck, mit dem Beruf des Schriftstellers auseinanderzusetzen, denn größer, als zwischen ihm, dem jungen Mann, der nebenher ein paar Erzählungen schreibt, die allesamt von seinem Freund Javier verrissen werden, und dem erfolgreichen Autor von trivialen Geschichten Pedro Camacho, der sich nichts anderem widmet als dem Schreiben, könnte der Gegensatz nicht sein. Und dennoch verstehen sie sich gut und Mario wird fast der einzige Kontakt Camachos zur Außenwelt. Symptomatisch auch, dass Camacho sich in seiner Fantasie mehr und mehr verirrt.

    Der Roman zeugt von der großen Fabulierfreude und dem erzählerischen Können des Autors, aber viel mehr kann ich den teilweise absurden Geschichten nicht abgewinnen. Irgendwie erschließt sich mir der Sinn nicht so richtig. Im Gegensatz zu vielen anderen finde ich also nicht, dass es Vargas Llosas bester Roman ist. Drei Sterne.

  6. Cover des Buches Herren des Strandes (ISBN: 9783499212079)
    Jorge Amado

    Herren des Strandes

     (16)
    Aktuelle Rezension von: Argentumverde

    Nach dem gewaltsamen Tod seines Vaters wird der 15jährige Pedro Bala Anführer einer Bande von Straßenkindern. Sie nennen sich die Herren des Strandes und leben von kleinen Diebstählen und Raubüberfällen. Pedro will herausfinden, warum sein Vater erschossen wurde. Wer sind die Herren des Strandes von Bahia, die den Bewohnern der vornehmen Viertel einen solchen Schrecken einjagen, daß sie nach Polizei und Jugendrichter rufen? 

    Jorge Amado weiß sie uns aus intimer Kenntnis zu schildern, diese heimatlosen Vagabunden aller Hautfarben und Altersstufen, von neun bis sechzehn: ihren tapferen Anführer Pedro Bala und seinen Gefährten - "Hinkebein", den eleganten "Kater", den Negerjungen Joao Grande, den Mulatten Boa Vida und Joao Jose, den sie "Professor" nennen, weil er Bücher liest und zeichnen kann. Zerlumpt, hungrig und angriffslustig durchstreifen sie alle Winkel ihrer Stadt, die sie lieben wie ihre Freiheit. Sie stehlen und raufen, sie fluchen herzhaft und kennen bereits die Geheimnisse der Liebe. Sie tragen Messer bei sich und wissen sie zu gebrauchen. Doch Pater Jose, ihr verständnisvoller Freund, verteidigt die verrufenen Straßenjungen: sie sind nicht von Natur aus schlecht, das Leben hat sie zu Ausgestoßenen gemacht. Die Herren des Strandes geraten in immer neue Abenteuer.

    Mit faszinierender Intensität erzählt dieser Roman von dem Überlebenskampf einer Bande von Straßenkindern in Bahia, von ihrer Suche nach Zuflucht und Nähe. Ein außergewöhnliches, fesselndes Buch brasilianischen Schriftstellers, der seine Stimme zeitlebens den sozial Benachteiligten seiner Heimat geliehen hat. Heute aktueller denn je, ist es ein Plädoyer für Menschlichkeit und Solidarität. Ausgesprochen einfach und flüssig zu lesen, fast ein bisschen Abenteuerroman, bietet das Buch doch unendlich viel Inhalt und Kontext zwischen den Zeilen, ist ein Bildnis seiner Zeit, dass bis heute nicht an Aktualität und Intensität verloren hat. 

    Mein Fazit: Ein Jugendbuch, dass Lesern fast jeden Alters (nicht kleineren Kindern) eine ganze Fülle von Themen bietet. Die Frage nach Ethik und Moral, wenn es um das eigene Überleben geht, nach arm und reich, nach gesellschaftlichen Rahmen, nach sozialen Aspekten und vor Allem nach Menschlichkeit, wird offen und trotzdem völlig versteckt ein ums andere Mal thematisiert. Dabei liest sich das Buch locker, leicht und fließend und am Ende ist es traurig, den Herren des Strandes mit der letzten Buchseite Lebewohl sagen zu müssen.


     

  7. Cover des Buches Die Frau unseres Lebens (ISBN: 9783596297948)
    Carla Guelfenbein

    Die Frau unseres Lebens

     (20)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Theo ist Kriegsreporter und erhält eine überraschnede Einladung nach Chile. Dort soll er seinen alten Freund Antonio wieder treffen und zusammen mit ihm und seiner ehemaligen großen Liebe Weihnachten feiern. Es ist ein Wiedersehen nach vielen Jahren und jäh stehen wieder die Ereignisse im Mittelpunkt, die 1986 die Freundschaft der drei zerbrechen lies. Eine etwas zähe Angelegenheit. Die Story ist alles andere als neu und dies Dreiecksgeschichte ist von diversen Autoren schon viel besser erzählt worden. Schade, die Spannung verliert sich bereits auf den ersten 80 Seiten des Buches.

  8. Cover des Buches Der Scherz (ISBN: 9783596197415)
    Milan Kundera

    Der Scherz

     (79)
    Aktuelle Rezension von: dunkelbuch

    In seiner Studentenzeit wurd Ludvik aufgrund eines zynischen Scherzes aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und verliert damit alle Hoffnung auf seine bis dahin so gut beginnende Karriere. Die nächsten Jahre seines Lebens im Arbeitslager und - etwas undefinierbarer die Zeit danach - ist er sehr mit sich selbst beschäftigt, sucht verzweifelt nach Liebe und will sich an den Menschen, die ihm das angetan haben, rächen. Auf diesem Weg verkennt er immer und immer wieder was er für die Menschen, mit denen er zu tun hat, bedeutet und hinterläßt eine Spur der emotionalen Verwüstung. Erst sehr viel später - vielleicht ist er 30, vielleicht 40, das wird nicht klar - wird ihm bewußt, daß es keine Möglichkeit gibt, das Vergangene zu verändern und wiedergutzumachen. Der Leser wünscht Ludvik, daß er ab nun mit innerem Frieden den Rest seines Lebens verbringen darf.

  9. Cover des Buches Geliebter Che (ISBN: 9783453401952)
    Ana Menendez

    Geliebter Che

     (11)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Eine junge Frau auf der Suche nach ihrer Mutter. Sie kam zusammen mit ihrem Großvater aus Kuba, als sie noch ein Baby war. Darüber, wer ihre Eltern waren, schweigt sich der Großvater ein Leben lang aus. Nur eines gibt er ihr: Den Ausschnitt eines Gedichtes von Pablo Neruda. Nach dem Tod des Großvaters begibt sich die Frau selbst auf die Spurensuche nach ihrer Familie und reist nach Havanna. Doch auch nach mehreren Aufenthalten in der Kubanischen Hauptstadt, hat sie nicht mehr Licht in das Dunkel der Lage gebracht. Gedrückt kehrt sie nach Miami zurück und widmet sich ihrer regulären Arbeit. Bis eines Tages ein Paket aus Spanien eintrifft. Die Briefe, die sie darin findet, sind Briefe ihrer Mutter. Briefe, an sie gerichtet. Und doch erzählen sie mehr die Liebe zu Che Guevara, einer heißen, jedoch nicht sofort entbrannten Liebe. Die Mutter, damals eine junge Malerin, lernt den Revolutionär kurz nach Batistas Fall im Hause ihres Mannes, einem Professor für Sprachwissenschaften kennen. Sie begegnen sich erst mehrere Male, bis ihre Zuneigung füreinander langsam entfacht. Als die junge Frau die Briefe ihrer Mutter fertig gelesen hat, ist sie sicher, dass dies auch ihre Geschichte ist und so begibt sie sich erneut auf eine ungewisse Reise in die Kubanische Hauptstadt. „Geliebter Che“ von Ana Menendez erzählt nicht viel von der Revolution selbst und streift den Werdegang des heutigen Kubas nur am Rande. Aber sie gibt wunderbare Einblicke in eine tropische Welt, von der wir schon bald gefangen sind. Leider ist dies auch schon die einzige Perspektive, die mich an diesem Buch überdurchschnittlich reizte, denn weder die Sprache, noch die Geschichte selbst sind spektakulär und wohl nicht für die Ewigkeit konstruiert. Schade, denn der Ansatz wäre nicht schlecht gewesen, die Idee gut, nur die Ausführung zu dürftig.
  10. Cover des Buches Der Geschichtenerzähler (ISBN: 9783518735688)
    Mario Vargas Llosa

    Der Geschichtenerzähler

     (24)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Die Originalausgabe dieses Buches erschien 1987 unter dem Titel „El hablador“. Die Geschichte wird auf verschiedenen Ebenen erzählt. Es gibt eine Rahmenhandlung, in der der Erzähler in der Ich-Form von seinem Besuch in Florenz erzählt, „um Peru und die Peruaner eine Zeitlang zu vergessen“, was ihm aber nicht gelingt, weil er in einer Galerie auf Fotos aus Peru stößt. Auf der zweiten Ebene berichtet der Autor aus den 50-er des letzten Jahrhunderts, als er und sein Freund Saúl Zuratas sich mit der Kultur der Machiguengas befassten, mit Forschern sprachen und eigene Reisen in den Dschungel unternahmen und den Menschen dort begegneten. Ein zweiter Bericht dieser Ebene ist in den 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts angesiedelt, als der Autor sich erneut, diesmal als Fernsehmacher, mit den Ureinwohnern beschäftigte. Ebene Nr. 3 besteht aus den Geschichten des Geschichtenerzählers, der zugleich Unterhalter, Nachrichtenübermittler und das Gedächtnis des weit verstreuten Stammes ist.

    Ich habe mich mit der Lektüre schwergetan, vor allem mit den Erzählungen des titelgebenden Geschichtenerzählers, da diese sehr weit von meiner eigenen Sicht auf die Welt entfernt sind. Da ging es mir wie dem Ethnologen Edwin Schneil, den der Autor über die Geschichten des Geschichtenerzählers sagen lässt: „Tja, unmöglich, sich daran zu erinnern. Was für ein Chaos! Von allem ein wenig, von den Dingen, die ihm in den Kopf kamen.“ (Suhrkamp Tb, 1. Aufl. 1998, S. 208) 

    Bemerkenswert fand ich dabei eigentlich lediglich die Schöpfungsgeschichte, wie sie der Geschichtenerzähler berichtet und die in Teilen derjenigen in der Bibel nicht unähnlich ist. Offenbar sehnen sich alle Menschen schon immer nach einer Erklärung für ihr Verweilen auf der Erde. (ebd., S. 156 - 160) Ebenso erging es mir mit der Jesus-Geschichte und der Erklärung für die jüdische Diaspora, die der ehemalige jüdische Freund des Autors, der nun als Geschichtenerzähler bei den Machiguengas lebt, erzählt. (ebd., S. 253ff)

    Die gesamte Lebens- und Denkweise der Machiguenga ist jedoch von Grund auf so sehr anders als meine eigene, dass ich mich nicht in ihre Gedanken und Ängste hineinversetzen konnte.

    Interessanter und für mich zugänglicher und verständlicher fand ich da schon den Blick von außen, den der Autor und sein Freund auf die Machiguengas warfen, besonders die Diskussion darüber, wie man sich am besten ihnen gegenüber verhalten sollte. Ist es sinnvoll, sie komplett zu meiden und in Ruhe zu lassen, weil jede Berührung mit anderen Lebensweisen ihre Kultur zerstört, wie Saúl befürchtet. Oder ist es besser, sie bestmöglich in eine sich verändernde Welt zu integrieren, weil es unvermeidlich ist, dass sie eines Tages mit anderen Lebensweisen konfrontiert werden würden und für diesen Fall sollten sie gewappnet sein, so dass sie sich zurechtfänden und nicht ausgenutzt werden, wie bereits geschehen zur Zeit des Kautschukbooms.

    Vargas Llosa ist ein großartiger Erzähler, aber das Thema und der Stoff haben mir in diesem Fall trotzdem nicht so richtig gefallen. Zwei Sterne.

  11. Cover des Buches Jan Lobel aus Warschau (ISBN: 9783100660541)
    Luise Rinser

    Jan Lobel aus Warschau

     (9)
    Aktuelle Rezension von: Wassermann
    Die sehr lebendig erzählte Geschichte beginnt in den letzten Wochen des zweiten Weltkrieges. Erzählt wird die Geschichte von einer Malerin die vom Bürgermeister des Dorfes in die Gärtnerei geschickt wird um dort bei der Arbeit zu helfen. Sie sieht dort wie die Gärtnerin Frau Olenski einen jungen Juden der bei einem Transport von KZ-Häftlingen entkommen konnte ins Haus bringt. Frau Olenski versteckt und pflegt den halb verhungerten und tief verstörten Juden, der Jan Lobel heißt und aus Warschau kommt und bringt dadurch die im Haus lebenden Menschen in höchste Gefahr. Julia die Tochter von Frau Olenski verliebt sich in Jan Lobel und auch bei den anderen Menschen die in der Gärtnerei wohnen entstehen die unterschiedlichsten Reaktionen wie Angst , Misstrauen , Zuneigung und geheime Liebe. Im Dorf weiss man, das in der Gärtnerei ein Jude beherbergt wird und Julia und ihr Bruder Thomas werden von den Einwohnern deshalb schlecht behandelt. Als Herr Olenski nach Kriegsende zurück kommt verschwindet Jan Lobel und Julia und Thomas vermissen ihn sehr. Die sehr zu Herzen gehende Geschichte von der Not der Menschen ist nie langweilig, sondern stets voll prallem Leben. Besonders gut gefallen hat mir auch die bildlich schön vorstellbare Beschreibung der Arbeitsabläufe in der Gärtnerei. Ein sehr lesenswertes kleines Buch!
  12. Cover des Buches Mond über Manhattan. Leviathan (ISBN: 9783499244643)
    Paul Auster

    Mond über Manhattan. Leviathan

     (18)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    1. Geschichte: „Mond über Manhattan“ - 5 Sterne „Mond über Manhattan“ ist ein typischer Paul Auster Roman – er verbindet Spannung mit Lesegenuss und fantastischen Irrwegen der Protagonisten. M.S. Fogg ist Student in New York. Seit seine Mutter vor ein paar Jahren gestorben ist, lebte er bei seinem Onkel Victor in Chicago. Doch als sein Onkel gerade auf dem Weg zu ihm war, wartet er vergebens auf ihn. Als er nach mehreren vergeblichen Anrufen nicht durchkommt, schaltet er die Polizei ein, welche ihm nach kurzer Zeit mitteilt, dass Victor mit nur 52 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben ist. Dies wirft M.S. vollkommen aus der Bahn. Nachdem er ohne jeglichen Ehrgeiz sein ganzes Geld durchgebracht hat, sogar Onkel Victors geerbte Bibliothek mit immerhin über 1.000 Büchern versetzt hat, wirft ihn sein Vermieter aus der Wohnung. Noch immer ist Fogg nicht bereit, sein Leben zu ändern und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf der Straße zu wohnen, denn jegliche Verwandte hat er bereits verloren. Einige Tage dieses Sommers im Jahre 1969 streift er durch den Central Park, nächtigt im Freien und ernährt sich aus den zahlreichen Mülleimern. Doch als er – schon vollkommen geschwächt – eines Nachts von einem starken Regen überrascht wird, der ihn bis auf die Haut durchnässt, verkriecht er sich in eine Steinhöhle, in der er schon bald vor Fieber und Erschöpfung vor sich hin vegetiert. Durch Zufall erfährt sein früherer Zimmergenosse aus dem Studentenheim David von der jungen Tänzerin Kitty, was M.S. widerfahren ist. Sie finden in ihn letzter Minute und bringen ihn in dessen Wohnung. Nachdem Fogg sich nach Wochen wieder erholt hat, muss er sich eine Arbeit suchen, um für den Aufwand, den sein Freund für ihn betrieben hat, gerade zu stehen. So gelangt er in die Wohnung des schwerreichen, alten Thomas Effing, einem undurchschaubaren, sonderlichen Kautz. Angestellt wird M.S. als eine Art Freund. Er soll Effing unterhalten, ihn im Rollstuhl spazieren fahren, dem Blinden vorlesen und einige schriftliche Aufgaben ausführen. Doch schon bald stellt sich heraus, dass der alte Herr ihn für einen ganz anderen Zweck zu sich geholt hat, denn er beginnt ihm, von seinem „wahren“ Leben zu erzählen, von dem bisher niemand etwas wusste, denn Effing ist nicht der, der er vorzugeben erscheint. Es ist unmöglich, dieses Buch nicht spannend zu finden. Zwar zieht sich die Vorgeschichte von M.S. Fogg etwas in die Länge, doch ab dem Zeitpunkt, bei dem er bei Effing zu arbeiten beginnt, lässt die Spannung bis zum Schluss nicht mehr nach und immer wieder wendet sich die Geschichte, sodass man als Leser nie im Voraus weiß, was geschehen wird, wie sie ausgehen mag. 2. Geschichte: „Leviathan“ - 3 Sterne Der zweite Roman in diesem Buch hat mich leider nicht ganz so überzeugen können, wie der erste. Im Gegenteil, von all den Büchern Paul Austers, die ich bisher gelesen habe, ist dies das schwächste. „Leviathan“ erzählt die Geschichte des Schriftstellers Benjamin Sachs. In seiner Jugend hat er ein wahrhaft gutes Buch geschrieben, doch seither vergeudet er sein Talent mit kleineren Zeitungsartikeln. Die ersten 200 Seiten erzählen aus dem Leben und so zieht sich das Buch ziemlich in die Länge. Fast liest sich dies wie die Biographie eines unbekannten Menschen. Auch, wenn Auster die Geschichte auf den Endpunkt hin zuspitzen will, so ist ihm das nicht gelungen, die Vorgeschichte ist eindeutig zu lange ausgefallen und man ist oft geneigt, das Buch einfach zur Seite zu legen. Spannung kommt erst dann auf, als Sachs von einer Feuerleiter im vierten Stock fällt und wie durch ein Wunder von einer Wäscheleine auf Bodenhöhe gebremst wurde, sodass er nur mit einer gebrochenen Schulter davonkommt. Dieses Ereignis scheint sein Leben durcheinander zubringen. Der sonst so gesprächige und witzige Schriftsteller zieht sich in sich selbst zurück, er verlässt seine Frau und beginnt ein neues, jedoch einsames Leben. So sehr mir „Mond über Manhattan“ gefallen hat, so war ich dann auch von „Leviathan“ enttäuscht. Das Buch ist dennoch gut geschrieben, Austers Sprache ist einwandfrei. Dies ist der Grund, warum ich den dritten Stern noch vergebe. Ergo 4 Sterne für das gesamte Buch.
  13. Cover des Buches Man nennt mich flatterhaft und was weiß ich... (ISBN: 9783803126375)
    Edgardo Cozarinsky

    Man nennt mich flatterhaft und was weiß ich...

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Ein Journalismus-Student möchte für seine Facharbeit einen Bericht über das jiddische Theater in Boenos Aires schreiben. Durch seine Nachforschungen lernt er den alten Schauspieler Samuel Warschauer kennen, der in einem Altersheim lebt. Gemeinsam unterhalten sich die beiden Männer, doch nie um die eigentliche Sache im Detail. Und bevor der Student seine Fragen stellen kann, ist der alte Mann tot. Doch, er hinterlässt ihm einen Schuhkarton voll mit Theaterprogrammen aus der Zeit des jiddischen Theaters. Und noch etwas findet der Student: das Manuskript eines Theaterstückes, „Der moldawische Zuhälter“. Angespornt durch dieses Stück, zu dem er keinerlei Informationen in den Bibliotheken und Archiven der Stadt finden kann, begibt sich der Student auf eine Spurensuche in das Leben der 1920er Jahre. Dabei erfährt er, dass das Thema des Theaters, durchaus reellen Hintergrund hatte. In dieser Zeit wurden die armen, jüdischen Mädchen aus den Regionen des Russischen Reiches nach Argentinien verbracht, um sich dort zu prostituieren. Er stößt auf die Geschichte von russischen Mädchen, die ihr Glück suchten und in die Hände geldgieriger Zuhälter fielen. Es ist eine kurze Geschichte, die Edgardo Cozarinsky mit seinem Roman „Man nennt mich flatterhaft und was weiß ich…“ vorlegt. Sie erzählt die Geschichte einer Recherche, doch es kommt niemals das Gefühl eines Kriminalromans auf. Dennoch ist das Buch spannend geschrieben, die Nachforschungen glaubhaft inszeniert. Der Leser stößt auf verloren geglaubte Leben, alte Geschichten und gelebte Historie. Sehr lesenswert!
  14. Cover des Buches Ein unbekannter Mensch (ISBN: 9783596141456)
    Christoph Meckel

    Ein unbekannter Mensch

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Ein Bericht wie ein Roman – ein Roman wie ein Bericht. Man kann es drehen und wenden, wie man will, Christoph Meckels „Ein unbekannter Mensch“ ist beides. Herrlich genau beschrieben wird das, was uns zivilisierten Städtern längst fremd geworden ist – das einfache Leben auf dem Lande. Und damit meine ich nicht das Landleben, das hier in Deutschland das Bild bestimmt, sondern die Einfachheit in ihrer reinsten Form. Mathieu, der Lavendelbauer in der unwirklichen unwegsamen Bergregion in Südfrankreich, ist ein zufriedener Mensch, der mit dem, was er hat, zu leben gelernt hat. Sein Alltag wird bestimmt durch die stete Konstellation der Jahreszeiten, durch immer wiederkehrende Abläufe, durch Ernten und Wochenmärkte. Er ist ein ruhiger Mensch, erfahren wir, der sich doch allzu gerne von den Dingen anstecken lässt zu schimpfen, die er nicht kennt oder versteht. Wir erfahren viel von den Leuten, die in dieser Region leben und über sie selbst. Dabei liest sich das Buch fortwährend wie ein Roman, man ist erpicht darauf wissen zu wollen, was als nächstes geschieht. Und doch ist es nur ein Tatsachenbericht, in dem Meckel seinen Nachbarn und Freund beschreibt, die Gegend, die er liebt und in der er sich fast heimisch fühlt und nicht eine erfundene Geschichte. Wir erfahren, was einen solchen Menschen, den Lavendelbauern, ausmacht, wie er denkt und welche Dinge ihm wichtig sind. Wir schmunzeln, wenn wir lesen, wie schockiert Mathieu ist, als er feststellt, dass sein Hut made in china ist, und kein französisches Produkt. Und wir lernen die Einfachheit und den Glanz des „wirklichen“ Lebens zu lieben, neu zu verstehen und besser erkennen zu können. Wer Frankreich liebt, muss dieses Buch gelesen haben. Wer gute, poetische Geschichten mag, ebenfalls. Meckels einzigartiger, lyrischer Schreibstil bezaubert in diesem Buch nicht nur diejenigen, die gute Literatur zu schätzen wissen, sondern er weckt auch Sehnsucht in ein Land und eine Zeit zu reisen, die weit ab unseres heimischen Deutschlands liegen.
  15. Cover des Buches Warten auf Dunkelheit, Warten auf Licht (ISBN: 9783423127424)
    Ivan Klima

    Warten auf Dunkelheit, Warten auf Licht

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Die „Samtene Revolution“ von 1989 – das ist das Ereignis, das Ivan Klimas Roman „Warten auf Dunkelheit – Warten auf Licht“ zugrunde liegt. Die Geschichte spielt in den Wochen davor, schildert gekonnt das Geschehen der Wende und verläuft sich danach. Pavel Fuks arbeitet als Kameramann beim Tschechoslowakischen Staatsfernsehen. Es sind immer die gleichen Abläufe, die er zu filmen hat: Politsitzungen, Aufnahmen von Arbeitern und wenn es einmal Demonstrationen gibt, filmt er diese zwar, aber sein Material wird von den Vorgesetzten, vorbildliche Parteigenossen, geschnitten, zensiert. Wie gerne würde er seine eigenen Filme drehen, das Drehbuch verwirklichen, an dem er schon so lange schreibt. Oder zumindest wieder Tierdokumentationen machen, wie damals, als er und sein Kollege Sokol nach Mexiko reisen durften, um einen Film über Klapperschlangen zu drehen. Auch das private Glück scheint für ihn mehr oder weniger die Ruhe vor einem herannahenden Sturm zu sein. Eva, die Frau, mit der er seit einer ganzen Weile zusammenlebt, ist nur an seiner Person, nicht aber an seinem Inneren interessiert. Für sie ist es wichtig, dass Pavel jemand ist, eine Berühmtheit vom Fernsehen, jemand, der viel Geld verdient. Und auch, wenn sie dies geschickt zu verstecken weiß, so ist sich Pavel doch stets dieses Zustandes gewiss. Seine Mutter, die in der ehemals gemeinsamen Wohnung zurückgeblieben ist, als er zu Eva zog, wird von Tag zu Tag dementer. Was wäre gewesen, wenn er damals mit seinem Freund Petr den Weg ins Ausland geschafft hätte? Wenn er dafür nicht ins Gefängnis gemusst hätte? Oder, wenn ihn seine damalige Freundin Alice nicht verlassen hätte, von der er ein Kind erwartete? Später verheiratete sie sich mit Petr, seinem Freund. Die Geschichte wechselt immer wieder gekonnt zwischen der Realität und dem Drehbuch, das Pavel Fuks geschrieben hat. Dies ist seinem Leben allerdings so ähnlich, dass die Unterschiede oftmals verschwimmen, ohne den Leser aber zu verwirren. Einzig die sehr ähnlich gewählten Namen können ein gewisses Durcheinander anrichten. Erzählt wird dabei nicht nur von Pavel Fuks, sondern auch von dem Greis, der seit Langem das Land regiert, im Drehbuch wird er als seniler Mann beschrieben, der sich während eines Gespräches schon nicht mehr daran erinnern kann, was zu Anfang gesagt wurde und immer wieder nachfragen muss. Der Präsident sieht immer und überall seine Feinde lauern, die nur darauf warten, dass er einen Fehler macht und sie ihn stürzen können. An allen Ecken scheinen sie ihn zu bespitzeln, er sieht Schuhe unter Wandteppichen, Augen zwischen den Büchern. Mit viel Geschick wird hier auf das alte Pateisystem angespielt, vor dem anscheinend nicht einmal der Präsident selbst sicher war. Wahrscheinlich, so denkt er, werden sie ihn langsam vergiften, oder ihn einfach aus dem Verkehr ziehen, wie seine Frau. Ja, da ist er sicher, auch sie wurde beseitigt, um ihn langsam zu zermürben. Ein tragischer Nebenheld ist Robert. Zusammen mit einem Freund hat er einen Schulbus entführt und wollte so die Ausreise erpressen. Doch der Freund hatte sich zu einer Verhandlung überreden lassen und somit hatten die Polizisten Zeit, einen Panzerwagen zu postieren, der den Bus zerschoss. Der Fahrer und der Freund kamen dabei ums Leben, Robert wurde zum Tode verurteilt, weil er angeblich den Busfahrer erschossen haben soll. Anlässlich eines Staatsbesuchs, schlug man dem Präsidenten vor, eine Begnadigung durchzuführen, was den hohen Gast mit Sicherheit beeindrucken würde. Alles ist arrangiert, doch niemand sagt Robert Bescheid, der somit in der Annahme ist, sie würden ihn zum Galgen bringen und einen fatalen Fehler begeht. Klimas brillante Art zu schreiben, gepaart mir dem geschichtlichen Hintergrund, geben dem Buch einen zündenden Elan, es liest sich spannend, wie ein Politthriller. Geschickt wird das Leben von Pavel Fuks beschrieben, an dessen Beispiel die Wirren der damaligen Zeit nicht spurlos vorübergehen. Der Wechsel zwischen Realität und Fiktion ist derartig vollkommen, dass man sich unweigerlich fragen muss, ob die Dinge, die im Drehbuch stehen, von Pavel nur ausgedacht sind. Einerseits wird die offizielle (was zu Zeiten der Tschechoslowakei erlaubt war) und andererseits die inoffizielle Wahrheit (so, wie es sich jeder dachte, aber niemand zu sagen gewagt hat) erzählt. Was Klima damit ausdrücken will, ist genau diese Wende, die sich 1989 vollzog. In Deutschland ist Ivan Klima allerdings ein noch immer nicht vollends entdeckter Autor. Wenn man von den Tschechen spricht, so steht er meist im Schatten seiner modernen Kollegen Kundera und Hrabal. Doch an Einfallsreichtum und Ironie fehlt es ihm keinesfalls, ebenso wenig an erzählerischem Können, was er gerade mit „Warten auf Dunkelheit – Warten auf Licht“ besonders bewiesen hat.
  16. Cover des Buches Manches wird geschehen (ISBN: 9783630621432)
    Petra Hulová

    Manches wird geschehen

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    „Ein außergewöhnliches Buch, ein Glücksfall junger tschechischer Literatur“ (ORF) steht auf der Rückseite unter dem Klappentext zu Petra Hulovás Roman „Manches wird geschehen“. Zwar bezieht sich dieses Zitat auf ihr Erstlingswerk „Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe“, aber auch auf dieses Buch trifft es vollkommen zu. Und dabei spielt die Geschichte nicht einmal in Tschechien, sondern in New York. Am Anfang stehen Tereza und Ramid, zwei Eingewanderte. Ramid hatte Tereza eines Tages zufällig im Central Park angesprochen, woraufhin sie sich öfter trafen und es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen der Tschechin und dem dunkelhäutigen Mann, von dem wir im ganzen Buch nicht erfahren, woher er stammt. Aber dies ist gänzlich unwichtig. Wichtig sind die Geschichten, die sich die beiden über ihr Leben und das ihrer Familie erzählen. Wie sie hierher nach Amerika kamen, welche Träume und Hoffnungen sie im Gepäck hatten. Alles fing damit an, dass Ramid zu seinem Onkel Charil zog, den es schon vor vielen Jahren nach New York verschlagen hatte. Aber nicht auf direktem Wege. Zuvor war er mit zwei Franzosen vom Roten Kreuz, die in seinem Land Hilfe erbringen wollten, nach Frankreich gekommen, wo er sich dem Zirkus Les Mémoires anschloss, der ihn in die neue Welt brachte. Der Zirkus war in den ersten Wochen mehrmals ausverkauft, die Zuschauer waren nicht nur von Charils Zaubertricks begeistert, auch die exotischen Tiere und die Artisten wurden vergöttert. Doch dann gingen die Besucherzahlen mit einem Mal zurück und es folgte der Winter 1962, einer der kältesten seit der Aufzeichnung der Temperaturen, den nur wenige Artisten überlebten. Charil hatte sich zu dieser Zeit schon verabschiedet und die Tochter eines Händlers geheiratet, Ramids Tante Mary, mit der er drei Kinder haben sollte. Als Ramid zu den fünfen stieß, war er direkt aus seinem Land gekommen, in dem seine Mutter Sula sich mit den Problemen und Träumen fremder Frauen beschäftigt, man sagt ihr magische und hellseherische Kräfte nach. Sein Vater, von dem niemand weiß, woher er stammt, ist die meiste Zeit unterwegs um seine selbst geschnitzten Flöten zu verkaufen, somit blieb seine Mutter mit der Schwester allein zurück. Terezas Onkel Rudolf floh noch während der Zeit des Kommunismus aus der Tschechoslowakei. Mit ihm seine Verlobte Renate, die er schon bald an einen anderen in der neuen Welt verlieren wird. Mit Hilfe eines Pagen aus dem schäbigen Hotels, in dem sie nach ihrer Ankunft wohnen, bekommt Rudolf einen Job als Gärtner im Central Park, in dem auch ein ehemaliger Zirkusdirektor arbeitet. Aber schon bald hat Rudolf das Geld beisammen, um sich eine besser bezahlte Anstellung verschaffen zu können. Tereza hingegen kam wegen ihrer Bilder, ihrer Fotographien nach New York, um dort einen Verlag zu finden, der diese als Bildband publiziert. Bei ihrer Suche stößt sie schon am zweiten Tag auf eine Gruppe junger Künstler, bei denen sie sich einnistet. Und trotz ihrer Vorsätze, ihre Bilder von Rudolf abzuholen, geraten ihre Kunstwerke schon bald in Vergessenheit. Zu dieser Zeit hat Ramid eine wahre Odyssee hinter sich. Mit den beiden Söhnen von Chairl war er nach Chicago gefahren, da sich die beiden dort bei den Ausschreibungen eines Basketballvereins bewerben wollten. Doch für Ramid war nichts vorgesehen, somit zog er weiter, es verschlug ihn von einem Teil der USA in den anderen. Er lebte mal hier mal da und kannte bald fast das ganze Land. Petra Hulová erzählt nicht nur die Geschichten von Tereza und Ramid, bzw. ihren Verwandten, sondern sie lässt immer wieder Parallelen entstehen, wie etwa die, als Rudolf im Central Park auf den Zirkusdirektor trifft, mit dessen Zirkus Charil einst nach New York gekommen war. Das verleiht der Erzählung eine wahnsinnige Spannung, man könnte fast meinen, man würde einen Krimi ohne Leiche und Gewalt lesen. Und dabei geht es doch immer nur um die Hoffnungen und Träume, die die Menschen in das Land steckten, dabei aber oftmals kläglich scheiterten. Somit ist dieser Roman kein Buch, das man als harmonisch hinsichtlich der Schicksale betrachten darf, wohl aber seiner Sprache wegen. Es ist ein Entwicklungs- und Liebesroman zugleich, obwohl doch niemand die richtige Liebe zu finden scheint, so ist es die Liebe an das Leben.
  17. Cover des Buches Endstation Taiga (ISBN: 9783630621913)
    Petra Hulová

    Endstation Taiga

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    „Mit Endstation Taiga hat sich Petra Hulova einen Platz in der Weltliteratur verdient. Der Ruhm, den ihr dieser Roman einbringen wird, wird ihr lange bleiben.“ (Tyden) – So steht es auf der Rückseite geschrieben. Und ich kann dem nicht widersprechen! Spannend, wie ein Thriller, informativ, wie ein Reisebericht und erzählerische Meisterleistung fügen sich in diesem Buch zusammen. Im Jahr 1946 bricht der Däne Hablund Doran zu einer Expedition nach Sibirien auf. In dem kleinen Dorf Charyn möchte er einen Reportagefilm über das Leben der dortigen Menschen drehen. Ihre Bräuche haben ihn fasziniert und er will dies einem breiten Publikum bekannt machen. Doch er soll nie mehr zurückkehren. Schon bald lässt seine Frau Marianne in verschiedensten Zeitungen Aufrufe abdrucken, dass sie Expeditionen, um ihren Mann zu suchen, finanziert. Doch es melden sich nur Scharlatane. 60 Jahre später wird der Student Erske Jenkel auf eine dieser alten Anzeigen aufmerksam. Er beschließt, seinen lange vergessenen Landsmann zu suchen. Oder zumindest, herauszufinden, was mit ihm geschah, denn Hablund müsste inzwischen an die 100 Jahre alt sein. So bricht der Student ebenfalls nach Charyn auf. Das Dorf hat sich in all den Jahren kaum verändert. Noch immer liegt es mit dem angrenzenden Ort Cevapik im Streit, dort, wo die „Rübenschädel“ hausen, die Ureinwohner dieses Landstrichs. Die Russen von Charyn haben sich noch immer nicht mit ihnen verbunden, leben ihr eigenes Leben. Erske kommt bei der Familie Kavaryc unter. Die Tochter arbeitet in der örtlichen Poststation, sie ist somit eine der wichtigsten Personen im Dorf. Die alten Kacarycs sind zum Teil Nachfahren der Kar, den „Rübenschädeln“, doch, da sie auch zur Hälfte Russen sind, werden sie im Dorf geduldet. Aber Erske erfährt nicht viel über Hablund. Die Zeitgenossen, die ihn noch kannten, sind bis auf wenige Ausnahmen alle inzwischen gestorben. Nur Saska, seine Charyner Ehefrau, lebt noch, aber sie gibt sich nur den vollkommen sinnlosen Hoffnungen hin, Hablund würde eines Tages wieder aus dem Zug steigen. Denn auch Charyn hat er verlassen, ohne, dass Saska ihn jemals wieder gesehen hat. Wo also, ist der Däne abgeblieben? Der Roman gliedert sich immer wieder in verschiedene Erzählabschnitte. Es wird aus den Perspektiven von Hablund, Erske, Marianne und Fedorek (dem Ehemann der Postbeamtin) erzählt. Petra Hulova beschreibt diesen kargen Landstrich dabei so detailgetreu, dass man ihn wahrlich sympathisch finden muss. Sie erzählt vom harten Leben, von der lebensnotwendigen Transsibirischen Eisenbahn und den einfachen Leuten. „Endstation Taiga“ ist ein Buch, das man mit zunehmender Seitenzahl nicht mehr aus der Hand legen kann, so beeindruckend ist es geschrieben!
  18. Cover des Buches Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene (ISBN: 9783518240380)
    Bohumil Hrabal

    Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Ein alter Mann erzählt aus seinem Leben. Zuhörerin ist ein junges Mädchen, das diesen einzigen Monolog über sich ergehen lässt. Dabei kommt der Alte von Einem ins Andere, er spricht über seine Zeit beim Österreich-Ungarischen Militär, um im nächsten Augenblick wieder von einem "jungen Dämchen" zu philosopieren. Hrabal mag mit diesem Monolog eine einzigartige Geschichte gelungen sein, die zu schreiben ihn mit Sicherheit ziemliche Anstrengungen kostete, da er hoch konzentriert immer darauf achten musste, was sein Protagonist schon erzählt hat. Und dabei kommt die Geschichte ganz ohne Schlusspunkte aus, sie ist ein einziger Satz auf fast 90 Seiten. Zu lesen ist dies allerdings recht einschläfernd.
  19. Cover des Buches Zaira (ISBN: 9783406698897)
    Catalin Dorian Florescu

    Zaira

     (23)
    Aktuelle Rezension von: beccaris

    Erzählt wird die Geschichte von Zaira, einer Rumänin mit katalanischen Wurzeln, die schon früh erfährt, was es heisst, wenn Eltern nicht für ihr Kind da sind. Der Roman beginnt mit der Geburt der kleinen Zaira in einem lieblosen Umfeld, aber es tauchen immer wieder Menschen in ihrem Leben auf, die sie liebt und die ihr Halt, Vertrauen und Begabungen schenken. Schon als Mädchen erlebt sie die Gräuel des Krieges und den Einmarsch der Russen. Sie entwickelt eine ganz eigene Art sich vor der Aussenwelt und der Abwesenheit der Mutter zu schützen. Nur eine Person kann sie aus dieser emotionalen Starre jeweils erlösen.

    Später erlernt Zaira die Kunst des Puppenspiels und wird eine gefeierte und berühmte Persönlichkeit. Sie trifft ihre grosse Liebe Traian, den sie aber verlässt und aus politischen Gründen nach Amerika ins Exil flüchtet. Mit ihrem Ehemann Robert und der Tochter Ioana baut sie sich eine neue Existenz fern der Heimat auf, ohne jedoch wirklich glücklich zu werden. Sie erlebt viele Enttäuschungen und kehrt schliesslich nach Rumänien zurück, um ihren geliebten Traian wiederzufinden. Ob dies gelingt, wird an dieser Stelle nicht verraten.

    Was die Erzählung so ausserordentlich packend macht, sind die zahlreichen Handlungsorte und aussergewöhnlichen Figuren, die allesamt sehr authentisch beschrieben werden. Man hat als Leser, das Gefühl mittendrin zu stehen. Dem Autor ist es ausgezeichnet gut gelungen sich in das Leben einer Frau hineinzuversetzen.

    Der Roman hat alles, was ich mir als Leser wünsche: eine kluge Geschichte, Spannung, eine stringente Handlung, Sprachgewandtheit. Mich hat das Buch bereichert und berührt. Herzlichen Dank dem Autor. Ich habe grossen Respekt vor seiner Leistung, einen so grossartigen deutschsprachigen Roman zu schreiben, obwohl seine Muttersprache eine andere ist.

  20. Cover des Buches Der Cimarrón (ISBN: 9783518395400)
    Miguel Barnet

    Der Cimarrón

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Als der Schriftsteller Miguel Barnet im Jahre 1963 Esteban Montejo – den Cimarrón – kennenlernte, war dieser bereits 103 Jahre alt. Es ist seine Geschichte, die Lebensgeschichte eines Mannes, der seiner Lebtag lang nicht viel hatte und dennoch viel erlebte. Barnet dient hier lediglich als „Sprachrohr“, denn die eigentlichen Begebenheiten dieses Buches, erzählt der alte Mann selbst. Esteban Montejo wurde 1860 auf einer Zuckerrohrplantage auf Cuba geboren. Das Land war noch unter der Herrschaft der Spanier, die Sklaverei noch immer legal und gang und gäbe. Auch Esteban wurde als Sklave geboren, schon mit sechs Jahren musste er für seine Herren schuften. Von seiner Familie wurde er, sobald er „arbeitsfähig“ war getrennt, indem er an einen anderen Gutsbesitzer verkauft wurde. Doch Esteban konnte sich mit einem Leben als Sklave nicht abfinden. Die Neger (Esteban spricht selbst von sich als Neger!) arbeiteten teilweise bis zu 20 Stunden am Tag, da die allgemeine Meinung vorherrschte, Neger bräuchten nur 4 Stunden Schlaf. Wer nicht gehorchte wurde gezüchtigt. Die Männer arbeiteten auf dem Feld oder in den Zuckerfabriken, die Frauen wuschen für die Herren Wäsche und säuberten die Häuser. Geschlafen wurde in Baracken, die nicht einmal ordentlich klimatisiert waren, aus Angst, die Sklaven könnten fliehen. Und Esteban floh! Aber nicht des Nachts, sondern am hellen Tag. Er zog sich in die Wälder und Berge zurück und wurde Cimarrón, wie man entflohene Sklaven bezeichnete. Er lernte, für sich allein zu leben, sich zu verstecken, seine Angst vor den wilden Tieren in den Griff zu bekommen und sich zu ernähren. Jahrelang sprach er mit Niemandem, da er Angst hatte, man könnte ihn verraten und auf die Farm zurückbringen. Und dennoch erfuhr er vom Ende der Sklaverei. Anfangs konnte er es nicht glauben, nur sehr zögerlich wagte er sich vor und beobachtete alles mit großer Skepsis. Esteban begab sich schließlich auf eine Zuckerrohrplantage zurück, um dort zu arbeiten. Aber auch, wenn die Sklaverei abgeschafft worden war, so behandelten viele Gutsbesitzer die Neger weiterhin als solche. Die Arbeit war nach wie vor hart, der ausgezahlte Lohn dürftig. Aber Esteban geklagte sich nicht mehr darüber, er bewohnte eine der Baracken, die nun ohne den Riegel vor der Tür waren, vergnügte sich mit Frauen, lernte von den Alten viel über Religion und Zauberei und ging ab und an einen Trinken. Ein einfaches, aber doch glückliches Leben. Esteban Montejo erzählt über die Zeit als Sklave, über seine Zeit als Cimarrón, dem Leben nach der Abschaffung der Sklaverei und dem Unabhängigkeitskrieg Cubas, in dem er gekämpft hatte. Es ist ein Leben voller Entbehrungen, voller Leid und doch auch voller Glück. Denn wenn Esteban sich beschwert, dann nur über die Leute, die nicht gut waren, niemals aber über sein Leben. Schade nur, dass das Buch nach dem Krieg endet, es wäre doch interessant gewesen, wie Estebans Leben nach 1900 weiterverlaufen ist, immerhin wurde er ja mindestens 63 Jahre älter. Dadurch, dass der Autor die Geschichte nur aufschrieb, ist die Sprache, bedingt dadurch, dass Esteban nie eine Schule besucht hatte und sich seine Philosophie im Laufe der Jahre aneignete, einfach und gut zu verstehen. Dennoch bereitet gerade dies in manchen Episoden Langeweile, weshalb das Buch keine 5 Sterne verdient hat. Ansonsten kann ich es demjenigen empfehlen, der sich für Cuba interessiert und auch demjenigen, der gerne über Abenteuer liest.
  21. Cover des Buches Lieben Sie Brahms ... (ISBN: 9783803127976)
    Françoise Sagan

    Lieben Sie Brahms ...

     (20)
    Aktuelle Rezension von: Protea
    Auch wenn man in diesem Buch die Zeit in der Sprache klar wiederfindet, das Thema ist nach wie vor aktuell - vielleicht mehr denn je. Noch immer es ist schwer für eine Frau, einen jüngeren Liebhaber zu haben, während Männer sich mit jungen Mädchen schmücken können. Und die Ursache dafür liegt zu einem großen Teil in den Frauen selbst tief vergraben. Das zeigt das Buch sehr schön auf.
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