Bücher mit dem Tag "gulag"
78 Bücher
- Jonas Jonasson
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
(5.932)Aktuelle Rezension von: YviLesemausAllan Karlsson hält nichts von Politik und Religion - dafür umso mehr von Spirituosen.
Als der 100 jährige im Altenheim Malmköping an seinem Ehrentag aus dem Fenster im 1. Stock seines Zimmers steigt, ist das ganze Land plötzlich in Aufruhr.
Währenddessen erlebt Allan ein Abenteuer, wie auch schon viele zuvor in seinem turbulenten Leben.
Eins vorweg - ich mag den Stil des Autors, der Humor gefällt mir und diese Ansammlungen von komischen Szenarien. Auch der Schreibstil passt dazu, man kommt gut voran im Buch.
Da im Buch die Vergangenheit des Protagonisten Schritt für Schritt beschrieben wird und dann wieder abgewechselt wird mit der Gegenwart 2005, war ich oft etwas zwiegespalten beim Lesen.
Allan der ja keine Politik mag aber sich in die gesamte Weltpolitik verstrickt - manche Geschichten waren echt gut, jedoch das politische war mir dann etwas zu viel. Da war für mich dann zeitweise auch der Lesefluss gestört und ich freute mich auf die Gegenwarts-Passagen.
Sonst ist es ein sehr origineller Roman, mit viel Humor und kreativen Erzählungen. Auch die Protagonisten wachsen einen ans Herz und das sind nicht wenige.
- Tom Rob Smith
Kind 44
(773)Aktuelle Rezension von: SternenstaubfeeDie Geschichte spielt in Moskau/ in der Sowjetunion 1953. Auf Bahnschienen wird ein toter Junge gefunden, der ganz offensichtlich ermordet wurde, doch zu Stalins Zeiten hat es keine Verbrechen zu geben. Also ist der Junge verunglückt. Auch Geheimdienstoffizier Leo Demidow glaubt zunächst daran, doch im Laufe der Geschichte beginnt er, die Dinge zu hinterfragen und seine Meinung zu ändern...
** Die Geschichte ist beklemmend, bedrückend, manchmal schwer zu ertragen. Ab der ersten Seite herrscht eine unglaublich düstere Atmosphäre. Gleichzeitig ist der Roman sehr spannend. Einerseits möchte man den Roman weglegen, weil die Stimmung so bedrückend ist, andererseits möchte man unbedingt weiterlesen, um zu erfahren, was als nächstes geschieht. So ging es mir.
Das Buch regt zum Nachdenken an.
27.08.2024
- Eugen Ruge
Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna
(289)Aktuelle Rezension von: Anna_BubeEine Nacherzählung des Untergangs von Pompeji mit teils fiktiven Charakteren.
Mir hat der Schreibstil sehr gut gefallen. Wie der Autor immer Mal wieder mit einem Augenzwinkern Bezug auf den Leser nimmt.
Auch die Geschichte an sich fand ich sehr interessant und humorvoll erzählt. Jeder hat natürlich schon Mal von dem Schicksal Pompejis gehört. Aber durch dieses Buch kann man sich eine bessere Vorstellung von den damaligen Verhältnissen und Geschehnissen machen. Auch wenn es die Personen nicht alle tatsächlich gab.
Jowna ist die Hauptperson, ein junger Mann der eher zufällig bei einem Vortag eines Wissenschaftlers erfährt, dass die Stadt auf einem wieder erwachten Vulkan liege, der aller Voraussicht nach bald ausbrechen würde. Jowna beschließt alles daran zu setzen den Bewohnern die Gefahr deutlich zu machen und sie dazu zu bewegen die Stadt zu verlassen. So macht sich der einstige Herumtreiber allmählich einen Namen. Mit einer Hand voll Philosophen versucht er eine neue Siedlung am Meer zu gründen. Ein kühner Plan, aber das Schicksal legt ihm so einige Steine in den Weg, am Ende sogar buchstäblich.
- Glenn Meade
Operation Romanow
(37)Aktuelle Rezension von: Dominik_HellenbeckMeade schrieb Operation Romanow offenkundig in der Tradition antiquierter Illustrierten- Fortsetzungsromane - in dieser grell bunten Mantel- und- Degengeschichte tummeln sich finstre Schurken und unüberwindbare Helden, mit Lydia Ryan gibt es auch eine Art „Piratenbraut“, atemberaubend schön und tough. Überhaupt begegnet der Leser allerlei Gestalten in Russland, Irland und England, bevor Handlungsstränge sichtbar werden.
Entzweite Brüder, Liebe, Triebe, Hiebe - gefühligen Herz-Schmerz gibt es satt. Wer Kolportageromane des 19. Jahrhunderts liebt, kommt hier voll auf seine Kosten, wer an Meade's schnörkellos-stringenten Unternehmen Brandenburg Gefallen fand, eher weniger.
- Sam Eastland
Der rote Sarg
(28)Aktuelle Rezension von: SkyDer Panzer, der den Krieg verändert
Pekkala, ehemaliger Sonderermittler des Zaren und im ganzen Land als das Smaragdauge bekannt, steht nun unter Stalins Führung im Dienste der russischen Regierung. Er ist einer der Wenigen, die das Wort gegen Stalin erheben können ohne das ihm der Kopf abgeschlagen wird oder um sein Leben fürchten muss. Sein neuester Auftrag verschlägt ihn zu der Entwicklung eines Panzers. Der T-34, der von Stalin große Bedeutung hat und für dessen Entwicklung höchste Geheimhaltung gilt, soll alles bisherige in den Schatten stellen. Doch Oberst Nagorski, hauptverantwortlich für dieses Projekt, scheint von seinen eigens konstruierten Panzer zerquetscht worden zu sein. Pekkala soll der Sache auf den Grund gehen, denn jemand steckt hinter diesem Tod, der als vermeidlicher Unfall gilt. Ist Nagorski wirklich einem Attentat zum Opfer gefallen? War es nur ein Unfall? Wer weiß vom Panzerprojekt und will es verhindern? Steckt der Feind in den eigenen Reihen?
In Pekkalas zweiten Fall stehen wir kurz vor dem zweiten Weltkrieg, der über Europa hereinbricht. Pekkala versucht dies zu verhindern und kann mit seinen Schattenpass durch Russland marschieren ohne das ihm jegliche Konesequenzen drohen. Er darf sich alles nehmen, man darf seine Motive nicht hinterfragen, jeder ist gezwungen ihm zu gehorchen und ihm zu geben, was er verlangt.. Nur sehr wenige sind im Besitz eines solches Passes, der ihnen alle möglichen Rechte einräumt. Gemeinsam mit seinem Assistenten Kirow, der im ersten Fall zu ihm gestoßen ist und nun zum Major erhoben wurde, ermittelt er diesen politisch wichtigen Fall und liefert sich mit ihm witzigen und teilweise ernsten Schlagabtausch. Während beide im ersten Fall noch ziemlich blass wirkten, entwickeln sie sich zu vollwertigen Charakteren mit eigenwilligen Eigenschaften. Kirow, als leidenschaftlicher Koch und Genießer, verurteilt gerne und oft Pekkalas einfache Art, seine Essgewohnheiten und vor allem seinen Hang zur Kleidung, die andere Menschen zu ihrer Beerdigung tragen. Im Gegensatz ist das Mysterium Pekkala eine bodenständige und herzensgute Person.
Die Menschlichkeit der Beiden trägt den Roman. Sie sind keine Übermenschen mit fast schon übernatürlichen Fähigkeiten, sondern vielmehr Persönlichkeiten mit gewissen Talenten, die sie zum Einsatz bringen können. Doch hier fangen die Probleme an: Pekkalas absolutes Gedächtnis wird im zweiten Fall nicht einmal genutzt, geschweige denn erwähnt und oftmals wirkt er fast schon hilflos herumirrend, darauf wartend, dass einfach irgendetwas geschieht. Der Ermittelungsprozess ist dadurch eher schleppend und entstehende Ergebnisse kratzen nur an der Oberfläche, obwohl sie pointiert sind und den Anstoß für interessante Wendungen geben oder geben könnten.
Das Geschehene stoßt sich seine Knie leider oft an den Kanten der Logik. Zwar fängt Sam Eastland die kalte russiche Stimmung ein, aber es gelingt ihm nicht das Diktatorische und Stalins Herrschaft auszuarbeiten oder in irgendeiner Weise das Leiden der Bevölkerung abzulichten. Nicht einmal kommen die beiden Ermittler damit in Berührung und so wirkt die Geschichte im historischen Kontext, in dem sie steht, ziemlich deplatziert. Auch die Handlung selbst hat mit seinen Problemen zu kämpfen. Die Ereignisse können einfach so geschehen ohne das plausibel erklärt wird, warum in einem kontrollierten Staat, vor allem bei einem solchen Projekt, solche Fehler passieren können ohne das jemand davon Wind bekommt. Das Pekkala, auch wenn er fast eine Art Legende darstellt, einen solchen Sonderstatus bei Stalin genießt und ihn sogar verhöhnen darf, schadet der authentischen Seite des Romans anstatt ihr interessante Facetten zu verleihen. Es schadet zudem den Spannungsmomenten, die "Der rote Sarg" besitzt, aber durch solche logischen Fehler reduziert werden.
Erzählt ist das Ganze wieder, wie im Vorgänger, in zwei Zeitebenen. Einmal die Haupthandlung, die aus Sicht von Pekkala den Verlauf schildert, wie er den Fall rund um dem Tod von Nagorski und die Gefährdung des Projektes um den T-34 bearbeitet, und die Rückblenden aus seinem Leben, als er noch Sonderermittler des Zaren war, Anschläge überlebt und Rasputin ein Berater der Zarenfamilie war. Dieser Wechsel führt dazu, dass Pekkalas Persönlichkeit tief beleuchtet wird und gerade seine menschliche Seite immer spürbarer wird. Gerade die Rückblenden geben Erkenntnisse preis, die einen immer wieder verwundern und dem Roman eine gewisse Dynamik verleihen.
Nichtsdestotrotz bleiben die logischen Lücken, die sich im Laufe der Geschichten nur vergrößeren statt verschlossen werden. Vor allem am Ende kommen immer wieder kopfschüttelnde Momente, die den endgültigen Showdown hervorrufen, bei dem man sich die Frage stellt, wie das alles möglich gewesen ist ohne auch nur eine einzige Antwort zu erhalten. So bleibt nur die durch den Schreibstil entstehende Spannung, aber keine schlüssige Abschließung des Falles an sich.
Fazit
Sam Eastland macht in "Der rote Sarg" charatkertechnisch Boden gut, hat eine spannende, wenn auch karge, Schreibe, die sich aber an den logischen Fehlern und der fehlenden Authenzität die Finger blutig kratzt. "Der rote Sarg" ist unterhaltsam und pointiert, aber auch hier wurde wieder Potenzial verschenkt.
- Tom Rob Smith
Kolyma
(289)Aktuelle Rezension von: katha84Leo hat sein Leben geändert. Er leitet inzwischen das geheime Morddezernat und versucht sich so zumindest von einem Teil seiner Schuld rein zu waschen. Zusammen mit seiner Frau versucht er Soja und Elena eine neue Familie zu geben. Aber grade Sofa kann Leo den Tod ihrer Eltern nicht verzeihen. Und dann taucht auch noch jemand aus Leos Vergangenheit auf und scheint alles zu bedrohen, was er sich aufgebaut hat. Kann er seine Familie noch retten oder ist alles verloren?
Der zweite Teil hat mich längst nicht so gepackt, wie Band 1. Aber das ändert nichts daran, dass es wieder ein sehr gutes Buch war. Voller Schrecken und Grausamkeiten, die man sich gar nicht vorstellen will. Grade die Kapitel in Kolyma sind ziemlich hart. Aber es ist Sojas Geschichte und ihr unglaubliches Leid, das einen so mitnimmt. Tom Rob Smith hat einen sehr eindringlichen Schreibstil und die Story bringt einen unwillkürlich zum nachdenken. Vieles geschieht hier aus Rache und Hass. Und auch wenn man das vielleicht nachvollziehen kann, da Leo wirklich schlimme Dinge getan hat, macht mich das alles ziemlich traurig und fassungslos. Keine leichte Kost - grade auch, in der heutigen Zeit.
- Alexander Solschenizyn
Der Archipel GULAG
(53)Aktuelle Rezension von: DrGordonDas Buch zum Thema sowjetisch-russischer Terror und kommunistischer Diktatur. Trotzdem der Autor gut beschreibt, das die Gulags bereits zur Kaiserzeit existiert haben. Egal mit wem ich über das Thema Vertreibung, Verbannung des sowjetischen Kommmunismus rede, empfehle ich Solschenizyn zu lesen. Als ein Art Grundlagenwerk Wenn ich Archipel Gulag gelesen habe, kann ich andere Bücher und Autoren (z.B. Herta Müller oder der chinesische Nobelpreisträger Gao Xingjian) besser verstehen und einordnen. Das Buch lässt niemanden kalt. Resumée: Absolut empfehlenswert und lesenswert. - Lee Child
Sniper
(113)Aktuelle Rezension von: HoldenIn einer namenlosen Stadt in Indiana begeht ein ehemaliger Army-Scharfschütze ein scheinbar willkürliches Massaker mit fünf Zufallsopfern, der Täter wird schnell gefaßt und fragt nach Jack Reacher. Alles weitere ist extrem langsam geschrieben, die Figuren bleiben unglaubwürdig bzw. psychologisch egal, am Interessantesten sind die Geschichten über Reachers Nomadenleben und die Erfahrungen "des Zec" in der Schlacht um Stalingrad. Thriller geht auch in spannend mit spannenden Figuren und einem aufregenden Background, hier wird nur erzählt, wie die Leute um 3 Blocks nach Westen gehen und dann 4 Blocks nach Norden.
- Gusel Jachina
Suleika öffnet die Augen
(66)Aktuelle Rezension von: itwt69Von den historischen Begebenheiten her gesehen ist der Roman sehr interessant, vor allem die monatelange Reise quer durch die UDSSR gen Osten mit Ziel sibirische Taiga an der Angara und der Aufbau einer Ansiedlung durch die Deportierten, hauptsächlich vertriebene Tataren. Diese "Kulaken" schafften es unter widrigsten Bedingungen zu überleben. Das Schicksal Suleika's hat mich nicht übermäßig berührt, deswegen "nur" 3 Sterne.
- Haase Holger
Aufstieg in den Abgrund
(6)Aktuelle Rezension von: MagdaCarola Neher, in der Goldenen Zwanzigern als schönste Frau Deutschland und begabte Schauspielerin groß gefeiert, von vielen bewundert und beneidet, endete als Sträfling in einem sowjetischen Gefängnis. Ihre Lebensgeschichte ist ungewöhnlich und sehr spannend, deswegen reizte mich das biografische Roman über sie, der aus der Feder des Journalisten Holger Haase stammt.
Wie der Autor im Nachwort selbst erklärt, gibt es viele Nachweise über das Leben von Carola Neher in Deutschland. Diese autobiografischen Belege dienten ihm als Grundlage für den Roman über die Schauspielerin. Die Erzählung über die Zeit des Exils entspringt mehr der Fantasie des Autors, weil über diesen Lebensabschnitt der Protagonistin nur wenige Zeugnisse gibt.
Zwar ist das Schicksal von Carola Neher bewegend, aber der Roman hat mich nicht wirklich berührt. Besonders der erste Teil über ihre glänzende Karriere in Deutschland, emotionslos und trocken erzählt, ähnelt mehr einem sachlichen Bericht als einem Roman. Der Schauspielplatz der Geschichte wirkt theatralisch, die Protagonistin bleibt unsympathisch und unnahbar. Dieser Teil des Romans lässt sich nur zäh lesen, die Geschichte konnte mich nicht packen.
In dem zweiten Teil des Romans lässt der Autor die Protagonistin besser kennenlernen, ihr oft nicht nachvollziehbares Verhalten besser verstehen. Carola Neher, die sowohl auf der Bühne wie auch privat große Erfolge feierte, musste zum Schluss, bei den Verhören vom sowjetischen Geheimdienst, die schwerste Rolle ihres Lebens spielen. Denn auf dem Spiel standen diesmal entweder ihre Rückreise nach Deutschland oder Gulag; es war ein Spiel um Leben und Tod.
Die Lebensgeschichte des einst gefeierten Stars ist tragisch und bewegend. Da mich aber der Roman darüber nicht überzeugen konnte, kann ich das Buch lediglich mit drei Sternen bewerten.
- Eliot Pattison
Der fremde Tibeter
(85)Aktuelle Rezension von: ArmilleeBis zur 110. Seite habe ich gelesen, (dafür habe ich 11 Tage gebraucht) dann stellte ich mir selbst die Frage : kapiere ich diese Geschichte als Ganzes ?
Eine fremde Kultur mit jeder Menge Fremdworte. Ich habe keine Lust andauern zu googeln, was Glaubensrichtungen und Ausdrucksweisen zu bedeuten haben. Davon abgesehen war der Plot überaus brutal und Menschenverachtend.
Es hat einfach keinen Spaß gemacht das zu lesen.
- Lara Prescott
Alles, was wir sind
(111)Aktuelle Rezension von: Simone1985Ich habe das Buch geschenkt bekommen und war anfangs etwas unwillig ein Buch über ein mir unbekanntes (berühmtes) Buch zu lesen. Dr. Schiwago war mir ein Begriff, aber ich kannte die Geschichte nicht. Das tut jedoch dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
Das Buchcover ist wunderschön gestaltet und sehr ansprechend.
Der Schreibstil ist packend und informativ, dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Man lernt viel über die Zeit des Kalten Krieges. Ich mag es, wenn man beim Lesen nebenbei noch etwas über Geschichte lernen kann.
Es geht um Liebe, Spionage und Gegenspionage, Frauen, Politik und Macht. - Alexander Solschenizyn
Der Archipel GULAG I
(35)Aktuelle Rezension von: HypochrisyIn den drei Bänden seines monumentalen Werks »Der Archipel GULAG« hat Solschenizyn die Geschichte des GULAG, dieses Reichs des Terrors, mit der dokumentarischen Sorgfalt eines Historikers und der Sprachgewalt eines großen Epikers aufgezeichnet. »Was die vorliegenden Seiten enthalten, ist keine Beschreibung des Lagerlebens, sondern eine politische Vorgeschichte, die Chronik der Entstehung dieses unheimlichen Inselreichs …« (Neue Zürcher Zeitung) - Josef Martin Bauer
So weit die Füße tragen
(86)Aktuelle Rezension von: ZamsIch dachte zuerst das sei eine wahnsinnig atemberaubende Geschichte, allerdings keimten immer wieder Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Erzählers auf, was laut meiner Recherche auch zu Recht war. Keiner der Gefangenen hatte wirklich was verbrochen, würde ich natürlich auch behaupten. Das war schon in vielen Fällen so, ist klar, aber definitiv nicht in allen, aber wie gesagt, liegt nahe dass man das behauptet. Der Rassismus und Fremdenhass des Protagonisten triefte nur so aus den Worten, obwohl ihm das selbst anscheinend nicht bewusst war (auch da ziemlich sicher ein Produkt der Zeit), und am Ende schienen seine Beweggründe auch auf einmal nicht mehr wesentlich gewesen zu sein. Was mich aber wirklich zur 1* Rezession bewegt hatte war der Schreibstil, der das Buch so zäh gemacht hätte, dass es sich anfühlte als würde ich mich literarisch auch von Sibirien nach Hause kämpfen. Bin aber auch selber schuld dass ich es nicht einfach abgebrochen habe.
- Alexander Solschenizyn
Der Archipel GULAG III
(18)Aktuelle Rezension von: HypochrisyIn den drei Bänden seines monumentalen Werks »Der Archipel GULAG« hat Solschenizyn die Geschichte des GULAG, dieses Reichs des Terrors, mit der dokumentarischen Sorgfalt eines Historikers und der Sprachgewalt eines großen Epikers aufgezeichnet. »Was die vorliegenden Seiten enthalten, ist keine Beschreibung des Lagerlebens, sondern eine politische Vorgeschichte, die Chronik der Entstehung dieses unheimlichen Inselreichs …« (Neue Zürcher Zeitung) - Tom Rob Smith
Agent 6
(165)Aktuelle Rezension von: JessisBuchwelt„Agent 6“ von Tom Rob Smith hat mich leider enttäuscht. Während die Prämisse, Leo Demidow durch die düsteren Zeiten des Kalten Krieges zu begleiten, vielversprechend klingt, konnte die Umsetzung für mich nicht überzeugen. Die Geschichte zieht sich über Jahre und verschiedene Länder hinweg, aber anstatt einer packenden Reise erlebte ich eine Handlung, die oft langatmig und stellenweise chaotisch wirkte.
Die Charaktere, allen voran Leo, sind zwar interessant angelegt, aber ihre Entwicklung bleibt oberflächlich. Besonders der Mittelteil des Buches hat sich für mich wie ein zäher Strudelteig gezogen – man wartet und wartet, dass es spannend wird, doch diese Spannung kommt erst sehr spät. Selbst die emotionalen Momente, die eigentlich dramatisch hätten sein sollen, ließen mich eher kalt, da sie nicht ausreichend vertieft wurden.
Was mich ebenfalls gestört hat, ist die übermäßige Komplexität der verschiedenen Handlungsstränge. Sie haben mich eher verwirrt, anstatt die Geschichte voranzutreiben. Statt eines intensiven Thrillers bekam ich eine teils schwer verständliche und unnötig komplizierte Geschichte, die mich nur mühsam bei der Stange halten konnte.
Das Ende war für mich ein weiterer Schwachpunkt. Es fühlt sich abrupt an, viele Fragen bleiben offen, und der emotionale Höhepunkt, den ich mir nach all den vorhersehbaren Wendungen erhofft hatte, blieb aus. Ich hätte mir mehr Tiefe und Klarheit gewünscht, vor allem in Bezug auf Leos familiäre Beziehungen und die politischen Konsequenzen seines Handelns.
- David Grossman
Was Nina wusste
(72)Aktuelle Rezension von: CorisoZeitgeschichtlich geht es um das jugoslawische Umerziehungslager für politisch Gefangene auf der Gefängnisinsel Goli Otok. Das Buch "Was Nina wusste" beruht auf realen Ereignissen: Eva Panić-Nahir hat laut Klappentext ihre Lebensgeschichte David Grossmann selbst erzählt. Angelehnt an Eva, entstand die 90-jährige Vera, deren Enkelin Gili am Geburtstagsfest im Kibuz beschließt, einen Film über die Lebensgeschichte ihrer Großmutter zu drehen. Sie selbst hat nie eine sichere Bindung zu ihrer Mutter Nina aufbauen können und wird durch das Aufwachsen bei ihrer Großmutter zur Schlüsselfigur von Aufarbeitung und Heilung.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Die Verwobenheit von politischen Ereignissen und deren Wirken über Generationen hinweg in Familien ist großartig beschrieben. Die Logik, aus der die Frauen Vera, Nina und Gili jeweils handeln, wird nachvollziehbar und emotional mitnehmend beschrieben. Die Aufarbeitung der Familiengeschichte in einem selbstgedrehten Film am Ort des Ursprungs, auf der Insel Goli Otok, zu drehen und damit zu bündeln ist gut gemacht. Kein Buch zum schnell mal runterlesen, aber wer Tiefe verwoben mit Zeitgschichte mag, ist hier gut aufgehoben.
- Wassili Grossman
Leben und Schicksal
(25)Aktuelle Rezension von: JosseleAllein schon dieser Band ist ein Riesenwälzer und dabei handelt es sich „nur“ um den zweiten Band eines doppelbändigen Romans über den Krieg zwischen Deutschland und der Sowjetunion und insbesondere über die Schlacht von Stalingrad. Der chronologisch erste Band trägt den Titel Stalingrad. Entstanden ist die Dilogie in der Zeit von 1942 – ca. 1960. Die Veröffentlichungsgeschichte ist wegen der sowjetischen Zensur ein eigener Roman. Unzensiert auf Deutsch ist seltsamerweise der zweite Teil im Jahr 2021 nach dem hier vorliegenden, der 2007 erschien, herausgekommen.
Gegenüber dem ersten Band unterscheidet sich Leben und Schicksal vor allem auch durch die harte und klare Kritik an den Zuständen in der Sowjetunion, weshalb dieser Roman dort zu keiner Zeit, auch nicht entschärft oder teilweise zensiert, erscheinen konnte. Erstmals erschien er daher 1980 in der Schweiz. Zu verdanken ist das mehreren Schmugglern, die das Manuskript aus der Sowjetunion heraus brachten. Wladimir Woinowitsch berichtet in seinem Nachwort davon.
Der Entstehungsgeschichte der Dilogie ist es wohl geschuldet, dass manche Namen sich im ersten und zweiten Band unterscheiden. So wird Jewgenia Nikolajewna, die in Stalingrad Schenja hieß, in diesem Band Genia gerufen und der im ersten Band lediglich als Übergeber eines Päckchens auftretende Iwannikow heißt als Gesprächspartner von Mostowskoi in einem deutschen Lager und Autor einer philosophischen Betrachtung nun Ikonnikow-Morsch.
Sehr offen formuliert Grossman Kritik an der kommunistischen Einheitspartei: „Das Parteibewusstsein bestimmte auch die Haltung des Parteifunktionärs gegenüber einem Buch oder einem Bild; deshalb musste er, ohne zu zögern, auf einen vertrauten Gegenstand, auf ein Buch etwa, das er liebte, verzichten, sofern seine eigenen Neigungen mit dem Interesse der Partei in Konflikt zu geraten drohten.“ (List Tb, 4. Aufl. 2016, S. 120) oder „Grausam und hart waren manchmal die Opfer, die Getmanow um seines Parteibewusstseins willen bringen musste.“ (ebd., S. 120)
Der Autor macht kein Geheimnis daraus, was er von dieser Art von Unehrlichkeit hält: „Es laufen so viele Nullen herum. Die Menschen haben Angst, ihr Recht auf Ehrlichkeit zu verteidigen, sie geben zu leicht nach. Kompromisslertum und erbärmliches Verhalten allenthalben.“ (ebd., S. 991)
Und in Bekräftigung seiner Theorie, dass die Menschen sich ihre Freiheit nicht dauerhaft nehmen lassen, erwähnt Grossman auch die Aufstände in den sozialistischen Ländern: „Da ist der poststalinistische Berliner Aufstand im Jahr 1953 und der ungarische Aufstand im Jahr 1956, da sind die Aufstände, die nach Stalins Tod in den Lagern Sibiriens und des Fernen Ostens aufflammen.“ (ebd., S. 257/258)
Bei aller Kritik am Kommunismus sowjetischer Prägung bezieht Grossman doch klar Stellung gegen den Faschismus: „Die Welt wird an jenem Tag in Blut ertrinken, an dem der Faschismus sich seines endgültigen Triumphes völlig sicher sein wird. Hat der Faschismus einmal keine bewaffneten Feinde mehr auf der Welt, dann werden seine Henker, die Kinder, Frauen und Greise töten, völlig das Maß verlieren. Der Hauptfeind des Faschismus bleibt der Mensch.“ (ebd., S. 233)
Eine gehörige Spitze gegen die nationalsozialistische Ideologie platziert Großmann auch nochmal gegen Ende: „Man konnte nur staunen! So viele von ihnen waren klein, hatten große Nasen und niedrige Stirnen, komische Hasenmäulchen und Spatzenköpfe, so viele Arier waren schwarzhaarig, pickelig und sommersprossig.“ (ebd., S. 966)
Ich las dieses Buch zum zweiten Mal, das erste Mal war vor ca. einem Jahrzehnt und im Gedächtnis geblieben ist mir vor allem dieser Brief, den Strums Mutter ihrem Sohn aus einem jüdischen Ghetto schreibt in der Erwartung, es sei ihr letzter Brief an ihn (ebd., S. 94-109). Und wieder passiert es. Ich weine! Es gibt einige Bücher, die mich berührt haben, aber keines hat mich so tief berührt, dass mir Tränen die Wange hinunterliefen. Doch diese Zeilen schaffen es zum zweiten Mal. Unglaublich.
Zwischendurch nimmt sich der Autor immer mal wieder Zeit, philosophische oder historische Betrachtungen anzustellen. So lässt er den als Christen, der den Glauben an einen Gott verloren hat, auftretenden Ikonnikow-Morsch sagen: „Ich habe das große Leiden der Bauern gesehen, die Kollektivierung aber wurde im Namen des Guten durchgeführt. Ich glaube nicht an das Gute, ich glaube an die Güte.“ (ebd., S. 27/28) und lässt ihn dann umfangreiche Überlegungen anstellen über das Gute und die Güte.
Selbst über die künstliche Intelligenz lässt sich der Autor aus, wohlgemerkt in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts: „Man kann sich die Maschinen der zukünftigen Jahrhunderte und Jahrtausende vorstellen. Sie wird Musik hören, Malerei beurteilen, selbst Bilder malen, Melodien erschaffen, Verse schreiben. Gibt es eine Grenze für ihre Vollkommenheit? Wird sie dem Menschen gleich werden, ihn übertreffen?“ (ebd., S. 258)
Interessanterweise lässt Grossman den Physiker Pjotr Lawrentjewitsch Sokolow eine Klage anstimmen, die man auch später und bis heute in Deutschland vernimmt: „Wir Russen dürfen aus irgendeinem Grund nicht auf unser Volk stolz sein, im Nu stempelt man es als Chauvinismus und Dunkelmännertum ab.“ (ebd., S. 349)
Es gibt auch kleine Fehler und Seltsamkeiten in dem Buch, wobei natürlich für den Leser nicht zu klären ist, wie die zustande kamen. So ist der deutsche Offizier Liss mal Sturmbannführer und mal Obersturmbannführer, manche Namen oder Schreibweisen ändern sich zwischen ‚Stalingrad‘ und ‚Leben und Schicksal‘ und Vera ist im zweiten Teil mit Viktorow verheiratet, was sie im ersten noch nicht war. Allerdings fand erzählerisch nie eine Hochzeit statt.
Einem Satz des Nachworts von Jochen Hellbeck möchte ich an der Stelle ausdrücklich zustimmen: „Doch eröffnet sich eine gänzlich neue Lektüre, wenn man ‚Leben und Schicksal‘ als den zweiten Teil der von Grossman so intendierten Dilogie betrachtet.“ (ebd., S. 1074) Denn plötzlich erscheint Grossman nicht mehr, wie man den Eindruck gewinnen kann, wenn man den zweiten Band isoliert liest, als ausschließlich regimekritischer Autor, sondern als Autor, der voller Begeisterung für die Revolution den Glauben an das „Gute“ im Laufe seines Lebens und der Ereignisse verlor und dem die „menschliche Güte“ als Lösung gegenüberstellt.
In Summe ein Buch, was alles hat, was ein brillantes Werk braucht. Spannung, Liebe, Verrat, Politik, Philosophie und vieles mehr. Fünf Sterne. Dieses Buch gehört mit Sicherheit zu den Top Ten der besten Bücher, die ich je gelesen habe.
- Sasha Filipenko
Rote Kreuze
(184)Aktuelle Rezension von: petraellenAutor
Sasha Filipenko
Inhalt
Der junge Alexander ist gerade nach Minsk gezogen. Vor kurzem hat er seine Frau verloren und muss sein Leben mit seiner kleinen Tochter neu ordnen.
Auf dem Stockwerk seiner Wohnung lebt noch eine neunzig Jahre alte Frau, alleinstehend und an Alzheimer erkrankt. Nach einer kleinen Stadterkundung kommt er zu seiner Wohnung zurück und stellt mit Erstaunen fest, dass jemand ein rotes Kreuz auf seine Wohnungstür gemalt hat. Es stellt sich heraus, dass seine Nachbarin Tatjana Alexejewna es war. Alexander hält es zunächst für einen Scherz, doch Tatjana Alexejewna erklärt ihm, dass sie das Rote Kreuz braucht, um den Weg nach Hause zu finden. Sie erklärt Alexander, dass bei ihr kürzlich Alzheimer diagnostiziert wurde. Sie weiß, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Krankheit ihr Gedächtnis zerstört und ihre Erinnerungen ausgelöscht hat. Tatjana bittet Alexander in ihre Wohnung und will ihm ihre Geschichte erzählen. Eigentlich möchte er nicht auf einen Plausch zu ihr kommen, doch dann fesselt ihn die Lebensgeschichte.
„»… Ich würde Ihnen gern eine unglaubliche Geschichte erzählen. Eigentlich keine Geschichte, sondern eine Biographie der Angst. Ich möchte Ihnen erzählen, wie das Grauen den Menschen unvermittelt packt und sein ganzes Leben verändert.«“ (S. 15)
Sie erzählt von ihrer Vergangenheit, an die sie sich noch gut erinnern kann. Sie erzählt von dem Zweiten Weltkrieg, ihrer Arbeit im Außenministerium. Ihr Mann Ljoscha wurde vermisst und ihre Tochter Assja entriss man ihr, als sie wegen Volksverrat ins Lager kam.
Sie erzählt ein schockierendes Kapitel der russischen Geschichte, wie die Sowjetunion die russischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg im Stich ließ, wie ihre Familien als Verräter verfolgt wurden.
Sprache und Stil
Tatjana Alexejewna wird in London geboren. Anfang 1920 zieht sie mit ihrer Familie nach Moskau. Ihr Vater Alexej Alexejewitsch Bely sieht in dem Regierungswechsel „eine Revolution des Geistes! Petersburg und Moskau sind jetzt Städte des kleinen Mannes!“ (S. 23)
Tatjana begeistert sich für den Kommunismus. Sie dient ihrem Land und wird doch verhaftet.
Sie arbeitet als Fremdsprachensekretärin im Außenministerium, als sie einen Brief bekommt, den sie übersetzen soll. Es ist eine Liste mit Namen russischer Kriegsgefangener in Rumänien, auf der sie den Namen ihres Mannes entdeckt. Sie weiß, dass Kriegsgefangene und ihre Familien als Verräter verfolgt und in den Gulag geschickt werden. Sie nimmt den Namen aus der Liste und setzt einen anderen Namen, der bereits schon auf der Liste steht, dazu.
Die gefährliche Einmischung zum Schutz ihres Mannes hat nicht die Wirkung, die sie sich vorstellt. Sie wird als Verräterin bestraft und verbringt fast zehn Jahre voller psychischer und körperlicher Misshandlungen in einem weit entfernten, entsetzlichen Lager, ohne zu wissen, was mit ihrem Mann und Kind geieht. Erst nach der Haftentlassung erfährt sie, dass beide nicht mehr leben. Zudem plagt sie das schlechte Gewissen, einen Betrug vorgenommen zu haben, von dem sie sich eine Rettung erhoffte.
Sie ist am Ende ihres Lebens angekommen. Sechzig Jahre später erzählt sie ihre Lebensgeschichte ihrem jungen Nachbarn. Ihre Geschichte beginnt in Moskau 1941, als Russland schon im Krieg gegen das Nazideutschland steht. Sie erzählt von dem Wahnsinn der wütenden, stalinistischen Säuberungen.
Trotz alledem hat sie ihren Kampfgeist bewahrt und kämpft dafür, dass nichts vergessen wird.
Das Band zwischen Tatjana und Alexander
Tatjana hat Mann und Tochter verloren.
Alexander musste eine schwierige Entscheidung treffen. Er konnte wenigstens seine Tochter retten.
Beide sind verlassenen und beide werden mit dem Vergessen, Erinnern konfrontiert. Alexander hat kein Alzheimer und muss trotzdem gegen das Vergessen kämpfen.
Die Metapher „Alzheimer“ ist im Roman „Rote Kreuze“ allgegenwärtig.
Die Alzheimer-Krankheit als Schlüsselrolle
Tatjana hat Alzheimerkrankheit. Alzheimer beginnt mit leichten Gedächtnisstörungen und dem Betroffenen fällt es zunehmend schwer, sich in fremder Umgebung zu orientieren.
Es folgen deutliche Ausfälle bis zum Kontrollverlust. Das weiß Tatjana und kokettiert damit. „Ihr fällt der Vatername nicht mehr ein“ (S. 12).
Der Autor setzt die Alzheimerkrankheit als Metapher ein. Als Mahnung der Erinnerung und gegen das Vergessen. Es ist ein Aufschrei gegen das Vergessen. Hier insbesondere gegen das kollektive gesellschaftliche Vergessen, der Repressionen in den sowjetischen Republiken.
Die „Roten Kreuze“ stehen ebenfalls für „Alzheimer.“ Sie zeigen den Weg, dieses Vergessen zu verhindern. Die zahlreichen Dokumente geben Aufschluss darüber, was geschehen ist. Menschen, die davon betroffen waren, bekommen Namen, sie werden namentlich genannt. Die Schicksale werden sichtbar.
Denn nicht nur die Alzheimerkrankheit lässt vergessen, sondern auch eine Generation, die dies miterlebt hat, wird eines Tages nicht mehr da sein und darüber reden können. Und daher ist es wichtig, dass nichts in Vergessenheit gerät.
„Aber jetzt, wo in meinem Leben alles vorbei ist…jetzt denkt sich Gott, dieser von mir erdachte Gott, für mich Alzheimer aus, weil er Angst hat! Er hat Angst, mir in die Augen zu schauen! Er will, dass ich alles vergesse.“ (S. 197)
Historische Fakten, die überprüfbar sind
Sasha Flilipenko verwendet in seinem Roman „Rote Kreuze“ Dokumente, die er in Genf recherchiert hat, denn in Moskau werden diese Dokumente unter Verschluss gehalten. Das alleine ist schon sehr wertvoll, die Dokumente zu lesen. Sie bilden letztendlich auch die historische Grundlage für seinen Roman. Oftmals kann man aus den Dokumenten entnehmen, dass auf Briefe oder Telegramme keine Antwort kam „unbeantwortet geblieben“.
Jedes Dokument und jedes Telegramm stellt einen „Stolperstein" dar. Die Aussagen sind gewaltig. Wie wenig war man an Menschen interessiert, diese zurückzuholen. „Wir sind immer davon ausgegangen, dass sich in jeder Regierung und in jeder Organisation ein Mensch finden lässt, der sich zurückmeldet. Neun werden nicht antworten, aber der Zehnte wird das lesen und was unternehmen." (S. 266)
Jedes Dokument hat eine eigene Aussagekraft, ein anderes Schicksal. Es geht um Reden des Volkskommissars, Erklärungen des deutschen Botschafters von Schulenburg, Amnestie-Erlass aus der Prada, Einlieferungsschein in die Krankenstation des Gulag, vieles mehr. Eindrucksvoller kann man diese Zeit 1941/42 in diesem Zusammenhang nicht wiedergeben.
Erzählstrategie
Sasha Filipenko baut seinen Roman auf zwei Erzählsträngen auf. Einmal erzählt Tatjana und dann wieder Alexander. Bei beiden wechselt er zwischendurch die Perspektive mit dem Effekt, dass der Leser direkt das Geschehen verfolgen kann. Diese Strategie erzeugt einen Sog in das Geschehen, dem man sich nicht entziehen kann.
Der Text wird zudem durch Gedichte und Liedtexte aufgelockert.
Fazit
Sasha Filipenko ist ein außerordentlicher Roman gegen das Vergessen der geschichtlichen Verbrechen gelungen.
Tatjanas Schicksal wird in einem erschütternden, mitreißenden Lebensverlauf erzählt.
Dieser Lebenslauf steht stellvertretend für Millionen anderer Menschen, ist aber nicht fiktiv, sondern real. Genau das macht diesen Roman aus.
- Alexander Solschenizyn
Der Archipel GULAG II
(16)Aktuelle Rezension von: HypochrisyIn den drei Bänden seines monumentalen Werks »Der Archipel GULAG« hat Solschenizyn die Geschichte des GULAG, dieses Reichs des Terrors, mit der dokumentarischen Sorgfalt eines Historikers und der Sprachgewalt eines großen Epikers aufgezeichnet. »Was die vorliegenden Seiten enthalten, ist keine Beschreibung des Lagerlebens, sondern eine politische Vorgeschichte, die Chronik der Entstehung dieses unheimlichen Inselreichs …« (Neue Zürcher Zeitung) - Robert Harris
Aurora
(62)Aktuelle Rezension von: HoldenEin packender Thriller, der in der Nachwendezeit in Rußland spielt und die Atmosphäre zur Zeit Stalins genauso wie zur Zeit in den Neunzigern einfängt: "Fluke" Kelso nimmt als Historiker an einem Geschichtssymposium in Moskau teil, als ihn ein ehemaliger Gulaginsasse und sehr trinkfester (Vorsicht Klischee!!) Zeitzeuge aufsucht und ihm von einem geheimen Tagebuch Stalins erzählt. In dem Zusammenhang wird (ähnlich wie in der aktuellen Graphic novel "The death of Stalin" und deren angeblich grottenschlechter Verfilmung) die Geschichte von Stalins Tod erzählt, die superspannend erzählt wird, und mit dem wißbegierigen Fernsehreporter O`Brian macht Fluke sich schnell auf die Suche, das Geheimnis von Stalins Notizbuch zu ergründen...Eine tolle Schilderung der Stalinzeit und der Boris-Jelzin-Zeit (hicks), die immer noch weit verbreitete Stalin-Verehrung macht einen frösteln. - Sandra Kalniete
Mit Ballschuhen im sibirischen Schnee
(5)Aktuelle Rezension von: Matriga7 Rezensionen und ein Interview zu diesem Buch: http://www.arlindo-correia.com/020905.html Über die Autorin: http://de.wikipedia.org/wiki/Sandra_Kalniete http://ec.europa.eu/archives/commission19992004/kalniete/index_en.htm (engl.) - Szczepan Twardoch
Kälte
(9)Aktuelle Rezension von: dunkelbuchDieses Buch läst mich mehr als zwiespältig zurück.
Ist es ein Abenteuerroman, ist es eine ethnologische Suche, ist es die Wut auf die Welt, auf die Menschen, ich weiß es nicht.
Vom wert der Literatur mal abgesehen, (die schon sehr ausgereift ist), ist das Buch doch mehr als derb.
Die Episode mit dem fiktiven Volk ist total breitgetreten und absolut langweilig.
Die Aussage Russland ist böse wird dargestellt, hat aber für mich keinen nachhallenden Wert.
Schlußendlich gesagt, der Autor nahm mich auf eine Reise mit, der ich mich nicht entziehen konnte, ich wollte immer weiterlesen, auch wenn es mich manchmal anödete, um zu erfahren was ist nun eigentlich Sache.
Habe mir mehr erwartet, und groteskerweise habe ich das Buch gerne gelesen.
Teilweise fünf Sterne
(Russland ist nicht böse, sondern deren regierenden Autokraten)