Bücher mit dem Tag "kopftuch"
33 Bücher
- Sebastian Fitzek
Das Paket
(2.699)Aktuelle Rezension von: Magische_BuchweltMeine Meinung:
Mit "Das Paket" hat Bestsellerautor Sebastian Fitzek wieder ein atmosphärischer, undurchsichtiger Pargturner geschrieben, bei dem ich mich schon von Anfang an, in einem Netz aus Spekulationen verlor.
Seit die junge Psychiaterin Emma Stein in einem Hotelzimmer vergewaltigt wurde und dem Serienmörder nur knapp entkommen konnte, geht sie nicht mehr in die Öffentlichkeit. Allein in ihrem kleinen Haus am Rande des Berliner Grunewalds fühlt sie sich noch sicher – bis der Postbote sie eines Tages bittet, ein Paket für ihren Nachbarn anzunehmen.
Einen Mann, dessen Namen sie nicht kennt und den sie noch nie gesehen hat, obwohl sie schon seit Jahren in ihrer Straße lebt.
Die Handlung wird aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Emely erzählt. Die junge Frau ist genaus wie alle anderen Charaktere in diesem Roman emotional als auch Charakterlich sehr undurchsichtig gezeichnet. So dass ich während des Lesens nicht nur die ganze Zeit über fragte, was Einbildung und was Realität ist, sondern auch was die wahren Absichten der jeweiligen Charaktere immer wieder hinterfragte.
Die vielen Rätsel, Wendungen und Plottwist sorgten dafür das sich der Spannungsbogen immer weiter aufbauten Diese wird noch von dem beklemmenden Sitting hervorgehoben, So dass den Roman bis zum Nervenaufreibenden Showdown, bei dem alle Rätsel schlüssig aufklärt wurden, nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Ein absolut fesselnder Pargturner der mich sprachlos zurückgelassen hat.
- Johanna Holmström
Asphaltengel
(44)Aktuelle Rezension von: Kallisto92Asphaltengel von Johanna Holmström
Das Buch handelt von Leila.
Ihre Mutter ist zum Islam konvertiert.
Leila ihre Schwester ist darauf hin ausgezogen und somit steht Leila alleine da.
Ihre Mutti verbietet ihr Fotos, TV, Computer und vieles mehr.Sogar die Familien Fotos sind verboten.
Die Gebote nimmt die Mutter sehr ernst.Obwohl Leila ihr Vater Muslim ist ,ist ihn der Fanatismus von ihr zu anstrengend.
Samira wird eines Tages schwer verletzt am Treppenende gefunden ,was ist nur mit ihr passiert?
Es stellen sich viele Fragen und Geheimnisse werden aufgedekct.
Ich finde das Cover des Buches sehr toll gestaltet.
Sowie der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr gut.
Es gibt viele kurze Kapitel, so dass es nie zu langwierig wird. Desweiteren sind trotz des schweren Themas auch lustige Passagen dabei. - Vera Kissel
Die Glückssucher
(27)Aktuelle Rezension von: lion1381Klappentext:
Und wenn man ein Mädchen wirklich liebt, tut man alles was nötig ist. Lügt und betrügt, was das Zeug hält. Das. Ist Verantwortung in der Liebe.
Lukas ist fünfzehn und zum ersten Mal richtig verliebt. Nicht nur verknallt- nein, das hier ist echt. Für dieses Mädchen würde er alles tun. Seine Jacke zerschneiden zum Beispiel. Oder sich mit seinem Kumpel Birol anlegen. Aber die Sache mit der Liebe ist nicht so einfach und überall lauern Gefahren, die das Glück bedrohen. Wozu Lukas wirklich fähig ist, wenn es um die ganz großen Gefühle geht, kann es sich nicht vorstellen. Doch noch in diesen Sommerferien wird er es herausfinden.
Meine Meinung:
Am Anfang bin ich mit dem Schreibstil überhaupt nicht warm geworden. Gegen Ende konnte ich mich an den besonderen Schreibstil gewöhnen, doch gefallen hat er mir überhaupt nicht.
Mit Lukas bin ich eigentlich von Anfang an gut klar gekommen.
Lukas Kumpel, Birol fand ich auch ganz okay. Teilweise kam er ein wenig emphathielos rüber, aber in den letzten Kapiteln hat es sich sehr gebessert.
Gülbahar konnte ich auch sehr gut verstehen und auch mit ihr bin ich von Anfang an gut klar gekommen.
Über Lukas' anderen Freund konnte ich die ganze Zeit nur lachen. Er war wirklich albern. Durch ihn wurde das Buch ein wenig aufgelockert.
Bewertung:
3 von 5 Sternen. Wenn ich könnte würde ich 3,5 Sterne vergeben.
Fazit:
Von Vera Kissel werde ich keine weiteren Bücher lesen, da ich mit ihrem Schreibstil einfach nicht klar komme. Das Buch war ganz gut für zwischen durch, aber erhält keine explizierte Leseempfehlung von mir.
- Zeina Nassar
Dream Big
(31)Aktuelle Rezension von: mariameerhabaIch habe das Buch gekauft in der Hoffnung, ich würde eine starke Frau begleiten, wie sie sich gegen die bescheuerten Regeln widersetzt, die eindeutig von Männern gemacht wurden, wie es ihr dann gelingt, in den Ring zu steigen, zu kämpfen und zur Meisterin zu werden. Stattdessen habe ich das Buch von einer Angeberin bekommen, die alle wichtigen Punkte ihres Weges überspringt, um über die Religion zu schwafeln.
Sie ist nicht in der Lage, eine einfache Handlung zu beschreiben, sondern schweift ständig ab, ignoriert wichtige Handlungspunkte, um ihre Gedanken offenzulegen. Sie baut keine Atmosphäre auf, erzählt wirr, es ist durcheinander, teilweise liest es sich so, als hätte es ein kleines Kind geschrieben, teilweise wirkt es so, als hätte sie den Text für einen Facebookbeitrag formuliert.
Ich wollte wirklich wissen, wie sie den Boxverband davon überzeugt, dass sie mit einem Kopftuch kämpfen darf. Aber das macht sie nicht. Ihre Trainerin erledigt das alles und wir bekommen nichts davon mit. Wie hat die Trainerin die Leute überzeugt, wie hat sie argumentiert, wie ist sie da vorgegangen? Nichts. Die Autorin ignoriert gerade diesen Schwerpunkt gänzlich, um davon zu labern, dass der Prophet dies und jenes gesagt hat und wie sie sich deshalb fühlt und so weiter.
Dann kommt der Boxkampf, in der sie ihren Meistertitel gegen die Endgegnerin verteidigen muss. Der erste Satz hat für Spannung gesorgt, der Rest war wieder durcheinander, emotionslos erzählt und schlichtweg langweilig. Die Autorin baut keine Spannung auf, keine Atmosphäre, keine Action, keine Leidenschaft, sondern sie erzählt das alles monoton, um dann einen plötzlichen Szenenwechsel zu machen, der den Leser raushaut.
Immer wieder erzählt sie kurz von anderen Figuren, die einen Einfluss auf sie haben, was ich ja in Ordnung finden würde, wäre der Auftritt der Figuren nicht drei Zeilen lang und würden sie nicht aus dem Nichts heraus stattfinden, um in den Gedanken der Autorin unterzugehen. Es ist einfach zu unordentlich, die Handlung wird von ihren Gedanken unterbrochen, um in einer völlig anderen Szene fortzulaufen, was den Lesespaß ruiniert, was das ganze Buch schlichtweg schlecht macht.
Ich merke nichts von einer starken Frau, ich merke überhaupt nichts davon. Für mich hat sich das beim Lesen so angefühlt, als hätte die Autorin unkontrolliert auf die Tasten gehauen und alles geschrieben, was ihr in den Sinn kam, vor allem ihre Gedanken. Die Handlung selbst ist für sie zweitrangig und es interessiert sie nicht wirklich. Das Buch inspiriert nicht, es ist keine Erfolgsgeschichte, keine Motivation, keine Lebenshilfe, sondern es ist halt da und dazu verdammt, wieder vergessen zu werden.
- Orhan Pamuk
Schnee
(160)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderHerr Pamuk hat zu recht den Literatur-Nobel-Preis bekommen. Er scheint mit klarer, aber sehr ausdrucksstarker Sprache und entfalltet Geschichten die einen nicht mehr los lassen. In Schnee geht es um einen Journalist der in die Türkei geschickt wird, um über eine außergewöhnliche Mordserie zu berichten. Junge Mädchen werden gezwungen ihre Kopftücher abzulegen und bringen sich dann aus scham selbst um. Spannend, sehr tiefgreifend und nah am Leben.
- Nadine Pungs
Das verlorene Kopftuch
(21)Aktuelle Rezension von: daniel_kasselmannDie Düsseldorfer Kleinkünstlerin und Reisejournalistin Nadine Pungs zieht es auf der Suche nach Intensität und Schönheit immer wieder in die Welt hinaus. Als allein reisende Frau lässt sie sich 2016 auf das Abenteuer Iran ein und entdeckt für sich und die Leser das ebenso widersprüchliche wie schillernde Persien neu.
Ihre Reiseroute führt sie von Teheran über Qom, Kashan, Esfahan bis in den Süden des Landes nach Bandar Abbas und von dort aus wieder nach Norden über Yazd, Shiraz, Kermanshah, Hamedan, Tabriz und wieder zurück nach Teheran. Darüber hat sie mit ihrem Buch zunächst einmal einen Reiseführer zu den kulturell bedeutenden Stätten Persiens geschrieben, mit der ausklappbaren Landkarte samt Reiseverlauf im Buchcover vorne kann man ihre Route gut nachvollziehen.
Sie vermisst außerdem die historische Entwicklung von Persien hin zum heutigen Iran, insbesondere die religiöse und politische Entwicklung seit der Zeit des Schahs und Khomeinis. Ebenso vermisst sie die religionspolitisch-gesellschaftliche Entwicklung seit dieser Entwicklung. Ihre immer wieder aufflammende explizite religionspolitische Kritik an der Geschlechter-Apartheid ist vor dem Hintergrund der emanzipierten, engagierten und autarken Autorin mit ihrem Verweis auf konsensuelle westliche Werte wie Humanismus, Aufklärung nur konsequent; sie hadert immer wieder mit dem gesellschaftlichen Bild der Frauen und deren konsequenter Entrechtung.
Die Gesellschaft im Iran heute, Stichworte Couchsurfing, ihre Couchsurfing-Gastgeber Omid und Kourosh, sowie ihre zeitweiligen Führer – wie ein gewisser Herr Jafari, der von einem längeren Aufenthalt in Österreich einen austrischen Deutsch-Dialekt mit Wiener Schmäh mitgebracht hat - sind nur Beispiele für diesen integralen Bestandteil ihrer Reiseaufnahme auf einer sehr privaten Ebene. Das Bild bzw. die Vorurteile über den Iran in der westlichen Welt beschäftigen Nadine Pungs genauso regelmäßig wie ihre eigenen Vorurteile.
Damit kommen wir zu ihren philosophischen Selbstreflexionen über den Iran. Juden im Iran und das Verhältnis zwischen Iran und Israel, liebenswerte Eigenheiten der Perser wie Fahrstil, Höflichkeit, Telefonieren, Übertreibung, Speisen sind weitere Themenfelder. Liebe und Sex im Gottesstaat, Geschlechter-Apartheid, der Hijab, der Feminismus und die iranischen Heldinnen, die das Kopftuch abnehmen gehören da schon wieder zu ihren philosophischen Reflexionen über Freiheit, die schließlich in ihren Versuchen, die Gegensätze des Iran zu einer Synthese und Erkenntnis zu bringen, kulminieren.
„De facto lässt sich der Iran nicht in Kategorien einordnen. Nur von Despotie auf der einen Seite und Bevölkerung auf der anderen Seite zu sprechen ist zu kurz gegriffen. Denn auch hier verwischen die Grenzen. Natürlich treffe ich Frauen und Männer, die unter den Vorschriften leiden und frei sein wollen. Wie die beiden Studentinnen in Esfahan, die von Frankreich träumen. (…) Wie kann das alles sein? Wie fügt sich das alles zusammen? Freiheitsdrang und Koran? Nasenkorrektur und Tschador? Turbanträger und Twitter? Glaube und Unglaube? Westen und Osten? Weshalb passt der Iran nicht in meine verdammte Schublade? Wieso sprengt er mein Gitternetz?
Weil es nicht nur Schwarz oder Weiß gibt. Das ahnt jeder Vollidiot und gleichwohl denken wir ständig in schwarz-weißen Rastern, bemühen wir ständig binäre Vereinfachungen. Dabei hat die Wahrheit Graustufen. Und iranische Wahrheiten schimmern in Myriaden von Nuancierungen.“ (214)Ihre Erinnerungen an die eigene Jugend, die Nichtreisen mit Eltern und die klaustrophobische Enge der Kleinstadtspießigkeit mit dem Hinweis darauf, dass sie selbst genau deswegen damals den Entschluss fasste, autark, emanzipiert, großstädtisch und umtriebig-reisefluchtsuchend, immerweitersuchend zu leben, sind da nur noch mal zarte Hinweise darauf, wer da schreibt, und dass man es sich als Leser knicken kann, von ihr kein politisches Statement zu erwarten, selbst wenn das manchmal ein wenig flammend ausfällt.
Die Szenen, die sie beschreibt, egal ob Privatparty oder ein Nachmittag am Grab Hafis, Tabriz, Basar, Busfahrt oder Warten als Qual für die Weltstürmerin und schließlich zarte Szenen in denen leise eine mögliche Liebesgeschichte anklingt, machen die vorliegende „Vermessung der persischen Welt“ zu einer Reiseerzählung, die ihrerseits in ebenjenen Myriaden von Nuancierungen schimmert, wie das Land und die Erfahrungen, welche die Autorin darin beschreibt. Reisekarte, Fotostrecke, Zeittafel und Glossar komplettieren mit dem Literaturverzeichnis das reiseliterarische Werk.
„Hätte ich für diese Erkenntnis so weit reisen müssen? Hätte ich das nicht schon längst wissen können? Ja und ja. Zwischen Wissen und Fühlen liegt ein Unterschied. Und der ist 5000 Kilometer breit.“ (230)
Der Reiseschriftsteller Andreas Altmann bringt es in seiner „Gebrauchsanweisung für die Welt“ auf den Punkt:
„Ein Reiseschriftsteller schenkt dem Leser einen Gedanken, der ihn zu anderen Gedanken verführt. Er benimmt sich wie ein gewiefter Fremdenführer, der einem Fremden die Fremde erklärt und ihn dabei immer tiefer in die Wunderlichkeiten und Verblüffungen der Welt blicken lässt. Schafft er das nicht nur Kraft seines Wissens, sondern auch dank seiner verführerischen Sprache, dann will man ihn, sprich sein Buch, nicht mehr loslassen.“ (Andreas Altmann, München 2012, S. 178)
Die Art und Weise, wie Nadine Pungs die Dinge, die Situationen, ihre Erlebnisse und Gefühle beschreibt, ist so dermaßen eindringlich, dass man als Leser zwischendurch abwechselnd schwer schluckt und schallend lacht. Das beginnt schon im ersten Kapitel der Taxirückfahrt zum Flughafen.
"Ich könnte sagen, dass sich meine schwarz-weißen Vorstellungen in tausendundeine Graustufe aufgelöst haben. Und wie mich der Iran berührte..."
Ihre Fragen sind immer auch wieder philosophische Fragen: Die Betrachtungen ihrer ersten Tage mit ihren Vermietern Omid und Yasemin sind sehr von ihrer bereitwilligen Annahme liebevoller Gastfreundlichkeit und Freundlichkeit generell getragen. Die Anekdote mit einem Taxifahrer, der sie aufgrund einer Straßensperrung zu Fuß zum Nationalmuseum begleitet, eine Tschadorträgerin, die für die Autorin einen günstigen Taxitarif heraus handelt, das Erlebnis des Nouruz-Festes, das sind alles Momente, in denen es für sie darum geht, ihr vorheriges Bild des Iran einer Revision zu unterziehen.
In ihrer Wutsuada "Für mich gibt es keinen Gott..." die wieder mit Fragen endet "Wo ist der Geist der Aufklärung? Wo ist der Humanismus?" verbindet den Reisebericht mit den ganz großen Fragen über die iranische Gesellschaft und den religiösen Faschismus.
Die Dramaturgie von "Das verlorene Kopftuch" lebt gerade davon, dass die Autorin virtuos zwischen Reisebericht, philosophischen Betrachtungen, Ausflügen in die politische Regimekritik mitsamt dessen religionsgesellschaftlichen Unmündigkeitsvorschriften und liebevoll-zärtlichen Tönen im zwischenmenschlichen Bereich hin und her wechselt und jedes Thema und Unterthema in seiner jeweiligen erzählerischen Melodie und Tonalität gleich einer Klaviersonate auf den Punkt präzise trifft. Ihren Ausflug in die Ruinenstadt Persepolis beschreibt sie in dem Kapitel „Stadt der Perser“:
„Die Ruinenstadt ist himmelschön, auch wenn viele Steintafeln, Reliefs und Statuen zerstört sind. Im ‚Saal der Hundert Säulen‘ reihen sich etliche Stümpfe. Die Wohnpaläste und das Schatzhaus sind verfallen, aber vorstellbar. Die Löwenköpfe, geschlagen aus goldgelbem Gestein, schleudern den Besucher zurück in vorislamische Zeiten. Hier atme ich Geschichte.
Nun ist es so, dass ich zu Sentimentalitäten neige – manch einer nennt es gar Theatralik – und solche Orte bringen mein Gemüt aus der Fassung. Wenn ich mir vorstelle, dass Alexander der Große genau hier, wo ich stehe, vor 2346 Jahren umherstolzierte und seine Füße denselben Boden berührten und seine Hände an derselben Säule entlangstreiften, dann reicht das locker für eine halbtätige Ergriffenheit. Das passiert mir grundsätzlich an allen geschichtsträchtigen Orten weltweit. Und so eine Ergriffenheit kommt den Museumsshop-Besitzern zugute. Denn in meiner Verzückung kaufe ich überteuerte Postkarten, Kühlschrankmagnete, Porzellanpüppchen oder Wandteller. In Versailles erstand ich aufgrund des Taumels ein hochpreisiges Sofakissen, dessen Polstermuster detailgetreu der Tapete in Marie Antoinettes Schlafzimmer nachempfunden war. Dazu einen kleinen Spiegel, eine Westentaschenuhr und ein gerahmtes Bild einer adeligen Frau. Ich weiß bis heute nicht, wer das ist.
In St. Petersburg mussten es vier Matroschkas sein, ein Kupferstich mit dem Portrait Katharina der Großen und eine Kaffeetasse auf der Putin abgebildet ist – mit entblößtem Oberkörper auf einem Bären reitend. An der Nordsee kaufte ich drei Muschelschatullen und eine Dose Erdbeertee, den ich nie trank und nach zwei Jahren wegwarf. Als ich den Vatikan besuchte, war ich fest entschlossen, einen Rosenkranz zu erwerben, obwohl ich Ketzer bin.
Ich denke also, wir können durchaus von einer Krankheit sprechen. Die museumsshopspezifische Oniomanie oder im Volksmund auch der melodramatische Kaufzwang genannt. In meinem Hirn knallt einfach eine Sicherung durch. Wie bei Verliebten. Dagegen bin ich machtlos.
Und während ich überlege, ob es von Alexander dem Großen und dem brennenden Persepolis nette Bettwäsche zu kaufen gibt, braut sich ein Unwetter zusammen. Ein Grollen in der Ferne, Blitze zucken am Himmel. Eine dunkelgraue Wolkenwand schiebt sich über die Ruinen. Satt und kalt fällt der Regen herab. Menschen hetzen durch den Schlamm, spannen Regenschirme auf, eilen vorbei an geköpften Säulen und wachenden Löwen. Schleier kleben auf nasser Haut, Wimperntusche zerläuft. Das Perserreich geht unter, versinkt in einer Sturzflut. Ein so epochales Bild an einem so epochalen Ort, dass mir die Augen übergehen. Ein Gemälde aus Trümmern und verregneten Leibern. Den einzigen Unterschlupf bietet der Museumsshop. Und ich kaufe mir ein Postkartenbuch.“ (135 ff.)Nadine Pungs legt mit ihrem Debüt "Das verlorene Kopftuch" eine fulminante Reiseerzählung hin, die ihresgleichen sucht. Für diejenigen, die wirklich wissen wollen, was und wie Persien heute ist und was es dem Reisenden an Möglichkeiten der Welterfahrung bieten kann: Uneingeschränkte Leseempfehlung!
Nadine Pungs: Das verlorene Kopftuch. Wie der Iran mein Herz berührte. München 2018
EAN 978-3-89029-494-0
250 Seiten, Klappenbroschur
€ 16,00 - Ferdinand von Schirach
Strafe
(220)Aktuelle Rezension von: LidenDatum: 26.01.2024
Ah, ein Buch von Ferdinand von Schirach geht doch immer. Nach einem langen Thriller ist es doch das Beste, sich ein paar Kurzgeschichten durchzulesen. Alles, was mit Verbrechen, sprich True Crime, Thriller usw. zutun hat, ist genau mein Schema.
Besonders Leseanfänger (also nicht Erstklässler, sondern Personen die nur ab und zu oder selten bis nie lesen) kann ich die Bücher von Ferdinand von Schirach empfehlen. Knackiger Schreibstil, kurze Geschichten, spannende Fälle und man fragt sich anfangs, was hat er oder sie verbrochen, was wird wohl angeklagt, wie geht die Story aus ?
Ich kann das Buch uneingeschränkt empfehlen !
- Federica de Cesco
Aischa oder Die Sonne des Lebens
(53)Aktuelle Rezension von: makamaAischa ist 16 Jahre alt und wäscht behütet in einer strenggläubigen muslimischen Familie auf. Sie darf aufs Gymnasium gehen und lernt gut. Eines Tages lernt sie bei einer Schulkameredin den jungen Vietnamesen Kim kennen. Kim ist 19 und hat schon viel Schlimmes erlebt. Aber das hat ihn nur reifen lassen. Die jungen Leute verlieben sich und für Aischa ist das ein Problem. Hin und her gerissen zwischen 2 Kulturen. Ihre Familie wacht eifersüchtig über ihre "Tugend"..... Doch Aischa ist entschlossen für ihre Liebe zu kämpfen. Hilfe findet sie bei ihrer Großmutter ....
Fazit und Meinung: Dieses Buch ist schon etwas älter, und sicher schon gut 20 alt. Doch viel geändert sich nichts. Die muslimischen Mädchen werden oft noch immer unterdrückt und müssen sich den Wünschen der Familie, sprich den des Vaters und der Brüder fügen. Fedrica de Cesco hat diesen Konflikt gut ausgearbeitet. Der leserfühlt mit Aischa aus deren Sicht das Buch geschrieben ist.Aischa muss einen schweren Weg gehen, aus dem es kein zurück gibt, um sich zu befreien...... Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und ich vergebe 5 Sterne.
- Karim El-Gawhary
Frauenpower auf Arabisch
(44)Aktuelle Rezension von: Bellis-PerennisKarim El-Gawhary setzt mit seinem Buch „Frauenpower auf Arabisch“ den Frauen in der arabischen Welt ein Denkmal.
Vieles, was uns selbstverständlich ist, ist in den meisten arabischen Ländern den Frauen verboten.
Das betrifft so essentielle Grundrechte wie Schulbildung für Mädchen, freie Wahl des Ehemanns, eigene Berufsausbildung und Ausübung eines Berufes.
Der Autor geht einfühlsam mit seinen Interviewpartnerinnen um. Er bemüht sich um größtmögliche Objektivität.
Einige Gespräche hat er 2009 geführt, andere später. Soweit möglich hat er kurz vor Erscheinen des Buches (2013) Ergänzungen angeführt.
Einige Stellen dieses Buches machen mich sehr betroffen. Besonders die sexuelle Gewalt, die Frauen in arabischen Ländern ausgesetzt sind, macht - auch angesichts der jüngsten Ereignisse in der Silvesternacht 2015/16 in einigen europäischen Städten -, wütend.
Ob es wirklich in absehbarer Zeit gelingen wird, die extremen patriarchischen Zustände in diesen Ländern abzuschaffen? Momentan sieht es leider nicht danach aus.
Doch wollen wir diesen Frauen Respekt zollen und die ermuntern, ihren Kampf gegen die Machthaber weiterzuführen
Der Autor Karim El-Gawhary, Sohn einer Deutschen und eines Ägypters, ist Journalist beim Österreichischen Fernsehen (ORF). Seit 2004 leitet er das Büro des ORF in Kairo.
- Reyhan Şahin
Yalla, Feminismus!
(15)Aktuelle Rezension von: CatastrophiaReyhan Şahin, wissenschaftliche und feministische Grenzgängerin, bezieht in diesem Buch klar Position. Die Themen Deutschrap, Islam und Wissenschaft stehen im Fokus und werden von ihr sowohl wissenschaftlich als auch aus eigener Erfahrung und Perspektive analysiert. Die Sprache eckt genauso an, wie es Şahin als Person tut, und gerade deshalb ist diese Sprache auch Ausdruck davon, dass in ihrer Person selbstermächtigender, sexualisierter Rap und fundierte Wissenschaft zusammentreffen.
Die drei Schwerpunktthemen sind nicht zufällig gewählt, sondern spiegeln das Spannungsfeld wieder, in dem sich Dr. Bitch Ray bewegt. Im Bereich des Deutschrap analysiert sie die Problematik sexistischer und patriarchaler Strukturen, spricht sich für feministische Selbstermächtigung aus und dafür, dass insbesondere die interne Auseinandersetzung mit Problemen im Rap zunehmen muss, will man das Thema nicht ignorieren oder undifferenzierten und ideologischen Debatten überlassen.
Als Wissenschaftlerin, die über die Bedeutung des Kopftuchs promoviert hat ebenso wie als Angehörige der religiösen Minderheit der Aleviten setzt sie sich für eine differenzierte und faktennahe Auseinandersetzung mit "dem Islam" ein, was einerseits bedeutet, anzuerkennen, dass es "den Islam" nicht gibt, andererseits, die Instrumentalisierung des Themas scharf zu kritisieren. Sie kritisiert westliche, pauschalisierende Lesarten der Religion und des Kopftuchs als frauenverachtend und "primitiv" ebenso wie die umgekehrte unkritische Übernahme von Narrativen des Kopftuchtragens als per se feministisch. Şahin plädiert für einen Mittelweg, der die Existenz islamischer Feminismen ebenso anerkennt wie die Instrumentalisierung des Feminismus durch konservative Islamverbände und des Islam durch Feminist*innen der "zweiten Welle" des Feminismus wie bspw. Alice Schwarzer und Muslim*innen und Kopftuchträger*innen gleichberechtigt in die Debatte einbezieht.
Außerdem thematisiert sie die fortbestehenden Ungleichheiten im deutschen Universitätsbetrieb, die patriarchalen Hierarchien und impliziten Rassismen und kritisiert die mangelnde Bereitschaft von Wissenschaftler*innen, sich selbstkritisch und reflektiert mit diesen Themen zu befassen.
Mich hat beim Lesen teilweise die Zentrierung auf ihre Person gestört, allerdings merkt Şahin selbst die Problematik an, dass sie aufgrund ihrer einzigartigen Position selbst auf ihre Errungenschaften und Pionierinnenarbeit hinweisen muss, da es sonst kaum jemand tut. Und dass sie diese Arbeit geleistet hat, steht außer Frage. Auch, wenn ich Rap nie viel gehört habe, konnte ich aus diesem Kapitel einiges mitnehmen. Gerade die Themen Kopftuch und Wissenschaft fand ich jedoch besonders spannend, denn als Feministin, Studentin und in der Hochschulpolitik aktive Person kenne ich viele der Debatten aus beiden Bereichen und finde eine Differenzierung und öffentliche Benennung dieser Probleme, so wie sie Şahin vorschlägt, absolut wichtig.
Das Buch eignet sich einerseits, wenn man am Beispiel einer konkreten Person mehr über intersektionalen Feminismus lernen will, andererseits aber auch, um als bereits feministisch aktive Person innerfeministische Debatten im Bereich Islam besser einordnen zu können. Durch die lockere Sprache lässt sich das Buch gut lesen und sorgt für einige Lacher.
- Necla Kelek
Die fremde Braut
(53)Aktuelle Rezension von: TheSilencerKritisiert man "kulturelle Praktiken" in Deutschland lebender Ausländer, ist man ganz schnell in der rechten Ecke und keiner hört einem mehr zu, egal welchen Inhalt diese möglicherweise berechtigte Kritik haben könnte.
Anders bei Dr. phil. Necla Kelek.
Mit dem Brecheisen erklärt sie, warum Millionen von türkischen Einwanderern kein Interesse an der deutschen Gesellschaft haben, der Familie die größte Bedeutung beigemessen wird, Ehefrauen am besten importiert werden oder das Kopftuch schon lange kein religiöses Statement mehr alleine ist.
Eine ungewohnte Offenheit bei diesem Thema.
Die streitbare Autorin ist mir in einer Talk-Show aufgefallen. Wenngleich mir die Ausgewogenheit im Buch etwas fehlt, so bin ich begeistert von der klaren Aussage.
Sieht man die Reaktionen im Internet - die sich im übrigen überwiegend unsachlich und argumentationslos mit dem Bericht der Autorin befassen - so wird man den Eindruck nicht los, daß Dr. phil. Kelek in ein Wespennest gestochen hat. - Fereshta Ludin
Enthüllung der Fereshta Ludin
(10)Aktuelle Rezension von: TigerbaerDas Buch „Enthüllung der Fereshta Ludin: Die mit dem Kopftuch“ habe ich innerhalb weniger Stunden verschlungen und bereits während des Lesens ging mir die Frage "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Aber wie gelangen wir zu den Tätigkeitswörtern?" von Stanislaw Jerzy Lec durch den Kopf. Wenn man diese Frage etwas abwandelt und fragt „Toleranz, Offenheit, Aktzeptanz! Aber wie gelangen wir zu den Tätigkeitswörtern?“, dann trifft dies meine Gedanken bei der Buchlektüre wie den sprichwörtlichen „Nagel auf den Kopf“.
„Das Kopftuch-Urteil“ ist sicherlich eines von vielen Schlagwörtern, die man mit Fereshta Ludin verbinden kann. Die afghanische Lehrerin klagte sich Anfang der 2000er Jahre durch alle gerichtlichen Instanzen bis vor das Bundesverfassungsgericht, um im staatlichen Schuldienst ein Kopftuch tragen zu dürfen.
Ich gebe zu, dass ich das Urteil und die damit verbundenen gesellschaftlichen Diskussionen seinerzeit eher nebenher zur Kenntnis genommen habe bzw. mich nicht weiter damit beschäftigt habe. Die Frage, ob eine Lehrerin in der Schule ein Kopftuch tragen darf, hätte ich jetzt mal so ganz spontan mit „Ja, warum auch nicht!?“ beantwortet.
Erst durch das Buch habe ich mich nun intensiver mit Frau Ludin und ihrer Entscheidung, die ihr und das Leben unzähliger anderer Menschen nachhaltig beeinflusst hat, beschäftigt.
Frau Ludin erzählt von ihrer Kindheit, Familie, dem Leben in den Ländern Afghanistan, Saudi-Arabien, Amerika und Deutschland und die Vor- wie auch Nachgeschichte des „Kopftuch-Urteils“.
Das Buch hat mich auf ganz verschiedenen Ebenen bewegt und ich spüre, wie sich in mir Fragen formen, ich Dinge zu hinterfragen beginne und mein Blick sich ändert.
Erschreckt und beschämt hat mich bei den Erzählungen von Frau Ludin das hohe Maß an Diskriminierung, dass ihr gerade auch in Deutschland begegnet ist und mir ist vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskrise und den damit verbundenen Diskussionen schmerzlich bewusst geworden, wie dünn unser „Deckmantel der Toleranz für andere Kulturen und Traditionen“ doch in Wahrheit ist. Ein minimaler Ruck an der Decke und eine hochmütige Menschenunfreundlichkeit zeigt ihr hässliches Gesicht. Ich muss mich selbst zukünftig viel mehr in die Pflicht nehmen, meine Meinung deutlicher zu vertreten und Menschenunfreundlichkeit fest ins Gesicht zu schauen und ihr entgegen zu treten. Bisher habe ich – so war mein Empfinden beim Lesen – dies nicht lautstark genug getan.
Vielen Dank Fereshta Ludin, dass Sie ihren Weg mit einer so großen Überzeugung gegangen sind und für so viel mehr als „ein Kopftuch“ stehen! - Agatha Christie
Der Todeswirbel
(58)Aktuelle Rezension von: LuiseLotteIhren 38. Kriminalroman, der im englischen Original unter dem Titel "Taken at the Flood" veröffentlicht wurde, lässt Agatha Christie – wie gewohnt – im ländlichen England und direkt nach dem Zweiten Weltkrieg spielen. Letzteres wiederum ist ungewohnt, ebenso wie die Tatsache, dass die Autorin, deren Charaktere, wie auch in vorliegender Geschichte, gewöhnlich der britischen Oberschicht angehören, die zwar allerhand Probleme haben, sich finanziell aber nie beklagen können, diesmal so deutlich hinweist auf die Unbillen der Nachkriegszeit, wie Nahrungsmittelknappheit, neue, das Leben erschwerende Gesetze, fehlende Arbeitsplätze, die auch die Begüterten und Privilegierten des Landes zu spüren bekamen. Der realistische und nicht geschönte Hintergrund, den sie entwirft, ist schließlich auch verantwortlich für das, was den Charakteren in der zu besprechenden Geschichte widerfährt und was sich mutmaßlich niemals zugetragen hätte, hätte der Krieg sie nicht aus ihrem behaglichen, sorgenfreien Leben herausgerissen...
Aber da sind sie nun, die Mitglieder der Familie Cloade aus Warmsley Vale, ihres Oberhauptes Gordon beraubt, der bei einem Bombenangriff, genauer gesagt dem „Blitz“, in London ums Leben gekommen war und von dem alle finanziell abhängig waren, auf den sich alle in jedweder Notlage verlassen konnten – ermutigt von ihm, dem Patriarchen Gordon höchstpersönlich!
Zum Leidwesen der Familie allerdings überlebte seine junge Frau Rosaleen, eine Witwe, die er kurz zuvor – man kann sich die Empörung von Gordons nichtsnutzigen Verwandten vorstellen! - ganz unerwarteterweise geheiratet hatte. Das schöne Geld – futsch! Denn Gordons Witwe ist nun mal die Alleinerbin – was so schlimm nicht wäre, denn die lässt sich, naiv und liebenswürdig, wie sie ist, leicht anpumpen, was die übrigen Cloades auch ohne Skrupel versuchen. Leider jedoch gibt es da einen gewissen David Hunter, ein zwielichtiger Abenteurer, voller Wut, voller Hass auf die Cloades – und der ist Rosaleens Bruder und wild entschlossen, seine Schwester von den Schmarotzern, als die er sie empfindet und die sie auch sind, wenn wir ehrlich sein wollen, zu schützen. Die Verzweiflung der feinen Familie, von denen jeder einzelne aus den unterschiedlichsten Gründen dringend Geld braucht, kann man sich vorstellen! Und dass da jemand von ihnen – oder allesamt? - Pläne schmieden, sich Rosaleens zu entledigen, auch!
Die Atmosphäre ist zunehmend angespannt, man kann es fühlen – wie immer, wenn die Meisterin der subtilen Spannung, die man unter einer glatten Oberfläche erahnt, am Werk ist.... Und da sie ebenso bekannt ist für überraschende Wendungen, kleine, gemeine Fallen und eine ganze Reihe falscher Spuren, lässt sie einen geheimnisvollen Fremden in Warmsley Vale auftauchen, einen gewissen Enoch Arden, dessen Namen sie Alfred Tennysons Versepos mit dem gleichen Titel, an dessen Handlung sie sich zudem orientiert, entliehen hat. Und jener Fremde deutet an – man hört förmlich die kalten Herzen der Cloades höher schlagen! - ,dass Rosaleens erster Mann, Robert Underhay, noch am Leben sei! Damit wären ja alle Schwierigkeiten beseitigt, nicht wahr? Das riesige Vermögen ihres lebenslangen Wohltäters würde wieder in ihren Taschen landen, dort, wo es, wie sie überzeugt sind, von Rechts wegen auch hingehört... Doch das wäre ja zu einfach – und wie man erwarten darf, legt Agatha Christie nun, nachdem der Leser in einer unspektakulären, actionarmen ersten Hälfte erst einmal die Charaktere in Ruhe kennengelernt hat und hinter ihre glatten Fassaden geschaut hat ( so etwas beherrscht die „Lady of Crime“ bis zur Perfektion! ), endlich richtig los!
Und endlich auch taucht der Meisterdetektiv Hercule Poirot wieder auf, dem man bereits im Prolog begegnen durfte, im Londoner Coronation Club während eines Bombenangriffs den Erzählungen eines gewissen Major Porter lauschend, der ein Freund des, wie jeder glaubte, verstorbenen Robert Underhay gewesen war. Von ihm hörte der belgische Detektiv im Übrigen auch den Namen Enoch Arden, den der Verstorbene in einigermaßen kryptischer Weise dem Major gegenüber erwähnt hatte.
Aber wie dem auch sei, Poirot ist endlich im Spiel – und wird seinerseits von gleich zwei Mitgliedern der Cloade-Familie um Hilfe gebeten, was er allerdings erst dann annimmt, als der Fremde namens Enoch Arden einen unzeitigen Tod von fremder Hand findet! Weitere Tode kann er zwar nicht verhindern, doch dass er die verzwickte Geschichte auflöst, steht für jeden Leser der Agatha Christie-Krimis und sowieso für alle Poirot-Anhänger außer Frage!
Dame Agatha ist eine unübertroffene Kriminalschriftstellerin – auch daran gibt es keinen Zweifel! Die meisten ihrer Geschichten sind hervorragend, intelligent, spannend, verzwickt – und immer clever ersonnen und in einer geschmeidigen, stets gehobenen Sprache geschrieben. Andere sind intelligent, spannend, verzwickt – ohne großartig zu sein. Einige wenige sind zu all den bereits erwähnten Attributen ärgerlich und unbefriedigend. Leider gehört „Taken at the Flood“ beziehungsweise in der amerikanischen Ausgabe „There ist a Tide...“, einem Vers entnommen aus Shakespeares Drama „Julius Caesar“, zur letzten Kategorie!
Woran liegt das, habe ich mich während der Lektüre immer wieder gefragt. Wieso bin ich einfach nicht recht vorangekommen und wurde auch nicht, wie sonst bei Dame Agathas Büchern üblich, von Spannung oder doch wenigstens Neugierde gepackt? Die Geschichte hat alles, was Mrs.Christies Bücher ausmacht – und dennoch! Es sind die Charaktere, die mich stören, habe ich schließlich entschieden! Es verärgerte mich ihre Selbstherrlichkeit, ihre Geringschätzigkeit des Onkels Witwe gegenüber, die sie dennoch gnadenlos auszunehmen versuchen, ihre offensichtliche Lebensuntüchtigkeit ohne die schützende Hand des Familienoberhauptes. Sie sind schlechte Menschen, die Cloades, punktum! Jeder einzelne von ihnen. Und das trifft auf viele der unzähligen Figuren der berühmten Schriftstellerin zu, ist also per se nichts Ungewöhnliches. Doch die Art und Weise, wie sie mit denjenigen, die uns hier begegnen, verfährt, die Milde, die sie ihnen unverdienterweise zukommen lässt – die ist höchst ungewöhnlich und befremdlich. Diese Milde geht am Ende sogar so weit, dass ein direktes Verbrechen und eines, das durch Egoismus und Manipulation indirekt verschuldet wurde, ganz einfach unter den Teppich gekehrt werden – von dem gerechtigkeitsliebenden, unbestechlichen Hercule Poirot höchstpersönlich! Was mag sich Agatha Christie dabei gedacht haben? Und – was mag sie sich darüber hinaus bei dem Epilog, den letzten drei Seiten ihres Buches, auf die ich hier allerdings nicht näher eingehen kann, ohne die Lösung des Falles zu verraten, gedacht haben, der so manchen Leser ganz entsetzt zurücklässt und ihn an dem Verstand der Dame zweifeln lässt?
Dass dieses eines der schwächsten, vielleicht sogar das schwächste der vielen Bücher der mit Recht hochgelobten Schriftstellerin ist, war mir durchaus klar, als ich es nach vielen vielen Jahren wieder gelesen habe – in der Hoffnung, es heute mit anderen Augen lesen zu können. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt – ganz im Sinne des blitzgescheiten, hier aber etwas trägen Meisterdetektivs Poirot, der weiß, dass sich einige Dinge nie ändern...
- Amina Bile
Schamlos
(70)Aktuelle Rezension von: MissKiss3 Freundinnen, die einfach mal miteinander reden. 3 Muslima, die über die Welt und in der über ihre eigene Welt uns erzählen.
Sie erzählen uns über ihre Religion, über Vorurteile, über Mobbing und Feminismus. Aber auch über ihren Alltag.
Es ist so ob der Leser einfach sich zu ihrem Tisch dazusetzen und einfach mitlauschen könnte.
Und auch, wenn die Themen oft schwer sind, hat es eine Art Leichtigkeit in sich: vielleicht nicht nur wegen der wunderschönen Grafik des Buches, sondern vielleicht einfach dadurch, dass es gut tut Themen anzusprechen. Es tut gut miteinander zu reden. Und es gibt Hoffnung, wenn man sieht wie reflektiert die heutige Jugend sein kann.
Und diese Hoffnung, in einer freidlichen Zukunft, brauchen wir heute sehr.
Eine grosse Empfehlung von mir, ab 12 Jahren! Für Mädchen und Bubben. Für alle. - Nazan Eckes
Guten Morgen, Abendland
(11)Aktuelle Rezension von: HoldenFräulein Üngörs Aufruf zu gegenseitiger Toleranz und Annäherung, eingebettet in ihre persönliche Familiengeschichte in Deutschland. Wie schon eine Rezensentin vor mir geschrieben hat, sind die Passagen über ihre Familie, der schwierige Neuanfang ihres Vaters in Deutschland und das glückliche Familienleben sehr berührend und herzergreifend, andere Passagen wie ihr Neid auf die immer hübsche Heidi Klum in Modemagazinen oder ihre Frustration über ihre deutsche Fernsehproduzentin Petra eher nichtssagend und stehen der Message eher im Wege. Ein Buch also mit Licht und Schatten, Frau Eckes hat die Anfeindungen und Herabsetzungen, denen man ausgesetzt war, sicherlich eher noch heruntergespielt. Seit 2010 hat sich sicher nicht all zu viel geändert, inzwischen haben wir mit Herrn Özdemir aber den ersten türkischstämmigen Bundesminister. Es bleibt also noch viel zu tun, Entscheidungsträger bitte lesen! Und mit dem Dolmus bin ich auch schon gefahren, aber daß man sich da ducken muß, war mir neu!
- Amélie Sarn
Un foulard pour Djelila
(3)Aktuelle Rezension von: Emotionen"Un foulard pour Djelila", geschrieben von Amélie Sarn war unsere Französisch Klassenlektüre für dieses Schuljahr. Das Buch spricht eine Problematik an, die vor allem in Frankreich hochaktuell ist.
Handlung
Das Buch spielt in einem Pariser Vorort. Die beiden Schwestern Djelila und Sohane entstammen einer tunesischen Familie, die nun im modernen Frankreich lebt. Das ist für alle nicht leicht, aber vor allem die beiden Teenager tun sich schwer. Sie sind hin und her gerissen zwischen zwei Welten. Einerseits sind da die Kultur und die Religion ihres Heimatlandes, die ihnen vorgeben, was sie tun sollen, anziehen sollen, wie sie sich verhalten sollen, andererseits wollen sich auch in ihrer neuen Heimat integrieren. Sohane ist eher konservativ eingestellt, während ihre Schwester großen Gefallen an den Freiheiten, die Frankreich ihnen bietet, findet. Erst kleidet sie sich nur modebewusst, dann beginnt sie sich auffällig zu schminken, fängt an zu rauchen und geht mit ihrer Clique etwas trinken. Sohane ist konservativer, will da nicht mitziehen und trägt schließlich sogar ein Kopftuch um endlich einen Weg zu finden sich selbst darstellen zu können. Eine Gruppe radikaler Jugendlicher aus der Nachbarschaft beginnt Djelila immer mehr zu belästigen und auszugrenzen und Sohane muss sich entscheiden - wird sie ihrer Schwester helfen?
Charaktere
Ich fand die beiden Schwestern Sohane und Djelila sehr gut dargestellt. Ich konnte mich in beide hineinversetzen, allerdings habe ich mit Djelila sehr viel eher identifizieren können als mit ihrer Schwester. Sie war zwar auch mir in manchen Punkten zu weit - mit ihrem Rauchen und Trinken - aber ihre Schwester hat mir schon manches Mal Kopfzerbrechen bereitet. Klar, man sollte die Kultur und Religion seiner Heimat nicht vergessen, aber manchmal muss man auch Neues wagen. Ich hatte den Eindruck, dass sich hinter ihrem Kopftuch eher vor der Welt versteckt, um sich nicht mit deren Problemen oder denen ihrer Schwester auseinandersetzen zu müssen. Ich weiß nicht, inwieweit es zu ihrer Selbstfindung beigetragen hat.
Interessant finde ich den Aspekt, dass vor allem die Eltern nicht die diejenigen waren, die mit dem Finger auf die Kinder gezeigt haben. Sie wussten zwar vieles nicht über ihre Tochter Djelila, aber sie haben ihr immer versucht ihre Freiheit zu lassen. Stattdessen haben die Nachbarn Djelila bedrängt und sie verunsichert.
Schreibstil
Hier muss ich leider die deutsche Bearbeitung kritisieren. Teilweise waren schwierige Vokabeln zwar angeführt, aber sie waren nicht mit Fußnoten versehen, was es relativ schwer machte, die deutschen Wörter den Französischen zuzuordnen. Außerdem wurden einfache Wörter oft mehrmals erklärt, gerade aber bei französischen Abkürzungen und Umgangssprache hätte ich mir mehr Erklärungen gewünscht. Deshalb gibt es an dieser Stelle einen Stern Abzug von mir.
Fazit
Das Buch zeigt auf erschreckende Art und Weise auf, wohin religiöser Extremismus führen kann. Gerade in Frankreich, das ein Land der Einwanderer ist, ist die Problematik der Integration hochaktuell. Die Regierung arbeitet darin, aber oft sind es die Menschen selber, die mit sich hadern, inwieweit sie sich anpassen sollen, ohne sich selbst zu verlieren. - Malala Yousafzai
Malala. Meine Geschichte
(81)Aktuelle Rezension von: Linda19_7Die Taliban fallen in Pakistan ein und verbieten, dass Mädchen in die Schule gehen dürfen. Frauen haben sich zu verschleiern und dürfen nur noch in Begleitung eines männlichen Verwandten das Haus verlassen. Bomben fallen und es tobt ein erbitterter Krieg. Das lässt sich Malala nicht gefallen! Sie kämpft weiter dafür, dass alle ein Recht auf Bildung haben. Im Oktober 2012 schießen ihr Terroristen in den Kopf, als sie auf dem Nachhauseweg von der Schule ist. Sie überlebt. Doch auch nach diesem schweren Schicksal ist ihre Botschaft klar: Alle haben ein Recht auf Bildung!
Die Autobiografie dieser unglaublich starken jungen Frau, macht einem erst wieder bewusst welche Missstände auch heute noch in unserer Welt herrschen. Wir sollten alle öfter den Mund aufmachen um die schwächeren unter uns zu unterstützen. Nur so kann unsere Welt zu einem besseren Ort werden. Auch wenn wir uns doch so oft über unser Schulleben beschwert haben, sollten wir es doch mehr schätzen. Denn Bildung kann so viel bewirken und ist der Schlüssel zu allem.
- Eileen Schlüter
Geliebte Nanny
(20)Aktuelle Rezension von: Nele75In Melissa's Leben soll sich dringend etwas ändern. Nachdem sie sich von ihrem Freund getrennt hat, die eigentliche Arbeit als Kindergärtnerin sowieso aufhört wegen Zeitvertrag und dringend etwas geschehen muss, kommt die Anzeige einer Millionärsfamilie gerade recht - denn diese sucht eine Nanny. Melissa kann sich mit dem Gedanken anfreunden, für die Familie zu arbeiten, denn die Bezahlung ist überdurchschnittlich gut. Wäre da nicht diese bestimmte Bedingung, welche von vornherein gestellt wird und anscheinend dazu gehört, sollte sich Melissa für die Arbeit als Nanny in diesem Haushalt entscheiden.
Mir hat hier von Beginn an der Schreibstil ziemlich gut gefallen, es liest sich einfach sehr flüssig und macht Spass. Auch kommen immer wieder kleine überraschende Wendungen in die Geschichte, die man so als Leser nicht ahnen kann - und gerade dies macht "Geliebte Nanny" von Eileen Schlüter lesenswert.
Einzig mit dem Ende kann ich mich nicht so recht anfreunden, denn es war im Gegensatz zum Rest der Geschichte sehr knapp und kurz gehalten und kam mir so ein wenig unvollständig vor, denn ich als Leser hatte das Gefühl, es kann hier einfach nicht zu Ende sein, sondern sollte noch ausführlicher beschrieben werden.
Das Cover finde ich ziemlich passend zur Geschichte und es gefällt mir gut, auch wenn die Hintergrundfarbe nicht unbedingt zu meinen Lieblingsfarben zählt - hier gefällt es mir.
- Zana Ramadani
Die verschleierte Gefahr
(14)Aktuelle Rezension von: LevusZana Ramadani spricht offen aus, worüber in den Leitmedien und in der Öffentlichkeit wegen falschverstandener Toleranz und übertriebener politischer Korrektheit immer noch nicht geredet wird. Sie benennt Ursachen, erklärt Hintergründe und beleuchtet insgesamt, worin die vielfältigen Probleme mit dem Islam und seinen Anhängern bestehen. Ein sehr informativer und wichtiger Beitrag zur aktuellen Diskussion. Dieses Buch sollte Pflichtlektüre sein für Politiker (und für Wähler) unabhängig von Religion und politischer Einstellung. - Anja Hilscher
Imageproblem
(23)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerAnja Hilscher möchte mit ihrem Buch "Imageproblem" mit den Vorurteilen gegenüber ihrer Religion, dem Islam, aufräumen. Das tut sie, indem sie einigen bekannten Vorurteilen (Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, strenge Regeln) ein Kapitel widmet, ihre persönliche Sichtweise schildert und mit dem zugehörigen Text aus dem Koran unterstreicht. Diese Art der Argumentation hat mich nicht erreicht und meine (wenigen) Vorurteile gegenüber dem Islam nicht abgebaut. Ich bin mir nicht sicher, ob die Vorgehensweise von Frau Hilscher die richtige ist. Schließlich ist das, was meistens am Islam fremd ist, die Handlungen der Gläubigen (Zwangsverheiratung, Ehrenmord, Kopftuch um die Sittsamkeit der Frau zu schützen), ihre Moral und die Werte, welche in der Gesellschaft verankert sind. Dann mit den Textstellen im Koran zu argumentieren und zu behaupten, dass man zwischen der Schrift (Koran) und der Gesellschaft unterscheiden muss, wirkt für mich nicht überzeugend. Wie schon in anderen Rezensionen geschrieben und auch auf dem Buchcover angedeutet würde es mich mehr überzeugen, wenn erzählt würde, wie im Alltag Muslime ihren Glauben leben. Was mir total am Buch gefallen hat, ist die Energie und Leidenschaft, mit der Anja Hilscher geschrieben hat. Ich musste beim Lesen ganz oft dran denken, dass im Vortrag vor einem großen Publikum die Botschaft viel besser wirken würde, als in einem Buch. - Joachim R. Steudel
Traum oder wahres Leben: Kismetbahr - Der Schicksalsfluss
(15)Aktuelle Rezension von: KristinaTiemannAchtung Spoiler!
„Kismetbahr – Der Schicksalsfluss“ ist nun der dritte und letzte Teil der Reihe und wir begegnen Günter Kaufmann darin mit einer weiteren Identität als alias Karim bin Azmi bin Halim Al-Kismetbahr. Die Geschichte im Hier und Jetzt befasst sich mit der Öffnung eines Grabes aus der Pharaonenzeit, mit dem der Hauptakteur unmittelbar verbunden ist, die Vergangenheit mit der verstorbenen Person selbst sowie mit den Geschehnissen um sie herum.
Günter alias Karim rettet das kleine Mädchen Tefnut, das seine Eltern bei einem Angriff auf sein Heimatdorf verloren hat. Er zieht sie groß wie sein eigenes Kind und mit der Zeit ändern sich Tefnuts unschuldige Vaterliebesgefühle in partnerschaftliche und Karim steht vor der Frage, wie er damit umgehen soll?
Diese Entwicklung wurde hier in einer vorhergehenden Rezension moniert, ich aber finde sie völlig natürlich. Inzucht innerhalb der Herrscherkaste war gang und gäbe, Pharaonen ehelichten häufig die eigenen Schwestern. Moralisch verwerflich wurde dies ja erst durch die Entstehung des Christentums, woran sich jedoch selbst der Adel im zumindest frühen Mittelalter nicht groß daran störte. Und wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, bleiben solche Gefühle eben oft nicht aus.
Nein, was mich viel mehr faszinierte, ist die Tatsache, dass, als Karim sich seine Gefühle eingesteht und Tefnut praktisch ehelichen möchte, es zu spät ist, weil sich die Geschichte wiederholt!
Buddhistische Weisheiten vom Kreislauf des Werdens und Vergehens, aber auch der Möglichkeit des Durchbrechens von Schicksal durchzieht die gesamte Reihe und ihre Hauptaussage deckt sich mit der Buddhas, nämlich Vergebung durch Erkenntnis!
Das Ganze unter der großen Überschrift „Traum oder wahres Leben“ und einen besseren Titel gibt es nicht. Denn auch wenn Erklärungsangebote geliefert werden und der Hauptakteur möglicherweise wirklich ein tausende Jahre altes währendes Leben lebt, wird dies vom Ich-Erzähler selbst immer wieder in Frage gestellt und bleibt auf gewisse Weise offen bis zum Schluss. Ich erkläre sie mir mit dem Karma, ob die Leben nun geträumt sind oder nicht, spielt angesichts der großen Botschaft nun wirklich keine Rolle.
Und auch diesmal wurde wieder hervorragend recherchiert und die altägyptische Welt derart präzise geschildert, dass man glauben könnte, der Autor selbst hätte sie miterlebt. Ich bin völlig fasziniert von dieser Erzählkunst, eine derart authentische Kulisse zu erschaffen, um seine Botschaften zu transportieren!
Man könnte die Bücher sogar unabhängig voneinander lesen, wenn man nur eine schöne Geschichte lesen möchte, die in China, Japan oder Altägypten spielt. Wem jedoch die großen Daseins- und Erkenntnisfragen am Herzen liegen, dem empfehle ich die ganze Reihe.
Absolut fantastisch!
- Alice Schwarzer
Der Schock - die Silvesternacht in Köln
(6)Aktuelle Rezension von: Liebes_Buch"Der Schock" ist ein Buch, das Beiträge von verschiedenen Autoren enthält und so verschiedene Blickwinkel auf die Sexattacke in Köln anbietet. Ich hätte gern etwas gelesen, wo das, was Silvester passierte, chronologisch dargestellt wird. Das ist hier aber kaum der Fall. Wenn man dieses Buch liest, muss man sich also im Internet vorher informieren, worum es eigentlich genau geht.
Dann allerdings erfährt man noch genug Dinge, die man noch nicht wusste. Z B dass auch in Köln gepredigt wird, wer aus dem Islam austritt, muss bestraft werden. Oder dass der Staatsschutz die Regierung schon 1996 darüber informierte, dass Islamismus die akuteste Gefahr für das Land darstelle. Diese Information wurde aber mit dem Vorwurf des Rassismus weggewischt. Ein Beitrag ist vom Algerier Kamel Daoud, auf dem eine Fatwa lastet und der in Frankreich als "islamophob" gebrandmarkt ist. Andererseits wird auch Ayaan Hirsi Ali als islamophob beschimpft, weil sie sich über ihre Genitalverstümmelung (mit 5 Jahren) beklagt... Und die herausgeberin Alice Schwarzer ist natürlich doppelt verschrien, nicht nur als Islamkritikerin sondern auch als Feministin.
Der Rassismus-Vorwurf geht so weit, dass sich Frauen nicht mal beklagen dürfen, wenn sie angezündet werden.
Wer auf den Frauenmärschen rumläuft, sollte dieses Buch doch mal lesen. Es ist nicht so dick, nur 136 Seiten. Damit man weiss, wo die neuen Frauenrechte hingehen... - Lale Akgün
Aufstand der Kopftuchmädchen
(2)Aktuelle Rezension von: WinfriedStanzickDieses Buch der SPD-Politikerin Lale Akgün, die von 2002 bis 2009 Mitglied des deutschen Bundestages war, und die sich selbst als überzeugte Muslimin bezeichnet, ist eine Streitschrift. Eine Streitschrift, die dafür eintritt, dass sich der Islam, zunächst einmal der in Deutschland und in Westeuropa, wirklich und nachhaltig reformiert. Ein Islam, sagt sie, der noch nicht seine eigene Aufklärungsphase durchlaufen hat ( das ist im übrigen ein Prozess, der noch viele Jahrzehnte dauern wird), kann sehr wohl mit dem Geist der Aufklärung vereinbar sein. Und so legt sie unter strenger Unterscheidung von Islam und Islamismus( das wird in der oft allzu flachen öffentlichen Debatte viel zu oft vermischt) die Grundzüge eines modernen Islam dar. Dass sie mit der Unterstützung von vielen anderen dies als Frau tut, erfordert Mut in einer Religion, die nach wie vor (wie im übrigen Jahrhunderte lang das Christentum auch) von den Männern dominiert wird. Sie widmet das Buch allen Musliminnen und Muslimen, „die es satt haben, sich von den Ewiggestrigen den Islam erklären zu lassen und sich nach einem modernen Islam im Hier und Heute sehnen.“ Und sie schreibt für alle nicht-islamischen interessierten und aufgeklärten Bürger, „die sich nicht durch demagogische Polemik (a la Sarrazin d.R.) abschrecken lassen und einen Einblick bekommen möchten in einen Islam ohne Kopftuch, Zwangsheirat und Ehrenmord – aber auch in einen Islam ohne Tausendundeine Nacht.“ Dies ist ihr mit diesem Buch gut gelungen. Ich hoffe, dass es von vielen Menschen gelesen wird und dass etwas von seiner Differenziertheit hängen bleibt in den oft allzu sehr von Demagogie und Nichtwissen angefüllten Köpfen.