Bücher mit dem Tag "fernhandel"
6 Bücher
- Tanja Kinkel
Die Puppenspieler: Roman
(444)Aktuelle Rezension von: Moritz_HoffmannSüddeutschland, 1484: Richard ist zwölf, als er aufgrund einer erlogenen Hexerei-Anklage seine Mutter an die Inquisition verliert. Ihre Hinrichtung traumatisiert den Jungen für immer, öffnet ihm aber auch auf eine groteske Weise das Tor zu einer nie geahnten Welt: Seine junge Tante Sybille Artzt nimmt ihn in ihrem Haushalt auf - und in dem ihres Ehemannes, des Kaufmannes und kaiserlichen Bankiers Jakob Fugger.
An Jakobs Seite wird Richard zum Kaufmann und Spion ausgebildet - eine Tätigkeit, die ihn nach Florenz führt, in das Zentrum der Kultur der Renaissance, wo er zu Jakobs Informanten wird, und schließlich in das Rom des Jahres 1492, wo die Familien der Borgia, Della Rovere, Sforza, Colonna und Orsini um den Papsttrohn ringen.
Im Zentrum der Macht angelangt, beschließt Richard, sich zu rächen an jenen Kirchenmännern, die seine Mutter getötet haben. Doch auf ihn lauern mehr Feinde als geahnt - und die Tatsache, dass seine Geliebte eine übersinnlich veranlagte Zigeunerin ist, macht ihn umso verwundbarer ...
Dieses Buch ist sicher kein stümperhaftes Actionwerk. Kein rohes Schlachtenabenteuer. Dafür ist es ein subtiles Panorama des späten 15. Jahrhunderts in der Zeit von 1484 bis 1493, das angenehm langsam Spannung aufbaut und extrem gut eine Atmossphäre der Zeit erschafft, wie ich es sonst nur aus Gablé-Romanen kenne. Und mit Gablé kann sich Tanja Kinkel durchaus messen. Solange es noch solche Autoren gibt, bin ich auf die Bernard Cornwells und Iny Lorentz's dieser Welt nicht angewiesen, um unterhaltsame Bücher zu finden.
Ein historischer Roman, der mich als Leser weder mit massenweise Infos, noch mit schwülstigen Liebesschwüren und zum Glück auch nicht mit Schlachtengedröhne erschlägt, sondern Zeit lässt, in das Buch herein zu finden.
Absolut zu empfehlen!
- Silvia Stolzenburg
Die Salbenmacherin
(50)Aktuelle Rezension von: Daniela_WeigelDie sechzehnjährige Oliviera hat sich unsterblich in Laurenz verliebt. Er ist ein Handelspartner ihres Vaters. Ihre Yiayia versucht sie davon abzuhalten, bedeutet es doch, dass Oliviera ihre Heimat Konstantinopel verlassen muss, um mit ihrem Gemahl nach Tübingen zu reisen. Die verliebte Oliviera kann nicht anders, mit einer List gelingt es ihr, ihren Vater dazu zu bringen, sie mit ihm zu verheiraten. Schon auf der Reise beginnt Laurenz, sich zu verändern. In Tübingen angekommen, lässt das Hochgefühl schnell nach. Die Tübinger tuscheln hinter ihrem Rücken und schon bald schlägt ihr offener Hass entgegen. Laurenz ist ihr keine Hilfe, er wird ihr immer fremder und vernachlässigt sie.
Bei ihrem Wunsch Salben und Arzneien herzustellen, wie sie es von ihrer Großmutter gelernt hat, findet sie Unterstützung bei Götz, ihrem Schwager. Die beiden Brüder verstehen sich nicht besonders gut. Als ihr einziger Verbündeter wird ihr Götz immer wichtiger. Als sie das dunkle Geheimnis von Laurenz herausfindet, gerät ihre Welt ins Wanken.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Oliviera und Laurenz geschildert, so kann man tief in die Seele der beiden schauen, ist sehr nahe an den Charakteren dran und kann die Gefühle sehr gut nachvollziehen. Es gibt noch einen weiteren Erzählstrang, der Charakter ist düster und erschreckend und mich hat es oft gegruselt.
Silvia Stolzenburg schreibt sehr bildlich und wortgewaltig, sie hat hier eine Spannung aufgebaut, die mich oft mit schnell klopfendem Herzen hat weiterlesen lassen. Diese Geschichte vereint Historie und Krimi. Interessant war für mich die Heilkunde, das fand ich sehr spannend. Ich freue mich auf die weiteren Teile, denn ich muss unbedingt erfahren, wie es mit Oliviera weitergeht.
Von mir gibt es 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung
- Johannes K. Soyener
Teeclipper
(9)Aktuelle Rezension von: spottdrosselDie Geschichte begleitet einen schottischen Clanchef und seine 3 Söhne 37 Jahre lang. Ihr Clan lebt von schwarzgebranntem Whisky, weil das Land nichts anderes hergibt. Der ansässige Herzog läßt die Highländer mit Gewalt vertreiben, um Platz für seine riesigen Schafherden zu schaffen, die mehr Profit versprechen als die Pächter. Sie fliehen nach England, der jüngste Bruder heuert auf einem Schmugglerschiff an, ihn verlieren sie jahrelang aus den Augen. Morgan, der mittlere Bruder, fährt als Offizier auf Englands schnellstem Zollschiff, die von ihm gewonnenen Informationen über geplante Einsätze verkauft der älteste Bruder an die Schmuggler. Den Gewinn vermehrt der Vater an der Börse. Die Zollbehörde wird mißtrauisch und versetzt Morgan auf ein Schiff, das vor Afrika den Sklavenhandel unterbinden soll. Auf einem erbeuteten Sklavenschiff trifft er seinen jüngsten Bruder Angus wieder und verhilft ihm zur Flucht nach Amerika. Zu dieser Zeit werden die Segelschiffe immer weiter verbessert, zurück aus Afrika, entdeckt Morgan ein vielversprechendes Schiff im Hafen, das die Familie kauft, um es im Opiumschmuggel nach China einzusetzen. In Amerika arbeitet der jüngste Bruder in einer Werft an neuen Schiffsentwürfen. Die Werften wetteifern darum, wessen Konstruktion am schnellsten um Kap Hoorn segelt, da eine zu lange Seereise den Tee verschimmeln läßt. Nach 10 Jahren besucht der jüngste Bruder die Familie in England, sie beschließen, sich vermehrt im Teehandel und im Schiffsbau zu engagieren. Inzwischen ist aus dem Wettstreit der Werften ein Rennen darum geworden, welches Schiff als erstes mit der neuen Tee-Ernte in London anlegt. Dieses Rennen ist der spannendste Teil der Geschichte, die Brüder sind mit 3 Schiffen daran beteiligt und sowohl die Stimmung auf den Schiffen als auch die Ursachen, die zu Vor- und Nachteilen im Rennen führen, sind gut dargestellt. Wirklich zäh ist der erste Abschnitt, zumal für den Verlauf des Romans die Debatten der Herren im Club nicht wirklich ausschlaggebend sind. Echter Schwachpunkt ist das Zuviel an Segelfachbegriffen, man versteht teilweise 5 Zeilen nur "Bahnhof", statt Landkarten und einer Personenliste wäre ein Glossar für den Seglerlatein und die gälischen Ausdrücke sinnvoll gewesen. Am besten liest man das Buch an einem Novemberwochenende mit scheußlichem Wetter und einem guten Whisky in Reichweite - auf den bekommt man nämlich dauernd Appetit gemacht. - Katja Gloger
Fremde Freunde
(1)Aktuelle Rezension von: M.Lehmann-Pape
Zu kaum einer anderen Nation, einem anderen Land (außer vielleicht zum direkten Nachbarn Frankreich), hat Deutschland eine solch wechselhafte Geschichte erlebt wie mit dem russischen Reich, der Sowjetunion und in der Gegenwart Russland.
In beiden Weltkriegen erbitterte Gegner, in Zeiten zuvor in Teilen enge Verbündete (soweit das ob der Entfernung und der völlig anderen gesellschaftlichen Prägung möglich war), aber auch im Rahmend es „Eisernen Vorhangs“ direkt benachbarte „Feinde“. Viel wechselhafte Geschichte spätestens seit Peter dem Großen und seiner strikten Ausrichtung „nach Westen“, was damals zunächst Deutschland hieß bis hin zu den Verfolgungen und der Drangsal deutschstämmiger und deutschsprechender Bevölkerungsgruppen nach dem zweiten Weltkrieg, die im Rahmen der sogenannten „Russlanddeutschen“ in großer Zahl seit den 1980er Jahren von Russland nach Deutschland umsiedelten und zuvor das Verhältnis beider Nationen von seiner schlechtesten Seite her (zumindest, was die russische Seite betrifft) erlebt haben.
Geschichtliche Momente bis hin zu der nicht eindeutigen und verscheiden bewerteten Lage in der Gegenwart, die Gloger in ruhigem Stil und sachlich orientiert aufnimmt und anhand derer sie dieses besondere Verhältnis detailliert beschreibt.
„In keinem anderen westlichen Land wird so leidenschaftlich um Russland und seine Zukunft gerungen, wie in Deutschland“. Und auf der anderen Seite ist es gar nicht so wundersam, dass Putin fließend deutsch spricht. Es ist ein besonderes Verhältnis zwischen diesen beiden Nationen, ohne Frage.
„Zwei Länder, zwei Völker, die seit tausenden von Jahren nicht voneinander lassen können“.
Vorurteile, Furcht, Hass bis aufs Blut, Bewunderung, Neid durchaus, Freundschaft und Kooperation andererseits, Ein Verhältnis der starken Polarisierungen, auch dies kann man zunächst festhalten, wie es Gloger vollzieht.
Eine kluge Entscheidung der Autorin ist es daher, mit jenem Ereignis und jener Person zu beginnen, die für den konstruktiven Teil der beiderseitigen Geschichte steht, vielleicht genau darum aber am Ende im eigenen Land scheitern musste. Gorbatschow und sein Versuch, die Welt friedlich zu ändern. Und auch das kann ein Ergebnis der Lektüre dieses wechselhaften Verhältnisses sein, wie oft die konstruktiven Möglichkeiten wenig genutzt wurden. Als würden die Menschen, die „Staatenlenker“ zu allen Zeiten eine friedliche Kooperation eher unschön finden.
Wobei der tiefe Blick in die Geschichte und die sorgsame Beschreibung der Ereignisse und, vor allem, der Folgen dieser Ereignisse für die innere Haltung einander gegenüber im Buch natürlich nicht zu kurz kommen.
Bis hin zur überzeugend argumentierten Sicht auf die Gegenwart, in der die Staatsleitung Russlands dieses als „postwestliche Avantgarde“ betrachtet und damit, mit vielfachen Spannungen und Gefahren verbunden, der Weg beider Nationen aktuell mehr und mehr auseinanderzudriften scheint.
Wobei der Grundton des Buches erkennbar dahin geht, sich gegen ein solches „Trennen“ vehement zu stellen und, gegen allen Augenschein zur Zeit, das Verbindende und Gemeinsame unbedingt suchen zu sollen. Denn an jenen Orten, an denen die Verbindung konstruktiv und eng wurde und war, folgten immer positive Momente. Nicht nur für die beiden Länder, sondern auch darüber hinaus. So steht die „Wende“ 1989 eben auch für ein stärker zusammenwachsendes Europa. Was gerne in den Wogen der darauffolgenden Haltungen und Ereignisse fast vergessen zu werden droht.
Und doch und dennoch gilt:
„Deutschland bleib sein (Putins) natürlicher Anknüpfungspunkt, sein…..“Tor in die Welt“. Wie es schon für Peter den Großen galt. Einerseits. Während andererseits er sich (und vielleicht die ganze „russische Seele“) am Anblick Merkels vor dem Hund weidete.
Eine interessante und fundiert recherchierte Lektüre, die in sehr verständlichem Ton die Eigenarten und die Geschichte eines besonderen „Staatenverhältnisses“ aufzeigt. - Lieselott Enders
Die Prignitz
(1)Aktuelle Rezension von: Jens65Unbeschadet ihrer Einbettung in das Geschick der Mark Brandenburg und Mitteleuropas ist die Geschichte der Prignitz reich an eigenständigen Zügen. Sie treten, aus einem dichten authentischen Quellenmaterial ermittelt, in individuellen und sozialen Handlungen und Verhaltensweisen aller Gruppierungen der Gesellschaft, im Facettenreichtum ländlicher und städtischer Lebenswelten zutage. Dabei stand der vergleichende Aspekt, der Blick auf historische Nachbarräume Pate. Auf über 1300 Seiten wird ein eindrucksvolles, sachverständiges und fesselndes Bild der regionalgeschichtlichen Geschichte der Prignitz gezeigt.