Bücher mit dem Tag "misfits"
7 Bücher
- Leigh Bardugo
Das Lied der Krähen
(1.654)Aktuelle Rezension von: Sanne54Am meisten begeistert haben mich die düstere, atmosphärische Beschreibung der Szenerie, in der das Buch spielt. Die gefährliche, schmutzige und düstere Hafenstadt beispielsweise wirkt bei Bardugo fast wie ein eigener unberechenbarer Organismus. Und die Crew um den raffinierten und undurchsichtigen Kaz wartet mit vielen Untiefen aus ihrer Vergangenheit auf den Leser. So sind die Motive, neben dem vielen Geld, dass der Crew zugesichert wurde, wenn sie einen wertvollen Gefangenen aus einem Hochsicherheitsgefängnis befreien, zutiefst menschliche: Rache, Freiheit, usw. Die Autorin widmet sich jedem der Charaktere, da die Kapitel aus wechselnden Perspektiven erzählt werden, und erschafft so Figuren mit Tiefe. Es handelt sich um eine Bande von Verbrechern, keine Unschuldslämmer, aber man lernt ihre Handlungen, ihr Denken und ihre Motive nachzuvollziehen. Schnell entdeckt man die Menschen dahinter. Der Wissenschaftler, dessen Befreiung Kern des Auftrags ist, ist in der Lage eine gefährlichere, da wirksamere, aber auch tödlichere Version einer bekannten Droge herzustellen. Dieses Wissen zu besitzen verspricht ungeheure Macht und in der Welt, die Bardugo entwickelt, das ist bald klar, sind Macht und Geld die wertvollsten Güter.
Ich fühlte mich immer in einer Art mittelalterlicher Hafenstadt nach niederländischem Vorbild, vielleicht weil Ketterdam, wo die Reise ihren Ausgang nimmt, namentlich stark an Rotterdam erinnert ... allerdings in einer sehr düsteren Version. Der Blick weitet sich aber dann recht schnell, sobald sich auch der Blick in die von der Autorin geschaffene Welt weitet. Dies ist das erste Buch, das ich von der Autorin lese, deshalb geht es Lesern, die das "Grisha-Universum" bereits kennen da vielleicht anders ergehen mag.
Die Düsternis rührt aber nicht nur von den detaillierten Beschreibungen und der zudem sehr spannende Erzählweise der Autorin, sondern auch von den Themen, derer sie sich annimmt. Sklaverei, Zwangsprostitution, Betrug, Mord, Drogenmissbrauch, ... eine heile Welt ist das wahrlich nicht, dessen sollte man sich bewusst sein, dann kann man sich diesem Page-Turner widmen.
- Rainbow Rowell
Eleanor & Park
(1.174)Aktuelle Rezension von: bibliophilaraMit ein bisschen Verspätung ist endlich der Frühling auch meteorologisch bei uns angekommen, und das heißt auch immer: Zeit für Frühlingsgefühle! Deswegen hatte ich Lust auf eine luftig-leichte Liebesgeschichte. Vor einigen Jahren habe ich in meiner Lieblingsbuchhandlung einen Jugendroman gekauft, der genau das bietet, wonach ich gerade gesucht habe. „Eleanor & Park“ ist der Debütroman von Rainbow Rowell aus dem Jahr 2015, der schnell Erfolge verbuchen konnte. 2016 wurde das Buch für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, und auch der Gott der Jugendliteratur selbst, John Green, äußerte sich in so hohen Tönen über „Eleanor & Park“, dass diese prompt auf das Cover gedruckt wurden: „Dieser großartige Roman erinnert mich nicht nur daran, wie es ist, jung und verliebt in ein Mädchen zu sein, sondern auch daran, wie es ist, jung und verliebt in ein Buch zu sein.“ Eine Lobeshymne von John Green ist quasi ein Ritterschlag. Inzwischen wird Rainbow Rowell aber auch oft mit Green in einem Atemzug genannt, und ist häufig die empfohlene Alternative für jene, die die überschaubaren Werke von Green schon kennen und lieben.
Der 16-jährige Park Sheridan lebt im Jahr 1986 mit seinem US-amerikanischen Vater, seiner koreanischen Mutter und seinem jüngeren Bruder Josh in Omaha im US-amerikanischen Bundesstaat Nebraska. Er fährt mit dem Schulbus zur Schule, wo Jeder seinen festen Sitzplatz hat. Der Platz neben ihm war bisher frei, worüber er ganz froh war. Nun gibt es jedoch ein neues Mädchen in seinem Jahrgang, das gezwungenermaßen den freien Platz einnimmt. Dass das der Beginn einer Liebesgeschichte ist, kann sich Park beim besten Willen nicht vorstellen.
Nachdem die gleichaltrige Eleanor Douglas nach einem Jahr Reißaus wieder in die prekären Verhältnisse ihres Elternhauses zurückkehrt, muss sie dadurch auch die Schule wechseln. Schon am ersten Schultag bekommt sie die Ablehnung ihrer Mitschüler deutlich zu spüren und landet notgedrungen neben einem kleinen, schmächtigen Jungen im Schulbus. Dass dieser Junge Park heißt und dass die Beiden mehr gemeinsam haben, als sie denkt, ahnt auch sie noch nicht.„Er versuchte nicht mehr, sie zurückzuholen.“, ist der erste Satz des Prologs, welcher ein klassisches Beispiel für eine epische Vorausdeutung ist, also hier am Anfang des Romans steht, aber eine Vorwegnahme des Ausgangs der Geschichte ist. Mit insgesamt annähernd 450 Seiten und 58 Kapiteln sind letztere recht kurz gehalten. Park und Eleanor wechseln sich als personale Erzähler im Präteritum ab, manchmal auch innerhalb der Kapitel. Der Handlungszeitraum beginnt im August 1986 und spielt etwa bis zum Ende des Schuljahres 1987.
Als Erstes lernt der Leser den männlichen Protagonisten Park Sheridan kennen. Er ist ein verhältnismäßig kleiner, schlanker Junge mit grünen Augen, den seine Mitschüler aufgrund seiner koreanischen Mutter als Asiaten bezeichnen. Gelegentlich hat er mit Rassismus zu tun, so wird seine Mutter von einem Schüler fälschlicherweise als Chinesin bezeichnet oder es wird ihm nachgesagt aus dem Dschungel zu kommen, weil die Szenerie in einem Film über den Vietnamkrieg im Dschungel spielte. Sogar Parks Bruder Josh ist inzwischen größer als er, weshalb er Schwierigkeiten hat, gegen ihn im Taekwondo anzukommen. Auch in der Schule gegen den Rüpel Steve hat Park es deshalb nicht leicht, weshalb er eher ein zurückhaltender und schüchterner Schüler ist, der gerne Musik hört oder mit seinem Freund Cal abhängt.
Eleanor Douglas hat dagegen einen ganz anderen Hintergrund. Sie lebt seit Kurzem wieder bei ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihren vier jüngeren Geschwistern, beziehungsweise Halbgeschwistern, in einem sehr kleinen Haus, sodass sie sich ihr Zimmer mit all ihren Geschwistern teilen muss. Das Zimmer ist klein und so beengt, dass nicht einmal jeder ein Bett für sich alleine hat. Das einzige Badezimmer hat keine Tür, weshalb ein behelfsmäßiges Laken über den Türrahmen gespannt wurde. Eleanors Verhältnis zu ihrem Stiefvater ist sehr schlecht, da dieser aggressiv und gewalttätig ist. Eleanor hat dunkelbraune Augen, einen roten Lockenschopf und Sommersprossen. Sie ist ein durchschnittlich großes, aber pummeliges Mädchen, das aufgrund der finanziellen Not ihrer Familie kaum Kleidung besitzt. Mit zu großen Hemden, geflickten oder löchrigen Hosen oder einer Krawatte, mit der sie sich die Haare zusammen bindet, fällt sie unfreiwilligerweise auf wie ein bunter Hund. Als 16-Jährige ist sie gerade mitten in der Pubertät, hat aber zuhause keinerlei Rückzugsorte oder Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentfaltung. In der Schule ist sie den Schikanen ihrer Mitschülerinnen ausgeliefert. Kurzum, Eleanor ist eine bemitleidenswerte Figur. Dennoch fiel es mir zwischendurch schwer, mit ihr zu sympathisieren. Vermutlich aufgrund ihrer sozialen Herkunft igelt sie sich stark ein und wirkt gerade auf Unbekannte abweisend und widersprüchlich. Dies ist zwar der Tatsache verschuldet, dass sie auf sich alleine gestellt ist und kaum Rückhalt aus ihrem familiären Umfeld bekommt, es macht sie jedoch auch zu einem zwiespältigen Charakter.
Insgesamt fand ich es großartig, dass Rowell versucht neben der ersten großen Liebe auch noch ernste Themen wie Armut, Alkoholismus, Rassismus, häusliche Gewalt und Mobbing unterzubringen. Allgemein gelingt dies auch sehr gut, allerdings gibt es gerade in puncto Armut einen Aspekt, den ich Rowell nicht abkaufen kann. Dass Eleanor mit erschreckender Mittellosigkeit groß wird, wird regelmäßig deutlich. Sie besitzt keine Jacke und das Essen, das ihre Mutter kocht, besteht häufig aus Resten wie Reis und Ei oder belegtem Toastbrot, während ihr Stiefvater ein Steak aufgetischt bekommt. Im zwölften Kapitel erzählt Eleanor aber, dass es in ihrem Haushalt „kein Telefon, keine Waschmaschine, keine Zahnbürste“ gäbe. Eleanor müsse sich deswegen die Zähne mit Salz schrubben. Aber ganz ehrlich, es kann einfach nicht sein, dass vom Haushaltsgeld eine siebenköpfige Familie plus ein Hund und eine Katze durchgefüttert werden können, wobei der Stiefvater sogar noch sein Steak erhält, während für Zahnbürsten, die schätzungsweise ein Dollar das Stück kosten, kein Geld übrig ist. Vielleicht wollte Rowell auf Teufel komm raus die Armut dieser Menschen darstellen, hat dabei aber den Realitätsbezug verloren. Oder wer auch immer in der Familie Douglas für die Ausgaben verantwortlich ist, kann nicht haushalten, und macht die Familie ärmer als sie ist.
Rowell verwendet eine einfache Sprache, die sich an den Jugendslang anbiedert und nicht vor Umgangssprache wie „Wichser“, „Schlampe“ oder „Arschloch“ zurückschreckt. Gleichzeitig beweist sie aber auch, dass eine schlichte Sprache nicht gleich ein schlichter Stil bedeutet. Der Schreibstil ist zwischendurch humorvoll, aber vor allem die zarten Annäherungsversuche zwischen Eleanor und Park sind zauberhaft fein, kreativ und doch so unverkennbar, dass sich jeder Leser darin wiederfinden kann. Die aufkeimenden Emotionen zwischen den beiden Jugendlichen sind so wunderschön, ohne jemals kitschig oder klischeehaft zu werden. Auch das Tempo ist sehr gut gewählt, sodass sich das Buch angenehm lesen lässt. Dennoch blitzt gelegentlich durch, dass dies Rowells Debütroman ist, da es stilistisch noch nicht ganz ausgefeilt ist und ich leider einen fachlichen Fehler gefunden habe. In Kapitel 42 erzählt Eleanor: „seine Augen waren so grün, dass sie Kohlensäure in Sauerstoff hätten umwandeln können.“ Moment mal, Kohlensäure? Worauf Eleanor hier anspielt, ist höchstwahrscheinlich die Photosynthese, Stichwort „grün“. Dabei wird aber, wie man im Biologieunterricht lernt, Kohlenstoffdioxid (CO2) in Sauerstoff (O2) umgewandelt. Kohlensäure dagegen hat die Summenformel H2CO3 und spielt bei der Photosynthese überhaupt keine Rolle. Vielleicht ist dieser Fehler auch erst bei der Übersetzung entstanden. Jedenfalls ist es schade, dass jemand hier nicht einfach noch einmal nachgeschlagen hat.
Etwas, das quasi die Quintessenz von „Eleanor & Park“ ist, sind die zahllosen subkulturellen Anspielungen an die 1970er und 80er-Jahre. Seien es Comics, Musik, Filme oder gar Literatur und Lyrik. Während der gemeinsamen Busfahrt haben Eleanor und Park fast täglich Zeit sich über gemeinsame Interessen auszutauschen. Viele der Referenzen waren mir bekannt, seien es Bands wie „Joy Division“, „The Beatles“, „U2“ oder Comics wie „Batman“, „Fantastic Four“ oder „Watchmen“. Andere Anspielungen waren mir dagegen gar nicht bekannt, weil ich erstens ein Kind der 1990er bin und zweitens die US-amerikanische Subkultur doch manchmal Unterschiede zu der Mitteleuropas aufweist. So musste ich erst einmal recherchieren, was es mit „XTC“, „Skinny Puppy“ oder „Echo & The Bunnymen“ auf sich hat. Einerseits finde ich es ganz cool, beim Lesen nebenbei noch dazuzulernen, andererseits waren die unbekannten Referenzen manchmal zu viel des Guten, weil ich das Buch immer wieder zur Seite legen musste, um zu recherchieren, damit ich den Hintergrund der Geschichte besser verstehe, auch wenn das den Lesefluss oft unterbrochen hat.
Das Ende ist im Grunde genommen wie das gesamte Buch. Es folgt nicht dem klassischen Handlungsstrang und so wird auch der Abschluss nicht den Erwartungen jener Leser gerecht, die ein 08/15-Ende suchen. Doch gerade wegen seiner Bittersüße hat sich „Eleanor & Park“ einen Platz in meinem Herzen erschlichen.„Eleanor & Park“ von Rainbow Rowell ist eine wirklich liebenswürdige Geschichte über die erste große Liebe zweier 16-Jähriger im Jahr 1986. Sie hebt sich in vielerlei Hinsicht von typischen Liebesromanen für Jugendliche ab und ist eine schöne Frühlingslektüre. Mir wird das Jugendbuch zwar in positiver Erinnerung bleiben, es ist aber nicht ganz makellos. Eleanor ist als Protagonistin manchmal schwierig, der Stil ist noch nicht perfekt und die vielen Referenzen sind für Jugendliche heutzutage wahrscheinlich nicht mehr verständlich. Auch, dass Eleanor anfangs keine Zahnbürste hat, oder der fachliche Fehler bezüglich der Photosynthese, sind relativ kleine Kritikpunkte, die in ihrer Summe aber ins Gewicht fallen. Deshalb kann ich „Eleanor & Park“ aus dem Jahr 2015 nicht mehr als drei von fünf Federn geben. Doch gerade für die Zielgruppe, Jugendliche zwischen 14-18 Jahren, ist dieser Liebesroman aus vielen Gründen empfehlenswert.
- Donna Tartt
The Secret History
(88)Aktuelle Rezension von: silverrainofwordsIch denke, dieses Buch gehört zu der Sorte Bücher, die man wieder und wieder lesen und darin immer Neues entdecken kann.
Der Schreibstil ist meiner Meinung nach einer der großen Stärken dieses Buches. Donna Tartts Beschreibungen ähneln dem eines Gemäldes. Man wird fast trancenhaft in die Geschichte hineingezogen. Es hatte etwas wunderbar Kontemplatives an sich.
Die Autorin weiß es, Sympathien geschickt zu lenken, was mich zu den Figuren führt. Diese sind furchtbar, arrogant, überheblich. Sie haben keinen wirklichen Realitätsbezug, haben eine Menge Probleme (Alkohol, etc.) und sind richtige Snobs. Es sind Mörder. Aber dennoch schließt man mit jeder umgeblätterten Seite die Figuren mehr ins Herz. Man fiebert mit, sorgt sich. Das, obwohl man ganz genau weiß, wie schrecklich sie sind.
Das Buch ist sehr dicht. Viele philosophische, künstlerische und soziale Themen werden behandelt. Spannung ist auf jeden Fall ab der ersten Seite vorhanden.
Ich glaube, mir ist gar nicht wirklich bewusst, wie sehr ich dieses Buch tatsächlich geliebt habe, und diese Rezi kommt nicht einmal ansatzweise daran heran. Darum sage ich einfach: Lest es und lasst euch verzaubern. Seht selbst, was daraus entsteht.“Beauty is terror. Whatever we call beautiful, we quiver before it.”
“Beauty is rarely soft or consolatory. Quite the contrary. Genuine beauty is always quite alarming.” - Carson McCullers
The Ballad of the Sad Cafe: and Other Stories
(1)Aktuelle Rezension von: ShannonIn der Ballade des traurigen Cafes treffen wir Miss Amelia, ein schielender „tomboy“, vor der atmosphärisch dichten Kulisse einer Südstaatenkleinstadt. Miss Amelia hat mit einer „Southern Belle“ nur sehr wenig zu tun, arbeitet sie doch am liebsten handwerklich, verklagt Gott und die Welt und sorgt in ihrem kleinen Laden seit dem Tod des Vaters für ständigen Zuwachs ihres Vermögens. Auf diese spezielle junge Dame trifft eines Tages Cousin Lymon, ein buckliger Vagabund, der ein weitzweigiges Verwandtschaftsverhältnis zu Amelia vorgibt und von ihr aufgenommen wird. Nun fehlt nur noch die dritte Hauptperson im Bunde – Marvin, der Ex-Ehemann Amelias. Als junger Mann mit zwielichtigem Charakter vollzog er eine moralische Wende um Amelia heiraten zu können. Alles kam jedoch anders. Die Ehe wurde nie vollzogen, Marvin von Amelia geschlagen. Die Stadt war um eine kuriose Geschichte reicher und der ehemalige Bräutigam verlor sämtliches Hab und Gut und auch jegliche gute moralische Absicht an die habgierige Frau.
Dieses Dreiergespann führt uns durch die Ballade vom traurigen Cafe und dennoch ist der eigentliche Protagonist die Kleinstadt. Das feine Geflecht von Tratsch und Beziehungen lebt und wabert um das Cafe herum, orientiert sich an Miss Amelias Hausverstand, lebt von der skandalösen Beziehung zum Cousin Lymon und stillt schließlich seine Sensationslust in den Handgreiflichkeiten zwischen Amelia und Marvin.
Dem Leser ist es zunächst nicht bewusst, doch wir finden uns hier in einer menage a trois wieder – der wohl ungewöhnlichsten der Literaturgeschichte. Denn eine weitere Hauptrolle spielt die Liebe und ihre unendlich möglichen Formen.
Carson McCullers hat mit ihrer Ballade ein stimmungsvolles, schräges und sehr modernes Werk geschaffen, das vor allem hinsichtlich seiner Geschlechterrollen eine wahre Fundgrube für Interpretationen bietet. Miss Amelia ist eine unabhängige, grobe Frau, die mit dem Traumprinzen Marvin, an dem zuvor viele liebreizende Mädchen gescheitert sind, nichts anfangen kann. Wir lesen hier eine Geschichte über Außenseiter, aber auch über die menschliche Würde, geschrieben mit einem unglaublich guten Gespür für das Wesen des Menschen. Dieser Ansatz und das Setting im Süden mit seiner Hitze, dem Rassismus und der Skurrilität ergeben eine wunderbare Mischung mit einem Sog, dem man sich kaum zu entziehen vermag. Große Literatur!
- Eve Arnold
Marilyn Monroe
(4)Aktuelle Rezension von: metalmelEine Hommage. So lautet der Untertitel. Und nichts anderes will das Buch sein. Und wie will man einer Ikone des amerikanischen Films auch gerecht werden? Einer Frau, die hinter ihrem Image fast völlig verblasste, ja verschwand? Jeder kennt sie, kennt unsterbliche Bilder einer Leinwandgöttin, eines Filmstars. Aber wer kennt sie wirklich? Immer wieder gibt es Bildbände von Fotografen, die einen Teil der echten Norma Jeane Baker zu enthüllen vermögen, doch Eve Arnold ist eine der wenigen, die Marilyn Monroe über einen relativ langen Zeitraum immer wieder begleitet haben. 1952 fotografiert Arnold das Starlet zum ersten Mal. Marilyn sitzt auf einem Kinderkarussell und liest den „Ulysses“. Hat sie ihn wirklich gelesen? Oder hat sie nur so getan? Marilyn war keinesfalls dumm und ungebildet, aber sie hat sich immer so gefühlt. Wahrscheinlich hat sie sich deshalb gerne mit vielen Büchern umgeben. Später, 1955 ist die Monroe schon ein Star und Eve Arnold begleitet sie auf einer Flugreise nach Illinois, wo sie nach eigener Aussage „den Massen die Kunst nahe bringen“ möchte. Und wahrlich verursacht sie einen wahren Menschenauflauf. Alle wollen sie anfassen, mit ihr reden und ein Autogramm haben. Erschöpft liegt sie schließlich auf einer Couch und ruht sich aus. Aber ihre berühmtesten Bilder macht Eve Arnold bei den Dreharbeiten zu Marilyn Monroes letztem vollendeten Film „Misfits – nicht gesellschaftsfähig“. Die Dreharbeiten waren eine Katastrophe, Marilyn Ehe mit Arthur Miller war am Ende und sie hatte eine Überdosis Schlaftabletten genommen, woraufhin sie in einem Krankenhaus behandelt wurde. Sie war permanent erschöpft und konnte oft nicht richtig arbeiten. Sie hielt das Team mit ihren Launen auf Trab und machte die Arbeit für alle beteiligten nicht einfacher. An manchen Tagen war sie guter Laune und scherzte mit ihren Co-Stars, an anderen war sie wieder eiskalt und schnitt dieselben. Ihre Stimmungswechsel waren schwer zu ertragen. Die Bilder zeigen eine Marilyn abseits all des Glanzes und des Glamours. Eine Frau, die hart arbeitet und versucht, ihr Bestes zu geben. Sie zeigen Marilyn beim Texte lernen, Essen, Massieren und sogar beim Schlafen. Eve Arnolds Bilder bringen uns den Menschen hinter dem überlebensgroßen Image wieder ein kleines bisschen näher. Marilyn Monroe war ein begnadetes Fotomodel. Ihre Presseagentin Lois Smith sagte einmal: „Alles, was Marilyn war und was sie sein wollte, konnte sie in einer regelrechten Eruption für das Kameraauge hervorsprühen.“ Lassen wir sie noch einmal ihren unvergleichlichen Glanz versprühen.