Bücher mit dem Tag "hessenkrimi"
7 Bücher
- Nele Neuhaus
Böser Wolf (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 6)
(793)Aktuelle Rezension von: Kolibri_liestDieser Fall ist sicherlich keiner, der seicht dahin plätschert. Sehr vielschichtig und gut durchdacht. Aber trotzdem nimmt einen das Thema Kindesmissbrauch und sexuelle Gewalt an Kindern unfassbar mit und ich war mir nicht sicher, ob ich es bis zum Ende durchlesen kann. Doch Nele Neuhaus weiß, wie man Lesende am Haken hält.
- Jan Seghers
Die Braut im Schnee
(137)Aktuelle Rezension von: SatoIch habe im Vorfeld nicht gewusst, dass dieses Buch der 2. Teil einer Reihe um den Frankfurter Kommissar Marthaler ist. Normalerweise vermeide ich Quereinstiege wie diesen, jedoch kann man der Handlung auch ohne Teil 1 problemlos folgen und die Protagonisten werden ausreichend vorgestellt. Zweitens habe ich im Nachgang gelesen, das der Autor ein großer Fan von Henning Mankell ist und ja der Ermittler Robert Marthaler hat Ähnlichkeit mit dem bekannterem Kurt Wallander. Und auch er ist ein zerrissener Charakter, oft cholerisch und den Kollegen gegenüber ungerecht um sich im nächsten Moment in einen liebevollen Teddy zu verwandeln - leider nicht so mein Ding.
Die Geschichte ist sehr gut aufgebaut, ein bizarrer Mord an einer jungen Zahnärztin über deren Background zunächst nichts herzubekommen ist. Nur langsam dringen die Ermittler in ihre Vergangenheit vor - doch da geschieht schon ein zweiter Mord, diesmal an einer vermeidlich wichtigen Zeugin. Schon früh ist dem geübten Krimileser klar wohin die Spuren weisen, nur Marthaler und sein Team drehen sich tapsig im Kreis - und als sie endlich den gleichen Verdacht haben wie die Leserschaft, kommt plötzlich alles ganz anders. Es ist ein solide gemachter Krimi, gute Story, einige Überraschungen und viel Lokalkolorit aber irgendwie fehlte mir der Fluss, die Handlung läuft teilweise sehr zäh, der Autor widmet unbedeutenden Nebensträngen der Erzählung zu viel Raum, was die Geschichte immer wieder einbremst. Naja und dieser Marthaler hat mich auch nicht so richtig begeistern können - aber das ist ja halt Geschmackssache.
- Jan Seghers
Partitur des Todes
(115)Aktuelle Rezension von: IgnoParis im Jahr 2005. Im Rahmen einer arte-Dokumentation stößt die Journalistin Valerie Rouchard auf Georges Hofmann, dessen Eltern im Dritten Reich nach Auschwitz verschleppt wurden. Durch die Öffentlichkeit der Dokumentation taucht ein bisher unbekannter Brief seines Vaters an ihn auf. Darin ein unveröffentlichtes Werk von Jaques Offenbach.
Wenig später werden am Frankfurter Mainufer fünf Menschen in einem Imbiss-Boot kaltblütig hingerichtet. Hauptkommissar Robert Marthaler steht unter Zeitdruck und vor einem Rätsel, denn es bleibt nicht bei den fünf Toten.Partitur des Todes ist der dritte Band in Jan Seghers Reihe Kommissar Marthaler ermittelt. Das Buch umfasst 480 Seiten und wird bei Rowohlt verlegt.
Marthalers dritter Fall spielt im Sommer 2005, etwa zwei Jahre nach Die Braut im Schnee. Nach den Geschehnissen des vorhergehenden Bandes wird Abteilungsleiter Herrmann durch Charlotte von Wangenheim ersetzt, er bekommt im Buch aber noch ein paar Auftritte. Privat hat Marthaler wieder einige Sorgen, denn sein Engagement im Beruf steht sich und Tereza nach wie vor im Weg.
Aus meiner Sicht ist Partitur des Todes der bis dahin stärkste Band der Reihe, das mag aber auch am Thema liegen. Die Entwicklung, die man schon im vorhergehenden Band bei Jan Seghers beobachten konnte, setzt sich fort – er wird immer besser. Er konstruiert einen verworrenen Fall rund um die Aufarbeitung des Nationalsozialismus’, dabei geht er nicht zimperlich vor. Der Fall ist bis kurz vor Schluss schwer zu durchschauen, das wiederum kennt man ja schon aus den anderen Bänden, auch wenn es diesmal früher im Buch Andeutungen gibt.
Ebenfalls nicht neu ist Seghers Kritik an Presse und Politik. Der City-Express als Inbild unethischer Auswüchse im Journalismus bekommt wieder eine Sonderrolle, für die Kritik am karrieristischen Charakter der Politik darf diesmal der Hessische Innenminister herhalten. Das LKA hingegen, in Krimis oftmals für überhebliches Verhalten gescholten, kommt bei Seghers ausdrücklich gut weg. Oliver Frantisek, der vom LKA als stilisierter Superpolizist in die SoKo entsandt wird, nimmt eine ganz andere Rolle ein, als man normalerweise erwarten darf.
Der Fall und die Geschichte darum sind durchgehend schlüssig. Gut finde ich, dass Seghers eine ganze Reihe Faktenwissen um die Frankfurter Auschwitzprozesse einfließen lässt. Die für die Geschichte relevanten Namen wurden zwar geändert und die Lebensläufe, nehme ich an, frei erfunden, trotzdem geizt Seghers nicht mit Reellem, gerade im Hinblick auf das Fritz-Bauer-Institut. Seghers Charaktere könnte es gegeben haben und sie könnten auch diese Lebensläufe gehabt haben. Das gibt dem Buch stellenweise durchaus etwas Beklemmendes. Auch Marthalers Umgang mit diesem Teil der Deutschen Geschichte ist für Teile seiner Generation gut aufgefangen und birgt durchaus ein Stück Kritik, aber auch etwas Versöhnliches – und es passt schlussendlich zu seiner Persönlichkeit.
Partitur des Todes ist ein weiterer lesenswerter Band der Reihe. Seghers geizt weiterhin nicht mit Lokalkolorit und verbessert sich stetig – wobei ich sagen möchte, dass er einen Punkt erreicht hat, an dem es nicht mehr viel zu verbessern gibt. Ein einigermaßen kurzweiliges Krimivergnügen, nicht nur für Menschen aus dem Frankfurter Raum.
- Jan Seghers
Die Akte Rosenherz
(95)Aktuelle Rezension von: IgnoFrankfurt im Jahr 1966. In ihrer Wohnung wird die Edelprostituierte Karin Rosenherz brutal abgeschlachtet aufgefunden. Das Verbrechen macht Schlagzeilen, nur neun Jahre stand Frankfurt mit durch den Mord an Rosemarie Nitribitt im Rampenlicht. Und ebenso wie im Fall Nitribitt kann kein Mörder überführt werden.
2005 wird Kommissar Marthaler auf den Fall aufmerksam gemacht. Ein Kunstraub, bei dem Tereza schwer verletzt wird, scheint im Zusammenhang mit dem Fall Rosenherz zu stehen. Marthaler macht sich daran, mit der Vergangenheit aufzuräumen.Die Akte Rosenherz erscheint seit 2010 bei Rowohlt und umfasst 480 Seiten. Das Buch ist der vierte Band in Seghers Reihe Kommissar Marthaler ermittelt.
Marthalers vierter Fall spielt zeitlich etwa 4 Monate nach Partitur des Todes, also im Jahr 2005. Tereza ist schwanger, Marthaler hat daher die neugegründete Cold-Case-Unit der Frankfurter Mordkommission übernommen, um mehr Zeit für Tereza und in Zukunft ihr Kind zu haben. Als Tereza ein Gemälde des Städels überstellen soll, wird der Transport überfallen und sie angeschossen und schwer verletzt. Durch Arne Grüter, den Chefreporter des City-Express‘, wird Marthaler auf eine Verbindung mit dem lange zurückliegenden Mord an Karin Rosenherz gebracht. Widerwillig lässt er sich auf einen Handel mit Grüter ein.
Als die junge Journalistenschülerin Anna Buchwald auf die Wiederaufnahme der Ermittlungen im Fall Rosenherz aufmerksam wird, fährt sie kurzerhand nach Frankfurt, um sich an die Ermittler zu hängen. Für ihre Aufnahme an der Journalistenschule hat sie ein vielgelobtes Dossier über den Fall geschrieben und nie mit ihm abgeschlossen. Da das einzige verbliebene Exemplar der Rosenherz-Akte in Annas Händen ist, sieht sich Marthaler gezwungen, mit ihr zusammen zu arbeiten.
Als historische Vorlage dient Seghers der Fall Helga Matura, aus der er Karin Rosenherz gemacht hat. Verweise zum Fall Rosemarie Nitribitt, dem anderen großen Prostituiertenmord in Frankfurt, finden sich ebenfalls im Buch. Die historischen Hintergründe zum Fall Matura sind zwar korrekt, die Geschichte, die Seghers um den Mord konstruiert, ist aber Fiktion.
Die Akte Rosenherz ist in einiger Hinsicht anders als die bisherigen Fälle Marthalers. Sein Team von der MK1 kommt weitgehend nicht vor und wird auch nicht weiterentwickelt, da Marthaler durch den Wechsel in die Cold-Case-Unit sowieso nicht mehr an aktuellen Fällen arbeiten soll und seine Ermittlungen in diesem speziellen Fall weitgehend an den Behörden vorbei stattfinden. Verantwortlich dafür ist auch, dass er mit Arne Grüter kooperiert, was mir tatsächlich schwer zu glauben fiel. Die Geschichte der beiden ist so stark von Ablehnung geprägt und Grüter hat Marthaler in der Vergangenheit mehr als ein Mal übel mitgespielt. Dass Grüter ihn für eine Story ansprechen würde, wenn er ihn braucht, das würde ich nie bestreiten. Dass Marthaler sich aber darauf einlässt, das wollte mir wirklich nicht ganz in den Kopf.
Demzufolge finde ich es auch etwas schade, dass Seghers seine Medienkritik hier etwas abgeschwächt hat. Grüter, der bisher das Inbild unethischen Journalismusses war, wird ein gutes Stück reingewaschen und sympathisch gemacht. Das passiert in der Realität leider auch zu oft, wie das große Tagesblatt mit den vier Buchstaben immer wieder beweist, und dass es funktioniert, finde ich grundlegend falsch. Daher bin ich nicht allzu glücklich, wenn es in der Literatur auch noch gespiegelt wird.
Abseits dieser Kritik bleibt Die Akte Rosenherz aber ein spannender Hessenkrimi. Der Fall ist dieses Mal nicht so lange undurchsichtig, wie es in den vergangenen Bänden der Fall war. Trotzdem ist er spannend aufgebaut und durch die Vorlage auch mit einigen Fakten gespickt, über die man sonst wohl eher selten stolpert. Mit der Figur Anna Buchwald führt Seghers einen neuen Charakter ein, sie wird in Die Sterntaler-Verschwörung wieder eine Rolle spielen. Auch Hans-Dieter Herrmann, der geschasste Ex-Leiter der Mordkommissionen hat wieder eine Rolle.
Die Leseempfehlung bleibt, wie bei allen Marthaler-Bänden. Jan Seghers schreibt tolle Hessenkrimis, da steht auch Die Akte Rosenherz in nichts nach. Meine Kritikpunkte verbuche ich eher unter Geschmackssache.
- Jan Seghers
Ein allzu schönes Mädchen
(169)Aktuelle Rezension von: IgnoIn einem Bergdorf im Elsass entdeckt die Madame Fouchard auf ihrem kleinen Bauernhof ein verwahrlostes Mädchen und nimmt sich ihrer an. Sie ist außergewöhnlich schön, benimmt sich aber eigenartig. Als die Bäuerin stirbt, verschwindet auch das Mädchen aus dem Dorf.
Im Frankfurter Stadtpark wird die übel zugerichtete Leiche eines jungen Mannes entdeckt. Wenig später taucht sein Wagen mit einer zweiten Leiche im Kofferraum auf. Kommissar Marthaler und seine Kollegen tappen im Dunklen. Doch je weiter die Ermittlungen kommen, desto öfter berichten Zeugen von einem allzu schönen Mädchen.Ein allzu schönes Mädchen erschien 2010 bei Rowohlt. Der 736 Seiten starke Krimi ist der erste von aktuell sechs Bänden in Seghers Reihe Kommissar Marthaler ermittelt.
Die Geschichte spielt im Jahr 2000 in Frankfurt am Main. Als Rahmen hat Seghers einen (fiktiven?) Besuch des US-Präsidenten gewählt, so dass die Polizei äußerst ausgelastet und das innerstädtische Leben immer wieder gestört ist. Einzelne Schauplätze liegen auch im Elsass und in Saarbrücken.
Segher beginnt die Geschichte mit einer ausführlichen Einführung im Elsass. Bis zum Auffinden der ersten Leiche und damit Kommissar Marthalers erstem Auftritt vergeht eine ganze Reihe von Seiten. Auch als die Geschichte Fahrt aufnimmt, bleiben die Umstände des Falles lange unklar. Seghers steigert die stressige Stimmung während der ersten Ermittlungsphase geschickt durch die erhöhte Medienpräsenz wegen des Besuchs des US-Präsidenten.
Wie auch der fünfte Band, den ich ja unglücklicherweise zuerst gelesen habe, lebt Ein allzu schönes Mädchen einerseits von den Charakteren und andererseits von viel Lokalkolorit. Zu Ersterem muss ich im Vergleich aber sagen, dass da definitiv eine Steigerung stattfindet. Marthaler bleibt zwar kauzig, hat im ersten Band aber noch deutlich unsympathischere Wesenszüge. So reagiert er nicht nur ein Mal übertrieben aufbrausend. Seine Kollegen bleiben teilweise noch etwas blass – wie wichtig und sympathisch Carlos mal werden wird, kann man schon erkennen, besonders gut gefiel mir aber auch Manfred. Ein wenig amüsant fand ich, dass Tereza im ersten Band noch deutlich weniger gebrochen Deutsch spricht, als sie das im fünften Band tun wird.
Sehr gefallen hat mir, dass die genauen Hintergründe der Taten lange unklar blieben. Seghers forciert geschickt einen Hergang samt Tatverdächtigem nach dem anderen. Am Ende wirft er alles nochmal um, um ganz am Ende schließlich die tatsächliche Auflösung der Fantasie der Lesenden zu überlassen. Die Geschichte selbst ist für einen Krimi schön. Ich weiß nicht genau, wie ich das ausdrücken soll, aber ich erwarte bei Krimis eigentlich keine Geschichten, die sich schön anfühlen. Krimis sind üblicherweise blutig, leichig und von Abgründen dominiert. All das trifft auf Ein allzu schönes Mädchen zwar auch zu, trotzdem hatte ich immer das Gefühl, mich in einer schönen Geschichte zu bewegen. Das hat mir sehr gefallen.
Alles in allem ist Ein allzu schönes Mädchen ein schöner Einstieg, der Lust auf mehr macht. Die Charaktere haben noch Potential, machen aber schon neugierig. Gepaart mit viel Lokalkolorit und einer soliden Story ergibt sich ein spannender Krimi.
- Jan Seghers
Menschenfischer
(34)Aktuelle Rezension von: SCKeidnerIn Frankfurt wird im Jahr 1998 Tobias Brüning ermordet. Der Täter wird nie gefasst. Fünfzehn Jahre später erhält Kommissar Marthaler von einem inzwischen pensionierten Kollegen Hinweise auf eine neue Entwicklung, die zur Ergreifung des Täters führen könnte. Zeitgleich werden zwei Jungen ermordet, auf dieselbe Weise wie damals Tobias Brüning.
Dieser Marthaler-Fall basiert auf dem Mord an Tristan Brübach im Jahr 1998 in Frankfurt, der nie aufgeklärt wurde. Jan Segers spinnt daraus eine Geschichte, in der es um Menschenhandel geht. Der Anfang des Romans liest sich spannend, man fiebert mit, wie sich das Ganze wohl entwickeln wird. Leider hielt sich für mich diese Spannung nicht durchgehend. In der zweiten Hälfte des Buchs verbinden sich die Fälle Brüning/Mord an zwei Jungen, aber Marthaler scheint ab dem Zeitpunkt nur den Entwicklungen hinterherzurennen. Wichtige Hinweise ergeben sich nicht aus seiner Ermittlungstätigkeit, sondern durch das plötzliche Auftauchen einer Schlüsselfigur (von der vorher nie die Rede war), die Selbstmord begeht. Dazu kommt eine Chefin, die behauptet, über alles informiert zu sein, aber Marthalers Statement, dass die zwei Fälle nun einer sind, ohne Hinterfragen akzeptiert und ihm nur die besagten wichtigen Hinweise in die Hand drückt, damit er den Fall mehr oder weniger im Alleingang (bzw zusammen mit Kizzy Winterstein) abschließt. Ab dem Zeitpunkt hatte ich den Eindruck, dass die Geschichte nur noch abgespult wird, was in starkem Gegensatz zum detailreichen und komplexen Anfang des Buchs steht. Die Auflösung wurde absehbar und nahm der restlichen Erzählung die Spannung.
Die Figuren gefielen mir insgesamt gut, auch wenn ich es schade fand, dass bis auf Carlos Marthalers Kollegen kaum eine Rolle spielten. Dafür kam Kizzy Winterstein ins Spiel, die als unkonventioneller Paradiesvogel angelegt war, wobei mir das Unkonventionelle eher bemüht erschien. Und wieso sie und Marthaler dann miteinander geschlafen haben, hat sich mir nicht erschlossen.
Sprachlich ist der Roman gut gelungen. Was mir an der Taschenbuch-Ausgabe auffiel, waren Rechtschreibfehler im Text (z.B. "Wintestein" statt "Winterstein" im letzten Satz des Klappentexts oder auf S. 156 "Luise" statt "Louise").
Ich vergebe drei von fünf Sternen.
- Jan Seghers
Die Sterntaler-Verschwörung
(48)Aktuelle Rezension von: IgnoSchwarzenfels in Osthessen. Vor dem Haus des jungen Süleyman verunglückt ein Motorradfahrer. Als Süleyman ihn durchsucht, findet er einen Umschlag und nimmt ihn an sich. Wenig später geht eine Hausdurchsuchung beim in der Nähe wohnenden Landtagsabgeordneten Johann von Münzenberg gewaltig schief. Und in Frankfurt stirbt eine berüchtigte Journalistin durch einen Augenschuss in ihrem Hotelzimmer.
Im Laufe der Ermittlungen geraten Kommissar Robert Marthaler und sein Team von der Frankfurter Mordkommission immer tiefer in einen politischen und polizeilichen Abgrund.Die Sterntaler-Verschwörung ist 2014 bei Rowohlt erschienen. Das Buch ist der fünfte von aktuell sechs Bänden aus der Reihe Kommissar Marthaler ermittelt und spielt im Raum Frankfurt und Osthessen. Die 489 Seiten teilen sich auf angenehm kurze Kapitel auf.
Der Rahmen der Geschichte ist angelehnt an die Verhältnisse nach der Wahl zum Hessischen Landtag 2008, als Andrea Ypsilanti (im Buch Sabine Xanthopoulos) den amtierenden Ministerpräsidenten Roland Koch (Rolf-Peter Becker) unter Duldung der LINKEN hätte stürzen können, wenn sie eine mögliche Zusammenarbeit mit der LINKEN nicht im Wahlkampf vehement ausgeschlossen hätte. Ypsilanti scheiterte damals mit der Bildung einer Minderheitsregierung, weil ihr, wie im Buch, vier Parteigenoss*innen in letzter Minute die Stimme versagten. Weitere Nebencharaktere haben reale Vorbilder, der Fall an sich ist aber frei erfunden.
Die Sterntaler-Verschwörung lebt vor allem von ihren Charakteren. Seghers hat mit seinem verschrobenen Robert Marthaler und seinen, jeder auf seine Art liebenswürdigen, Kollegen ein Team geschaffen, das in einer sehr unterhaltsamen Weise unaufdringlich miteinander funktioniert. Sei es der geniale Spurensicherer Carlos, der seine Arbeitszeiten ganz nach seinem Leben richtet und auch gerne mal inbrünstig die Internationale singt, sei es Marthalers Sekretärin Elvira, die ihn in nahezu jeder Lebenslage unterstützt. Hinzu kommt Marthalers sehr legeres Beziehungsgeflecht innerhalb und außerhalb des »Weißen Hauses«, der Heimat der Mordkommission.
In diesem Rahmen konstruiert Seghers einen Krimi, der in weiten Teilen auch leicht als Polit-Thriller durchgehen könnte. Seine Geschichte ist bis ins Detail durchdacht konzipiert und so spannend wie unterhaltsam umgesetzt. Die einzelnen Erzählstränge, denen Seghers, wie es gerade in die Handlung passt, mal mehr, mal weniger Raum gibt, fügen sich nach und nach in ein stimmiges Ganzes zusammen. Je weiter sich das Buch dem Ende nähert, desto vorhersehbarer wird der Ausgang der Story, was dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch tut. Bei einem Thriller würde ich das kritisieren, als Krimi oder noch eher Polit-Krimi fühlt sich die Entwicklung der Spannungskurve aber sehr stimmig an.
Die Sterntaler-Verschwörung ist meine erste Begegnung mit Jan Seghers, ein klassischer Bahnhofsbuchladenfund. Da das Buch der fünfte Band der Marthaler-Reihe ist, mag das vielleicht nicht ganz günstig sein. Für das Verständnis des Buches und der Rahmenhandlung hat mir aber nichts gefehlt. Der Rest der Reihe ist sofort auf dem Lesestapel gelandet, allem voran wegen der sympathischen Charaktere, ein bisschen auch für den Frankfurter Lokalkolorit.
Abschließend natürlich eine Empfehlung mindestens an alle Krimifreunde, auch abseits des Großraums Frankfurt. Die Sterntaler-Verschwörung macht Spaß, ein durch die Bank runder Krimi.