Bücher mit dem Tag "flucht und vertreibung"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "flucht und vertreibung" gekennzeichnet haben.

28 Bücher

  1. Cover des Buches Altenstein (ISBN: 9783499272516)
    Julie von Kessel

    Altenstein

     (47)
    Aktuelle Rezension von: rose7474

    Der Inhalt des Romans wurde hier bereits oft geschildert, so dass ich mich auf meine Meinung beschränke. 

    Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht so leicht, da ich mich erstmal an die vielen Zeitsprünge gewöhnen musste. Die Geschichte war spannend und der Schreibstil gefiel mir gut obwohl er etwas distanziert und nüchtern war. 

    Durch die vielen Zeitsprünge wurde der Lesefluss für mich etwas erschwert. Doch ich fand die Geschichte spannend und es konnte mich fesseln war aber nicht so leicht zu lesen. 

    Ich vergebe 4 Sterne und empfehle das Buch gerne weiter. 

  2. Cover des Buches Die Blechtrommel (ISBN: 9783958291300)
    Günter Grass

    Die Blechtrommel

     (556)
    Aktuelle Rezension von: Vani_Schneider

    Das Buch handelt von Oskar Mazerath, der bei seiner Geburt schon voll geistig entwickelt ist. An seinem dritten Geburtstag beschließt er nicht mehr zu wachsen. Man begleitet Oskar durch sein Leben und bekommt durch seine Augen den Aufstieg der Nationalsozialisten und den Zweiten Weltkrieg mit.

    Ich musste das Buch für die Uni lesen und bin nur sehr schwer in das Buch hineingekommen, weil es sehr anspruchsvoll ist. Das Buch zählt zur Gesellschaftskritischen Literatur und der Autor Günter Grass hat seine Kritik am Dritten Reich so kreativ und manchmal auch skurril in die Geschichte eingebettet, dass es manchmal sehr schwer herauszulesen.

    Trotz alledem fand ich das Buch sehr interessant und ich finde es ist ein gutes Werk. Nur leider eben nicht sehr einfach zum lesen, also auf jeden Fall nicht für Zwischendurch und sehr zeitintensiv. Aber wichtig!

  3. Cover des Buches Herbstzeilen (ISBN: 9783738081138)
    Anja Schenk

    Herbstzeilen

     (12)
    Aktuelle Rezension von: Ninasan86
    Zum Inhalt:

    Ein stürmischer Herbsttag und ein Brief aus dem fernen Nevada, der Elisabeths Gedanken zurück ins Jahr 1944 nach Berlin führt und längst vergessen geglaubte Wunden aufreißt.

    Eine kleine, melancholisch-nachdenkliche Geschichte über eine einsame Heldin.



    Über die Autorin:

    Anja Schenk wurde 1975 in der Nähe von Dresden geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in einem kleinen Ort im Tharandter Wald. Ihre Liebe zu Büchern entdeckte sie schon als Kind. Inspiriert durch ihre eigenen Kinder packte sie vor einigen Jahren die Begeisterung fürs Schreiben aufs Neue. Seitdem verfasst sie Geschichten für Kinder und veröffentlichte zwei von ihnen in den Jahren 2014/2015. Mittlerweile bringt sie neben Kindergeschichten auch Kurzgeschichten und Romane für größere Leser zu Papier.



    Mein Fazit und meine Rezension:

    Ich halte ein ziemlich kleines, aber auch feines Büchlein in der Hand. Das Cover ist liebevoll gestaltet und ja, ich weiß, was mich erwartet. In der Geschichte stoßen wir auf eine Frau an einem See. Sie sitzt unter einer alten Weide und liest einen Brief, den sie erhalten hat. Sie ist eine Heldin - steht in dem Brief. Doch als Heldin will sie sich so gar nicht fühlen. Nach und nach erfährt man, was sie zur Heldin gemacht hat, was sie getan hat und wessen Leben sie gerettet hat. Das Schicksal hat sie zur damaligen Zeit zur richtigen Zeit an den richtigen Ort geführt, um dort das Leben einer Frau und zweier Kinder zu retten, die dem Tod geweiht waren.

    Es ist der zweite Weltkrieg. Draußen ist es kalt und die Deutschen sind auf der Suche nach allen Juden, um sie zu deportieren. Einige haben sie schon gefasst, wenige haben es geschafft, einen Unterschlupf zu finden. Und hier beginnt unsere Heldengeschichte, denn tatsächlich hat die nunmehr alte Frau in jungen Jahren dieser Mutter und ihren beiden Kindern in einem Versteck Unterschlupf gewährt, hat ihnen Essen und Trinken gebracht und sie so vor der Deportation und dem sicheren Tod bewahrt. Dass sie dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel setzt und auch das ihres ungeborenen Kindes, wird ihr täglich bewusst, doch kann sie nicht anders. Jeder hätte wohl so agiert, oder?

    Mich hat die kleine, aber feine Geschichte sehr berührt. Mit wenigen Worten erzählt die Autorin, was sich zur damaligen Zeit abgespielt hat, wie Wut, Trauer und nackte Angst sich abwechselten und doch immer ein kleiner Hoffnungsschimmer in der Ferne blieb. Nicht alle konnten gerettet werden, aber die wenigen, die es wurden, die überlebten, wissen heute, was es heißt zu leben! In dieser Zeit wurden Helden geboren!

  4. Cover des Buches Großmama packt aus (ISBN: 9783455650815)
    Irene Dische

    Großmama packt aus

     (224)
    Aktuelle Rezension von: marissosh

    Großmama packt aus von Irene Dische ist eine Erzählung aus der Sicht Disches Großmutter. Diese wandert mit ihrem jüdischen Mann und der gemeinsamen Tochter während der Zeit des NS-Regimes nach Amerika aus. 

    Die Story ist interessant und gibt einen guten Einblick, wie es den Auswanderern damals ergangen sein muss. Zeitweise ist es sogar etwas spannend. Die meiste Zeit tröpfelt es jedoch eher so vor sich hin, das letzte Drittel zieht sich endlos in die Länge. 

    Mit keinem der Hauptcharaktere konnte ich mich so wirklich identifizieren. Mich störten außerdem die teils rassistischen Aussagen der Großmama, die zwar meist humoristisch gemeint sind, zumindest bei mir diese Wirkung jedoch verfehlten.

    Alles in allem eine nette Lektüre, nicht mehr, nicht weniger.

  5. Cover des Buches Im Krebsgang (ISBN: 9783423252898)
    Günter Grass

    Im Krebsgang

     (204)
    Aktuelle Rezension von: Farbwirbel

    Günther Grass' Novelle 'Im Krebsgang' lag schon Jahre auf meinem SuB und nun habe ich es endlich geschafft, sie zu lesen.

    Inhaltlich war ich tatsächlich überrascht, denn ich dachte, dass es ein historienbezogenes Werk ist und wusste nicht, dass er auch hochgradig aktuell ist.

    In der Novelle geht es um Paul Pokriefke, der selbst als Journalist arbeitet und dem Leser einen Schweinsgalopp durch Vergangenheit und Gegenwart eröffnet.

    Zu Beginn geht es um Gustloff, Frankfurter und Marinesko, drei historische Personen, die im Zusammehang mit dem NS-Regime stehen. Dabei sei kurz erklärt, dass Gustloff als Nazi von Frankfurter, einem Juden, erschossen wurde. Später, als Hitler die KDF-Fahrten eingeführt hatte, wurde eines der Schiffe Gustloff genannt. Wie es der Zufall so will, ist eben jene Gustloff das Boot, mit dem Mutter Pokriefke später mit ihrem Sohn Paul im Bauch vor den Russen flüchtet. An dem Abend, als die Gustloff abgeschossen wird, wird Paul geboren und Mutter Pokriefke erzählt diese Geschichte ein ums andere Mal ihrem Sohn und später auch ihrem Enkel Konrad.

    Wie sich im Lauf der Geschichte herausstellt, ist Konrad sehr vereinamt von dieser Geschichte und entwickelt sich Stück für Stück zu einem Neonazi. Sein Vater beobachtet im Web diese Entwicklung, denn Konny schreibt auf einer Website darüber, doch wirklich einzugreifen wagt er nicht, hat er doch nicht wirklich Kontakt zu ihm.

    Die Geschehnisse spitzen sich zu und die Geschichte wird wiederholt. Am Ende kann man tatsächlich die letzte Phrase der Novelle als Kern dieser erkennen:

    Das hört nicht auf. Nie hört das auf. - S. 216

    Grass fragt in seiner Novelle nach der Idiotie, die Menschen inne haben, die nationalsozialistisches Gedankengut in sich tragen. Vor allem aber trägt er hier einen Sachverhalt vor, der gar nicht so oft thematisiert wird: Intelligtente Menschen und wie diese so denken können und auch, was die Geschichte der Familie in einem jungen Menschen machen kann, wie sie sich weiterträgt. Das war hochinteressant.

    […] Wolfgang Stremplin, der sich online David genannt hatte, einen, wie er sagte, „Nachweis arischer Herkunft“ vorlegte und sich dabei ironisch gab. Den Kommentar zu dem, was er ohnehin wußte, lieferte mein Sohn aus ruhiger Gewißheit: „Das ändert nichts am Sachverhalt. Allein ich mußte entscheiden, ob die mir als David bekannte Person als Jude sprach und handelte.“ - S. 182

    Auf der anderen Seite habe ich das Werk nur schleppend fertig bekommen. Gerade der Einstieg mit all den historischen Persönlichkeiten und dem fast abgehackten Schreibstil war für mich nur schwer anzunehmen. Das Buch wurde zum Schluss hin immer interessanter und dennoch blieb der erste Eindruck für mich sehr präsent. Da ist der Titel dann aber wieder sehr genial gewählt. Im Krebsgang. Genau so wird die Geschichte nämlich erzählt.

    Den Ich-Erzähler Paul mochte ich sehr gern. Gefangen in dem Rahmen seines Lebens und mit einer großen Schippe Ironie erzählt er daraus.

    Schluß mit Gernegroß! Wer sich mit funfunddreißig und beginnendem Haarausfall noch ein Kind andrehen läßt, ist nicht zu retten. Was heißt hier Liebe! Die gibt’s allenfalls wieder ab siebzig, wenn ohnehin nichts mehr läuft. - S. 42

    Seine Mutter war für mich so etwas wie das Ebenbild der Nachkriegsgeneration, die danach in der DDR lebte. Irgendwie politsch verwildert im Kopf, wenn man das so sagen kann.

    Da ich vom Schreibstil und dem Aufbau der Geschichte nicht zu 100 % überzeugt bin, ich aber mit der Aussage d'accord gehe, bin ich mal wieder im Sternekonflikt. Ich vergebe drei Sterne und würde gerne noch einen imaginären, halben Sternd dazugeben.

  6. Cover des Buches Das Walnusshaus (ISBN: 9783731760641)
    Miljenko Jergović

    Das Walnusshaus

     (17)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Anhand der Geschichte der Familien Sikirić/Delavale lässt der Autor in seinem 2003 erschienenen Buch die Geschichte des Balkans aufleben. Allerdings erzählt er die Geschichte rückwärts, beginnend in der Gegenwart, als die wichtigste Protagonistin des Romans, Regina Delavale, geb. Sikirić, 97-jährig stirbt. Am Ende des Romans ist der Leser bei der Geburt Reginas zu Beginn des 20. Jahrhunderts dabei.

    Regina und ihre Familie führen den Leser rückwärts durch die Geschichte des Balkans

    Quasi typischerweise für den ganzen Roman ist Regina völlig verrückt am Ende ihre Lebens. Genau genommen wird der Roman von fast niemandem bevölkert, der normal ist, fast jeder hat eine Macke, meist herbeigeführt durch ein einschneidendes Erlebnis oder die besonderen Lebensumstände.

    Dennoch - oder gerade deshalb?  - steckt der Roman voller Lebensfreude und Skurrilitäten. Aber auch Brutalität und Grausamkeiten haben ihren Platz. Vielleicht macht ihn die Mischung für mich so faszinierend.

    Ein Buch prallvoll mit Leben.  Das einzige, was mich gestört hat, waren die relativ vielen Wörter die nicht übersetzt worden sind. Vier Sterne von mir.

  7. Cover des Buches Die Brücke über die Drina (ISBN: 9783552057777)
    Ivo Andric

    Die Brücke über die Drina

     (57)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Der Roman des jugoslawischen Schriftstellers Ivo Andrić erschien im Original 1945. Der deutsche Titel ist eine wörtliche Übersetzung des serbischen Originaltitels.  Das Buch ist Teil der sogenannten bosnischen Trilogie, die den Autor weltberühmt machte. Der Titel bezieht sich auf die Mehmed-Paša-Sokolović-Brücke in Višegrad im heutigen Bosnien-Herzegowina. 

    Es handelt sich um einen historischen Roman. Die Handlung beginnt mit der Geschichte vom Bau der Brücke im 16. Jahrhundert aufgrund der Stiftung des damaligen Großwesirs des Osmanischen Reiches, der aus der Gegend stammte. Zwischendurch macht der Autor große Zeitsprünge, so dass sich der Leser immer wieder neu orientieren muss, zumal Andrić mit geschichtlichen Fakten eher sparsam umgeht. Er schreibt aus einer Position des Wissenden und überlässt es dem Leser, ob er die geschichtlichen Fakten und Hintergründe dazu selbst eruieren will. Er beschränkt sich darauf, die Auswirkungen dieser Fakten auf die Schicksale und das Leben der Menschen zu erzählen. Der Roman endet mit dem Beginn des 1. Weltkriegs 1914.

    Wunderbar beschreibt Andrić bestimmte Eigenheiten der Menschen, positive wie negative oder auch einfach harmlos wichtigtuerische wie die Neigung zu rückblickender Übertreibung: „Betrachtet durch den Tabaksrauch oder ein Gläschen milden Raki, änderten, vergrößerten und übertrieben Phantasie und Ferne oft diese Szenen, aber das bemerkte niemand von ihnen, und jeder hätte geschworen, dass sie wirklich so gewesen seien, denn unbewusst hatten sie sich alle an dieser unabsichtlichen Verschönerung beteiligt.“ (Ullstein Tb, 1974, S. 70)  Oder das stille Abrücken von in Ungnade gefallenen Leuten: „Um ihn bildete sich jener Kreis von Einsamkeit und schwerer Stille, der sich immer um einen Menschen, den das Unglück traf, wie um ein krankes Tier bildet.“ (ebd., S. 166)

    Seltsam mutete für mich an, dass als Bezeichnung für alle Fremden, also auch für die Österreicher „Schwaben“ verwendet wird. Ich frage mich, ob das wirklich so war oder ob das ein Kniff des Autors oder des Übersetzers ist. Etwas schwergetan habe ich mich zunächst mit der Sprache, die durchaus anspruchsvoll eben die Sprache von vor 80 Jahren ist. Nach einer Eingewöhnung war das Lesen aber flüssig möglich.

    Auffällig fand ich, wie viele Personen der Autor in seiner Beschreibung mit roten Haaren versah. Rothaarige hätte ich nun auf dem Balkan eher selten vermutet. Am Ende macht der Autor eine spitze Bemerkung über die Deutschen: „Ihr Hauptmann, ein dicker, blonder Mann, der die Hitze schlecht vertrug, schnauzte gerade jetzt den Gendarmeriewachtmeister Danilo Repatz an, wie nur Vorgesetzte im deutschen Heer zu schnauzen vermögen, laut, rücksichtslos und pedantisch.“ (ebd., S.312/313)

    Als Fazit lässt sich festhalten, dass Andrić herausgearbeitet hat, dass die Menschen verschiedener Herkunft und Völker im Grunde alle liebenswerte Geschöpfe sind, denen das aber allzu oft selbst nicht bewusst ist. Als solche können die Menschen, von unbedeutenden Nickeligkeiten zwischen den Volksgruppen abgesehen, im Grunde problemlos zusammenleben. Man merkt dem Buch an, wie sehr Andrić die Menschen der Region mag. Und doch zeigt er dem Leser auch das Damoklesschwert, das ständig über solch zusammengewürfelten Gesellschaften schwebt, dass das labile Gleichgewicht leicht verloren gehen kann und dann das Verkommene und Grausame im Menschen zum Vorschein kommt. Insofern ist sein Buch eine Werbung, ein Appell für die Völkerverständigung. Vier Sterne.

  8. Cover des Buches Die Mutter meiner Mutter (ISBN: 9783442715404)
    Sabine Rennefanz

    Die Mutter meiner Mutter

     (54)
    Aktuelle Rezension von: käutzchen

    Dieses Buch lachte mich bei einer Buchhandlung in eine " Krabbelkiste " an, alleine schon der Buchtitel " Die Mutter meiner Mutter " machte mich neugierig, das Muss ja was von einer Großmutter sein die einen Weltkrieg erlebt hat ..was wahr ihr Schicksal ? Was musste sie erleben ? Nach den Lesen des Buchrückens wahr mein Interesse an den Buch noch mehr erweckt , so das ich es aus der " Krabbelkiste " befreien musste ..

    In den Buch handelt es sich um wahre Begebenheiten die die Großmutter der Autorin nach den zweiten Weltkrieg erlebt hat und sich wie ein roter Faden in ihr ganzes Leben gezogen hat . Sie hat trägt ein Geheimnis mit sich , was ihre drei Töchter erst spät erfahren , ein Familiengeheimnis was lange unter Verschluss wahr ... Der Großvater von der Autorin hat mit zu tuen , der schon seid einiger Zeit Tod ist ... Wie sehen seine Kinder und Enkelkinder im Nachhinein?

    Die Enkelin der Großmutter erzählt was diese in ihre Vergangenheit erlebt hat , das sie es nicht einfach hatte , ihre Mutter früh verloren hat , ihr Vater eine neue Frau geheiratet hat , sie zwei stiefbrüder bekam , ihr Vater verschwand und schließlich mit ihrer Stiefmutter und ihren Stiefmutter fliehen musste, bis Anna ( die Großmutter) Arbeit bekam und Obhut . So lernte sie auch ihren Ehemann kennen der um einiges älter ist ... Doch den zwei verbindet ein böses Geheimnis...

    Ich konnte leider zu den Buch keine richtige Nähe aufbauen , vielleicht auch weil ich auch nicht so mit den perfektiven Wechsel  der Autorin nicht so warm wurde , obwohl die tragische leider wahre Begebenheiten der Familie schockierend waren und mich emotional machten ... 

  9. Cover des Buches Der Gebrauch des Menschen (ISBN: 9783446268272)
    Aleksandar Tisma

    Der Gebrauch des Menschen

     (8)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Grausam, brutal, unerträglich. Was der serbische Schriftsteller da schildert, ist keineswegs leichte Kost. Gezeigt wird das Leben dreier Personen im serbischen Novi Sad: Vera, die jüdische Frau, die im Zweiten Weltkrieg schlimmste Qualen erleiden muss und danach erneut zum Opfer wird, weil sie das Mitleid kaum ertragen kann. Sredoje, der serbische Sexsüchtige, der im Zweiten Weltkrieg zum Kollaborateur wird und dann eine ungewöhnliche Wandlung durchmacht, und die Deutschlehrerin Anna, die an ihrem Weltschmerz leidet, während in ihr eine echte Krankheit schlummert. Drei Schicksale, die nicht miteinander vergleichbar sind, drei Lebenswege, die sich kreuzen und wieder trennen. Und über allem schwebt ein ungewöhnliches Tagebuch. Ein sperriger Roman, aber äußerst durchdacht und geschickt konstruiert. Die Schrecken, die die einzelnen Personen erleiden, machen einem erneut klar, das die Schilderung eines Einzelfalls oft mehr aussagt, als Zahlenreihen von Opfern. Ein wichtiges und großes Buch, bei dem man mitdenken muss, um alles zu verstehen. Manche der Gewaltexzesse sind nichts für schwache Nerven, und nur mit dem Wort 'ekelhaft' zu beschreiben. Nur sind sie leider allesamt nah an der Wahrheit. Überzeugend ist vor allem die Figurenzeichnung, die keinerlei Schwarz-Weiß-Färberei zulässt. Hier gibt es schlicht keine Helden, und genau daraus entstehen starke Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten.
  10. Cover des Buches Lazarus (ISBN: 9783442741472)
    Aleksandar Hemon

    Lazarus

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Es beginnt ungemein spannend mit einem Mordfall, der dem Opfer untergeschoben wird, weil der Täter der Polizeipräsident von Chicago ist, wohingegen das Opfer dem anarchistischen Umfeld (1908) zugerechnet wird. In ständigem Wechsel zwischen der Weitererzählung der Vorgänge nach dieser Tat (mit der Schwester des Opfers als Hauptfigur) und der Recherche derselben im Jahr 2004 (mit dem Schriftsteller Vladimir Brik und dessen Freund Rora), entsteht ein Geflecht, in dem die historischen Parallelen etwas übertrieben werden, und vieles im Stil von Andric 'Brücke über die Drina' (gleiche Namen und Vorgänge zu verschiedenen Zeiten zum Beispiel) ausgeführt wird. Für Brik wird dies eine Reise in die Vergangenheit seiner Familie. Grundkonzept: Pogrome sind immer möglich, selbst im Amerika (z. B. nach 9/11) denkbar und Geschichte wiederholt sich. Leider verliert das Buch aber über diese Konzentration auf historische Parallelen den Faden und wird zu einem klischeehaften Panoptikum Osteuropas, das nur jemand schreiben kann, der amerikanisch geprägt ist: Kleinkriminelle, Menschenschmuggel, Schlägereien, Morde in Straßencafés und ähnliche Extremfälle werden hier zum Standard erhoben. Egal ob in der Ukraine, Rumänien, Moldawien oder Bosnien: Überall herrscht die Gewalt. Nun ist das Buch weit davon entfernt schlecht zu sein. Es kommt nur völlig aus der Spur und wird eher zu einer Art Roadmovie quer durch Ost-/Südosteuropa. Gefallen haben mir nicht nur die Fantasien von Rora, de oft völlig übertrieben Ereignisse des Bosnienkriegs darstellen, und die bosnischen Witze, sondern auch die (seltenen) zarteren Momente auf dem jüdischen Friedhof in Moldawiens Hauptstadt und im Krankenhaus in Sarajevo. Völlig überflüssig fand ich Aufzählungen und detailverliebte Szenenbeschreibungen, die mit dem Fortgang nichts zu tun haben. Wohlwollend könnte man dem Autor unterstellen, dass er gerade mit der Darstellung der Tristesse der osteuropäischen Metropolen zeigen will, dass diese einstigen Zentren jüdischen Lebens durch die Pogrome ihren einst lebendigen Charakter verloren haben. Das wäre dann aber schon ziemlich aufwertend für das Buch, denn gesagt wird das nicht, sondern die Städte erscheinen nur als Schlaglichter, wohingegen die Fahrten in Bus und Taxi ausgiebig beschrieben werden. Ein gutes Buch, aber kein sehr gutes.
  11. Cover des Buches Deutsche Geschichte (ISBN: 9783961281459)
  12. Cover des Buches Tagebuch der Aussiedlung (ISBN: 9783851291186)
    Dževad Karahasan

    Tagebuch der Aussiedlung

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  13. Cover des Buches Die Frauen des Hadschi (ISBN: B0000BNXQU)
    Camil Sijaric

    Die Frauen des Hadschi

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  14. Cover des Buches Westliche Wasser (ISBN: 9783866600058)
    Murat Baltic

    Westliche Wasser

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Ein etwas versponnenes Buch, dem eine klare Linie zu fehlen scheint. Am Anfang hätte ich ihm fünf Sterne gegeben, weil es selbst in grausamsten Geschehnissen poetische Bilder findet, doch je mehr ich gelesen habe, desto enttäuschter war ich. Am ehesten taugt es noch als Fremdblick auf Deutschland oder genauer gesagt als Eintauchen in die Welt der südosteuropäischen Flüchtlinge, die Deutschland beherbergt. Es ist kein schlechtes Buch und wahrscheinlich liegt ein Teil des Unverständnisses darin begründet, dass es Teil einer Trilogie ist, aber gestört hat mich ohnehin mehr die leichte esoterische Abschweifung als der Inhalt. Das Buch spricht interessante Tabus an und beschäftigt sich unter anderem mit der Heirat gegen Geld, zum Zweck der Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft, es begibt sich aber auch auf die Spur von Thomas Mann in München, versucht den Tod von Ludwig II. von Bayern zu erforschen oder die Lage von Muslimen in Serbien zu thematisieren. Die Poesie des Romans und die Vielfältigkeit der Themen sind hier Segen und Fluch zugleich. Es ist eher ein Stolpern durch die Gebiete als eine Reise. Wohl nur zu empfehlen,wenn man auch das Vorgängerwerk gelesen hat.
  15. Cover des Buches Der Teufel auf dem Kirchturm (ISBN: 9783423131919)
  16. Cover des Buches Unterwegs in der Geschichte Deutschlands (ISBN: 9783406659379)
  17. Cover des Buches Sara und Serafina (ISBN: 9783871344091)
    Dzevad Karahasan

    Sara und Serafina

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Heftiger Antikriegsroman mit beklemmend gelungenen, poetischen Bildern zur eingekesselten Stadt Sarajevo. Ich finde es etwas misslungen, die Figur Sara (Serafina ist ihr ursprünglicher Name) zu nennen, zumal die Idee schon andere Autoren vor Karahasan hatten, aber das ist nur eine Randnotiz, denn natürlich will Karahasan damit ausdrücken, dass sie Teil der Stadt ist, sich mit ihr identifiziert. Zudem ist an diese beiden titelgebenden Namen derselben Person ein Vorkommnis aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs geknüpft, und auch später scheint es für sie so, als habe ihr nur einer beiden Namen Glück gebracht, und zwar ausgerechnet der, den sie nicht mag. Weder ist die gespaltene Persönlichkeit besonders originell, noch wirkt das Buch voll durchdacht. Dennoch kein schlechtes Werk und mit überraschenden Wendungen unterhaltsam sowie lehrreich durch Details, die man erfährt. Karahasan setzt hier Beobachtungen literarisch um, die im „Tagebuch der Aussiedlung“ (Essays) schon anklangen, ohne diese allerdings plump zu wiederholen. Da der Autor selbst bis zum Zeitpunkt der Erzählung (1993) in Sarajevo war, erhält das Buch eine zusätzliche Glaubwürdigkeit. Neben der eigentlichen Handlung, in der es auch um das Verhältnis Saras zu ihrer Tochter und ihrer Schwester sowie zu ihrem Schwiegersohn geht, finden sich noch einige Exkurse, etwa zu Arten eine Tür zu öffnen oder zu Leuten, die im Staatsdienst sind und jederzeit umziehen können, wenn man sie abberuft.
  18. Cover des Buches Sarajevo Marlboro (ISBN: 9783731761150)
    Miljenko Jergović

    Sarajevo Marlboro

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Ein Buch ohne Schwächen. Vielleicht etwas schwierig für jene, die nichts über die Lage von Sarajevo in den Jahren 1992-1993 wissen, aber trotzdem lesenswert, weil der Autor die Gewalt und die Angst, v. a. aber die Hilflosigkeit der belagerten Stadt beschreibt. In 29 kurzen Anekdoten zeichnet er ein Bild, in dem nicht immer die Serben die Täter sind. Dabei betont er, dass die Wahrheit über die Zeit in keinem Geschichtsbuch auftauchen wird, weil alle drei Seiten Verbrechen begingen, und somit die Wahrheit als Beleidigung auffassen müssen. Faszinierend ist, mit welcher Zeitnähe (das Buch erschien 1994) er Dinge erkannte, die noch heute nicht vollends begriffen wurden. Die große Stärke ist aber der Balanceakt zwischen Realität und Realismus. Nie hat man den Eindruck, hier nur eine journalistische Wiedergabe der Geschehnisse zu lesen, sondern die Schlaglichter sind stets um literarische Bilder bemüht, zeigen eine verstörende Poesie inmitten der Gewalt. Er berichtet von einem Apfelbaum oder einem Brunnen, von einem Blumentopf oder einem Saxofonspieler. Vor allem aber von der Belastungsprobe für die Beziehungen der Einwohner untereinander, von dem Umgang mit Verlust von Menschen und Orten. Einige wenige Anekdoten spielen in anderen bosnischen Orten oder in Orten des Exils.
  19. Cover des Buches Rio Bar (ISBN: 9783882217155)
    Ivana Sajko

    Rio Bar

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Pantoffeltier
    „Es ist nichts Besonderes geschehen. Die übliche Scheiße: Zuerst die Faust, dann der Ziegelstein, dann die Kugel und am Ende eine Bombe.“ S. 140

    In Kroatien ist Krieg, eine Frau sitzt im Bunker. Sie trägt noch ihr Brautkleid, der Bräutigam ist verschollen, genau wie ein Großteil der Gäste. Doch sie wird überleben, egal was es kostet.
    In Kroatien ist der Krieg vorbei, eine Frau sitzt in der Rio Bar in einem namenlosen Küstenort und betrinkt sich, denkt über ihr Leben nach. Nachts geht sie mit Männern mit, an deren Gesichter sie sich morgens nicht mehr erinnern kann und doch kann sie ihrer Vergangenheit nicht entfliehen.


    Ivana Zajko ist eine umstrittene Autorin. Unschwer zu verstehen weswegen. Sie präsentiert eine strikt weibliche Sichtweise auf den Krieg. Ohne eine einzige Szene an der Front und ohne Schilderung der Kriegsereignisse schafft sie es, die Schrecken des Krieges klarzumachen. Dabei erzählt sie von unrühmlichen Dingen, die in einer Erzählung über Kriegshelden keinen Platz haben, dem Alltag des Überlebenskampfes, der Menschen zu MörderInnen, Huren, Mafiosis, AlkoholikerInnen, Arbeitsunfähigen, Traumatisierten… kurz menschlichen Wracks macht. Aber auch die Bürokratie im Umgang mit den Verschollenen des Krieges ist ein bestimmendes Thema.
    Die Prägung der Autorin im Theatermilieu ist spürbar. Die einzelnen Szenen sind nur lose verbunden, es gibt unvermittelte Zeitsprünge und erst mit der Zeit ergibt sich ein Gesamtbild. Genres, Textsorten und Erzählweisen werden chaotisch gemischt, dazwischen immer wieder Monologe der Braut, die zwischen Wut und Verzweiflung schwanken.
    Das Ganze ist schwer zu lesen, oft schwer verdaulich (ich habe über Wochen immer Abschnitte gelesen), aber insgesamt sehr nahrhaft, zumindest, wenn man sich Zeit zum Nachdenken lässt.
    Zajkos Hauptperson spuckt einen ihren ganzen Hass und ihre ganze Verzweiflung entgegen. Das ist oft brutal und obszön, mit sehr klaren Worten. Es gibt viel Erbrochenes, (Menstruations)-blut, Fäkalien, Eier, ertränkt in Alkohol und gekrönt mit Schokosauce. Sofern man nicht allzu zart besaitet ist, entdeckt man aber klare Worte und viele starke Szenen.
    Es gibt Anmerkungen, die die realen Ereignisse, auf denen der Text basiert, anhand von Lexikonartikeln und Zeitungsartikeln nüchtern dargestellt. Das macht eindrücklich klar, dass der Text einen realen Hintergrund hat und die Wunden noch lange nicht geheilt sind. Trotzdem wird der Text ohne Grundkenntnisse über den Jugoslawienkonflikt schwer zugänglich sein.
    Eine sehr ungewöhnliche Herangehensweise an den Krieg, die blinde Flecken beleuchtet und weder Helden noch unschuldige Opfer präsentiert, sondern eine fast unerträgliche Studie des menschlichen Hasses auf alles was „anders“ ist.
  20. Cover des Buches Hypnose (ISBN: 9783801503062)
    Hanna Krall

    Hypnose

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Mit dem sehr offenen Stil des Erzählens dürfte so mancher Leser Probleme haben: Manchmal wünscht man sich einfach auch mal Klarheit darüber, was sie mit all den Pünktchen andeuten will ("..." kommt auf jeder Seite mindestens einmal vor). Auf der anderen Seite ist es genau das, was das Buch so lesenswert macht. Das hier sollte niemand nebenbei lesen, man soll Pausen einlegen und darüber nachdenken, und meistens versteht man es dann auch. Wären es pure Erzählungen geworden, hätte man viele ihrer Anspielungen überlesen. So entwickelt sie aus dem Grauen der Vernichtung ein Panoptikum Polens (und Deutschlands sowie Israels), ist bemüht, wirklich alles abzudecken: polnische Antisemiten und Helfer, jüdische Verräter und Kämpfer, deutsche Mörder und solche, die man mit der Waffe am Kopf zum Mord zwingen muss. Aus diesem vielfältigen Spektrum entdeckt Krall einem erstaunliche Details: wie die Chassiden von Kock (dt. Kotzk), die in Treblinka umgebracht wurden, in den Köpfen der Befreiten von Bergen-Belsen (!) weiterleben werden, weil sie mit deren Gesängen ihren ersten Sabbat in Freiheit erleben, etwa. So etwas erkennt man aber nur, wenn man gründlich liest. Das Hauptproblem solcher Bücher ist aber die Gratwanderung zwischen Realität und Realismus. Wenn man nicht weiß, was davon wirklich so geschehen ist, verliert es an Wert, ja man beginnt Dinge zu hinterfragen. Die Autorin versucht es dadurch zu lösen, dass sie bei einigen Erzählungen Fußnoten verwendet, doch macht es das nur bedingt besser, da es dadurch noch mehr zwischen Erzählung und Abhandlung schwankt. Ich habe das Buch einige Male zur Seite gelegt, seit ich es vor zwei Wochen angefangen habe, irgendwie hat mich schon die erste Erzählung geärgert, doch zum Glück habe ich mich auch von den nächsten Geschichten nicht verschrecken lassen, denn es wird immer besser und besser. Wenn man auf dem Umschlag etwas von Meistererzählungen liest, und gleich die erste so unfassbar unglaubwürdig ist, dann quält man sich da – trotz der Kürze – schon heftig durch, bis man anhand des Schlusses erkennt, dass das alles genau so passiert und kein Stück weit erfunden ist. Genau dadurch wird vermittelt, welch absurde Geschichten die Realität schreibt. Das ist kein Spoiler, sondern soll all denen helfen, die ähnlich wie ich an diesem selbstlobenden Stil kleben bleiben, der die ersten Erzählungen schwer erträglich macht. Diese absolut glatt geleckten und tadellosen Figuren sind schwer zu ertragen, besonders, wenn man sie für erfunden hält. Erst die Erzählungen, die mehr im Reportagestil verfasst wurden, entwickeln wahre Größe, berichten kleine Details, die viele nicht kennen dürften. Einige Dinge fand ich unnötig, etwa die mehrfache Erwähnung des Aussehens des Dr. Mengele, die für mich keine erkennbare Relevanz hatte. Auch die Wiederholung des Bildes mit der Ausbürgerung von Juden durch Polen, erschien mir unnötig. Manche Wiederholung hängt aber vielleicht damit zusammen, dass "Hypnose" eine deutsche Zusammenstellung von Werken aus den Jahren 1978 bis 1996 ist. "Schwierigkeiten beim Aufstehen" behandelt die Unterwanderung der Solidarnosc-Bewegung, "Doktorarbeiten" antisemitische Diskriminierung im Polen der späten 1960er Jahre. Danach hatte ich erneut Probleme weiterzulesen, denn die "Hauptsache ICH bin toll"-Einstellung konnte ich noch nie leiden. Das ist mir einfach zu platt. "Rosenfeld" schildert Entwurzelung, "Eine Story für Hollywood" Ghostwriting. "Hypnose" ist zwar die Titelgeschichte, aber eher ein zersplittertes Wanken durch die polnisch-jüdische Geschichte, das auch Bilder aus Israel einbezieht. Sie erwähnt verständnislose Amerikaner und desinteressierte Israelis, umgenutzte Synagogen und kritisiert mehrfach Israel. Dazu sollte man vielleicht anmerken, dass Krall selbst polnische Jüdin ist, was auf und in meiner Ausgabe nirgends erwähnt wird, so dass ich bei einigen Sachen überlegte, ob sie da nicht etwas weit geht für eine Polin, und mich doch erst mal über sie informierte. Die nächste Erzählung überzeugte mich dann aber von der Qualität der Autorin: "Das Eckhaus mit dem Türmchen" enthält schon erwähntes Detail zu den chassidischen Juden von Kock, berichtet von dem schwierigen Umgang mit der Vergangenheit des Ortes (etwa mit den jüdischen Gräbern). Auch alle folgenden Erzählungen sind überdurchschnittlich: "Begegnung im Bialy-Tal" verknüpft extrem geschickt wenige Namen zu einem Mosaik der polnischen Geschichte (v. a. ab 1939) und berichtet dabei vom Streit um Tote zwischen verschiedenen Verteidigungsorganisationen der Polen. Ein sehr dichtes Meisterwerk mit schockierend-bewegenden Szenen! „Der Hintergrund des Auges“ berichtet vom RAF-Terroristen Stefan Wisniewski und seinem polnischen Vater, „Die Nacht der Vereinigung“ zeigt deutsche Lebensläufe in einem äußerst gelungenen Bild (v. a. der Schlußabsatz), „Pola“ kehrt schließlich nach Kock bzw. in dessen Umgebung zurück. Das ist eine andere Stärke des Buches: Trotz der Zusammenstellung gibt es einen roten Faden, etwas das das Buch vollkommen macht und ihm genau dadurch Größe verleiht. Hart geht sie mit allen ins Gericht. Es ist immer schwer Bände mit Erzählungen zu bewerten. Der hier steht bei mir zwischen vier und fünf Sternen, weil auch die, die mir nicht so gefielen ihre Berechtigung für das Gesamtkonzept haben.
  21. Cover des Buches Sämtliche Erzählungen. Bd. 3. Gesichter (ISBN: B0000BFTHI)
    Ivo Andric

    Sämtliche Erzählungen. Bd. 3. Gesichter

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Diese Sammlung zeigt, wie sehr sich Andrić im Laufe der Jahre geändert hat, denn diese späten Erzählungen sind ganz anders als sein Frühwerk. Aus dem großen Erzähler historischer Stoffe ist ein beobachtender Schriftsteller geworden, der aus dem Wippen eines Fußes oder der Erinnerung an Gesichter eine Erzählung macht. Er schildert u. a. den Umgang eines einst gefeierten Stars mit dem Altern, einen Stadionbesuch in Italien, den ein Wort ruiniert oder das Verschwinden eines Mannes im Urlaub. Mir sind diese Erzählungen etwas zu beschreibend und ohne Spannung, eben nur Bilder. Nur wenige haben mir gefallen, die dann aber so sehr, dass ich mehr als eine Durchschnittsnote gebe. Herausragend ist z. B. „Djordje Djordjević“, die Erzählung von einem Mann, der sich so sehr darin verrennt, alles vorhersehen zu wollen, dass er zum Kauz wird, oder das bedrückende „Familienbild“. Die bei weitem umfangreichste Erzählung „Häschen“ dreht sich, wie auch andere Erzählungen dieses Bandes, um das Zusammenleben von Mann und Frau, berichtet von einem Mann, der vor der despotischen Frau in die Zurückgezogenheit am Belgrader Save-Ufer flüchtet, und wie dieser Mann reagiert, als seine Frau und ihr Sohn offen mit dem Faschismus sympathisieren. Ein recht mutiges Thema für eine Erzählung aus dem Jahr 1948, und frei von Partisanenpathos. Mein Lieblingsgeschichte ist aber „Holzbündel“, deshalb habe ich sie auch schon mehrfach gelesen. Diese Erzählung von einem Mann, der durch die Stadt zieht, und dessen Leben sich nach und nach entfaltet gehört für mich noch immer zu den besten Novellen, die ich je gelesen habe.
  22. Cover des Buches Der Verlorene (ISBN: 9783518739457)
    Hans-Ulrich Treichel

    Der Verlorene

     (57)
    Aktuelle Rezension von: Love_books14

    In Treichels Erzählung “Der Verlorene” geht es um die Geschichte rund um einen Jungen, dessen Bruder bei der Flucht vor den Russen verloren gegangen ist. Die gesamte Aufmerksamkeit der Eltern richtet sich auf die Suche nach Arnold, während der Ich-Erzähler oftmals außen vor bleibt. Schweigen und Distanz sind Grundbausteine der Beziehung zwischen Sohn und Eltern. 


    Hinter dem einfachen und minimalistischen Schreibstil steckt viel mehr, als sich auf den ersten Blick erahnen lässt. Die Motive der Fotografie, Anspielungen auf den zweiten Weltkrieg und die erbbiologischen Untersuchungen die das Nazi-Regime durchgeführt hat, aber auch transgenerationale Traumaweitergabe und das Gefühl von Schuld und Scham sind wesentliche Bestandteile der Geschichte. Hinter jeder Bemerkung steckt mehr und auch die Komik der Geschichte lässt durchblicken, dass nicht alles so scheint, wie es beschrieben wird. Die Suche nach Arnold zieht sich durch das gesamte Buch und prägen den Ich-Erzähler und seine Beziehung zu seinen Eltern. 


    Alles in allem ist es eine Geschichte mit wesentlich mehr Tiefgang als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Dennoch konnte mich die Geschichte nicht zu 100% überzeugen oder emotional fesseln. Ich konnte keinerlei Verbindung mit ihr aufbauen. Deshalb von mir 3/5 Sterne. 

  23. Cover des Buches Deutsche Geschichte: Von der Antike bis heute (ISBN: 9783411710195)
  24. Cover des Buches Wasserhochzeit (ISBN: 9783866600928)
    Zhilad Ključanin

    Wasserhochzeit

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Trotz der unzugänglichen Form, die fast eine Zumutung, von vielen Wiederholungen, Auslassungen und zunächst unverständlichen Äußerungen und Handlungen geprägt ist, ein gutes bis sehr gutes Buch, das von großer Meisterschaft, totaler Kontrolle über den Inhalt und großem Wissen des Autors zeugt sowie Tabuthemen (z. B. den Partisanenmythos) anspricht bzw. andeutet. In diesem sperrigen Buch geht es um eine bosnische Kleinstadt (wohl Sanski Most) und ihr Verhältnis zum Fluss und die Idee einer Brücke über diesen, um Dinge die im Abstand von je zirka 15 Jahren (1945, 1963, 1978, 1993) ab dem Zweiten Weltkrieg passieren. Wer Andric' "Die Brücke über die Drina" kennt, wird leicht die Parodie auf dieses Werk erkennen. Daneben gibt es aber auch viele schöne (d. h. gelungene) Bilder, ja eine regelrechte Liebeserklärung an die Altstadt von Marseille.

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