Bücher mit dem Tag "michel foucault"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "michel foucault" gekennzeichnet haben.

16 Bücher

  1. Cover des Buches Überwachen und Strafen (ISBN: 9783518574492)
    Michel Foucault

    Überwachen und Strafen

     (27)
    Aktuelle Rezension von: Sokrates
    Foucault erklärt die soziologischen, kriminalhistorischen und rechtshistorischen Ursachen für die seit dem Ende der Frühen Neuzeit in Frankreich einsetzende Schwerpunktverlagerung der Strafrechtsfunktion. Er zeigt anhand vieler exemplarischer Beispiele, wie sich die Sühnefunktion immer weiter in den Vordergrund schob und die Bestrafung der „Seele“ des Täters an Bedeutung gewann. Waren die alten Strafen noch drakonisch und orientierten sich an ihrer Schwere (Schmerzmaß, Eindruck auf das bei der Vollziehung der Strafe zuschauende Volk), soll nun der Täter „erzogen“ werden und v.a. „in der eigenen Schale“ gequält werden. Mit dieser mehr nach innen (= auf die Täterpsyche) gerichteten Straftheorie entwickelte man sich weg von der Exekution auf dem Marktplatz hin zu einer Strafverbüßung in staatlichen Gefängnissen. Deren Organisation und Arbeit sowie die Rolle der Juristen und Richter wird ausführlich dargestellt und bewertet.
  2. Cover des Buches Der lange Sommer der Theorie (ISBN: 9783596036226)
    Philipp Felsch

    Der lange Sommer der Theorie

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Aliknecht
    "Der lange Sommer der Theorie - Geschichte einer Revolte 1960 - 1990" beginnt ausgerechnet mit Andreas Baader, der in der Stammheimer Justizvollzugsanstalt noch mit dem Studium theoretischer Werke begonnen haben soll. Der Spätberufene bediente zuvor mit seinem Charme als antikapitalistischer Gangster vor allem linke Sympathien für die Halb- und Unterwelt und kam als brutaler gewaltätiger Terrorist die längste Zeit mit wenig Theorie aus. Hans-Jürgen Krahl, der Jimi Hendrix der Theorie, wäre als Einstieg  wohl besser geeignet gewesen, zumal er ebenfalls einen frühen Tod vorweisen kann. Nach den ersten Seiten des Buches begann mir allmählich mit einiger Enttäuschung zu dämmern, dass ich mich vom schönen Titel hatte irreführen lassen. Das Buch behandelt nicht etwa die Inhalte, Entwicklungen und Strömungen der Theorie während dieser Zeit der Revolte, sondern ist lediglich die Geschichte eines Kleinverlags. 
     
    Es beginnt natürlich mit Adorno und der Frankfurter Schule. Adornos Minima Moralia und die Dialektik der Aufklärung, sein Gemeinschaftswerk mit Horkheimer, wirken auf ein aufnahmefähiges Publikum. Herbert Marcuse betritt die Bühne. Peter Gente, ein begeisterter Leser,  war selbstkritisch genug, um zu registrieren, dass er nicht schreiben könne. Er entwickelt sich daher zum wilden Sammler von Büchern und Texten und knüpft allseits Kontakte. Die Raubdruckerei selektierter Titel von Autoren der Vorkriegszeit und der Vertrieb über Büchertische und alternative Buchhandlungen verwandeln sich rasch in eine profitable neuzeitliche Bereitstellung alter und neuer Inhalte in ansprechender Aufmachung. Junge innovative oder sich der geänderten Nachfrage kreativ anpassende Verlage wie Suhrkamp versorgen die neue Avantgarde mit marktgerechten Materialien zur Diskussion und Vorbereitung der Revolution. Die revoltierenden Studenten und die chinesische Kulturrevolution befeuern die europäische Linke. Im vibrierenden und stimulierenden West-Berlin gründet Peter Gente zusammen mit seiner Frau Merve Lowien den Merve-Verlag als sozialistisches Kollektiv. Sie bringen 1970 als erstes  einen Titel von Louis Althusser heraus. Der französische Altkommunist sollte später dadurch, dass er seine langjährige Ehefrau erdrosselte, seinen Bekanntheitsgrad noch nennenswert steigern. Der Verlag mit der charakteristischen Raute bedient eine theoriehungrige Leserschaft  vor allem im universitären Bereich und in linken Wohngemeinschaften. 
     
    Peter Gente ersetzt 1974 seine bisherige Partnerin in Verlag und Liebe durch die neue Flamme Heidi Paris. Diese bringt ihre Bekanntschaft mit Michel Foucault als Kapitaleinlage ein. Der Merve-Verlag orientiert sich früh in Richtung der neuen französischen Denker. Neben Foucault werden Deleuze, Derrida, Guattari und anderes "Franzosengemurmel"  [1]  nun zum Trend. Die Gewaltexplosion der RAF und die Reaktionen des Staates verändern 1977 die Stimmung innerhalb der Linken völlig.  "Querdenken als subversiver Bruch mit dem Marxismus, ... bedeutet um 1980 eine kaum missverständliche Absage an die großen Längsschnitte der Philosophie" [2],  Es sind "die Intellektuellen Ressourcen umzugruppieren",  "Bastler sind gefragt" und "ein kaleidoskopisches Denken steht auf der Höhe einer Zeit ohne Entwicklungsperspektive" [3]. Die Theorie kommt nun der Kunst und die Kunst kommt der Theorie immer näher. "Während sich der  Kunstbetrieb mit einer Wolke aus Theorie umgibt, wird die Theorie der Kunst immer ähnlicher" [4]. Eine Ausstellung zum Monte Verita erscheint "der geistigen Lage viel angemessener, als das abgewirtschaftete Medium des Textes" [5]. Es vollzieht sich die  "Transsubstantiation von Theorie in Kunst" [6]. Werke vom Maler Martin Kippenberger und vom Musiker John Cage werden herausgebracht ebenso wie  Systemtheoretisches von Niklas Luhmann und Owald Wiener. Schliesslich wird die Kneipe und der Alkohol als zentraler Ort und als Schmiermittel der Kommunikation entdeckt und "aus der Tatsache, dass Beuys noch niemals betrunken in einer Kneipe gesichtet worden war, wurde plötzlich ein Einwand gegen seine Kunst" [7]. Heidi Paris begeht 2002 Selbstmord und Peter Gente macht 2007 den Verlag zu Geld und zieht sich nach Thailand zurück. 

    Philipp Felsch hat die Geschichte des Merve-Verlags detailliert untersucht und in flotter und unterhaltsamer Schreibe das vorliegende Buch verfasst. Er erzählt lebendig und mit Witz, so dass das Lesen großes Vergnügen bereitet, etwa wenn man mit ihm "in den Keller der Fußnoten hinabsteigt" [8]. Manchmal scheint es durchzuschimmern, dass der junge Historiker diese Zeiten nicht selbst erlebt hat. Zeitzeugen berichten anders als der Geschichtsforscher. Sie sind vielleicht enthusiastischer und parteiischer, anfälliger für Widersprüche und Irrtümer. Man spürt jedenfalls, wie erst vor kurzem gelebtes Leben hier bereits zu Geschichte geronnen ist. 
     
    Der Merve-Verlag operierte zwar gut vernetzt und öfters auch dicht am Puls der Zeit und ist in sofern nicht untypisch. Aber viel lieber hätte ich mehr über die grossen und einflussreichen Player gefunden, von denen manche im Buch gestreift werden. Unter den Theorie-Produzenten dieses langen Sommers befanden sich ausserdem nicht nur mit Lehrstühlen ausgestattete Philosophen, sondern auch zahlreiche Linke, die als Fussvolk oder Kader in den unterschiedlichsten Organisationen Theorien zum revolutionären Geschehen ausbrüteten und verbreiteten. Nun gut, das wäre ein anderes Buch, aber ich fühle mich wie gesagt schon durch den Titel etwas verschaukelt. 

    Autor: Philipp Felsch, geb. 1972, ist Historiker und Kulturwissenschaftler. Er arbeitet als Juniorprofessor für Geschichte der Humanwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin [9] 
     
    Ausgabe: Philipp Felsch, Der lange Sommer der Theorie - Geschichte einer Revolte 1960 - 1990, Verlag C.H.Beck, München, 2015, 3. durchgesehene Ausgabe (gelesen Februar 2017). 
     
    Referenzen 

    [1] Seite 233
    [2] Seite 169
    [3] Seite 168/169 Lepenies
    [4] Seite 172
    [5] Seite 175
    [6] Seite 184 [7] Seite 178 [8] Seite  [9] Verlagsangabe Innenklappe
  3. Cover des Buches Die Ordnung der Dinge (ISBN: 9783518073728)
    Michel Foucault

    Die Ordnung der Dinge

     (12)
    Noch keine Rezension vorhanden
  4. Cover des Buches Postmoderne und Dekonstruktion (ISBN: 9783150086681)
  5. Cover des Buches Die siebte Sprachfunktion (ISBN: 9783499272219)
    Laurent Binet

    Die siebte Sprachfunktion

     (12)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Achtung: könnte einen Spoiler enthalten

    Roland Barthes, gefeierter Linguist (Semiotiker), wird überfahren. Der scheinbare Unfall ruft schnell die Polizei aufs Parkett. Kommissar Bayard wird mit dem Fall betraut und holt sich Simon Herzog, Doktorand, selber Linguist und beschäftigt mit der Bedeutung von Zeichen, zur Hilfe. Dieser dient ihm als Landkarte, um sich im Dschungel der intellektuellen Elite der poststrukturalistischen 80er in Frankreich zu Recht zu finden. Es stellt sich heraus: Roland Barthes muss im Besitz einer Schrift seines Lehrers, Roman Jakobson, gewesen sein, welche Auskunft über eine siebte Sprachfunktion gibt. Eine Theorie des performativen Gebrauchs von Sprache. Der Heilige Gral für Linguisten. Und für jeden, der Reden zu gewinnen hat. Denn mit ihr sei es möglich, jede Diskussion für sich zu entscheiden und damit die Massen zu gewinnen. Natürlich haben alle möglichen Parteien ein Interesse daran, sich diese Schrift anzueignen. Die Recherchen des ungleichen Paares (konservativer Polizist und linker Doktorand), den Verbleib der Schrift ausfindig zu machen, führt sie vom intellektuellen Moloch in Paris über Bologna (ein Besuch bei Umberto Eco), nach Ithaca in den USA (Besuch eines Podiums, bei dem analytische Philosophie und Kontinentalphilosophie aufeinandertreffen), nach Venedig zum großen Finale. Zudem geraten sie in die Hände einer Gesellschaft, dem „Logos-Club“, eine Art Geheimbund für Rhetoren, bei dem Verlieren die Finger abgehackt werden. Natürlich ist ein jeder potentieller Interessent. Jeder will diese siebte Sprachfunktion. Es gibt eine Liebesgeschichte. Es gibt Action. Es gibt Drama. Es gibt ein Happy End. Was fehlt?

    Im Verlauf des Romans werden unheimlich viele Handlungstüren aufgemacht. Teilweise seicht, sich anbahnend, teilweise abrupt aufgestoßen. Zwar gelingt es dadurch die Paranoia der Zeit, in der sich das Absterben der kommunistischen Idee immer mehr anzudeuten scheint, das verblassen der 68er-Ideale deutlich wird, einzufangen und somit das Lebensgefühl darzustellen, allerdings stellen sich diese ganzen Türen, die Verwirrung stiften im Nachhinein häufig als völlig irrelevant und unsinnig heraus. Doch das ist nicht das Problem mit diesem Roman / Krimi.

    Das eigentliche Problem mit diesem Buch ist, dass die ganze Zeit über einer Idee nachgejagt wird. Was an sich nicht schlimm und durch die wilden Pop-Elemente abgegolten wäre (der Mythos der Pop-Philosophen, die sich mit LSD wegdröhnen und wilde Orgien feiern, Judith (als Judith Butler), die Lesbe, befriedigt Bayard mit einem Dildo anal, während er eine andere Frau penertiert) Aber da diese Idee ein Konstrukt, ein Phantasma ist, und dies im Buch auch bleibt, um den Konflikt von fiktivem Gehalt und Fakten aufrechtzuerhalten, ist die Tatsache, dass sich das Konstrukt, die siebte Sprachfunktion als leere Idee herausstellt, eine Enttäuschung. Der erwartete Höhepunkt, auf den in 450 Seiten zugesteuert wird, verkommt dadurch zur bloßen Formel der Demaskierung. Es war nur ein Bild. Die ganze Story ist nur ein gewaltiger Irrtum. Eben so wie die Auffassung, dass es diese Sprachfunktion tatsächlich gäbe, Genial. Auf der Metaebene. Aber zugleich unendlich enttäuschend. Ja. Vorherbestimmt zu enttäuschen auf der unterhaltenden Ebene. Ganz im Sinne der Poststrukturalisten: die Widersprüche der Kategorien (Fiktion und Realität) werden aufgezeigt, sie kommen ins Wanken und reißen die gesamte Kategorie gleich mit sich. Alles ist nur noch abhängig von subjektiver Anschauung. Das ist alternativlos. Aber konsequent. Der Roman ist zum Scheitern verurteilt und muss notwendigerweise als gescheitert enden. Das ist seine Genialität.

    Moment. Das ist alternativlos? So wäre es ausgegangen. Wäre da nicht das eigentliche Ende. Die letzten 50 oder 60 Seiten schaffen es, die Verve, den intellektuellen Witz der 450 Seiten des Zusteuerns auf diese Enttäuschung in die Jauchegrube zu werfen. Schöne scheiße. Tatsächlich gelang die originale Version der Sprachfunktion in die Hände von Mitterrand. Damit war ihm der Präsidentenplatz sicher. Er brilliert im TV-Duell gegen Giscard d’Estaing. Alles zu Nichte. Auch die Auflösung des mäandernden Autors, der immer wieder, am Ende fast gar nicht mehr, zu Wort kommen kann, das letzte Zucken, das die scheinbare Dichotomie von Fiktion und Roman poststrukturalistisch aufbrechen könnte, verkommt zum schwachen Twist in einem noch schwächeren Ende. Ein viel zu triviales Ende. Es offenbart: die karikierte Welt der Intellektuellen um Derrida, Searle, Lévi-Strauss, Althusser, Kristeva, Sartre, Foucault und und und, die ganzen genialen Anspielungen und die Hoffnungen der Semiotik, die sich im „Logos-Club“ manifestiert, sind allesamt nichts weiter als intellektuelle Selbstbefriedigung. Das alles verkommt durch dieses Ende zu einem rein fiktiven Krimi… Der nicht einmal so konsequent ist, in sich konsistent zu sein… Sicher. Er ist gut. Aber nicht das, was er vorgibt zu sein.
  6. Cover des Buches Sexualität und Wahrheit (ISBN: 9783518283165)
    Michel Foucault

    Sexualität und Wahrheit

     (15)
    Aktuelle Rezension von: Vyanne
    Finger weg davon -_- Dieser Mann stellt Thesen ohne jeglichen Beleg auf, weil er es sich einfach leisten kann. Manche Sätze sind schlichtweg unnatürlich. Er kommt nicht auf den Punkt, wiederholt sich, das Ganze liest sich selbst wie Propaganda... am meisten stören mich die mutigen Behauptungen, die man höchstens als ein "was wäre, wenn" annehmen und auf dieser Basis weiterlesen kann.
  7. Cover des Buches Werke und Freuden (ISBN: 9783837619003)
  8. Cover des Buches Michel Foucault (ISBN: 9783518395868)
  9. Cover des Buches Die Geburt der Klinik (ISBN: 9783596274000)
    Michel Foucault

    Die Geburt der Klinik

     (3)
    Noch keine Rezension vorhanden
  10. Cover des Buches Die Germanistin (ISBN: 9783423135023)
    Patricia Duncker

    Die Germanistin

     (59)
    Aktuelle Rezension von: Emmer
    An sich ein schönes und spannendes Buch und ein schöner Schreibstil. Leider gibt es zwischendurch einige Längen. Was aber am meisten stört, dass sind die französischen Sätze. Es gibt in dem Buch keine Übersetzung und so bleiben sie einfach unverstanden stehen und man hätte sie gleich weglassen können.
  11. Cover des Buches Die Wahrheit und die juristischen Formen (ISBN: 9783518292457)
  12. Cover des Buches Dem Freund, der mir das Leben nicht gerettet hat (ISBN: 9783498024635)
    Hervé Guibert

    Dem Freund, der mir das Leben nicht gerettet hat

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Nespavanje

    Der Roman von Hervé Guibert – Dem Freund, der mir das Leben gerettet hat – erschien zu einer Zeit als die AIDS-Epidemie als Schwulenkrebs galt, viele Leben forderte und es keine ausreichende Behandlung gab. Er erzählt in dieser teilweise fiktiven Autobiografie von den Anfängen der Erkrankung, der Unwissenheit und Ungewissheit.

    Es ist aber nicht nur eine emotionale Lebensbeichte, sondern auch eine wütende Abrechnung. Er erzählt von der Hexenjagd auf Personen und wie sie sich immer wieder erklären mussten nicht an HIV erkrankt zu sein und nicht an AIDS zu sterben; von Scharlatanen, der sich die Opfer oft freiwillig und unfreiwillig unterworfen haben, immer mit der Hoffnung auf die Gesundung durch Medikamente, deren Wirkung keine Resultate zeigten. Er erzählt von Menschen die an den Folgen gestorben sind. Prominentes Beispiel ist sein Freund Michel Foucault, in diesem Roman Muzil genannt, bedeutender Philosoph und Galionsfigur der Schwulenbewegung, der 1984 an den Folgen von Aids starb.

    In einer französischen Literatursendung zitierte und mokierte ein Moderator aus seinem Buch und beschrieb eine Szene, in der sich Hervé Guibert, als er von seiner Erkrankung noch nichts wusste und die Hand des Freundes Muzil geküsst hatte, zuhause die Lippen beschämt einseifte und abwusch, mit den Worten: „Das ist schrecklich!“ Guibert, von Aids gezeichnet und todkrank, antwortete: „Ja, das ist schrecklich. Doch es ist die Wahrheit.“

    Im selben Jahr als das Buch auf Deutsch erschienen ist, starb der Schriftsteller und Fotograf Hervé Guibert an den Folgen der Erkrankung, der sich 1982 mit der damals noch fast unbekannten Immunschwäche infizierte.

     


  13. Cover des Buches Die Ordnung des Diskurses (ISBN: 9783596501267)
    Michel Foucault

    Die Ordnung des Diskurses

     (9)
    Aktuelle Rezension von: Steerpike
    Dieser kleine Text ist die Antrittsvorlesung Michel Foucaults am Collège de France aus dem Jahr 1970. Foucault war seinerzeit auf der Höhe seines Schaffens, gerade im Jahr vorher war "L'archéologie du savoir" (Die Archäologie des Wissens) erschienen, das man als sein Hauptwerk betrachten kann. Im Vergleich zu diesem Text, der das Denken Foucaults vielleicht am besten auf den Punkt bringt, ist "L'ordre du discours" (Die Ordnung des Diskurses) eher eine pragmatische Kleinigkeit, die uns in die Methodik Foucaults ganz gut einführen kann. Grundthese ist, dass die Summe der tatsächlich gemachten Aussagen einer Gesellschaft (alos der Diskurse) nach bestimmten Regeln kontrolliert, gefiltert, organisiert und verteilt wird. Diese Regeln sind historisch variabel und wandeln sich multikausal. Dieser Wandel kann beschrieben, aber aufgrund der Komplexität des Vorgangs nicht vorhergesagt werden. Foucault zählt zunächts drei Exklusionsmechanismen auf, d.h. Filter, durch die bestimmte Wissenseinheiten aus dem Diskurs ausgeschlossen werden: Das Verbot, die Opposition von Wahnsinn und Vernunft sowie die Opposition wahr/falsch. Während diese drei den Diskursen von außen aufgepfropft werden, gibt es auch innere Mechanismen, die Diskurse organisieren: Kommentar, Instanz des Autors, Zuteilung von Wissen zu bestimmten Wissensfeldern oder Disziplinen. Eine dritte Art von Mechnaismen gliedert die sprechenden Subjekte zu "Diskursgemeinschaften", so dass Wissen nur nach bestimmten Regeln erworben werden kann und auch nur von Individuen, die sich diesen Regeln unterwerfen. Organisiert wird dieser Mechanismus durch Rituale und durch Institutionalisierung, kurz durch ein Unterrichtssystem. Die von Foucault geprägte Methode der Diskursanalyse hat daher andere Schlüsselbegriffe als die klassische Hermeneutik: - Das diskursive Ereignis Foucaults ersetzt die Idee einer Kreation; damit hängt eng zusammen die Idee der Regelhaftigkeit, die sich einer Vorstellung von Originalität entgegenstellt: Eine Äußerung wird nach gewissen Regeln produziert und rezipiert, sie ist nicht unabhängige Schöpfung. - Der serielle Charakter der diskursiven Ereignisse ersetzt die Einheit der Äußerung: Äußerungen können unterschiedlich zu Einheiten zusammengefasst werden, es gibt nicht mehr den Königsweg, der zwangsweise alle Äußerungen eines Autors oder einer (wissenschaftlichen) Disziplin besonders aufeinander bezieht. - Die Bedingung der Möglichkeit ist Gegenstand der Analyse, keine allgegenwärtige Bedeutsamkeit hilft bei ihr: Es kommt darauf an zu zeigen, nach welchen historischen Regeln einem bestimmten diskursiven Ereignis seine Bedeutung zugeordnet wird; verabschieden möchte sich Foucault von der Idee eines kontinuierlichen Fortschritts, in dem jede neue Interpretation ein Überkommen alten Wissens bedeutete. Er geht davon aus, dass es synchrone Regeln gibt, die über die Disziplingrenzen hinweg eine bestimmte Form von Wissen ermöglichen: Wissen wird demnach nicht entdeckt, sondern produziert. "L'ordre du discours" ist, wie gesagt, ein sehr pragmatisches Büchlein. Es beschreibt eine Methode, erläutert aber nur en passant die dahinter stehende Theorie, die erklären kann, wie die erkenntnistheoretischen Regeln, die die Diskurse gliedern, entstehen. Als theoretisches Fundament taugt dieser Text demnach nur mäßig. Aber als Verständnishilfe für das Vorgehen Foucaults oder von Forschern, die sich der Diskursananlyse bedienen (in diesem Forum habe ich zB das Buch Alan Brays über die Freundschaft vorgestellt, das entsprechend verfährt), ist es allemal zu empfehlen.
  14. Cover des Buches Psychologie und Geisteskrankheit (ISBN: 9783518102725)
    Michel Foucault

    Psychologie und Geisteskrankheit

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Seralina1989

    Nach der Einführung, die durchzogen war von nicht unwichtigen Fachbegriffen, wenn es um geistige Krankheiten (Schizophrenie, Paranoia, Wahn, …), steigt der Autor auch gleich ein.   

    Das erste große Kapitel fand ich als Leihe durch die diversen Fachbegriffe nicht ganz einfach zu lesen. War aber wichtig, da einem sonst im Nachfolgenden ggf. der Zusammenhang gefehlt hätte, zumal einige der genannten Krankheitsbilder gern mal mit einander verworfen werden.

    Im nächsten großen Abschnitt geht er dann auf die Dimensionen und die Blickwinkel, von denen aus man die Krankheitsbilder betrachten kann, ein. Foucault verbindet dabei sehr geschickt zwischen Psychologie & Geisteskrankheit und zeigt verschiedene Zusammenhänge – wie auch die Komplexität innerhalb dieses großen Themas - zwischen den beiden auf. Unterlegt das auch immer wieder mit anschaulichen Beispielen u.a. von Freud und anderen Kollegen.

    Im letzten großen Abschnitt geht es dann darum, wie wir als Gesellschaft mit solchen Krankheiten umgehen. Die geschichtlichen Hintergründe dazu fand ich sehr interessant. Denn F. geht darauf ein, wie man im Laufe der Epochen mit den „Wahnsinnigen“ umgegangen ist, welche Zeiten sich dabei abgrenzen lassen.

    Einige von F.s Ausdrücken hätte man in der deutschen Übersetzung zwecks Verständlichkeit anpassen können. Von daher stehen auf den unteren Rändern einiges an Anmerkungen bzgl. Begriffserklärung. Worin sich auch sehr F.s Wortschatz zeigt. Wer sich vorher noch nicht mit ihm beschäftigt hat, dürfte also an der einen oder anderen Stelle kleine Schwierigkeiten haben. Als Einstieg in die Thematik ist es aber durchaus geeignet.

  15. Cover des Buches Blinde (ISBN: 9783499131882)
    Hervé Guibert

    Blinde

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Nespavanje

    Blinde erschien im Jahr 1985, wurde 1992 von Thomas Plaichinger ins Deutsche übersetzt. Die Sprache hat sich inzwischen weiterentwickelt und das ist ein Prozess, den niemand aufhalten werden kann. Auch wenn Anglizismen verpönt sind, haben sie doch Einzug in unseren alltäglichen Sprachgebrauch gemacht. In diesem Sinne wäre es spannend, wie eine gegenwärtige Übersetzung aussehen würde und ob man dieses kleine feine Buch von Hervé Guibert überhaupt noch verlegen würde. Ich fürchte, dass ich die Antwort bereits kenne.

    Wie der Titel schon verrät sind die Hauptcharakter blind und versuchen ihr Leben in allen Facetten zu leben. Dabei nimmt Hervé Guibert kein Blatt vor den Mund und erzählt eine etwas abstruse Geschichte, auf die man sich als Leser erstmal zurechtfinden muss. Josette, besorgt sich ein Mäusepärchen und sticht ihnen die Augen aus. Sie möchte herausfinden wie sich die Blindheit auf das Sexualverhalten der Tiere auswirkt. Es ist wohl nicht mein liebstes Werk von ihm, um sich dem Schriftsteller, seinem Leben und seinen Werken tatsächlich nähern zu können ist es unerlässlich alles zu lesen. „Dem Freund, der mir das Leben nicht gerettet hat“ hat mir dann doch um einiges besser gefallen.

    Hervé Guibert wurde 1955 in Paris geboren. Er war Mitarbeiter der Kulturabteilung der Zeitung Le Monde, Fotograf. Blinde war sein siebtes Buch, dessen Übersetzung ins Deutsche er nicht mehr erlebte. 1991 verstarb der geniale Schriftsteller an den Folgen von Aids.

     


  16. Cover des Buches Michel Foucault (ISBN: 9783406455438)
    Urs Marti

    Michel Foucault

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Sokrates

    Die schmale Werkeinführung in Michel Foucault’s Philosophie, erschienen im Beck-Verlag, eignet sich recht gut, um das abstrakte Denken Foucaults nachzuzeichnen und ansatzweise zu durchdringen. Marti beginnt seine Einführung mit knappen biographischen Informationen, die relativ schablonenhaft daherkommen und zeigen, dass Marti hier wenig Zeit und Raum verlieren wollte. Sein Schwerpunkt liegt schließlich auf der Werkeinführung, die ihm wiederum relativ gut gelingt. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass Foucaults Denken „schwere Kost“ ist. Nicht nur, dass sein Frühwerk enorm abstrakt bleibt und sich mir nicht wirklich erschließen wollte, arbeitet es doch mit Philosophie und Psychologie gleichermaßen, auch seine Sprache und der Wissensfundus, auf dem Foucault Ende der 1970er Jahre aufbaut sind sehr abstrakt. Es empfiehlt sich daher, abschnittsweise zu lesen. Wer eine Einführung in Foucaults Sexualphilosophie möchte, sollte hier das spezielle Kapitel ansteuern; wer eine Einführung in seine Machttheorie erhalten will, sollte dort das entsprechende Kapitel lesen. Es ist nicht zwingend für ein Verständnis, das Buch in Gänze gelesen zu haben. Positiv hervorzuheben bleibt, dass Marti insbesondere bei Foucaults Machttheorie erwähnt, wie wenig diese bislang ausgereift ist – darüber dürfe auch die vielfache Verwendung durch andere Forscher und Disziplinen nicht hinwegtäuschen. Auch seine Sexualphilosophie leide, so Marti, an einigen Fehlinterpretationen, sodass auch hier eine Fortentwicklung und ein kritisches Hinterfragen der Foucaultschen Thesen unter neuen Perspektiven angeraten bleiben. Insgesamt eine gelungene, wenn auch knappe Einführung in eine sehr abstrakte Philosophie, deren Einfluss auf die Kulturwissenschaften seit den späten 1980er Jahren ungebrochen ist.

  17. Zeige:
    • 8
    • 12
    • 24

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks