Bücher mit dem Tag "fachbuch/sachbuch"

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37 Bücher

  1. Cover des Buches Atlas der erfundenen Orte (ISBN: 9783423281416)
    Edward Brooke-Hitching

    Atlas der erfundenen Orte

     (10)
    Aktuelle Rezension von: dunkelbuch

    Was  hat die Entdecker und Kartografen aller Jahrhunderte dazu getrieben, nicht existente Inseln und Gebirge in ihre Karten aufzunehmen? Wann und wo hat der Irrglaube seinen Ausgang gefunden? • Bei jenen Herrschern, die die Herkunft ihrer Bodenschätze verschleiern wollten? 

    Minutiös werden die erfundenen Orte aufgelistet und die Entstehungsgeschichte der Irrtümer. Die eine oder andere wird auch als bewusste Fälschung entlarvt.

  2. Cover des Buches Grundlagen der Programmierlogik (ISBN: B01MYU2SH5)
    Marcus Pérez

    Grundlagen der Programmierlogik

     (11)
    Aktuelle Rezension von: HensLens
    Das Buch ist ein Goldstück für Anfänger und diejenigen, die ihre geringen Grundkenntnisse fundieren möchten.

    Der Autor geht in seinen Erklärungen Schritt für Schritt vor, weshalb man sehr gut folgen kann. Die Erläuterungen sind leicht verständlich und nachvollziehbar, auch für vollkommene Anfänger in diesem Bereich. Übungsaufgaben ermöglichen es dem Leser, direkt das erlernte Wissen entspannt zu testen.
    Auch Grundlagen und Grundlagenbegriffe werden leicht verständlich erläutert. So weiß man als Anfänger endlich mit all dem Halbwissen und Mysterium um Begriffe und Befehle umzugehen und kann alles einordnen. Auch das kleine Begriffslexikon am Ende finde ich sehr praktisch und informativ.

    Alles in allem ein leicht verständliches, flüssig geschriebenes und durch die Übungen effektives Buch über Programmierlogik, das ich jedem Anfänger und Interessierten nur empfehlen kann. 
  3. Cover des Buches Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus (ISBN: 9783593509303)
    Shoshana Zuboff

    Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus

     (3)
    Aktuelle Rezension von: kvel

    Inhalt, gemäß Buchrückseite:
    Die Menschheit steht am Scheideweg, sagt die Havard-Ökonomin Shoshana Zuboff. Bekommt die Politik die wachsende Macht von Google, Facebook und Co. in den Griff? Oder überlassen wir uns der verborgenen Logik des Überwachungskapitalismus? Wie reagieren wir auf die neuen Methoden der Verhaltensauswertung und -manipulation, die unsere Autonomie bedrohen?


    Shoshana Zuboff beschreibt die ökonomische, soziale und individuelle Bedeutung der beispiellosen Veränderung, die wir erleben. Sie zeichnet ein Bild der neuen Märkte, auf denen Menschen nur noch Quelle eines kostenlosen Rohstoffs sind – Lieferanten von Verhaltensdaten. Noch haben wir es in der Hand, wie das nächste Kapitel des Kapitalismus aussehen wird. Meistern wir das Digitale oder sind wir seine Sklaven? Es ist unsere Entscheidung!


    Anmerkung: Sehr dickes Buch mit kleiner Schrift.


    Meine Meinung:

    Inhaltlich fand ich dieses Sachbuch echt gut.

    Die Autorin schreibt sehr scharfsinnig mit immensen Wissen im Allgemeinen und Speziellen. Auch pflegt sie viele weitergehende Informationen und Hintergründe in ihren Text ein. Dies fand ich sehr spannend und interessant zu lesen.

    Allerdings muss ich auch gestehen, dass genau darin auch der Kritikpunkt liegt, denn es ist doch eine sehr scharfe Gradwanderung zwischen vielen Informationen und ein Überladen des Lesers. Und so fühlten sie diese Abschweifungen zuweilen auch etwas zäh an.


    Textbeispiel, S. 50:

    „... dass neue Marktformen dann am produktivsten sind, wenn sie sich in Ausrichtung an tatsächlichen Bedürfnissen und Mentalitäten entwickeln. Der große Soziologe Emile Durkheim erkannte das zu Beginn des 20. Jahrhunderts ... Angesichts der dramatischen, durch die Industriealisierung bedingten Umwälzungen seiner Zeit – Fabriken, Spezialisierung, Arbeitsteilung -, kam Durkheim zu der Erkenntnis, dass Volkswirtschaftler die Entwicklungen zwar zu beschreiben vermochten, aber die Gründe dahinter nicht sahen. Was seiner Ansicht nach daran lag, dass die 'Ursachen' für diese umfassenden Veränderungen in den sich verändernden Bedürfnissen der Menschen zu finden und Ökonomen (woran sich bis heute nichts geändert hat) diesen sozialen Fakten gegenüber blind seien.“


    Fazit: Lesenswert.

  4. Cover des Buches Tell me! (ISBN: 9783836245609)
    Thomas Pyczak

    Tell me!

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Olivia_Grove

    "Werbetreibende müssen eine emotionale Achterbahnfahrt entwerfen."

    So ein vollumfängliches und fundiertes Buch habe ich selten gelesen!

    Es ist logisch strukturiert und wird durch gut platzierte Grafiken und kleine Übungen aufgelockert.

    "Tell me!" ist mehr als nur ein Ratgeber oder Lesebuch. Es ist ein Geschichtenbuch rund ums Storytelling. "Lehrreich, unterhaltsam und inspirierend. Schauen Sie hinter die Kulissen der erfolgreichen Filmemacher und Geschichtenerzähler Sheryl Sandberg, Jeff Bezos, Barack Obama und Stephen King." [Auszug aus Buchbeschreibung]

    Der Schreibstil und Inhalt des Werkes werden nie trocken oder langweilig. Durchweg ist das Lesen unterhaltsam und erfrischend ansprechend.

    Unglaublich inspirierend finde ich die Storytelling Beispiele bekannter Macher und Firmen (bspw.: Airbnb, Harley Davidson, Dove, Red Bull, IKEA, Sixt). 

    Da unser Gedächtnis Geschichten liebt, sollten wir beim Schreiben Fakten und Emotionen verbinden. Als Schreiberling lernt man so viel Wissenswertes und - neben den Archetypen nach Carl Gustav Jung - auch, wie gute Geschichten in der Praxis entstehen. 

    Alles in allem bietet dieser fachlich äußerst fundierte Ratgeber einen komplexen Querschnitt, der sich sehen lassen kann! 

  5. Cover des Buches Welten der Antike (ISBN: 9783608981254)
    Michael Scott

    Welten der Antike

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Bellis-Perennis

    Dieses Buch versucht dem Leser die längst vergangenen Welten der Antike näherzubringen. Und zwar nicht isoliert, wie wir die Geschichte des antiken Griechenlands, Roms und China kennen, sondern im Zusammenhang. Im Allgemeinen sind ja Griechenlands und Roms antike Welten bekannt, von China weiß der geneigte Leser schon ein bisschen weniger.  

    Dieses Buch zeigt deutlich, dass die Zeit der Antike eine Epoche der wechselnden Herrscher und Herrschaftssysteme sowie der Territorialkriege war. Sie war brutal, kriegerisch und dennoch war Zeit philosophische Werke hervorzubringen.

     Meine Meinung: 

    Der britische Altertumsforscher Michael Scott hat den Versuch gewagt, die antiken Weltreiche Griechenlands, Roms und Chinas miteinander zu vergleichen. Dabei hat er Gemeinsamkeiten und Unterschiede festgestellt. 

    Das Buch, das mehr als 500 Seiten umfasst erfordert vom Leser Konzentration und einiges geschichtliches Interesse und Vorwissen. Das eine oder andere wird wohl nachgeschlagen werden. Scotts Werk ist detailreich und wird immer wieder durch Anekdoten und Mythen ergänzt. 

    Einigen Lesern wird der Schreibstil dennoch zu trocken bzw. zu faktenlastig sein.  

    Fazit: 

    Ein sehr detailliertes, gut recherchiertes Sachbuch über eine längst vergangene Zeit. Nichts für zwischendurch.

     


  6. Cover des Buches Das geheime Leben der Seele (ISBN: 9783442178964)
    Sabine Wery von Limont

    Das geheime Leben der Seele

     (50)
    Aktuelle Rezension von: mariposa27

    Sabine Wery von Limont greift das schwer fassbare geheime Seelenleben auf. Sie grenzt ihre Wirkungsweise ein und bezieht es auf das Nevensystem mit Auswirkungen auf den ganzen Körper. Schließlich sind es unsere Vorerfahrungen und damit einhergehend unsere Gefühle, die sich stets auf den Organismus auswirken. Die gesamte Wahrnehmung und die Bindung zu unseren Mitmenschen kann uns glücklich oder auch krank machen.

    Die gesamte Einleitung zum limbischen System mit sehr aktuellen Vergleichen liest sich hervorragend. Hier hat man Gelegenheit in sich hineinzuschauen und zu reflektieren. Der Wohnsitz der Seele wird aus psychologischer Sicht analysiert. Dies geschieht jedoch stets verständlich und greifbar. Auch die Bedürfnisse der Seele sind praxisnah aufbereitet und auch für Laien nachvollziehbar.

    Der Mittelteil richtet sich an Krankheiten der Seele und behandelt Angststörungen, Zwänge, Depressionen. Die Beschreibungen werden mit genauen Fallbeispielen gestützt. Diese Abschnitte sind sehr spezifisch und daher eher an Kenner gerichtet. Spannend wird wieder das Ende des Buches, wenn es darum geht ein "Gleichgewicht" für unsere Seele herzustellen und wie sie letztlich nach Schicksalsschlägen Halt findet. Besonders die "Bodyguards" unserer Seele wie z.B: Beziehungen, Partnerschaft, Glaube und Meditation haben einen genauen Blick verdient.

  7. Cover des Buches Marx. Der Unvollendete (ISBN: 9783570553787)
    Jürgen Neffe

    Marx. Der Unvollendete

     (8)
    Aktuelle Rezension von: aba
    Der Missverstandene

    Auch Genies sind nur Menschen. Mit Macken, Träumen, Ängsten, Problemen, Illusionen. Sie sind in der Lage, Großartiges zu schaffen, aber sie können natürlich auch Fehler machen und Unzugänglich sein. Sie sind Menschen mit allem Drum und Dran.
    In seinem Buch "Marx. Der Unvollendete" zeigt Jürgen Neffe, dass all dies (und noch mehr überraschende Tatsachen und Charakterzüge) auch für Karl Marx gilt.

    "Marx. Der Missverstandene" könnte auch ein guter Titel für dieses Buch sein. Karl Marx, der (theoretische) Revolutionär, der Kommunist schlechthin - love him or hate him, wie Marmite. Keinem Menschen wurden so viele politische und wirtschaftliche Katastrophen, so viele Toten und tyrannischen Regierungen angehängt. Weil er die historische Figur ist, die man am meisten mit dem Kommunismus in Verbindung bringt. Dieser Mann und sein Vermächtnis wurden bis heute, mehr als 130 Jahre nach seinem Tod, nicht vergessen und werden als Ursache schwerer Krisen in Ländern - ein aktuelles Beispiel ist Venezuela, dessen Ökonomie von einem Tyrannen innerhalb weniger Jahre zerstört, und von einem Einwanderungsland in eine Nation von Wirtschaftsflüchtlingen verwandelt wurde. Und das im Namen des Kommunismus.
    Und dabei war Marx hauptsächlich ein Philosoph mit einer Vision, in der er nur der Wohlstand und die Freiheit aller Menschen aller Nationen beabsichtigte. Dies wird in Jürgen Neffes Buch besonders deutlich gemacht.

    In "Marx. Der Unvollendete" versucht Jürgen Neffe die komplexe Persönlichkeit und das Werk Karl Marx' zu erklären. Ein fast mammuthaftes Unternehmen. Dafür muss er jahrelang Literatur von und um Marx gelesen haben, aus denen er in seinem Buch lange, häufig und ausführlich zitiert. Daran musste ich - für die Philosophie ein Mysterium ist - mich gewöhnen. Für mich waren solche Auszüge aus Briefen und Tagebüchern am interessantesten, weil sie viel über die Person von Karl Marx sagen. Oft haben mich diese auch überrascht, weil sie Marx' menschliche Seiten deutlich zeigten. Und diese Seiten waren nicht immer positiv.

    Jetzt zitiere ich auch: "Wer seine Genialität sucht, wird sie nicht in einer Schublade finden. Sie steckt, um im Bilde zu bleiben, im ganzen Schrank. Oder besser noch: im gesamten Möbelhaus."
    So beschreibt der Autor, aus meiner Sicht sehr treffend, den multiplen Karl Marx, der auch große Schwierigkeiten hatte, seine Werke zu Ende zu bringen (vielleicht gerade wegen seiner besonderen Genialität, die in einem ganzen Möbelhaus steckt).

    Ich glaube, ich habe alles, was Jürgen Neffe an Biografien über große Genies geschrieben hat, gelesen. Mit Marx dringt er in ein nicht naturwissenschaftliches Gebiet ein. Auch er ist ein Alleskönner. Wer seine Biografien über Einstein und Darwin gelesen hat, weiß, dass er mit vollem Einsatz schreibt und recherchiert. Auch bei Marx hat er das gemacht.

    In einem Fernsehinterview sagte Jürgen Neffe, dass er die Figur Karl Marx immer verstehen wollte. Das hat ihn zu diesem Buch inspiriert. Außerdem wollte er auch Karl Marx revidieren: er war ein Denker und ein unermüdlicher Schriftsteller, der die Welt verändern wollte.
    Vor allem war er aber ein ganz normaler Mensch.
  8. Cover des Buches Die Neuerfindung der Diktatur (ISBN: 9783492316293)
    Kai Strittmatter

    Die Neuerfindung der Diktatur

     (7)
    Aktuelle Rezension von: HansDurrer

    Im Jahre 2002 habe ich während eines Semesters in der chinesischen Provinz Fukkien Englisch unterrichtet. Als ich in die Schweiz zurückkehrte, meinte mein langjähriger Coiffeur, mir fielen die Haare aus. Vor Ort in China war mir das nicht aufgefallen, dort hatte ich nur bemerkt, dass ich manchmal unter Schwindel litt, mich allgemein angeschlagen fühlte und häufig Angst empfand. Erst im Nachhinein begriff ich das alles als Ausprägungen eines beklemmenden, tief liegenden Unwohlseins, das auch dadurch befördert wurde, dass man in China ständig überwacht wird. Auf dem Campus, im Klassenzimmer, aber auch bei Ausflügen in die benachbarte Stadt.

    Daran erinnerte ich mich unter anderem, als ich Kai Strittmatters Die Neuerfindung der Diktatur. Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert las. Wie soll die westliche Welt den zunehmend autoritären Tendenzen der KP Chinas begegnen? „Man sollte die Menschen hinauswerfen in die grosse, ungemütliche Welt, man müsste die Weltenschau zur Pflicht machen für all die arglosen Europäer, alle sollten sie einmal ein Jahr ausserhalb ihrer Gemütlichkeitszone leben. Man könnte sie in die Türkei schicken, wo sich die Demokratie in rasender Geschwindigkeit zerlegt. Oder nach Russland, auch dort sind Zynismus und Lüge längst zur Staats- und Lebensräson geworden (...) Am besten aber schickte man sie nach China. In China nämlich stünde den Menschen dann auch noch der Mund offen angesichts des Ehrgeizes, des Tempos und des Zukunftsglaubens, angesichts des gnadenlosen Wettstreits aller mit allen und der durch nichts gezügelten Lust auf Reichtum und Macht. Ein Treiben ist das, das den Leuten den Atem nähme, das sie aber hoffentlich auch aufschreckte aus Trägheit und Ignoranz.“

    Mir gefallen diese Gedanken auch deshalb so gut, weil ich generell der Auffassung bin, dass eine Konfrontation mit der Realität das Ernüchterndste, Heilsamste und Sinnvollste ist, das der Mensch in seinem Erdendasein tun kann – auch wenn es das so ziemlich Letzte ist, worauf er Lust hat.

    Kai Strittmatters Die Neuerfindung der Diktatur ist weit mehr als der Untertitel Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert besagt – es ist ein erfreulich nüchterner Blick auf die (hauptsächlich politische) Welt, der den westlichen Gesellschaften zu Recht vorwirft, naiv zu sein. Nicht nur der Westen behauptet frei, demokratisch und rechtsstaatlich zu sein, China tut das auch. Und natürlich lügen beide, denn die westliche Demokratie des Geldes und die diktatorische Version Chinas haben beide mit echter Volksherrschaft recht wenig zu tun. Klar, es gibt Unterschiede, wesentliche, doch dass der Westen die eigenen Demokratien nicht realistisch sieht, ist keine gute Voraussetzung, China realistisch zu sehen.

    Realistisch ist Strittmatters Sicht auf die Macht. „Es liegt im Wesen der Macht, dass sie, egal wie stark, ihrer selbst nie vollkommen sicher ist. Die Paranoia, die Angst vor der Schwächung und dem Verlust seiner Macht liegt in der Natur des Mächtigen. Deshalb sein Drang, die Masse immer wieder aufs Neue zu überwältigen. Dazu dient ihm die Lüge.“

    Herrschaftsausübung läuft auch über die Sprache, George Orwell lässt grüssen. So wird etwa „harmonisch“ besonders oft gebraucht in China. Die Harmonie, die die Partei im Sinn hat, „ist die Harmonie zwischen Partei und Gehorsam. Harmonie ist, wenn das Volk Ruhe gibt.“

    Internet-Zensur funktioniert nicht, glauben viele, vor allem im Westen, denn jede Mauer lässt sich durchbrechen. Nur eben: China zeigt gerade, dass sie funktioniert und demonstriert, wie die Lüge über die Wahrheit triumphiert.

    Die kommunistische Partei verfügt über das Gewaltmonopol (und nicht etwa der Staat), obwohl im kapitalistischen China so ziemlich gar nichts kommunistisch ist. „Viele der Probleme Chinas kommen daher, dass der gelebte Kapitalismus als Sozialismus gepredigt wird“, schrieb 2013 der Intellektuelle Rong Jian, „den das Massaker von 1989 vom Marxismusforscher zum Kunstgaleristen hat werden lassen.“

    Lügen, Einschüchterung, Verwirrung – die Unterscheidung von Wahrheit und Lüge soll abgeschafft werden. Strittmatter zitiert Hannah Arendt: „Wenn jeder dich immerzu anlügt, dann ist die Folge nicht, dass du die Lügen glaubst, sondern vielmehr, dass keiner mehr irgendetwas glaubt.“

    In China herrscht ein totalitäres Regime, dass die Digitalisierung nutzt – je mehr die Menschen digital unterwegs sind, je mehr weiss das System über sie – , um noch totalitärer zu herrschen. Die chinesischen Kommunisten sind Meister darin, Angst zu verbreiten. Wer nicht spurt, wird abserviert und an den Pranger gestellt. Der bestens informierte Kai Strittmatter zeigt das in diesem Buch an zahlreichen Beispielen. Er macht zudem deutlich, dass die westliche Sicht auf China weitestgehend naiv ist.

    Es geht auf der Welt nicht nur um Einfluss und Vorherrschaft, es geht den politisch Mächtigen um Unterwerfung. Und China hat nicht die geringsten Hemmungen (wie übrigens auch Amerika nicht, was bei der gegenwärtigen US-Regierung besonders offensichtlich ist), die eigenen Interessen durchzusetzen. Daimler zitiert in seiner Werbung den Dalai Lama, China heult auf; Lady Gaga unterhält sich mit dem Dalai Lama über Yoga, China ist beleidigt – Daimler wirft sich in den Staub und entschuldigt sich händeringend, Lady Gaga kann man seither in China nicht mehr hören.

    Fazit: Mehr als notwendige Aufklärung – Pflichtlektüre! 

  9. Cover des Buches Über das Sterben (ISBN: 9783406629792)
    Gian Domenico Borasio

    Über das Sterben

     (21)
    Aktuelle Rezension von: BettinaKok

    Gian Domenico Borasio ist nicht nur einer der führenden Palliativmediziner im deutschsprachigen Raum, sondern auch ein Arzt, der in der Lage ist, sich für Laien verständlich auszudrücken. Sein Buch enthält zwar schwere Kost, ist aber verhältnismäßig leicht zu lesen. Das allerdings, ohne in irgendeiner Weise populärwissenschaftlich zu argumentieren.

    Borasio bringt die Dinge auf den Punkt und beantwortet Fragen zum Thema Sterben, die viele von uns niemals zu fragen gewagt hätten. Der Erkenntnisgewinn ist groß. Für mich persönlich unglaublich erhellend war die eigentlich schlichte Weisheit "Man stirbt nicht, weil man nicht mehr isst. Man isst nicht mehr, weil man stirbt."

    Ich würde dieses Buch als Standardwerk jedem empfehlen, der mehr über das Sterben erfahren möchte. Die Wahrscheinlichkeit, dass das hier erworbene Wissen irgendwann einmal lebenswichtig wird, ist groß.

  10. Cover des Buches Der große Ausbruch (ISBN: 9783608949117)
    Angus Deaton

    Der große Ausbruch

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Tallianna
    Heute sind die Menschen gesünder, wohlhabender und sie leben länger als früher. Einem Teil der Menschheit ist »Der Große Ausbruch« aus Armut, Not, Krankheit und Entbehrung in Freiheit, Bildung, Demokratie und eine freie globale Weltwirtschaft gelungen. Dennoch nimmt die Ungleichheit zwischen Nationen und Menschen unaufhaltsam zu. Das Opus Magnum des Nobelpreisträgers beschreibt, wie Lebens- und Gesundheitsstandards sich weltweit erhöhen ließen, wenn Aufrichtigkeit und neue Fairness Einzug in die globale Weltwirtschaft hielten. (Klappentext)

    Angus Deaton geht auf viele wichtige Themen ein, die die Ungleichheit in der Welt betreffen. Leider tut er es so langatmig und langweilig, dass ich die meiste Zeit kurz vorm Tiefschlaf bin. Außerdem wiederholt er sich ständig. Ohne diese Wiederholungen wäre das Buch wohl nur halb so lang, aber deutlich flüssiger lesbar. Diese Technik habe ich in der Uni immer dann angewandt, wenn ich 90 min reden musste, aber nicht soviel zu sagen hatte.

    Auch sind die Kapitel sehr unverständlich aufgebaut. Die Diagramme müssten am Anfang der Beschreibung stehen, zumindest in der E-Book Version, denn so hat man nie vor Augen, von was der Autor eigentlich genau redet. Die Darstellungen in den Diagrammen sind nicht immer gut lesbar und die einzelnen „Farb“unterschiede können nicht gut gesehen werden. Dadurch wird über die Hälfte des Buches schlecht verständlich.

    Ich muss ehrlich gestehen, dass mir am Ende des Buches immer noch nicht so ganz klar war, wodurch die Ungleichheit in der Welt jetzt eigentlich entsteht. Zusätzlich kann ich auch nicht sagen, ob der Autor diese Frage jemals zufriedenstellend beantwortet. Die Teile, die sich mir erschlossen haben, waren mir zudem auch schon so bekannt.

    In einer Sache stimme ich mit dem Autor überein: Wir wissen überhaupt nicht genau, ob die Menschen in den sogenannten „Entwicklungsländern“ auch so leben wollen wie die Menschen in den westlichen Ländern. Die Entscheidung über ihre Lebensweise sollte auch ihnen überlassen werden. Niemand kann wirklich sagen, ob eine Lebensweise als Nomade besser oder schlechter ist, denn wenn die Menschen damit zufrieden sind, sollten sie nicht gezwungen werden, in Häuser umzuziehen, die den Namen nicht einmal verdienen, und eine Lebensweise anzunehmen, die sie nicht wollen.

    Von mir gibt es für dieses Buch leider keine Leseempfehlung. Obwohl es um wichtige Themen geht, ist das Buch besser für eine wissenschaftliche Vorlesung geeignet als für den interessierten Laien. Das Thema ist so langatmig aufgebaut, dass man kaum Nutzen aus dem Buch ziehen kann.
  11. Cover des Buches Weil Samstag ist (ISBN: 9783641215026)
    Frank Goosen

    Weil Samstag ist

     (50)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Ich bin kein großer Fussball Fan, aber einer von Frank Goosen. Deshalb habe ich das Buch gelesen. Gott sei Dank, denn es ist großartig! Witzig, ehrlich, Treffsicher und mit viel Augenzwinkern erzählt Goosen aus der WElt des Fussballs und reist einen einfach mit. DAnke Frank Goosen, dass ich einen anderen Samstag erleben durfte

  12. Cover des Buches Die Abgehobenen (ISBN: 9783593509280)
    Michael Hartmann

    Die Abgehobenen

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Wedma

    Von diesem Buch von Michael Hartmann habe ich einen sehr guten Eindruck gewonnen und empfehle es auch gern weiter. Lesenswerte Inhalte gepaart mit einem angenehmen, klaren Schreibstil bereiten paar erfüllte Lesestunden mit Erkenntnisgewinn, insb. für die Einsteiger.

    „Michael Hartmann war bis Herbst 2014 Professor für Soziologie an TU Darmstadt. Sein Schwerpunkt ist Elitenforschung“, so Klappentext.

    Das Werk ist sehr gut strukturiert. Ca. 242 Seiten ergeben 5 Kapitel.

    Kap. 1. „Einleitung: Parallelwelt mit eigenen Regeln“, in dem Hartmann u.a. vier Thesen präsentiert, die er im weiteren Verlauf auch begründet: Die Eliten sind, dank ihrer Herkunft, sozial exklusiv und homogen, gute Basis für die neoliberale Politik. Um dem entgegen zu wirken ist das Aktivwerden der Bevölkerung und Erneuerung der Parteien vonnöten, u.a. um dem Rechtspopulismus und der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Dadurch würde sich die politische Elite sozial öffnen.

    Im Kap. 2 „Eine zunehmend geschlossene Gesellschaft“ beschreibt Hartmann die Eliten näher. „Elite heißt macht ausüben“. Dass die Eliten nach dem Prinzip „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ bilden, liest man auf S. 64-70. Hier gibt es paar gute Beispiele, die das Wirken dieses Prinzips verbildlichen. Eliten vierer Länder wurden unter die Lupe genommen: Deutschland, Großbritannien, USA, Frankreich und grundlegende Gemeinsamkeiten festgestellt. „Die Mär von den kosmopolitischen Eliten“ schließt Kap. 2 ab.

    Kap. 3 „Wie Eliten die soziale Ungleichheit vorantreiben“ fängt gleich gut mit „Großbritannien und die USA: Politiker aus der Upperclass machen Politik für die Upperclass“ an. Hier ist die Rede von der politischen Wende der 1980ger Jahre, die Emmanuel Todd in seinem sehr lesenswerten Werk „Traurige Moderne“ (2018) als die neoliberale Revolution bezeichnet. Das liegt in der Herkunft begründet, sagt auch Hartmann. Unter Reagan wurden beiden Kabinetten von den Vertretern der Upperclass dominiert, was vorher nicht der Fall war. Bei Thatcher Regierung sah es ähnlich aus. Kleine aber feine Unterkapitel „Selbst zu Feudalzeiten war die Einkommenskonzentration geringer“, „Die Reichen wurden reicher, die Armen ärmer…“ belegen diese Thesen mit Zahlen und Fakten. Diese Ausführungen erinnerten mich an ein weiteres sehr aufschlussreiches Werk „Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ von U. Mies/J. Wernicke (Hg). Ein Blick zu Deutschland zeigt ähnliche Entwicklungen, nur etwa zwanzig Jahre später. „Herkunft der politischen Elite prägt ihre Entscheidungen“ schließt das 3. Kapitel ab und sagt, basierend auf einer fundierten Studie: „In den Fällen, in denen die Ministerpräsidenten eine niedrigere Herkunft aufwiesen, werde signifikant häufiger eine Politik betrieben, die soziale Unterschiede zu reduzieren versuche, indem die Ausgaben für Bildung, soziale Sicherheit, Infrastruktur und Gesundheit gesteigert würden. Bei den Ministerpräsidenten, die aus der Mittel- oder Oberschicht stammten, sei das nicht der Fall.“ S. 152. Das gilt für die alten Bundesländer von 1972 bis 2009, für die neuen von 1992 bis 2009.

    Kap. 4 beschäftigt sich mit „Eigennutz vor Gemeinnutz – so ticken die Eliten“ und besagt u.a., dass „Steuern als staatlicher Raubzug, Steuerhinterziehung“ bei den Eliten als Kavaliersdelikt gilt. Hier ist die Rede von den aus der Presse bekannten Fällen: Klaus Zumwinkel, Uli Hoeneß, Alice Schwarz usw. Dabei wurde auf die übliche Handhabe der Eliten eingegangen: „Selbstmitleid statt Unrechtbewusstsein“ S. 158-164, „Klage über die Gier des Steuerstaates“ S. 164-168, „Legitimierung krimineller Finanztricks: Die Dreistigkeit der Cum-Ex-Geschäfte“ S. 168-177. Mit zahlreichen Daten und Fakten belegt, seht gut und zugänglich erklärt. Auch für Einsteiger verständlich.

    Kap. 5 „Eine Politik jenseits des Neoliberalismus ist nötig und möglich“ erläutert, dass „in den letzten Jahrzehnten dominierende neoliberale Ausrichtung der Politik“, die „bis heute von der großen Mehrheit der Eliten“ geteilt wird, keineswegs alternativlos ist, dass die heute herrschende Politikverdrossenheit und das Aufblühen des Rechtspopulismus, hier ist u.a. von AfD Erfolgen die Rede, der dank der neoliberaler Politik der Eliten einen fruchtbaren Boden bekommen hat, der aktiven politischen Beteiligung der breiten Massen weichen kann und sollte. Unterkapitel „Vier Modelle für die Zukunft…“ beschreibt, was momentan der Fall ist, im „Ein Politikwechsel ist machbar – hier und jetzt“ wurden Vorschläge unterbreitet, wie die für die arbeitende Bevölkerung die längst fälligen Veränderungen vollzogen werden könnten. In dem Bereich hätte gern etwas mehr sein können, aber auch so ist es schon mal ein guter Schritt in die für die Massen richtige Richtung.

    Man kann noch viel über dieses Buch schreiben, da steht noch viel mehr als man im Rahmen einer Rezension ansprechen kann, besser, man liest es selbst.


    Da Buch ist sehr gut und hochwertig gemacht: Festeinband in Rot, Umschlagblatt aus festem, glatten Papier, rotes Lesebändchen. Die Schriftgröße erlaubt recht viel Text pro Seite, ist aber auch nicht zu klein. Einige s/w Diagramme und Schaubilder verdeutlichen die Ausführungen.

    Die Quellen sind in „Anmerkungen“ nach Kapiteln geordnet worden. Hier findet man auch einige Kommentare. Literatur, ca. 190 Werke auf Deutsch und Englisch, ist in alphabetischer Reihenfolge extra aufgeführt worden.


    Fazit: Ein sehr lesenswertes Werk, das das Treiben der Eliten fundiert, mit Daten und Fakten untermauert, dabei klar und zugänglich das Wesentliche darlegt, und einige Vorschläge zur Besserung der heutigen Lage zugunsten der arbeitenden Masse unterbreitet. Prima für Einsteiger. Toll als Geschenk.

  13. Cover des Buches Englische Grammatik. Regeln, Beispiele, Übungen für ein fehlerfreies Englisch (ISBN: 9783730603178)
    Birgit Kasimirski

    Englische Grammatik. Regeln, Beispiele, Übungen für ein fehlerfreies Englisch

     (60)
    Aktuelle Rezension von: eight_butterflies

    Nachdem mein Schulenglisch nun schon eine Weile her ist, suchte und fand ich eine gelungene Auffrischung in diesem Buch. Vor der großen Hürde stehend, all die komplexe Grammatik so nebenbei wiedererlernen zu müssen, konnte dieses Kompendium mich Stück für Stück begleiten. Wie ist das gelungen?

    Der Aufbau des Buches ermöglicht zunächst einen Überblick zu erhalten und setzt dann sukzessive weiter fort, von den Zeiten bis zu „Damit wird es komplett“. So konnte ich mich gut an die Zeitformen wagen, die mir ein Greuel waren. Nachdem ich die verstanden hatte, war ich offen für conditional, gerund, adverbs und Co. 

    Die Struktur der Texte ist sehr lernwirksam gewählt. Wichtiges ist mit Ausrufezeichen oder farblich hervorgehoben. Die Seiten sind nicht überfrachtet, auch wenn es Fakt um Fakt weitergeht.

    Die Wortwahl ist allgemein verständlich, führt zu Aha-Momenten. Das wird bspw. auch erreicht, indem alles auf Deutsch erklärt und auch bezeichnet wird. 

    Zwischendrin wird Raum für Notizen gelassen. Die Übungen sind gut zu lösen und schließen an die Erklärungen an.

    Weil das Buch mit mehr als 200 Seiten eine Herausforderung ist, habe ich es mir über mehrere Wochen in Stückchen eingeteilt und mir meinen eigenen Wiederholungskurs aufgebaut. Ich fühle mich sicherer und bin bereit, jetzt mehr zu sprechen. Die Aufgabe muss ich mir nun selbst geben, Anlässe und Gelegenheiten schaffen. Es kann losgehen.

  14. Cover des Buches Unsere unbekannte Familie (ISBN: 9783458364283)
    Jürgen Teipel

    Unsere unbekannte Familie

     (12)
    Aktuelle Rezension von: Greedyreader

    In seinem Buch “Unsere unbekannte Familie“ lässt Jürgen Teipel eine Vielzahl von Erzählern zu Wort kommen, die alle eine ganz besondere Beziehung zu einem Tier hatten. Viele der Geschichten sind herzerwärmend, andere erschreckend, auch wenn man seit langem weiß, wie grausam Massentierhaltung oder allgemein die Ausbeutung von Nutztieren ist. Jeder, der länger mit einem geliebten Tier zusammenlebt, weiß es längst: Tiere denken und fühlen und verstehen mehr, als wir zunächst glauben. Wer sich als Leser für dieses Buch interessiert, hat eigentlich schon eine spezielle Beziehung zu Tieren, sonst würde er oder sie gar nicht danach greifen. Spätestens nach der Lektüre fragt man sich dann: “Wie gehen wir mit unseren Mitgeschöpfen um?“ Die Lektüre dieser Erzählungen kann uns verändern - genauso, wie es das Zusammenleben von Mensch und Tier tut. Die Erkenntnis, dass der Mensch sich auf sein Menschsein nicht allzu viel einbilden sollte, ist dann überfällig. Ich wünsche mir, dass dieses Buch bei vielen Menschen zu positiven Verhaltensänderungen führt.

  15. Cover des Buches Rom (ISBN: 9783608961942)
    Greg Woolf

    Rom

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Fabelhafte_Buecherwelt

    Obwohl ich über das Römische Reich schon einiges wusste, habe ich in diesem tollen und spannenden Buch auch Neues erfahren. Vor allem Zusammenhänge der unterschiedlichen Ereignisse werden sehr gut und detailliert dargestellt.

    Der flüssige und einfache Schreibstiel ermöglicht es sich der Geschichte voll und ganz zu widmen. Der Autor schafft es, die lange und nicht immer leichte Geschichte Roms anschaulich und übersichtlich zu schildern und mit seiner packenden Erzählkunst die Leser zu begeistern. Nur stellenweise wurde der Autor meiner Meinung nach etwas zu ausschweifend.

    Besonders toll finde ich die schnelle Übersicht am Beginn des Buches, die immer wieder kehrenden Zeittafeln zum schnellen Überblick und die Abbildungen am Ende des Buches.

    Leider hat sich auch in diesem Buch, wie bei anderen auch, immer wieder der Fehlerteufel eingeschlichen. Trotzdem haben diese Fehler mein Lesevergnügen nicht wirklich gestört und ich konnte einige interessante und spannende Stunden mit dem EBook genießen.

    Ich bedanke mich bei NetGalley für die Bereitstellung des Buches.


  16. Cover des Buches Gastrologik (ISBN: 9783406720369)
    Charles Spence

    Gastrologik

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Bibliomania

    Charles Spence entführt den Leser in die Welt der Gastrologik, oder Gastrophysik, wie es korrekterweise heißt. Gastrophysik ist eine Verschmelzung von Gastronomie und Psychophysik, in der es um die wissenschaftliche Untersuchung der Wahrnehmung geht.

    In dem vorliegenden witzigen und hochinteressanten Buch geht Spence nicht nur auf unsere unterschiedlichen Sinne ein und wie sie sich beim Thema Essen und Lebensmittel äußern, es geht auch darum, wie Farben, Licht oder Musik Einfluss auf den Geschmack von Essen nehmen können.

    Ich habe nicht gewusst, dass ein Dessert auf einem weißen Teller süßer schmeckt als auf einem schwarzen. Auch die Namensbezeichnung eines Essens hat mehr Einfluss als gedacht. Ein „leckeres Speiseeis“ weckt ganz andere Erwartungen als die Bezeichnung „Food 386“ (beide Male geht es um Krabbeneis). Und wer hört nicht gerne das Rascheln der Chipstüte vor dem Hineingreifen? Das Knacken von Magnum Eisschokolade, auf das die Werbemacher viel mehr Gewicht gelegt haben, als man meinen möchte.

    Der Experimentalpsychologe interessiert sich auch für den Aspekt, was Gesellschaft beim Essen ausmacht und warum die meisten Menschen im Flugzeug Tomatensaft bestellen. Erstaunlich geht es in Spitzenrestaurants zu, wenn sie personalisierte Erlebnisse anbieten wollen. Das Übertrumpfen diverser Spitzenköche erinnert an ein Computerspiel, bei dem jeder die Nase vorn haben möchte. Dabei reiht sich auch das digitale Essen ein, was mir eher abwegig erscheint. Wer möchte schon allein vor dem Bildschirm sitzen und essen, während ihm andere dabei zusehen?

    Wunderbar locker erzählt Spence alles mögliche aus dem Bereich der Gastronomie. Tops und Flops. Was wirklich Einfluss auf den Geschmack nimmt und was eher weniger relevant ist. Mir persönlich erscheint es nur logisch, dass ich automatisch zu einem französischen Wein greife, wenn ich in der Weinabteilung mit französischen Chansons bedudelt werde. Warum ist das schlimm? Der Mensch ist eben beeinflussbar, sonst würde ja auch die Werbung nicht funktionieren.

    Ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt. Ein wenig schade ist es, dass die wirklich großartigen Events nur in Spitzenrestaurants stattfinden (können). Mir fehlt es da leider am nötigen Kleingeld, aber wer weiß? Vielleicht behält Spence recht und wir werden in nicht allzu ferner Zukunft auch in „normalen“ Restaurants denkwürdige Mahle verzehren – ich freue mich drauf.

  17. Cover des Buches Unsere Vögel (ISBN: 9783548377698)
    Peter Berthold

    Unsere Vögel

     (3)
    Aktuelle Rezension von: pinkdinoprincess

    Dieses Buch habe ich ursprünglich als Geschenk für meinen Vater (einen Hobby-Ornithologen) gekauft. Ihm hat es überaus gut gefallen und so habe ich es jetzt auch gelesen.

    Zuallererst muss ich sagen, dass der Schreibstil betont einfach erscheint. Das gefällt mir persönlich nicht so gut, ist aber wahrscheinlich zielführend, um eine möglichst große Masse an Lesern zu erreichen.

    Der Aufbau des Buches sowie die Reihenfolge der Kapitel ist logisch und steigert sich vom Allgemeinen zum Speziellen.

    Es werden einige Anregungen gegeben, um auch im Privaten und als Einzelperson zum Erhalt der Biodiversität (und somit der Artenvielfalt) beizutragen. 

    Unpassend empfand ich an manchen Stellen Kommentare zur Flüchtlingspolitik, deren Sinn mir in diesem Zusammenhang rätselhaft erscheint.

    Alles in allem ein empfehlenswertes Buch zum Einstieg in die Thematik Hobby-Ornithologie und Artenschutz.

  18. Cover des Buches Nikolaus I. von Rußland (ISBN: 9783766705648)
    W. B. Lincoln

    Nikolaus I. von Rußland

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Bellis-Perennis
    Diese Biografie „Nikolaus I. von Russland (1796-1855)“ aus der Feder von W. Bruce Lincoln ist eine sehr sachliche Auseinandersetzung mit einem Herrscher, der erst quasi im zweiten Anlauf Zar geworden ist.

    Als Nikolaus Bruder, Zar Alexander I. plötzlich stirbt, ist eigentlich Konstantin der nächste in der Thronfolge. Doch der hat schon 1823 die Zarenwürde verweigert, was aber geheim gehalten wurde. So kommt Nikolaus zum Zug. Sein Amtsantritt wird durch den sogenannten Dekabristenaufstand überschattet, bei dem einige Regimenter, in Unkenntnis von Konstantins Thronverzicht, den Eid verweigern. Um seine Macht gleich zu Beginn zu festigen, greift Nikolaus hart durch.

    In fünf Kapiteln, die noch weiter unterteilt sind, wird die Herrschaft des Zaren beleuchtet, der leider einige gravierende Fehlentscheidungen getroffen hat. Seine Nachfolger werden hier einiges auszubügeln haben.

    • Prolog
    • Die Genese
    • Der Absolutismus triumphiert
    • Der Angriff beginnt
    • Entwirrung

    Nikolaus ist, wie Alexander vor ihm, ein Produkt seiner (militärischen) Erziehung. Umgeben von Menschen, die häufig nur ihre eigenen Taschen und ihre eigene Machtfülle mehren wollen, ist er öfters schlecht beraten. Anstatt die Günstlinge seines Vorgängers zu entfernen, schafft er ähnliche Strukturen und bläht den Staatsapparat auf.

    Im Abschnitt „das Nikolaus-System“ entsteht, wird geschildert, dass der Zar einige Reformen versucht. Mit dem Verständnis „In Russland verkörpert der Zar das Recht“ (S.108) bemüht er sich, die gerichtliche Macht der russischen Adeligen zu brechen. Hier geht er zu zögerlich ans Werk und die Autorität der Aristokratie bleibt bestehen.

    Im Kapitel „Nikolas und Russlands Intellektuelle“ erfahren wir, wie stark der Zar an der Schraube der Zensur dreht. Selbst einem Zensor gehen die, eher formlos und sehr allgemein gehaltenen, Restriktionen (fast) zu weit:
    „sogar das Vater Unser [könnte] als Rede eines Jakobiner ausgelegt werden.“ (S.311). 

    Allerdings muss man dem Zaren zu Gute halten, dass er zu Beginn der, als Schischkows-Status“ bekannten Beschränkungen, eher das Wohl seiner Untertanen als eine Schikane derselben im Auge hatte. Dafür spricht, dass sich Dichter und Literaten wie Alexander Puschkin, Nikolaj Gogol oder Ivan Turgenenw entwickeln konnten.

    Die Revolutionen von 1830 und später jene von 1848 in Europa haben großen Einfluss auf Nikolaus‘ Innen- und Außenpolitik.

    1848 wird zum „annus horribils“ für Nikolaus. Einige seiner engsten Weggefährten verlassen die Welt für immer, die Cholera wütet, Missernten und Hungersnöte lassen das Gespenst der Revolution auch in Russland erwachen.

    Besonders fatal hat sich Nikolaus‘ Furcht, die Jugend könnte bei einem Auslandsaufenthalt aufrührerische Idee mitbringen, ausgewirkt. Es ist der jungen Elite mehr oder weniger untersagt, im Ausland Ausbildungen zu absolvieren. Russland ist in seiner Industrialisierung weit zurückgeblieben, was sich nun im Krimi-Krieg (1853-1855) offenbart. Nikolaus hat zwar die größte Armee, die aber schlecht ausgerüstet ist.

    Der Autor beschreibt Nikolaus als unermüdlichen Arbeiter, der bis zur totalen Erschöpfung, selbst auf dem Totenbett noch Briefe diktiert.

    Fazit:

    Eine gediegene Biografie eines Herrschers, der mit der Auswahl seiner Berater nicht immer ein glückliches Händchen hatte. Gerne gebe ich 5 Sterne.
  19. Cover des Buches Beim Sterben geht es um mehr als den Tod: Inspirationen aus der Weisheit des Buddhismus (ISBN: 9783958832954)
  20. Cover des Buches Unglück auf Rezept (ISBN: 9783608980608)
    Peter Ansari

    Unglück auf Rezept

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Vielhaber_Juergen
    Zwei Tabus, die das Autorenpaar Ansari hier angeht.
    Wider besseren Wissen sind Depressionen -obwohl "Volkskrankheit"- ein Nischenthema,das nur herbvorgeholt wird, wenn Prominente daran leiden oder auch sterben.
    Meist meide ich Bücher, die schon im Untertitel mit dem Wort Lüge aufwarten.Hier überzeugen die Autoren mit deprimierend realen Fakten.
    Welche Macht die Pharmaindustrie wird hier sehr anschaulich und journalistisch integer beschrieben.
    Selbst auf verschiedenste Art dem Thema nah, brauchte ich schon zwei Anläufe.
    Dann zog mich das Buch wie ein Krimi in seinen Bann...leider ist es tragische Realität...
    Dieses Buch sollte in keinem von Depression betroffenem Haushalt fehlen.
  21. Cover des Buches Die kreative Macht der Maschinen (ISBN: 9783407865090)
  22. Cover des Buches Die Schatten des Imperiums (ISBN: 9783406731624)
    Martin Aust

    Die Schatten des Imperiums

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Wedma

    Dieses Buch stellt nichts anderes dar als plutokratengefälliges Gewäsch der anti-russischen Propaganda mit all den gewohnten Zutaten: Heraufbeschwörung des Feindbildes, Putin-Dämonisierung usw., die man schon aus den „Qualitätsmedien“ kennt.

    Solche Werke ähneln schon sehr den Wölfen im Schafspelz: Unter dem Mäntelchen der Aufklärung ziehen sie zu Felde, um Feindbilder in den Köpfen der Leser zu festigen, die als unbedarft, wenig informiert, leicht zu täuschen antizipiert wurden, um weitere Irreleitung zu betreiben.

     „Kenner“ wie Aust, die lakaienhaftes Selbstverständnis ggü. der Machteliten verinnerlicht haben und entsprechendes Verhalten an den Tag legen, missbrauchen ihr Wissen der russischen Geschichte, um den Lesern die Märchen vom „bösen Russland“ zu erzählen. Solche Volkspädagogen (Ulfkotte) ähneln schon sehr den „Helden“, die für paar Groschen aus dem Geldhahn der Mächtigen das Land verunglimpfen, das sie und in dem sie so lange studiert haben.

    Als ob es nicht genug wäre, geht Aust noch weiter und verunglimpft die Autoren, die wirklich was von Russland verstehen, z.B. belegt der werte Autor Prof. Gabriele Krone-Schmalz und ihre Bücher mit haltlosen Anschuldigungen. „Russland verstehen“ und „Eiszeit“ habe ich aufmerksam gelesen. Diese Werke würde ich jedem ans Herz legen. Prof. Krone-Schmalz versteht jede Menge von Russland, im Gegensatz zu Aust.

      Die Position des Autors ist wie die, die man aus den Leit-/ „Qualitätsmedien“ kennt: Wir sind die Guten. Er betreibt auch auf ähnliche Art die Irreleitung der Leser. In die Destabilisierung der Ukraine sind Unsummen an US Steuergeldern geflossen. Keine Rede davon hier. Auch kein Wort von Brzezinski und seinem wohlbekannten Buch „Die einzige Weltmacht“, in dem er genau dieses Szenario, „die Ukraine als Dreh- und Angelpunkt aus dem Einflussgebiet Russlands herauszubrechen“, bereits im Jahr 1997 ausführlich beschrieben hatte. Stattdessen gibt es hohles Geschwafel von Demokratieprozessen und ähnliches dummes Zeug, das man schon genug von den leitmedialen Kriegstreibern kennt (mehr dazu schreibt u.a. Jürgen Todenhöfer in „Die grosse Heuchelei“).

     Das ganze Buch von Aust ist Heuchelei in Perfektion. Auf informativer Ebene: Absolut nichts Neues. Was er zum Schluss unter „Russlands Zukunft“ auftischt, ist geradezu lächerlich. Das liegt auf der Hand, das kann man sich selbst denken, ohne dass man von so einem „Kenner“ hören muss.

     Fazit: Wer seine tägliche Dröhnung an Feindbildern und russophoben Äußerungen nötig hat, ist hier goldrichtig. Ansonsten gibt es wahrlich bessere Bücher zum Thema Russland.

     Lesen Sie z.B.: „Eiszeit“ von G. Krone-Schmalz, „Wir sind immer die Guten“ von Bröckers/Schreyer, „Illegale Kriege“ von D. Ganser, „Der Tiefe Staat schlägt zu“ Hg. U. Mies, „Der Krieg vor dem Krieg“ von U. Teusch, „Wenn man weiß, wo der Versand ist, hat der Tag Struktur“ von A. Unzicker uva. Da sind Ihre Kapazitäten wie Lesezeit& Co. deutlich besser angelegt.

     1 Stern fürs fleißige Lernen der russischen Geschichte plus 1 Stern für deren kurze Zusammenfassung, und 3 Sterne Abzug für deren Missbrauch zwecks Verklärung und unverhohlene anti-russische Propaganda zwecks Leserverdummung.

     

  23. Cover des Buches Anderland (ISBN: 9783548060088)
    Ingo Zamperoni

    Anderland

     (15)
    Aktuelle Rezension von: ban-aislingeach

    Das Sachbuch „Anderland – die USA unter Trump – ein Schadensbericht“ wurde von Ingo Zamperoni geschrieben. Das Buch ist am 11.05.2018 im Ullstein Buchverlag erschienen und umfasst 208 Seiten.

     

    Mir ist immer sehr wichtig, dass die Leute auch wissen worüber sie schreiben. Da Ingo Zamperoni einige Verbindungspunkte in die USA hat, mag ich seine Bücher über dieses große und für mich faszinierende Land sehr. Das Fulbright-Stipendium führte ihn nach Boston, wo er ein Auslandsstudium machte. Übrigens er hat Amerikanistik, Geschichte und Jura studiert. Nach seinem Master blieb er in den USA, wo er als Inlandskorrespondent für die ARD arbeitete. Von 2014 arbeitete er zwei Jahre lang als ARD-Auslandskorrespondent in den USA. Inzwischen lebt er mit seiner amerikanischen Frau und den Kindern in Hamburg. Was ich auch sehr interessant finde ist die Tatsache, dass seine Frau Hillary Clinton ihre Stimme gab und sein Schwiegervater Donald J. Trump.

     

    Wie ich es von ihm gewohnt bin, war auch dieses Buch in einem sehr angenehmen Schreibstil geschrieben, welcher sich flüssig lesen ließ. Es fängt mit einem Erklärungsversuch an wie es überhaupt passieren konnte, dass Trump die Wahlen gewann. Ich fand sehr gut, dass er gezeigt hat, dass Hillary Clinton Fehler machte und dass die Demokraten sich selber ins Fleisch geschnitten haben und das diese teilweise selber Schuld an dem Präsidenten sind. Dann führte Ingo Zamperoni uns zur Mauer, wo es nicht nur um die Flüchtlinge und die Kojoten ging, sondern auch was die Leute denken. Was ich da gelesen habe, ging mir unter die Haut und dennoch konnte ich die verschiedenen Meinungen nachvollziehen, vielleicht auch deswegen, weil ich mit Freunden schon lange darüber diskutiere. Es ging auch um die Dreamer und die illegalen Flüchtlinge und ich hoffe, dass Trump dieselbe Entscheidung treffen wird wie Ronald Reagan es einst tat. Was mir sehr gefallen hat war, dass es auch um American Football und die Flagge ging, jetzt habe ich zumindest das Dilemma um den Kniefall besser verstanden. Die Mauer soll ja nicht nur Flüchtlinge abhalten, deshalb ging es auch um Drogen und das Thema ist wirklich schockierend, besonders wie die Leute in die Drogenabhängigkeit rutschen, hat mich schockiert. Im Buch geht es auch um die Arbeit von Journalisten unter Trump und wie die Leute reagieren, wie das Land sich spaltet und wie schwer es sein wird unter einem anderen Präsidenten das Land wieder zu vereinen. Was ich auch noch sehr gut fand, war die Tatsache, dass Ingo Zamperoni auch darüber schrieb was für Erfolge Trump bisher einheimste und das sind erschreckenderweise mehr als ich dachte.

     

    Ich empfehle das Buch sehr gerne weiter, da ich es sehr interessant fand und verschiedene Themen behandelt wurden, was mir immer gefällt. Denn die USA sind nicht Trump und im Buch wird übrigens auch nochmal das Wahlergebnis erklärt.

  24. Cover des Buches Inside Duisburg-Marxloh (ISBN: 9783280056349)
    Franz Voll

    Inside Duisburg-Marxloh

     (2)
    Aktuelle Rezension von: parden
    NO-GO-AREA?

    Eine Stadt verkommt, ein Stadtteil kippt, wer kann, haut ab. Vermüllte Häuser, verängstigte Bewohner, kriminelle Elemente. Wird Duisburg-Marxloh zu Deutschlands erster No-go-Area? Das Detroit Deutschlands? Oder kann der Problembezirk im Ruhrgebiet für andere Städte mit ähnlichen Problemen Lösungen aufzeigen? Und vor allem: Was kann man tun?

    Franz Voll vom »Team Wallraff« war monatelang in Marxloh unterwegs. Er hat mit langjährigen Einwohnern und neuen Zuwanderern gesprochen, hat Prominente, Politiker und Polizisten interviewt. Sein Fazit: Von Marxloh lernen heißt anderswo die gleichen Fehler zu vermeiden. Dieses Buch ist das Porträt eines besonderen Stadtteils und seiner Menschen - investigativer Journalismus, professionell recherchiert, mit schockierenden Wahrheiten und verblüffenden Einsichten.

    Als ich auf dieses Buch stieß, wollte ich es sofort lesen. Nein, nicht weil ich in diesem Duisburger Stadtteil lebe, aber weil ich beruflich mit zahlreichen Menschen aus Marxloh in Kontakt komme und auch immer wieder dort vor Ort bin. Dort leben meist Menschen mit geringem Einkommen, oftmals Hartz-IV-Empfänger, dazu noch überdurchschnittlich viele Menschen mit Mirgrationshintergrund. Seit einiger Zeit berichten diese Menschen aber von einer deutlichen Verschlechterung der Lebensumstände. Viele Zuwanderer, Bulgaren und Rumänen, würden das Stadtbild verschlechtern, viele Spielplätze seien gar nicht mehr nutzbar, und alles würde abwärts gehen. Da interessierte mich dieses Buch eben sehr, um zu erfahren, wie viel ist eigentlich dran an den Berichten einzelner Einwohner oder auch an den schlagzeilenträchtigen Medienberichten?

    Sehr erstaunt hat mich zunächst, dass Marxloh nicht immer das Problemviertel von Duisburg war, sondern ganz im Gegenteil, einmal eines der reichsten Stadtteile. Wer früher eine der begehrten Wohnungen in Marxloh bekam, hatte es geschafft - der war wer! Spaßeshalber habe ich mal geforscht, was Eigentumswohnungen in Marxloh heute so kosten - und nicht schlecht gestaunt. Unzählige Zwangsversteigerungen und auch sonst nur ein Bruchteil dessen, was vergleichbare Wohnungen in bevorzugten Wohnlagen kosten. Traurig. Doch so sieht es nun einmal heute aus in Marxloh:


    "Die Menschen in diesem Stadtteil sind zu 65 Prozent Migranten. In den Schulen werden Klassen gebildet, die bis zu 85 Prozent aus Migranten bestehen, die aus 40 Nationen kommen. Manche sprechen beim Eintritt ins Gymnasium kein einziges Wort Deutsch."



    Marxloh ist ein Armutsbezirk mit einer hohen Arbeitslosenzahl und mit vielen daraus entstehenden sozialen Problemen: 16 Prozent Arbeistlosigkeit, 19000 Einwohner, 64 Prozent davon mit ausländischen Wurzeln. Überall fehlt es an Geld, so dass Marxloh zusehends verfällt. Nicht alle Hauseigentümer kümmern sich ausreichend um ihren Besitz, aber vor allem die Stadt selbst hat kein Geld mehr - Schwimmbäder, Straßen, Schulen, Kindergärten, alles kommt zum Stillstand, und Stillstand bedeutet Verfall. Trotzdem sind sich die Befragten einig: Marxloh ist keine No-Go-Area. Und Franz Voll hat mit vielen Bewohnern gesprochen. Besonders wichtig waren ihm dabei die jungen Menschen, die doch eine Perspektive brauchen. Aber auch mit Hartz-IV-Empfängern, mit Drogendealern, Prostituierten, Schwarzarbeitern und Rumänen - und mit Politikern, Polizeibeamten, Feuerwehrleuten, Lehrern. Sechs Monate hat der Autor sich Zeit genommen, um diesen Stadtteil und seine Menschen näher kennenzulernen und um letztlich ein möglichst umfassendes Bild von Marxloh zu präsentieren.

    Marxloh hat eine lange Tradition als Einwanderungsgebiet. Die Stahlwerke und die Kohlengruben zogen immer schon Arbeiter aus anderen Ländern an, teilweise gezielt angeworben von den Werken. Zunächst nur als Lösung auf Zeit gedacht, blieben doch viele der Arbeiter und gründeten Familien, so dass heute Menschen bereits in  2. und 3. Generation dort leben, teilweise auch mit deutschem Pass. Dadurch gab es ausreichend Zeit, sich aneinander zu gewöhnen, was auch gut funktioniert hat. Selbst der Bau der Moschee in Marxloh stellte so kein wirkliches Problem dar. Was für große Unruhe sorgte, war dann tatsächlich der große Zuzug von EU-Bürgern, Rumänen und Bulgaren, die widersinnigerweise als EU-Bürger keinen Anspruch auf einen Sprachkurs oder Integrationskurs haben - die Plätze werden von den zahllosen Flüchtlingen aus anderen Ländern belegt, die in den vergangenen Jahren noch zusätzlich dazu kamen. Von EU-Bürgern müsste der Sprachkurs selbst gezahlt werden, was die Motivation nicht sonderlich erhöht und die Integration noch zusätzlich erschwert.

    Doch was ist Integration eigentlich? Auch dieser Frage geht Franz Voll nach und stellt erstaunt fest: alle reden davon, aber eigentlich weiß keiner genau, was das sein soll. Jeder hat sein eigenes Bild und persönliche Erwartungshaltungen, so dass es schwierig ist, da auf einen Nenner zu kommen. Kopftuch weg und Deutsch lernen? Moschee abreißen und alle ab zum Fußball? Und wer bewertet eine gelungene Integration?


    "Wie soll sich ein Zugewanderter integrieren? Und ab welchem Zeitpunkt gelten Zuwanderer als integriert? Sind sie integriert, wenn sie die Sprache des Landes sprechen? Oder müssen sie noch in einem Kegelverein oder in einem Sportverein tätig sein? Reicht die Funktion des Kassenwarts aus oder wird mehr Engagement verlangt?"


    Vielleicht kommt die Aussage einer Befragten der Sache am nächsten, die kein Problem damit hat, dass fremde Menschen um sie herum leben, dass diese sich aber benehmen sollen. Wenn man Gast ist, soll man sich auch so benehmen. Der Gastgeber hat Pflichten, aber der Gast eben auch.

    Franz Voll hat ein buntes Bild von Marxloh gezeichnet, das manche der Vorurteile durchaus bestätigt, das aber auch die anderen Seiten des Stadtteils zeigt. Die seit einiger Zeit zur Verfügung gestellte zusätzliche Hundertschaft reguliert die deutlichen Nachteile der Sparmaßnahmen bei der Polizei in den vergangenen Jahren, so dass Konflikte meist rasch geregelt werden können. Aber die Aussage eines Befragten macht auch nachdenklich:


    "Über die Ansammlung vieler Migranten muss man sich eigentlich nicht wundern; auch ich geh dahin, wo ich mich am wohlsten fühle und am schnellsten zurechtkomme. Lässt die Kommune diese Ansammlung zu und ergreift keine frühzeitigen Maßnahmen, um Probleme wie Kriminalität oder Bandenkriege zu verhindern,darf sie sich nicht darüber beschweren, hilflos und überfordert zu sein. Der Drops ist gelutscht."


    Probleme gibt es durchaus, das ist durch Franz Volls Bericht deutlich geworden. Aber die Art der üblichen Medienberichterstattung ist oftmals vollkommen überzogen - und vielfacht waren die Reporter gar nicht vor Ort, sondern haben abgeschrieben, was andere behauptet haben.

    Die Zuwanderer aus Osteuropa bereiten allerdings wirklich Schwierigkeiten. Das liegt zum einen an den anderen Lebensgewohnheiten - sobald das Wetter es zulässt, findet das Leben draußen statt, in großen Gruppen bis zu 150 Leuten, Grillen und spielende Kinder bis nach Mitternacht sind da kein ungewohntes Bild. Dass sich da Anwohner gestört fühlen, liegt auf der Hand, und dass da ein Einsatzwagen der Polizei nicht ausreicht, ebenso. Zum anderen liegt es daran, dass nicht, wie von der Politik gemutmaßt (oder schöngeredet) wurde, vorrangig die gebildeten Menschen nach Deutschland kommen, sondern vielfach die Roma, die in Rumänien zu den Geächteten und den Rechtlosen zählen. Dumm wären sie, wenn sie nicht kämen. Sie bekommen als EU-Bürger zwar keine Hartz-IV-Unterstützung, wohl aber Kindergeld - und bei durchschnittlich sechs Kindern ist das kein Betrag, der nicht ins Gewicht fällt. Doch mit den Problemen müssen jetzt nicht die Politiker fertig werden, die diese Entscheidung getroffen haben, sondern die Bevölkerung vor Ort. Und das schafft Unmut.

    Müll, Dreck, Verwahrlosung - zwei Straßen in Marxloh scheinen fest in der Hand dieser Zuwanderer zu sein. Hier entstand der Begriff der No-Go-Area, im Sinne eines rechtsfreien Bezirks mit erhöhter Gewalttätigkeit. Ich muss gestehen, als ich dem Interview mit einem anonymisierten rumänischen Roma folgte, stieg bei mir der Blutdruck deutlich. Eine Geburtsurkunde für ein 'zusätzliches' Kind zu beschaffen, stellt wohl kein Problem dar - und schon erhöht sich das Einkommen durch das gezahlte Kindergeld noch einmal. Schwarzarbeit ist ebenso selbstverständlich, und man klaut dort zwar nicht selbst, gibt aber entsprechende Tipps weiter an zahlende Interessenten. Für die eigenen Kinder kauft man aber kein Spielzeug, denn die können in die Läden mit den vollgefüllten Regalen gehen und sich das 'nehmen', was sie wollen. Klauen sei das nicht. Dazu kommen noch etwa 40 bis 60 Mitglieder des ehemaligen gefürchteten rumänischen Geheimdienstes Securitate in Duisburg und Umgebung, die die Strippen ziehen - organisierte Einbrüche, Drogenhandel, Prostitution. Ich muss gestehen: ein sicheres Gefühl schafft das nicht.

    Nach der Lektüre habe ich das Gefühl, mir nun ein umfassenderes und vielseitigeres Bild von Duisburg Marxloh machen zu können und die Berichte der Einwohner besser einordnen zu können, die immer wieder an mich herangetragen werden. Doch bei allem Optimismus, den manche Aussagen in diesem Buch zu verbreiten suchten, bleibt bei mir das Bild der Problematik mit den Roma haften, die sich zudem noch stets in riesigen Familiensippen ansiedeln. Wenn man Gast ist, soll man sich auch so benehmen? Wenn das der Maßstab für Integration ist, ist diese Gruppe der Zugezogenen jedenfalls noch weit davon entfernt.

    Insgesamt jedenfalls eine durchaus interessante Lektüre...


    © Parden

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