Bücher mit dem Tag "japanische autoren"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "japanische autoren" gekennzeichnet haben.

8 Bücher

  1. Cover des Buches Kafka am Strand (ISBN: 9783832185930)
    Haruki Murakami

    Kafka am Strand

     (1.093)
    Aktuelle Rezension von: herr_hygge

    „Kafka am Strand“ war mein zweiter Murakami und so ganz anders als das, was ich mir darunter vorgestellt habe.

    Der Autor nimmt uns mit auf eine Reise in eine Geschichte die skurril, spannend, im positiven Sinn realitätsfern und mit den unterschiedlichsten Charakteren gepflastert ist.
    Wir begleiten den 15jährigen Kafka Tamura, der von zu Hause und seinem lieblosen Vater ausreißt. In einer fremden Stadt findet er Zuflucht in einer Bibliothek und verliebt sich in die um einige Jahre ältere Leiterin Saeki-san. Gleichzeitig begibt sich Nakata, ein älterer, geistig etwas minderbemittelter Herr, der mit Katzen sprechen kann, auf Spurensuche und findet Hinweise die in einen andere Welt weisen. Vieles erscheint wie in einem Traum und es stellt sich die Frage wo endet die Reise der beiden, die voll ist von rätselhaften Begegnungen.

    Ehrlich gesagt weiß ich immer noch nicht, wie ich dieses Buch finde. 🤔 Auf jeden Fall hat es mich außerordentlich gut unterhalten, mich gleichzeitig auch gefordert und gerade Kapitel 16 hat meinem Nervenkostüm einiges abverlangt.

    Ich glaube diese vielschichtige Geschichte ist nicht für jeden etwas. Fans von japanischer Literatur können aber beherzt zugreifen.

  2. Cover des Buches Naokos Lächeln (ISBN: 9783442744947)
    Haruki Murakami

    Naokos Lächeln

     (949)
    Aktuelle Rezension von: R_D1

    Naokos Lächeln ist ein Pageturner und ein Lieblingsbuch von mir!

    Der Roman bietet eine Coming-of-Age-Geschichte, Popkultur und das wilde Studentenleben. Es geht um die Liebe, den eigenen Körper und psychische Probleme. 

    Es handelt sich um eine realistisch gehaltene Geschichte, aber ein oder zwei surrealistische Metaphern gibt es dann doch.

    Ich empfehle es weiter, insb. Leserinnen und Lesern, die mit dem Surrealismus in Haruki Murakamis noch warm werden müssen. Naokos Lächeln bietet einen sanften Einstieg und gibt ein gutes Gefühl für seinen Stil. Lasst euch nicht über die Zuordnung zum Liebesroman hinwegtäuschen! ;-)

  3. Cover des Buches Geständnisse (ISBN: 9783328102915)
    Kanae Minato

    Geständnisse

     (277)
    Aktuelle Rezension von: FairyFlower
    „Außergewöhnliche Menschen haben das Recht, der althergebrachten Moral zuwiderzuhandeln, um etwas Neues in die Welt zu setzen.“  (Dostojewski, Schuld und Sühne)

    „Geständnisse“ ist ein Roman der japanischen Autorin Kanae Minato, welcher 2008 und unter dem Originaltitel „Kohaku“ erschien. Die deutsche Ausgabe orientiert sich an der englischsprachigen Fassung und erschien ebenfalls 2008 im C. Bertelsmann Verlag. Auf 272 Seiten begleitet man die Personen, die in den Mordfall der kleinen Manami verwickelt sind. Der Roman sprach mich sofort an, da ich den nüchternen Schreibstil innerhalb der japanischen Literatur sehr zu schätzen weiß. Außerdem hat mich die rechtliche Bewertung des Falles aus japanischer Sicht interessiert. 

    Yūko Moriguchi ist eine alleinerziehende Frau und gleichzeitig Lehrerin an einer japanischen Mittelschule. Eines Tages ertrinkt ihre Tochter Manami. Zunächst gehen alle von einem Unfall aus. Einige Wochen später kündigt Moriguchi jedoch ihren Job und macht ihrer Klasse ein folgenschweres Geständnis…

    Die Geschichte ist in sechs Kapitel unterteilt. Erzählt wird sie in Form von Monologen. So folgt man Moriguchi, der Klassenkameradin von Person A und B, der Mutter von Person B, dem B und dem A selbst. Die Monologe sind dabei immer wieder anders verpackt. So wird eine Rede gehalten, es findet ein Telefongespräch statt, es gibt Tagebucheinträge, Blogeinträge oder sogar einen Literaturbeitrag für einen Wettbewerb. Die unterschiedlichen Perspektiven der Ich-Erzähler führen dazu, dass die Handlung mehrmals wiederholt und mit Details gefüllt wird. Gleichzeitig folgt man keinem Charakter lang genug, um eine emotionale Verbindung zu ihm aufzubauen. 

    Moriguchi ist eine liebevolle Mutter und übt den Beruf der Lehrerin mit vollem Einsatz aus. Sie bemüht sich um einen respektvollen Umgang mit den Schülern, ohne die Distanz zu verlieren. Als ihre Tochter stirbt, ist sie zerrissen zwischen ihrem Wunsch nach Rache einerseits und ihrer Aufgabe als Lehrerin andererseits, den Schülern eine sinnvolle Lektion für ihr späteres Leben mitzugeben. Moriguchi hält die Jugendlichen, die ein Gewaltverbrechen begehen, für Narzissten, denen man die Schwere ihrer Verbrechen klarmachen muss, aber keine Bühne geben darf. Aus dem genannten Grund betitelt sie die, nach ihrer Ansicht, für den Tod Verantwortlichen nur mit Person A und Person B. 

    Person A entspricht ganz der Vorstellung eines Musterschülers. Er wächst in einem Elternhaus auf, in dem ihm die Liebe und Zuneigung fehlt, um die er später verzweifelt kämpft. Person A brüstet sich mit seiner Intelligenz und handelt empathielos und berechnend, um seine Ziele zu erreichen. Dabei verschließt er die Augen vor der Realität und kann auch keine Kritik annehmen. Person A manipuliert Person B. 

    Über lange Strecken des Romans ist Person B das typische Opfer. Er findet keinen Anschluss in der Schule, passt nicht in die japanische Leistungsgesellschaft und ist ein Muttersöhnchen. Was Person A an Liebe fehlt, hat Person B zu viel. Trotzdem entwickelt er eine tiefe innere Wut. Er ist fast unsichtbar in seiner Mittelmäßigkeit. Person A sieht seinen Wunsch nach Anerkennung und manipuliert dies für seine Zwecke. Doch er rechnet nicht damit, dass sich Person B mit einer folgenschweren Tat aus der Mittelmäßigkeit herauskatapultieren wird. 

    An dem Roman hat mir besonders die abwechslungsreiche Erzählperspektive gefallen. Sie erhält die Sachlichkeit und nimmt die Spannung aus der Geschichte. Daraus entsteht eine sehr neutrale Erzählweise. Innerhalb des Buches findet keine moralische Beeinflussung statt. Es werden lediglich Denkimpulse gegeben, während die Geschehnisse für sich sprechen. Die Handelnden sind weder gut noch schlecht. 

    Da man sich innerhalb von Japan bewegt, enthält der Roman viele Informationen über die japanische Kultur. Es wird über den Umgang mit Andersartigkeit gesprochen, insbesondere in Bezug auf Krankheiten wie Aids oder die Stellung der Frau im Berufsleben (oder noch schlimmer: einer alleinerziehenden Frau). Der Anpassungsdruck, welcher schon in den jüngsten Jahren beginnt, begleitet den Lesenden die ganze Zeit. Auch Schul- und Rechtssystem werden unter den kritischen Blick der unterschiedlichen Protagonisten genommen.

    Gefallen hat mir außerdem, wie hier das Prinzip des Schmetterlingseffekts zum Tragen kam. Es wird eine Handlung in Gang gesetzt, deren Folgen nicht abschätzbar sind. So steigert sich das Leid durch die Rache mehr und mehr und teilt sich zwischen vielen Leuten auf, die mit in den Abgrund gerissen werden. Dies wird besonders am Ende klar. Moriguchi reflektiert ihre selbst in Gang gesetzte Handlung und korrigiert sie dahingehend, dass sie keinen Schaden mehr anrichten kann. 

    Der einzige Kritikpunkt ist für mich, dass die Übersetzung an einigen Stellen etwas holprig wirkt. Diese beruht auf der englischen Fassung und nicht auf dem Original - wahrscheinlich ist einiges verloren gegangen. 

    Ich würde diesen Roman denjenigen Lesenden empfehlen, die sich bereits innerhalb der japanischen Literatur etwas auskennen und mit dem sachlichen Erzählstil gut klarkommen. Auch die gewählte Form der Monologe muss man mögen. Ansonsten ist der Roman für diejenigen besonders geeignet, die Geschichten mit unerwarteten Verläufen mögen. Ich gebe 4,5/5 Sterne und runde hier auf 5 Sterne auf. 

  4. Cover des Buches Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß (ISBN: 9783446263697)
    Hiromi Kawakami

    Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß

     (169)
    Aktuelle Rezension von: bookstories

    Der Titel von Hiromi Kawakamis Roman lautet in der japanischen Originalfassung "Sensei no kaban", was wörtlich mit 'Der Lehrer und seine Tasche' übersetzt werden kann. Im Englischen heisst das Buch 'The briefcase'. Warum für die deutsche Fassung, für die Ursula Gräfe übersetzte, der Titel "Der Himmel ist blau, die Erde ist weiss" verwendet wurde, ist mir unbegreiflich. Ich hatte das Buch im Buchladen schon ein paar mal in der Hand, gerade wegen des Titels, der für meine Begriffe eine tiefere Bedeutung impliziert. Ein blauer wolkenloser Himmel symbolisiert ein reines, gedankenfreies Bewusstsein, sofern wir die Gedanken als Wolken verstehen, die den Himmel verschleiern. Jetzt, nach der Lektüre, weiss ich, dass dieser deutsche Titel der Strophe eines Skifahrer-Liedes entnommen ist, das der Ich-Erzählerin Tsukiko an einem einsamen Neujahrsabend nicht vollständig einfallen will. So könnte man behaupten, der Titel habe absolut nichts mit der Geschichte zu tun, würde es sich nicht um eine Liebesgeschichte handeln, in der die Ich-Erzählerin sich nach ebendiesem unbelasteten Glücksgefühl sehnt.


    Der Titel war für mich also irreführend, zumal ich dachte, dass eine Liebesgeschichte aus der Feder einer japanischen Autorin bestimmt nicht mit den üblichen trivialen Liebesgeschichten der westlichen Unterhaltungsliteratur einhergeht. Immerhin wurde Hiromi Kawakami für diesen Roman in Japan ausgezeichnet, und das Buch wurde auch verfilmt. Ich bin der japanischen Literatur unkundig, kenne auch Murakami noch nicht, den übrigens auch Ursula Gräfe übersetzt. Ich stellte mir Tiefe, leisere Töne, eine Prosa ohne Floskeln und Platitüden vor. "In einer sinnlichen Prosa und starken sprechenden Bildern erzählt Hiromi Kawakami von einer ungewöhnlichen Liebe", wird auf der Rückseite des Buches versprochen. "Selten wurde die Annäherung zweier Menschen so subtil und eindringlich zugleich beschrieben." 


    Dies alles wird in diesem Roman, so finde ich, nur zum Teil erfüllt. Mehrmals war ich kurz daran, das Buch wegzulegen. Ein Kapitel im letzten Drittel ('Auf der Insel, zweiter Teil'), liess mich wieder aufhorchen, und als ich beim vorletzten Kapitel ankam, sagte ich mir, na also, es geht doch, warum nicht gleich von Beginn an so? Doch kann man vierzehn mässig gelungene Kapitel mit drei Kapiteln retten?


    Kawakamis Erzählweise in diesem Buch rutscht stellenweise eben doch in die Trivialität ab. Stellenweise, das ist das Merkwürdige daran. Viele Dialoge hören sich rund und sehr authentisch an, andere hätten gepflegter, aufgeräumter daherkommen können. Immer wieder 'ärgerte' ich mich über unglücklich gewählte Ausdrucksweisen, unpassende Adjektive und Verben, die nicht Ausdruck der japanischen Kultur und wohl auch nicht aus einer Fehlübersetzung entstanden sind. Die Protagonisten bleiben blass, teilweise unverständlich, nicht nachvollziehbar (hier könnte die fremde Kultur eine Rolle spielen), und um es mit dem Titel von Musils bekanntem Werk zu sagen, ohne Eigenschaften. Ausserdem wird mir zu viel Sake und Bier getrunken und japanische Delikatess-Häppchen gegessen. Dies wiederum könnte anderen Sitten zugeschrieben werden, ist aber unverzeihlich, wenn die beiden Protagonisten über die Hälfte des Buches nichts anderes tun.


    Tsukiko, in der Rückschau erzählend, ist achtunddreissig, arbeitet irgendwo als Büroangestellte und verbringt ihre Abende gerne in Satorus Kneipe beim Bahnhof, wo sie Sake trinkt und Häppchen zu sich nimmt. Dort begegnet sie eines Tages ihrem ehemaligen Lehrer Harutsuna Matsumoto, den sie nur den Sensei nennt, was übersetzt Lehrer bedeutet. Das heisst, die beiden begegnen sich dort immer wieder, stets zufällig, nie verabreden sie sich. Manchmal sehen sie sich Tage oder Wochen nicht, doch immer, wenn sie zusammen am Tresen sitzen, fühlen sich beide in der Gegenwart des anderen aufgehoben und geborgen. Das Ungewöhnliche, nicht Unmögliche für eine Liebesbeziehung, ist der Altersunterschied: der Sensei ist beinahe doppelt so alt wie Tsukiko, die zudem einen noch recht unreifen Eindruck macht. Wie das ans Ufer spülende Meerwasser lässt sie sich durch die Jahreszeiten treiben, ohne Perspektive, und oft scheint ein Tag trister zu sein wie der andere.


    Zu der Naivität Tsukikos scheint die Reife des Senseis in krassem Gegensatz zu stehen. Er hält Tsukiko in freundschaftlicher, herzlicher, fürsorglicher Weise auf Distanz, nennt sie oft Mädchen, was in ihr widersprüchliche Gefühle erzeugt, die von Ärger und Wut über Eifersucht bis hin zur sich selbstverzehrenden Sehnsucht reichen. Der Sensei wirkt streng, kontrolliert, intelligent, doch legt auch er gelegentlich merkwürdige Züge an den Tag, die mich irritieren. So sammelt er zum Beispiel verbrauchte Batterien, weil in ihnen ja noch Leben steckt, beschriftet sie sogar, oder klaut einem Betrunkenen, der neben ihm an der Theke eingeschlafen ist, den Ohrring aus dem Ohr, und findet begeistert, er habe schon lange nicht mehr geklaut, oder eröffnet Tsukiko, dass nach einem Sturz sein Allerwertester schmerzt. Dass er sich nicht gerne sein Bier einschenken lässt, wird ein paar Mal zu viel erwähnt, und während seine kerzengerade, aufrechte Haltung seinem Erscheinungsbild entspricht, passt sein schneller Gang eher nicht zu ihm.


    Immer wieder treffen sich Tsukiko und der Sensei, entweder bei Satoru, oder sie schlendern sonntags über einen Markt, oder sie trinken im Haus des Senseis Bier und Sake, bis sie betrunken sind, oder begeben sich gemeinsam mit dem Wirt Satoru auf eine Pilzwanderung im Wald, wo auch wieder gegessen und über Speisen geredet wird. Sie besuchen ein Spielautomatenlokal oder ein Kalligraphie-Museum, wo Tsukiko sich schrecklich langweilt. Als der Sensei sich mit einer ehemaligen Lehrerkollegin verabredet, sagt Tsukiko eingeschnappt einem Treffen mit einem früheren Schulkollegen zu. Sie sumpfen in einer Bar ab, den späteren Annäherungsversuch wehrt Tsukiko vehement ab. Hier kommt ihre tiefe Verbundenheit zum Sensei zum Ausdruck. Hier stellt Tsukiko nicht nur die geistige Distanz zum Sensei fest, die sich meist im Altersunterschied oder Grundhaltungen äussert, sondern erstmals eine räumliche. Hier wird deutlich, dass sie sich nach seiner Gegenwart sehnt, und bei der nächsten Begegnung gesteht sie ihm ihre Liebe.


    Auf einem zweitägigen Ausflug auf eine Insel, wo der Sensei Tsukiko zum Grab seiner verstorbenen Frau führt, kommen sich die beiden dann näher. Obwohl auch hier die letzte Hürde nicht genommen werden kann. Tsukiko, nur im Kimono bekleidet, sucht den Sensei mitten in der Nacht in seinem Zimmer auf, wo dieser an Gedichten herumschreibt. Zu früher Morgenstunde lässt er sie dann doch unter seine Bettdecke, streichelt über ihre Brüste, während sie sich an ihn schmiegt, und findet, sie habe schöne Brüste, was im selben Ton erfolgt wie sein nächtlicher Vortrag über die Gedichte (Haikus). "Sie haben schöne Brüste, und Sie sind ein liebes Mädchen, Tsukiko." Achtung Spoiler: Erst am Ende des Buches, als der Sensei zu seinen Schwächen stehen kann - es sei lange her, seit er mit einer Frau geschlafen habe und fürchte sich davor -, brechen die Dämme, und wir blicken tief in das bescheidene, zurückhaltende Wesen des gealterten Lehrers. "Würden Sie zum Zweck eines Liebesverhältnisses eine Beziehung mit mir eingehen?" Aber da ist das Buch auch schon zu Ende.


    Ich stelle mir vor, dass man so viel mehr aus dieser subtilen Liebesgeschichte hätte machen können. Weniger Einblicke in die kulinarische japanische Küche, dafür tiefergreifende Dialoge und das Weglassen plumper Ausdrucksweisen hätte mehr Authentizität erzeugt, eine dichtere, knisterndere Atmosphäre geschaffen. Eigenartigerweise hallt dieses Buch in mir nach. Ich mag es nicht, Dinge nicht erfasst zu haben, wenn die Voraussetzungen dafür da gewesen wären. Und so suche ich danach.


    Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/der-himmel-ist-blau-die-erde-ist-weiss 



  5. Cover des Buches Die unheimliche Bibliothek (ISBN: 9783832162931)
    Haruki Murakami

    Die unheimliche Bibliothek

     (186)
    Aktuelle Rezension von: kathikeki

    Eine kurze, aber gute Geschichte über Gehorsamkeit, Einsamkeit und Verlust.
    Unglaublich düster und absurd, mir hat das Buch sehr gut gefallen.
    Die Verschwimmung zwischen Wirklichkeit und Absurdität, die Sorge um scheinbar banale Dinge und die Angst vor realen Gefahren, war eine wunderbare Kombination.
    Lustigerweise habe ist es in meiner Bücherei entdeckt. Ich hoffe, man schickt mich nächste Mal nicht dort in den Keller...

    Empfehle ich jedem, der eine kurze, spannende und skurrile Geschichte sucht.

  6. Cover des Buches Das Ende des Bengalischen Tigers (ISBN: 9783954380374)
    Yoko Ogawa

    Das Ende des Bengalischen Tigers

     (19)
    Aktuelle Rezension von: letusreadsomebooks

    Das Ende des Bengalischen Tigers, welches in der englischen Übersetzung den kürzeren und deutlich anders anmutenden Titel Revenge trägt, vereint elf extrem atmosphärische Kurzgeschichten: eine Frau kauft in einer Bäckerei Törtchen für ihren verstorbenen Sohn zum Geburtstag, eine alte Dame hütet in ihrem Garten ein dunkles Geheimnis, eine Schriftstellerin verliert langsam den Verstand, eine Affäre endet mehr als verhängnisvoll und ein Täschner fühlt sich von dem offen liegenden Herzen einer Kundin angezogen.

    Yoko Ogawas „Roman in elf Geschichten“, wie es so schön auf dem deutschen Cover heißt, hatte für mich nichts besonders romanhaftes. Ein wenig erinnert das Konzept an David Mitchells Werke Der Wolkenatlas, Chaos oder Die Knochenuhren, da auch hier die einzelnen Erzählungen sehr gelungen miteinander verknüpft werden. Die Bäckerei aus der ersten Geschichte taucht später noch einmal auf, genauso wird die weinende Konditorin in einer späteren Erzählung zur Nebenfigur. Eine Geschichte beeinflusst die andere, alles ist, mal in geringem Maße, mal stärker, miteinander verbunden. Dass für mich kein Roman-Gefühl entstanden ist, ist allerdings überhaupt nicht negativ. Die herausragenden Kurzgeschichten ergänzen sich perfekt, durch jede folgende wird die vorher gelesene noch etwas klarer, Hintergründe werden aufgedeckt und vorschnell gewonnene Eindrücke relativiert oder gänzlich umgekehrt.

    Drei der Geschichten sind im Gegensatz zu den restlichen sehr harmlos und dienen eher als Verbindungsstücke – so auch die titelgebende Story der deutschen Ausgabe. Sie sind immer noch gut, bei ihnen fehlte mir jedoch der Überraschungseffekt, der sich bei allen anderen Geschichten einstellt. Oftmals gibt es erst auf der letzten Seite oder gar im letzten Abschnitt einer Erzählung eine grausame, makabere Wendung. Sobald man dies zum ersten Mal erlebt hat, wartet man regelrecht darauf, dass es erneut passiert. Ogawas Geschichten sind alle kühl wie der Nachtwind in einer dunklen, verlassenen Gasse, der einen erschauern lässt. Man spürt auf jeder Seite, dass das Böse gleich hinter der nächsten Ecke lauert.

    Manche der obskuren Ereignisse haben mich an Ray Bradburys Werke, insbesondere seine Kurzgeschichten, erinnert. Auch Liebhaber der Gothic Fiction dürften mit diesem Buch hier auf ihre Kosten kommen. Mich persönlich hat es sehr beeindruckt, dass Das Ende des Bengalischen Tigers von derselben Frau verfasst wurde, die auch Das Geheimnis der Eulerschen Formel schrieb. Diesen Roman las ich vor einigen Jahren und konnte ihm leider nur das Prädikat „ganz nett“ geben. Doch die harmlose, vor sich hinplätschernde Geschichte über einen Professor, dessen Kurzzeitgedächtnis nicht mehr funktioniert und seine neue Haushälterin, die es sich mit ihrem Sohn zur Aufgabe gemacht hat, die harte Schale des alten Mannes zu knacken, hat nichts mit den dunklen, brutalen Kurzgeschichten gemein – glücklicherweise.

    Yoko Ogawas Stories Das Ende des Bengalischen Tigers haben mir zwar nicht das Gefühl eines Romans vermittelt, dennoch ergeben sie gemeinsam ein stimmiges Ganzes. Die elf Geschichten sind nicht nur durch ihre dunkle, mörderische und skurrile Thematik gekonnt verbunden, sondern auch durch verschiedene Figuren und Schauplätze, die immer wieder auftauchen. Durch dieses Buch konnte ich eine völlig andere, mir bisher unbekannte Seite der japanischen Autorin entdecken, die zur Zeit mit ihrem neuen Roman The Memory Police auf der Short List des International Booker Prize steht – und davon lese ich nur allzu gerne mehr!

  7. Cover des Buches Schuldig (ISBN: 9783570103678)
    Kanae Minato

    Schuldig

     (55)
    Aktuelle Rezension von: Zeilentaenzer

    Ein paar gemeinsame Tage wollen sie in einer abgelegenen Hütte verbringen, bevor sie ins Arbeitsleben starten. Fünf Studenten aus Tokio verabreden ein Treffen, um die Feiertage miteinander genießen zu können. Einer der vier, Murai, kommt verspätet und bittet seine Freunde, ihn mit dem Auto abzuholen. Wegen der einsetzenden Dunkelheit, des stürmischen Wetters und weil alle bereits getrunken haben, lehnen sie dies zunächst ab. Weil Murai, dessen Vater die Hütte gehört aber nicht nachgibt, ist es schließlich Hirosawa, der sich einverstanden erklärt, ihn abzuholen. Er wird allerdings nie ankommen, denn er kommt bei einem Autounfall in einer der kurvenreichen Bergstraßen ums Leben. Fukase stellt sich fortan die Frage nach einer möglichen Schuld der vier hinterbliebenen Freunde. Drei Jahre nach den Ereignissen erreichen die damaligen Studienkollegen dann anonyme Briefe, in welchen sie als Mörder beschuldigt werden. Von wem stammen die Schreiben, was geschah wirklich in jener Nacht und was bedeutet Schuld?

    Kanae Minato ist mir mehr als nur ein Begriff gewesen, sodass meine Erwartungen an dieses Buch sehr hoch waren. Ich habe in den letzten Jahren unzählige Rezensionen gelesen und meine Neugier auf »Schuldig« wuchs stetig. Warum es dann doch einige Zeit dauerte, bis ich mich dem Werk näherte, liegt wohl einfach an dem Umstand, dass es so viele beeindruckende Bücher gibt. Gleich von Beginn an löste Minato durch ihren atmosphärischen Schreibstil und die gut konstruierten Figuren eine Sogwirkung aus. Ich mochte den Protagonisten, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird und die falschen Fährten, auf die Kanae Minato ihre Leser:innen lockt. Die Charaktere und ihre Eigenschaften werden bunt gezeichnet, sodass sie lebendig wirken.

    Die Autorin verfügt über großes psychologisches Geschick und erschafft ein trauriges Ereignis, das besonders einen der damals Anwesenden, Fukase, nach wie vor prägt. Als dann jeder der vier einen anonymen Brief erhält, indem sie alle des Mordes bezichtigt werden, holt sie die Vergangenheit ein. Fukase kämpft mit seinen Schuldgefühlen, denn das Todesopfer, Hirosawa, war sein engster Freund, auch wenn er ihm dies nie sagen konnte. Doch genau genommen wusste er viel zu wenig von diesem, sodass er fest entschlossen ist, mehr über das Leben seines Freundes zu erfahren und sich auf Spurensuche zu begeben. So macht er Menschen ausfindig, die Hirosawa kannten. Bei diesen Nachforschungen kommt er auch dem Geheimnis des Briefeschreibers auf die Spur. Die Frage nach einer möglichen Mitschuld am Tod Hirosawas durch seine Freunde ist allgegenwärtig.

    Ich habe über die letzten Jahre ein großes Faible für die japanische Literatur entwickelt und wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Kanae Minato schreibt mit viel Fingerspitzengefühl, einem guten Gespür für die Situation und schafft einen brisanten Thriller, der durch seine unterschiedlichen Figuren lebt. Die japanische Mentalität wird hier sehr offensichtlich, was mir besonders gefiel. Es gibt einige Wendungen im Verlauf der Geschichte, die mich nicht immer überraschten und dennoch wurde die Spannung hochgehalten. Insbesondere das nicht vorherzusehende Ende und der Umgang mit der Schuldfrage haben mich beeindruckt. Das Werk erinnerte mich beim Lesen ein wenig an den Film Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast aus dem Jahr 1997.

    Durch die Erkundigungen, die sich Fukase im Umfeld von Hirosawa einholt, bekommt der mittlerweile Verstorbene eine Persönlichkeit und man kann sich vorstellen, welch ein Mensch er gewesen sein mag. So findet neben dem eigentlichen Trauerprozess für Fukase auch eine Verarbeitung der Ereignisse statt. Minato versteht es, Nebenhandlungen einzubauen, die der Geschichte das gewisse Etwas geben. So mochte ich die beschriebene Leidenschaft Fukase´s für Kaffee und die vielen Informationen die man als Leser:in hierzu erhält. Auch kulinarisch hat das Buch einiges zu bieten, denn die japanische Küche kommt nicht zu kurz. Spannungsreich und informativ berichtet Kanae Minato von einem tragischen Unglück und der anschließenden Schuldfrage.

    Äußerst geschickter Roman, der psychologisch klug erzählt wird, von den leiseren Tönen lebt und in einem ungeahnten Schlussakkord mündet.

  8. Cover des Buches Teufelskind (ISBN: 9783442473915)
    Natsuo Kirino

    Teufelskind

     (46)
    Aktuelle Rezension von: Navi_M_Gray
    "Provokant, diabolisch, abgründig:
    das faszinierende Psychogramm
    einer Frau, die ihre Seele verlor."– Goldmann

    Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll...
    Auf die japanische Schriftstellerin Natsuo Kirino bin ich nur zufällig gestossen. Amazon hatte sie mir vorgeschlagen. Ich klickte auf das Buch, las den Klappentext und dachte, das könnte etwas für mich sein. Kirino hatte mehrere Bücher geschrieben, welche sich nun in meinem Besitz befinden. Auf ZVAB habe ich ihre wunderbaren Werke gefunden. Zustand: Wie neu. Ich habe sowohl Taschenbücher aus auch Deckenbände erhalten, die wahrlich wie neue aussehen. Der Zustand ist jener gebrauchten Bücher ist besser, als jener der Neuware in den Filialen Orell Füsslis. Dort in den Regalen findet man oft Taschenbücher mit geknickten Rücken. Der Rücken von Teufelskind ist heil.

    Ohne je ein Buch von Kirino gelesen zu haben, bestellte ich gleich alle. Dieser Entscheid war gut, denn sie werden gegenwärtig nicht mehr angeboten.

    Hier kommen wir nun zum ersten Roman, jener fabelhaften Autoren, welches ich gelesen habe:


    "Ich werde zu einem wahren Menschen!"
    – Aiko Matsushima

    In einem SatzAiko Matsushima ist eine wahre Lebenskünstlerin, die auf der Suche nach ihrem Ursprung und ihrer Mutter mordend und eiskalt durch Tokyo zieht und jeden aus dem Weg räumt, der ihr gefährlich werden könnte.

    Empfehle ich dieses Buch? Wieso?はい!勿論ですよ!
    Ja! Selbstverständlich!
    Den Einstieg macht das Ehepaar Kadota. Misae, ehemalige Erzieherin im Kinderheim, in dem auch Aiko war, hat ihren damaligen Zögling Minoru geheiratet, der 25 Jahre jünger ist. Wir lernen die beiden kennen und fragen uns, wieso Misae mit so einem Typen zusammen ist. Minoru ist faul, ein schlampiger Zimmermann, der aktuell ohne Arbeit ist und von der Rente seiner Frau lebt, für die er sich zuweilen schämt. Allerdings nur in der Öffentlichkeit. Im Schutz des Hauses lässt er sich von ihr bedienen und verwöhnen. Kirino versteht es, unsyamptische Figuren zu gestalten, ist Minoru doch nicht der Einzige, den man prügeln möchte. Jedenfalls gehen sie in ein koreanisches Restaurant, wo ihnen die Kellnerin bekannt vorkommt. Aiko Matsushima. Ein kurzer Dialog findet statt und Misae lädt Aiko ein, ihnen Gesellschaft zu leisten. Sie gibt Aiko ausserdem ihre Adresse.
    Misae und Minoru sind gerade zu hause angekommen und freuen sich auf eine, für mich sehr verstörende, Sexpraktik in dem Windeln eine grosse spielen, als es an der Tür klopft. Aiko. Sie übergiesst Misae mit Benzin und lässt es entflammen. Misae und Minoru verlassen Kapitel 1 als verkohlte Leichen.
    In Kapitel 2 tauchen zwei Polizisten auf und befragen die Angestellten im Restaurant nach dem Ehepaar Kadota. Aiko spielt wunderbar und gibt Auskunft. Gleich darauf packt sie ihre Sachen und flieht ein weiteres Mal. Sie möchte Emi besuchen, eine Freundin von damals, die ein Geheimnis umgibt, welches Aiko gen Ende des Buches erfahren wird.
    Aiko ist viele. Sie nimmt verschiedene Identitäten an. So wird sie Zimmermädchen bei einer Hotelinhaberin und muss auf deren verzogenen Jungen Yasushi aufpassen, den sie dann kurzerhand entführt. Dieses Gör ist derart verzogen und selbstgefällig, dass man es prügeln möchte. Aiko spielt mit dem Gedanken, ihn in den Sumida (Fluss in Tokyo) zu werfen, entscheidet sich dann aber für eine andere Option...
    Aiko trifft auf Personen aus ihrer Vergangenheit. Die Einen tötet sie kaltblütig und gleichgültig. Andere lässt sie am Leben. Sie will ihre Mutter finden. Ihre leibliche Mutter. Denn Aiko ist in einem Bordell aufgewachsen. Von ihrer Mutter hat sie nur ein paar abgetragene weisse Schuhe.
    Von Emi erfährt sie schliesslich, die Identität ihrer leiblichen Mutter...

    Aiko ist so wunderbar abgrundtief böse, gleichgültig und kaltblütig. Sie ist eine wahre Lebenskünstlerin, für die nur zwei Digne von Bedeutung sind: Die Identität ihrer Mutter und Geld. Da ich ihre Abneigung gegen Kinder teile, war sie mir gleich noch sympathischer als ohnehin schon. ^_^

    Markant ist, dass eigentlich jeder Mann in diesem Buch ein Arschloch ist. Kirino beschreibt sämtliche Männer als Paschas, die sich von ihren Frauen bedienen lassen, als wären sie Könige.
    Masayo Sasaki zum Beispiel. Die Frau des Reinigungsbesitzers. Masayo hatte Nobuo geheiratet. Nicht aus Liebe, viel mehr weil dieser behauptete Geld und Landbesitz zu haben. Nobuo führte die Reinigung zusammen mit seinem Zwillingsbruder Yorio, die früher gute Kunden im Bordell waren. Masayo muss beide Männer bedienen, bekochen, hinter ihnen herräumen und auch noch in der Reinigung arbeiten. Sie wird von den beiden wie eine Sklavin behandelt. 
    Die AutorinNatsuo Kirino gilt als Kämpferin. Man sagt ihr nach, sie sei kühl. Sie bricht Tabus. Ihre Romane haben eine Kontroverse ausgelöst.
    Es war untypisch, gerade für Frauen, solche Romane zu verfassen. Kirino sagte einst in einem Interview, sie sei es leid, dass Frauen in Japan zwar studieren und arbeiten können, aber sobald sie heiraten und schwanger werden, wäre es das gewesen. Sie kümmern sich fortan um den Haushalt und die Familie.
    In Kirino's Romanen geht es um meist um Aussenseiterinnen, die es im modernen Japan nicht geschafft haben. Wenige können sich aufrappeln und kämpfen. Sich selbst aus diesem Strudel aus Hoffnungslosigkeit befreien und den Sprung in ein halbwegs normales Leben schaffen.
    Kirino identifiziert sich mit ihren Figuren.
    Beispielsweise wurde sie zu einem Radiointerview eingeladen, jedoch weigerte sich der Moderator sie zu interviewen, da ihre Bücher "widerlich" wären. Kirino musste viel Kritik ertragen. Hat sie ertragen und vermochte, darüber zu stehen.

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