Bücher mit dem Tag "ethnologie"
138 Bücher
- Jan Weiler
Maria, ihm schmeckt's nicht!
(1.151)Aktuelle Rezension von: Phil_GWie witzig das Buch ist, wenn man Süditalien nicht kennt, weiss ich nicht. Wer aber in eine süditalienische Familie hineingeheiratet hat, wird manchmal herzhaft lachen und teilweise an eigene Erfahrungen erinnert werden, die man selbst nicht so lustig fand.
Keine hochstehende Literatur, aber eine gelungene Darstellung kultureller Unterschiede.
Das Buch wurde verfilmt. Die Rolle des süditalienischen Auswanderer und Vater der Braut spielte Lino Banfi ohne ein Wort Deutsch zu verstehen. Den ganzen Text lernte er in phonetischer Schrift.
- Marlo Morgan
Traumfänger
(500)Aktuelle Rezension von: ZamsEhrlich gesagt bin ich etwas zwiegespalten, was dieses Buch angeht. Es basiert anscheinend auf einer wahren Geschichte, wird aber als fiktives Werk eingestuft, was mich immer fragen lässt, wie viele der Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben, wenn überhaupt, und welche übertrieben oder einfach erfunden waren.
Es hat mich auch dazu gebracht, ihren Informationen über Aborigines nicht zu vertrauen, aber ich hatte definitiv das persönliche Bedürfnis, mir einige Biografien zu besorgen, um das wiedergutzumachen.
Zeitweise schienen ihre Ansichten ziemlich voreingenommen, grenzwertig rassistisch und meiner persönlichen Meinung nach mit einer starken Note des weißen Rettertums, was es wie ein weiteres Werk eines Weißen erscheinen ließ, der von einer marginalisierten Gruppe profitiert.
Der Schreibstil hat mir jedoch gefallen, er war einfach und schnell zu lesen.
- Herbert Renz-Polster
Kinder verstehen
(24)Aktuelle Rezension von: An-chanDas Sachbuch ist thematisch sehr umfangreich und betrachtet aus v.a. evolutionärer Sicht alles von z. B. Nahrungsaufnahme, Schlaf, Schreien über Fremdeln bis hin zur Entwicklung der Persönlichkeit von Kindern. Dazu kommt ein Kapitel zur Evolution an sich, das als Hintergrundwissen sicherlich für einige Lesende nützlich ist.
Die Kapitel bestehen immer aus einem Abschnitt zum Hauptthema und einem ergänzenden Kapitel dazu "Einblick und Ausblick", in dem nochmal weitere Aspekte näher betrachtet werden.
Geschrieben ist alles sehr leicht verständlich und mit zahlreichen Beispielen untermauert. Man bekommt hier gute Einblicke in das Leben von Kindern rund um den Globus, welche Unterschiede es gibt und was davon dem Start ins Leben unserer Urahnen am nächsten kommt. Dadurch werden viele Verhaltensweisen von Kindern, die uns heute unsinnig oder gar störend vorkommen, nachvollziehbar. Was man als Eltern daraus macht, bleibt aber natürlich jedem selbst überlassen. Hier hebt Herbert Renz-Polster auch nicht den belehrenden Zeigefinger, sondern stellt sachlich da, was Kinder aus welchen Gründen einfordern. Ob die Eltern darauf eingehen oder Alternativen durchsetzen wird nicht bewertet.
Ich finde das Buch sehr informativ und hilfreich, um mein Kind besser zu verstehen, auch wenn natürlich nicht alles wissenschaftlich belegt ist und es oftmals mehrere Theorien zu einem Thema gibt.
Auch optisch macht das Buch was her: es ist auf hochwertigem Papier gedruckt und die Kapitel mit Fotos eingeleitet. Verschieden farbige Überschriften erleichtern die Orientierung innerhalb der Kapitel.
Auf jeden Fall eine große Empfehlung an alle Eltern und Menschen, die mit Kindern zusammen arbeiten.
- Michael Hugentobler
Feuerland
(14)Aktuelle Rezension von: lesefreude_bookThomas Bridges ist fasziniert von den Yamana im argentinischen Feuerland. Als Ziehsohn eines britischen Missionars lebt er hier am Ende der Welt. Er will die Sprache der Yamana zu verstehen. Sein Lebenswerk ist es die Wörter und die Sprache der Yamana festzuhalten. Dies verfolgt er obsessiv.
Jahrzehnte später wird das Buch gestohlen und fällt dem deutschen Völkerkundler Ferdinand Hestermann in die Händer. Hestermann spürt sofort, dass es sich hierbei um einen wahren Schatz handelt. Als die Nazis beginnen Bücher einzusammeln und zu verbrennen, muss er es irgendwie außer Land schaffen.
„Feuerland“ ist in drei Teile gegliedert. Schade fand ich, dass sich zwei der drei Teile mit Hestermann under seiner Person, der Völkerkunde per se und Hestermanns Angst um das Buch beschäftigen. Lediglich im Mittelteil geht es um Thomas Bridges und seine Zeit bei den Yamana. Hier hätte ich mir wesentlich mehr Einblicke in die Lebensweise gewünscht.
Nichtsdestotrotz fängt „Feuerland“ super spannend an. Der Schreibstil ist mitreißend und von großer Genauigkeit geprägt – zumindest empfinde ich das als Laie auf dem Gebiet so. Es werden viele unterschiedliche Sprachen und Bücher der Anthropologie erwähnt.
Im letzten Teil wird es mir zu skurrile. Es fühlt sich mehr wie ein Drogenwahn als die Erzählung einer wahren Geschichte an.
- Jean Liedloff
Auf der Suche nach dem verlorenen Glück
(46)Aktuelle Rezension von: Natascha_WDas Buch "Auf der Suche nach dem verlorenen Glück" erzählt die Lebensweise der Yequana-Indianer, welche eine komplett andere Herangehensweise ans Leben haben als die meisten Menschen in der heutigen Zeit. Vor allem der Unterschied bei der Kindsaufzucht wird deutlich klar.
Es ist empfehlenswert das Buch vor dem ersten Kind zu lesen, da man ansonsten mit schweren Schuldgefühlen zu kämpfen haben wird. Denn das Buch erklärt u.A. wieso wir unseren Kindern mit guter Absicht dennoch ihr Leben schwer machen und die Erziehung zu lebenslangen Problemen führen kann. Ich bin überzeugt davon, dass die Ansätze des Buches der Wahrheit entsprechen und wir dringendst unser System verändern müssen!
Auch wenn das Buch recht altmodisch geschrieben und manchmal schwer zu verstehen ist, kann ich es nur jedem empfehlen zu lesen. Vor allem aber spätestens dann, wenn Nachwuchs ansteht.
Meine liebsten Textstellen:
- Babys sind in der Tat zu einer Art Feind geworden, den die Mutter besiegen muss. Weinen muss ignoriert werden, um dem Baby zu zeigen, wer der Herr ist.
- Damit will ich nicht sagen, dass der "Wilde" von Geburt an intelligenter ist als wir, jedoch glaube ich wirklich, dass das natürliche Potential unserer Geisteskräfte durch den von einer Verzerrung der Persönlichkeit ausgehenden Druck beschädigt werden kann.
- Eine still dasitzende Mutter wird ihr Baby durch Gewohnheit dazu bringen, das Leben als langweilig und langsam zu betrachten.
- Harry Harlow machte aufsehenerregende Experimente, die die Wichtigkeit enger Umarmung durch die Mütter für die psychologische Entwicklung von Affenkindern bewiesen.
- Ein ängstlicher Blick, ein Wort darüber, was die Mutter denkt: "Lass das nicht fallen!", oder ein Versprechen: "Pass auf, du fällst gleich!" können das Mädchen - obwohl dies seinem Selbsterhaltungstrieb und seinem Nachahmungsbestreben entgegenwirkt - schließlich zum Gehorchen veranlassen, so dass es den Teller fallen lässt und / oder vom Stuhl stürzt.
- Ein Beispiel dafür ist das "Casanova-Syndrom", das einen Mann zu dem Versuch treibt, sich seine Liebenswertheit durch zahlreiche Eroberungen zu beweisen.
- Die Erwartung, ihre Suche nach Liebe müsse durch ihren eigenen liebesbedürftigen Säugling endlich belohnt werden, ist die Tragik vieler Frauen.
- Selbsthass, der sich daraus ergibt, dass einem in der Frühkindheit nicht das Gefühl eigener Richtigkeit vermittelt wurde, ist eine der Hauptgrundlagen für irrationalen Hass. - Hanns-Josef Ortheil
Das Kind, das nicht fragte
(47)Aktuelle Rezension von: Federfee'Das Kind' ist in diesem Fall ein fast 40jähriger Ethnologe, der noch immer darunter leidet, was seine vier älteren Brüder ihm angetan haben und dass sie auch heute noch versuchen, über ihn zu bestimmen.
Er kommt im sizilianischen Ort Mandlica an, über dessen Bevölkerung er eine Forschungsarbeit schreiben will. Dazu muss er viele Gespräche und Interviews führen. Er ist immer derjenige, der sich alles erzählen lässt, aber von sich selbst sprechen kann er nicht. Daran sind alle seine Beziehungen zerbrochen. Hier aber trifft er in Paula, einer Deutschen, die große Liebe, der es gelingt, sein Herz zu öffnen oder - prosaischer ausgedrückt - ihn zum Reden über sich und sein Leben zu bringen.
Das mag kitschig klingen, ist es aber in keinster Weise. Schließlich ist der Autor ein anerkannter Professor für Literatur und kreatives Schreiben, der für seine feinen Beobachtungen und Beschreibungen bekannt ist. Genau das machte die Geschichte für mich allerdings ein bisschen langweilig. Eine poetische Sprache allein war mir da ein bisschen zu wenig.
Dennoch: für Fans von Hanns-Josef Ortheil lesenswert. - Samuel P. Huntington
Kampf der Kulturen
(39)Aktuelle Rezension von: HypochrisyDer amerikanische Politikwissenschaftler Huntington stellt in seinem Buch die Frage nach den weltpolitischen Entwicklungen im 21. Jahrhundert. Statt eines harmonischen Zusammenwachsens in einer zunehmend vernetzten Welt sieht er neue Konflikte globalen Ausmaßes entstehen: Konflikte zwischen den Kulturen. Er unterscheidet die zeitgenössische Welt in sieben große Zivilisationen: die chinesische, japanische, hinduistische, islamische, westliche, lateinamerikanische und afrikanische. Die Weltpolitik des 21. Jahrhunderts wird nicht von Auseinandersetzungen ideologischer oder wirtschaftlicher Natur bestimmt sein, sondern vom Konflikt zwischen Völkern und Volksgruppen unterschiedlicher kultureller Zugehörigkeit. - Claude Lévi-Strauss
Traurige Tropen
(11)Aktuelle Rezension von: WolframLévi-Strauss beginnt "Traurige Tropen" mit einer Art Anti-Reisebericht: "Ich hasse Reisen und Entdecker." Damit nimmt er eine ungewöhnliche Position ein und distanziert sich von der Romantik des Reisens und der exotischen Verklärung fremder Kulturen, wie sie zur damaligen Zeit in anthropologischen Schriften oft anzutreffen war. Stattdessen widmet sich der Autor einer tiefgründigen und oft ernüchternden Betrachtung kultureller Vielfalt und der Vergänglichkeit dieser Vielfalt angesichts der zunehmenden Globalisierung und Kolonisierung. Die Aufzeichnungen und Reflexionen basieren auf einer Mischung aus persönlichem Erleben und strukturalistischer Analyse und spiegeln Lévi-Strauss' Philosophie wider, die nicht nur die Ethnologie, sondern die gesamte Geisteswissenschaft nachhaltig beeinflusst hat. Als einer der Begründer des Strukturalismus versucht Lévi-Strauss in "Traurige Tropen", universelle Strukturen des menschlichen Denkens und Handelns zu identifizieren. Er sieht Kulturen als Systeme, die durch bestimmte Grundmuster miteinander verbunden sind. Lévi-Strauss analysiert die Rituale, Mythen und sozialen Praktiken der indigenen Völker, denen er begegnet, und arbeitet dabei immer wieder die Gemeinsamkeiten heraus, die diese mit westlichen Kulturen teilen – eine aufschlussreiche Perspektive, die die Leser dazu zwingt, die Einzigartigkeit der eigenen Kultur infrage zu stellen und sich selbst als Teil eines größeren strukturellen Ganzen zu sehen.
- Marc Levy
Am ersten Tag
(101)Aktuelle Rezension von: SonnenBlumeDie Archäologin Keira und den Astrophysiker Adrian verbindet ein gemeinsamer Sommer, an dessen Ende sie ihn wieder verlässt. Beide haben lange keinen Kontakt und gehen ihren Berufen leidenschaftlich nach, bis sie ein hochdotierter Wissenschaftspreis wieder zusammenbringt. Doch auch dieses Mal ist Adrian nicht mehr als eine Nach vergönnt, nach der Keira einen geheimnisvollen Anhänger bei ihm lässt.
Sie will wieder zu ihrer Ausgarbungsstätte nach Äthiopien zurückkehren, während Adrian versucht herauszufinden, was Keira ihm mit diesem geheimnisvollen Anhänger mitteilen wollte. Als er sich auch nach einiger Zeit keinen Reim auf das alles machen kann reist er zu Keira und versucht gemeinsam mit ihr das Geheimnis um den mysteriösen Anhänger zu lüften. Die beiden reisen um die Welt und ihre Fragen beantwortet zu bekommen und sind sich lange nicht bewusst, dass all die Unfälle um sie herum keine Zufälle sind, sondern sie mit ihrer Suche eine mächtige Organisation gegen sich aufbringen, die vor wenig zurückschreckt.Ich habe mich gefreut auf einen Liebesroman, der mir mein Herz erwärmt. Bekommen habe ich ein Buch, dessen Gerne ich nicht so recht einordnen kann mit Dialogen, die wahrscheinlich kein Mensch so verkrampft führen würde. Lange wusste ich nicht, wohin mich die Geschichte führt (außer einmal fast um die ganze Welt), am Ende angelangt war ich von Marc Levy als Reiseführer leider aber nicht sonderlich überzeugt.
Abgesehen von den völlig krampfhaft konstruierten Dialogen war ich spätestens ab Hälfte des Buches sehr genervt von der geheimnisvollen Gruppierung, die Adrian und Keira um jeden Preis stoppen will. Man bekommt als Leser immer nur kleine Stückchen zugeworfen, die nicht mal den hohlen Zahn füllen und nicht wirklich Informationen bringen, die mich gerne zum Weiterlesen bewegt haben.Alles in allem mache ich keine Freudensprünge bei der Aussicht auf Teil zwei, auf der anderen Seite möchte ich aber natürlich wissen, was es mit dem Anhänger jetzt wirklich auf sich hat und vor allem, wie es Adrian geht. Hoffnung auf große Verbesserungen mache ich mir aber leider nicht.
- Thomas Pletzinger
Bestattung eines Hundes
(48)Aktuelle Rezension von: EiseisbabyBestattung eines Hundes ist definitiv eines der besten Bücher der jüngeren Gegenwartsliteratur. Nicht weil es international, spannend, schnell und brilliant geschrieben ist, sondern weil es in jedem Satz, in jedem Zitat, in jeder Konstruktion die Intelligenz und Akribie des Autors offenbart und dennoch keinem Leser den Zugang versperrt. Da stört es auch nicht, dass die Figuren manchmal einen Tick zu cool und artifiziell aufschlagen und man hintenraus etwas kürzen hätte können. Im Zweifel ist das von Thomas Pletzinger genau so gewollt. Also: Kaufen und Bücherschrank aufwerten, sofort. - C. G. Jung
Der Mensch und seine Symbole
(18)Aktuelle Rezension von: BlintschikDas Buch hat mich zutiefst fasziniert, auch wenn ich zugeben muss, dass ich es schwer finde zu rezensieren. Jungs Theorien finde ich ziemlich interessant und seine Ansätze geben gute Einblicke wie die menschliche Psyche funktionieren könnte. Ich finde die Arbeit mit archetypischen Bildern eine interessante Idee um träume zu interpretieren und habe es selbst mit interessanten Ergebnissen ausprobiert. Daher finde ich es gut, dass hier erwähnt wird, dass nicht bei jeder Person gleich vorgegangen werden kann und alles lediglich ein Ansatz ist. Das fällt auch auf, weil das Buch schon etwas älter ist und das gesellschaftliche Bild sich von unserem heute unterscheidet. Dennoch gibt das Buch gute Einblicke. Ich muss aber auch zugeben, dass einige Autoren, die hier mutgewirkt haben, etwas fraunefeindlich wirken bzw. ein sehr altes Frauenbild haben. Dazu sind manche Interpretation sehr religiös angehaucht oder für mich persönlich einfach sehr weit hergeholt. Aber es wird ja erwähnt,dass die Dinge in dem Buch nicht wissenschaftlich entgültig sind. Daher finde ich das Buch wirklich interessant und aus psychologischer Sicht sehr wertvoll. Jungs Theorien sind einfach eine wundervolle Grundlage für die Arbeit mit der menschlichen Psyche, besonders auch wenn man an sich selbst arbeiten möchte.
- Wolf-Dieter Storl
Die "Unkräuter" in meinem Garten
(3)Aktuelle Rezension von: Barbara_ReisingerDas Buch bietet ein umfangreiches Wissen der gewählten Wildkräuter - ob für Neulinge oder Kenner, es gibt immer wieder Neuigkeiten zu finden! Tipps für die Praxis im eigenen Garten runden ab und die vielen schönen Fotos machen das Erkennen der Pflanzen in der freien Natur recht einfach. Schönes Werk! - Matilde Asensi
Der verlorene Ursprung
(31)Aktuelle Rezension von: Nala73Für mich mehr Sachbuch als Roman. Manche Stellen ziehen sich sehr, die spannenden Teile sind sehr kurz.
Der junge Anthropologe Daniel Queralt erkrankt lebensgefährlich und fällt ins Koma, ohne dass die Ärzte eine Ursache dafür feststellen können. Sein Bruder Arnau setzt alles daran, ihn zu retten. Er erfährt, dass Daniel mit der Entzifferung einer geheimnisvollen Schrift der Inka zu tun hatte. Seine Spurensuche führt Arnau zu den Ruinen von Tiahuanaco im Dschungel des Amazonasgebiets. Ist Daniel einem uralten Fluch zum Opfer gefallen? - Emmanuelle Loyer
Lévi-Strauss
(2)Aktuelle Rezension von: WedmaDiese Biographie (Bio) habe ich gern gelesen. Sie ist etwas Besonderes. Nicht nur weil es um einen außerordentlichen Wissenschaftler geht. Auch die Art, wie sie geschrieben wurde, ist auf jeden Fall bemerkenswert. Emmanuelle Loyer ist sehr gut gelungen, das Wesen von Claude Lévi-Strauss (CLS), seine Art, seinen Gedankengut, seine Arbeit, seine Bücher, uvm. den Lesern näher zu bringen.
Diese Biographie weist ein recht hohes Niveau auf. Passt zu CLS. Im Wesentlichen ist diese Bio chronologisch aufgebaut, aber insb. zum Schluss eher nach Themen, sodass man mal in den Zeiten springt. Aber das ist gerechtfertigt.
An folgende Zeilen des Klappentextes musste ich oft denken, da sie so toll den Inhalt beschreiben: „Wissenschaftler, Schriftsteller, Melancholiker, Ästhet – Claude Lévi-Strauss (1908-2009) hat nicht nur Wissenschaftsgeschichte geschrieben, sondern auch unseren Blick auf uns selbst und auf die Welt verändert. In ihrer preisgekrönten Biographie durchmisst die Historikerin Emmanuelle Loyer das Leben und den intellektuellen Werdegang des weltberühmten Anthropologen.“
Dieser Werdegang ist faszinierend, weit davon entfernt, gradlinig und von Kindesbeinen an auf nur ein vordefiniertes Ziel ausgerichtet zu sein. Sein Vater ist Künstler, Maler. Claude wuchs entspr. nach dem humanistischem Vorbild auf, studierte zunächst Philosophie und unterrichtete diese. Dann reiste er nach Brasilien und besuchte auf mehreren Expeditionen die indigenen Völker. Dies hat ihn dazu bewegt, Anthropologe zu werden, der sich und der Welt diese Menschen, die Vielfalt ihrer Kulturen, ihre Eigenart, etc. mithilfe von Strukturalismus zu erklären suchte. Nach der Epoche des Strukturalismus, die paar Jahrzehnte gedauert hatte, wendete er sich der Mythologie der Völker und versuchte auf diesem Gebiet, gemeinsame Nenner zu finden und diese zu erklären. Danach widmete er sich der Ästhetik, bereiste Japan und lernte die eigenartige Kultur dort kennen. Insb. in der zweiten Hälfte seines Lebens und zum Schluss erwies er sich recht unkonventionell, oft kontrovers zur öffentlich angenommenen Meinung in seinen Urteilen und offenherzig in seinen Äußerungen. Dies hat ihm noch mehr Aufmerksamkeit gebracht, aber da er hatte schon längst den Status einer Kultfigur im In- und Ausland erreicht.
Es gibt viele Zitate aus seinen Werken, aus seiner Korrespondenz, auch der seiner Gefährten und u.a. Kontrahenten und schlicht anderen Denkern, die stets wunderbar das Gesagte beleuchteten.
Die Quellen wurden in den Fußnoten angegeben. Passt ganz gut, ist recht leserfreundlich, da man alles gleich vor Augen hat und nicht hin- und her blättern muss. Allerdings gibt es die Quellen im Anhang nicht nochmals in Form einer Auflistung.
Die Vielfalt an Themen und Blickwinkeln der Betrachtung ist schier überwältigend. Man lernt nicht nur CLS, sondern seine Kollegen und Weggefährten kennen, u.a. was LAS war, wie dort gearbeitet wurde, welche persönlichen Beziehungen seine Mitarbeiter untereiander pflegten, Werdegang und Rolle seiner Mitarbeiter bei der Arbeit der LAS, welche Rolle CLS selbst dabei spielte, wie er sich um seine Leute kümmerte, welche Bücher er z.Zt. schrieb, uvm.
Auch die Höhen und Tiefen seiner Karriere, wie auch seines Privatlebens, sind eingehend beleuchtet worden, z.B. dass er oft nicht verstanden und gar verklärt wurde, da er nicht viel reden mochte. Eine klassische Uni-Karriere schien anfangs unmöglich, die zweite Frau weg. Er ging aber unbeirrt seinen Weg und hinterließ trotz aller Widrigkeiten ein beachtliches Erbe, das die Wissenschaft und das Selbstverständnis der Menschen noch heute prägt.
CLS schrieb gern Bücher: 22 Titel sind im Anhang aufgelistet, die sich zwar kaum an breites Publikum richten, da recht anspruchsvoll, wurden aber stets gut verkauft, auch im Ausland, und in diverse Sprachen übersetzt.
Es gibt auch Fotos, manche sehr ausdrucksstark: nach Teil II, die CLS in seinen jungen Jahren, seine Mutter, seine zweite Frau mit Sohn Laurent als Baby zeigen, und nach Teil III. Dort bilden die Fotos CLS in seinen reifen Jahren ab, auch seine vier Masken aus Britisch Columbia sind dabei, alles in schwarz-weiß, auf dem gleichen Papier wie der Text.
Das Buch wiegt gut ein Kilo. Eine gute Übung für die Arme, wenn man es länger vor Augen hält.
Fazit: Eine außergewöhnliche, beeindruckende, anspruchsvolle Biographie von Claude Lévi-Strauss, eines herausragenden Wissenschaftlers, Schriftstellers, Humanisten, Ästheten.
Wenn man eine spannende Persönlichkeit auf diesem Wege kennenlernen möchte, ist man hier an der richtigen Adresse. Gut möglich, dass man dann auch den Wunsch verspürt, die Werke von CLS zu lesen. Die gibt es auch auf Deutsch.
- Dieter Nuhr
Gibt es intelligentes Leben?
(220)Aktuelle Rezension von: BuecherkopfkinoIch sag es lieber direkt: Das Buch ist auf meinem SaB (Stapel abgebrochener Bücher) gelandet und wird dort auch definitiv bleiben. Nach Seite 117 habe ich es nur ganz grob überflogen und mir die Bilder angeschaut.
Wer hier auf Wissenserweiterung mit ein bisschen Komik hofft, liegt ziemlich falsch. Es gibt zwar ein paar Informationen aus Studien und Wissenschaft, aber nicht ausreichend, dass es wirklich nennenswert wäre. Die "Witze" kommen einem sehr gezwungen vor und sind gespickt mit Klischees und Vorurteilen.
Leider kein Buch, dass ich empfehlen würde und daher nur 1/5🦉
Irgendwann fand ich Dieter Nuhr mal witzig, habe aber schon ewig nichts mehr von ihm gesehen oder gehört. Vielleicht hat sich mein Geschmack auch geändert. Das sollte ich mal auf die Probe stellen. Das Buch ist übrigens auch schon aus dem Jahr 2006 und somit 15 Jahre alt (wie die Zeit vergeht 🙈), da können sich Meinungen ändern. Das Buch habe ich allerdings irgendwo günstig bekommen oder aus einem öffentlichen Bücherregal und habe mich erinnert, dass ich das Buch mal lesen wollte. Es lag jetzt aber auch schon Jahre auf meinem SuB.
- Hans Peter Duerr
Die Fahrt der Argonauten
(1)Aktuelle Rezension von: SokratesDer mittlerweile emeritierte Ethnologe Hans Peter Duerr dokumentiert und wertet in dieser sehr umfangreichen Monographie seine Funde aus dem nordfriesischen Watt aus. Er und sein Forscherteam entdeckten bei der Suche nach dem sagenhaften, aber verschwundenen mittelalterlichen Rungholt im nordfriesischen Wattenmeer Scherben antiker römischer Keramik, aber auch Bernstein und minoischer Schmuckreste. Die Forscher fragen sich, wie Reste dieser Kulturfragmente an den Strand der Nordsee gelangt sind, wenn doch die Reiserouten der damaligen Schifffahrt bei Weitem weder im Handel noch bei Expeditionen solche Distanzen zurückzulegen im Stande waren. Duerr schafft es in sehr opulenter Weise, einen Indizienprozess zu führen: mithilfe europäischer Mythologie deckt Duerr mögliche Verbindungen auf, die Rückschlüsse darauf zulassen, dass es Minoern doch gelungen war, bereits in der Bronzezeit bis in die Nordsee zu segeln. Anlass hierfür sieht Duerr unter anderem im Versiegen der Bernsteinvorkommen in der Mittelmeerregion. Duerr hält es für nicht ausgeschlossen, dass es den Minoern gelang, die lange Seestrecke schadfrei zu überstehen. Für weniger realistisch hält er indes die von anderen Forschern präferierte Variante des Landhandels, über den Brennerpass der Alpen. Auch sei im mediterranen Sagenschatz eine Menge zu finden, die darauf Rückschlüsse zulässt, dass die Minoer ihr im Atlantik und der Nordsee erworbenen Erfahrungen in Sagen des klassischen Altertums verarbeiten. Die Sagen von Jason oder vom Goldenen Flies will Duerr im Kern in Reiseerfahrungen der bronzezeitlichen Kulturen wiederfinden, die schrittweise durch jede Kultur in entsprechend eigener Art und Weise modifiziert und weitergegeben wurden. Ich fand das Buch an manchen Stellen zu weit ausschweifend. Allerdings ist dies wohl zweierlei Gründen geschuldet: einerseits der Tatsache, dass Duerr als Ethnologe insbesondere den weltanschaulichen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren nähere Beachtung schenken möchte und daher Sagen in allen Formen und Varianten durchspricht. Sondern auch, dass er minutiös alle Belege für seine Interpretation der Funde dokumentieren möchte. Beide Ansinnen sind nachvollziehbar und sollten den Leser besänftigen, der sich durch 500 Seiten manchmal quälende Sagenvergleiche liest. Wer möchte, kann absatzweise weiterlesen; man wird in der Regel merken, wenn ein neuer Gedanke bearbeitet wird, da Duerr strukturiert arbeitet.
Wer Hans Peter Duerr lesen möchte, sei vorgewarnt: Der Ethnologe versucht zwar seine Forschungsergebnisse außerhalb der gängigen Fachzeitschriften für ein größeres Publikum zugänglich zu machen, jedoch verzichtet er hierbei nicht auf wissenschaftliche Darstellungsweise. Zum Verständnis muss jeder Leser daher unbedingt ur- und frühgeschichtliche Grundkenntnisse des Mittelmeerraumes mitbringen sowie einen Fundus an Sagenfakten parat haben. Ansonsten lassen sich die Randfakten, die selbst noch gar nichts mit dem eigentlichen Fund Duerrs im nordfriesischen Watt zu tun haben, im Gesamtkontext einbetten. Nicht erschrecken darf der Leser auch, wenn er sieht, dass der eigentliche Text lediglich die Hälfte des immerhin 1110 Seiten (!) starken Opus ausmacht: Duerr hat seinem Buch nicht nur ein Stichwortverzeichnis beigegeben, sondern auch einen riesigen Endnotenapparat sowie ein opulent wirkendendes Literaturverzeichnis.