Bücher mit dem Tag "existenzialismus"
68 Bücher
- Jean-Paul Sartre
Der Ekel, Sonderausgabe
(276)Aktuelle Rezension von: Vera-SeidlDa sitzt sie, die Melencolia, reglos, den Kopf auf ihre Hand gestützt, kann sich trotz ihrer Flügel nicht erheben, das Handwerkszeug um sich herum nicht ergreifen.
Hört sie das Läuten der Glocke über sich? Sieht sie die Jakobsleiter, die zum Licht mit seinem Regenbogen führt?
Mehrmals hatte ich Jean-Paul Sartres "Der Ekel" angefangen zu lesen. Aber die Sichtweise seiner Hauptfigur, Antoine Roquentin, auf die Welt stieß mich zu sehr ab, verursachte einen Ekel in mir.
Im Gegensatz zum Ich-Erzähler ergab ich mich nicht der Selbstreflexion in Form eines Tagebuchs, sondern forschte zunächst in der Entstehungsgeschichte des Romans, insbesondere in Sartres Biografie.
In seiner Kindheit war Sartre einem Wechselbad von Bezugspersonen ausgesetzt.
Sein rechtes Auge erblindete nach und nach. Die visuelle Wahrnehmung erfolgte also fortan stärker über die rechte Gehirnhälfte, über die Gefühle. "Le petit homne", das Männlein, wurde er von seinen Freunden genannt, weil er nur 1,53 m groß war.
Seine erste Liebe lernte er auf einer Beerdigung kennen. Die Treffen mit ihr frustrierten ihn.
Ein Heiratsantrag, der einer anderen Frau galt, wurde abgelehnt.
Nach Reisen am Anfang der dreißiger Jahre unterrichtete Sartre in Le Havre, wo die Wirtschaftskrise für eine gedrückte Stimmung sorgte.
Seine Doktorarbeit über die Vorstellungskraft konnte er nicht beenden. Das Meskalin, das er sich spritzen ließ, linderte seine Depressionen nicht, sondern verstärkte sie begleitet von Wahn- und Panikphasen.
Als das Manuskript seines Romans "Melancholia" 1936 abgelehnt wurde, war Sartre zwar enttäuscht, ließ sich aber nicht entmutigen. In der Fortsetzung seiner belletristischen Arbeit wurde er von seiner Lebenspartnerin Simone de Beauvoir bestärkt.
1938 erschien das Buch schließlich unter dem Titel "La Nausèe" und wurde zum Erfolg.
Mit diesem Hintergrundwissen fiel mir der Zugang zum Buch viel leichter.
Der Historiker Antoine Roquentin lässt sich nach einer mehrjährigen Forschungsreise in der fiktiven Stadt Bouville nieder.
Er arbeitet nicht an seiner Doktorarbeit, sondern forscht über einen Adligen namens Marquis de Rollebon. Daneben beginnt er ein Tagebuch, weil ihn bestimmte Ereignisse und Veränderungen verstören.
Gegenstände und Menschen lösen plötzlich eine Art Angst bei ihm aus. Ein Kieselstein, ein Stück Papier, selbst seine eigene Hand werden zu einer diffusen Bedrohung. "Ich sehe meine Hand, die sich auf dem Tisch ausbreitet. Sie lebt - das bin ich. Sie öffnet sich, die Finger spreizen und strecken sich. Sie liegt auf dem Rücken. Sie zeigt mir ihren fetten Bauch. Sie sieht aus wie ein umgefallenes Tier. Die Finger, das sind die Beinchen."
Hier hörte ich Klänge von Franz Kafkas "Verwandlung". Zwei Seiten weiter, als Roquentin seine Hand mit dem Messer attackiert, erinnerte ich mich daran, dass Vincent van Gogh sein Ohr oder ein Teil davon abgeschnitten hatte.
"Sein Hemd aus blauer Baumwolle hebt sich fröhlich von einer schokoladenfarbenen Wand ab. Auch das verursacht den Ekel. Oder vielleicht: das ist der Ekel." Immer wieder spielen Farben eine Rolle im Roman. Eine Wirkung des Meskalins, wie ich nachgelesen habe.
Im Stilmittel der Beschreibung werden Edmund Husserl und auch Martin Heidegger transparent, mit denen sich Sartre 1933 in Berlin beschäftigt hatte. Auch andere Denker schimmern in seinen philosophischen Überlegungen durch. Vor allem aber nimmt Sartre an diesen Stellen sein theoretisches Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" vorweg.
"Es gibt jetzt also Leute, die mich erkennen, die denken, nachdem sie mich scharf angesehen haben: 'Der da gehört zu uns'", schreibt er auf Seite 107 im Roman. Fünf Jahre später heißt es: "Wenn es einen andern gibt, wer er auch sei, wo er auch sei, was immer seine Bezüge zu mir sein mögen, auch wenn er auf mich nicht anders als durch das bloße Auftauchen seines Seins einwirkt, ich habe ein Außen, ich bin eine Natur; mein Sündenfall ist die Existenz des anderen; und die Scham ist – wie der Stolz – die Wahrnehmung meiner selbst als Natur, wenn auch eben diese Natur mir entgeht und als solche unerkennbar ist."
Auf Seite 159 erlebte ich, wie Sartre die Gedanken René Descartes und die von Martin Heidegger weiter vorantrieb beziehungsweise berichtigte.
"Mein Denken, das bin ich: deshalb kann ich nicht aufhören. Ich existiere, weil ich denke ... und ich kann mich nicht daran hindern zu denken. Sogar in diesem Moment - es ist gräßlich, wenn ich existiere, so, weil es mich graut zu existieren. Ich bin es, ich bin es, der mich aus dem Nichts zieht, nach dem ich trachte ..."
Als Roquentin schließlich im Park eine Wurzel erblickt, erkennt er die Sinnlosigkeit der Existenz: "Das Wesentliche ist die Kontinguenz. Ich will sagen, daß die Existenz ihrer Definition nach nicht die Notwendigkeit ist. Existieren, das ist dasein ... Alles ist grundlos, dieser Park, diese Stadt und ich selbst ... Wie lange dauerte die Faszination? Ich war die Wurzel des Kastinienbaums. Oder vielmehr, ich war ganz und gar Bewußtsein ihrer Existenz. Noch losgelöst von ihr - da ich mich ihrer ja bewußt war - und dennoch in ihr verloren, nichts anderes als sie."
Dass Roquentin nach dieser Erkenntnis nicht mehr in der Schlammstadt sein Leben als Historiker fortsetzen wollte, konnte ich gut nachvollziehen. Am Ende (er)findet er sich neu als Romancier.
Albrecht Dürers Melencolia und Sartres Roquentin sind gezwungen innezuhalten. Niedergedrückt, aber mit wachem Blick erkunden sie nun die Phänomene dieser Welt. Sie stellen Fragen und finden Antworten. Die Erde ist keine Scheibe mehr. Vor der Melencolia liegt eine Kugel. Ein großer Polyeder trennt Himmel und Erde. Eine Wurzel ist nicht mehr Funktion, sondern grundlos existent wie der Mensch.
Roquentin ergreift am Ende die Feder, um seiner Existenz einen Sinn zu geben. Ob es der Melencolia mit ihrem Zirkel gelingen wird, einen Kreis um die geteilte Welt zu ziehen, um so Himmel und Erde zu versöhnen?
Vera Seidl
- Franz Kafka
Der Prozess
(1.097)Aktuelle Rezension von: bookswithjackiEin unvollendetes Werk Franz Kafkas, das man trotzdem unbedingt gelesen haben sollte. Man kann das Buch auf verschiedene Arten interpretieren, und es regt den Leser zum Nachdenken an. Es wird dem Wort "kafkaesk" aufjedenfall gerecht.. Wir erfahren hier die Willkür der Bürokratie, und wie machtlos man als Einzelner gegenüber dem System ist. Franz Kafka ist nicht für jeden was, das ist völlig in Ordnung. Aber wenn man sich darauf einlässt, ist er ein großer Gewinn.
- Albert Camus
Die Pest
(527)Aktuelle Rezension von: bookswithjacki3,5 Sterne. Ein intensives Buch, das zum Nachdenken anregt, und nochmal ganz anders wirkt, wenn man gerade eine Pandemie durchlebt hat. In der Mitte zieht es sich sehr. Zwar passt es aufgrund der Thematik, denn eine Pest verschwindet natürlich nicht von heute auf morgen, allerdings habe ich sehr lange gebraucht, um dieses Buch zu beenden. Der Schreibstil ist eher nüchtern, was man von anderen Werken von Camus bereits kennt, was mir aber gut gefällt. Trotz des Stils wird es an manchen Stellen emotional, z.B. wenn es um das Leid der Kinder geht. Ein Muss für jeden Camus-Fan, zum Einstieg würde ich jedoch "Der Fremde" empfehlen.
- Bret Easton Ellis
American Psycho
(428)Aktuelle Rezension von: KlausEffingDas Buch American Psycho von Bret Easton Ellis (ca. 550 Seiten, erschienen erstmals 1991) ist keine literarisch leichte Kost. Patrick Bateman, der Protagonist, ist ein reicher Yuppie (das Wort wird heute kaum noch genutzt) in den 80ern – gutaussehend, stilbewusst, scheinbar erfolgreich. Doch hinter dieser perfekten Fassade verbirgt sich ein Abgrund aus Leere, Gewalt und Wahnsinn.
Was mir besonders auffiel: Die endlosen Beschreibungen seiner Kleidung, seiner sexuellen Eskapaden und brutalen Morde wirken monoton, fast ermüdend – und genau darin liegt vielleicht der Punkt. Batemans Leben ist trotz Luxus und Exzess erschreckend langweilig und sinnentleert. Von seiner eigentlichen Arbeit erfährt man fast nichts – er scheint vielmehr ein gelangweilter Sohn reicher Eltern zu sein, der sich in Oberflächlichkeiten, Statussymbolen und „angesagten“ Restaurants verliert. Die Frage bleibt offen: Wie viel von den Morden und Ausschweifungen ist real, wie viel vielleicht reine Fiktion oder Wahn? Ellis lässt uns im Unklaren – und genau das macht die Lektüre so verstörend.
Mein Fazit: American Psycho ist schwer verdaulich, aber literarisch spannend. Eine radikale Kritik an Konsum, Männlichkeitsbildern und einer Gesellschaft, die an Oberflächlichkeiten erstickt.
Der Roman wurde 2000 eindrucksvoll mit Christian Bale verfilmt – die Adaption gilt zu Recht als eine der besten Literaturverfilmungen der frühen 2000er.
Triggerwarnung: explizite Gewalt, Misogynie und sexuelle Inhalte
- Max Frisch
Homo faber
(3.285)Aktuelle Rezension von: Jiko_TunaEin Klassiker, der Eindruck hinterlässt - vielleicht auch keinen guten :-). Das Buch hat den Mut einen unsympathischen Hauptprotagonisten zu haben, dessen Verhalten man (nach Nachdenken) nachvollziehen kann aber nicht nachahmen möchte. Wenn man leichte Unterhaltung möchte sicher nicht geeignet. Es thematisiert schwierige Tabu-Themen ohne moralisch sein zu wollen. Ein Buch seiner Zeit, könnte aber auch in der heutigen Zeit Relevanz haben kann (man redet halt nicht darüber).
Ich wollte es unbedingt fertig lesen, um zu wissen wohin die Handlung geht und endet. Es ist ein kurzes Buch und daher nicht sehr zeitaufwändig. Mich hat es erst später zum Nachdenken angeregt als ich indirekt mit dem offensichtlichen Hauptthema betroffen war.
Empfehlen kann ich das Buch, wenn man gerne Bücher liest, die den Zeitgeist bestimmter Epochen widerspiegeln. Ich mag etwas skurrile und morbide Bücher, daher hat es mir gefallen.
- Albert Camus
Der Mythos des Sisyphos
(123)Aktuelle Rezension von: Malte_HermannDer Mythos des Sisyphos hat mich wirklich bewegt. Camus schreibt über das Leben, den Tod und die Absurdität des Daseins – und trotzdem fühlt sich das Buch nicht schwer an. Es ist klar, direkt und voller Gedanken, die lange nachwirken. (Mehr zu der Mythos des Sisyphos: https://love-books-review.com/de/der-mythos-des-sisyphos-von-albert-camus/)
Besonders stark fand ich die zentrale Frage: Warum leben, wenn das Leben keinen Sinn hat? Camus antwortet nicht mit Pessimismus, sondern mit Mut. Er zeigt, dass wir trotzdem wählen können – zu leben, zu denken, zu handeln.
Die Figur des Sisyphos, der ewig den Stein den Berg hinaufrollt, wird bei Camus zum Symbol für den Menschen, der nicht aufgibt. „Man muss sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen“ – dieser Satz hat mich nicht mehr losgelassen.
Das Buch ist philosophisch, ja – aber es liest sich überraschend leicht. Es ist voller Klarheit, Schönheit und einer stillen Stärke.
Für alle, die über das Leben nachdenken, ist Der Mythos des Sisyphos ein echter Schatz. Ein kleines Buch mit großer Wirkung.
- Jean-Paul Sartre
Das Sein und das Nichts
(35)Aktuelle Rezension von: nickidoMan muss es einfach verschlungen haben!!! Mehr kann man dazu nicht sagen! Wer Existenzphilosophie mag der wird vor Sartre niederknien. - Jostein Gaarder
Das Orangenmädchen
(567)Aktuelle Rezension von: Tini_07In „Das Orangenmädchen“ entdeckt der 15-jährige Georg einen langen Brief seines verstorbenen Vaters. Dieser Brief, versteckt in einem alten Kinderwagen, erzählt eine bewegende Liebesgeschichte: die Suche nach dem geheimnisvollen „Orangenmädchen“. Zugleich richtet sich der Vater direkt an seinen Sohn und stellt ihm eine tiefgründige Frage über das Leben und den Tod.
Der Roman ist eine berührende Mischung aus Familiengeschichte, romantischer Erzählung und philosophischer Reflexion. Gaarder gelingt es, große Fragen – Was ist der Sinn des Lebens? Würde man leben wollen, auch wenn das Leben endlich ist? – in eine leicht lesbare, aber nachdenklich stimmende Geschichte zu verpacken.
Ein poetisches und tiefgründiges Buch, das auf einfache Weise große Fragen stellt. Es ist sowohl für Jugendliche als auch Erwachsene geeignet – emotional, nachdenklich, aber nie schwerfällig. Wer gerne philosophische Romane mit einem Hauch von Romantik liest, wird dieses Buch mögen.
- Erich Kästner
Fabian
(334)Aktuelle Rezension von: LolyZum Inhalt:
Dr. Jacob Fabian ist Germanist und arbeitet als Werbetexter in Berlin. Er stürzt sich in erotische Abenteuer, trinkt mit Reportern und versucht, im stürmischen Treiben der Großstadt an seinen Idealen festzuhalten. Doch die Stadt bewegt sich im Zickzack und die demokratischen Grundlagen der Weimarer Republik geraten zunehmend ins Wanken. Als Fabian die junge Anwältin Cornelia in einem Bildhaueratelier kennenlernt, verändert sich sein Leben und die beiden verlieben sich – doch ihre Liebe soll nicht von Dauer sein.
Mein Eindruck:
Ich habe in diesem Wintersemester ein Seminar zu Erich Kästner belegt und dafür dieses Buch gelesen, doch das Cover ist mir schon eine ganze Weile vorher gelegentlich in der Buchhandlung aufgefallen, weswegen es mich gefreut hat, es auf der Lektüreliste zu finden.
Besonders nach ‚Emil und die Detektive und Emil und die drei Zwillinge‘ und ‚Das fliegende Klassenzimmer‘ war ich gespannt darauf, wie anders Kästner für seine erwachsene Leserschaft geschrieben hat und ein Unterschied war definitiv erkennbar. Wo in seinen Kinderbüchern die Hoffnung und die Kraft des Guten einen großen Raum einnehmen, ist diese in ‚Fabian‘ so gut wie gar nicht zu finden. Mir ist bewusst, dass es sich um eine gesellschaftskritische Perspektive handelt und es gefiel mir, wie unverblümt er manche Umstände und Situationen geschildert hat. Doch irgendwie wurde die triste Atmosphäre, in der selbst die kleinste Flamme der Hoffnung sofort erlischt, nach einigen Seiten langweilig und fade. Sie deprimierte und frustrierte mich, da Fabian kein flacher, schlecht konstruierter Charakter ist. Er hätte die Umstände, die seinen Alltag geprägt haben, definitiv verändern können, wenn er es genug gewollt und die Energie dafür aufgebracht hätte.
Fabian hat interessante Ansichten in Bezug auf das Leben und die Gesellschaft, deshalb war es für mich nicht ganz verständlich, warum er tatenlos zugesehen hat, wo er doch genau wusste, was die Probleme sind. Das hat die Authentizität seiner Ideale für mich aufgehoben, denn er hat sich so verhalten, als wäre die Tatenlosigkeit zu bequem für ihn und die Aussicht auf Besserung seine Energie nicht wert. Es hat den Eindruck erweckt, er würde sich dieser Welt, die er kritisch betrachtet, nicht wirklich zugehörig fühlen – als wäre er ein unbeteiligter Beobachter.
Genau da hat Kästner meiner Meinung nach alles richtig gemacht, denn die Geschichte hat mich mehrmals zum Nachdenken angeregt. Gleichzeitig hat es sich für mich so angefühlt, als hätte er es sich mit diesem Werk zu leicht gemacht und als würde ein bedeutender Teil zur endgültigen Vollendung fehlen. Hier sollte ich erwähnen, dass ich die zensierte Version und nicht ‚Fabian oder Ein Gang vor die Hunde‘ gelesen habe. Vielleicht würde meine Einschätzung anders ausfallen, hätte ich diese Version gelesen – wer weiß.
‚Fabian‘ zu lesen war auf jeden Fall interessant, besonders im Hinblick auf den Kontrast zu seinen Kinderbüchern. Kästners Schreibstil strahlt eine gewisse Intelligenz aus, was mir sehr gut gefällt, doch in diesem Werk hat mir, wie bereits erwähnt, einfach etwas gefehlt, um es genauso gut finden zu können, wie die anderen Bücher, die ich bereits von ihm kenne. An Fans seiner Arbeit würde ich es auf jeden Fall weiter empfehlen.
(https://book-souls.com/2025/05/19/fabian-von-erich-kaestner/)
- Simone de Beauvoir
Die Mandarins von Paris
(43)Aktuelle Rezension von: Lustaufbuch»Die Wahrheit sagen: Bisher hatte das nie ernsthafte Probleme aufgeworfen.«
Wir befinden uns im Paris der Nachkriegszeit. Eigentlich ein Grund aufzuatmen. Eigentlich. Henri Perron, Herausgeber der Zeitung Espoir, welche unabhängig von politischen Ansichten berichtet und dafür von unterschiedlichen Lagern geschätzt wird, muss sich nun entscheiden: Bleibt er seiner Linie treu oder hilft er der linken Gruppierung der SRL, die sich vom Kommunismus abgrenzt, zu Ansehen? Ins Leben gerufen wurde diese u.a. durch seinen Freund Robert Dubreuilh, der Henris Zeitung gerne zum politischen Sprachrohr der SRL ausbauen würde.
Wäre da nicht noch seine Frau Paule, die ihn eher krankhaft verehrt, als liebt.
Ein zweiter Handlungsstrang widmet sich Anne, Roberts Frau, der ihre Suche nach sich selbst und einem unabhängigen, selbstbestimmten Leben begleitet. Gleichermaßen wird auch das Leben, besonders das sich in Affären verlierende Liebesleben, der gemeinsamen Tochter Nadine beschrieben.
Die zwei Erzählperspektiven bieten teils subjektive, überschneidende Einblicke derselben Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln und veranschaulichen die Uneindeutigkeit gewisser Ansichten.
Darüber hinaus ist es nicht ausschließlich ein höchst politischer Roman, der sich den französischen Intellektuellen – Mandarins genannt – der Nachkriegszeit sowie den Kriegsverbrechen widmet, sondern ist auch stets gesellschaftskritisch angelegt. Rollenbilder geraten ins Wanken, partnerschaftliche Abhängigkeiten sowie die Rolle der Frau werden hinterfragt und nicht zuletzt überdecken moralische Fragen diese tausend Seiten.
Ein Roman, der, trotz seiner siebzig Jahre, besonders mit Augenmerk auf die Zerspaltung der Linken, höchst aktuell ist.
Die gute Lesbarkeit, welche keinesfalls trocken ist, verdanken wir in erster Linie der großartigen Autorin sowie den beiden Übersetzerinnen Claudia Marquardt und Amelie Thoma.
Wer sich für Politik und umfangreiche, gut geschriebene Klassiker interessiert, für den wird das Buch sicherlich ebenfalls eine Bereicherung mit Lesegenuss sein!
- Iris Radisch
Camus
(22)Aktuelle Rezension von: UteSeiberthMit großem Interesse habe ich diese Biografie von Iris Radisch gelesen,bei der man deutlich merkt,dass sie Camus und seine
Bücher sehr gut kennt.Es ist eine schöne Würdigung zum 100.
Geburtstag von Camus und zeigt sein Leben,das in einer armen Gegend in Algerien beginnt bei einer Mutter,die nicht sprechen kann
um in Paris Sartres Gegenspieler zu werden.Camus ist mir noch sympathischer geworden durch seine philosophischen und moralischen Ansichten,die ich so genau nicht gekannt hatte.
Schade,dass er so früh verstorben ist !Wer weiß,was er noch
alles geschrieben hätte! - Janne Teller
Nichts
(1.072)Aktuelle Rezension von: BooKLoVEInhalt (übernommen)
Als der 14-jährige Pierre Anthon seine Klasse mit den Worten verlässt »Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun«, stehen seine Mitschüler unter Schock. Denn kann es wirklich sein, dass nichts eine Bedeutung hat? Nicht die erste Liebe? Nicht das Lernen in der Schule? Nicht das Elternhaus, die Geschwister, der Glaube an Gott oder das eigene Land? Gemeinsam wollen die Schüler dem aufsässigen Pierre Anthon das Gegenteil beweisen und sammeln auf einem Berg der Bedeutung alles, was ihnen lieb und teuer ist. Doch was harmlos beginnt, wird bald zu einem Experiment, in dem es kein Halt und keine Grenzen mehr gibt – als selbst Tiere geopfert werden, ein Finger und die Unschuld eines Mädchens...
Meine Meinung zum Buch (enthält SPOILER)
Das Cover des Buches ist sehr schlicht gehalten, da nur der Titel und die Autorin auf weißem Hintergrund zu sehen sind.
Der Schreibstil der Autorin war nicht ganz mein Fall. Die Autorin hat viele Stilmittel mit in ihren Text eingebracht und aus der Sicht einer Erzählerin geschrieben. Im Buch werden einige eventuell triggernde Themen angesprochen, wofür es allerdings keine Triggerwarnung gibt. Diese hätte ich mir allerdings schon gewünscht. Die Kapitellänge hat mir immer sehr gut gefallen, da die Kapitel meist nur 4 Seiten lang waren. Durch den geringen Umfang der Geschichte hatte ich das Buch sehr schnell durchgelesen und empfand es auch als sehr spannend.
Die Handlung hat mich zu Beginn ein wenig überrascht und ich hätte nicht gedacht, dass das Buch so tiefgründig sein wird.
Den Sinn hinter dem Berg aus Bedeutung habe ich nicht so ganz verstanden und auch warum alle damit so geheimnisvoll umgegangen sind, war mir ein Rätsel. Manche Gegenstände waren einfach to much (Unschuld, Kopf des Hundes, Finger,…) und ich habe mich gefragt, ob es das nun wirklich gebraucht hat.
Das Ende hat mich überrascht, da ich trotz des emotionslosen Umgang der Kinder untereinander nicht damit gerechnet hatte, dass sie so etwas tun würden.Fazit
Insgesamt fand ich das Buch spannend zu lesen, als Kinder- und Jugendbuch finde ich es allerdings nicht geeignet, da es wirklich eventuell triggernde Themen anspricht. Manche Stellen waren mir zu extrem.
Ich vergebe 3 von 5 Sterne! - Thomas Glavinic
Die Arbeit der Nacht
(193)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderThomas Glavinic erzählt von Thomas Glavinic. Er ist ein junger Autor der ein faszinierendes Manuskript geschrieben hat, Die Arbeit der Nacht. Bisher wollte es noch kein Verlag haben, aber seine Literaturagentin bleibt hart. Nebenbei fiebert er mit seinem Kumpel Daniel Kehlmann mit, dessen Buch Die Vermessung der Welt immer mehr Käufer findet. Glavinics Traum ist es, dass sein Buch veröffentlicht wird und er damit für den Deutschen Buchpreis für den Roman des Jahres nomminiert wird. Er schafft es nicht, aber mit diesem hier 2007 schon. Er schafft es sogar unter die ersten sechs Titel. Ein spannender, lustiger, ehrlicher und begeisternder Blick in das abwechslungsreiche Leben eines Autors. Toll!
- Albert Camus
La Peste
(30)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerDas Zeitalter von Seuchen und Unglück.. die Aussichtlosigkeit der Menscheit im Kontrast zu Heldentum und Irrsinn - Jean-Paul Sartre
Der Existentialismus ist ein Humanismus
(10)Aktuelle Rezension von: LadyLouSartre lehrt einen Verantwortung für sein Handeln, seine Entscheidungen, generell für sein Leben zu übernehmen. Es gibt weder Gott, Pech, noch andere externe Faktoren die unser Handeln bzw. unsere Entscheidungen rechtfertigen oder relativieren können. Durch das Buch lernt man sich selbst mehr kennen. Außerdem hört man auf Floskeln wie "Ich hatte leider Pech..." oder "Ich konnte nicht, weil..." zu benutzen und steht zu seinen guten und schlechten Entscheidungen. - Patrick Modiano
Im Café der verlorenen Jugend
(147)Aktuelle Rezension von: FaiditIch habe mich durchgebissen, weil ich die ersten 30 Seiten nicht umsonst gelesen haben wollte, aber das Buch hat mich beinahe depressiv zurückgelassen. Die Sprache ist sehr schön, wie ich zugeben muss. Doch die Atmosphäre, die die Erzählung verbreitet ist mehr als melancholisch. Der Autor Patrick Modiano betrachtet das Leben einer Café-Bekanntschaft aus dem Blickwinkel von drei männlichen Gästen eines Cafés in Paris und der observierten jungen Frau selbst. Modiano schlüpft dabei jeweils in die Rolle seiner Protagonisten als Ich-Erzähler, wie dies viele französische Autoren tun. Tatsächlich hat mir das Kapitel, als er die junge Frau Louki selbst ihr Leben erzählen lässt, am besten gefallen, weil es wenigstens etwas Gefühl transportierte.
Im Großen und Ganzen bleibt der Autor an der Oberfläche und seine Erzählung geht nicht unter die Haut. Die Protagonisten und ihre Handlungen haben keinerlei Tiefgang und scheinen einzig ihre Lebenszeit totschlagen zu wollen. Der Freiheitsdrang Loukis ist nichts anderes als ein Weglaufen vor Beziehung. Alle Protas sind Egoisten ohne Interesse an ihren sogenannten Freunden. Die Beschreibung von Paris beschränkt sich auf die Benennung von Straßen, Plätzen und Metrostationen. Ich konnte nur graue Pflastersteine, dunkle Straßenecken und nachtschwarze Häuserfassaden vor meinem inneren Auge sehen. Zu Nebel gewordene Gefühlskälte und verschwendete Jugend. Der Autor scheint selbst den "Schnee" eingeatmet zu haben und zu keinen großen Gefühlsregungen fähig zu sein. Denn am Ende des Buches fragt man sich, weshalb es überhaupt geschrieben wurde.
- Bret Easton Ellis
Glamorama
(70)Aktuelle Rezension von: BabschaDie story:
Victor Johnson, der sich selbst Victor Ward nennt, ist Mitte der Neunziger der gekürte „boy of the moment“. Seine äußeren Vorzüge öffnen ihm sämtliche Türen in der amerikanischen Club- und Modelszene, einer Welt aus Drogen und Dekadenz, die er in vollen Zügen genießt. Selbst völlig mittellos, träumt er von einem eigenen Restaurant in Manhattan und einer Filmrolle in Hollywood. Liiert mit einem der weltweit angesagtesten Supermodels hat er keinerlei Probleme, dieses nach Strich und Faden mit sämtlichen Frauen zu betrügen, die er in die Finger kriegen kann. Bis er auf seinem Egotrip dann irgendwann den Bogen überspannt und sich mit einflussreichen Größen der Szene anlegt. Ein dubioser Mann tritt auf den Plan und bietet ihm einen hohen Geldbetrag, wenn er sich nach London begibt und von dort ein Mädchen, das er noch aus seiner Collegezeit kennt, zurück nach New York holt. Mangels Alternativen und ohne jede weitere Information willigt er in den Deal ein. Und damit beginnt der Horror.
Meinung:
In der ersten Hälfte dieses äußerst umfangreich geratenen Buches wird der Leser entführt in die fragile Blendwelt und die Exzesse der Reichen und Schönen der Musik-, Film- und Schönheitsindustrie. Mit einer gehörigen Portion Sarkasmus und zeitweise geradezu diebischer Schadenfreude führt der Autor hier eine Gesellschaft durchgeknallter, labiler, lebens- und geldgeiler Individuen vor, denen Genuss und Selbstdarstellung über alles geht. Allen voran seine insofern gut gelungene Figur Victor, ein schwacher, zutiefst verängstigter Charakter, der außer seinem Körper absolut nichts in die Waagschale zu werfen hat und mittels permanenter Drogenzufuhr krampfhaft versucht, in der von ihm vergötterten Schickeria irgendwie Fuß zu fassen. Was ihm anfangs auch ganz gut gelingt.
Dieser Teil des Buches ist -trotz der vom Autor bewusst und unablässig eingestreuten Namen wirklich sämtlicher Promis der Neunziger- insgesamt gut gemacht und kurzweilig zu lesen.
Ab dem Zeitpunkt von Victors Abreise nach Europa gerät die Geschichte dann leider aus den Fugen und wirkt auch auf den konzentrierten Leser irgendwie nur noch konfus. Die eigentliche aus der Perspektive des Victor erzählte Handlung wird eingebettet in das endlos wiederholte Szenario eines fiktiven (nur in seinem Kopf agierenden) Filmsets, an dem diese komplett aufgezeichnet wird. Der Sinn dessen hat sich mir nicht erschlossen, für den Lesefluss ist es jedenfalls reichlich störend. Die verschiedenen Handlungsstränge einschließlich diverser neu hinzukommender, jedoch nicht ausreichend erklärter Figuren werden zunehmend unglaubwürdig. Obwohl man natürlich weiß, welchen Autor man liest, erstaunen außerdem die ganzen expliziten Sex- und vor allem grenzwertigen Gewaltdarstellungen. Völlig überzeichnet und im Grunde für die Geschichte selbst ohne Belang.
Und wie sich dann nach über 800 Seiten der Kreis schließt, ist für ein Werk dieses Umfangs nach meinem Empfinden auch irgendwie zu dünn und zu konstruiert.
Ein Buch mit einigen Stärken, aber leider noch mehr Schwächen. Aus meiner Sicht insgesamt knappe 3 Sterne. - Sarah Bakewell
Das Café der Existenzialisten
(39)Aktuelle Rezension von: bookswithjackiTolles Cover, toller Titel, toller Inhalt - Eine Entdeckungsreise zu den Existenzialisten des 20. Jahrhunderts. Camus, Sartre, Beauvoir und viele mehr. Hat mich gepackt, es ist sehr interessant trotz sachlichem und vermeintlich "trockenem" Thema.
- Albert Camus
Der Fremde
(628)Aktuelle Rezension von: winniccxxDer Roman "der Fremde" war eines der ersten Werke des französischen Literaturnobelpreisträgers Albert Camus. Ich wusste nicht, was mich vor dem lesen erwartet, und wurde auf keinen Fall enttäuscht. Der sehr introvertiere Protagonist ist mit seinem Leben überfordert, und die Dinge, die um ihn herum geschehen, erscheinen ihm größtenteils gleichgültig. Ich fand besonders die Schilderungen der Gleichgültigkeit des Todes der Mutter sehr gut gelungen. Der Autor hat für mich einen sehr passenden Schreibstil.
Der Roman ist in zwei Teilen gegliedert, die durch einen durch den Protagonisten begangenen Mord getrennt werden. Der darauffolgende Prozess wird im zweiten Teil des Romans geschildert, wo sich auch wieder eine gewisse Antriebslosigkeit zeigte. Ich fand diese Erzählung sehr faszinierend, und gleichzeitig aber auch gut und schnell zu lesen. Es ist kein dickes oder extrem kompliziertes Buch, von daher kann man es auch gut an ein paar freien Tagen einschieben. Für mich gibt es 5/5 Sterne!
- Sibylle Berg
Ende gut
(88)Aktuelle Rezension von: BrittaRoederEnde gut, verspricht uns Sibylle Berg mit ihrer Dystopie. Aber man mag ihr eigentlich nicht glauben. Denn nichts, aber auch rein gar nichts, ist gut in dieser Welt, die sie ihrer Leserschaft mit jeder einzelnen Zeile entgegen schleudert.
Man muss schon Masochist sein, um dieses Buch bis zum Ende durchzuhalten. Nicht etwa, weil dieser Roman schlecht wäre. Im Gegenteil. Er ist verdammt gut. Er ist so verdammt gut, weil er so verdammt gnadenlos ehrlich ist. Jeder von Bergs Sätzen gleicht einem Messerstich, der tief unter die Haut geht. Alles geht den Bach runter. Niemand kommt gut weg. Das ist eines von den Büchern, von denen man sich nach der Lektüre erst einmal erholen muss. Und nach Finnland will man reisen, um nachzuschauen, ob dort wirklich das Paradies liegt. Ob die Finnen wirklich so weise sind, weil sie sich einfach selbst nicht so ernst nehmen. Vielleicht sollten wir das alle mal tun, uns einfach nicht so ernst nehmen. Die Welt könnte ein besserer Ort sein. Dann wäre vielleicht wirklich das Ende gut. Danke, Frau Berg. - Paul Auster
Das Buch der Illusionen
(145)Aktuelle Rezension von: Johann_BaierEin Literaturprofessor schreibt in den 1980er Jahren ein Buch über das Leben eines Stummfilmregisseurs der 1920er Jahren. Zunächst sammelt der Professor mühsam die wenigen Fakten, die noch verfügbar sind und veröffentlicht auf der Basis das Buch. Es bleiben jedoch noch viele Fragen offen – warum und wohin verschwand der Regisseur 1928, wie lange hat er noch gelebt?
Nach der Veröffentlichung des Buches meldet sich zuerst die Frau des Regisseurs und teilt ihm mit, dass der Regisseur noch lebt. Dann taucht eine weitere Person aus dem Umfeld des Regisseurs auf und erzählt ihm das komplette Leben des Regisseurs nach seinem Verschwinden. Die Erzählung nimmt 120 Seiten des Romans ein, ist also praktisch ein Roman in einem Roman. Auf einen Schlag werden alle Rätsel, die bisher einen Hauch von Spannung erzeugt hatten, gelöst.
Der Roman geht dann aber noch lange weiter. Der Professor besucht den Regisseur, der noch am selben Tag stirbt. Danach wird auf über 30 Seiten der Inhalt eines der letzten Filme des Regisseurs wiedergegeben – ich weiß nicht, ob ich den Film für banale Männerphantasie, bedeutungsvoll oder Kitsch halten soll. Danach wird der Film vernichtet. Die letzten Seiten mit melodramatischen Dialogen und Reflexionen und weiteren Todesfällen habe ich dann nur noch überflogen.
Ich fand die Lektüre des Buches meistens mühsam: der Roman besteht vorwiegend aus narrativen Zusammenfassungen, oft große Zeiträume umfassend. Handlung und Dialoge in Echtzeit gibt es selten, und wenn, dann sind die Dialoge hölzern, schwermütig und oft in einem Stil, der mehr der Schrift- als der Umgangssprache entspricht.
Ich fand die Lektüre mühsam, weil mir alle Beschreibungen, alle Abschnitte und alle Sätze zu lang waren.
Ich fand die Lektüre mühsam, weil mir die Protagonisten wenig sympathisch und wenig verständlich waren. Der Professor ist zunächst ohne Grund feindselig und gehässig zu allen Mitmenschen, trotzdem verliebt sich eine Frau, die er rüde abweist, in ihn. Plötzlich sind sie Liebespaar, reden aber weiter nüchtern wie Geschäftspartner miteinander. Der Regisseur entpuppt sich als Mordkomplize, arbeitet zeitweise im Porno-Business, später gibt er große Summen aus, um Filme zu drehen, die nie gezeigt werden und nach seinem Tod vernichtet werden sollen - warum, habe ich nicht verstanden.
Und doch gab es Kapitel, die mich vorübergehend gefesselt haben: die Beschreibung der Stummfilmzeit, der Stummfilme des Regisseurs, und die Episode, in der der Mörder in dem Familienbetrieb des Vaters der Ermordeten mitarbeitet und die Auswirkungen seiner Tat auf die Familie miterlebt, während er gleichzeitig Angst hat, sich zu verraten oder von der Polizei aufgespürt zu werden.
Es ist auf jeden Fall eine ungewöhnliche Geschichte - eine Geschichte, mit überraschenden Wendungen, nichts geht so weiter wie erwartet.
- Albert Camus
Der Fall
(137)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerDieser im Jahr 1957 veröffentlichte schmale Band enthält die Lebensgeschichte des Pariser Anwalts Johannes Clamans. Im Stil eines Gesprächs gibt er sich in einem Zeitraum von fünf Tagen einem fiktiven Dialogpartner im Amsterdamer Hafenviertel zu erkennen. Geschildert werden der kometenhafte Aufstieg des jungen Mannes in der Pariser Gesellschaft, begünstigt durch ein Wesen, dass durch Eigenliebe, Opportunismus und einen Mangel von Empathie gekennzeichnet ist. Durch seine Zeugenschaft bei einem Suizid einer jungen Frau gerät sein Welt- und Selbstbild ins Schwanken. Er verlässt den eingeschlagenen Weg und hält nun mit Hilfe seiner Selbstanklage den Menschen den moralischen Spiegel vor. Doch ist diese Veränderung nicht durch Läuterung gekennzeichnet, sondern von dem Versuch, sich selbst zu ent- und den Gesprächspartner zu belasten, sodass dieser gezwungen wird, seine eigene Lebensbeichte abzulegen. Camus schafft es, auf knapp 120 Seiten eine große Menge von Themen anzusprechen. Liebe, Glaube und Gemeinschaft bilden hier die Pfeiler der Argumentation, welche den Leser nachdenklich und betroffen zurücklässt. Dass der Autor hierfür den Nobelpreis erhielt, ist mehr als nachvollziehbar. Ein Muss für jeden, der sich für die Triebfedern menschlichen Handelns und des "Pudels Kern" der Gesellschaft interessiert. - Albert Camus
Der erste Mensch
(77)Aktuelle Rezension von: Malte_HermannIch habe Der erste Mensch gelesen – und plötzlich war ich ganz nah bei Albert Camus. Nicht beim berühmten Denker, sondern beim Jungen. Beim Sohn. Beim Suchenden. Dieses Buch ist kein Roman wie die anderen – es ist eine Rückkehr. Eine Spurensuche. Eine stille Offenbarung. (Mehr über Albert Camus: https://love-books-review.com/de/rezensionen-nach-autor/albert-camus/)
Camus schreibt über seine Kindheit in Algerien. Über Armut, Sonne, Schule, Schweigen. Vor allem über seine Mutter, die kaum spricht, aber alles sagt. Jeder Satz ist klar, ehrlich, fast nackt. Kein Pathos, kein Kitsch. Nur Leben.
Was mich tief berührt hat: Man spürt in jeder Zeile, dass Camus dieses Buch nicht für Ruhm schrieb. Sondern für sich. Für das Kind, das er war. Für den Vater, den er nie kannte.
Es geht um Herkunft, um Identität, um Erinnern. Und es tut weh, weil es so echt ist. Camus schaut zurück – und lässt uns mitsehen.
Der erste Mensch ist unvollendet geblieben. Aber genau das macht es besonders. Roh, offen, lebendig. Ein Abschied. Und ein Anfang.
Ich habe es nicht nur gelesen. Ich habe es gespürt. Und ich glaube: Wer Camus wirklich verstehen will, muss hier beginnen. Beim Kind. Beim ersten Menschen.