Bücher mit dem Tag "literaturnobelpreis"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "literaturnobelpreis" gekennzeichnet haben.

138 Bücher

  1. Cover des Buches Buddenbrooks (ISBN: 9783596521487)
    Thomas Mann

    Buddenbrooks

     (2.381)
    Aktuelle Rezension von: mj303

    Ich kannte das Buch noch aus Schulzeiten, leider konnte es mich dieses mal nicht so begeistern.

    Es war teilweise sehr schwer es konzentriert zu lesen - 3 Sterne

  2. Cover des Buches Die Akademiemorde (ISBN: 9783442713653)
    Martin Olczak

    Die Akademiemorde

     (70)
    Aktuelle Rezension von: Jules113

    Ein Unbekannter ermordet mehrere Mitglieder der schwedischen Akademie, welche die Literaturnobelpreise verleiht. Die Polizistin Claudia und ihr Exfreund, der Buchantiquar Leo, versuchen auf eigene Faust, den Täter zu schnappen. „Die Akademiemorde“ hat mich von der ersten Seite an gepackt. Die Protagonisten Claudia und Leo waren mir auf Anhieb sympathisch und die Geschichte ist spannend erzählt. Die Perspektive wechselt dabei zwischen Claudia und/oder Leo und den Opfern, später auch dem Täter, hin und her, der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Sicht der Ermittler. Die Auflösung wird in der zweiten Hälfte des Buches durch Einschübe aus der Vergangenheit vorbereitet, sodass der Leser mehr Informationen hat als die Ermittler und so bei richtigem Kombinieren den Fall auch schneller löst. Dies kann unter Umständen zu einem Spannungsabfall führen, bei mir blieb die Spannung hoch, da ich doch unbedingt wissen wollte, ob ich recht behielt. Während die erste Hälfte des Buches klassische Krimi-Kost bietet, zeigt der Schluss doch starke Tendenzen zu mythischen Thrillern im Bereich der Verschwörungstheorien, wie man sie beispielsweise von Dan Brown kennt. Da ich ein grosser Fan von Dan Browns Thrillern bin, ist dies für mich natürlich eine positive Sache. Wer aber mit Verschwörungen und geheimen Verstecken nichts anfangen kann, wird zumindest die zweite Hälfte von „Die Akademiemorde“ wohl nicht mögen. Mich hat das Buch hellauf begeistert und ich empfehle das Buch auch gerne weiter, unter dem Vorbehalt, dass man nicht nur Krimis, sondern auch Thriller über Verschwörungen mögen sollte.

  3. Cover des Buches Hundert Jahre Einsamkeit (ISBN: 9783462050219)
    Gabriel García Márquez

    Hundert Jahre Einsamkeit

     (546)
    Aktuelle Rezension von: mabo63

    Hundert Jahre Einsamkeit" ist die Geschichte vom Aufstieg und Niedergang einer kolumbianischen Familie und des von ihr gegründeten Dorfes Macondo, eine Familiensaga über sieben Generationen. Die Bewohner von Macondo, die anfangs durch den Regenwald von der Umwelt isoliert sind, nur durch vagabundierende Zigeuner von technischen Errungenschaften erfahren und ohne Kirche, staatliche Verwaltung und Wirtschaftsbeziehungen auskommen, erleben schließlich, wie ihr Dorf durch eine Bahnlinie erschlossen wird. Amerikaner legen eine Bananenplantage an, und ein Europäer träumt von einem Flugplatz in Macondo. Auch von den Bürgerkriegen zwischen den Liberalen und den zentralistischen Konservativen wird das Dorf heimgesucht.

    Realistisches verschmilzt in diesem Roman mit Volksgeschichten, Mythen und grotesken Fantasievorstellungen. 

    Gabriel García Márquez verzichtet in "Hundert Jahre Einsamkeit" auf eine durchgängige Handlung und reiht stattdessen aktionsbetonte Episoden aneinander, die er ausgesprochen bildhaft schildert und ausschmückt. Neugierde wird dadurch kaum geweckt und Spannung entsteht auf diese Weise auch nicht. Spätestens nach der Hälfte der knapp 500 Seiten hat man den Überblick verloren, zumal die meisten Nachfahren des Stammvaters der Familie Buendía José Arcadio oder Aureliano heißen. Allein während des Bürgerkriegs zeugt Oberst Aureliano Buendías 17 gleichnamige Söhne, und die Zwillinge Aureliano und Juan Arcadio sind vielleicht miteinander vertauscht worden.

  4. Cover des Buches Roman eines Schicksallosen (ISBN: 9783499253690)
    Imre Kertész

    Roman eines Schicksallosen

     (232)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Der Roman des Nobelpreisträgers von 2002 erschien erstmals 1975 unter dem Originaltitel „Sorstalanság“, was mit Leid, Schmerz, Trauer übersetzt werden kann.  Er ist Teil einer Tetralogie der „Schicksallosigkeit“. Erzählt wird die Geschichte eines jüdischen Jungen, der in Budapest aufgewachsen ist und in den 1940-er Jahren in die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald gesteckt wird. Kertész ist als 14-jähriger nach Auschwitz und Buchenwald, Außenstelle Wille in Zeitz deportiert worden. Insofern kann man davon ausgehen, dass der Text autobiografisch motiviert und geprägt ist, zumal der Text aus der Sicht eines 14-jährigen, naiven und gutgläubigen Ich-Erzählers geschrieben ist.

    Das geradezu Unglaubliche an diesem Text ist, dass es der Autor fertigbringt, nicht aus einer empörten und moralisch anklagenden, sondern aus einer anpassungswilligen, gutgläubigen Perspektive zu erzählen, die jede Schikane, jedes Verbrechen noch ordentlich zu begründen versucht, nach einer logischen Erklärung dafür sucht. Es ist ein Roman über die grenzenlose Anpassungsfähigkeit des Menschen. Ich möchte diesmal zur Beschreibung weitestgehend die Worte des Autors benutzen. Sie sprechen für sich.

    „Von diesen war dann in der Ziegelei die Rede, nämlich dass sie mehr Einsehen hätten als die Gendarmen und auch ganz gern zu Menschlichkeit neigten, und zwar nach vorheriger Vereinbarung, sei es in Form von Geld oder sonst irgendeiner Wertsache.“ (Rowohlt Tb Großdruck, Januar 2004, S. 98)

    Den Zweck des Lagers in Auschwitz verdrängt der Jugendliche erfolgreich: „Die Langeweile, zusammen mit diesem merkwürdigen Warten: das, ungefähr dieser Eindruck, glaube ich, ja, mag in Wirklichkeit Auschwitz bedeuten – zumindest in meinen Augen.“ (ebd., S. 191)

    Erst allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Situation, die Lage, in der sich die Insassen befinden, etwas anstellt mit ihnen: „Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass aus mir so schnell ein verschrumpelter Greis werden könnte. Zu Hause braucht das Zeit, mindestens fünfzig bis sechzig Jahre: hier hatten schon drei Monate genügt, bis mich mein eigener Körper im Stich ließ.“ (ebd., S. 261)

    Doch selbst im allerschlimmsten Leiden, wenn die Vernunft den Tod als Erlösung herbeidenkt, bleibt ein bisschen Lebenswille dem Menschen immanent: „Und alles Abwägen, alle Vernunft, alle Einsicht, alles Verstandesnüchternheit half da nichts – in mir war die verstohlene, sich ihrer Unsinnigkeit gewissermaßen selbst schämende und doch immer hartnäckiger werdende Stimme einer leisen Sehnsucht nicht zu überhören: ein bisschen möchte ich noch leben in diesem schönen Konzentrationslager.“ (ebd., S. 300)

    Im Krankenlager der Versuch, den Realitäten zu entfliehen: „Auf dem Rückweg sah ich flüchtig, wie aus der grauen Baracke jenseits unserer Drahthecke gerade so etwas wie ein größerer, gummibereifter Anhänger, wohl der eines Lastwagens, von ein paar Sträflingen herausgezogen, herausgeschleppt wurde, und in der vollen Ladung erblickte ich gelbe Gliedmaßen, die erfroren herausragten, verdorrte Körperteile: ich zog die Decke enger zusammen, um mich ja nicht irgendwie zu erkälten, und bemühte mich, so schnell wie möglich in mein warmes Zimmer zurückzuhumpeln, mir anstandshalber noch ein wenig die Füße zu putzen und dann schleunigst unter der Decke zu verschwinden, mich in mein Bett zu kuscheln.“ (ebd., S. 356)

    Als ein Bett für einen Neuankömmling im Lazarett gebraucht wird und an seiner Stelle ein anderer das Lazarett verlassen muss: „Aber ja nun, schließlich hatte sich alles nach den Regeln der Gerechtigkeit abgespielt – zumindest war das meine Meinung -, denn ich war ja vor dem Jungen dagewesen, und dann war er auch besser bei Kräften, und so bestand kein Zweifel, dass er da draußen mehr Chancen hatte; und außerdem fiel es mir offensichtlich leichter, mich in das Unglück eines anderen zu schicken als in das eigene: diesen Schluss zu ziehen, diese Lehre anzunehmen blieb mir, wie immer ich es sehen, abwägen, umkreisen mochte, nicht erspart.“ (ebd., S. 367)

    Wieder in Budapest, auf dem Weg zur Wohnung seiner Mutter, zieht Kertész eine Art Fazit: „Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch so werden, wie sie es wünscht; es gibt keine Absurdität, die man nicht ganz natürlich leben würde, und auf meinem Weg, das weiß ich schon jetzt, lauert wie eine unvermeidliche Falle das Glück auf mich. Denn sogar dort, bei den Schornsteinen, gab es in der Pause zwischen den Qualen etwas, das dem Glück ähnlich war.“ (ebd., S. 413) 

    In meinen Augen ist das ohne Zweifel neben Rohinton Mistrys „ Das Gleichgewicht der Welt“ und Wassili Grossmans „Leben und Schicksal“ eines der beeindruckendsten Bücher, die ich jemals gelesen habe. Für die drei, also inklusive des hier rezensierten, würde ich gerne 6 Sterne vergeben. Daher: fette fünf Sterne.

  5. Cover des Buches Tanz der seligen Geister (ISBN: 9783596512195)
    Alice Munro

    Tanz der seligen Geister

     (45)
    Aktuelle Rezension von: parden
    VOM ERWACHSENWERDEN...

    Schon lange befindet sich dieser Band von 15 Erzählungen in meinem Regal - zufällig sogar das Debüt der kanadischen Schriftstellerin (Erstveröffentlichung 1968) -, und spätestens seit Alice Munro 2013 den Nobelpreis für Literatur erhielt, war ich neugierig auf dieses Buch. Doch erst jetzt nahm ich mir die Zeit für die Lektüre und kann schon so viel vorweg verraten: es wird für mich nicht das letzte Buch der 1931 geborenen Preisträgerin gewesen sein.

    Das verbindende Glied der 15 Erzählungen ist im weiteren Sinne der Abschied von der Kindheit, das Finden eines eigenen Weges. Angesiedelt sind die Geschichten etwa in den 40er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der kanadischen Provinz, und wie ich gelesen habe, beinhalten sie zahlreiche autobiografische Erlebnisse der Schriftstellerin. Dies lässt die meist zwischen 20 und 30 Seiten langen Erzählungen in einem besonderen Licht erscheinen.


    "Es gibt nichts, was du im Augenblick tun kannst, außer die Hände in die Taschen zu stecken und dir ein unvoreingenommenes Herz zu bewahren." (S. 55)


    Aber auch ohne dieses Wissen konnte mich Alice Munros Schreibstil beeindrucken: präzise, unsentimental und intensiv, dabei oftmals poetisch und melancholisch, zeitweise ironisch, immer aber durchzogen von einer tiefen Ernsthaftigkeit. Die Unausweichlichkeit der geschilderten Situationen wird dem Leser vor Augen geführt, nur gelegentlich begleitet von einem leisen Bedauern, stets aber mit der immensen Bedeutung des Geschilderten für das Schicksal der jeweiligen Hauptperson im Fokus. In wenigen Sätzen skizziert Munro den oftmals eher tristen Ort, die Situation, das Geschehen und schafft so ein scharfes Bild, das ein Wegschauen unmöglich macht.


    "Wie die Kinder im Märchen, die gesehen haben, dass ihre Eltern mit furchterregenden Fremden einen Pakt schlossen, die entdeckt haben, dass unsere Ängste auf nichts als der Wahrheit beruhen, die aber nach wundersamer Rettung aus Gefahr heil nach Hause kehren, artig und wohlerzogen zu Messer und Gabel greifen und vergnügt bis an ihr seliges Ende leben - wie sie, von den Geheimnissen benommen und mit Macht begabt, sagte ich nie auch nur ein Wort." (S.79)


    Die einzelnen Geschichten hier vorzustellen, würde m.E. den Rahmen sprengen, und so schließe ich die Rezension mit der Erwähnung meines anfänglichen Erstaunens und der mit dem Lesen wachsenden Erkenntnis, dass auch und gerade das Schreiben von Kurzgeschichten eine Kunst ist - eine so hohe, dass Alice Munro, die 13 Erzählbände und nur einen einzigen Roman geschrieben hat, den Nobelpreis für Literatur in meinen Augen zu Recht gewonnen hat. Eben als "Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschichte". Chapeau.

    Für mich mit Sicherheit nicht das letzte Buch dieser Schriftstellerin!


    © Parden

  6. Cover des Buches Doktor Shiwago (ISBN: 9783100022455)
    Boris Pasternak

    Doktor Shiwago

     (86)
    Aktuelle Rezension von: dunkelbuch

    Nach dem Tod seiner Mutter kommt der zehnjährige Juri Schiwago zu seinem Onkel Nikolai Wedenjapin und reift bei ihm zum Mann heran. Er absolviert ein Medizinstudium und heiratet seine Jugendliebe Tonja. Parallel dazu lernen wir die hübsche Larissa Antipowa, genannt Lara, kennen und erfahren, wie sie als Erzieherin in einem Privataushalt anfängt und sich später zu einem Studium an der Universität entschließt. Bei einem tragischen Unfall lernen Juri und Lara sich kennen, verlieren sich aber wieder aus den Augen. Erst viele Jahre später, im großen vaterländischen Krieg, treffen sie einander wieder. Juri ist inzwischen ein angesehener Arzt, der von einer Gewehrkugel verletzt wurde. Lara hat sich als Krankenschwester freiwillig an die Front gemeldet und pflegt ihn im Lazarett gesund. Viel Zeit zum Durchatmen bekommen niemand, denn danach breitet sich die Februarrevolution von Moskau stetig weiter aus. Das ganze Land befindet sich im Umbruch und Dr. Schiwago wird von seiner Familie getrennt und zur Zwangsarbeit verurteilt. Als er nach vielen Jahren freikommt, trifft er Lara wieder und verliebt sich in sie. Anstatt zu seiner Familie zurückzukehren, bleibt er bei Lara, obwohl sie beide wissen, dass ihr Glück nicht von langer Dauer ist. Schließlich zwingen die Umstände sie zur erneuten Trennung und Juri versucht sein Leben allein unter Kontrolle zu bekommen. Doch nicht einmal seine Arbeit als Arzt sagt ihm mehr zu.
    Boris Pasternaks berühmter Roman erzählt die Lebens- und Leidensgeschichte des Doktor Schiwago, festgemacht an vielen wichtigen Punkten der russischen Geschichte. Neben Hauptpersonen Juri und Lara tauchen mehrere hundert Personen auf – manche nur kurz, andere länger. Dadurch zeigt sich sowohl sein epochaler Umfang als auch seine größte Schwäche. Die Geschichte ist viel zu weitläufig erzählt. Vor allem ab dem Beginn der Februarrevolution ufert die Handlung immer weiter aus. Zig Kapitel haben nichts mit Juri oder Lara zu tun und man merkt deutlich, dass der Autor hier etwas den Fokus verloren hatte. Statt fortlaufender Handlung überwiegen ellenlange Dialoge und Monologe, damit scheinbar jede Person ihre Weltansicht detailliert erläutern kann. Leider setzt sich das bis zum Ende fort. Selbst nach Doktor Schiwagos unspektakulärem Tod ist die Geschichte nicht vorüber, sondern noch mehr Gespräche und Erkenntnisse müssen ausgetauscht werden. Hätte man da einiges gekürzt, es hätte dem Roman vermutlich nicht geschadet. Zumal die Geschichte durch (viel zu) vielen Ansichten eher sachlich erscheint und dadurch Gefühle und Leidenschaft meist ins Hintertreffen geraten. Man leidet daher auch nicht mit den Figuren, sondern weiß vorwiegend über die äußeren Umstände Bescheid.

  7. Cover des Buches Liebes Leben (ISBN: 9783596520619)
    Alice Munro

    Liebes Leben

     (51)
    Aktuelle Rezension von: Susanne_Probst

    2012 ist diese Sammlung von Kurzgeschichten erstmals erschienen. 

    Ein Jahr später wurde die 1931 geborene kanadische Schriftstellerin Alice Munro, die fast ausschließlich Kurzgeschichten schrieb, mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.


    In diesem Band überrascht sie mit einer Besonderheit: 

    Die letzten vier Geschichten überschreibt sie mit dem Titel „Finale“.

    Es sind vier annähernd autobiographische Geschichten, in denen sie Einblicke in ihre Kindheit und ihr Aufwachsen gewährt.


    Alice Munro beobachtet präzise, beschreibt detailliert und erklärt, bewertet oder beurteilt nichts. Unerschrocken, unverblümt und mit großer Ruhe und Gelassenheit präsentiert sie ihre Erzählungen und einen Teil ihrer Geschichte.

    Dem Leser wird selbst überlassen, wie er die mit psychologischem Feingefühl geschriebenen Erzählungen interpretiert. 

    Manchmal sind Ende bzw. Fortgang der Geschichte klar, oft darf bzw. muss der Leser seine eigene Phantasie bemühen, um sich das weitere Geschehen auszumalen.


    Viele verschiedene Themen werden aufgegriffen - den Leser erwartet Abwechslung, wobei die Erzählweise unaufgeregt ist, Grundton und Thematik ernst sind und viel Trauriges oder Entrüstendes verhandelt wird. 


    Eine Lehrerin, die von ihrem Chef zunächst umgarnt wird, wird am Tag ihrer Hochzeit plötzlich sitzengelassen.

    Eine hinkende Frau wird getäuscht, finanziell ausgebeutet und vor den Kopf gestoßen.

    Frauen, die ausbrechen und ihr Glück suchen.

    Frauen, die von Schuldgefühlen gequält werden.

    Männer und Frauen, die missbraucht wurden.

    Frauen, die „erwachen“ und Abhängigkeit sowie Anpassung und Unterwerfung hinter sich lassen wollen.

    Themen wie Demenz, Krebs und Selbstwert spielen eine Rolle und immer wieder wird der Leser mit dem Zeitgeist um den zweiten Weltkrieg herum konfrontiert. 

    Bigotterie und Emanzipation tauchen dabei thematisch immer wieder auf. 


    Alice Munro schafft es in kürzester Zeit, den Leser vollständig in ein fremdes Leben eintauchen, es verfolgen und dann, nach einer Vollbremsung, wieder daraus aufzutauchen zu lassen.

    Währenddessen erwachen Menschen, Orte und Situationen zum Leben... man wird Teil davon.


    Für mich waren die Enden mancher Erzählungen manchmal problematisch und unbefriedigend. Das war der Fall, wenn ich das Gefühl hatte, völlig im Regen stehen gelassen zu werden.

    Ich konnte in diesen Fällen mit dem jeweiligen Schluss gar nichts anfangen, wobei ich nicht grundsätzlich sagen kann, dass ich offene Enden nicht mag. Aber wenn diese Offenheit am Schluss mit

    Unverständnis und Ratlosigkeit meinerseits zusammentrifft, dann steige ich aus. 


    Die erste Geschichte hat mich völlig enttäuscht, weil ich so gar nicht verstand, was sie mir sagen will, so dass die Lust am Weiterlesen enorm gedämpft wurde. 

    Aber es hat sich sehr gelohnt, die Lektüre fortzusetzen. 

    Mit wenigen Erzählungen konnte ich aus o. g. Gründen kaum etwas anfangen. 

    Die meisten Erzählungen gefielen mir richtig gut und zwei fand ich aufgrund ihrer psychologischen und psychodynamischen Komponente bravourös. 


    Insgesamt halte ich die Kurzgeschichtensammlung für absolut lesenswert.

  8. Cover des Buches Rot ist mein Name (ISBN: 9783446252301)
    Orhan Pamuk

    Rot ist mein Name

     (109)
    Aktuelle Rezension von: Stephanus

    Istanbul 1592. Mitten in der nachlassenden Blütephase des Osmanischen Reichs geschieht auf den Straßen ein Mord. Ein Mann wird in einen Brunnen gestürzt und stirbt. Aus der Perspektive des Toten wird der Mörder erzählt und dessen Motiv. Hinter der vermeintlich einfachen Tat steckt eine große Verschwörung gegen den Sultan und das ganze Osmanische Reich einschließlich der Kultur. Die Fäden führen zu den Buchmalermeistern bei denen der Sultan ein großes Werk mit zehn Bänden in Auftrag gegeben hat und die die Kunst nicht mehr so perfekt beherrschen wie die Vorfahren. Durch Ausschweifungen und Krieg inkl. Zerstörung ist Wissen verloren gegangen und die einzelnen Zeichnungen auch aus alten Büchern sprechen. Durch die Zeichnungen und die große Kunst kommt es zu einer Aufdeckung der Verschwörung.

    Meisterhaft schafft der Autor den Spagat mit einer Geschichte, die vor fast 500 Jahren spielt, eine Parallele zur Gegenwart herzustellen. Die ungewöhnliche Erzählperspektive wird großartig verknüpft mit der Geschichte und der Krimi und seine Fäden werden gekonnt zusammengeführt. Eine Liebesgeschichte und die wirkmächtige Sprache der Bilder werden zusammengefügt zu einem modernen Roman. Ein absoluter Lesegenuss von der ersten bis zur letzten Seite.


  9. Cover des Buches Die Blechtrommel (ISBN: 9783958291300)
    Günter Grass

    Die Blechtrommel

     (550)
    Aktuelle Rezension von: Lorenz1984

    Danke Herr Grass für diesen längeren Ausflug in die Welt von Oskar Matzerath. 

    Dieses Buch kann ich definitiv mit nichts vergleichen was ich bisher gelesen habe... 

    Jedem zu empfehlen der Lust auf etwas unkonventionelles hat! 

  10. Cover des Buches Die Stadt der Blinden (ISBN: 9783442745296)
    José Saramago

    Die Stadt der Blinden

     (551)
    Aktuelle Rezension von: Fee04

    Ein Mann steht an einer Ampel. Von einer Sekunde auf die nächste, ohne erklärbaren Grund, erblindet er. Wie ihm ergeht es immer mehr Menschen in seiner Heimatstadt. Wie eine Seuche greift die Blindheit um sich. Die Regierenden wissen sich nicht anders zu helfen, als die Betroffenen in einer verlassenen Irrenanstalt einzuquartieren – unter der Bewachung von Soldaten, die auf jeden schießen, der fliehen will. Je mehr Blinde dort zusammengepfercht werden, desto schlimmer, desto unmenschlicher wird die Situation. Inmitten dieses grausamen Chaos befindet sich ein Augenarzt mit seiner Frau – die als Einzige noch sehen kann …


    Ein unglaublich erschreckendes  Buch; eine Epidemie schlimmer als jede bisher da gewesene Epidemie oder Pandemie. 


    Der ungewöhnliche Schreibstil ist anfangs schwer zu lesen, jedoch gewöhnt man sich schnell daran. Der fesselnde Roman ist flüssig und anspruchsvoll geschrieben. Der Autor hat mit diesem Werk ein sehr erschreckendes und düsteres Szenario dargestellt. 


    Außergewöhnlich ist in dem Buch, dass die Protagonisten nicht mit Namen genannt, dafür mit Eigenschaften beschrieben werden. 


    Sehr detailreich, emotional und erschreckend wird ausgeführt, wie es den Blinden in einer abgeriegelten Irrenanstalt ergeht! Die erblindeten Menschen werden komplett von der Außenwelt isoliert. Sie sind alleine, verängstigt und hilflos, angewiesen auf gestellte Nahrung durch die Sehenden. 

    Wie jedoch immer wieder die Gier und Macht selbst  in größter Not bei  einigen Menschen durchschlägt ist verabscheuungswürdig. In der Anstalt kommt es zu Übergriffen, Missbrauch und Erpressung. 

    Eine schier unbeschreibliche Epidemie in der Stadt lässt den Ausnahmezustand, das Chaos, die Verwüstung erahnen. Es wird ein authentisches Szenario beschrieben, in welchem die Welt nur noch aus Sodom und Gomorra bestehen würde. 


    Ein literarisches Meisterwerk, welches inhaltlich so außergewöhnlich und tiefgründig ist und in seiner -  teilweise philosophischen - Sprache begeistert. Sehr empfehlenswert!

  11. Cover des Buches Der alte Mann und das Meer (ISBN: 9783499269356)
    Ernest Hemingway

    Der alte Mann und das Meer

     (1.010)
    Aktuelle Rezension von: Sahos65

    Der kubanischen Fischer Santiago fährt allein in einem kleinen Ruderboot aufs Meer, um zu fischen, leider hat er schon vierundachtzig Tage lang nichts gefangen. Sein junger Helfer, der ihn achtet und bewundert und von ihm lernen möchte wurde von seinen Eltern auf ein anderes Boot geschickt, da der alte Mann vom Unglück verfolgt sei. Doch am fünfundachtzigsten Tag endlich beißt ein sehr großer Fisch an, der wohl größte und herrlichste Schwertfisch, den er je gefangen hatte. Dieser zieht ihn und das Boot hinaus aufs offene Meer, ein Kampf um Leben und Tod beginnt, entweder stirbt der Fisch oder der alte Mann. Santiago hat keine andere Wahl, als den Fisch zu töten, um endlich seine Pechsträhne zu beenden und um so eine riesige Menge an Fisch, der viele Menschen satt machen kann, nach Hause zu bringen. Das Ganze tut ihm jedoch auch leid, denn er respektiert auch seinen Gegner, den Marlin.

    Zitat: "«Der Fisch ist auch mein Freund», sagte er laut. «So ein Fisch ist mir noch nie untergekommen. Aber ich muss ihn töten. Ich bin froh, dass wir nicht versuchen müssen, die Sterne zu töten.»“

    In sehr einfachen Sätzen und teilweise sehr poetisch beschreibt der Autor den Kampf des alten Mannes mit sich, mit dem Fisch, ja mit seinem Leben. Am Ende gewinnt und verliert er zugleich. 

    In knapp 160 Seiten wird eine einfache Geschichte in kraftvollen Worten und ohne überflüssige Schnörkel erzählt. Nicht umsonst ein Klassiker, ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis 1953, ein Jahr später wurde er Anlass zur Auszeichnung Hemingway’s mit dem Literatur- Nobelpreis.

    Ich kann das Buch nur allen empfehlen.

  12. Cover des Buches Demian (ISBN: 9783518463536)
    Hermann Hesse

    Demian

     (604)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Sehr inspirierend 

  13. Cover des Buches Atemschaukel (ISBN: 9783596512034)
    Herta Müller

    Atemschaukel

     (274)
    Aktuelle Rezension von: claida

    In dem Roman "Atemschaukel" von Herta Müller wird intensiv, mitreißend und zerstörend echt über die Deportation in ein russisches Arbeitslager berichtet.

    Die Person die man durch den Roman und die 5 Jahre im Lager begleitet ist der 17-Jährige Leopold Auberg. Man erfährt über sein Leben vorher, wie es sich im Lager langsam verändert und das Leben danach. Geprägt hat ihn der Satz der Großmutter "Ich weiß du kommst wieder", geglaubt hat es keiner bis er plötzlich wieder vor der Tür stand. Genau wie viele andere, aber nicht alle. Der Schrecken, die Arbeit, der Hunger alles wird aufgegriffen und detailliert erzählt. Vor allem alles was sich im und ums Lager abgespielt hat.

    Nachdem ich in den, zugegebener Weise sprachlich nicht ganz einfachen, Roman reingekommen bin, hat mich die Geschichte mitgerissen und nachhaltig beeindruckt. Man merkt in jedem Satz, dass der Roman auf Erzählungen des Oskar Pastior beruht. Er wurde damals deportiert und eigentlich wollte die Autorin mit ihm gemeinsam dieses Buch schreiben. Leider verstarb er vorher plötzlich, doch die Notizen der vielen Gespräche hat sie in diese Geschichte umgewandelt. 

    Die Emotionen die das Buch bei mir ausgelöst hat sind nicht in Worte zu fassen. Einfach erschreckend wie Menschen behandelt wurden und es auf dieser Welt immer noch werden. Ein paar Jahre zerstören ein ganzes Leben bzw. eine ganze Familie. Die Kapitel, welche alle Namen und bestimmte Themen haben, greifen ineinander und erzählen diese berührende Geschichte, die ich sicher nie ganz vergessen werde.

    Fazit: Das wichtige totgeschwiegene Thema, russisches Arbeitslager, wird durch die Erzählung sichtbar gemacht! So wichtig und doch so zerstörend!


  14. Cover des Buches Herr der Fliegen (ISBN: 9783104915715)
    William Golding

    Herr der Fliegen

     (864)
    Aktuelle Rezension von: bookstories
  15. Cover des Buches Die Liebe in den Zeiten der Cholera (ISBN: 9783596907083)
    Gabriel García Márquez

    Die Liebe in den Zeiten der Cholera

     (487)
    Aktuelle Rezension von: Ferdinand-Uth

    Die Liebe in den Zeiten der Cholera erzählt die Lebensgeschichten dreier Menschen Anfang des 20. Jahrhunderts in der Karibik. Da gibt es Florentino Ariza, der sehnsüchtigst in die elegante junge Frau Famina Daza verliebt ist, aber dann seine Unschuld auf einem Flussdampfer an eine Unbekannte verliert. Den ehrwürdigen Doktor Urbino, der aus Europa zurückgekehrt ist und mit rationalen Mitteln Famina Daza überzeugt, ihn zu heiraten. Und natürlich sie selbst, die zwischen aller Liebe den Zwängen der Gesellschaft und denen des Vaters ausgeliefert ist. Auf über fünfhundert Seiten kann man fast ein ganzes Jahrhundert der Liebe und des darüber Alt-werdens miterleben.
    Was kann ich zu diesem Klassiker sagen? Am Anfang bin ich kaum mit ihm warm geworden, die ersten 200 Seiten zogen sich für mich irgendwie hin, auch fühlte die Erzählweise sich ungewohnt an, da sich nicht gleich eine klare Linie ergibt. Die letzten 200 Seiten habe ich hingegen in anderthalb Tagen gelesen, gefesselt, wie es denn alles ausgehen könnte. Das Buch ist am Ende genau das, was es verspricht zu sein: Ein Buch über die Liebe (zu den Zeiten der Cholera), in allen Formen und Farben. Nicht mehr und nicht weniger. Ein Klassiker, der diesen Titel wirklich verdient.

  16. Cover des Buches Schnee (ISBN: 9783446252318)
    Orhan Pamuk

    Schnee

     (156)
    Aktuelle Rezension von: DirkSchulte

    Ka, ein türkischer Schriftsteller, besucht aus dem deutschen Exil heraus das verschneite Kars, um über eine Serie von Selbstmorden zu schreiben. Dort trifft er auf die skurrile Dorfprovinz. Die teils lustigen, teils tragischen Ereignisse, die um zwei Theateraufführungen aufgebaut sind, werden von einem befreundeten Schriftsteller nacherzählt.

    Von mir gibt es dieses Mal nur drei Sterne, da alle Personen, Ka eingeschlossen, ständig A sagen und B machen (nicht, dass das ein untypisches, menschliches Verhalten wäre, aber auf etwa 500 Seiten dann doch etwas ermüdend), da mir die Motivation des nacherzählenden Schriftsteller nicht ganz klar ist (außer, dass beide Dichter den Blick auf dieselbe Frau geworfen haben) und weil ich finde, dass es trotz der Vielzahl der literarischen Anspielungen bessere und unterhaltsamere Bücher von Orhan Pamuk gibt, mit denen man beginnen sollte, sein tolles Werk zu erkunden.

  17. Cover des Buches Das grüne Haus (ISBN: 9783518735855)
    Mario Vargas Llosa

    Das grüne Haus

     (23)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Der Roman ist unter dem Originaltitel „La casa verde“ bereits 1965 erschienen und ist der zweite Roman des Autors. Er hat zwei Haupthandlungsorte, nämlich die peruanischen Städte Santa María de Nieva und Piura. Santa María de Nieva liegt in der  nördlichen Selva, also dem peruanischen Urwald östlich der Sierra am Zusammenfluss von Rio Nieva und Rio Marañón, Piura liegt ebenfalls im Norden Perus in einem Wüstengebiet. In Santa María de Nieva liegt eine christliche Missionsstation, in Piura steht das titelgebende grüne Haus, ein Bordell mit Musik und Tanz. Der Gegensatz zwischen den beiden Orten könnte nicht größer sein. Gegensätze erscheinen mir auch eines Leitmotive dieses Buches zu sein: Liebe versus Hass, Ureinwohner versus Nachfahren der Spanier, Mission versus Naturreligion, Glück versus Pech, Ehrlichkeit versus Verbrechen, Kirche versus Bordell, Dschungel versus Wüste.

    Vargas Llosa macht dem Leser das Textverständnis wie immer in den frühen Werken nicht gerade leicht. Nicht nur springt er in atemberaubendem Tempo zwischen Ereignissen, Personen und Zeiten hin und her, auch die Syntax ist äußerst gewöhnungsbedürftig. Ein Beispiel: „Endlich eine Sandbank, und Fushía, dort behaupten sie, hoffentlich, und sie legten an, versteckten sich zwischen den Bäumen, und Fushía, rühr dich nicht, keinen Muckser, wenn sie dich hören, kommen sie nicht, und Lalita, mir ist übel, ich glaub, ich bin schwanger, Fushía, und er, Mistvieh, halt‘s Maul.“ (S. 276, Suhrkamp Taschenbuch 24. Auflage 2018)

    Manche Protagonisten tragen verschiedene Namen und es erschließt sich dem Leser erst im Laufe der Zeit, dass es sich dabei um ein und dieselbe Person handelt, so wird z.B. Lituma am Handlungsort Santa María de Nieva konsequent nur „der Sargento“ genannt.

     Die einzelnen Episoden und Versatzstücke im Kopf in eine richtige chronologische Reihenfolge zu bringen ist eine echte Herausforderung. Kein Buch also zum so nebenbei lesen. Etwas Erleichterung hätte es dabei verschafft, wenn die Anmerkungen ausführlicher ausgefallen wären, denn doch einige spanische oder peruanische Ausdrücke sind nicht übersetzt worden und erklärten sich auch nicht aus dem Zusammenhang. Und 1976, als die erste deutsche Übersetzung herauskam, gab es Freund Google ja noch nicht.

    Dennoch habe ich das Buch verschlungen, denn Vargas Llosa ist es gelungen, eine sehr dichte Atmosphäre zu schaffen, die mich mit den Protagonisten regelrecht mitfühlen hat lassen. Selten bin ich in ein Buch so eingetaucht. Eigentlich erzählt der Autor ja mehrere Geschichten gleichzeitig, die aber alle mehr oder weniger lose miteinander verbunden sind über die Handlungsorte Selva und Piura und in letzterem vor allem über das grüne Haus.

    Dabei arbeitet der Autor so manches Problem der peruanischen Gesellschaft exemplarisch heraus, die Folgen des Kolonialismus und der Missionierung, die Heuchelei der regierenden Klasse, die schlichte Unterdrückung von Frauen und Minderheiten, um nur einige zu nennen.

    Nach meiner Meinung ein ganz großartiges Buch. Fünf Sterne von mir.

  18. Cover des Buches Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch (ISBN: 9783776682472)
    Alexander Solschenizyn

    Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch

     (94)
    Aktuelle Rezension von: Federfee

    Wir schreiben das Jahr 1951.  Iwan Denissowitsch Schuchow, ca. 40 Jahre alt, eine fiktive Person, zeigt uns exemplarisch an einem Tag das Leben in einem Straflager mit all' seinen Schwierigkeiten: Hunger, Zwangsarbeit, sibirische Kälte, Gewalt und Betrug von oben und untereinander, Verlust der Familie, Krankheit und Tod, Gewalt und Verzweiflung,  Korruption und Bestechung.

    Was hatte dieser Mann Schlimmes getan? Um es deutlich zu sagen: NICHTS! Er war  in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten und nach der Rückkehr wurde er – wie so viele - unter dem Vorwurf verhaftet, in landesverräterischer Absicht zum Feind übergelaufen zu sein. Für Stalin und seine Schergen genügte schon der bloße Verdacht, um den berüchtigten Artikel 58 anzuwenden: antisowjetisches Verbrechen. Schuchow unterschrieb unter Zwang. 'Unterschrieb er das nicht, war er ein toter Mann', dann lieber Haft.

    Anfangs waren das zehn Jahre, ab 1949 wurde man ohne Unterschied zu 25 Jahren 'verknackt'. Für Kleinigkeiten gab es Verlängerungen. Willkür, Gesetzlosigkeit. Und selbst nach der Freilassung war nicht klar, ob er je wieder in sein Heimatdorf zu seiner Familie zurück durfte, dann man hatte ihm die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt.

    Man kann kaum glauben, dass Menschen so ein Leben aushalten können. Solschenizyn schildert das Lagerleben eines einzelnen Tages aus der Sicht Schuchows, seinen Lebenswillen, seine Tricks und Überlegungen, an mehr Essen zu kommen, nicht aufzufallen und in dem ganzen Desaster seine Selbstachtung zu bewahren und Mitmenschlichkeit zu zeigen.

    Und genau das ist das Versöhnliche an diesem eigentlich schrecklichen Buch: Schuchow bringt es fertig, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern mit der ein oder anderen Geste seinen Mitgefangenen zu helfen oder Trost zu spenden und am Ende des Tages rekapituliert er sogar, für was er alles dankbar sein kann.

    Ein sehr lesenswertes Buch, das für mich allerdings immer rätselhafter werden lässt, was mit diesem Land los ist, das so große Dichter und Musiker hervorgebracht hat. Von Dostojewski wissen wir, dass es schon zur Zarenzeit solche Lager gab und auch heute gibt es sie noch, s. meine Rezension zu Oleg Senzows Buch 'Haft':

    https://www.lovelybooks.de/autor/Oleg-Senzow/Haft-2929677314-w/rezension/5102995699/

  19. Cover des Buches Schilf im Wind (ISBN: 9783717525240)
    Grazia Deledda

    Schilf im Wind

     (8)
    Aktuelle Rezension von: Anna625

    Efix ist der Knecht dreier adliger Schwestern, die jedoch in Armut leben. Ergeben bewirtschaftet er für sie das alte, abgeschiedene Landgut auf Sardinien, dessen Ertrag kaum zum Überleben ausreicht. Dann kehrt eines Tages der Sohn der vierten Schwester, die vor langer Zeit Insel und Familie verließ, heim, und bringt mit seiner Ankunft große Unruhe in die Verschlafenheit und die festgefahrenen Strukturen des Dorflebens.

    Der Klassiker von Grazia Deledda ist im Original bereits 1913 erschienen und wurde nun anlässlich des 150. Geburtstags der Autorin, die außerdem den Literaturnobelpreis 1926 erhielt, neu aufgelegt.
    Ich habe eine Weile gebraucht, um mit ihrem Roman warmzuwerden, denn er enthält vor allem sehr viele detaillierte Landschaftsbeschreibungen. Dadurch wird der Roman zu einem sehr ruhigen, wenig actionreichen Buch, auf das man sich erstmal einlassen muss. Gelingt einem das, überzeugt es jedoch mit seiner wunderschönen poetischen Sprache, die voller Metaphern und einer ganz eigenen Mystik ist und eine großartige Atmosphäre irgendwo zwischen "feierlich" und "düster" erschafft. Wenn man die Ruhe dazu hat, kann man wunderbar in der Geschichte Efix' und der Pintor-Schwestern versinken.

    Nach einigen anfänglichen Längen habe ich "Schilf im Wind" sehr genossen.

  20. Cover des Buches Main Street (ISBN: 9783717524540)
    Sinclair Lewis

    Main Street

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Woerter_auf_Papier

    Auf Main Street von Sinclair Lewis wurde ich durch einen Artikel in einer Literaturzeitschrift aufmerksam. In diesem stand, wie aktuell Sinclair Lewis‘ Bücher auch heute noch sind – Main Street wurde 1920 veröffentlicht. Der Artikel machte Lust auf die Bücher von Sinclair Lewis und so gelangte der Roman in mein Bücherregal.

    Worum geht’s?

    Carol, eine junge Frau aus Chicago, heiratet einen älteren Arzt aus der Provinz und zieht mit ihm in eine Kleinstadt in Minnesota. Alles dort missfällt ihr: Die provinziellen Menschen, die hässliche Stadt, die fehlende Kultur… Carol möchte Änderungen in die Stadt bringen, aber die Stadt weigert sich.

    Kurzmeinung

    Ich bin immer wieder überrascht, wie gut sich einige „alte“ Bücher lesen lassen und Main Street gehört auf jeden Fall dazu. Obwohl es 100 Jahre auf dem Buckel hat, erscheint es nicht alt. Im Gegenteil, diese soziale Satire wirft Fragen auf, die auch heute noch aktuell sind. Die Menschen in der Kleinstadt wettern gegen alles Fremde, z. B. gegen einen jungen schwedischen Mann, der sich anders als die anderen anzieht und so gerne Künstler wäre (ein Vorhaben, das Carol glühend unterstützt).

    Die Menschen in der Kleinstadt leben nach dem Motto:

    Eine gute, altmodische Predigt ist viel besser für die Leute wie ein Haufen Geographie und Bücher und Zeugs, das kein Mensch braucht. (Seite 296)

    Dennoch ist Main Street kein Angriff auf das Leben außerhalb einer Großstadt. Sinclair Lewis spöttelt zwar über die Provinz, allerdings stellt er auch Carol nicht als Heldin dar. Vielmehr muss sie sich auf ihre Litanei, in der Kleinstadt gäbe es nur nichtssagende Leere und schlechte Manieren und gehässiger Tratsch anhören:

    Natürlich gibt’s das hier. Aber in Boston doch genauso. Und an jedem anderen Ort. Die Fehler, die Sie Gopher Prairie ankreiden, liegen einfach in der menschlichen Natur. (Seite 603)

    Und so ist es auch.

    Main Street ist ein sehr gut geschriebenes Buch, das sich trotz seines Alters wunderbar lesen lässt. Der Roman wartet mit detailverliebten Schilderungen auf, die sich allerdings manchmal etwas zäh auf den Lesefluss auswirken. Sehr gut gefallen hat mir zudem der Witz des Autors. Die von ihm verteilten Spitzen haben mich oft Schmunzeln lassen. Main Street ist sicher nicht mein letztes Sinclair Lewis´ Buch.

  21. Cover des Buches Die Erzählungen (ISBN: 9783596254675)
    Thomas Mann

    Die Erzählungen

     (45)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Genial. Die Sprache und die Bilder sind einmalig.
  22. Cover des Buches Die Freistatt (ISBN: 9783257208023)
    William Faulkner

    Die Freistatt

     (41)
    Aktuelle Rezension von: Anja_Lev
    Faulkner schreibt wunderbar detailreich, genau und lebhaft. Leider ist das das einzig positve, was ich über das Buch sagen kann. Die Geschichte hat sich mir immer nur in Abschnitten erschlossen. Es geht um einen Mord, einen Gewalttäter, Vergewaltigung, Ungerechtigkeit. Um einen Anwalt, der gegen die Ungerechtigkeit kämpft, um Huren und Armut. Doch die Motive der Personen konnte ich meistens nicht nachvollziehen, die lebhaften Schilderungen haben verhindert, dass ich das Buch abgebrochen habe, fesseln konnte mich die Geschichte an sich leider nicht.
  23. Cover des Buches Nils Holgersson (ISBN: 9783867601597)
    Selma Lagerlöf

    Nils Holgersson

     (18)
    Aktuelle Rezension von: Hortensia13

    Nils Holgersson ist ein ungehorsamer Junge, der gerne Tiere plagt und seinen Eltern nur Sorgen bereitet. Als er einen Wichtel einfängt, verzaubert dieser ihn selbst in einen Wichtel und plötzlich muss Nils lernen, was es heisst auf andere angewiesen zu sein, um zu überleben. Eine Schar Wildgänse nimmt ihn trotz anfänglichen Bedenken mit dem hauseigenen Gänserich Martin bei sich auf und alle machen sich auf eine beschwerliche Reise kreuz und queer durch Schweden. Wird Nils Holgersson jemals wieder als normaler Junge zu seinen Eltern zurückkehren?

    Die Literaturnobelpreisträgerin Selma Lagerlöf schrieb ursprünglich dieses Buch, um den Kindern rund um 1900 das grosse Land Schweden als Schullektüre näher zu bringen. Die Geschichte hat einen feinen Erzählfaden rund um die Wildgänse und Nils Holgersson, denn eigentlich zeigt sich das Buch mehr als eine Sammlung von Erzählungen, Sagen und Märchen, die das Land so einzigartig machen. Es besteht aus unterschiedlichen Erzählperspektiven und machen so die Lektüre lebhaft, aber auch etwas anstrengend. Trotzdem ist und bleibt es ein Stück Weltliteratur und ist für alle Schweden Liebhaber, und die es noch werden wollen, empfehlenswert.
  24. Cover des Buches Irisches Tagebuch (ISBN: 9783423146043)
    Heinrich Böll

    Irisches Tagebuch

     (209)
    Aktuelle Rezension von: mabo63

    Böll schreibt 1954 in seinen Texten von seinen Reisen nach Irland, beschreibt das dazumal arme und rückständige Irland, vom garstigen Leben und tiefer Religiösität, erzählt vom Aderlass (viele sind gezwungen auszuwandern vorwiegend nach Grossbritanien oder nach Übersee)

    Und dennoch spürt man dass er dieses grüne, von Regen geprägte Irland liebt.


    "[..]Muss Aedan McNamaras Frau ausgerechnet immer nachts ihre Kinder kriegen und immer im September?

    Aber Aedan McNamara arbeitet von März bis Dezember in England, kommt um Weihnachten erst nach Hause, für drei Monate, um seinen Torf zu stechen, das Haus neu zu streichen, das Dach zu reparieren, heimlich an diesem zerklüfteten Küstenstreifen ein wenig auf Lachsfang zu gehen, nach Strandgut zu suchen - und um das nächste Kind zu zeugen: so kommen Aedan McNamaras Kinder immer im September, um den 23. herum: neun Monate nach Weihnachten, wenn die grossen Stürme kommen, die See meilenweit schneeweiss ist vor zornigem Schaum.

    Aedan sitzt jetzt wahrscheinlich in Birmingham an einer Bartheke, ängstlich wie alle werdenden Väter, flucht auf die Hartnäckigkeit seiner Frau, die aus dieser Einsamkeit nicht zu vertreiben ist: eine dunkelhaarige trotzige Schönheit, deren Kinder alles Septemberkinder sind; unter den verfallenen Häusern bewohnt sie das einzige noch nicht verlassene [...]

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