Bücher mit dem Tag "kroatische literatur"

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6 Bücher

  1. Cover des Buches Das Ministerium der Schmerzen (ISBN: 9783833304613)
    Dubravka Ugresic

    Das Ministerium der Schmerzen

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Farbwirbel

    Ein irreführender und ebenso treffender Titel ziert das Cover des 2004 erschienenem Romans von Dubravka Ugresic. 'Das Ministerium der Schmerzen' ist ein Werk über die Zerissenheit von Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, sich selbst in einer neuen Sprache wiederfinden müssen und Traumata verwinden. Die Protagonistin Tanja Lucić stammt aus Zagreb, studierte dort Literaturwissenschaften und musste aufgrund der Ausschreitungen im vormaligen Jugoslawien das Land verlassen.

    Ich weiß nur, dass ich längst abgereist und noch nirgends angekommen war. - S. 16

    Auf dem Weg nach Amsterdam streift sie zuerst durch Berlin, trennt sich dort von ihrem Mann und bekommt dann das Angebot, in Amsterdam Serbokroatisch an der Universität zu unterrichten und eine Wohnung gestellt zu bekommen.

    Auf dieses Unterfangen lässt sie sich ein und handelt dabei gegen die Prinzipien eines Professors, denn sie entwickelt eine eigene Art des Unterrichtens. Ihr Studierenden sind alle Betroffene des Krieges, jeder hat seine eigene Geschichte und auch seine eigene Sprache. Um die Gruppe zusammenzubringen und auf der Suche nach ihrer Identität packen sie einen Koffer mit Texten über Jugoslawien. Dinge, die sie nicht vergessen wollen, Dinge, die sie vergessen wollen – von Rezepten bis zu Kriegserfahrungen ist alles dabei.

    Sobald ich den Unterrichtsraum zum ersten Mal betrat, erkannte ich die Unsrigen. Die Unsirgien liefen mit einer unsichtbaren Ohrfeige im Gesicht herum. Sie hatten den schrägen Blick eines ängstlichen Hasen, eine besondere Anspannung, etwas von einem Tier, das lauert, aus welcher Richtung Gefahr drohen könnte. Die Unsrigen verrieten sich durch eine nervöse Wehmut im Gesicht, durch einen verdüsterten Blick, einen Schatten der Abwesenheit, eine kaum sichtbare innere Geducktheit. - S. 22

    Tanja und die Studierenden wachsen zusammen, verbringen viel Zeit in Cafés zusammen und lassen sich in ihre Blase fallen. Dabei wirkt Tanja stets über den Dingen schwebend, so als wäre sie in dem Geschehen nicht wirklich verwurzelt und dadurch nicht ganz dabei.

    Ein Wendepunkt der Geschichte birgt die Kritik des Institutsleiters an Tanjas Arbeit, denn diese Kritik kam von einem ihrer Studierenden. Verletzt setzt sie zum Gegenschlag an und sie unterrichtet distanziert und strukturiert die serbokroatische Literatur. Ihr geht es nicht gut damit und auch die Studierenden sind nicht zufrieden damit.

    Die Grundstimmung des Romans ist sehr tragend und beklommen. Gerade Tanja, die oft in poetischen Gedanken zum Krieg, zur Identität und zu sich selbst wiederzufinden ist, lässt diesen Eindruck entstehen. Die Sprache ist wunderschön und gleichzeitig, wie als würde man Glas essen, denn was geschrieben wird, ist hart und erschütternd.

    Ich hatte zuvor kein großes Wissen über die Zusammenhänge des Zusammenbruchs Jugoslawiens und auch jetzt bin ich durch das Buch nicht im Bilde von historischen Fakten. Das ist aber nicht der Anspruch des Romans. Es geht darum, den Axthieb in der Seele der Geflohenen zu zeigen, dass der Verlust von Heimat und Existenz unvorstellbar ist, auch wenn der Roman eine Annäherung daran gibt.

    Dennoch muss ich gestehen, das Buch hatte seine Längen. Das Thema ist mit zarten Fingerspitzen bearbeitet worden, doch zwischenzeitlich ging für mich die Verbindung von Leser und Text verloren. Nichtsdestotrotz war es ein berührendes und wenig pathetisches Buch, das mir einen Einblick in die Thematik gab und zutiefst treffend Menschlichkeit abbildet.

  2. Cover des Buches Die Archive der Nacht (ISBN: 9783546004275)
    Igor Štiks

    Die Archive der Nacht

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Der Schriftsteller Richard Richter möchte in Wien eigentlich seine Tante besuchen und seine gescheiterte Ehe verarbeiten, aber es kommt ganz anders. Er findet einen Brief seiner verstorbenen Mutter, der an einen Mann in Sarajevo gerichtet ist. Dieser Mann soll sein eigentlicher Vater sein. Während dem zweiten Weltkrieg musste dieser Mann von Wien nach Sarajevo fliehen. Richter macht sich auf in seine Heimat. Er kommt mitten in den Bürgerkrieg und es ist für ihn oft gefährlich. Mit seinen neuen Freunden erlebt er aber auch schöne Tage, tiefe Gespräche und entedeckt das Theater und Alma. Diese Frau scheint irgendwie mit ihm verbunden zu sein und Richard Richter soll mitten im Krieg eine gewaltige Entdeckung machen.

    Igor Stiks ist ein tolles und faszinierendes Buch gelungen. Zwei furchtbare Kriege spielen eine tragende Rolle genauso wie die Kraft der Liebe, die Suche nach sich selbst und das Leben in unserer Zeit.

  3. Cover des Buches Der Tod des Mädchens mit den Schwefelhölzchen (ISBN: 9783990370339)
  4. Cover des Buches Keiner zu Hause (ISBN: 9783827007070)
    Dubravka Ugresic

    Keiner zu Hause

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Leider wird Ugresic in diesem Werk ihrem Ruf nicht gerecht, verrennt sich in merkwürdige Ansichten wie die, dass die Besonderheit der Europäer sei, dass sie immer ihre ganze Geschichte mit sich rumschleppen (was ist z. B. mit den Kreuzzügen bei den Arabern oder Konfuzius u. ä. bei den Chinesen?). Sie vermischt Exilliteratur mit Literatur von Minderheiten, als wären diese dasselbe, dabei besteht ein Unterschied zwischen Menschen, die in verschiedenen Staaten gelebt haben und solchen, die seit ihrer Geburt in einem Staat leben. Auch wenn sie glaubt, dass nationale Literatur verschwinden wird, liegt sie sicher falsch, denn ein Interesse am eigenen Land wird immer bestehen. Das will man sicher nicht nur aus den Augen Fremder sehen. Ob es sinnvoll ist, Europa die „Rolle eines Schiedsrichters der Moral“ abzusprechen, weil die Deutschen den Völkermord an den Juden begingen, muss man auch anzweifeln, denn damit werden die Verbrechen der faschistischen Staaten ganz Europa aufgebürdet. Schließlich verstehe ich nicht, warum sie der EU vorwirft, dass sie Minderheitenschutz von den Beitrittskandidaten einfordert. Etliches scheint einfach nicht zuende gedacht, was für sie eher untypisch ist. So kritisiert sie etwa, dass die Holländer Tulpen und Mühlen so vergöttern. Schließlich seien Tulpen türkisch und Mühlen überall zu finden. Statt sich über eine solche Übernahme von Kulturelementen zu freuen, eine solche (doch recht hohle) Beanstandung. Ansonsten ein tolles Buch mit (teils witzigen) Beobachtungen etwa zum Laufverhalten von zu kleinen und zu großen Menschen, Konzentrationslagertourismus in Europa, Paul Coelho und kultischer Verehrung von Sammlerstücken u. v. m. sowie einer Liebeserklärung an Amsterdam und einer intertextuellen Auseinandersetzung mit dem Ilf/Petrow-Roman „Das Goldene Kalb“. Im New York nach dem 9/11 war sie ebenso unterwegs (und entdeckte Paradoxien wie einen Muslim der Milosevic für die Bekämpfung der Muslime lobt) wie auf der berüchtigten Goli Otok.
  5. Cover des Buches Das Museum der bedingungslosen Kapitulation (ISBN: 9783518395707)
    Dubravka Ugresic

    Das Museum der bedingungslosen Kapitulation

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Die Literaturwissenschaftlerin berichtet lauter interessante Details aus der Frühphase des Auseinanderbrechens Jugoslawiens. Vor allem beschäftigt sie sich dabei aber mit der Manipulierung von Erinnerungen (etwa der Falschbeschriftung oder Vernichtung von Fotos) und der Geschichte (z. B. Umdeutung von Persönlichkeiten). Aufhänger des Buches ist ein Besuch in Berlin, so dass diese Außensicht der Kroatin auf die deutsche Hauptstadt und ihren brüchigen Untergrund ebenfalls zu den Stärken zählt. Wie sicher sie die Fragilität Berlins beschreibt, (allein dieses Bild von den gelben Davidsternen, schwarzen Hakenkreuzen und roten Hämmern/Sicheln – brillant) wie ungewohnt sie diese Stadt wahrnimmt, hat mich tief beeindruckt, obwohl ich kaum fünf Mal dort war. Daneben geht es noch um ihr Verhältnis zur Mutter, russische Kunst oder eine Erscheinung bei einem Zirkel, Erlebnisse in München, Boston, Lissabon, Zagreb und Geschehnisse in Bosnien-Herzegowina. Durch diesen vielgestaltigen Roman kann man so viele Dinge besser verstehen, dass er die Bestnote verdient hat. Humanistisch, poetisch, klug, unbequem, durchkomponiert, melancholisch, grandios.
  6. Cover des Buches Baba Yaga legt ein Ei (ISBN: 9783827007483)
    Dubravka Ugresic

    Baba Yaga legt ein Ei

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Wolkenatlas
    „Literarischer Hexenspaß im Kurort“ „Zuerst sehen Sie sie nicht... Ja, zunächst sind sie unsichtbar, gehen wie Schatten an Ihnen vorbei... Es gibt auch Rüstige unter ihnen, in einem tief dekolletierten Sommerkleid... Sie kullern an Ihnen vorbei wie ein Haufen verschrumpelter Äpfel...“ Dubravka Ugresic hat sich für ihren Beitrag zur Mythenserie des britischen Verlags Canongate Books den Mythos der Baba Jaya ausgesucht und beweist eindrucksvoll, dass die Baba Jaga eine mythische Figur ist und erst in einer veränderten Form in der Märchenwelt gelandet ist. Sie weist darauf hin, dass einige Forscher der Meinung sind,“ dass sie die Große Göttin, die Mutter Erde, war; dass andere sie für die einstige slawische Totengöttin (Jaga zmeja bura) halten; dass Dritte glauben, dass sie die Herrscherin über die Vögel (wovon die Hütte aus Hühnerbeinen und die lange Nase, die an einen Schnabel erinnert, übrig geblieben sind) ist und dass Vierte sogar meinen, dass sie die Rivalin der slawischen Göttin Mokosch war und sich der der Zeit zu einem Androgyn wandelte, dass zur Göttin der Vögel und der Schlangen mutierte, danach zu einem anthropomorphen Wesen, das schließlich auch weibliche Züge bekam...“ Mit diesen Gedanken als Ausgangspunkt entwickelt Dubravka Ugresic ein geistreiches, funkelndes Kammerspiel vor des Lesers Augen. Nach einem einleitenden Prolog beginnt der erste Teil „Gehe nach Ich-weiß-nicht-wo, bringe Ich-weiß-nicht-was“ wie die autobiographische Erzählung einer Ich-Erzählerin, die Dubravka Ugresic sein mag, oder auch nicht. Diese Erzählerin kümmert sich im ihre alte Mutter und der Erzählfluss strömt scheinbar harmlos und weit vom Thema entfernt vorbei. Unter dieser vermeintlich harmlosen und unterhaltenden Oberfläche schimmert jedoch permanent themabezogene Symbolik durch, schon die ersten paar Sätze strotzen nur so vor ornithologischer Symbolik. Wörter bröseln auseinander, man erfährt wieso Sauberkeit die halbe Gesundheit ist und macht die Bekanntschaft der geheimnisvollen „kleinen Bulgarin“ Aba, die plötzlich fast Mittelpunkt dieser Geschichte wird. Virtuos baut sich Spannung auf, die sich in einer kuriosen Varna Reise entlädt. Im zweiten Teil „Du kannst fragen, aber nicht jede Frage bringt Gutes“, den Dubravka Ugresic virtuos und mit schelmischem Augenzwinkern in einen tschechischen Kurort verlegt, werden bisherige Randfiguren plötzlich zu den Hauptprotagonistinnen. Sie schafft eine Szenerie, die entfernt an die Schauplätze verschiedener Romane von Milan Kundera erinnert. Ein meschuggener Doktor mit seinen beiden frivolen Gehilfinnen, ein pensionierter Rechtsanwalt, ein geldgieriger (und nicht besonders heller) und reicher Amerikaner mit dem Namen Mr. Shake und ein eher dümmlicher Masseur sind die menschlichen Repräsentanten des mythologischen Umfelds der Baba Jaga, die hier als heiteres Damentrio Pupa, Beba und Kukla erscheint. Dieser Mittelteil „in sechs Tagen (inkl. Epilog)“, der einem „Roman“ am ähnlichsten ist, ist der längste Teil und damit auch Herzstück dieses Buches. In diesem Teil trifft sie einen herrlich märchenhaften Ton; trockener Humor rundet das vollendete Bouquet ab. Im dritten Teil „Wer viel weiß, wird bald alt“ zieht Dubravka Ugresic virtuos den perfekten Joker aus ihrer literarischen Trickkiste und lässt den Leser an einer unterhaltenden Lehrstunde „Baba Jaga für Anfänger“ teilhaben, der auch die Leser aufklärt, die einen vielleicht offensichtlicheren Bezug zum Thema in den vergangenen Teilen suchen. Es zahlt wirklich sich aus, die teilweise eher umfangreichen Fußnoten genau zu verfolgen, da man sonst vieles kleine Wichtigkeiten verpasst, die einem eröffnen, wie blind man in den vergangenen Seiten teilweise war. Die Autorin hat ein brillantes literarisches Hexenspiel geschrieben, ein virtuoses Spiel mit themenverwandter Symbolik; ein kleines Beispiel- man verfolge erstaunt, wie die Akteure zahlenmäßig in den verschieden Teilen dieses Prosawerks verteilt sind, oder man vergleiche die Relationen der Seitenanzahlen der Teile. Wenn dann im dritten Teil vermeintlich eine Protagonistin (zur Erfüllung der „korrekten“ Personenanzahl) fehlt, so sollte man nicht vergessen, wer hier die Fäden zieht... „Baba Jaga legt ein Ei“ ist eine großartige Verbindung von Literatur und Mythologie, ein überragendes Beispiel der Kunst Dubravka Ugresics und ein „böses Hexenspiel“ mit dem glücklichen Leser, der geistreich unterhalten, literarisch gefordert und an der Nase herumgeführt wird. Faszinierende Prosa und ein Hexenspaß, der nach dem Zuklappen von „Baja Jaga legt ein Ei“ sofort den Wunsch aufleben lässt, gleich noch einmal beim Prolog zu beginnen, was ich jetzt auch mit größtem Vergnügen tun werde... Roland Freisitzer (18.11.2008, Erstveröffentlicht auf www.sandammeer.at)

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