Bücher mit dem Tag "grenzwertig"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "grenzwertig" gekennzeichnet haben.

9 Bücher

  1. Cover des Buches Das Fremde (ISBN: 9781500465339)
    Nikolas Preil

    Das Fremde

     (5)
    Aktuelle Rezension von: lord-byron
    "Nenne mich Geist. Oder um in deiner primitiven Sprache zu bleiben, die nie auszudrücken vermag, was wirklich ist, nenne mich Dämon. All das nur, weil du dir nie vorstellen kannst, was ich wirklich bin. Ich habe kein Geschlecht, ich habe kein Alter. Im Prinzip bleibe ich für dich und euch nur das Fremde, das nicht war, bevor ich erschienen bin." (Anfang von Das Fremde)

    Alles beginnt damit, dass der freundliche ältere Nachbar Karl Gustaf bei Sabrina und Martin zum Kaffee trinken eingeladen war. Doch Karl Gustaf ist nicht mehr er selbst und schlägt die beiden und zwingt sie, sich auszuziehen. Was dann folgt, ist das Grauen. Doch eigentlich war es gar nicht Karl Gustaf, der dieses Blutbad anrichtete, sondern eine fremde Energie, ein Wesen ohne Körper, eben das Fremde. Das versucht zu lernen und sucht sich immer neue Körper um zu verstehen.....

    Dieser Band war ganz anders als die beiden Vorgänger und hier ist es besonders wichtig, dass man "Bierbrut" und Amok Snuff" gelesen hat, denn so langsam fügt sich alles zu einem Ganzen. Natürlich endet die Novelle wieder an einer sehr spannenden Stelle und das Schlimme ist, dass wir auf Teil 4 "Messer" noch bis zum 09. September 2014 warten müssen. Ob ich das aushalte? Immerhin wird mein Name in diesem Teil vorkommen, wenn auch nur als eines der Opfer. ;-)

    Das Fremde ist auf der Suche nach Wissen und erfährt so nach und nach was in Hamburg vor sich geht. Das war natürlich für den Leser super, denn so erfuhr auch ich, wie alles zusammen hängt. Na, ja. Nicht alles. Es blieben noch genug Fragen offen und man trifft hier wieder auf einige Bekannte.

    Dieser Teil ist auch nicht ganz so brutal und blutig wie die beiden Vorgänger. Das war mal richtig gut zum Luft schnappen, denn ich vermute, dass es in "Messer" wieder ganz schön zur Sache gehen wird.

    Der Schreibstil ist wie wie immer sehr flüssig und gut zu lesen und macht so richtig Spaß. Die Charaktere sind gut gemischt und vieles ist nicht so wie es am Anfang schien. Das fremde Wesen durchläuft eine große Wandlung und die Geschichte war wieder richtig spannend. Darum vergebe ich für "Das Fremde" 5 von 5 Punkten und freue mich auf die letzten beiden Bände. Vielen Dank Nikolas Preil für die tolle Unterhaltung.

    Reihenfolge:
    1. Bierbrut
    2. Amok Snuff
    3. Das Fremde
    4. Messer (09.09.14)
    5. Übermensch (09.10.14)

    © Beate Senft
  2. Cover des Buches Fight Club (ISBN: 9781448114955)
    Chuck Palahniuk

    Fight Club

     (98)
    Aktuelle Rezension von: wortjongleur

     

    Eigentlich habe ich „Fight Club“ nur in Angriff genommen, weil es zu den Büchern gehört, die man kennen sollte und die großen Wirbel verursacht hatten. Ich zögerte deshalb mit dem Lesen, weil mir die Thematik natürlich bekannt war und ich einige Filmszenen gesehen hatte. Das alles ließ mich denken, das Buch sei nicht unbedingt was für mich.


    Ich habe einige Seiten gebraucht, um in das Buch hineinzufinden, mit dem Gedankenfluss klar zu kommen und dem damit verbundenen Hin- und Herspringen. Es dauerte auch ein wenig, bis mir klar wurde, dass nur die Dialoge der anderen Personen in Anführungszeichen gesetzt sind, nicht aber die des Protagonisten, sodass es dem Leser überlassen ist, was er als gesprochene Antwort und was er als gedachte Antwort empfindet. Die intensiven Bilder, die so lässig formulierte Dramatik und die fesselnde Entwicklung konnten mich schlussendlich aber wirklich packen. Palahniuk hat eine spezielle Erzählweise, springt manchmal mitten in eine neue Szene hinein, schafft es aber immer den Leser mitzunehmen und ihm zum richtigen Zeitpunkt Erklärungen zu liefern. Seine Art eine Geschichte aufzubauen und zu präsentieren, ist wirklich besonders. Als Leser muss man seine Komfortzone verlassen, nicht nur was den Schreibstil, sondern natürlich auch was die Bilder angeht, die man vielleicht lieber nicht im Kopf gehabt hätte. Aber gerade, dass er mich als eher untypischen Leser dieser Art Geschichten fesseln und mitnehmen konnte, zeugt meiner Meinung nach von seinem Können.


    Wie der Autor im Nachwort erzählt, ging es ihm gar nicht so sehr um die Fight Clubs, sondern darum, was die Männer antreibt, zu ihnen zu gehen. Wie sie sich unbedeutend und ohne jeglichen Einfluss auf die Welt fühlen, was das Arbeitsleben mit ihnen macht, die Problematik der vorhandenen / nicht vorhandenen Vaterfiguren, der Wunsch ihre aalglatte, nichts-aussagende Oberfläche zu zerstören, das immer größer werdende Bedürfnis eine Aussage in dieser Welt zu machen. Die Rezeptionsgeschichte des Buches scheint auch sehr interessant zu sein; davon erzählt Palahniuk ebenfalls in meiner Ausgabe.

     
    Die spätere Entwicklung der Geschichte habe ich erst dann „kommen sehen“ als die Hinweise dem Leser unübersehbar gegeben werden. Dadurch hatte sie für mich einen wirklichen Aha-Effekt und dass vieles dadurch erst so richtig Sinn ergab. Aber natürlich sind auch Fragen entstanden, die mich dazu brachten zu manchen Szenen zurückzublättern und erst jetzt die Hinweise zu entdecken, die eigentlich schon immer da waren. Wenn ein Autor das schafft, hat er immer meinen Respekt sicher. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man im Vorhinein nicht durch Klappentexte oder ähnliches gespoilert wurde, aber bei meiner Ausgabe war das zum Glück nicht der Fall. Ich habe aber jetzt gesehen, dass manche Zusammenfassungen das eigentlich Interessante am Buch leider schon verraten.


    Alles in allem ein toll geschriebenes Buch, eine beklemmende und spannende Geschichte und ein wirklich interessanter Autor!

  3. Cover des Buches Ich hab die Unschuld kotzen sehen (ISBN: 9783937536590)
    Dirk Bernemann

    Ich hab die Unschuld kotzen sehen

     (279)
    Aktuelle Rezension von: Yoyomaus

    Zum Inhalt:

    "Guten Tag, die Welt liegt in Trümmern. Ich sammle sie auf. Errichte daraus neue Gebäude. Konstruiere neue Städte. Kann man wohnen drin. Oder weiträumig umfahren." So begrüßt einen dieses Stück Literatur, bevor es einen hinabreißt in die Abgründe einer Welt, die in uns etwas zum Klingen bringt, denn sie ist uns sehr vertraut. Es ist unsere Welt! Wenn man Bernemanns Buch liest, kommt es einem vor, als hätte man uns endlich die rosa Brille abgenommen, ja vom Kopf geprügelt. In einer poetischen Klarheit zelebriert er ein Massaker des Leben, dass fasziniert, um gleichzeitig abzustoßen.


    Cover:

    An sich wirkt das Cover im Gegensatz zum Inhalt eher harmlos. zu sehen ist auf weißem, schlichten Grund eine blonde Puppe, welche erst nach genauerem Hinsehen ein bisschen abgewrackt wirkt. Erst der Titel lässt den Betrachter stutzen, besonders weil das Wort "Kotzen" farbig hervorgehoben ist. Spätestens jetzt ist man neugierig oder eben abgeschreckt, wenn man sich den Inhalt oder die ersten Seiten durchliest. Trotzdem passt das Cover durchaus zu dem Klientel, welches der Autor hier bedient und ist für jenes Klientel sicher auch ein absoluter Blickfang.


    Eigener Eindruck:

    Er sitzt auf seinem Sofa mit seiner Freundin. Sie haben wieder zu viel getrunken und die Wut kommt in ihm auf. Er will sie zerstören. Er hasst sie. Und so verteilt sich ihre Hirnmasse auf den Fliesen, was wenig später den Kommissar auf den Plan ruft. Doch auch er hat ein Geheimnis, was wiederum den Auftragskiller auftauchen lässt. Als dieser nicht wieder auftaucht ist seine Freundin und Prostituierte mit den Nerven am Ende... und so zieht sich der rote Faden immer mehr durch die kurzen Episoden der Geschichte.


    "Ich habe die Unschuld kotzen sehen" ist ein Buch, welches mich hat ein paar mal den Atem anhalten lassen. Das Buch ist wirklich sehr anschaulich geschrieben und allein durch die Handlungskette einfach nur genial. Zwei Protagonisten geben sich jeweils immer die Klinke in die Hand. Sei es nun durch eine zufällige Begegnung oder durch mehr Kontakt. So treffen wir auf einen jungen Bengel der mit seiner Freundin kein Kind will. Sie hat die Idee das Kind mit einer Stricknadel zu beseitigen, doch das geht schief und so macht er nichts mehr aus seinem Leben, ganz zum Leidwesen seiner Mutter, die sich nun fortan um ihn kümmern muss und so weiter. Dirk Bernemann beschreibt die Geschichten so detailliert, dass man das Gefühl hat direkt neben den Protagonisten zu stehen. Man fühlt mit ihnen. Angst, Kummer, Verwirrung, Wut, Ekel, Verzweiflung. Es ist von jeder Emotion etwas dabei und obwohl die Geschichten bisweilen sehr morbide und dunkel sind, machen sie einfach Spaß. Das Buch ist in meinen Augen ein kleines Kunstwerk für sich, denn es behandelt menschliche Abgründe und regt zum nachdenken an. Wirklich gut gemacht.


    Eine absolute Leseempfehlung meinerseits!


    5 von 5 Sterne.



    • Taschenbuch: 256 Seiten
    • Verlag: Heyne Verlag (Oktober 2008)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3453675606
    • ISBN-13: 978-3453675605
    • Größe und/oder Gewicht: 11,8 x 2 x 18,5 cm
  4. Cover des Buches Provokation! (ISBN: 9783806239225)
    Michael Behrendt

    Provokation!

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Igelmanu66

    Ich erinnere mich gut an den Anfang der 80er Jahre – das war meine Zeit. Keine Fete kam ohne „Relax“ von Frankie Goes to Hollywood aus, wir tanzten den „Mussolini“, grölten zu Westernhagens „Dicke“ mit und sangen mit Inbrunst Falcos „Jeanny“. Natürlich wollte niemand von uns vergewaltigt und ermordet werden, einige der Mitgröler hatten klares Übergewicht und wir dachten alle klar links. Was war da also mit uns los? Eins war schon mal klar: Eltern, Lehrer und die Medien regten sich über die Songs mächtig auf…

     

    Schon immer gab es Musik, die provozierte. Manchmal so sehr, dass sie verboten wurde. Aber auch ohne, dass sie im Radio laufen, haben grenzwertige Songs hohe Verkaufszahlen, eine Indizierung kann sich sogar als höchst werbewirksam erweisen.

     

    Warum ist das so? Was macht den großen Reiz und den Erfolg der Provokation aus? Um sich einer Antwort zu nähern, stellt dieses Buch über 70 umstrittene Songs aus der Zeit ab 1920 bis heute vor, chronologisch geordnet, einzeln aufgeschlüsselt, analysiert und bewertet.

    Schnell werden deutliche Unterschiede klar. Provokation kann etwas sehr gutes sein, für erstrebenswerte Ziele kämpfen, positive Veränderungen herbeiführen. Aber sie kann auch schlecht sein, menschenfeindliche Haltungen ausdrücken, sich rechtsradikal, antisemitisch, homophob oder sexistisch äußern, womöglich gar zu klarer Gewalt aufrufen.

     

    Nicht immer fällt die Einordnung leicht, nicht selten stellt man sich die Frage, ob der konkrete Song nur provozieren, eine satirische Zuspitzung darstellen oder womöglich doch ein Hass-Statement verbreiten will. Wichtig für die Beurteilung ist die Analyse, wer eigentlich im Song spricht. Die reale Person des Künstlers oder die öffentliche, für die Medien inszenierte Person? Oder die fiktive Persönlichkeit im Song? Michael Behrendt führt aus, wie man all das unterscheiden kann und weshalb es so wichtig ist, sich hier Klarheit zu verschaffen.

     

    In den hier chronologisch vorgestellten Songs findet sich praktisch zu jeder Haltung oder Intention ein Beispiel. Gleichzeitig macht man als Leser eine Zeitreise und kann verfolgen, wie sehr die populäre Musik ein Spiegel der Gesellschaft ist.

    Es tauchen dabei viele bekannte Namen und Songs auf, bei den älteren staunte ich manches Mal. Bill Haley’s „Rock around the clock“ ist nach heutigem Maßstab wirklich harmlos, war aber in den 50er Jahren Ausdruck der aufbegehrenden Jugend, eine »hochemotionale Absage an das Establishment mit seinen moralischen Zwängen und seinem Leistungsethos.« Man sieht: Was provoziert, ist immer abhängig von der Zeit und dem gesellschaftlichen Kontext. Zeiten ändern sich, die Gesellschaft ändert sich und was akzeptiert oder erlaubt ist und was provoziert, ändert sich entsprechend auch ständig.

     

    Reichlich interessante Infos sammle ich beim Lesen. Welches war zum Beispiel die erste indizierte Schallplatte in Deutschland? Was hatte es mit dem „Whitewashing“ in den 50er Jahren in den USA auf sich? Oder ein großes Erfolgserlebnis: Der Song „Hurricane“ von Bob Dylan führte tatsächlich zur Wiederaufnahme eines Strafverfahrens und letztlich einem Freispruch für den zuvor unschuldig Verurteilten. Sehr aktuell endet der Überblick mit dem Echo-Skandal rund um Kollegah & Farid Bang von Ende 2018.

    Die Auswahl der Songs ist natürlich eine subjektive und alles andere als vollständig. Mir fehlten auch so einige Titel bzw. Interpreten, nach der Lektüre fällt mir deren Beurteilung aber nun leichter.

     

    Zum Ende werden häufig zum Thema gestellte Fragen aufgegriffen und versucht zu beantworten. Hier gibt es noch mal genauere Ausführungen zu einzelnen Musikrichtungen, zum Moralverständnis von Rappern und zur Gefahr rechtsradikaler Songs. Es wird erklärt, was Zensur ist und was die Bundesprüfstelle tut, diverse Infos rund um das Thema Indizierung und die abschließende Betrachtung, wie wir zukünftig mit kontroversen, erst recht mit fragwürdig-kontroversen Songs umgehen können, runden alles ab.

     

    Fazit: Künstlerische Freiheit oder „Hate-Song“? Nach diesem interessanten und informativen Überblick ist man schlauer. Ein tolles Buch für jeden Musikinteressierten.

  5. Cover des Buches Wie Sie Ihre Hirnwichserei abstellen und stattdessen das Leben genießen (ISBN: 9783641119195)
    Giulio Cesare Giacobbe

    Wie Sie Ihre Hirnwichserei abstellen und stattdessen das Leben genießen

     (7)
    Aktuelle Rezension von: elRinas
    Also ich bin kein Italiener um ermesen zu können, ob diese gaga-Schreibe sich im Original vielleicht weniger schlimm anhört als ind er Übertragung... Finde es jedenfalls sehr gewöhnungsbedürftig und nicht immer witzig. Ansonsten vielleicht für eine bestimmte Zielgruppe, der ich nicht angehöre. Dennoch hat mich der Titel angezogen, weil ich u.a. mit einem jungen Menschen befasst war, der mir in dieser Art daherkommt: Gschwollen gscheit in seiner Schreibe aber gewöhnungsbedürftig, wenn er den Mund aufmacht. Nun für ihn wird das Buch passen, meine ich... Wo kann man heute schon Herzensbildung nachtanken, sollte mann denn überhaupt dieses Manko erkennen können? mal sehn? eher noch das eigene Leben (Schicksal) als Lehrmeister denn antike Philosophen... Giacobbe jedenfalls greift seine Joung Peaples Guide to Psychology sicher mitten aus dem Leben. Probleme erweisen sich doch meist als selbstgemacht / selbst erdacht... Das Buch erinnert ein wenig an: Der Erleuchtung ist es egal wie du sie erreichst... hey mann, welch eine Herausforderung!!!
  6. Cover des Buches No llores mi querida. Weine nicht, mein Schatz (ISBN: 9783945398753)
    André Pilz

    No llores mi querida. Weine nicht, mein Schatz

     (10)
    Aktuelle Rezension von: Wortmagie

    Bevor ich mit der Rezension zu „No llores, mi querida – Weine nicht, mein Schatz“ beginne, sollte ich euch erklären, wieso ich diesen Skinhead-Roman besitze. Ich habe eine tiefe persönliche Bindung zum Thema des Buches, zu der Szene, in der und für die der Autor André Pilz es geschrieben hat. Ich war selbst jahrelang in der linken bzw. unpolitischen Skinhead-Szene aktiv. Ich war ein Renee, ein Skingirl, mit allem, was dazu gehört: Musik, Kleidung, Lebensstil. Mittlerweile habe ich die Szene verlassen, weil ich mit der Stagnation selbiger nicht zurechtkam. „No llores, mi querida“ war das letzte ungelesene literarische Überbleibsel dieser Zeit. Als ich es von meinem SuB befreite, war ich extrem gespannt, wie es auf mich wirken würde. Eine Reise in meine Vergangenheit stand bevor.

    Skinhead, Skinhead, Oi Oi Oi! Diese Worte sind Ricos Schlachtruf. Jahrelang war Rico schwach, wurde geschubst und getreten, als er am Boden lag. Er schwor sich, niemals wieder so verletzlich zu sein. Er ist ein Skin, ein Krieger im täglichen Kampf gegen die brutalen Anforderungen einer Gesellschaft, in die er nicht passt. Gewalt und Exzess bestimmen seine Existenz. Seine Freunde sind ebenso Ausgestoßene wie er. Doch tief in seinem Herzen verzehrt sich Rico nach Hoffnung. Als er die Mexikanerin Maga kennenlernt und sich rettungslos in sie verliebt, stellt er sich zum ersten Mal die Frage, ob es nicht auch anders geht. Muss er die lähmende Verzweiflung, den Zorn, die giftige Bitterkeit ertragen? Gibt es keinen Ausweg aus der Abwärtsspirale seines Lebens? Entgegen aller Widerstände wird Maga zu Ricos Licht in der Dunkelheit und lehrt ihn, dass jeder Mensch eine Chance auf Glück verdient, sogar ein Skinhead.

    Meine Rückkehr in den Kosmos der Skinheads war seltsam. Es war merkwürdig, mit Gedanken konfrontiert zu werden, aus denen ich lange herausgewachsen bin. Ich musste mich erst wieder an den derben Tenor der Szene und den daraus resultierenden ordinären Schreibstil in „No llores, mi querida“ gewöhnen. André Pilz schont sein Publikum nicht und ich glaube, für Leser_innen, die noch nie mit der Szene in Kontakt gekommen sind, ist das Buch vermutlich zu krass, mit all der Gewalt, literweise Alkohol und einem Leben am äußersten Rand der Gesellschaft. Ich brauchte ein wenig, um mich auf Pilz‘ Schilderungen einzulassen, kam dann aber schnell rein und konnte mich mit der extremen Härte des Romans arrangieren, obwohl ich nicht behaupten kann, dass ich mich wohlfühlte. Das ist wahrscheinlich gar nicht möglich. Ricos Auffassung seiner Identität als Skinhead unterscheidet sich radikal von dem, was ich damals empfand. Ich hätte nichts mit ihm und seinen „Freunden“ zu tun haben wollen, weil ich sie als asoziale Prolls eingeschätzt hätte. Ich habe Skingirl zu sein niemals damit assoziiert, eine Kriegerin zu sein. Für mich ging es um bodenständige Werte; darum, sich innerhalb der Gesellschaft eigene Regeln und Grenzen zu schaffen. Für Rico hingegen sind die Glatze, die schweren Stiefel und sein provokatives Verhalten Ausdruck seines persönlichen Krieges gegen die Gesellschaft. Er ist ein Anarchist, benimmt sich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Er empfindet Hilflosigkeit, Ohnmacht und Weltschmerz und da er nicht weiß, wie er mit seinen Gefühlen umgehen soll, schlägt er nach außen. Das stimmt mich unheimlich traurig, denn in seinem Kern ist Rico hypersensibel, eine maßlos empfindsame Seele und eigentlich viel zu zart für unsere grausame Welt. Die schützende emotionale Mauer, die Menschen normalerweise davor bewahrt, angesichts all des Leids und des Elends in der Welt verrückt zu werden, hat Rico nicht. Er tut, als würde ihn das alles überhaupt nichts angehen, dabei zerbricht er sich täglich den Kopf darüber. Ich kann nachvollziehen, dass er glaubt, ein Krieger sein zu müssen, um zu überleben. Er kennt nur Extreme, trotz seiner erstaunlich weit entwickelten Intelligenz. Man traut es Rico nicht zu, aber er ist tatsächlich ziemlich klug und ich gehe mit den meisten seiner philosophischen, gesellschaftskritischen Überlegungen konform. Lediglich die Konsequenzen schätze ich anders ein. Man kann das System nicht von außen zerstören, man kann es nur von innen heraus verändern. In diesem Punkt bin ich einer Meinung mit Maga, die für Rico einfach alles ist. Sie ist Auslöser, Motivation und Perspektive seiner Veränderung. Er wäre vermutlich auch ohne sie eines Tages darauf gekommen, dass sein Dasein deprimierend und leer ist, dass seine „Freunde“ asoziale Schläger sind, denen nichts irgendetwas bedeutet, aber dank Maga sieht er eine Alternative. Ihretwegen erkennt er, dass er die Wahl hat, ein anderes Leben zu führen.

    Ich kann euch „No llores, mit querida – Weine nicht, mein Schatz“ ausschließlich unter ganz bestimmten Umständen empfehlen. Ich fand es zwar großartig, überraschend tiefsinnig und verblüffend berührend, aber es ist auch äußerst speziell, außergewöhnlich hart und ab und zu regelrecht abstoßend. Meiner Ansicht nach solltet ihr diesen Skinhead-Roman nur dann lesen, wenn ihr wahrhaft bereit für eine extreme, grenzwertige Variante des Konflikts zwischen Gesellschaft und Individuum seid. André Pilz treibt es auf die Spitze. Er kennt keine Tabus. Falls ihr meint, damit umgehen zu können, versucht es. Ich habe lediglich eine Bitte an euch. „No llores, mit querida“ mag autobiografische Elemente enthalten, doch bitte glaubt nicht, der Protagonist Rico und seine Truppe stünden stellvertretend für die gesamte Skinhead-Szene. Das ist nicht wahr. Ich habe in meiner Zeit in der Szene glücklicherweise nur wenige Gestalten kennengelernt, die ähnlich asozial und kaputt waren wie Rico. Die meisten Skins sind in einem gesunden Maß angepasst, wenn auch oft laut, wild und reichlich verrückt. Dieses Buch vermittelt nur einen winzigen Bruchteil der Realität. Skinhead zu sein kann vieles bedeuten. „Krieger“ ist nur eine Auslegung.

    P.S.: Für all diejenigen unter euch, die Schwierigkeiten mit der Unterscheidung von Skinheads und Nazis haben und nach dieser Rezension ein bisschen verwirrt sind, finden auf der folgenden Website eine Erklärung der Szene: Du sollst Skinheads nicht mit Nazis verwechseln

  7. Cover des Buches Und wir scheitern immer schöner (ISBN: 9783866080546)
    Dirk Bernemann

    Und wir scheitern immer schöner

     (125)
    Aktuelle Rezension von: Gedankenkneuel
    Nicht ganz so gut, wie der Vorgaenger, aber dennoch lesenswert.
  8. Cover des Buches Eine Frage des Verlangens (ISBN: 9783837125665)
    Sylvia Day

    Eine Frage des Verlangens

     (2)
    Aktuelle Rezension von: TWDFanST

    Inhalt

    Lady Elizabeth Hawthorne und Marcus Ashford, der Earl of Westfield, verbindet eine gemeinsame Vergangenheit. Die beiden waren verlobt, bis Elizabeth ihn wegen seiner angeblichen Untreue verlässt. Vier Jahre später kreuzen sich die Wege der beiden erneut. Elizabeth wird von einem Unbekannten bedroht und ausgerechnet Marcus wird zu ihrem Schutz abgestellt. Prompt fühlen sich die beiden geradezu magisch voneinander angezogen...


    Bewertung

    "Eine Frage des Verlangens", gelesen von Michael Hansonis, ist ein typischer Liebesroman, der in der Adelswelt angesiedelt ist. Leider ist der Roman viel zu kitschig und auch das Ende ist viel zu vorhersehbar. Zudem passt die Stimme von Michael Hansonis nicht unbedingt, wirkt irgendwie nicht leidenschaftlich genug. Auf jeden Fall kann "Eine Frage des Verlangens" nicht mit der "Crossfire"-Reihe mithalten.

  9. Cover des Buches Grenzwertig (ISBN: B00GA7S0Q8)
    Martin Bühler

    Grenzwertig

     (27)
    Aktuelle Rezension von: juergen_schmidt

    Zu diesem Buch ist schon einiges gesagt worden. Für mich war es eine gleichermaßen spannende wie interessante, auch fragwürdige Lektüre zum Thema Samenspende. Einem Thema, über das man allgemein recht wenig weiß.

     Im Mittelpunkt des Buches steht Franziska aus Wien. Die junge Frau ist querschnittsgelähmt, hat früh ihren Vater durch einen unverzeihlichen Selbstmord (er trug die Schuld an Franziskas Unfall) verloren, und sehnt sich mit 32 Jahren nach einem eigenen Kind. Das ist ihr einziger Wunsch an ein Leben, mit dem sie sich mittlerweile arrangiert hat. Der Autor entwickelt von Anfang an eine große Sympathie für die hübsche Anwältin im Rollstuhl. Er fragt sich dennoch, ob er es verantworten kann, ihr den Wunsch mittels Samenspende zu erfüllen. Sorgfältig wägt er das Pro und Contra ab, konfrontiert Franziska mit seinen Gedanken und trifft am Ende nach einigem Hin und Her die Entscheidung, ob er ihr helfen will oder nicht.

    Als Leser kam mir dieses „In sich gehen“ etwas übertrieben, stellenweise sogar überheblich vor, wenn ich an den erpressten Friedhofsbesuch denke. Der Inklusionsgedanke (Zugehörigkeit statt Ausgrenzung!) scheint hier noch gar nicht angekommen zu sein. Andererseits mag das Bühlers Vorgehensweise sein, mag das seinem Gewissen entsprechen. Das kann man dann schon irgendwie, vielleicht auch nur zähneknirschend akzeptieren. Erfreulicherweise behauptet Bühler nicht, den einzig richtigen Weg zu kennen. 

    Das Buch klammert alles scheinbar Unnötige aus, dabei wären auch andere Aspekte spannend gewesen. Beispielsweise seine eigene, private Partnerschaft, der Freundeskreis oder die Familie. So waren seine ständigen, rund zwanzig Flugreisen zu Franziska nach Wien offensichtlich nie ein Problem. Private Rücksichtnahmen, Absprachen, Diskussionen, Liebe, Leidenschaft, Eifersüchteleien und das ganze Pipapo fanden leider nicht statt, hatten für Martin Bühler offenbar nichts mit der Sache zu tun. Interessant wäre es trotzdem gewesen …

  10. Zeige:
    • 8
    • 12

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks