Bücher mit dem Tag "gesellschaftsstudie"
28 Bücher
- Jane Austen
Stolz und Vorurteil
(4.394)Aktuelle Rezension von: Tines_BibliothekDies war übrigens mein erster Buddyread überhaupt.
Kommen wir nun zum Buch und das was mir besonders gut gefallen hat. Das waren vorallem die schönen Illustrationen, die die Geschichte noch lebendiger gemacht haben. Der Zeichenstil passt wunderbar in die Zeit, inder die Geschichte spielt.
Der Schreibstil lässt auch darauf schließen, das die Geschichte nicht nur Anfang des 19. Jahrhunderts spielt, sondern auch auch im selbigen geschrieben wurde.
Leider war es auch der Schreibstil, der mir zu Anfang hin Probleme gemacht hat. Ich habe mich aber nach einiger Zeit daran gewöhnt.
Meine Ausgabe von "Stolz und Vorurteil" ist in drei Teile unterteilt und deshalb kommt nun ein kurzer Fazit zu jedem Teil.
Teil eins (Kapitel 1 bis 23) war inhaltlich eher langweilig und vorallem verwirrend, was die Charaktere angeht und das obwohl ich schon die Verfilmung gesehen habe. Es passiert kaum etwas spannendes.
Teil zwei (Kapitel 24 bis 42) war dann schon etwas spannender und man hatte so langsam einen Durchblick wer eigentlich wer ist.
Teil drei (Kapitel 43 bis 61) war der der Ereignisreichste und somit auch am spannedsten zum lesen. Zumal mir das Ende nur noch vage in Erinnerung war, war auch ich von der ein oder anderen Wendung überrascht.
Abschließend bleibt zu sagen, das es sich auf jeden Fall lohnt diesen Klassiker zu lesen!
- Marc Elsberg
BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
(1.565)Aktuelle Rezension von: yana27An einem kalten Februartag brechen in ganz Europa alle Stromnetze zusammen. Der totale Blackout. Nichts geht mehr: kein Internet, kein fließendes Wasser und erst recht keine Fernkommunikation.
Alle europäischen Regierungschefs, Geheimdienste sowie die Netzbetreiber tappen förmlich im Dunklen, wer diese Attacke auf das Stromnetz verursacht hat und sind nicht in der Lage, den Stromnetz wiederherzustellen.
Der Italiener Piero Manzano, der sich in der Hackerszene gut auskennt vermutet einen Hackerangriff. Er hat als Erster erkannt, daß die Smartmeter, die man fast in jedem Haushalt in Italien und Schweden findet, attackiert wurden. Manzano ist nicht bewusst wie nah er der Wahrheit mit seiner Recherche kommt und wird selbst Opfer durch manipulierte E-mails.
Was passiert, wenn Stromnetze durch eine Cyberattacke tagelang außer Gefecht wird? Welchen Effekt hat ein Stromausfall auf unser Leben und auf unsere Zivilisation? Genau dieses Thema behandelt " Black out".
Marc Elsberg hat meiner Meinung nach sehr gut recherchiert und es ist erschreckend, was alles ohne Strom nicht funktioniert: kein Sprit, weil Sprit durch Strom rausgepumpt wird, keine Toilettenspülung, Atomkraftwerke überhitzen sich weil die Kühlung ausfällt und keine Lebensmittelherstellung.
Genauso erschreckend finde ich, dass solche Terror Attacken durchaus möglich wären und der Wegfall von Strom auch den Wegfall der Zivilisation bedeutet. Nur der Stärkere setzt sich durch, die Menschen verrohen im Überlebenskampf.
Nachdem ich "Black out" gelesen habe, habe ich mehr Respekt vor der Stromversorgung , vor allem bekommt man einen Einblick welcher Aufwand unternommen wird, um Nationen mit ausreichend Strom zu versorgen.
- Joanne K. Rowling
Ein plötzlicher Todesfall
(775)Aktuelle Rezension von: fayreadsIn der Kleinstadt Pagford stirbt Barry Fairbrother. Die AnwohnerInnen sind erschüttert über seinen plötzlichen Tod, doch mit dem Todestag wird der Abgrund der Stadt deutlich. Fairbrother war ein bedeutendes Gemeinderat-Mitglied und nun ist ein Platz frei, den viele wollen, aber nur einer bekommen kann.
Diese Streitereien bekommen auch die Kinder der Kleinstadt-PolitikerInnen mit und auch sie haben einige Schwierigkeiten in ihrem Leben. Doch sie können nicht tatenlos zugucken und hacken die Homepage des Gemeinderats und offenbaren nach und nach immer mehr Geheimnisse.Fazit:
Durch die Autorin hatte ich gewisse Ansprüche und wurde auch nicht enttäuscht. Anfangs hatte ich eine andere Geschichte erwartet, doch der Kleinstadt-Krieg, den ich bekommen habe, habe ich auch gerne gelesen.
Leider waren es mir zu viele Figuren, da ich die ersten 200 Seiten damit verbracht habe, mich zu fragen, welche Sicht ich gerade lese und wer das noch einmal war.
Außerdem waren mir die Jugendlichen etwas zu gewollt wild geschrieben. Sie dachten eigentlich immer nur an Sex oder wie sie ihre Eltern ruinieren können und das war mir etwas zu viel. Bei den Jugendlichen hätte ich auch gerne mehr über Gaia gelesen, die mir etwas zu kurz kam, obwohl sie eigentlich ein interessanter Charakter war.
Das Ende war extrem deprimierend. Zwischendurch hatte ich die Hoffnung auf ein Happy-End, doch dann wurde ich enttäuscht. Ich hätte mir eindeutig ein anderes Ende gewünscht und wenigstens ein paar Figuren ein schönes Leben gewünscht.
- Charlotte Roche
Feuchtgebiete
(2.331)Aktuelle Rezension von: NathanaelIch fand die Ehrlichkeit sehr erfrischend🙏 einige Dinge haben mich an meine Pubertät erinnert. Allerdings hat die Frau in dem Buch kein Herz und das fand ich ziemlich eklig 🤢🤮 Ich musste Abbrechen weil ich solche Menschen ohne liebe nicht in meinem Leben haben will. Aber jedem das seine für mich ist das nichts.
- Elena Ferrante
Die Geschichte eines neuen Namens
(364)Aktuelle Rezension von: Lias_BücherGartenNachdem mich "Meine geniale Freundin" so begeistert hat, musste ich unbedingt wissen, wie es mit Lila und Lenù weitergeht. Wird es den jungen Frauen gelingen, sich von ihrer tristen Herkunft zu lösen und unabhängig zu leben?
Inhalt:
Lila hat am Tage ihrer Hochzeit erfahren, dass ihr Mann sie hintergeht – er macht Geschäfte mit den verhassten Camorristi. Elena hingegen verliebt sich Hals über Kopf in einen jungen Studenten, doch der scheint nur mit ihren Gefühlen zu spielen. Sie ist eine regelrechte Vorzeigeschülerin geworden, muss aber feststellen, dass das, was sie sich mühsam erarbeitet hat, in ihrer neapolitanischen Welt kaum etwas gilt.
Meinung:
Vordergründig geht es auch in diesem Band um Lila und Elena. Beide versuchen der Armut des Rione zu entkommen und gesellschaftlich aufzusteigen. Die eine durch Heirat, die andere durch eigene Anstrengungen in der Bildung. Es ist interessant die zwei jungen Frauen hierbei zu begleiten. Das Verhältnis zwischen Elena und Lila ist für mich sehr zwiegespalten. Dass zwischen Freundinnen gelegentlich etwas Konkurrenz besteht, ist normal. Aber hier empfinde ich es teilweise sehr extrem: sie haben einerseits eine innige Freundschaft und andererseits gönnen sie einander vieles nicht. Dabei kann man nicht sagen, dass die eine böse und die andere gut ist. Beide sind sehr facettenreich dargestellt, wobei Lila mit ihrem Verhalten sehr polarisiert. Gut fand ich, wie Ferrante die Geschichten der Nebenfiguren um die zwei Freundinnen herum erzählt. Anhand dieser Nebenhandlungen bekommt man einen guten Eindruck vom Leben im Neapel der 1960er Jahren. Viele Themen werden hier angesprochen: Feminismus in Italien, Erwachsenwerden, Homosexualität in Süditalien, Bildung, Nord-Süd-Problematik und natürlich die Camorra. Die kurzen Kapitel und das hohe Erzähltempo machten das Lesen einfach. Das Buch endet wieder mit einem Cliffhanger und ich freue mich auf schon auf das dritte Band!
Fazit:
Mit scheinbar leichter Sprache erzählt Ferrante so viel über die Entwicklung von Elena und Lila, aber auch derer Freunde. Anhand der Clique erfahren wir viel über die italienische Literartur-, Kultur- und Zeitgeschichte. Wer Entwicklungsromane (Coming-of-Age) mit geschichtlichem Hintergrund mag, dem könnte diese Reihe/Buch gefallen. Ich fand dieses Buch wieder sehr gut. Absolut lesenswert!
- Jonathan Franzen
Freiheit
(274)Aktuelle Rezension von: KarenAydinMein erster Franzen. Bislang habe ich um diesen Autor etwas einen Bogen gemacht, die Stichworte Realismus, Gesellschaftskritik und amerikanische Politik hatten mich etwas abgeschreckt, aber ich bin sehr froh, dass ich die Lektüre durchgehalten habe, weil dies ein lohnenswerter und in einigen Teilen auch erstaunlich unterhaltsamer Roman ist. Einen Punkt muss ich dennoch abziehen, weil die Geschichte schon etwas vor sich hinpläscherte. 200 Seiten weniger und er wäre vermutlich perfekt gewesen.
Doch worum geht es eigentlich?
Der Roman verfolgt die Geschichte von Walter und Patty Berglund sowie ihrer beiden Kinder Jessica und Joey, einer bürgerlichen Mittelschichtsfamilie, über mehr als 30 Jahre, von den 1960ern bis in die 2000er Jahre. Patty, in ihrer Jugend eine erfolgreiche Basketballspielerin, entscheidet sich gegen den aufregenden Musiker Richard und für den Langweiler Walter – Gutmensch, Feminist und Umweltschützer, dessen großes Ziel es ist, ein Naturreservat für den Pappelwaldsänger zu errichten.
Mein Leseeindruck
Ich kann den unzähligen Rezensionen nichts hinzufügen außer meinem sehr persönlichen Leseeindruck. Es stimmt, dass ich zu Beginn etwas Mühe hatte, in die Geschichte hineinzufinden, Franzen erzählt minutiös, kleinteilig und oft auch in Exkursen, abschweifend. Ich musste mich etwas darauf einstellen, bevor ich Spaß daran gefunden hatte. Das lag dann einfach auch daran, dass der Roman sprachlich unglaublich schön ist. So eben auch über Passagen hinweg, die ich nicht so interessant fand. Die Passagen, die sich mit dem Sexleben auseinandersetzten, hatten etwas von Elternsex, also hochnotpeinlich und absolut unerotisch. So soll es aber sein, wenn Franzen den Effekt kreieren möchte, so kann er das natürlich. Auch der Sex ist realistisch und wenig idealistisch. Ebenso wie Ekel. Wer den Roman gelesen hat, wird sich vermutlich an die Szene mit dem Ehering erinnern – ich werde sie sicher nicht so schnell vergessen.
Es werden so viele Themen aus so unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet, ich nenne nur Umweltschutz, Überbevölkerung und den Irakkrieg als Beispiele, dass ich denke, dass dieser Roman in hundert Jahren ein wichtiges Dokument dafür sein wird, wie Menschen in den frühen 2000ern über diese Themen gedacht haben. Und da dann zu recht vielleicht auch Schullektüre. Die Dialoge sind eine ganz klare Stärke von Franzen. Neben seiner Beobachtungsgabe und der recht spitzen, nur leicht überzeichneten Beschreibung von Menschen, zum Beispiel der Nachbarn, von denen zwei „…mit ihren gerahmten Promotionsurkunden an der Wand für sich selbst leben.“ Da ich auch so jemanden kenne, musste ich herzlich lachen.
Empfand ich zu Beginn des Romans alle Charaktere als höchst unsympathisch (sie sind eben recht realistisch gezeichnet, es gibt keine Helden und Schurken), so muss ich zum Ende hin mit einer der Figuren ausrufen: „Ich bin Walter-Fan“. Walter ist zielgerichtet, kämpft für seine Ideale, manchmal auch mit etwas unlauteren Mitteln (Stichwort Nachbarskatze), aber niemals unsympathisch. Ich konnte mich zwar nicht wirklich mit ihm identifizieren, aber mit ihm sympathisieren. Und das machte für mich nochmal einen wichtigen Punkt aus.
Also für wen ist dieser Roman etwas?
Für jeden, der sich auf die Geschichte einer amerikanischen Familie einlassen möchte, die zwischen unterschiedlichen Werten schwankt, die ungewöhnlich und individuell ist, bei der man aber gleichzeitig das Gefühl hat, einer typischen amerikanischen Familie zu begegnen, neben der man wohnen könnte. Für jeden, der bereit ist, sich auf diesen etwas epischen Stil einzulassen.
Für wen ist dieser Roman nichts?
Für alle diejenigen, die mit dieser Art von Realismus nichts anfangen können. Die Konflikte sind reale Konflikte, die in jeder Familie vorkommen können. Es passiert nichts so Aufregendes, das man anzweifeln könnte, dass es sich so zutragen könnte. Zudem ist er sicher auch nichts für Actionfreunde. Und natürlich nicht für Menschen, die sich für die amerikanische Kultur und Politik nicht interessieren. Dafür ist der Roman zu politisch.
- Celeste Ng
Kleine Feuer überall
(328)Aktuelle Rezension von: GwhynwhyfarDer Anfang: «In jenem Sommer redeten alle in Shaker Heights darüber, wie Isabelle, das jüngste Kind der Richardsons, endgültig durchdrehte und das Haus abfackelte. Während das ganze Frühjahr über die kleine Mirabelle McCullough Gesprächsthema gewesen war – beziehungsweise, je nachdem, auf welcher Seite man stand, May Ling Chow –, gab es endlich neuen aufregenden Gesprächsstoff.»
Es brennt! Fassungslos steht Elena Richardson im Bademantel und den Tennisschuhen ihres Sohnes draußen auf dem Rasen und starrt in die Flammen. Ihre jüngste Tochter hat in jedem Schlafzimmer Feuer gelegt. Shaker Heights, der wohlhabende Vorort von Cleveland, Ohio, hier ist es sauber, ruhig und völlig ungefährlich, Golf-, Reit-, Tennis-, Segelclub. Ein strukturiertes Straßennetz, beste Schulen; vom Außenanstrich der Häuser bis zur Höhe des Rasens ist alles vorgeschrieben, eine Scheinidylle. Rasen! Gemüse im Garten ist nicht erlaubt. Ordnungsfanatismus, Ordnung ist das ganze Leben! Wie konnte es zu diesem Unglück kommen? Gehen wir zurück zu dem Tag als das unkonventionelle Mutter-Tochter-Paar Mia und Pearl Warren zur Miete in eine der Wohnungen der Richardsons einzieht …
«‹Izzy nimmt alles ernst. Zu ernst. Das ist ihr Problem.›
‹Der Witz daran ist›, sagte Lexi eines Nachmittags, ‹dass Izzy in zehn Jahren bei Springer auftreten wird.»
‹In sieben›, widersprch Trip. ‹Höchstens acht. Jerry hol mich aus dem Knast.›
‹oder Hilfe meine Familie will mich einweisen›, sagte Lexi.
Elena ist Journalistin, die für das heimische Provinzblatt zu schreibt, was eigentlich nicht ihr Lebensziel gewesen ist. Aber das wundervolle Shaker Heights ist ihre Geburtsstadt und ihr Mann ist ihr gefolgt, ein gut verdienender Anwalt im Ort geworden. Sie haben vier Kinder zur Welt gebracht, Lexie (17), Trip (16), Moody (15) und Isabelle (Izzy, 14), ein ansehnliches Haus gebaut – der amerikanische Traum ist perfekt. Natürlich haben alle Kinder völlig verschiedene Charaktere, doch Izzy, die Jüngste bereitet Sorgen. Rebellisch, gesellschaftskritisch, sie lässt Äußerungen fallen, die ihre Umgebung zu Schnappatmung bringt; sie lässt sich zu Aktionen hinreißen, die ihr mächtigen Ärger einbringen. Moody ist von der gleichaltrigen Pearl fasziniert, von ihrem Lebensstil, dem Vagabundenleben. Denn Pearls Mutter Mia ist Künstlerin. Sie fotografiert, zerlegt die Fotos, bearbeitet sie und gestaltet etwas Neues daraus. Sie leben von der Hand in den Mund; besorgen sich Möbel vom Sperrmüll, Bekleidung aus Secondhandläden, und wenn ihnen eine Stadt nicht mehr gefällt, ziehen sie weiter. Pearl wiederum, die sich nun täglich bei den Richardsons aufhält, beneidet Moody um diese Familie, die ein gemütliches Leben ohne Sorgen führt. Ein festes Heim, eine Heimat. Das hatte ihre Mutter ihr versprochen: Wir suchen einen Ort, an dem wir bleiben! Pearl soll in Ruhe ihre Schule abschließen können. Und Shaker Heights ist der perfekte Ort, um für immer zu bleiben.
«Während der Nachmittage mit Pearl begriff er allmählich, wie ihr unstetes Leben ausgesehen hatte. Sie reisten mit leichtem Gepäck: zwei Teller, zwei Tassen, eine Handvoll bunt zusammengewürfeltes Besteck, jeder einen Seesack mit Kleidern und natürlich Mias Kameras. Im Sommer fuhren sie mit offenen Fenstern, weil der Golf keine Klimaanlage hatte; im Winter fuhren sie nachts bei aufgedrehter Heizung. … Um die Privatsphäre zu wahren, hängten sie ein Laken von der Hecktür über die Kopfstützen der Vordersitze wie ein Zelt. Zum Essen hielten sie am Straßenrand und aßen, was sie hatten, aus der Papiertüte: Brot und Erdnussbutter, Obst, manchmal Salami oder ein Peperoniwürstchen, wenn es gerade im Angebot war. Manchmal waren sie nur ein paar Tage unterwegs, dann wieder eine Woche, bis Mia einen passenden Ort fand, an dem sie eine Weile blieben.»
Pearl, die mit allen Kindern der Richardsons befreundet ist, mit jedem auf eine andere Weise, gehört bald zur Familie. Und dann macht Elena Mia das Angebot, bei ihr im Haushalt stundenweise zu arbeiten. Izzy ist fasziniert von Mia und sie will fotografieren lernen, Kunst schaffen; und Mia zeigt ihr, worauf es ankommt. Die beiden Familien sind eng miteinander verfochten. Wie es so ist im Leben, es passieren Dinge, die nicht geplant sind – Geheimnisse, Missverstandenes, schwelende Eifersucht … Bereits im zweiten Satz in diesem Roman begegnen wir Mirabelle McCullough – die am Ende das Fass zum überlaufen bringt …
«eine Utopie zu schaffen. Ordnen – und Verordnen, für Ordnung unerlässlich – galt den Shakern als Schlüssel zu Harmonie. Sie hatten alles verordnet: die angemessene Zeit, um morgens aufzustehen, die angemessene Farbe der Vorhänge, die angemessene Haarlänge für Männer, die angemessene Art, wie man die Hände zum Gebet faltet (den rechten Daumen über den linken). Die Shaker waren fest überzeugt, wenn sie jede Kleinigkeit planten, könnten sie ein Stück Himmel auf Erden schaffen, einen kleinen Zufluchtsort, und die Gründer von Shaker Heights hatten genauso gedacht. In Werbeannoncen zeigten sie Shaker Heights hoch oben auf einem Berggipfel am Ende eines Regenbogens, mit Blick auf das schmutzige Cleveland. Perfektion war das Ziel.»
Ein vielschichtiges Familien-Psychogramm von zwei Familien, dazu ein Kleinstadt-Psychogramm. Eine erstickende Kleinstadtidylle, in der der ein freundlicher, freiheitsliebender Paradiesvogel auftaucht. Eine alleinerziehende Mutter, die dem Bürgertum ganz ohne Absicht ihr Spießertum offenbart, aufdeckt, dass dieser ganze Luxus nur verdeckt, was darunter brodelt, dass er letztendlich nichts wert ist. Diese Stadt hat viele Pläne, Regeln, Gesetze. Mia zu ihrer Kunst gefragt, antwortet: «Ich fürchte, ich habe keinen Plan. Aber den hat eigentlich niemand, auch wenn alle das Gegenteil behaupten.» Der Stich ins Wespennest. Izzy sprengt ihre Ketten: «Sie sann nach Möglichkeiten, um sich zu rächen. Und sie suchte sich die Beste aus.» Zu viel Neugier, Kontrollsucht, Geheimnisse, Intrigen, Rache und ein paralleles Drama in der Stadt machen die Geschichte zu einem spannenden Roman, den man nicht aus der Hand legen mag. Ein Drama, das ist auf der ersten Seite klar. Aber was brachte Izzy dazu? «und Izzy ließ das Streichholz auf das Bett ihrer Schwester fallen und rannte zur Tür hinaus.» Mit feiner Beobachtungsgabe nähert sich Celeste Ng empathisch ihren Protagonist:innen, den Müttern und den Kindern. Die auktoriale Perspektive erlaubt dem Leser den Einblick. Wir kennen die Geheimnisse aller Beteiligten. Und das macht es spannend. Wann fliegt wer auf und was mag das auslösen? Bitterböse und gesellschaftskritisch. Es gibt hier keine fiesen Charaktere – im Gegenteil, letztendlich hat man Verständnis für jeden Einzelnen – und was sich hier entblättert ist großes Kino! Empfehlung!
«Seit ihrer Jugend hatte sie einen Plan gehabt und ihn minutiös eingehalten … Sie hatte, kurz gefasst, alles richtig gemacht und sich ein gutes Leben aufgebaut, ein Leben wie sie es sich wünschte, wie alle es sich wünschten. Und jetzt kam diese Mia, eine vollkommen andere Frau mit einem vollkommen anderen Lebensstil, die sich ohne Entschuldigungen ihre eigenen Regeln setzte.»
Celeste Ng, geboren 1980, wuchs in Pittsburgh, Pennsylvania, und in Shaker Heights, Ohio, auf. Sie studierte Englisch in Harvard und Kreatives Schreiben an der University of Michigan. ›Was ich euch nicht erzählte‹ stand genauso auf der Bestsellerliste wie ›Kleine Feuer überall‹, das auch als Miniserie verfilmt wurde. Celeste Ng lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Cambridge, Massachusetts.
- Elizabeth Day
Die Party
(48)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerErzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Martin Gilmour, einem mittelmäßig erfolgreichen Journalisten, ergänzt durch die Tagebuchaufzeichnungen seiner Frau Lucy. Handlungsorte sind die Polizeistation, Martins trostlose Kindheit und Internatsjahre, sowie die ominöse Party. Diese wird ausgerichtet von Ben, Martins bestem Freund. Martin lernt Ben, ein Spross des englischen Geldadels, auf dem Internat kennen und sieht in ihm die Erfüllung seines Wunsches nach Liebe, Freundschaft, und Familie. Er unternimmt alles, um Bens Freundschaft zu gewinnen. Während bei Ben deutlich wird, dass ihm sein "kleiner Schatten" lästig wird, entwickelt sich die Beziehung für Martin zur Obsession. Ein tragisches Ereignis, beim dem Martin Schuld und Verantwortung von Ben auf seine Schultern lädt, schweisst die beiden unweigerlich weiter zusammen. Während Ben in die Welt der Reichen und Schönen abtaucht, glamouröse Partys ausrichtet, den Premierminister zum Kumpel hat und eine wunderschöne Frau heiratet, arbeitet Martin als Journalist in einer Redaktion. Er gilt als verschlossen und eigenbrötlerisch, schafft es aber dennoch, dass sich Sekretärin Lucy für ihn interessiert. Sie kann ihn auch zur Hochzeit überreden. Dennoch gehört sein Herz weiterhin nur Ben. Auch Bens Frau Serena hat Martins Besessenheit erkannt und verpasst ihm den Namen "KS" (kleiner Schatten). Ben möchte gerne eine seiner rauschenden Partys zum Anlass nehmen, um sich von "KS" zu befreien.
Man weiß von Beginn an, dass die High Society-Party irgendwie entgleisen wird. Der Fokus der Erzählung ist eine Gesellschaftsstudie, kein Krimi. Ich fand es sehr spannend und anschaulich dargestellt, was in einer tristen Kindheit schief laufen muss, damit sich eine derartige Besessenheit entwickeln kann. Ich empfehle "Die Party" gerne weiter, allerdings nicht an Hardcore-Thrillerfans, welche sich Blut und Leichen erwarten...
- Marie-Sabine Roger
Der Poet der kleinen Dinge
(113)Aktuelle Rezension von: JorokaAlex hält es nie lange an einem Ort. Sie kleidet sich möglichst geschlechtsneutral und ist nicht heiß darauf, andere Menschen nahe an sich heran zu lassen. Eines Tages verschlägt es sie in ein besonders tristes Provinzkaff, da sie in einer Hühneraufzuchtstation Arbeit findet. Sie wird Untermieterin von Bertrand und Marlène und kommt so ganz nebenbei mit Gérard, dem Bruder von Bertrand, in Kontakt. Gérard, den Alex nur Roswell nennt, ist körperlich stark beeinträchtigt und Marlène eine Last am Bein. Doch Alex entdeckt, dass er kein totaler Schwachkopf ist, sondern Gedichte rezensiert und einer sensiblen Seele Wohnung bietet.
Bei einem Ausflug der beiden am Kanal kommen sie mit Cédric und Olivier in Berührung. Vier Außenseiter treffen aufeinander. Olivier, der von Cédric nur Zackenbarsch genannt wird, wirft ausgetrunkene Bier-Dosen in den Fluss, in der Hoffnung, dass eines Tages ein monumentales Gebilde aus den Fluten erwächst. Cédric trauert seiner großen Liebe nach und weiß nicht, was er eigentlich im Leben noch anfangen soll. Als Olivier ein altes Motorrad mit Beiwagen erbt, entsteht die Idee, zu viert einen Sprung aus der Gleichförmigkeit zu wagen....
Als ich nochmals über das Gelesene nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, dass eigentlich recht wenig „passiert“ in der Geschichte. Der Fokus ist vor allem auf die entstehenden Beziehungsgeflechte zwischen den Akteuren gerichtet. Im Mittelpunkt zunächst Alex und Gérard, wie sie sich näher kommen und Alex ihn vor Marlène in Schutz nimmt. Sie hilft ihm heraus aus der stickigen Wohnung, in kleinen Ausflügen auf einem Ziehwagen. Später stoßen dann die beiden anderen Hauptfiguren des Buches hinzu, die vor allem ihre Zeit am Kanal totschlagen.
Im Wechsel wird aus der Sicht von Alex, dann wieder aus der von Cédric erzählt, mitunter die gleichen Situationen eben aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Die Schilderung der äußerst tristen Umgebung, macht die menschliche Seite umso deutlicher. Es erwachsen zwischenmenschliche Regungen, die sehr einfühlsam geschildert werden. Doch leider wirkte das alles auf mich mitunter etwas konstruiert und recht 'gewollt'.
Fazit: Sicherlich wird das Buch vielen Freude bereiten, doch für 5 Sterne hat mich die Geschichte persönlich doch eine Spur zu wenig 'ins Schwingen gebracht'. Besser kann ich es leider nicht ausdrücken.
Das zweite Buch von Marie-Sabine Roger nach „Das Labyrinth der Wörter“.
- Philip Teir
Winterkrieg
(52)Aktuelle Rezension von: Petra54Der Titel ist irreführend – ich hätte „Finnlandschwedische Gespräche“ gewählt. Denn mir gefielen besonders die lebendigen Dialoge. Die Geschichte selbst ist eher schleppend, fast langweilig erzählt. Doch die detailliert beschriebenen Situationen haben mich die fast 400 Buchseiten hindurch festgehalten. Herausragend gut beschrieben sind die Reaktionen der Kinder, wie sie das Kommando über ihre Eltern und Großeltern führen. Wie zum Beispiel die neunjährige Amanda bewusst ihren Opa öffentlich zur Verzweiflung bringt und er sich nicht wehren kann, sondern noch zusätzlich von Augenzeugen und später seiner Tochter und seiner Frau böse angegangen wird.
Ich empfehle das Buch jenen Lesern, die wie ich die nordische Art mögen.
- Paulo Coelho
Veronika Decides to Die
(42)Aktuelle Rezension von: kleinechaotinThe book "Veronica decides to die" is talking about the story of a 24-year old woman. She has everything she could wish - she is young and pretty, she has awesome boyfriends, a loving family and a good job. But she is bored by the monotony of her life and so she decides to die. She wants to never wake up again and takes too many pills.
But she does - she wake up in a mental hospital. In the mental hospital she were told that she is going to die in the next five days, because the pills destroyed her heart. After the first euphoria she starts to thinking about her life.
The story has a fluently spelling style and The book is thought-provoking - the reader is going to think about what it is really important in life. Furthermore the vocabulary is plain and it is easy to read. - Sayaka Murata
Die Ladenhüterin
(323)Aktuelle Rezension von: ana-97Ich habe das Buch für die #ReadtheworldChallenge gelesen, die ich auf meinem Instagram Kanal @leseweltreise dokumentiere. Begleitet mich gerne auf dieser Reise! 💛
✨ „Mir fiel ein, irgendwo gehört zu haben, dass die Flüssigkeit im menschlichen Körper etwa alle zwei Wochen ausgetauscht würde. Demnach hatte das Wasser, das ich jeden Tag im Konbini gekauft hatte, meinen Körper bereits verlassen, und die Feuchtigkeit meine Haut und meiner Augäpfel stammten nicht mehr von dort.“ ✨
📍 „Die Ladenhüterin“ von Sayaka Murata spielt in Japan.
📖 Darum geht’s:
Keiko Furukura tut sich schwer im Umgang mit Menschen. Doch als sie während der Uni einen Aushilfsjob in einem Konbini beginnt, fühlt sie sich das erste Mal in ihrer Rolle wohl. Alles hat einen strikten Ablauf und die Angestellten wissen genau, wie sie mit ihren Kunden umgehen sollen. Auch als Keiko ihr Studium beendet, bleibt sie weiterhin in ihrem Aushilfsjob. Interesse an Beziehungen hat sie zum Schrecken ihrer Familie keines. Als sie schließlich eine Fake-Beziehung mit ihrem unangenehmen Arbeitskollegen eingeht, werden die fordernden Stimme aus ihrem Umfeld leiser. Doch eigentlich will Keiko nichts anderes in ihrem Leben, als im Konbini zu arbeiten und in Ruhe gelassen zu werden.
💡 Das habe ich durch das Buch über das Land gelernt:
Ein „Konbini“ ist ein 24-Stunden-Supermarkt, in dem man alles für den täglichen Bedarf findet. Diese Art von Supermärkten ist in Japan weit verbreitet und gibt es seit den 1970er Jahren. Aufgrund von langen Arbeitszeiten, kurzen Pausen und dem schnelllebigen Alltag vieler Japanerinnen und Japaner ist hier komfortabler Service von großer Bedeutung.
💭 Meine Meinung zum Buch:
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Es gibt einen unterhaltsamen und gleichzeitig nachvollziehbaren Einblick in das Leben von vermeintlichen Außenseitern in einer modernen Leistungsgesellschaft. Durch die humorvolle und charismatische Erzählweise der Autorin kann man sich gut in die Charaktere hineinversetzen und irgendwie auch Keiko gut verstehen, die einfach ihre Arbeit machen möchte und nach nichts Höherem in ihrem Leben strebt. - Jean Webster
Lieber Feind
(52)Aktuelle Rezension von: bingereadingIch finde "Lieber Feind" ein wenig besser als "Lieber Daddy Long Legs", obwohl mir auch dieser Briefroman von Jean Webster sehr gut gefallen hat.
In diesem Roman geht es um Judys Freundin Sallie McBride, die nach ihrem Collegeabschluss die Leitung des Waisenhauses, in dem Judy aufgewachsen ist, übernimmt. Dabei kommt es zu allerlei witzigen Begebenheiten mit den Waisenkindern, den Spendern für das Waisenhaus und nicht zuletzt dem schottischstämmigen Kinderarzt Dr. MacRae, den Sallie scherzhaft in ihren Briefen mit "Lieber Feind" anredet. Manchmal habe ich mich regelrecht gekugelt vor Lachen, da man sich dank der bildhaften Beschreibungen gut vorstellen kann, in was für lustige Situationen die Hauptfigur Sallie und die anderen Charaktere geraten sind.
Doch auch tiefergehendere Themen kommen in diesem Roman nicht zu kurz und er zeigt Sallies Entwicklung und ihr Erwachsenwerden. Die Liebesgeschichte darin ist zwar etwas vorhersehbar, doch das hat mich wenig gestört. Problematisch finden manche Leser vielleicht die Gespräche Sallies mit dem Doktor über die Eugenik, also vereinfacht gesagt die Lehre über die Vererbung schlechter und guter Eigenschaften, die zur Entstehungszeit des Romans sehr populär war. Doch es gibt ein Nachwort darüber und solche Theorien sind zudem heute längst wiederlegt, weshalb man es einfach nur vor dem historischen Hintergrund sehen sollte.
Alles in allem ein hervorragender Roman, um sich bei schlechtem Wetter mit einem Tee im Lieblingssessel zu verkriechen und sich an die amerikanische Ostküste in den 1910er Jahren fortzuträumen.
- Bernd Stromberg
Langenscheidt Chef-Deutsch/Deutsch-Chef
(15)Aktuelle Rezension von: HoldenBernd Strombergs erfolgreiche Anleitung zum gelungenen Chefsein, auch und gerade nach überraschender Beförderung, auch und gerade gegenüber Mitarbeitern und bei denen besonders den weiblichen (mit den süßen Hinterköpfen). Mitarbeiterführung kann so einfach sein, v.a. wenn da solche flitzpiepen wie Ulf, Ernie und Co. arbeiten. Im Nachwort distanziert sich CMH von seiner Rolle, kein Wunder, ihm ist ja auch schon Prügel deswegen angedroht worden. Aber die Frisur hat sich CMH offenbar auch privat angeeignet. Für jeden Stromberg-Fan unentbehrlich, sehr amüsant, auch wenn ich diese Langnscheidt-reihe eigentlich nicht so lustig finde. - Virginia Woolf
Mrs Dalloway
(6)Aktuelle Rezension von: Helles_LeuchtenDie aus dem Jahr 1925 stammende Erzählung von Virginia Woolf beigestert durch wunderbar gelungene, bildhafte Vergleiche und detailierte Beschreibungen. Es gelingt der Autorin, Clarissa Dalloway, eine Frau von fünfzig Jahren, fast greifbar zu skizzieren. Der Leser taucht ein in das Leben der Protagonistin, aber auch in das ihres unmittelbaren Umfeldes. Dabei verzichtet Virginia Woolf gänzlich auf wörtliche Rede im Text. Vielmehr begleitet man ganz unterschiedliche Akteure, fließt beim Lesen beinahe von einem in den nächsten Charakter - deren Ansichten, Gefühle und Gedanken im Verlauf der Geschichte abwechseln, immer wieder neu aufgegriffen werden - um letztlich stets zurück zur Protagonistin zu führen.
Leider fehlt es dem Buch an "echter" Handlung. Und so gelingt es ihm kaum (wenn dann ausschließlich durch sprachliche Raffinesse) zu fesseln. Der Leser wird getragen, die Story plätschert dahin. Schade, etwas mehr Bewegung hätte dem Buch gut getan - damals wie heute. - Judith Zander
Dinge, die wir heute sagten
(39)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerINHALT: Anna Hanske ist tot. In ihrem Dorf Bresekow bei Anklam, macht sich die Gemeinde auf zur Beerdigung, zu der auch Ingrid erscheint, Annas Tochter, die der vorpommerschen Provinz vor Jahrzehnten schon den Rücken gekehrt hat. Sie hat ihr Glück in Irland gefunden und bringt auch ihren weltgewandten Sohn Paul mit, der den Dorfmädels mit seiner Ähnlichkeit zum jungen Paul McCartney reihenweise die Köpfe verdreht. Romy und Ella zum Beispiel, die von einem Leben außerhalb ihres Kaffs träumen, jenseits der langweiligen Idylle, der idyllischen Langeweile.
Aber es gibt Gründe, warum Ingrid Bresekow damals verließ. Und das sind Gründe, über die sich die Dorfgemeinschaft seit Jahren das Maul zerreißt, über die viele Gerüchte kursieren und über die besser geschwiegen werden sollte.
FORM: Judith Zander (*1980) hat mit DINGE, DIE WIR HEUTE SAGTEN ein Sittengemälde der ostdeutschen Provinz im faulknerischen Stil geschaffen, von der Kriegsgeneration bis zu den Wendekindern. Die Kapitel sind aus der Sicht einzelner Dorfbewohner geschrieben, und unterscheiden sich stark in ihrem Ton: Der eloquente Pastor erzählt natürlich anders als der geistig behinderte Henry, und der wiederum anders als Dorfproll Ecki. Zwischendurch kommt auch die ganze Gemeinde zu Wort, als kollektives Sprachrohr in breitestem Platt. Das hat mich alles stark an Faulkners ALS ICH IM STERBEN LAG erinnert und auch ebenso fasziniert.
Es ist nicht leicht, in der Menge der Figuren Hauptcharaktere zu erkennen, aber Ingrids Geschichte ist schon Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Und wenn ich raten müsste, würde ich Judith Zander unterstellen, Romy nach ihrem eigenen Vorbild gezeichnet zu haben. Mit ihr beginnt und endet der Roman, und Romys Familienname, Plötz, ist ebenso … fischig wie der der Autorin.
FAZIT: Auch wenn das Buch einige Längen aufweist, hat es mir sehr gut gefallen. Auf den letzten hundert Seiten zieht Zander aber ordentlich an und gibt Dorfgeheimnisse preis, die mich wirklich berührt haben. Das Leben im ostdeutschen Hinterland ist authentisch wiedergegeben und sprachlich ist der Roman auf höchstem Niveau, darum vergebe ich fünf Sterne plus Leseempfehlung.
*** Diese und viele weitere Rezensionen könnt Ihr in meinem Blog Bookster HRO nachlesen. Ich freue mich über Euren Besuch ***
- Wolf Haas
Silentium!
(190)Aktuelle Rezension von: Lilli33Taschenbuch: 224 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch (1. August 2000)
ISBN-13: 978-3499228308
Preis: 10,00 €
Ein Wahnsinns-Humor
Inhalt:
Privatdetektiv Brenner wird in ein katholisches Internat in Salzburg gerufen. Ein ehemaliger Zögling behauptet, vor Jahrzehnten von einem Bischofskandidat missbraucht worden zu sein. Doch bevor der Brenner noch groß ermitteln kann, ist der Mann auch schon tot …
Meine Meinung:
Den Schreibstil von Wolf Haas muss man mögen, sonst wird das nix mit der amüsanten Lektüre. Der Stil ist schon stark gewöhnungsbedürftig mit seinen umgangssprachlichen Elementen, seinen unvollständigen Sätzen, dahin geworfenen Satzbrocken. Da scheinen die Gedanken des Erzählers schneller zu sein, als er sie zu Papier bringen kann. Auch wenn es etwas anstrengend zu lesen ist, macht dieser Stil für mich den Reiz dieses Buches aus. Und natürlich der Wahnsinns-Humor, so trocken, da kann man sich das Handtuch sparen.
Der Kriminalfall ist ganz schön verzwickt, muss aber hinter den unzähligen lockeren Sprüchen fast ein wenig zurückstecken. Er ist in sich abgeschlossen. Insofern ist es nicht schlimm, wenn man die vorherigen Bände der Reihe nicht kennt.
Die Privatdetektiv Brenner-Reihe:
1. Auferstehung der Toten
2. Der Knochenmann
3. Komm, süßer Tod
4. Silentium!
5. Wie die Tiere
6. Das ewige Leben
7. Der Brenner und der liebe Gott
8. Brennerova
★★★★☆
- Tanguy Viel
Paris - Brest
(5)Aktuelle Rezension von: Sybilin der Regel lese ich die Bücher am liebsten in der Original-Sprache. Tanguy Viel's Roman habe ich allerdings für einmal in Deutsch gelesen.
Bereits ab der 1. Seite fühlte ich mich mitten im Geschehn. Allein die Beschreibung der Stadt Brest, hätte treffender nicht sein können.
Die Geschichte dreht sich um den minderjährigen Louis, seine kontrollsüchtige Mutter, sein Geld veruntreuender Vater, ein Bruder mit einem Geheimnis, eine erbende Oma und deren Reinigungskraft. Und dann ist da noch der junge Kermeur, der Sohn von Grossmutters Reinigungskraft. Und dieser bringt Louis auf ganz neue Ideen...
Herrlich skurril, unterhaltsam, aber total nahbar und menschlich auf der ganzen Ebene.
- Paul Collins
Der Mord des Jahrhunderts
(38)Aktuelle Rezension von: kassandra1010Eine kopflose Leiche im Jahr 1897 lässt New York nicht los und die Ermittlungen der Polizei verlaufen im Sand. Die Journalisten hingegen haben Lunte gerochen und schlachten den Fall bis ins letzte Detail.
Die Sensationslust kennt keine Grenzen. Ein paar Journalisten machen sich selbst auf die Suche nach dem Killer. Diese Hetzjagd wird mehr und mehr eine medialen Schlammschlacht.
Diese „Show“ gipfelt im Konkurrenzkampf zwischen Joseph Pulitzer und William Randolph Hearst.
Es tauchen erstmals Groupies auf, Medien stapel sich und als es um das Identifizieren des Leichnams geht, beschäftigt sich die Jury insbesondere um dessen „eigentümliches“ Gemächt.
Thorne, der vermeintliche Mörder, wartet derweil auf seine Vollstreckung in Sing Sing.
Der eigentliche Mord tritt ein wenig in den Hintergrund und wird zur Geburtsstunde der Boulevardpresse.
Der brodelnde Machtkampf der damaligen Zeitungsmogule ist derart spannend, das man nur so über die Geschichte hinwegfegt.
John Collins hat ein kleines Meisterwerk geschaffen. Man wirft einen Blick auf die Boulevardpresse, die Macht der Medienmogule und eine völlig hilflose Polizei und muss feststellen, das sich seit 1897 nichts geändert hat.
Mit Anhängen und diversen Quellenverzeichnissen ausgestattet weckt das Buch natürlich die Neugierde und man recherchiert fleißig nach.
Im Jahr 2012 wahr ich selbst in Californien und habe mir Hearst Castle angesehen. Das seit dem Tod von Hearst im Jahr 1951 zu einem „kleinen“ Museum erwachte Castle ist die reinste Augenweide. In jeder Ecke endeckt man die Verrücktheit Hearsts und versteht dessen Lebenslust und Streitbarkeit. - Atticus Lish
Vorbereitung auf das nächste Leben
(20)Aktuelle Rezension von: gst„Die wohl schönste und unsentimalste Liebesgeschichte dieses Jahrzehnts“, hat The New York Times über dieses mit dem PEN/Faulkner Award 2015 ausgezeichnete Buch geschrieben. Meiner Meinung nach kann diese Aussage auf die falsche Fährte locken. Denn auch, wenn die Liebe in diesem Buch eine Rolle spielt, würde ich es niemals unter Liebesromanen einordnen.
In diesem Buch geht es um die Beziehung zwischen einer illegalen Einwanderin aus China und einem traumatisierten, noch sehr jungen Irak-Veteranen. Als Leser taucht man tief in den „amerikanischen Traum“ ein, der sich für viele als Alptraum entpuppt. So auch für die Protagonisten, die an der unteren Stufe der Hierarchieleiter stehen und sich vergeblich bemühen, sie zu erklimmen.
Es handelt sich um ein trostloses Buch, das Amerika von einer Seite zeigt, wie man sie selten vorgesetzt bekommt. Der Autor schreibt sehr detailverliebt und es lässt sich kaum eine Entwicklung seiner Figuren feststellen. In der Aneinandereihung der Bilder sieht man deutlich, wie einer der Rettungsanker des anderen ist.
Mich hat die Schilderung des New Yorker Großstadtmillieus an Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ erinnert. Die Geschichte des entlassenen Gefangenen Franz Biberkopfs lässt sich gut mit dem aus der Army ausgeschiedenen Skinner vergleichen. Beide straucheln haltlos durch die Großstadt, die in beiden Romanen den Rahmen der Handlung gibt. Auch wenn zwischen der Entstehung der Romane neun Jahrzehnte liegen, sind die Personen am Rand der Gesellschaft auf der Suche nach Heimat und Zukunftsperspektive ähnlich verloren. Auch der Schreibstil von Atticus Lish und Alfred Döblin lässt sich gut vergleichen: abgehackt, mit unvollständigen Sätzen oder ausgedehnten Augenblicksbeschreibungen; was das Lesen sehr ermüdend gestaltet.
Seite 268: „Sie strahlte die Tabletts mit dem Druckspüler ab, bevor sie sie in den Korb rammte, der in die Spülmaschine geschoben wurde, einen sechzig mal sechzig Zentimeter großen Edelstahlkasten, der über einen Schlauch mit einem fest an der Wand montierten Spülmittelspender verbunden war. Sie legte den Hebel um und ließ sie laufen.“ Während solche Bilder ausführlichst gemalt werden, bleibt das Innere der Protagonisten lange Zeit diffus. Seite 267: „Die Welt erschien ihm düster oder enttäuschend, und sie war auch nicht anders als andere Frauen: Sie hatte bestimmte Funktionen. Und er hatte gesehen, wie der Sprengstoff diese Funktionen von innen nach außen kehrte, er kannte das Innere der Menschen, und dort war nichts. Es war widerlich. Es war langweilig, Es war ekelerregend, das war alles.“
Fazit: Das Buch gefiel mir über weite Strecken nicht, es war langweilig, es war widerlich, es war ekelerregend. Trotzdem entwickelte sich ein gewisser Sog. Ich kämpfte mich durch nicht enden wollende Dialoge, die zwar die augenblickliche Stimmung schilderten, die Geschichte aber nicht weiterbrachten. Der verzweifelte Überlebenskampf im Dschungel der Großstadt war im Rückblick aber doch irgendwie spannend. Fragte ich mich zu Beginn der Lektüre noch, ob es sich lohne, die mehr als 500 Seiten zu lesen, kann ich nach den letzten Seiten doch zugeben, dass mir der Inhalt des Buches im Gedächtnis bleiben wird. - Ryan David Jahn
Ein Akt der Gewalt
(100)Aktuelle Rezension von: lemonreadsEine Nachbarschaft, eine Nacht & der Blick in die unterschiedlichsten Lebenswelten, die sich zeitgleich abspielen.
Ryan David Jahn zeigt in "Ein Akt der Gewalt", wie gesellschaftliche Missstände die Leben der Bewohner im Einzelnen beeinflussen und diese schließlich dazu führen, dass vor der Tragödie, die sich ganz offensichtlich vor ihrer aller Augen abspielt kollektiv die Augen verschlossen werden.