Bücher mit dem Tag "judenverfolgung"
352 Bücher
- Markus Zusak
Die Bücherdiebin
(4.684)Aktuelle Rezension von: _lenas-buecherwelt_"Die Bücherdiebin" zeigt, dass Worte ein Rückzugsort und ein Abenteuer sein können, doch gleichzeitig können sie auch gefährlich werden.
Der Schreibstil war etwas anders als bei den meisten Büchern, die ich bis jetzt gelesen habe. Daran musste ich mich erst ein wenig gewöhnen, war dann aber schnell in der Geschichte drin.
Der Tod ist in der Geschichte der Erzähler. Er berichtet von dem kleinen Mädchen Liesel, dem er öfter in verschiedenen Situationen begegnet ist und dessen Geschichte ihn nicht losgelassen hat. Er schildert auch auf eine besondere Weise die Zeit während des zweiten Weltkriegs und berichtet über den Alltag und das Überleben in Deutschland, über Hoffnung, Schuld und eben auch über den Tod.
Liesel ist ein mutiges Mädchen, das in Büchern und Worten ihren Rückzugsort gefunden hat und die in ihren jungen Jahren schon einiges erlebt hat und nun bei Pflegeeltern aufwachsen soll. Hans Hubermann war für sie ein toller Vater und ist für sie ebenfalls zu ihrem Rückzugsort geworden. Auch Rosa Hubermann hat Liesel in ihr Herz geschlossen, sie hat nur eine andere Art und Weise ihre Liebe auszudrücken. Rudi und Max sind für Liesel zu zwei guten Freunden geworden.
Auch die Gestaltung de Buchs war etwas besonderes, mit Zeichnungen, Geschichten und Bildern von Max.
Die Geschichte hat mich nachdenklich gemacht, mich berührt und mir auch die ein oder andere Träne entlockt. - Anne Frank
Gesamtausgabe
(2.744)Aktuelle Rezension von: bibliophilaraDas Motto der Lesechallenge im Juli lautet: „Lies ein Buch einer Autorin, von der du noch nie etwas gelesen hast.“ Dieses Motto habe ich mit einer Lektüre für ein Literaturdidaktik-Seminar über Exilautorinnen kombiniert. Denn Anne Franks Tagebücher habe ich in meiner Schulzeit tatsächlich nicht gelesen. Ich hatte mir aber immer vorgenommen, dies nachzuholen, weil ich die Lektüre für sehr wichtig halte. Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren und wanderte 1934 mit ihren Eltern und ihrer Schwester in die Niederlande aus, um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Heute gilt sie als bekanntestes Opfer des Holocausts und ihre Tagebücher, die sie im Alter von 13-15 Jahren schrieb, als eines der wichtigsten historischen Dokumente aus dem Dritten Reich. Sie wurden 1950 mithilfe ihres Vaters Otto Frank publiziert und 2009 in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen. Alleine deswegen sollte man ihre Tagebücher einmal im Leben gelesen haben.
Anne Frank ist 13 Jahre alt, als sie ein in karierten Stoff gebundenes Poesiealbum zum Geburtstag geschenkt bekommt. Am selben Abend beginnt sie, es als ihr persönliches Tagebuch zu nutzen. Schnell gibt sie ihrem geliebten Büchlein einen Namen und beginnt fast jeden Eintrag mit „Liebe Kitty“. Wenige Monate später muss Anne mit ihren Eltern und ihrer älteren Schwester Margot flüchten, da die Nationalsozialisten die besetzten Niederlande systematisch nach Juden absuchen. Ihr Versteck befindet sich im Hinterhaus des Firmengebäudes ihres Vaters, das nur durch einen niedrigen Durchgang erreicht werden kann. Annes Tagebucheinträge erzählen von der Angst entdeckt zu werden, ihren Konflikten mit ihrer Familie, der Familie van Daan oder dem Zahnarzt Fritz Pfeffer, die ebenfalls in dem kleinen Versteck leben sowie dem Kriegsgeschehen. Dass sie niemals das Haus verlassen darf und keinen Rückzugsort hat, belastet das pubertierende Mädchen zusätzlich. Ihre Hoffnung liegt auf dem Ende des Zweiten Weltkriegs und einem Leben in Freiheit ohne Judenhass. Doch für Anne Frank und ihre Familie wird es kein Happy End geben.
„Ich werde, hoffe ich, Dir alles anvertrauen können, wie ich es noch bei niemandem gekonnt habe, und ich hoffe, Du wirst mir eine große Stütze sein.“, ist Annes erster Eintrag in das Tagebuch am 12. Juni 1942, ihrem 13. Geburtstag. Es zeigt bereits, wie persönlich und intim Annes Gedanken sein werden, die sie in dieses Buch niederschreiben wird, denn anfangs schrieb sie es nur für sich. Anne führte ihr Tagebuch vom 12. Juni 1942 bis zum 1. August 1944. Am 28. März 1944 hörte sie im Radio einen niederländischen Minister im Exil, der davon sprach, dass man Dokumente der niederländischen Bevölkerung wie bspw. Tagebücher, die vom Krieg und Leiden des Volkes berichten, sammeln und publizieren müsse. Erst dann fing Anne an, ihr Tagebuch zu überarbeiten und plante, es als Grundlage für eine Buchveröffentlichung nach dem Krieg zu nutzen. Anne schrieb ihr Tagebuch selbstverständlich aus der Ich-Perspektive mit Kitty als Adressatin, die sie immer wieder direkt anspricht. Kitty ist die Freundin, die Anne niemals hatte, nach der sie sich aber immer gesehnt hat. Eine Vertraute, der sie all ihre Gefühle und Geheimnisse erzählen kann, ohne dafür verurteilt zu werden. Mit der Zeit wird der Leser selbst zu Kitty, der ihr jeden Abend aufmerksam zuhört, wenn sie von den neuesten Ereignissen aus dem Hinterhaus erzählt.
Anne war ein vielschichtiges und für ihr Alter bemerkenswert kluges Mädchen mit einer starken Persönlichkeit und einer scharfen Beobachtungsgabe. In ihrem Tagebuch hinterfragt sie ihr eigenes Verhalten und das ihrer Mitmenschen regelmäßig. Sie hatte eine starke Meinung zu ihren Klassenkameraden oder ihrer Familie und war äußerst selbstbewusst: „Ich habe einen Haufen Anbeter, die mir alles von den Augen ablesen und sogar, wenn’s sein muss, in der Klasse versuchen, mithilfe eines zerbrochenen Taschenspiegels einen Schimmer von mir aufzufangen“ (S. 18f.). Sie zeigt aber auch Empathie für das Leid anderer und sorgt sich um sie, auch wenn sie selbst in einer Notsituation lebt. Während sie im Versteck wohnt, durchlebt sie auch ihre Pubertät, was für sie sehr schwierig gewesen sein muss. Sie vertraute ihre Gedanken über Sexualität ihrem Tagebuch an, doch hatte sie kaum Rückzugsmöglichkeiten und abgesehen von Margot und Peter zwei Jahre lang keinen Kontakt zu Gleichaltrigen. Dem Bedürfnis nach Abgrenzung und Selbstfindung konnte sie im Hinterhaus kaum nachkommen und auch ihre erste Periode konnte sie vor den anderen Versteckten wohl kaum verbergen. Wenn ich darüber nachdenke, wie belastend die Corona-Pandemie für die Psyche war, ist es bewundernswert, dass Anne unter viel schlimmeren Umständen niemals ihre humorvolle und lebensfrohe Art verloren hat.
Anne schreibt mit großer Klarheit, Ausdruckskraft und emotionaler Tiefe. Ihre Beobachtungen über das Leben im Versteck, über ihre Mitmenschen und die politische Lage zeugen von einem wachen Geist und hoher Bildung für ihr Alter. Ihre persönliche Entwicklung spiegelt sich auch in ihrer Sprache wieder. Diese mag für heutige Verhältnisse zwar manchmal angestaubt wirken. Insbesondere die häufig genutzte Selbstbezeichnung „Backfisch“ als pubertierendes Mädchen im Alter von etwa 13-17 Jahren ist stark veraltet und besonders junge Leser werden wohl nicht verstehen, dass hiermit nicht ein in Panade frittiertes Fischfilet gemeint ist, oder warum man sich selbst so nennen sollte. Anne schreibt über verschiedene Themen, die bei den Lesenden wohl unterschiedlich starkes Interesse wecken. Mal sind es ihre Gedanken und Beziehungen zu den anderen Versteckten. Insbesondere zu ihrer Mutter, Auguste van Daan und dem Zahnarzt Fritz Pfeffer hat Anne ein schwieriges Verhältnis. Mal sind es die Beschreibungen des Alltags mit Betten machen, putzen und Kartoffeln schälen. Mal Neuigkeiten von ihren Helfern und die neuesten Konflikte im Hinterhaus.Und manchmal schreibt Anne über das politische Weltgeschehen, von dem sie im Radio hört. Man muss sich wohl ein wenig herauspicken, was man aus Anne Franks Tagebuch für sich selbst mitnimmt. Für mich waren es verschiedene Informationen über den Zweiten Weltkrieg, die mir so nicht bewusst waren, z.B. dass Italien bereits 1943 kapitulierte und von den Alliierten von Süden aus eingenommen wurde oder dass die Rote Armee bereits 1944 Massendeportationen nicht-russischer Ethnien von der Krim veranlasste. Aber auch, dass in diesen düsteren Zeiten, in denen so vielen Menschen Unrecht und Leid widerfahren ist, es auch eine Menge stiller Helden gab. Allen voran Jan und Miep Gies sowie Bep Voskuijl, die dem niederländischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus angehörten und versuchten, die beiden jüdischen Familien vor den Nazis zu verstecken. Sie haben ihr eigenes Leben riskiert und sich den deutschen Behörden widersetzt, um für Menschlichkeit und Nächstenliebe einzustehen. Es erfordert so unfassbar viel Mut, sich gegen mächtige Unrechtssysteme aufzulehnen, die so viel stärker scheinen als man selbst.
Zwischendurch habe ich auch immer wieder das Hörbuch, gelesen von Fritzi Haberlandt, genutzt, das es kostenlos auf Spotify gibt. Der Sprecherin gelingt es sehr gut, die humorvolle und leicht kindliche Art von Anne wiederzugeben. Eine Sache an Annes Leben im Versteck habe ich jedoch nie verstanden: Warum haben sich die Versteckten dazu entschieden, dass Anne sich ihr Zimmer mit dem Zahnarzt Fritz Pfeffer teilen sollte? Sie war damals 13 und er über 50 Jahre alt. Wer bitte lässt ein junges Mädchen mit einem ihr fremden Mann mittleren Alters in einem Zimmer schlafen? Mir ist bewusst, dass die Räumlichkeiten im Versteck sehr limitiert waren, aber wäre es nicht besser gewesen, wenn Margot und Anne sich das Zimmer geteilt hätten und der Arzt bei Peter oder bei einem der Erwachsenen geschlafen hätte? Da die Versteckten nachts nicht die Toilette benutzen durften, musste Anne den Nachttopf unter ihrem Bett nutzen, und das während der Mann in ihrem Zimmer lag. Ich kann mir kaum vorstellen, wie schrecklich das für Anne gewesen sein muss.
Das Ende kommt sehr plötzlich. Annes Geschichte ist nicht fiktiv. Anne wurde aus dem Leben gerissen. Der letzte Eintrag des Tagebuchs ist vom 1. August 1944. Am 4. August 1944 wurden die acht Untergetauchten von SS-Männern verhaftet und im September 1944 ins KZ Auschwitz deportiert. Ob Anne in ihren letzten Tagen geahnt hat, dass sie verraten wurde, ist unklar. Auch wer die versteckten Juden verraten hat, konnte bis heute nicht geklärt werden. Lange Zeit stand der Lagerarbeiter Willem G. van Maaren unter Verdacht, doch letztendlich konnte man ihm nichts beweisen. Von den acht Menschen im Hinterhaus überlebte nur Otto Frank das KZ. Anne und Margot starben vermutlich im Februar oder März 1945 im KZ Bergen-Belsen an Typhus. Eine der Helferinnen, Miep Gies, versteckte Annes Tagebuch in ihrem Schreibtisch und übergab es Otto Frank, als feststand, dass Anne nicht mehr lebte. Das Tagebuch symbolisiert heute den Völkermord an den Juden durch die Nationalsozialisten. In einer Zeit, in der der Rechtsextremismus wieder an politischer Bedeutung gewinnt, kann ich nur jedem ans Herz legen, dieses Buch einmal im Leben gelesen zu haben.
Anne Franks Tagebuch zu bewerten, fällt mir wirklich schwer. Sie hat angefangen, dieses Tagebuch nur für sich selbst zu schreiben, um ihm ihre intimsten Gedanken anzuvertrauen. Erst später hat sie es bearbeitet, um es als Vorlage für ihren autobiografischen Bericht zu nutzen. Von der leicht angestaubten Sprache mit „Backfisch“ oder dem N-Wort, was einmalig fällt, sollte man sich nicht abschrecken lassen. Denn insgesamt ist das Tagebuch sehr lesenswert. Vielleicht sind nicht alle Passagen sonderlich spannend, aber gewiss kann jeder etwas für sich herauspicken, was einen interessiert: sei es Annes facettenreiche Persönlichkeit, historische Ereignisse oder philosophische Ansätze. Ich nehme aus ihrem Tagebuch mit, dass wir in einer wahnsinnig privilegierten Zeit leben, obwohl vielen Menschen das nicht einmal klar ist. Wenn Anne beschreibt, wie sie im Versteck einen Auflauf aus fauligen Kartoffeln mit gestrecktem Regierungsmehl zubereiten und dabei die Form mit Stearin oder Paraffin einschmieren, weil sie kein Öl, Butter oder Margarine haben, wird mir bewusst, wie gut ich es heute habe, einfach in den Supermarkt um die Ecke gehen und mir kaufen zu können, was ich haben möchte. Aber auch, dass es wichtig ist, sich als vermeintlich unbedeutende Person gegen menschen- und demokratiefeindliche Ideologien aufzulehnen, damit so etwas nie wieder geschieht. Deswegen gebe ich diesem wichtigen Literaturklassiker vier von fünf Federn.
- Robert Scheer
Pici: Erinnerungen an die Ghettos Carei und Satu Mare und die Konzentrationslager Auschwitz, Walldorf und Ravensbrück
(42)Aktuelle Rezension von: pardenEIN PERSÖNLICHES MAHNMAL...
Robert Scheer liebte seine Großmutter. Dies ist an und für sich nichts Besonderes, doch eigentlich ist es ein Wunder, dass es den Autor überhaupt gibt. Denn eigentlich hätte seine Großmutter Pici nicht überleben, nicht heiraten und keine Familie gründen dürfen. Denn dies war der Plan von Hitler und seinen Schergen. Doch als einzige ihrer weitverzweigten jüdischen Familie überlebte Pici ("die Kleine") seinerzeit die Gräuel des Holocaust.
"Die Weisen sagen, das Ziel des Lebens sei das Leben selbst. Dem folgend habe ich das Ziel erreicht. Denn ich lebe noch." (S. 56)
Zum 90. Geburtstag seiner Großmutter beschloss Robert Scheer, diese nach ihren Erlebnissen zu befragen, damit ihr Zeugnis bewahrt bleibt. Und wo Pici jahrzehntelang geschwiegen hat, öffnete sie sich ihrem Enkel gegenüber und gab Auskunft über helle und dunkle Jahre ihrer Vergangenheit.
Die ersten zwei Drittel des Buches erzählen von Picis Familie und ihrer Kindheit in Rumänien. Dort wohnte die Familie ungarischer Juden und lebte vom Holzhandel des Vaters. Arm, kinderreich, aber zufrieden, so wie viele andere Menschen der kleinen rumänischen Stadt auch. Als etwas langatmig habe ich diese Schilderungen zeitweise empfunden, aber andererseits als durchaus legitim - holte sich Pici auf diese Art noch einmal alle Mitglieder iher großen Familie in ihre Erinnerung zurück, alle in den Jahren des Holocaust ums Leben gekommen.
Die schlimmen Erlebnisse Picis nach dem Verlust ihrer Heimat in den 40er Jahren nach der Machtergreifung Hitlers nehmen entsprechend etwa ein Drittel des Buches ein. Die Vertreibung ihrer Familie aus der kleinen rumänischen Stadt, die Erfahrungen im Ghetto, die Deportationen in verschiedene Konzentrationslager, die Kälte, die Hitze, der Hunger, die Unmenschlichkeit, die Angst, die Krankheiten, das Trauma, der Tod - Dinge, über die es sicher auch nach 70 Jahren noch schwerfallen dürfte zu sprechen.
Was mich bei der Lektüre verblüffte, waren die großen Erinnerungslücken Picis, die viele schreckliche Erlebnisse und Details ausgeblendet zu haben scheint.
"Und auch für die folgenden Zeiten gibt es solche kleinen Momente, die völlig in meinem Gedächtnis fehlen, aber nicht so, dass ich sie nach Jahren vergessen hatte, sondern so, als hätten sie nichts mit mir zu tun gehabt. Vielleicht, weil mein Verstand dies alles nicht nachvollziehen konnte und von sich wegschob..." (S. 90)
Entsprechend rudimentär erscheinen denn auch teilweise die Erinnerungen, Spotlights der Schrecken, wobei die Schilderungen selbst nahezu nüchtern erscheinen. Dennoch kommt das Grauen beim Leser an, die Bilder lassen sich ncht verdrängen, die Unfassbarkeit der Erinnerungen bricht sich Bahn. Zahlreiche in den Text integrierte Fotos (viele aus dem Privatbesitz des Autors) unterstreichen das Geschriebene, geben dem Erzählten ein Gesicht und verankern das Grauen in der Realität.
Der Schreibstil ist einfach, erinnert zeitweise an einen ungeübten Schulaufsatz. Doch vieles ist in wörtlicher Rede wiedergegeben und dokumentiert so eher das Gespräch zwischen dem Enkel und seiner Großmutter Pici als dass es literarisch aufgearbeitet ist. Dieses Stilmittel der wörtlichen Rede unterstreicht in meinen Augen die Authentizität der Erzählung.
Neben den bereits erwähnten Fotos gibt es - vor allem in dem vielseitigen Anhang - auch zahlreiche Kopien von alten Briefen, Dokumenten und Listen, die die Erinnerungen Picis in Raum und Zeit des Holocaust verankern. Hier hätte ich mir eine bessere Qualität der Darstellung gewünscht, denn viele der genannten Quellen waren durch eine blasse und verschwommene Kopie für mich tatsächlich kaum leserlich, was ich wirklich bedauerlich fand.
Robert Scheer hat mit diesem Buch nicht nur seiner geliebten Großmutter ein Denkmal gesetzt, sondern mit Picis Erinnerungen auch ein persönliches Mahnmal geschaffen. Ein Buch 'Gegen das Vergessen', das sehr persönliche Einblicke gewährt.
© Parden - Luca Di Fulvio
Das Mädchen, das den Himmel berührte
(480)Aktuelle Rezension von: Engel63Luca di Fulvio @lucadifulvio_ hat die faszinierende Geschichte „Das Mädchen, das den Himmel berührte“ so lebhaft geschrieben, dass ich mich sofort darin eingebunden fühlte. Die Hauptfiguren Mercurio und Giuditta, die einen langen schwierigen Weg gehen, sich immer wieder verlieren und finden, ärmlich aufgewachsen und trotzdem sehr stark und zielgerichtet sind. Knapp 1‘000 Seiten Spannung, kribbeln, Luft anhalten, weinen oder sogar heulen, lachen und schmunzeln. Ich habe dieses herrlich Natürliche geliebt und mich sehr gut in die Figuren hinein fühlen und mit leben können. Bin begeistert wie gut Luca die Zeit aus dem 16. Jahrhundert beschreibt, Rom und Venedig kennt und sein Wissen mitteilt. Ein historischer Krimi kann nicht besser sein. Interessant wie Mercurio sich immer wieder verwandeln kann, Menschen an der Nase herumführt und seine Ziele erreicht. Die Jüdin Giuditta aus Einfachem Spezielles herstellt, das sogar die Reichen haben wollen und so der Neid der Rivalin Benedetta bis ins Unermessliche geht, unvorstellbar. Jede Seite ein Genuss und lesenswert.
- John Boyne
Der Junge im gestreiften Pyjama
(2.375)Aktuelle Rezension von: Fa3ienPerspektive eines kleinen Jungen auf die Auschwitz und das ganze Leid. Spannend ist, wie durch die Augen eines Kindes das Geschehen in Auschwitz gesehen wird und es nicht verstehen kann was da genau passiert. Herzerwärmend wie eine verbotene Freundschaft entsteht, zeigt auf, wie anders Kinder denken und was für Werte Kindern (& uns allen) eigentlich mal vermittelt wurden.
Trotzdem für mich nicht das realistischste Buch über Auschwitz und leider auch nicht das Beste dass ich je darüber gelesen habe. Aber anlehnend an die Thematik und nicht ganz so extrem. Ermöglicht vielleicht ein etwas leichtere Beginn um sich mit dem Thema auseinander zu setzen.
- Robert Seethaler
Der Trafikant
(521)Aktuelle Rezension von: tlowFranz Huchel wird von seiner Mutter mit 16 in die große Stadt Wien geschickt. Als Kind vom Land erlebt er ab der ersten Minute immer wieder neues und man begleitet ihn beim Erwachsenwerden. Seine Arbeit in der Trafik ermöglicht ihm den Kontakt zu Sigmund Freud, der ihn vom ersten Moment an fasziniert. Die beiden haben immer wieder Kontakt und Freud wird zum Ratgeber und Freund. Zudem begegnet ihm die erste Liebe. Als sich die politische Situation immer weiter zuspitzt muss Franz immer neue Entscheidungen treffen und es war wirklich eni spannendes Zusammenspiel aus Charakterentwicklung und historischem Hintergrund.
Ich habe die realistische Darstellung Wiens und der politischen Veränderungen sehr genoßen. Nichts wirkte geschönt oder verkürzt und man kann immer mal wieder weiter recherchieren, wenn die Zeit und die Ereignisse im Roman voran schreiten. Auch das ehrliche Porträt des alten Sigmund Freuds hat mir gut gefallen. Der Charakter wirkt greifbar und passt in seine Zeit, wobei einen manche seiner Weltanschauungen stutzen lassen und zum Nachdenken und Nachrecherchieren anregen.
Der Roman lässt sich aber auch ganz ohne weitere Recherche genießen. Franz wird im Laufe des Geschehens immer reifer, seine Erfahrungen verändern ihn und er zweifelt immer wieder, stellt Dinge in Frage und hinterfragt scheinbar gegebenes. Er ist mutig, steht für sich ein, trifft aber auch immer wieder auf Grenzen des Möglichen. Dadurch fühlt er sich nahbar an und man kann viele seiner Entscheidungen besser verstehen und mitfühlen.
- David Safier
28 Tage lang
(574)Aktuelle Rezension von: yana271943, Mira lebt im Warschauer Ghetto und schmuggelt Lebensmittel in das Ghetto, um sich, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester Hannah durchzubringen. Ihr Bruder ist bei der verhassten Judenpolizei und ihre Mutter vegetiert seit dem Tod des Vaters vor sich hin. Die ganze Verantwortung der Familie liegt auf den zarten Schultern von der 16 jährigen Mira. Trotz der desolaten Lage wächst eine zarte Liebe zwischen Mira und Daniel, einem Waisenkind.
Es sind die letzten Tage des Warschauer Ghettos, da die Deutschen die Räumung und letztendlich die Tötung der Ghettobewohner beschlossen haben. Mira schließt sich dem Widerstand an, die von dem charismatischen Amos angeführt wird. 28 Tage lang haben die Juden- trotz bescheidenen Mitteln- Widerstand gegen die Nazis geleistet. Die Totgeweihten haben gezeigt, dass sie nicht kampflos ihrem Schicksal fügen werden.
Von David Safier haben ich lustige Bücher wie "mieses Karma" oder " Jesus liebt mich" gelesen- allesamt sehr lustig und amüsant.
Ich hatte Zweifel, ob David Safier so ein sensibles Thema wie Judenverfolgung und Warschauer Ghetto ohne Klamauk handhaben kann.
Und hat Safier mich überzeugen können? Und ob!!
Die beengten und chaotischen Verhältnisse im Warschauer Ghetto wurden sehr gut dargestellt, die starke Figur Mira mit ihrer hoffnungslosem Schicksal war beeindruckend.
Viele zeitgenössischen Figuren wie Janusz Korczak und deren Schicksale wurden dargelegt. Die Szene, wo eine Frau Mira wortlos ihr eigenes Baby in die Hand drückt, hat mir das Herz gebrochen.
Ich bin angenehm überrascht, wie David Safier sensibel und ernst dieses Thema angegangen ist.
Fazit: Unbedingt lesen!
- Andreas Eschbach
NSA - Nationales Sicherheits-Amt
(360)Aktuelle Rezension von: Hanns_Steffen_RentschlerAndreas Eschbach hatte eine geniale Idee.
Also wirklich.
Was wäre, wenn die Nazis schon Computer gehabt hätten?
Eine dieser Fragen, bei denen man als Leser das Popcorn fallen lässt und denkt:
„Holy shit – das wird böse.“
Aber was kommt?
Ein Roman wie ein eingeschlafener Systemadministrator.
Eschbach öffnet die Hölle – und macht dann erstmal ein Backup.
Er ersetzt Goebbels durch Google, Himmler durch Hashwerte und den totalen Krieg durch eine sehr gründliche Datenbankpflege.
Widerstand? Fehlanzeige.
Konsequenz? Abgemildert.
Technologischer Impact?
So revolutionär wie eine Fritzbox im Reichstagsbunker.
Denn wer glaubt, man könne dem Dritten Reich digitale Macht geben, ohne die Welt gleich mit in den Abgrund zu ziehen, der schreibt nicht spekulativ – der schreibt feige.
Statt einer rasenden Neuinterpretation der Geschichte gibt’s kleinteiliges Hackerpathos, moralisches Rumschleichen und ein bisschen Metaethik auf Unterhaltungsniveau.
Eschbach will warnen – aber bitte so, dass es niemandem den Schlaf raubt.
Die Vision bleibt brav. Die Dystopie harmlos.
Die Pointe?
Technik ist gefährlich.
Danke. Das wussten wir schon.
Eschbach zeigt mal wieder wie ungefährlich Literatur bleibt –
wenn sie ihre eigenen Ideen nicht zu Ende denkt.
Stell dir vor, Hitler hat Zugriff auf Big Data – und Eschbach macht daraus einen Roman über Datensparsamkeit.
- Nora Berger
Sturmwind über Auprèsmont
(14)Aktuelle Rezension von: WildponySturmwind über Auprèsmont - Nora Berger
Kurzbeschreibung Amazon:
Sophie genießt ihr Studium in Paris. Das Leben ist leicht und der Zweite Weltkrieg weit weg. Noch. Doch plötzlich stirbt ihre Mutter und was vorher sicher schien, wird auf einmal ungewiss.
Was hat ihre Mutter Sophie verschwiegen? Welches Geheimnis liegt über der Familie? Sophie macht sich auf nach München. Auf die Suche nach ihrem eigenen Leben und mitten in die Wirren des bevorstehenden Krieges. Es wird eine Reise, begleitet von Liebe, Tod und Freundschaft. Eine Reise, die Sophies Leben verändert, vor allem als sie den jüdischen Maler David trifft und eine atemberaubende Flucht beginnt.
Mein Leseeindruck:
Ein ergreifendes Buch über eine Familiengeschichte im Wandel der Zeiten. Aber auch ein Buch in das man ganz abtauchen kann, sich aber dafür Zeit nehmen muss.
Von der Autorin hatte ich bereits: Der Fluch der Zuckerinsel gelesen und war neugierig auf dieses Buch, das mich bereits mit der Beschreibung sehr neugierig gemacht hat.
Und wie es kommen sollte.... Ich war begeistert! Das liegt aber nicht nur an diesem Genre, das ich sowieso wahnsinnig gerne lese, sondern auch an der faszinierenden Story und den Schreibstil, der mir dieses Mal noch viel mehr zugesagt hat wie bei dem anderen gelesenen Buch der Autorin.
Ich konnte in die Vergangenheit eintauchen und die Charaktere waren für mich nicht nur Personen auf dem Papier, sondern tatsächlich greifbar, wie wenn ich direkt daneben gestanden hätte.
Sophie habe ich schnell in mein Herz geschlossen. Das geht bei mir sehr schnell wenn die Protagonisten "Herz" haben. Und da das Buch auch super gefühlvoll war und emotional teils eine Achterbahnfahrt war ich fast traurig als ich das Buch am Ende zugeklappt habe.
Fazit:
Für Fans von historischen, gefühlvollen Romanen mit Familiengeschichten ein richtiges Highlight.
Wunderschön ist auch das Cover, das mich sofort angesprochen hat. Denn das ist ein Hingucker.
Ich kann das Buch nur unbedingt weiter empfehlen und vergebe gern von Herzen 5 Sterne *****
- Robert Menasse
Die Hauptstadt
(169)Aktuelle Rezension von: Eva_ReichmannVorweg: ich lese gern Menasse. Aber dieses Buch ist angenehm anders als die Menasse-Romane davor.
Eine Kommission der EU benötigt ein besseres Image - und natürlich geht es um die EU. Aber es geht noch um so Vieles mehr (Geschichte aus Europa - um es abzukürzen). Das wirklich großartige an dem Buch aber ist, dass es weder um politische Thesen noch Geschichtsbelehrung geht - sondern um die Geschichten der beteiligten Personen (die halt wegen Beruf oder persönlicher Beziehungen mit der EU-Kommission zu tun haben).
Gut gefallen hat mir die Idee, eine europäische Hauptstadt in Auschwitz einzurichten.
Als Menasse das Buch 2017 veröffentlichte, war es noch möglich von der "Langeweile des Friedens" als Glück und Segen zu sprechen - hätten mehr Politiker das Buch gelesen und ernst genommen, hätten wir diesen zustand heute noch.
- Judith Kerr
Als Hitler das rosa Kaninchen stahl Band 1-3 (Ein berührendes Jugendbuch über die Zeit des Zweiten Weltkrieges) (Rosa Kaninchen-Trilogie, 1-3)
(453)Aktuelle Rezension von: FeatherstoneInhalt:
Berlin, 1933: Von einem Tag auf den anderen verändert sich das Leben der 9-jährigen Anna für immer. Ihre jüdische Familie sieht sich gezwungen mit ihr außer Landes zu fliehen als die Nationalsozialisten die Macht ergreifen. Anna verliert ihr Zuhause und muss unter anderem ihr geliebtes Kuscheltier – ein rosarotes Kaninchen – zurücklassen. Die Familie lässt sich schließlich in der Schweiz nieder und versucht sich dort ein neues Leben aufzubauen, aber die Schwierigkeiten hören nicht auf. Bald schon ist ein erneuter Umzug erforderlich und es geht für Anna nach Frankreich…
„Ich meine nur, wir sollten zusammenbleiben“, sagte sie, „es ist mir gleich, wo oder wie. Es ist mir gleich, wenn die Umstände schwierig sind, wenn man zum Beispiel kein Geld hat […] – wenn wir nur alle vier zusammenbleiben.“ (S. 165)
Meine Meinung:
Es hat mich überrascht wie sehr mich diese Geschichte in ihren Bann gezogen hat. Natürlich wusste ich schon vorher, dass dieses Buch allgemein sehr bekannt und auch beliebt ist, aber ich hatte dennoch nicht erwartet, dass es mir so sehr gefallen würde. Obwohl die Geschichte kindgerecht erzählt wird vermocht sie es auch mich als erwachsene Leserin mitzureißen.
Anna ist eine sehr sympathische und liebenswerte Hauptperson und man kann sich sehr gut in ihre Gefühls- und Gedankenwelt hineinversetzen. Es ist bemerkenswert mit wieviel positivem Denken, Engagement und auch Tapferkeit sie neuen Situationen begegnet. Anna gibt nie auf auch wenn es durchaus Momente gibt in denen sie verständlicherweise sehr traurig ist und zu verzagen droht. In diesen Momenten leidet man sehr mit ihr. Es ist interessant, dass man die Geschehnisse aus Annas kindlicher Sicht erlebt. Aufgrund ihres Alters kann sie zunächst die Tragweite der politischen Entwicklungen noch nicht vollumfänglich erfassen und sie versteht nicht alles, was sie aus den Gesprächen der Erwachsenen aufschnappt. Ihre kindliche Sichtweise macht Vieles umso dramatischer und persönlicher. Was abstrakt als „Konfiszierung jüdischen Eigentums“ bezeichnet wird bedeutet für sie persönlich, dass sie ihr Kinderzimmer, die meisten ihrer Spielsachen und insbesondere ihr geliebtes rosarotes Kaninchenstofftier verliert. Für Anna bedeutet die Machtergreifung der Nationalsozialisten, dass sie ihr Zuhause und all ihre Freunde hinter sich lassen muss und sich in einem fremden Land zurechtfinden muss.
Da ich ohne Vorwissen an die Geschichte herangegangen bin wurde ich davon überrascht, dass der Haupthandlungsschauplatz der Geschichte gar nicht Deutschland ist. Da Anna mit ihrer Familie gleich zu Beginn des Buches außer Landes flieht, spielen sich die nachfolgenden Geschehnisse ausschließlich in der Schweiz und in Frankreich ab. Über die politischen Entwicklungen und die Lage in Deutschland erfahren die Hauptpersonen somit nur durch Zeitungsartikeln, Radioreportagen und durch Briefe von in Deutschland gebliebenen Bekannten. Trotzdem ist die Bedrohungslage für Anna und ihre Familie spürbar und man kann gut verstehen, dass sie sich Sorgen machen, dass sie möglichweise auch in den Nachbarländern nicht mehr lange sicher sein werden.
Während viele Geschichten mit einer geglückten Flucht aus dem Einflussbereich der Nationalsozialisten enden, wird hier gezeigt, dass damit dennoch nicht alle Probleme beseitigt sind. Natürlich hat Annas Familie mehr Glück und ist privilegierter als all die jüdischen Familien, die es sich nicht leisten konnten Deutschland zu verlassen. Einfach ist ihre Lage aber dennoch nicht, denn Annas Vater hat es schwer eine anständig bezahlte Arbeit zu finden, die Ersparnisse schwinden unaufhaltsam und schließlich gerät die Familie in finanzielle Schwierigkeiten. Der gewohnte, vergleichsweise hohe Lebensstand von einst kann nicht länger aufrechterhalten werden und das belastet auch die Ehe von Annas Eltern. Darüber hinaus müssen die Familienmitglieder verkraften, dass sie ihr Zuhause verloren haben und sie sich entwurzelt fühlen. Gleichzeitig gilt es aber auch alles zu tun um sich in der neuen Umgebung einzuleben. Als Fremde ist es aber gar nicht so einfach sich in einem neuen Land zurechtfinden und Kontakte zu knüpfen. Selbst in der Schweiz, die Deutschland eigentlich kulturell sehr ähnlich ist, stellt Anna fest, dass das Schulsystem dort völlig anders ist und es eine Menge Bräuche und Sitten gibt, die ihr nicht vertraut sind und die dafür sorgen, dass sie bei den anderen Kindern aneckt. Als die Familie dann nach Frankreich umziehen muss kommen sprachliche Barrieren hinzu. Es verlangt Anna und Max viel ab den auf Französisch stattfindenden Schulunterricht zu bewältigen.
Der Autorin hat ein Talent dafür mit vergleichsweise wenigen und einfachen Worten und durch kleine, relativ unaufgeregte Szenen viel zu vermitteln. So hat mich beispielsweise das Drama rund um Onkel Julius besonders bewegt obwohl man ihn nur anhand seiner Briefe kennenlernt und durch die Erzählungen seines Nachbarn. Auch Annas Gefühlausbruch als ihre Eltern zunächst ohne sie und Max nach Großbritannien reisen wollen, ging mir sehr nahe:
„Aber Anna“, sagte Mama, „viele Kinder trennen sich für eine Zeit von ihren Eltern […].“– „Ich weiß“, sagte Anna, „aber es ist etwas anderes. Wir haben keine Heimat. Wenn man kein Zuhause hat, dann muss man bei seinen Leuten bleiben. […] Ich weiß, dass wir keine Wahl haben, und dass ich alles nur noch schwerer mache. Aber bis jetzt hat es mir nie etwas ausgemacht, ein Flüchtling zu sein. Es hat mir sogar gefallen. […] Aber wenn ihr uns jetzt wegschickte, habe ich solche Angst… ich habe so schreckliche Angst…“ – „Wovor denn?“ fragte Papa. – „Dass ich mir wirklich wie ein Flüchtling vorkomme“, sagte Anna und brach in Tränen aus. (S. 165)
Obwohl es viele traurige Momente gibt, ist es kein Buch, das einem ohne Hoffnung zurücklässt. Die Geschichte vermittelt trotz allem eine schöne und zu Herzen gehende Botschaft: Das Zuhause ist dort, wo die Familie ist. Der familiäre Zusammenhalt ist eine unglaublich große Hilfe, wenn es gilt sich mit Schwierigkeiten zu arrangieren und Hindernisse zu überwinden. Außerdem wird vermittelt wie wichtig es ist die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen. So stellt Anna z. B. fest, dass nicht allein ein Berg von Geschenken den Zauber von Weihnachten ausmacht. Auch kleine Geschenke genügen so lange man eine schöne Zeit mit den Menschen verbringt, die einem am Wichtigsten sind.
Außerdem gibt es auch Szenen, die die Geschichte auflockern und dafür sorgen, dass es nicht zu bedrückend wird. So ist es beispielsweise sehr lustig zu verfolgen wie Anna und ihr Bruder Max mit ihren mangelnden Französischkenntnissen im Schreibwarenladen Bleistifte kaufen, denn es kommt natürlich zu so einigen Missverständnissen. Auch ist es sehr unterhaltsam wie kreativ Max sich beim Schreiben seines Französischaufsatzes eine Menge Arbeit spart: Er schreibt über ein Festessen und zählt dann einfach mithilfe des Wörterbuches endlos viele Speisen auf, die den Leuten aufgetischt werden.
Fazit:
Dieses Buch erzählt auf feinfühlige und vergleichsweise ruhige Weise eine sehr berührende und ergreifende Geschichte. Neben traurigen Momenten gibt es auch die eine oder andere lustige Begebenheit und das Buch lässt einem nicht ohne Hoffnung zurück. Es wird eine schöne Botschaft vermittelt: Das Zuhause ist dort, wo die Familie ist und man kann sich mehr als nur einem einzigen Ort zugehörig fühlen:
„Glaubst du, dass wir jemals irgendwo richtig hingehören werden?“ – „Ich glaube nicht“, sagte Papa, „nicht so, wie die Menschen irgendwo hingehören, die ihr Leben lang an einem Ort gewohnt haben. Aber wir werden zu vielen Orten ein wenig gehören, und ich glaube, das kann ebenso gut sein.“ (S. 170/171)
- Carmen Korn
Töchter einer neuen Zeit
(235)Aktuelle Rezension von: luckytimmiHenny und Käthe sind Freundinnen und wohnen in Hamburg. Beide beginnen nach dem Ende des 1. Weltkrieges eine Hebammenausbildung. Wir begleiten die beiden nun durch ihre Ausbildung bis zu ihrer Festanstellung, durch Freundschaft, Liebe und Trauer und durch die Kriegsjahre. Weitere wichtige Personen sind die zwei Freundinnen Lina und Ida, aber auch deren Partner und Familien spielen immer wieder eine wichtige Rolle…
Die Kapitel des Buches tragen als Überschrift immer einen Monat und eine Jahreszahl. Die Geschichte spielt in einem Zeitraum von ca. 30 Jahren, wobei manche Kapitel ein halbes Jahr später als das vorherige spielen, dann gibt es aber auch wieder große Zeitsprünge von mehreren Jahren.
Die Kapitel waren recht lang, doch wiederum in kurze Abschnitte eingeteilt, mit einem ständigen Wechsel der Personen.Der Schreibstil ist etwas gestelzt und altmodisch, manchmal auch sehr hamburgerisch, musste man sich dran gewöhnen, dann hatte man irgendwann den Eindruck, man schaut einen alten Film von damals.
Fazit:
Da ich schon einmal ein Buch von Carmen Korn gelesen hatte, freute ich mich eigentlich auf das Buch, aber der Schreibstil hat meine Lesefreude dann erstmal etwas gedämpft. Aber je weiter ich in dem Buch vorankam, desto mehr hat es mich dann doch gepackt; die Geschichten aus den Weltkriegen sind halt doch immer wieder aufwühlend. Ich vergebe 4 Sterne und habe doch wieder Lust auf Band 2.
- Alena Schröder
Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
(392)Aktuelle Rezension von: Gaia_SoliskoIch bin begeistert von diesem Buch und konnte es kaum aus der Hand legen.
Dieser Roman erzählt eine berührende und auch immer wieder erschütternde Familiengeschichte über ein Jahrhundert hinweg. Beeindruckend fand ich vor allem die Beschreibung der zunehmenden Unsicherheit und Verfolgung von Juden zu Beginn der NS-Zeit sowie die Tragik der nachfolgenden Jahre.
Aber auch insgesamt hat mir das Buch ausgesprochen gut gefallen, es war trotz der zum Teil schwierigen Thematik flüssig zu lesen und die handelnden Personen wirkten real. Der rote Faden durch das Buch, die Suche nach einem in der NS-Zeit verschollenem Gemälde, war hoch interessant und gut umgesetzt.
Ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen!
- Robert Harris
Vaterland
(372)Aktuelle Rezension von: FelixLibrisIn “Vaterland” von Robert Harris, einem alternativen Geschichtsroman, hat Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen. Die Handlung folgt einem SS-Ermittler, der einen Mordfall aufklärt, während er auf dunkle Geheimnisse des Nazi-Regimes stößt.
Thematisch erinnert das Buch mich an „NSA“ von Eschbach. Eine unbedingte Leseempfehlung. Besonders an alle „Recht und Ordnung“ Fanatiker.
- Heather Morris
Der Tätowierer von Auschwitz
(256)Aktuelle Rezension von: readingneleDas Buch basiert auf wahren Begebenheiten und handelt von einem jungen Mann, der drei Jahre seines Lebens in Auschwitz verbracht hat. Die Geschichte ist sehr spannend und lässt einen mit den Charakteren mitfühlen und mitfiebern. Gleichzeitig sind die Geschehnisse im Buch so schrecklich, dass man hin und wieder vergisst, dass Menschen wirlich so böse sein können und alles wirklich passiert ist. Gerade in den aktuellen Zeiten ist das Buch eine große Empfehlung, es gibt Einblicke in die damalige Zeit und zeigt auf, wie wichtig es ist, dass sich die Vergangenheit niemals wiederholt!
- Annette Hess
Deutsches Haus
(234)Aktuelle Rezension von: carowbrEva ist eine junge Frau Anfang der 60er Jahre in der BRD und soll als Dolmetscherin beim ersten NS-Prozess arbeiten. Dadurch wird sie mit der Vergangenheit ihres Landes und ihrer Familie konfrontiert.
Das Buch stellt eine Zeit da, in der jeder nach vorne blicken und niemand sich mit der Vergangenheit und der entstandenen Schuld auseinandersetzen wollte. Eindringlich schildert die Autorin immer wieder die Aussagen der Zeugen, die auf den echten Prozessakten beruhen. Besonders treffend ist der Widerspruch beschrieben, dass einerseits niemand von etwas gewusst haben will, nur ‚die Anderen‘ mitgemacht haben und man selbst nichts machen konnte. Andererseits haben eben (fast) alle dazu beigetragen, dieses System zu stützen und dadurch über die Jahre auszubauen.
Auch das Privatleben von Eva wird thematisiert und damit einhergehend die Rechte und Rolle der Frau in den 60er Jahren dargestellt.
Der Schreibstil war einerseits angenehm zu lesen, anderseits war es nicht zu 100% meins - ich kann allerdings nicht genau festmachen, an was es lag. - Hanni Münzer
Honigtot
(426)Aktuelle Rezension von: Azyria_SunWorum geht’s?
Nach dem Tod ihrer Großmutter Deborah finden Felicity und ihre Mutter unter den hinterlassenen Unterlagen ein auf Hebräisch geschriebenes Tagebuch. Ein Tagebuch, das tiefe Abgründe in Deborahs Vergangenheit offenbart und aus dem Felicity und ihrer Mutter vieles klar wird.
Meine Meinung:
Der historische Roman „Honigtot“ von Hanni Münzer ist der erste Teil der Honigtot-Saga, ein Buch, das es wirklich in sich hat. Ich war sofort im Schreibstil der Autorin drin, der zwar intensiv ist, aber auch packend und lebendig.
In dem Buch lernen wir am Anfang und am Ende kurz Felicity und ihre Mutter kennen, lesen aber hauptsächlich aus dem Tagebuch von Felicitys Großmutter Deborah, welches diese in Romanform verfasst hat. Deborah ist eine eindrucksvolle Frau, die im 2. Weltkrieg als Halbjüdin viel erlebt und durchlebt hat. Auch ihre Mutter Elisabeth und ihre Freundin und Vertraute Marlene lernen wir kennen. Ebenfalls starke Frauen, die alles für ihre Familie und ihre Freunde tun. Es war mir eine unglaubliche Ehre, diese Frauen kennenlernen zu dürfen!
Zunächst begleiten wir Elisabeth ein Stück, die nach dem Verschwinden ihres Mannes Gustav eine Ehe mit einem Obersturmbannführer eingeht, um ihre halbjüdischen Kinder vor dem Tod zu retten. Danach begleiten wir Deborah selbst, wie sie durch die Wirren des Krieges kommt. Und was wir hier lesen dürfen, ist wirklich spannend und anders. Ja, Elisabeth und Deborah sind wohlhabend und besser gestellt und haben daher sicher bessere Voraussetzungen als „normale“ Menschen in dieser Zeit. Dennoch gewährt uns die Autorin hier, basierend auf teils wahren Charakteren und vielen schrecklichen Fakten, grausame Einblicke in eine Welt, von der wir sonst eher wenig lesen. Wie rettet man sich vor der Verfolgung durch die Nazis? Wie hat man versucht, zu flüchten? Sich und andere zu retten? Und wie haben die Spione agiert, kommuniziert, sich unter die Nazi-Größen gemischt? Es sind wirklich außergewöhnliche und tiefgründige Einblicke, die wir hier in einer perfekten Mischung aus Fakt und Fiktion erleben dürfen. Es ist so lebendig, grausam, kalt und immer wieder hoffnungsvoll – ein unglaublicher Roman, der wirklich tief unter die Haut geht. Es ist fesselnd, spannend, emotional und ein Buch, das mich mitgerissen hat, hinein in eine grauenhafte Zeit. Und ein Buch, das es geschafft hat, mich beim Lesen so hineinzuziehen, dass auch ich das Gefühl hatte, helfen zu müssen, fortlaufen zu müssen, spionieren zu wollen! Ein wirklich tolles Buch, das man einfach gelesen haben muss! Ein Buch, das unglaublich spannende Eindrücke gibt und noch lange zum Nachdenken anregt!
Fazit:
Mit ihrem Roman „Honigtot“ nimmt uns Hanni Münzer mit in eine grauenvolle Zeit. Wir erleben, wie Elisabeth für ihre Kinder kämpft und welche Mittel sie hier hat und einsetzt. Wie Deborah zur Spionin wird. Wir bekommen Einblicke in Folter, Verfolgung und Spionagetätigkeit und ich habe so viel Neues erfahren und miterlebt, es war einfach unglaublich! Die Mischung aus Fakt und Fiktion war genial und hat ein so lebendiges Szenario erschaffen, dass ich nicht aufhören konnte zu lesen und selbst das Gefühl hatte, mittendrin im Geschehen zu sein.
5 Sterne von mir!
- Teresa Simon
Die Fliedertochter
(10)Aktuelle Rezension von: Buchfresserchen1zum Inhalt:
Eine nostalgische Glaskugel, ein betörender Fliederstrauch und ein Versprechen, das Jahrzehnte überdauert Als Paulina von ihrer älteren Freundin gebeten wird, für sie nach Wien zu fahren und ein Erbstück abzuholen, zögert sie keine Sekunde. Ihre geliebte Schneekugel mit dem Wiener Riesenrad nimmt sie mit auf die Reise. In Wien findet sie ein Tagebuch aus den Dreißigerjahren vor, in dem die tragische Geschichte der Luzie Kühn aufgezeichnet ist. Zudem entdeckt Paulina im Wohnzimmer der Familie, wo sie wohnt, exakt die gleiche Schneekugel, die sie selbst im Gepäck hat. Ihre Geschichte scheint irgendwie mit Luzies zusammenzuhängen ... Mitreißend gelesen von Christiane Marx
meine Meinung:
Das Cover verspricht einen historischen Roman über eine starke Frau, genau wie ich es liebe.
Zu Beginn war ich sehr verwundert, da die Geschichte in der Gegenwart beginnt. Erstaunt klickte ich das Cover nochmals an, doch dann kam schon der Punkt, als Paulina das Tagebuch der Luzie Kühn in die Hände bekommt.
Das Buch wechselt zwischen drei verschiedenen Handlungssträngen.
Da ist zum einen die Gegenwart 2018, in der Paulina in Wien weilt, um für Tonie das Erbstück abzuholen. Immer mal wieder telefoniert sie auch mit dieser.
Ebenfalls in der Gegenwart spielt der Handlungsstrang von Heike und Simone, die auf den Spuren des heiligen Franziskus in Italien wandern und bei der Simone gedanklich oft bei ihrer Tochter Paulina ist, die nicht ihre leibliche Mutter ist.
Und dann gibt es noch die Tagebucheinträge in denen Paulina das Leben von Luzie Kühn, einer jungen Tänzerin mit jüdischer Mutter, die bei ihren Großeltern in Berlin aufwächst, verfolgen kann.
Das Leben der Luzie ist sehr dramatisch. Die Lage Mitte der 30 er Jahre spitzt sich immer weiter zu und als Göbbels dann Gefallen an Luzie gefunden hat beschließt sie, auf Anraten ihrer Großeltern Berlin zu verlassen und zu Marie ihrer Tante väterlicher Seits nach Wien zu ziehen, die sie für eine Jugendsünde ausgibt.
Peter, der kleine Sohn von Marie und Leo hat das Tagebuch gefunden und für die Nachwelt aufgehoben.
So kommt nach fast 70 Jahren alles ans Licht.
Mir war es streckenweise schwer mit den ganzen Namen klar zu kommen. Da dachte ich zunächst das ich Namen falsch verstanden hatte, da Nele krank war und dann plötzlich Tonie krank war. Irgendwie habe ich erst später bemerkt das ich da keinen falschen Namen abgespeichert hatte, sondern es zwei verschiedene Frauen waren die da krank waren.
Den dritten Handlungsstrang mit den wandernden Frauen hätte ich nicht gebraucht. Der hat mich streckenweise sehr verwirrt.
Auch hatte ich große Probleme mit den vielen Personen und ihren Namen. Es hat lange gedauert bis ich durch gestiegen bin, wer da wie zu wem gehörte.
Bei den Passagen in der Gegenwart bin ich leider auch immer mal wieder gedanklich abgedriftet. Die Hauptgeschichte von Luzie Kühn alleine hätte mir schon ausgereicht. Der beständige Wechsel hat in meinen Augen nicht immer so ganz gepasst, aber trotzdem war es ein gutes Buch.
Für Menschen die sich mit dem dritten Reich und der Judenverfolgung näher beschäftigen möchten sollte es die Zeit wert sein dieses Hörbuch zu hören. - Bettina Klusemann
Die Unschuld der Kastanienblüten
(11)Aktuelle Rezension von: abetterwayInhalt:
"Die Kinder Sophie und Hanno finden in der Nachkriegszeit am katholischen Niederrhein zueinander. Hannos Eltern haben Auschwitz überlebt. Noch ist der Geist des Nationalsozialismus überall deutlich spürbar. Die Familien kämpfen gegen Ablehnung und Vorurteile, an denen Hannos Vater zerbricht. Er nimmt sich das Leben. Für Hanno beginnt eine rastlose Zeit des Suchens nach Identität. Als aus der kindlichen Freundschaft Liebe wird, hofft Sophie auf eine gemeinsame glückliche Zeit. Wird Hanno ihr diesen Wunsch erfüllen können? Sophie gibt die Hoffnung nicht auf."
Meinung:
Beide Kinder sind unterschiedlich aufgewachsen. Für Sophie kann man es als Kulturschock bezeichnen was im Krieg passiert ist und Hanno kann irgendwie damit leben...
Ich finde die Autorin hat eine gut Geschichte geschrieben welche sehr interessant ist wenn man sich für die 50er Jahre und die Geshcichte nach dem 2. Weltkrieg interessiert. Der Schreibstil ist großteils flüssig und git nachzuvollziehen. Die Kurze Kapitel machen es leicht das geschehene zu verarbeiten.
Fazit:
Ein Buch welches einem die Zeit des und nach dem 2. Weltkrieg aus einer anderen Sciht näher bringt. - John Katzenbach
Der Täter
(176)Aktuelle Rezension von: P_GandalfDer Täter spielt in Miami Beach Mitte der 90er Jahre des letzten Jahhunderts und beschäftigt sich mit den Schatten der Vergangenheit - der Judenverfolgung im Dritten Reich und hier im Speziellen mit den sogenannten Greifern.
Simon Winter, Detective des Miami Police Departments a.D. ist für mich zentrale Charakter des Romans. Nachdem seine Nachbarin Sophie ermordet wurde, gibt es sich nicht mit der nahe liegenden Erklärung ein Junkie habe Sophie ermordet zufrieden, sondern stellt auf eigene Faust Nachforschungen an. Kurz vor ihrer Ermordung hatte Sophie ihm verängstigt über einen Schatten aus der Vergangenheit - dem Schattenmann - berichtet, dem sie zufällig begegnet sei. Wenn Stunden später liegt sie erdrosselt in ihrem Bett.
Katzenbach baut die Geschichte geschickt auf. Die diffuse Idee, der Schattenmann - ein jüdisch stämmiger Greifer, der in den 40er Jahren in Berlin Juden an die Nationalsozialisten verriet - morde nun im Rentenalter Überlebende, die ihn vielleicht wiedererkennen könnten, Gestalt an. Seite um Seite wird das Netz um diese nebulöse Gestalt enger gezogen bis es zum unweigerlichen Show Down kommt.
Fazit:
Gut geschriebener Roman mit überzeugenden Figuren. Durchaus lesenswert, aber kein "muss"; daher nur 4 Sterne.
- Imre Kertész
Roman eines Schicksallosen
(237)Aktuelle Rezension von: Janika_CyrillaRoman eines Schicksallosen ist ein eindrucksvolles und ungewöhnliches Werk, das einen ganz eigenen Zugang zur Thematik des Holocaust bietet. Was dieses Buch besonders macht, ist die Perspektive des jugendlichen Erzählers, der mit erstaunlicher Ruhe und beinahe naivem Verständnis auf die schrecklichen Ereignisse reagiert, die ihm widerfahren.
Gerade diese Haltung – das stille Akzeptieren, das Reflektieren ohne offene Anklage – wirkt auf verstörende Weise eindringlich. Es ist nicht der typische Ton, den man aus anderen Erzählungen über Konzentrationslager kennt, und gerade das macht das Buch so kraftvoll und nachdenklich stimmend. Der nüchterne Stil und die Distanz des Protagonisten fordern die Leserinnen und Leser heraus, ihre eigene moralische und emotionale Position zu überdenken.
Ein tief bewegendes, herausforderndes Buch, das lange nachhallt.
- Charlotte Roth
Als der Himmel uns gehörte
(155)Aktuelle Rezension von: Siko71Klappentext:
London 2011. Die junge Läuferin Jennifer will an den Olympischen Spielen teilnehmen. Jetzt aber drohen Panikattacken ihren Traum zu gefährden. Mit ihrem Trainer, dem Iren Gregory, der sie heimlich liebt, reist Jennifer nach Mandeville, auf den Landsitz ihrer Familie. Sie hofft, sich bei ihrer fast hundertjährigen Urgroßmutter Alberta Rat holen zu können. Auch diese hat einmal an einer Olympiade teilgenommen, damals in Berlin, im Jahr 1936. Auf den Spuren ihrer Familiengeschichte wird Jennifer lernen, worum es im Leben wirklich geht.
Zwischendurch habe ich immer mal wieder quer gelesen, da es an einigen Stellen recht langatmig zuging. Interessant zu lesen war, wie die Paralympics ins Leben gerufen wurden und bis heute noch ein Höhepunkt der Olympischen Spiele sind..
- Lea C. Krambeck
Nachtigallentrauer - Hamburg 1934.
(5)Aktuelle Rezension von: IcelegsAls Marion die Schule wechselt warten nicht nur neue Freundinnen auf sie, auch die Lehrer sind so ganz anders als bisher: nicht mehr Logik und Vernunft stehen an oberster Stelle, sondern die Rassenlehre ist die Antwort auf alle Fragen. Marion kommt mit dieser immer stärker werdenden neuen Ideologie in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg nur schwer klar und kann nicht nachvollziehen was an ihr als Halbjüdin, ihrer Familie oder an Einstein so falsch sein soll.
Zu Beginn wird man als Leser in Marions Familie eingeführt, wobei die genauen Beziehungen erst nach und nach ersichtlich werden, was ich schade finde. Jedoch sticht besonders Marions Vater hervor der ihr auf fast alle Fragen eine Antwort geben kann und ihr mathematisches und physikalisches Interesse immer mehr entfacht. So hinterfragt Marion natürlich auch in der Schule alles ganz genau und erhofft sich von den Lehrern mehr. Ihr Interesse kommt aber gar nicht gut an, die Mathe und Physik Lehrerin hält stark zu Hitler und will von Einsteins Theorien gar nichts wissen. Sie stößt Marion vor den Kopf und ihre guten Noten schreibt sie ihrer „Rasse“, den Juden, zu und schätzt sie kein bisschen.
Auch die anderen Lehrer werden immer komischer: Die Biologie Lehrerin – anfangs noch für alles offen – lehrt die strikte Rassenlehre, die Zeichenlehrerin greift zu realistischen Darstellungen und streicht bunte Ausgelassenheit. In Deutsch wird „Mein Kampf“ vorgetragen. Marion versteht die Welt nicht mehr.
Ihre Gefühle sind während des ganzen Buches gut dargestellt, ich konnte sie immer nachvollziehen und war selbst voller Wut, Unverständnis und Enttäuschung. Wenn man nicht mal mehr mit Fleiß weiterkommt, wie dann? Auch ihre neuen Freundinnen wissen nicht weiter und nehmen Marion unter ihre Fittiche. Obwohl das am Unterricht nichts ändert sind sie doch ein Halt für Marion und machen die Geschichte auch besser begreifbar.
Den Einstieg in die Geschichte fand ich nur schwer, denn der Beginn ist mit detaillierten Mathe- und Physikpassagen bestückt die ich zwar wirklich interessant fand, mir aber zu schnell zu detailliert wurden ohne Vorwissen aufzubauen (trotz bunter Grafiken deren Abdruck ich hilfreich fand). So ging es mir auch mit Musik da ich kein Instrument spiele und deswegen die Fachbegriffe nicht zuordnen kann. Das legt sich dann aber etwas und ich konnte mich richtig in das Buch einfinden.
Mit den "Mein Kampf" Passagen konnte ich zu Beginn so gar nichts anfangen (wie wohl auch Marion), doch im Laufe des Buches wurde der Inhalt immer klarer und zum Schluss gab es auch ein Resümee - um nicht zu viel vorwegzunehmen nun nicht mehr Details, jedoch habe ich die Textstellen gut in die Geschichte eingebaut gefunden da auch die Schüler sich immer mehr damit beschäftigen und Fragen stellen.
Gut gelungen fand ich auf jeden Fall die Stimmung im Buch. Obwohl Marions Onkel in ein KZ gebracht wird und Familienmitglieder ihren Beruf nicht mehr ausüben dürfen glaub keiner an etwas Schlimmes. Auswandern sei überflüssig und es wird schon vorbeigehen. Ich wollte den Charakteren die Wahrheit so gerne ins Gesicht schreiben – und doch bleibt sie unerkannt und sie leben ihr Leben, wie es eben damals wirklich war.
Wer sich auf die komplizierteren Überlegungen einlassen kann findet hier ein spannendes und zeitlich informatives Werk über die Beginne des 2. Weltkriegs – aus der ganz persönlichenSicht von Marion. Allen Interessierten kann ich es empfehlen!
- Margret Greiner
Charlotte Salomon
(6)Aktuelle Rezension von: Bellis-PerennisAnlässlich des 100. Geburtstags von Charlotte Salomon am 16. April 2017 rückt diese Biografie von Margret Greiner erstmals die vielen Bilder der jüdischen Malerin in den Blickpunkt. Zuvor hat das kurze Leben der Malerin Stoff für einen Roman (David Foenkinos), Filme und eine Oper (Regie Luc Bondy) geboten.
Penibel, wie es Margret Greiners Arbeitsweise ist, hat sie sich auf die Spurensuche nach Charlotte Salomon begeben.
Wer ist sie nun, diese Charlotte Salomon?
Charlotte ist ein typisches Kind ihrer Zeit: 1917 in die bürgerliche Welt eines jüdischen Arztes in Berlin hinein geboren. Aufgewachsen mit der Lüge, dass ihre Mutter an der Grippe verstorben wäre. Eines der zahlreichen Kindermädchen weckt in Charlotte die Lust, zu zeichnen und zu malen. Später wird der Vater die Sängerin Paula heiraten. Der latente Antisemitismus, der in Deutschland herrscht führt dazu, dass Charlotte die Schule kurz vor dem Abitur abbricht. Die Kunsthochschule wird sie dann ebenfalls ohne Abschluss verlassen.
Als die Nazis 1933 an die Macht kommen, teilt die Familie Salomon das Schicksal der meisten jüdischen Familien: Ausgegrenzt, verspottet und ihrer Besitztümer beraubt. Die Großeltern sind rechtzeitig nach Frankreich emigriert und leben auf dem Anwesen der Ottilie Moore.
Charlotte reist widerwillig zu ihren Großeltern. Der Selbstmord ihrer Großmutter und die Internierung im Lager Gurs stürzen Charlotte in eine tiefe Krise. Denn hier, im französischen Exil, erfährt sie von ihrem Großvater, dass es in ihrer Familie bereits acht Suizide gegeben hat. Ihre Mutter war auch eine dieser Selbstmörderinnen. Sie muss einfach malen, um nicht verrückt zu werden. In den Jahren 1940-1942 malt sie rund 1.300 Bilder, die einem Tagebuch ähnlich, ihre Geschichte zeigen.
Im Juni 1943 heiratet Charlotte Salomon den österreichischen Emigranten Alexander Nagler. Im Herbst werden sie von Spitzeln der Vichy-Regierung verraten und nach Auschwitz deportiert. Charlotte ist schwanger und wird vermutlich noch am Ankunftstag ermordet. Ihr Mann stirbt 1944 an den Folgen der unmenschlichen Bedingungen.
Meine Meinung:
Margret Greiner ist wieder eine eindrucksvolle Biografie gelungen. Sie nähert sich behutsam, aber bestimmt der Malerin an. Die Stimmung in Berlin der Zwischenkriegszeit ist authentisch wiedergegeben. In klaren, präzisen Worten beschreibt sie das kurze Leben der Charlotte Salomon und ihr beeindruckendes Werk. Ihre Bilder sind von Malern wie Matisse, Picasso oder van Gogh inspiriert. Dennoch hat sie einen eigenen, eindrucksvollen Malstil, den man ihr fast nicht zutraut. Sie malt wie besessen, als wenn sie wüsste, dass ihr nicht mehr viel Zeit bliebe.
Gleich zu Beginn der Biografie finden wir einige der Gouachen aus jenem Konvolut, das Charlottes Eltern Ottilie Moore abgekauft haben. Im Anhang finden die Chronologie von Charlotte Salomons Leben und Literaturhinweise.
Fazit:
Eine gelungene Biografie einer fast vergessenen Künstlerin. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.























