Bücher mit dem Tag "essay"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "essay" gekennzeichnet haben.

410 Bücher

  1. Cover des Buches Der Wolkenatlas (ISBN: 9783499241413)
    David Mitchell

    Der Wolkenatlas

    (531)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

     „Der Wolkenatlas“ verbindet sechs Geschichten in verschiedenen Genres, die zu verschiedenen Zeiten spielen und von verschiedenen Menschen handeln.

    Auf den ersten Blick haben die Handlungsstränge nicht viel miteinander zu tun – ein Notar schreibt 1859 auf einer Schiffreise Tagebuch, ein älterer Verleger hat 2012 Probleme mit Kriminellen und Verwandten, die letzten Überlebenden der Menschheit laufen 106 Jahre nach dem Fall durch eine postapokalyptische Welt.

    Nach und nach wird jedoch deutlich, dass alles verknüpft ist: die Entscheidungen jedes Protagonisten haben Einfluss auf seine Nachfolger und werden selbst von der Vergangenheit oder Zukunft beeinflusst. Das genaue Ausmaß der Verbindungen bleibt unklar. Ob und wie viel Übernatürliches im Spiel ist, kann jeder für sich entscheiden.

    Auch bestimmte Themen sind zeitübergreifend und ziehen sich durch das gesamte Buch: Freiheit in verschiedenen Formen und der Kampf darum, Ausbeutung, Betrug, die Suche nach der Wahrheit, das Füttern von Enten.

    Eine Folge der besonderen Struktur des Romans ist natürlich eine große Menge an Charakteren (die gerne auch erst nach einigen Hundert Seiten wieder auftauchen), darauf muss man sich einlassen können, wenn man das Buch lesen möchte.

    Zudem ändern sich die Erzählart und der Schreibstil mit jeder Geschichte. Von Tagebucheinträgen und Briefen über Interviews bis hin zu Lagerfeuergeschichten bietet dieses Buch erzähltechnisch alles. Je nach Vorliebe kann man das als Vor- oder Nachteil ansehen. Meiner Meinung nach hilft es, in jeder neuen Geschichte „anzukommen“ und bietet Abwechslung, auch wenn ich den postapokalyptischen Dialekt in der letzten Geschichte ehrlich gesagt etwas anstrengend fand.

    Wenn man von den vielen Charakteren und der Idee an sich nicht abgeschreckt ist, ist „Der Wolkenatlas“ sehr zu empfehlen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird man mindestens eine oder zwei (am besten natürlich mehr) Geschichten sehr genießen und wenn man dann noch die einzelnen Elemente verbindet, ergibt sich ein Gefühl, als hätte man erfolgreich ein interessantes Puzzle zusammengefügt.

  2. Cover des Buches Untenrum frei (ISBN: 9783499014635)
    Margarete Stokowski

    Untenrum frei

    (263)
    Aktuelle Rezension von: full-bookshelves

    Meinung: Das Buch besteht aus wissenschaftlichen Informationen (am Ende gibt es seitenweise Quellenangaben) und persönlichen Erfahrungen der Autorin zu Feminismus und Patriarchat – wie ich finde eine sehr gelungene Mischung. Besonders interessant fand ich die Geschichte des Feminismus, denn bisher hatte ich nicht wirklich eine Ahnung, wie es früher war bzw "begonnen" hat.
    Die Autorin schreibt auf eine sehr klare Art, packend, interessant, direkt, wütend und mit Humor. Obwohl es ein ernstes Thema ist, bin ich durch die Seiten geflogen wie bei einem Roman. Die Fußnoten haben mich immer besonders gefreut, in ihnen steckte oft der meiste Humor und die spannendsten Fakten.
    Das Buch beginnt mit der Kindheit der Autorin und ihren damals sehr fixen Vorstellungen wie eine Frau zu sein hat, geprägt durch die Gesellschaft und später vor allem durch Zeitschriften wie die Bravo. Und geht bis ins Erwachsenenleben, in dem sie sich erstmal so gar nicht als Feministin sieht, bis sie erkennt, dass Gleichberechtigung wohl nicht von alleine kommen wird.
    Rollenbilder, die uns schon als Kinder beigebracht werden, beeinflusste Berufswahl, geschlechtliche Ungerechtigkeiten, Gewalterfahrungen, Sex, Liebe, mangelnder Aufklärungsunterricht – das sind nur ein paar der Themen, die Margarete Stokowski hier anspricht.

    Fazit: Ich kann das Buch jeder Person empfehlen, es ist absolut bereichernd! Es macht wütend und lässt verzweifeln aber es regt auch zum Denken und zum Mut haben an.

  3. Cover des Buches Das andere Geschlecht (ISBN: 9783499227851)
    Simone de Beauvoir

    Das andere Geschlecht

    (67)
    Aktuelle Rezension von: julia-elysia

    Ich habe Auszüge des Buches in meinem Studium behandelt und es nun zu großen Teilen - allerdings nicht komplett - gelesen.

    Mit seinen knapp tausend Seiten ist das Buch keine kurze und einfache Lektüre. Simone de Beauvoir erklärt ausführlich, dass man nicht als Frau geboren, sondern zu dieser gemacht wird. Hierzu hat sie das Werk in zwei Teile geteilt. Der erste Teil befasst sich mit den Fakten und Mythen und ist in die Kapitel "Schicksal", "Geschichte" und "Mythos" unterteilt. Der zweite Teil befasst sich mit den gelebten Erfahrungen der Frau und genauer mit dem Werdegang, der Situation, den Rechtfertigungen und dem Weg zur Befreiung.

    Das Buch ist nichts für zwischendurch. De Beauvoir untersucht auf biologischer, historischer, philosophischer und soziologischer Ebene, inwieweit Frauen zum anderen Geschlecht (gemacht) wurden. An einigen Stellen wiederholt die Autorin sich; oft führt sie sogar ähnliche Aussagen, die sie bereits zu Beginn getätigt hat, später noch einmal auf.

    Dennoch hat sich de Beauvoir ausführlich mit dem Thema beschäftigt und sich auch insbesondere mit den biologischen und historischen Aspekt auseinandergesetzt, um diese, so wie sie seit Jahrhunderten weitergegeben werden, zu entkräften und den Ursprung der vermeintlichen biologischen und historischen Gegebenheiten zu erläutern.

    Trotz dessen ist das Werk auch noch über 70 Jahre nach Erscheinung von erschreckender Aktualität. Viele Passagen, die ich gelesen habe, haben immer noch ihren aktuellen Wert und haben sich bis heute nicht geändert. Auch wenn das Werk kein einfaches oder kurzes ist, würde ich dieses sehr empfehlen, zumindest auch ausschnittweise.

  4. Cover des Buches Glück kommt selten allein ... (ISBN: 9783644001077)
    Eckart von Hirschhausen

    Glück kommt selten allein ...

    (396)
    Aktuelle Rezension von: KiraNear

    Titel: Glück kommt selten allein ...

    Autor*in: Dr. med. Echard von Hirschhausen

    Erschienen in Deutschland: 2011

    Originaltitel: -

    Erschienen in -: -

    Übersetzer*in: - 

     

    Weitere Informationen:

    Genre: Sachbuch

    Preis: € 9,99 [D] | € 10,30 [A]

    Seiten: 405

    Sprache: Deutsch

    ISBN: 978-3-499-62484-1

    Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag

     

    Inhalt:

    Mit dem Glück ist es wie mit Diäten oder Erkältungskrankheiten: tausend Rezepte - aber keine überzeugenden Erfolge. Gar keine? Deutschlands lustigster Arzt findet die Trüffel der Glücksforschung, das Kuriose, Komische und Menschliche. Endlich spricht einer aus, was keiner wahrhaben will: Wir sind von Natur aus bestens geeignet, das Glück zu suchen, aber eklatant schlecht darin, zufrieden zu sein. Warum, wer die evolutionären Webfehler in unseren Wünschen kennt, hat gut lachen. Ein erfrischend provokanter Perspektivenwechsel auf Finanzkrise, Partnerwahl und Erdbeermarmelade - mit garantiert 20 Prozent weniger Ratschlägen als vergleichbare Bücher.

     

    Meinung (Achtung, möglicherweise Spoiler!):

    Bei dieser Version handelt es sich um ein aktualisiertes Exemplar, das um ein Kapitel erweitert worden war. Außerdem sind auch Sticker mit dabei. Da ich das Buch gebraucht bekommen habe, glaub, es war eines der Bücher, die ich letztes Jahr geschenkt bekommen habe, aber genau kann ich es nicht mehr sagen. Jedenfalls waren hier noch die Sticker mit dabei und ich werde sie auch drin lassen, wenn ich das Buch aussortiere. Jetzt denkt ihr euch vermutlich: Oh, hat dir das Buch doch nicht gefallen? Klar, doch, hat es, aber nicht genug, dass ich es irgendwann wieder lesen möchte.

    Das Buch habe ich in den Jahren davor immer mal wieder gesehen, habs mir aber nie wirklich vorgenommen es zu kaufen, wenn ich ehrlich bin. Dennoch war ich neugierig und habe ich das Buch reingeschaut.

    Btw, den Autoren kenne ich vom Namen her, aber das wars.

    Jedenfalls bin ich mit offenem Geist, könnte man sagen, an das Buch rangegangen und wollte mich einfach mal darauf einlassen, schauen, ob und wie es mir gefallen würde. Auch habe ich im Hinterkopf behalten, dass das Buch an sich nicht mehr das neueste ist, also kann es sein, dass es ein paar Punkte gibt, die so nicht mehr aktuell sind. Immerhin war die erste Veröffentlichung bereits 2009! Seitdem ist sehr viel Zeit vergangen und auch sehr viel passiert. Dennoch, so manche Punkte, die er angesprochen hat, sind in meinen Augen nach wie vor aktuell. Da dachte ich mir: Hey, diese Passagen hätten auch dieses Jahr veröffentlich werden können und es hätte trotzdem gepasst.

    Zum Beispiel daran, wie man Glück eigentlich definieren kann und warum wir lieber jammern, anstatt etwas für unser Glück zu tun, weil das einfacher ist. Also wenn es etwas ist, auf das man tatsächlich Einfluss hat, dass man das so pauschal nicht auf alles und alle übertragen kann, sollte klar sein.

    Auch spricht der Autor vom Unglück über Multitasking an und ein Zuviel, egal ob bei der Auswahl an Essen, Arbeit etc oder auch, dass Glück wohl nicht vererbbar ist.

    In diesem Buch gibt es auch sehr viele Übungen, an welchen man testen kann, wie glücklich man wirklich ist oder sind kleine Hinweise mit einem leichten Augenzwinkern, wie man sein Glück wieder finden kann. Wie man es in Dingen und Gelegenheiten erkennen kann, was man vorher noch nicht gesehen hat. Da ich in diesem Buch nicht herumschneiden oder schreiben wollte, habe ich auf die Übungen ehrlich gesagt verzichtet.

    Andere Punkte, die er angesprochen hat, da dachte ich mir auch: Hey, da muss man differenzieren! Da kommt es wirklich auf den Fall und manchmal kann man nichts dafür / dagegen machen. Da dachte ich mir dann schon, da sollte man nicht pauschalisieren. So sagt der Autor in einem Kapitel zum Beispiel, dass man nicht einfach einen Beruf machen soll, sondern einfach seiner Berufung folgen soll. Dann gibt es eine Liste, an der man seine Berufung an seinem aktuellen Job testen soll.

    Ich denke mir allerdings: Nicht jeder hat den Luxus, seine Interessen oder seine Berufung zum Job zu machen. Manchmal muss man einfach einen Job machen, selbst wenn es nicht der Traumjob ist. Zumal es auch die Hölle sein kann, wenn man seine Hobbys zum Job macht.

    Zumal nicht jeder das Glück hat und sofort einen neuen Job findet. Oder es sich leisten kann, erstmal nen neuen Job zu suchen.

    Oder eine andere Aussage, die ich persönlich absurd fand: "Warum kaufen so viele Menschen Mineralwasser ohne Kohlensäure? - Wegen der STILLE!"

    Der Autor impliziert damit, dass die Leute sie damit nicht das Wasser an sich wollen, sondern eigentlich sich nach Stille sehnen. Als jemand, der selbst nur stilles Wasser trinkt, sage ich: Bullshit^^°

    Ich trinke stilles Wasser, weil mir Wasser mit Kohlensäure nicht schmeckt. Anderen geht es genauso oder sie müssen von der Kohlensäure viel aufstoßen, was ihnen unangenehm ist.

    Klar, das ganze Buch ist wieder so eins von der Sorte "mit leichtem Humor und Augenzwinkern geschrieben", aber der Humor erreicht mich wie gewohnt nicht und manchmal rollte ich dann lieber mit den Augen, als zurückzuzwinkern.

     

    Fazit:

    An sich ist das Buch ok, aber es ist jetzt auch nichts, was man unbedingt gelesen haben muss. Auch habe ich jetzt nicht so viel gefunden, bei dem ich denke: Ok, das kann ich für mich mitnehmen. Vieles, was angesprochen wird, ist entweder ziemlich oberflächlich oder schon längst bekannt. Manches lässt sich auch nicht mit jeder Lebensrealität vereinbaren. Natürlich kann der Autor nicht auf jede mögliche Art, wie ein Leben verlaufen kann, eingehen. Dennoch, man sollte sie wenigstens im Hinterkopf behalten, finde ich.

    Wie gesagt, das Buch ist an sich ok, daher bekommt es von mir drei Sterne. 

  5. Cover des Buches Der Mythos des Sisyphos (ISBN: 9783644026612)
    Albert Camus

    Der Mythos des Sisyphos

    (123)
    Aktuelle Rezension von: Malte_Hermann

    Der Mythos des Sisyphos hat mich wirklich bewegt. Camus schreibt über das Leben, den Tod und die Absurdität des Daseins – und trotzdem fühlt sich das Buch nicht schwer an. Es ist klar, direkt und voller Gedanken, die lange nachwirken. (Mehr zu der Mythos des Sisyphos: https://love-books-review.com/de/der-mythos-des-sisyphos-von-albert-camus/)

    Besonders stark fand ich die zentrale Frage: Warum leben, wenn das Leben keinen Sinn hat? Camus antwortet nicht mit Pessimismus, sondern mit Mut. Er zeigt, dass wir trotzdem wählen können – zu leben, zu denken, zu handeln.

    Die Figur des Sisyphos, der ewig den Stein den Berg hinaufrollt, wird bei Camus zum Symbol für den Menschen, der nicht aufgibt. „Man muss sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen“ – dieser Satz hat mich nicht mehr losgelassen.

    Das Buch ist philosophisch, ja – aber es liest sich überraschend leicht. Es ist voller Klarheit, Schönheit und einer stillen Stärke.

    Für alle, die über das Leben nachdenken, ist Der Mythos des Sisyphos ein echter Schatz. Ein kleines Buch mit großer Wirkung.

  6. Cover des Buches Die letzten Tage des Patriarchats (ISBN: 9783499606694)
    Margarete Stokowski

    Die letzten Tage des Patriarchats

    (86)
    Aktuelle Rezension von: julia-elysia

    Mit einigen Monaten Abstand habe ich nun den zweiten Teil der "Reihe" von Maragarete Stokowski gelesen. "Untenrum frei" hat mich schon überzeugen können, doch dieses Buch ist nicht weniger von Wichtigkeit geprägt! Aus über 200 Essays hat sie 75 Texte ausgesucht und unter 10 Hauptkapiteln aufgeteilt. Es werden Themen wie Feminismus, Gewalt, Sexualität, Frauchenrechte usw. behandelt, und jedes einzelne wird mit solch einer Authenzität und leider immer noch Aktualität dargestellt, dass es mehr als erschreckend ist.

    Beim Lesen konnte ich "glücklicherweise" feststellen, dass einige ihrer genannten Dinge bereits umgesetzt oder durch Gesetzesänderungen eingeführt worden sind, doch vieles erfordert immer noch (Aufklärungs-)Arbeit und den Kampf für Gleichberechtigung und Erhörtwerden.

    Sarkastisch, überspitzt, ehrlich und direkt schreibt und vermittelt Maragarete Stokowski hier Punkte, die nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern die Wahrheit und Realität widerspiegeln. Wer immer noch glaubt, dass Feminismus überholt oder nervig ist, sollte dieses Buch lesen und sich die Realität vor Augen führen. Das Buch liest sich zwar schnell, dennoch ist es nicht einfach so für zwischendurch gedacht. Viele Themen sollte man aufmerksam lesen, damit man sie auch wirklich versteht.

    Klare 5 Sterne von mir!

  7. Cover des Buches Das Gegenteil von Einsamkeit (ISBN: 9783596521692)
    Marina Keegan

    Das Gegenteil von Einsamkeit

    (177)
    Aktuelle Rezension von: Kleinbrina

    Über „Das Gegenteil von Einsamkeit“ gibt es momentan sehr viele Meinungen, die sehr weit auseinandergehen. Viele lieben es, viele sind eher enttäuscht und ich war am Ende so neugierig, dass ich das Buch spontan gekauft habe und mir selbst eine Meinung bilden wollte. Leider muss ich sagen, dass ich am Ende dann auch eher zu den Menschen gehöre, die von dem Buch enttäuscht sind, was ich unglaublich schade finde.

    Die Autorin, die leider viel zu früh verstorben ist und ihren Erfolg demnach nicht mehr erleben durfte, zeigt hierbei sehr viel Talent, viele interessante und nachvollziehbare Gedanken und Ideen, aber leider hat die Umsetzung bei ihren Texten für mich nicht immer funktioniert, da mir vieles noch viel zu gewollt erschien, was ich doch sehr schade finde. Ich muss am Ende sogar sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob das Buch auch dann funktioniert hätte, wenn die Autorin nicht so ein folgenschweres Schicksal gehabt hätte.

    Die Texte sind der Autorin gelungen, keine Frage, allerdings hat mich die Autorin mit ihren Botschaften einfach nicht erreicht, sodass ich die Kurzgeschichten und Essays der Autorin zwar gelesen habe, der Funke jedoch trotz allem nicht übergesprungen ist und mich die Essays auch nicht zum Nachdenken anregen konnten. Die Texte haben hierbei zwar allesamt in irgendeiner Art und Weise die Berechtigung, veröffentlicht worden zu sein, allerdings frage ich mich, ob das Buch auch tatsächlich in so großen Verlagshäusern erschienen wäre, wenn die Autorin nicht viel zu früh verstorben wäre. Dies mag vielleicht herzlos klingen, dennoch finde ich schon, dass die Frage hierbei berechtigt ist.

    Das Cover ist schlicht und zeigt ein Foto der Autorin, was ich sehr persönlich finde und direkt eine Bindung zwischen Leser und Autorin herstellt. Die Kurzbeschreibung ist dagegen so eine Sache. Ich finde es zwar in Ordnung, wenn man erwähnt, dass ein Autor/eine Autorin bereits verstorben ist, allerdings fand ich dies hier etwas zu aufdringlich, sodass hier fast schon künstlich ein Hype geschaffen wird. Sowas kann man sicherlich mögen, meins war es allerdings nicht.

    Insgesamt besitzt „Das Gegenteil von Einsamkeit“ viele gute Ansätze, die ich interessant fand, allerdings hat mir die Umsetzung dabei nicht immer gefallen, sodass ich das Buch am Ende doch recht enttäuscht wieder ins Regal gestellt habe. Dennoch würde ich das Buch all denen empfehlen, die gerne Essays und Kurzgeschichten lesen.





  8. Cover des Buches Das Hohe Haus (ISBN: 9783596521395)
    Roger Willemsen

    Das Hohe Haus

    (78)
    Aktuelle Rezension von: OMess83

    Als bekennender Willemsen-Fan musste ich mich natürlich auch mit dem "Hohen Haus" beschäftigen. Klar, es gibt schönere und anregendere Lektüre von R.W., aber das Protokoll, welches er uns hier über sein Jahr auf der Zuschauertribüne des deutschen Parlaments hinterlassen hat, ist vielleicht sein wertvollstes Vermächtnis. Eine Idee so einfach wie genial: Sich ein Jahr lang auf die Zuschauerränge im deutschen Bundestag setzen und einfach nur beobachten, zuhören und aufschreiben. Und was dabei herauskommt und sich dem Bürger und Wähler präsentiert ist stellenweise banal, dann wieder schockierend, zum Fremdschämen, auch mal humorvoll, aber wenig greifbar. So funktioniert also das deutsche Parlament? Mir stellt sich die Frage, ob den Politikern klar ist, dass sie hier den Souverän, sprich das Volk, vertreten. Statt dessen kriegt man Ränkespiele zwischen Personen, Parteien und Interessengemeinschaften präsentiert, dass sich einem die Nackenhaare sträuben. Und das Ganze hat sich ja in der Ära Merkel abgespielt, die verglichen mit der aktuellen Regierung ja stabilisierend, ruhig und stringent politisiert hat. Schade ist es uns nicht vergönnt, Herrn Willemsen noch einmal für ein Jahr auf die Zuschauerränge zu entsenden, um auch die Ampel-Koalition unter die Lupe zu nehmen. Denn dann würde das Protokoll noch viel vernichtender ausfallen...

  9. Cover des Buches Was ich liebte (ISBN: 9783644002692)
    Siri Hustvedt

    Was ich liebte

    (332)
    Aktuelle Rezension von: Joroka

    Der Ich-Erzähler Leo Hertzberg nimmt uns mit in seine Welt, in sein gelebtes Leben als Sohn jüdischer Emigranten in New York. Er ist unterdessen in die Jahre gekommen und sucht ein spätes Glück mit seiner jüngeren Frau Erica. Diese scheint mit der Geburt des gemeinsamen Sohnes Matthew perfekt. Die beiden leben Tür an Tür mit Bill, einem Künstler und Freud von Leo und seiner Frau Lucille, die fast gleichzeitig Eltern eines Sohnes, Mark werden. Sie beiden kleinen Familien stehen sich nahe und die beiden Jungs wachsen quasi wie Geschwister auf. Später übernimmt Violet dann die Rolle der Ersatz-Mutter von Mark. Die Kinder wachsen heran, das Leben geht seinen Weg, bis Mark bei einem Unglücksfall kurz vor Beginn der Pubertät ums Leben kommt. Das verkraftet die Beziehung zwischen Leo und Erica nicht. Fortan lebt Leo alleine und übernimmt mehr und mehr die Rolle des väterlichen Freundes für Mark und des Ansprechpartners in diesbezüglichen Fragen für Violet. Über ein großes Stück geht es dann im Fokus um Mark und seinen Sorgen erregenden Lebenswandel. Bill stirbt und Leo schlüpft noch ein Stück mehr in die Vaterrolle. Doch alles hilft wenig, denn Mark driftet mehr und mehr vom geradlinigen Weg ab ..

    Mit fast 500 Seiten ein fast episch zu nennendes Werk. Zu Beginn etwas holprig einzulesen, doch wenn man dann den Zugang zu der Geschichte gefunden hat, hält einem der Verlauf ganz gut bei der Stange. Wir begleiten den Protagonisten ein paar Jahrzehnte durch sein Leben und nehmen teil an seinem Schicksal. Eine Geschichte von Liebe, Freundschaft, Eltern-Kind-Beziehung und dem nahezu unerschütterlichen Willen, die Hoffnung nicht gänzlich zu verlieren.

    Sehr ausführlich werden die Kunstwerke von Bill geschildert. Ob es diese wohl tatsächlich gibt? Oder sind sie gänzlich der Phantasie von Frau Hustvedt entsprungen?


  10. Cover des Buches Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede (ISBN: B005IF8VE4)
    Haruki Murakami

    Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede

    (173)
    Aktuelle Rezension von: Argentumverde

    Ein Buch über die Passion des Autors, übers Laufen. Ein Buch, dass den Leser in Murakamis Gedanken eintauchen lässt. Es gibt dem Leser einen interessanten Einblick in die Laufgewohnheiten von Haruki Murakami. Sein Laufen ist von Selbstzweifeln, Perfektionismus und Grübeleien geprägt. Die Schwierigkeiten und Freuden, die das Laufen für ihn ausmachen und die er erlebt, erzählt er auf leichte, fast schon sanfte Weise und bietet so einen spannenden Blick hinter die Kulissen, wie ein erfolgreicher Autor unserer Zeit lebt und denkt. Trotzdem wurde es teils etwas langweilig, denn der Autor verliert sich immer wieder in sicherlich auch interessanten Details über das Leben eines berufstätigen Sportliebhabers. Manche Themen wie das Älterwerden werden oft wiederholt und ziehen das Ganze ungewollt in die Länge. 

    Mein Fazit: Ein genauso faszinierendes wie langweiliges Buch. Sicherlich sind hier aber auch stark die eigenen Interessen beeinflussend, da mich das Laufen so gar nicht begeistern kann. Die Einblicke in Murakamis Gedankenwelt konnte mich aber sofort wieder fesseln.

  11. Cover des Buches Der Knacks (ISBN: 9783596511471)
    Roger Willemsen

    Der Knacks

    (54)
    Aktuelle Rezension von: sternchen70
    Roger Willemsen beschreibt ein durchaus interessantes Thema. Seinen Schreibstil allerdings finde ich viel zu schwerfällig und langatmig. Ich hatte immer wieder den Eindruck, er müht sich krampfhaft, sein Buch zu füllen. Nach dem ersten Drittel habe ich entnervt aufgegeben.
  12. Cover des Buches Wenn Männer mir die Welt erklären (ISBN: 9783455001969)
    Rebecca Solnit

    Wenn Männer mir die Welt erklären

    (101)
    Aktuelle Rezension von: Linker_Mops

    Ich hatte richtig viel Lust auf dieses Sachbuch, weil der Kontext, welcher der Titel verspricht, mir schon oft begegnet ist. Leider ist das leidige Thema "Mansplaining" nur ganz am Anfang des Buches kurz Thema. Dann geht es mit anderen feministischen Themen weiter, wie Gewalt in der Ehe bzw. generell gegen Frauen, Femizide und endet dann im letzten Drittel in einem sehr philosophischen Diskurs. 

    Ich möchte nicht missverstanden werden. Das sind alles wichtige Themen, die auf alle Fälle noch viel Aufklärung und Gegenkampf erfordern. Aber es ist eben nicht das gewesen, womit ich mich vom Titel her gerne auseinandergesetzt hätte. Vor allem das Essay zum Schluss zu Woolf fand ich sehr anstrengend zu lesen.

    Mein Fazit: Wichtige Themen, aber ich hatte was anderes erwartet und war daher eher enttäuscht.

  13. Cover des Buches Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (ISBN: 9783946619697)
    Rainer Maria Rilke

    Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

    (128)
    Aktuelle Rezension von: Nicolai_Levin

    Mitte des 19. Jahrhunderts befreiten sich die ersten Maler von der Vorgabe, die sie umgebende Welt in ihren Gemälden sachlich und korrekt wiederzugeben. Der subjektive Gesamteindruck einer Szene war ihnen wichtiger als photorealistische Details. Sie wagten dicke, verwischte Pinselstriche, die bei der Betrachtung aus der Nähe gar keinen Sinn ergaben: Erst wenn man ein paar Schritte zurücktrat, konnte man erfassen, was das Bild darstellen sollte. Der Impressionismus war geboren, seinerzeit umstritten, heute aber die Stilrichtung, die beim breiten Publikum ungeheuer beliebt bleibt, auch wenn die Malerei sich längst weiterentwickelt hat seitdem.

    Zu der Zeit, als Monet und Renoir und Sisley ihre Ateliers in Paris verließen, um die Eindrücke der freien Natur auf ihren Leinwänden einzufangen, war die Literatur noch weit hinterher. In der schreibenden Zunft begrub man in jenen Jahren erst die Romantik mit ihren symbolischen Überhöhungen und den heldenhaften Schicksalen Auserwählter und begann, die ungeschminkte Wirklichkeit abzubilden, sich mit dem ganz normalen Leben ganz normaler Menschen als Thema für die Literatur zu beschäftigen und zudem die Tiefen der menschlichen Seele auszuloten. 'Realismus' sollte die Epoche später genannt werden, weil jede Ausdrucksform der Kunst ihre eigene Schublade braucht.

    Die bildende Kunst war schon einen Schritt weiter, in Richtung Kubismus, Expressionismus, Abstraktion, als sich Ende des 19. Jahrhunderts die ersten zaghaften Versuche andeuteten, auch in der Literatur die formalen Grenzen zu sprengen und sich neuen Formen zuzuwenden. Rainer Maria Rilke war mit den aktuellen Entwicklungen in Malerei und Bildhauerei wohl vertraut, schließlich arbeitete er über längere Zeit als Sekretär von Auguste Rodin. Rilke selbst schuf einen Meilenstein moderner Literatur in deutscher Sprache mit seinen "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge", die 1910 erschienen sind.

    Als Lyriker war Rilke zu dieser Zeit schon anerkannt und erfolgreich - auch wenn er als Versedichter bis dahin der Konvention verhaftet blieb und nicht als Avantgardist auffiel.

    Ganz anders in diesem Prosawerk, das so tut, als sei es das Notizbuch eines dänischen Dichters, der in Paris lebt. Entsprechend gibt es keine Handlung, keine Figuren im herkömmlichen Sinne, nur Fragmente, Vignetten, Miniaturen, die sich in impressionistischer Manier zu einem Ganzen fügen sollen. Rilke wagt sich hier in ganz vielen Aspekten auf Neuland.

    Inhaltlich lässt sich das Buch schwer fassen und wiedergeben. Es beginnt mit Notizen aus Paris, dem modernen Moloch, der sich für den Erzähler vom idyllischen Bild der Kunst- und Geistesmetropole, das ihn hergelockt hat, fundamental unterscheidet und ihn mehr erschreckt als fasziniert. Lärm, Verkehr, Elend umgeben ihn, und er, der mittellose Künstler aus gutem Hause, sorgt sich, die bürgerliche Fassade zu wahren und nicht erkennen zu geben, wie schlecht es eigentlich um ihn und seine Verhältnisse steht. Seine Gedanken fliegen in die Kindheit, Begegnungen und Eindrücke des kleinen Malte auf den Gütern der Familie in Dänemark. Und dann mischen sich rauschhaft visionäre, philosophierende Abschnitte mit historischen und literarischen Gestalten, deren Inneres er zu erkunden sucht.

    Das ist schon fulminant und radikal gemacht. Abrupt wechseln die Perspektiven, eben hat er noch über die - dänische?- Flamme Abelone und sein Verhältnis zu ihr sinniert, da redet er sie im nächsten Abschnitt schon als Adressatin des Textes per Du an und ist mit ihr in einem Schloss irgendwo in Frankreich und zeigt ihr die Gobelins. Völlig assoziativ und frei lässt er seiner Feder den Lauf, um weltanschauliche Gedankenfetzen zu Papier zu bringen.

    Das Spiel mit der Identität und dem Ursprung eines Textes ist auch in damliger Zeit nicht mehr neu. Aber der Autor treibt es auf die Spitze: Tut so, als sei er ein Däne, liefert uns als solcher intensive Erinnerungen eines Kindes - aber was davon ist erfundener Brigge, was authentischer und verkleideter / versteckter Rilke? Die Vexierbilder der Autofiktion sind hier schon vorgezeichnet, hundert Jahre, bevor Knausgård & Co damit die Massen verzückt haben. Der Knabe im Mädchengewand, der die tote Schwester ersetzen muss - das war das große Kindheitstrauma des kleinen René R. - hier wird es verfremdet und doch bekenntnisartig zu Papier gebracht. Auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Werk als Bestandteil der Künstlerseele, die uns hier in toto ausgebreitet weden soll - immer wieder finden wir in den literarischen und historischen Abschnitten Figuren und Themen, an denen auch Rilke gearbeitet hat. 

    Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge sind also in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, sie sind neuartig und mutig, sie sind ungeheuer modern (auch im Vergleich zu dem, was Rilke als Lyriker schreibt!), für die Literaturwissenschaft bieten sie eine überreiche Fundgrube zum Analysieren und Vergleichen. Ein Monolith, ein Meilenstein, ein Referenzpunkt, der wahrscheinlich den Beginn der literarischen Moderne markiert. Der Literaturhistoriker in mir ist von diesem Werk angemessen begeistert. 

    Bei mir als stinkormalem Leser allerdings muss ich sagen, fällt das Buch durch. Zugestanden, es sind interessante und eindrucksvolle Episoden darunter: die Momente aus Paris etwa oder auch die Erinnerungen an die Verwandtschaft in Dänemark. Die philosophierenden Episoden dagegen - sorry, die finde ich schlicht unlesbar. Wohlgeformte Worte mit schönem Klang, die aber selbst beim dritten und vierten Lesen einfach keinen Sinn ergeben wollen. Da hat sich einer an Bergson und Nietzsche berauscht und sich anstecken lassen und im Taumel der Begeisterung seine eigenen Zarathustra-Fetzen als ekstatisch raunendes Geschwurbel festgehalten. Mir kam beim Lesen immer wieder Loriots Dichter Lothar Frohwein in den Sinn mit seiner 'Melusine': "Taubtrüber Ginst am Musenhain. Taubtrüber Hain am Musenginst. Krawehl!"

    Auch bei seinen historischen Vignetten schert sich Rilke nichts darum, ob man ihm folgen kann. Das ist programmatisch natürlich konsequent, aber mir als Leser hilft es auch nicht weiter: Von Karl dem Kühnen weiß ich als mittelgebildeter Teil meiner Generation so wenig wie von Papst Johannes XXII. (geboren als Jakob von Cahors, wie ich bei Wikipedia erspickt habe). Die Ratschläge der Madame Louise Labé (1524-1566) an Mademoiselle Clémence de Bourge sind mir ebenso fremd, und ich wette, der überwiegenden Mehrheit meiner Mitmenschen geht es genau so (Rilke hat das olle Buch übersetzt, daher war ihm das Thema vertraut).

    Für mich ergibt sich aus diesem einzigartigen Nebeneinander von höchst lesenswerten und unerträglichen oder unverständlichen Vignetten und Facetten auch beim Zurücktreten - im Gegensatz zu dem Effekt eines impressionistischen Gemäldes - eben kein schlüssiges Gesamtbild, das ich erfassen und genießen kann. Alles, was Rilke uns zeigt, ist das schwammige Zerrbild einer zerfetzten Künstlerseele. Da bleibe ich lieber bei seinen Panthern und Karussellen.

  14. Cover des Buches Die Würde ist antastbar (ISBN: 9783442715008)
    Ferdinand von Schirach

    Die Würde ist antastbar

    (161)
    Aktuelle Rezension von: leas_bookdiary

    3,5/5 ⭐️

    "Die Würde ist antastbar" von Ferdinand von Schirach ist eine Sammlung von dreizehn Essays, die ursprünglich im „Spiegel“ veröffentlicht wurden. Die Themen reichen von aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen bis hin zu persönlichen Reflexionen. Schirach beleuchtet Themen wie den technologischen Wandel, Terrorismus, das Rauchen und die Frauenquote, wobei er oft das Rechtssystem und die Philosophie hinterfragt. Ein besonderes Augenmerk legt er auf die Frage der Menschenwürde und deren Verletzlichkeit, was sich auch im Titel des Buches widerspiegelt. 📖

    Einige Essays, wie z.B. „Reine Menschen, reine Luft“, haben mir weniger gefallen. Die Erklärungen zum Thema iPad wirkten unnötig und deplatziert. Andere Essays wiederum sind sehr lehrreich und regen zum Nachdenken an. Es gibt jedoch auch Beiträge, die banal wirken und teilweise wie die Meinungen eines „ok boomers“ erscheinen.

    Schirachs Schreibstil ist klar und prägnant, ohne überflüssige Schnörkel. Er versteht es, komplexe Themen verständlich und zugleich tiefgründig darzustellen. Dies macht das Buch zu einer leicht lesbaren, aber dennoch anspruchsvollen Lektüre. Die Sprache ist oft nüchtern und analytisch, was gut zu den behandelten Themen passt. Dennoch gelingt es Schirach, emotionale und moralische Tiefe zu erzeugen, insbesondere in den Essays, die sich mit ethischen und rechtlichen Fragestellungen befassen. Jedoch gibt es auch hier Schwächen: Manche Passagen wirken zu ausführlich und verlieren sich in Details, die nicht unbedingt relevant sind. Insbesondere das Kapitel über das iPad und die Ausführungen zum Rauchverbot hätten kürzer und prägnanter sein können. 🖋️

    Fazit: Insgesamt ist "Die Würde ist antastbar" eine lesenswerte Sammlung von Essays, die zum Nachdenken anregt und verschiedene aktuelle und zeitlose Themen beleuchtet. Ferdinand von Schirach beweist einmal mehr seine Fähigkeit, gesellschaftlich relevante Fragen auf eine zugängliche und dennoch tiefgründige Weise zu diskutieren. Allerdings gibt es auch schwächere Momente in diesem Buch, die den Gesamteindruck etwas trüben. Die Qualität der Essays ist nicht durchgehend gleich hoch, was zu einem gewissen Ungleichgewicht führt. 🌟

  15. Cover des Buches Deine Juliet (ISBN: 9783442717750)
    Mary Ann Shaffer

    Deine Juliet

    (321)
    Aktuelle Rezension von: Pondofwords

    "Deine Juliet" ist ein charmanter und bezaubernder Briefroman. Die Geschichte ist nicht nur berührend, sondern voller Charme & Witz und diese Mischung hat es echt ausgemacht.

    Kurz zur Story:

    Die Handlung spielt in London in den 40er Jahren, also nach dem zweiten Weltkrieg, dessen Nachwirkungen auch eine Rolle in dem Buch spielen. Die Schriftstellerin Juliet bekommt einen ungewöhnlichen Brief von Dawsey Adams, einen Bauern von der Kanalinseln Guernsey. Er hat ein gebrauchtes Buch gekauft, das ihr gehörte, und ihre Adresse darin gefunden. Von da an beginnt ein reger Briefwechsel zwischen den beiden. Juliet erfährt über ihn von den "Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf". Ein Buchclub, den einige Inselbewohner gegründet haben, um sich über die schweren Kriegsjahre hinweg zu helfen. Je mehr Juliet die Briefe liest, desto mehr lernt sie über Dawsey und die anderen Inselbewohner und ist so angetan von ihnen, dass sie beschließt dorthin zu reisen.

    Was mich total gefangen hat ist die herzliche Freundschaft zwischen Juliet und den Inselbewohnern. Die einzelnen Charaktere sind alle auf ihre Art einfach so nett und mit so viel Hingabe geschrieben worden. Ich hatte während dem Lesen dauerhaft dieses warme Gefühl im Bauch, einfach weil ich die Geschichte so schön fand. 

    Und was die Geschichte auch besonders macht ist der Humor, der immer wieder durchblitzt. Die Briefe, die Witze und die kleinen Eigenheiten der Charaktere sorgen dafür, dass man immer wieder lächeln muss. Gleichzeitig gibt es aber auch diese tiefen, bewegenden Momente die einen richtig ins Herz treffen. Die Erinnerungen an den zweiten Weltkrieg und die Einzelschicksale der Inselbewohner sind so berührend, dass man die Nachwirkungen des Krieges förmlich spüren kann. 

    Alles in allem ist "Deine Juliet" ein wunderbares Buch, das einen warm umfängt. Ich kann es wirklich nur jedem empfehlen! 

  16. Cover des Buches Istanbul (ISBN: 9783446252295)
    Orhan Pamuk

    Istanbul

    (68)
    Aktuelle Rezension von: Mogul

    Hierbei handelt es sich um einen Liebesroman an Istanbul von Orhan Pamuk, einem der wohl bekanntesten türkischen Schriftsteller, der auch vor einigen Jahren den Nobelpreis für Literatur bekam. Er nennt den vorliegenden Text seine Memoiren, in denen er sich seiner Kindheit, Jugend und jungen Mannesjahren erinnert, die er in Istanbul, wo er auch heute noch lebt, verbrachte. Mit zunehmendem Alter entdeckte er in seiner Jugend immer mehr Facetten der geschichtsreichen Stadt und deren Bewohner. Interessant ist, dass er vor allem Reisebeschreibungen von Schriftstellern und Malern aus Westeuropa herbeizieht, um die Vergangenheit der Stadt seiner Kindheit anhand von Quellen zu rekonstruieren, da ja bis zur Einführung des lateinischen Alphabets durch Atatürk quasi keine Bücher auf türkisch gedruckt wurden. Damit wird die Geschichte von Byzanz und Konstantinopel für ihn zum Mysterium, dass ihn völlig fasziniert. Er beschreibt das Istanbul seiner Kindheit als eine Stadt des Verfalls alter Kulturen, die durch  die aufgezwungene Verwestlichung zusätzlich beschleunigt wurde. Die Stadt wird als Schmelztiegel verschiedener Kulturen vorgeführt. Interessant ist, wie diese Verschmelzung der Geschichte und der Kulturen die Bewohner der Stadt prägt.


    Es ist keine Frage, das Buch ist grandios aufgebaut und geschrieben (und übersetzt). Der Text birgt einen Fundus an Informationen über die Stadt und Pamuks Familie und wird ergänzt durch viele schöne alte Fotografien. Für den Autor geht es aber um das Gefühl, welches die Bewohner inmitten der verfallenden Stadt prägt, und das ihn wahrscheinlich zum Schriftsteller gemacht hat: Hüzün. Es gibt kein Äquivalent für dieses Wort auf Deutsch. Am ehesten kann man es mit einer bestimmten Art von Melancholie übersetzen, welche durch Nostalgie, Verlust, Verfall und einer gewissen Orientierungslosigkeit im Leben geprägt ist. Für den Autor ist Hüzün das prägende Gefühl, welches das Denken und Handeln der Bevölkerung von Istanbul prägt, ein Verloren- und Geborgensein in einem ganz eigenen Universum des Wandels von der Antike in eine moderne Weltstadt. 


    Die Memoiren von Orhan Pamuk sind ein Buch voller Nostalgie und Melancholie, das dank des schriftstellerischen Könnens des Autors nicht in den verklärenden Kitsch abrutscht, sondern - wenigstens für mich - eine völlig neue Sicht auf Istanbul ermöglichen. Manchmal hat mich das Buch aber etwas gelangweilt, das es zwischendurch beinahe zu einem Lesebuch alter Schule wird, einem verstaubten Schmöker, der etwas langatmig geschrieben ist. Aber eben, das Buch ist von einem absoluten Könner geschrieben, und irgendwann hatte ich ich dann bei der Lektüre erahnt, was es mit diesem Hüzün auf sich hat, und warum der Text so daherkommen muss, wie er es tut. 


    Fazit: Sehr interessante Lektüre, wenn man dran bleibt.


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  17. Cover des Buches Die Simpsons und die Philosophie (ISBN: 9783608503418)
    William Irwin

    Die Simpsons und die Philosophie

    (79)
    Aktuelle Rezension von: Gilbeau

    Wie  passt das zusammen? Kann man Zeichentrickfiguren philosophisch ergründen? Kann man, wie das Buch leicht verständlich und streckenweise sehr unterhaltsam rüberbringt. Natürlich ist das Buch nicht lesbar wie ein Roman. Was nicht heisst, dass es nicht auch ganz spannende Informationen und Sichtweisen zu bieten hat.

  18. Cover des Buches Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen (ISBN: 9783570159989)
    Susan Juby

    Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen

    (128)
    Aktuelle Rezension von: zartrose22

    Inhalt:

    Am ersten Schultag ihres 11. Schuljahres beschließen Normandy und ihre besten Freunde Dusk und Neil auf die Suche nach der Wahrheit an ihrer Schule zu gehen. Auslöser ist ihre Mitschülerin, die nach den Ferien sehr verändert aussieht und die drei fragen sich kurzerhand, ob sie etwas hat machen lassen. Neil nimmt seinen Mut zusammen und spricht diese direkt darauf an. Unerwartet erhält er sogar eine ehrliche Antwort. Begeistert beschließen die drei in Zunkunft noch weitere Menschen aus ihrem Umfeld nach Dingen zu fragen, die schon lange gefragt werden müssen und somit ist ihre Wahrheitskommission geboren. Jede Woche wollen sie einen weiteren Kandidaten nach der Wahrheit fragen...Doch die Wahrheit zu kennen, ist nicht immer einfach und genauso wenig kann man nachdem man sie erst einmal kennt einfach wegsehen...

    Das Buch:

    Das Buch ist nicht im typischen Format geschrieben, sondern wird aus der Sicht von Normandy geschrieben, die dieses Experiment in Form eines Essays als ihre Projektarbeit schreibt. Bereits auf den ersten Seiten macht man die Bekanntschaft mit Fußnoten, die einen noch das ganze Buch hinüber begleiten werden. Ich finde diesen Einsatz von Fußnoten nicht schlecht, weil sie meist zustätzliche Infos und auch mal etwas Witz enthalten.

    Im Laufe der Geschichte erfährt man vorallem mehr über Normandy und ihre Familie, aber natürlich werden auch immer wieder Leute nach der Wahrheit gefragt. Anfangs ist Normandy nicht ganz so überzeugt von der Wahrheitskommission und hinterfragt die Sache, aber später macht sie auch aktiver mit. Die drei Freunde bringen mit der Sache an ihrer Schule etwas ins Rollen.

    Fazit:

    Insgesamt finde ich den Schreibstil der Autorin gut und die Idee hat auch gute Ansätze zu bieten, jedoch konnte sie mich eben auch nicht komplett überzeugen. Es ist kein spannender Thriller oder Fantasyroman, der einen schnell fesseln kann, dafür ist es aber eine nette Lektüre für zwischendurch, die mit der Thematik um Wahrheiten auch etwas zum Nachdenken anregt.

    Daher gibt es von mir 3 Sterne, weil es mich zumindest durchschnittlich unterhalten konnte.


  19. Cover des Buches Zwei Herren am Strand (ISBN: 9783423254458)
    Michael Köhlmeier

    Zwei Herren am Strand

    (80)
    Aktuelle Rezension von: Sikal


     

    Der Vater von Michael Köhlmeier begeistert sich für Winston Churchill, lernt sogar Englisch, um Churchills Biografie lesen zu können. Als er bei einem Symposium William Knott kennenlernt („The very privat Privat Secretary to a very prime Prime Minister.“) entwickelt sich zwischen den beiden eine Brieffreundschaft über viele Jahre.

     

    Michael Köhlmeier verbindet diesen Briefwechsel mit Charlie Chaplin und lässt die beiden Herren bei einem Strandspaziergang über das Weltgeschehen philosophieren, immer begleitet von dem schwarzen Hund, der die beiden zeitlebens einholt. Ein wunderbarer Roman über eine Freundschaft und dem Versprechen füreinander da zu sein. Auch wenn der schwarze Hund - oder anders gesagt, die Depression allgegenwärtig sind.

     

    Am Höhepunkt beider Leben beschäftigen sie sich mit Hitler – einerseits Churchills Kampf gegen diesen und andererseits Chaplin, der am „großen Diktator“ zu verzweifeln droht. Die selbstauferlegte Symbiose rettet beide in dieser schwierigen Phase.

                  

    Mit einer wunderbaren Sprache lässt uns Köhlmeier diese Gespräche begleiten, spannt den Bogen über das Zeitgeschehen hinaus. Immer mit einem Augenzwinkern gepaart, damit wir während des Lesens nicht auch mit dem schwarzen Hund Bekanntschaft machen.

    Köhlmeier gelingt es Fiktion und Realität miteinander zu verbinden und schafft mit den beiden Protagonisten eine Verbindung, die nicht nur einen äußeren gemeinsamen Feind haben sondern auch einen inneren.

    Eine unglaubliche Geschichte von einem unglaublichen Autor. 5 Sterne

  20. Cover des Buches Allein (ISBN: 9783446267923)
    Daniel Schreiber

    Allein

    (86)
    Aktuelle Rezension von: herr_hygge

    Ein kleines Buch mit tiefgreifenden Essays, dass ich bereits Anfang Oktober mit Begeisterung gelesen habe. Was mich allerdings auch ohne die richtigen Worte es zu beschreiben zurück lies. Dennoch möchte ich es an dieser Stelle gerne versuchen:

    In seinem Buch "Allein" reflektiert @thedanielschreiber soziologische und philosophische Ideen in Verbindung mit seinen eigenen Erfahrungen, im Hinblick auf das Alleinsein und Einsamkeit. Dabei betrachtet er das Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit und dem nach Liebe und Nähe.

    Der Autor schreibt mit einer Offenheit über sein Leben, die mich staunen lässt und beleuchtet dabei ein in der Gesellschaft als schambehaftet geltendes Thema, das gerne gemieden wird.
    Gerade in die heutige Zeit, passt dieses Buch mehr denn je, da viele Menschen sich gezwungener Maßen zurückziehen. Dabei lässt Schreiber nicht außer Acht, dass auch ungeachtet der Pandemie Menschen allein und viele davon einsam sind und trifft dabei den richtigen Nerv.

    Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut, dass da irgendetwas oder vielmehr irgendjemand fehlt und das es einem so vor kommt, als würde einen niemand richtig verstehen. Daher habe dieses emotionale Buch als etwas sehr tröstliches empfunden. Es war, als würde mir jemand etwas belastendes von der Seele schreiben und mir damit Mut machen. Danke dafür. ☺️

  21. Cover des Buches Der Mensch in der Revolte (ISBN: 9783644485310)
  22. Cover des Buches Gegen den Hass (ISBN: 9783596522217)
    Carolin Emcke

    Gegen den Hass

    (53)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Wer sich auch nur ein wenig im Internet bewegt, weiß es schon lange: die Menschenfeinde versuchen lautstark, organisiert und hemmungslos ihren Hass als die wahre Meinung des Volkes, die aufrichtige Mehrheitsmeinung zu verkaufen. Dass es diesen rechten bis rechtsextremen Rand in jeder Gesellschaft gibt, ist nichts Neues. Dass diese fanatische Minderheit bis zu 20 Prozent der deutschen Gesellschaft ausmacht, könnte man auch seit Jahren wissen, wenn man die entsprechenden Studien verfolgt hätte. Hier haben die bürgerliche Mitte und die Verteidiger der offenen Gesellschaft schlichtweg zu lange weggeguckt. Die autoritären Charaktere mit ihrer Radfahrermentalität (Erich Fromm), nach oben buckeln und nach unten treten, die preußischen Untertanen, versuchen den Diskurs zu okkupieren und ihre Meinung als mehrheitsfähig in die Mitte der Gesellschaft zu transportieren.

    „Die Sorge erlebt zur Zeit eine erstaunliche Aufwertung. In der Sorge, so die rhetorische Suggestion, artikuliere sich ein berechtigtes Unbehagen, ein Affekt, der politisch ernst genommen und keinesfalls kritisiert werden sollte. Als seien ungefilterte Gefühle per se berechtigt. Als käme unreflektierten Gefühlen eine ganz eigene Legitimität zu.“

    Obsessiver Hass

    Erst mit dem Erstarken von Pegida und AfD wacht die im Konsum erstarrte offene Gesellschaft langsam auf. Erst mit dem Rückfall zahlreicher Deutscher in den völkischen Hass-Habitus schrecken Intellektuelle wie Carolin Emcke oder Harald Welzer auf. Es ist dringend an der Zeit die offene Gesellschaft zu verteidigen und sich klar und deutlich als Mehrheitsgesellschaft gegen den Hass zu positionieren. Emckes Plädoyer trifft den Kern der Debatte, was die Reaktionen der besorgten Bürger (u.a. in Amazon Rezensionen und Kommentaren) eindringlich bestätigen. Der Hass ist obsessiv geworden. Und seit geraumer Zeit werden aus den Worten auch Taten. Was Sarrazin, Pirinçci, Don Alphonso (Rainer Meyer), Höcke und sonstige Protagonisten der Neurechten sprachlich und gedanklich vorbereiten, führen die Hohlköpfe der neuen SA, die Hooligans, Kameradschaften, Freundeskreise und wie sich die rechtsextremen Gewaltaffinen auch nennen mögen, auf den Straßen aus.

    „Den Hass und die Angst schüren nicht zuletzt die, die sich von ihm Gewinn versprechen. Ob die Profiteure der Angst in der Währung der Einschaltquoten denken oder in Wählerstimmen, ob sie mit einschlägigen Titeln Bestseller produzieren oder sich mit griffigen Schlagzeilen Aufmerksamkeit verschaffen – sie alle mögen sich distanzieren von dem sogenannten »Mob« auf der Straße, aber sie wissen ihn ökonomisch für sich zu nutzen.“

    Mehr noch, muss man hinzufügen, sie sind sich in der Sache einig, lediglich die Methoden halten sie für falsch. Es ist diese Allianz der Hetzer mit dem Mob, die das gesellschaftliche Gefüge gefährden und der Menschenfeindlichkeit den Nährboden bieten. Carolin Emcke beginnt „Gegen den Hass“ mit genau solch einer Melange aus Worten und Taten. Clausnitz, wiedermal ein deutscher Ort, nach den überwunden geglaubten 90er Jahren, der zu einem Symbol des Hasses geworden ist.

    „Clausnitz ist nur ein Beispiel für den Hass und die Raster der Wahrnehmung, die ihn vorbereiten und formen, die Menschen unsichtbar und monströs zugleich machen. In Clausnitz traf es einen Bus mit Geflüchteten. In anderen Städten, in anderen Regionen trifft es Menschen mit einer anderen Hautfarbe, einer anderen Sexualität, einem anderen Glauben, einem uneindeutigen Körper, es trifft junge oder alte Frauen, Menschen mit einer Kippa oder einem Kopftuch, Menschen ohne Obdach oder ohne Pass, was immer gerade als Objekt des Hasses zugerichtet wird. Sie werden eingeschüchtert, wie in diesem Fall, oder kriminalisiert, sie werden pathologisiert oder ausgewiesen, angegriffen oder verletzt.“

    Als zweites Beispiel für „Hass und Missachtung“ führt Emcke den institutionellen Rassismus in den USA an. Es ist ein Beispiel, exemplarisch und nicht der Fingerzeig auf andere. Der institutionelle Rassismus ist kein Problem der USA, dort hat er lediglich eine spezifische Geschichte mit einer spezifischen und nicht einfach übertragbaren Ausprägung. Aber die Strukturen des Rassismus, die Missachtung des Lebens, die Menschenfeindlichkeit sind sehr wohl auch bei uns auszumachen.

    Der Mord an Eric Garner und sein Ausruf „This stops today“ ist Warnung, Mahnung und Aufforderung an alle Demokraten sich den Hass entgegenzustellen. Wie Harald Welzer es in „Wir sind die Mehrheit“ schrieb: Die Weimarer Republik scheiterte nicht, weil sie zu viele Feinde hatte, sie scheiterte, weil sie zu wenig Freunde hatte. Ebenso wie Welzer ruft Emcke dem Leser zu: Werdet Freunde der offenen Gesellschaft! Stellt euch gegen den Hass! Wir sind die Mehrheit!

    Der zweite Teil des Buches ist der Versuch den Kern der völkischen Ideologie, wie sie im Rassismus, bei Pegida, AfD und Neurechten gepflegt wird, aufzudecken: Homogen, Natürlich, Rein. Die Dreifaltigkeit der Einfältigkeit. Die Nähe von Neurechten, besorgten Bürgern und Islamisten wird hier besonders deutlich. Die Fundamentalisten sind immer gegen das vermeintlich Unnatürliche, das Unreine, die Biologisierung der eigenen Ideologie, der eigenen Ressentiments. Menschenfeinde sind Menschenfeinde – auch wenn sie es, geblendet von ihrem Hass, nicht erkennen werden.

    Emcke schließt das Buch mit dem dritten Teil, einem Plädoyer für den Pluralismus, die offene Gesellschaft. Hinter allem steht die Mahnung Eric Garners: Es muss heute aufhören! Der Hass muss aufhören.

    Während der erste Teil des Buches im journalistischen Stil geschrieben ist, dominiert im zweiten und dritten Teil ein philosophisch-akademischer Ton. Hierdurch wird meines Erachtens Potenzial verschenkt. Solche Bücher bedürfen einer großen Reichweite. Dass die besorgten Bürger das Buch nicht lesen werden, versteht sich von selbst. Aber die Mehrheitsgesellschaft besteht nicht nur aus Akademikern und Intellektuellen. Das ändert aber natürlich nichts an der Wichtigkeit des Buches und der trefflichen Analyse und Argumentation.

  23. Cover des Buches Lob des Schattens (ISBN: 9783717540823)
  24. Cover des Buches Empört Euch! (ISBN: 9783550088834)
    Stéphane Hessel

    Empört Euch!

    (189)
    Aktuelle Rezension von: Kerstin-Scheuer

    Über dieses Buch, das monatelange auf der Bestsellerliste stand, wurde bereits viel gesprochen und geschrieben. Für einige ist es wohl sogar zu einer Art "Bibel" geworden. Es geht zurück auf eine Rede Hessels, die viel Beachtung fand.
    Klar, dass ich dieses Werk auch einmal lesen wollte, um herauszufinden, was so besonders daran ist.

    Leider kann ich die allgemeine Euphorie nicht so ganz teilen.
    Bei dem dünnen Heftchen - ich würde es eher eine "Schrift" als ein "Buch" nennen - handelt es sich um den Aufruf eines 94jährigen an die jüngeren Generationen, sich endlich wieder mehr zu engagieren. Mich erinnerte dies etwas an das ewige "Früher war alles besser" und die ständigen "die Jugend von heute"-Klagen, die mich immer ärgern, weil sie schlicht und ergreifend falsch sind.
    Die Dinge, für wir uns engagieren sollen, liefert Hessel gleich mit. Neues hat er dabei nicht zu bieten: für Umwelt und soziale Gerechtigkeit, gegen die Macht der Banken und des Geldes, in Israel und den arabischen Ländern. Nunja.

    Was mich allerdings wirklich stark beeindruckte, war der Lebensweg von Hessel, von dem man das ein oder andere innerhalb der Schrift; wesentlich mehr jedoch in einem Nachwort erfährt. Hessel wurde in Deutschland geboren und flieht mit seinen Eltern während des Zweiten Weltkriegs nach Frankreich aus, nachdem es der jüdischen Familie gelang aus dem KZ "Buchenwald" zu entkommen. (Schon allein DAS finde ich zu tiefst beeindruckend; es geht aber noch weiter) Als Jugendlicher und junger Mann engeagiert er sich in der Resistance gegen Nazideutschland und schreibt schließlich nach Ende des Zweiten Weltkriegs an der Menschenrechtscharta mit. Später ist er als Botschafter für Frankreich an den unterschiedlichsten Orten weltweit im Einsatz. Wow!
    Mit diesem Hintergrund, finde ich, bekommt die Schrift doch gleich eine ganz andere Perspekitve. Wer sich stets so sehr für die eigenen Ideale und eine bessere Welt einsetzte, hat meiner Meinung nach alles Recht, sich über die heutigen Verhältnisse und die scheinbare Letargie der Jugend zu beschweren. Denn - sind wir mal ehrlich - so stark engagiert sind die wenigstens von uns. Natürlich sind die offensichtlichen Bedrohungen auch - gottseidank - geringer. Gründe, um sich zu engagieren - gibt es aber noch immer genug. Schön, dass uns so ein außergewöhnlicher Mensch hieran erinnerte.

    Unmittelbar nach der Lektüre dieses Werkes habe ich die Autobiografie von Stephane Hessel "Mein Tanz mit dem Jahrhundert" auf meine Wunschliste gesetzt. Ich bin wirklich schwer beeindruckt.

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