Bücher mit dem Tag "mussolini"

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40 Bücher

  1. Cover des Buches Die Menschheit hat den Verstand verloren (ISBN: 9783548288697)
    Astrid Lindgren

    Die Menschheit hat den Verstand verloren

     (90)
    Aktuelle Rezension von: Orisha
    Ein paar Worte der Einleitung... 

    Ich finde es immer etwas schwierig, Bücher zu bewerten, die als solche nie geplant waren. Bücher, die im Grunde Quellen darstellen. Bücher, die eigene Gedanken wiederspiegeln. Bücher, die bestimmte Ereignisse dokumentieren. Bücher, also Tagebücher, deren Inhalt nicht für eine breite Öffentlichkeit gedacht war. Tagebücher spiegeln unsere Gedanken, innersten Ängste, unsere Freude, unseren Zwiespalt wieder und zeigen ein sehr persönliches Bild von einer Person, die man vermeintlich zu kennen scheint, die sich aber in solchen persönlichen Aufzeichnungen, durchaus anders darstellt, als man vermutet. 

    Das führt mich zu Astrid Lindgrens Tagebüchern aus den Kriegsjahren 1939 bis 1945. Wir lernen eine Lindgren kennen, die noch keine Autorin ist. Eine junge Frau mit Kindern, einem Ehemann, die sich durch die Kriegsjahre schlägt und so genau - wie es für sie möglich war - versucht zu verstehen, zu begreifen und zu dokumentieren. Wir lesen von den uns allseits bekannten Kriegsereignissen: dem Überfall auf Polen, den Russlandfeldzug, Mussolini Treiben in Italien, Rommels Kampagne in Afrika, den (manchmal längst vergessenen) Akteuren anderer Länder und von noch viel mehr. Lindgrens Tagebuch besticht zunächst durch eine gewisse Distanz zu diesen Ereignissen - was nicht verwundert - denn Schweden war nun einmal nie in den Krieg direkt involviert. Daher betrachtet Lindgren zwar genau, doch manchmal auch etwas unkritisch, ohne aber jemals ihr privilegiertes Leben in Stockholm zu vergessen.

    Besonders was die Rolle Russlands und Deutschlands angeht, ist sie stets zerrissen. Denn die Angst vor dem bolschewistischen Übergriff wiegt beinahe schwerer als jene vor den Nationalsozialisten und Schergen Hitlers. Das mutet aus heutiger Sicht merkwürdig an, war aber eben europäische Realität jener Zeit. Auch spannend und leider mal wieder bestätigt, wird klar, dass die Vernichtung der Juden und die Existenz von Konzentrationslagern eben kein Geheimnis war. Da Zeitungen immer wieder davon berichteten und Lindgren dieses in ihren Aufzeichnungen auch dokumentiert. Hinzu kommt dass sie einen anderen Zugriff auf Informationen hatte, weil sie in einer Briefkontrollstelle arbeitete und Briefe fremder Menschen lesen konnte, die nochmal ein sehr eindringliches Bild des Krieges zeichnen. Das nimmt Lindgren über die Jahre auch zunehmend mit. 

    Daneben werden aber auch persönliche Probleme deutlicher - die zwar selten direkt benannt werden - aber dennoch einen Blick auf den Mensch Lindgren erhaschen lassen.

    Einzige Kritik, sofern man ein Tagebuch kritisieren kann, ist der Aufbau. Mit Faksimiles wurden einige Seiten aus den Originaltagebücher wiedergegeben, deren Transkription und Übersetzung auf den folgenden Seiten erfolgte und für die es wiederum Querverweise im eigentliche Tagebuchtext gibt. Das ist zwar verständlich, doch ich fand den Aufbau etwas unsäglich, da man immer wieder aus dem Lesefluss herausgerissen wurde. Eine fortlaufende Reihung mit Faksimiles oder ein originalgetreue Nachbildung des Tagebuchs wären da sicher praktischer gewesen. Dafür gibt es einen Stern Abzug.

    Ansonsten bleibt mir nur zu sagen, lest dieses und andere Tagebücher jener Zeit, um nicht zu vergessen.

    Fazit: Lesenswert!


  2. Cover des Buches Piagnolia (ISBN: 9783730700969)
    Matthias von Arnim

    Piagnolia

     (10)
    Aktuelle Rezension von: moorlicht
    Italien, 1934.
    Die Fußballweltmeisterschaft steht an und Mussolini hat es sich in den Kopf gesetzt, dass sein Land den Titel holen wird. Koste es, was es wolle. Und damit bezieht sich der Duce nicht nur auf Geld.

    Es fließen Bestechungsgelder in alle Herren Länder und auch landesintern in alle Richtungen. Funktionäre, Schiedsrichter, Fußballer - alles, was empfänglich ist wird bestochen. Und wer nicht mitspielen will, wird anderweitig 'auf Kurs gebracht' oder als letzte Instanz eben aus dem Weg geräumt.

    Den Gegenpol dazu bildet das kleine Dorf Piagnola mit seinen durchaus liebenswerten und teilweisen etwas verschrobenen Einwohnern. Nicht von ungefähr fühlt man sich mehr als einmal an die s/w-Variante von Don Camillo erinnert.

    Neben dem heimgekehrten Guido Ventura spielen noch einige andere Dorfbewohner eine tragende Rolle.
    Vorrangig im Gedächtnis bleiben für mich der Bürgermeister Agostino, der von der Entwicklung, die sein geliebtes Italien da nimmt alles andere als begeistert ist und für das gesamte Dorf schon seit Jahren keine Steuern mehr zahlt!
    Als nächstes seine Hochwürden, der Dorfpfarrer Corello, der alle Hände voll zu tun hat, seine Schäfchen von irgendwelchen Dummheiten abzuhalten und nicht von ungefähr sich direkt mit 'dem Herrn' unterhält.
    Dazu kommt dann noch der etwas gedankenlos wirkende Bauer Filotti, der vor allem wegen seiner im weiteren Verlauf sehr passenden Ähnlichkeit mit einer anderen tragenden Figur der Geschichte und seiner Neigung zu unüberlegten Handlungen im Gedächtnis verblieben ist.

    Vom Sprachstil ist es eine ruhige unaufgeregte Sache. Sehr passend für die ländliche Gegend Italiens. Es werden keine große Worte gemacht. Meistens sind die auch nicht notwendig. Zu großen Teilen geht es um die anstehenden Fußballspiele und die Versuche der beiden Parteien, sich gegenseitig auszuspielen. Hohe Spannungsmomente kommen hier seltener auf.

    Damit wird die Geschichte nicht zwingend weniger verfolgenswert. Allerdings kann man sich beim Lesen recht gut vorstellen, in welche Richtung sich die ganze Sache weiter entwickeln wird. Vor allem auch deswegen, weil durch die historische Thematik der letztendliche Ausgang schon feststeht.

    Ich schwanke lange zwischen zwei und drei Sternen. Ein klarer Pluspunkt findet sich in der historischen Authentizität um die 2. Fußball-WM mit originalen Aufstellungen aus dieser Zeit. Damit werden die (politischen) Hintergründe auch einmal für Leser interessanter, die sich sonst nicht für den Fußball-Hype interessieren.

     Die Protagonisten sind detailliert und dabei auch sympathisch ausgearbeitet. Der Haken dabei ist, daß der Handlungsablauf stellenweise zu stereotyp gezeichnet erscheinen. Es lässt sich in diesen Momenten recht genau vorhersagen, was als nächstes geschehen wird.

    Zwei Sterne deswegen, weil die erhoffte Spannung über den größten Teil der Handlung im Hintergrund der Fußballspiele abläuft. Richtig spannend wird es erst zum Ende hin. Ein Ende, mit dem die handelnde Person mit einem Schlag lebendiger und greifbarer geworden ist als über den ganz vorigen Geschichtsverlauf.
    Schön wäre es gewesen, wäre diese Spannungshöhe über den ganzen Verlauf gehalten worden.
  3. Cover des Buches Ich bleibe hier (ISBN: 9783257261806)
    Marco Balzano

    Ich bleibe hier

     (259)
    Aktuelle Rezension von: MelB2508

    Ohne zu wissen, worum genau es ging, habe ich mich einfach überraschen lassen von der Geschichte. Nach der Lektüre ist mir klar, was auf dem Cover zu sehen ist - das versunkene Dorf und nur der Rest des Kirchturms, der noch aus dem Wasser hervor ragt. 

    Aus Sicht von Trina geschrieben wird geschildert, wie sie und ihre Familie im 2. Weltkrieg in ihrem kleinen Dorf in Südtirol leben. 

    Mich hat an dem Roman sehr gestört, wie emotionslos und distanziert die Erzählung bleibt, auch wenn teilweise schreckliche Situationen beschrieben werden: Trinas Tochter, ihr ganz eindeutiges Lieblingskind, wird mitten im Krieg von ihrer Schwägerin und ihrem Mann "entführt" und sie und ihr Mann Erich werden sie nie wieder sehen. '

    Ihr Sohn und ihr Mann entfremden sich, weil ihr Sohn mit den deutschen Faschisten sympathisiert. Ihr Mann wird durch seinen Einsatz im Krieg traumatisiert und sie beide fliehen in den letzten Kriegsjahren in die Berge. Hier sind sie zu einem abslólut kargen Leben gezwungen und sie wird zur Mörderin. 

    Alles in allem Stoff, der wirklich heftig ist. Aber nie wird der Erzählton emotional und dadurch bleibt auch beim Lesen eine Distanz zu der Geschichte, die verhindert, dass ich wirklich mit fühlen konnte. 

    Das Ende dann war für mich leider total uninteressant. Der ausweglose Kampf gegen den Bau des Stausees (es wird auch im Nachwort noch kurz dazu Stellung bezogen) hat mich gar nicht berührt und ich konnte keinen der Dorfbewohner verstehen, die unbedingt bleiben wollten und sich im Endeffekt haben total übervorteilen lassen. 


    Ich würde das Buch nicht nochmal lesen und auch nur bedingt empfehlen. Für ein Sachbuch ist es zu wenig detailliert, für einen Roman zu distanziert und nüchtern. 

  4. Cover des Buches Die Liebenden von der Piazza Oberdan (ISBN: 9783711720993)
    Christian Klinger

    Die Liebenden von der Piazza Oberdan

     (38)
    Aktuelle Rezension von: PaulinePrunella

    Nach dem Lesen der Geschichte "Die Liebenden von der Piazza Oberdan" ist auf jeden Fall mein Fernweh geweckt. Auf meine Reiseliste steht jetzt auch die italienische Stadt Triest. Nun aber zur eigentlichen Geschichte von Christian Klinger. Der Geschichtsaufbau ist ungewöhnlich und mit der Zeit führte er bei mir zu Verwirrung. Es werden abwechselnd die "Lebensgeschichten" von Vittorio Robusti und seinem Sohn Pino erzählt. Zwar beginnt jedes Kapitel mit einer Zeitangabe, aber das reicht für den Erhalt des roten Fadens, meines Erachtens, nicht aus. Dadurch wird der rote Faden oftmals unterbrochen und die Geschichte wird daher langamtig. Am Ende der Geschichte erklärt der Autor, dass die Geschichte zwar auf einer wahren Geschichte basiert, allerdings sind nur Bruchstücke bekannt. Sodass es im Großen und Ganzen doch um eine Fiktion handelt. Nichtsdestotrotz ist an für sich die Geschichte glaubhaft und traurig.

  5. Cover des Buches 999 - Der letzte Wächter (ISBN: 9783442476305)
    Carlo Adolfo Martigli

    999 - Der letzte Wächter

     (7)
    Aktuelle Rezension von: GaranceLovesBags
    Zur Zeit der italienischen Renaissance verfasst Pico della Mirandola 900 Thesen zu Gott und der Menschheit. Natürlich lässt die Kirche sich dies nicht gefallen und beschuldigt ihn der Ketzerei. Viel gefährlicher für die Kirche sind jedoch Mirandolas 99 geheimen Thesen - würden diese ans Licht kommen, wären die Tage der Kirche gezählt. Jahrhunderte später setzen die Nazis alles daran, in den Besitz jener Thesen zu kommen...

    Das Grundkonzept dieser Geschichte finde ich sehr interessant - ein Mann, der die Wahrheit über Gott entdeckt hat und somit das Schicksal der Kirche in der Hand hält. Außerdem die skrupellosen Nazis, die alles dafür tun würden, um an diese geheimen 99 Thesen zu gelangen. Somit wurden in "999 - Der letzte Wächter" mehrere Zeitebenen miteinander verbunden, was dem Autor auch sehr gelungen ist.

    Die Protagonisten - Pico della Mirandola und seine Freunde - sind sehr sympathisch. Die Antagonisten jedoch sind "typisch dumm" und machen viele Fehler, was ich manchmal etwas unrealistisch fand. Teils wurde das Buch für meinen Geschmack aus zu vielen verschiedenen Sichten erzählt, einige Perspektiven hätte der Autor meiner Meinung nach weglassen können.

    Die Spannung in "999 - Der letzte Wächter" war zum Ende hin sehr gut, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Zwischendrin gab es jedoch auch langweiligere Stellen im Buch. Das Ende wirft einige Fragen auf, weswegen ich mich über einen zweiten Band oder ein aufklärendes, abschließendes Kapitel gefreut hätte.

    Ein weiterer Pluspunkt ist das schön gestaltete Cover meiner Ausgabe aus dem Goldmann Verlag.

    Fazit: Empfehlenswert für jeden, der sich für die Renaissance und die Machenschaften der Kirche zu jener Zeit interessiert.
  6. Cover des Buches Black Mamba Boy (ISBN: 9783423145350)
    Nadifa Mohamed

    Black Mamba Boy

     (42)
    Aktuelle Rezension von: Aqua__
    Das Leben ist erbarmunglos. So denke ich zumindestens, nachdem ich dieses Buch gelesen habe. Der kleine Jama ist gerade einmal 11 Jahren alt.
    Über hunderte von Kilometern, will er sich auf den Weg in den Sudan machen, in einer Zeit in der sein Volk versklavt wird. In den 30er Jahren, in der das Buch spielt, haben die weißen die Kolonialherrschaft an sich gerissen und unterdrücken die Einheimischen in Afrika.
    Auf seinem Weg erlebt er so manches Abenteuer. Jama bekommt hilfe, aber ebenso stellen sich ihm Andere in den Weg.
    Das besondere ist, das Nadafi Mohammed hier die Geschichte ihres Vaters erzählt und uns dadurch in eine ander Welt eintauchen lässt.
  7. Cover des Buches Der letzte Zeuge (ISBN: 9783492257350)
    Rochus Misch

    Der letzte Zeuge

     (51)
    Aktuelle Rezension von: Igelmanu66

    »Ich werfe mir heute nicht vor, dass ich unter den damaligen Umständen funktionierte, dass ich meinen Dienst immer ordentlich und gewissenhaft versah, selbst dann noch, als mir 1943 klar wurde, dass der Krieg verloren gehen würde. Selbst dann noch, als er längst verloren war. Selbst dann noch, als Hitlers Leiche brannte. Nein, ich werfe dem Rochus Misch von damals nicht vor, dass er keinen Ärger machte.
    Dennoch – dass mir das so selbstverständlich war, das macht mich nachdenklich.«

     

    Rochus Misch, geboren 1917, war nie Mitglied der NSDAP. Wegen seiner Körpergröße und Statur wurde er nach der Musterung für die Leibstandarte SS Adolf Hitler ausgewählt. Er arbeitete bis zum letzten Tag als Leibwächter, Kurier und Telefonist Hitlers, hielt auch noch nach dessen Tod die Stellung im Führerbunker. Hier erzählt er seine Geschichte.

     

    Als ich dieses Buch entdeckte, wurde ich gleich neugierig. Was war das für ein junger Mann, der da in unmittelbarer Nähe Hitlers seinen Dienst tat? Was bewegte ihn und wie dachte er über die furchtbaren Dinge, die um ihn herum geschahen?

    Rochus Misch schrieb diese Autobiographie, eben weil ihn ständig aus aller Welt Fragen erreichten. Er erkannte den Wert, den sein Bericht für die Nachwelt hat, weil dieser den Leser zwingt, sich differenziert mit der Thematik auseinanderzusetzen.

     

    Diese Auseinandersetzung ist nicht leicht, die Wertung fällt schwer. Es ist ein unbequemes Buch, denn wie gerne würde man Misch, treues Mitglied des persönlichen Begleitkommandos Hitlers, einfach als Nazi verurteilen. Und sich sagen, dass man selber garantiert anders gehandelt hätte…

     

    Misch als Person zu beurteilen, fällt schon schwer. Da gibt es so einiges, was Verständnis oder gar Sympathie weckt, andere Dinge befremden. Wie er auf seinen Posten kam, gehört zu den nachvollziehbaren Punkten.

    Die Vollwaise Rochus Misch, aus einfachen Verhältnissen stammend, hatte sich zu den SS-Verfügungstruppen gemeldet, weil diese mit Vergünstigungen und Zukunftsperspektiven lockten. 1939 wurde Misch in Polen schwer verletzt, hatte u.a. einen glatten Lungendurchschuss. Dass anschließend der Gedanke, wieder an die Front zurück zu müssen, ihm nicht gerade verlockend erschien, ist nur zu verständlich. Als für das persönliche Begleitkommando des Führers ein »absolut zuverlässiger junger Mann« gesucht wurde, der »keinen Ärger macht«, kam man auf Misch.

    Dieses Anforderungsprofil trifft seinen Charakter recht gut. Er war zuverlässig auf seinem Posten, tat pflichtbewusst seine Arbeit, war immer da, wenn man ihn brauchte und hielt ansonsten den Mund. Wenn er erzählt, kommt es einem so vor, als hätte er einen ganz normalen Job bei einem ganz normalen Arbeitgeber gehabt. Da ist nichts von Aggressivität in seinem Bericht, er wirkt auch nicht sonderlich politisch. Zu interessieren scheint ihn nur, wie es ihm und seiner Familie geht. Das wirkt nicht bösartig oder egozentrisch, er denkt einfach nicht weiter. Vermutlich gab und gibt es sehr viele Menschen wie ihn.

     

    Befremdlich wird es, wenn er beispielsweise den Privatmann Hitler als »normaler, einfacher Mann, der einfachste Mensch, den ich kannte« beschreibt. Ich möchte ganz einfach Hitler nicht als normalen Menschen betrachten, nicht mal, wenn ich lese, wie er im Schlafanzug nach einer Wärmflasche für seine Füße verlangt. Misch betont immer wieder, dass er keine Kenntnis darüber hatte, was in den Konzentrationslagern vor sich ging. In der Nähe des Führers wäre nie über so etwas gesprochen worden, auch unter den Kameraden nicht. Kann das wirklich so stimmen?

    Zumindest eine Ahnung muss dagewesen sein, alles andere scheint mir nicht realistisch. Und warum sonst sollte Misch an anderer Stelle sagen: »Dass man von diesem Thema besser die Finger ließ … das war völlig klar … Man hatte immer ein bisschen Angst.«

     

    Rückblickend verurteilt Misch die Taten der Nazis, fragt sich sogar, wie »Untaten solchen Ausmaßes nur ein so gut gehütetes Geheimnis bleiben konnten«. Aber damals lebte er ein Dasein voller Widersprüche, vermittelte den ganzen Tag über Telefonate für Hitler und ging abends nach Hause, zur politisch links eingestellten Ehefrau und hörte mit dem Schwiegervater zusammen den Feindsender. Der Eindruck manifestiert sich, dass dieser junge Mann einfach nur überleben wollte und die Realität um sich herum bewusst ausblendete. Wenn er berichtet, wie Magda Göbbels ihren Kindern die Totenhemdchen anzieht, merkt man allerdings, dass der Familienvater Misch dabei an seine Grenzen kam.

     

    Rochus Misch hat vermutlich aktiv nichts Böses getan. Man könnte ihm vorwerfen, dass er für die obersten Nazis arbeitete, Hitler bediente und beschützte. Man könnte sagen, dass er sich hätte verweigern oder sogar etwas gegen Hitler hätte unternehmen müssen. Nah genug dran war er schließlich. Aber man muss sich auch ehrlich fragen, was man selbst an seiner Stelle getan hätte. Misch durchlebte 9 Jahre russischer Kriegsgefangenschaft, wurde grausam gefoltert. Wenn man ihm Schuld anrechnen kann, dann hat er dafür gebüßt.

     

    Das Buch enthält neben vielen Fotos auch detaillierte Karten von Führerbunker und Reichskanzlei, einen umfangreichen Anhang mit geschichtlichen Erläuterungen und zahlreichen Kurzbiographien.

     

    Fazit: Faszinierender chronologischer Bericht eines Zeitzeugen. Die Perspektive ist ungewöhnlich und die Lektüre unbequem, da man sich nicht einfach ein Urteil bilden kann, sondern sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzen muss.

  8. Cover des Buches Unter blutrotem Himmel (ISBN: 9781503950085)
    Mark T. Sullivan

    Unter blutrotem Himmel

     (65)
    Aktuelle Rezension von: Chiarra

    Eine unfassbare Geschichte, die sehr spannend erzählt wurde, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
    Hier und da musste ich mir bewusst machen, dass dies kein fiktiver Roman ist, sondern von einer Lebensepisode eines einzelnen Menschen erzählt. Dass dies in dieser Zeit alles einem einzelnen Mann passiert ist, lässt einem manchmal an dem vollständigen Wahrheitsgehalt zweifeln, weil es einfach unglaublich ist.
    Ich bin per Zufall auf dieses Buch aufmerksam geworden und war sehr positiv überrascht. Die Geschichte wird noch eine Weile bei mir nachhallen. Daher volle 5 Sterne von mir. 

    Gelesen und bewertet 19.10.2022

  9. Cover des Buches Südtirol (ISBN: 9783852189253)
    Rolf Steininger

    Südtirol

     (3)
    Aktuelle Rezension von: sKnaerzle

    Steininger gibt einen guten Überblick über die Geschichte Südtirols von der Annexion durch Italien bis zur Gegenwart.

    Diese Annexion fiel in die Zeit von Faschismus und Nationalsozialismus, als es nicht darum ging, eine Bevölkerung mit einer anderen Kultur als Staatsbürger zu integrieren, sondern sie möglichst gründlich zu italianisieren, dabei auch zu demütigen. 

    Der Unterschied nach 1945 im Zeichen von europäischer Integration und Demokratie ist deutlich, auch wenn es noch sehr lange dauerte, bis es zu einem Staatsvertrag kam und noch immer nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist.

    Das Buch gibt einen guten Überblick über die Geschichte des Nationalitätenkonflikts in Südtirol und lässt sich gut lesen.

  10. Cover des Buches Mario und der Zauberer (ISBN: 9783946257059)
    Thomas Mann

    Mario und der Zauberer

     (214)
    Aktuelle Rezension von: BM1TE19a

    Mario und der Zauberer von Thomas Mann ist eine eindringliche Novelle, die eine kritische Haltung gegenüber Macht und Manipulation zum Ausdruck bringt. Die Geschichte dreht sich um den Magier Cipolla, der das Publikum mit seinen hypnotischen Fähigkeiten kontrolliert und manipuliert. Die Prosa von Thomas Mann ist präzise und scharfsinnig, und er schafft eine Atmosphäre der Bedrohung und Faszination, die den Leser in den Bann zieht. Die Darstellung von Cipolla als eine Art Bühnenfigur, die das Publikum manipuliert, ist ein brillanter Kommentar zur Rolle von Kunst und Kultur in der modernen Welt. Thomas Mann nutzt die Figur des Magiers als Metapher für die autoritäre und totalitäre Macht, die in der modernen Welt allgegenwärtig ist. Insgesamt ist Mario und der Zauberer ein literarisches Meisterwerk, das einen tiefen Einblick in die menschliche Psyche und die menschliche Natur gewährt.

    L.B.

  11. Cover des Buches Die sardische Hochzeit (ISBN: 9783426307533)
    Grit Landau

    Die sardische Hochzeit

     (51)
    Aktuelle Rezension von: Iceage

    Der traumatisierte Kriegsveteran Leo Lanteri hat  1922 im Streit einen Faschisten erschlagen. Sein Vater, Besitzer einer Olivenplantage in Ligurien, bringt ihn aus der Schusslinie und schickt in nach Sardinien. Dort soll er bestimmte Oliven ausfindig machen, die alte Sorte "pecora nera". Seine Suche führt ihn auf die Plantage des Padrone Don Antonio Soriga. Doch dieser Ort birgt Gefahr für den jungen Leo, denn Soriga ist selbst Anhänger von Mussolini, dessen Machtergreifung unmittelbar bevorsteht. Doch nicht nur die politischen Unruhen sind eine Herausforderung für Leo. Er lernt dort Sorigas Tochter Gioia kennen. Sie fühlen sich sofort voneinander angezogen. Zudem verbindet sie die Liebe zur Musik , insbesondere des noch verpönten Jazz. Aber Gioia soll in wenigen Tagen ihren Nachbar Gavino Marras heiraten. Sie kann sich dem Willen des Vaters, für den diese Verbindung von geschäftlichen Interesse ist nicht widersetzen, oder etwa doch?


    Detailgetreue Recherche des sardischen Lebens


    Grit Landau entführt den Leser direkt ins italienische Leben der zwanziger Jahre. Der angenehme niveauvolle Schreibstil lässt uns schnell in das Buch eintauchen. Man merkt, dass die Autorin genau weiß, wovon sie schreibt und die genannten Details akribisch recherchiert wurden. Es gelingt ihr überaus treffend, die damals herrschende Stimmung einzufangen. Der Leser bekommt eine Vorstellung davon, welche Unruhen sich in Italien durch den Aufstieg Mussolinis und seiner gewaltbereiten Schwarzhemden aufgebaut haben.


    " Wer vom Meer kommt, der will uns bestehlen."


     Im vorliegenden Roman findet der Leser aber nicht nur eine sehr realistische Schilderung der damaligen Situation vor, sondern kann hier viel über das sardische Volk erfahren. Sardinien ist ein Volk, geprägt von vielen Mythen und Sagen. Grit Landau startet jedes Kapitel mit einer dieser Geschichten oder einer besonderen Erklärung zu sardischen Sagengestalten. Außerdem ist das Buch am Ende mit einem hilfreichen Glossar ausgestattet um bestimmte italienische Begriffe zu erläutern. Zum Ende des Buches findet man ein Nachwort mit wertvollen Informationen rund ums Romangeschehen.


    Spannende Liebesgeschichte rundet den Roman ab


    Die Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptprotagonisten, die beide eine sehr sympathische Ausstrahlung haben, ist keineswegs kitschig. Im Gegenteil, man kann gespannt die Entwicklung verfolgen und fiebert dem Ende entgegen, ob diese Liebe nun eine Zukunft haben wird oder nicht. Am Ende überrascht uns die Autorin mit einer ganz anderen Wendung und gibt diesem tollen Roman noch einmal eine ganz besondere Würze.


    Fazit:


    Absolute Empfehlung, vor allem für Fans von historischen Romanen, denn über den Faschismus in Italien ist eher wenig bekannt und hier bekommt man ein realistischen Eindruck über die damalige Zeit

  12. Cover des Buches Der italienische Garten (ISBN: 9783453358584)
    Alyson Richman

    Der italienische Garten

     (30)
    Aktuelle Rezension von: Reading_Love

    ~ Klappentext ~
    Portofino 1943: Mitten im Krieg geht eine junge Frau von Bord eines Schiffes. Die Deutschen halten den malerischen Küstenort besetzt und lassen Elodie nicht mit ihren gefälschten Papieren passieren. Doch in letzter Sekunde gibt ein fremder Mann sie als seine Cousine aus und rettet sie. In seinem Haus auf den Klippen gewährt ihr Angelo zuflucht. Aber Elodie kann niemanden trauen, denn ihr Geheimnis würde nicht nur sie das Leben kosten ...


    ~ AUTORIN ~
    Alyson Richman ist amerikanische Bestsellerautorin und hat schon mehrere Romane verfasst, die in achtzehn Sprachen übersetzt wurden. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren kindern auf Long Island, New York. Der italienische Garten ist ihr erster Roman im Diana Verlag.

    ~ MEINUNG/ FAZIT ~
    Das erste Buch dieser Autorin aus dem Diana Verlag und das erste was ich lese von ihr. Und ich bin positiv überzeugt. Der Schreibstil ist einfühlsam sowie auch intensiv. Eine tragische und sehr emotionale Geschichte zur Kriegszeit. Hier werden auch die Figuren sehr hervorgehoben und ihre Verhältnisse zueinander sehr gut beschrieben. Auch kriegt man hier einen Einblick, wie es den menschen um 1943 rum ergangen ist. Ich musste an so manchen Stellen das Buch aus der Hand legen und erst mal eine kleine Pause einlegen, um die Geschehnisse zu verarbeiten. Eine ziemlich harte Zeit und der Kampf ums überleben, wenn man verfolgt wird.

    Dieses Buch bekommt 4 von 5 Sternen.

  13. Cover des Buches Anlaß zur Unruhe (ISBN: 9783257231083)
    Eric Ambler

    Anlaß zur Unruhe

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    1937: Eine mittelenglische Werkezugmaschinenfabrik entsendet den Ingenieur Marlow in ihre Mailänder Filiale, um dort die Geschäfte seines Vorgängers, der bei einem Autounfall, der sich später als Mord herausstellt, ums Leben gekommen ist, zu übernehmen. Marlow weiß nichts von der eigentlichen Bedeutung der Maschinen für die Rüstung, hat auch nicht die geringste Ahnung vom Faschismus und gerät in den Sog von Interessen verschiedener Mächte und deren Agenten. Eine aufregende Jagd beginnt.
    Der Meister des Polit-Thrillers weiß auch hier wieder zu überzeugen. Detailgenaue Kenntnis verwebt er mit einer spannenden Handlung und aufregenden Szenewechseln. Immer noch ein Genuss.
  14. Cover des Buches Nullnummer (ISBN: 9783423145572)
    Umberto Eco

    Nullnummer

     (39)
    Aktuelle Rezension von: claudiaZ

    "Nullnummer"- ist Umberto Ecos letzter Roman. Wie passend, dass er sich mit Verschwörungstheorien und der jüngeren Geschichte Italiens beschäftigt. Eco wirft hier einen Blick hinter die Kulissen der Medienwelt. Folgendes Zitat habe ich mir markiert: "Nicht die Nachrichten machen die Zeitung, sondern die Zeitung macht die Nachrichten."

    Der Roman hat mir ausgesprochen gut gefallen.

    Allerdings muss ich zugeben, dass ich viele Veröffentlichungen von Umberto Eco gelesen habe und daher sein Werk gut kenne. Meine Highlights waren natürlich "Der Name der Rose"; "Das Foucaultsche Pendel" - für mich der Klassiker für Verschwörungstheorien und "Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana". 

    "Nullnummer" - ist kürzer als andere Werke von Umberto Eco. Die Handlung wird aus der Sicht des Journalisten Colonna erzählt, und bleibt auch auf dieser Ebene. Wer erwartet, dass hier Verschwörungstheorien aufgedeckt werden, die zu politischen Skandalen und gesellschaftlichen Umbrüchen führen, hat das falsche Buch in der Hand. Eben gerade, dass dies nicht passiert, ist für mich die Quintessenz des Buches. 

  15. Cover des Buches Der Herr der Unruhe (ISBN: 9783404155620)
    Ralf Isau

    Der Herr der Unruhe

     (69)
    Aktuelle Rezension von: la_vie

    Nico hat eine Gabe. Er kann mit Maschinen kommunizieren und sie so stets zu dem bewegen, was er gerne von ihnen möchte. Als er ein Junge ist, beobachtet er den Mord an seinem Vater durch den späteren Bürgermeister der Stadt. Aus Angst, ebenfalls getötet zu werden, flieht er nach Wien. Dass er Jude ist, ist nicht gerade hilfreich, wir befinden uns kurz vor dem zweiten Weltkrieg, die Haupthandlung spielt sich in einem kleinen Ort in Italien ab. Jahre später kehrt Nico mit neuer (katholischer) Identität zurück und schwört Rache am Mörder seines Vaters. Dass er sich allerdings in die Tochter des Mörders verliebt, war so nicht geplant.

    Das Buch hat mir gut gefallen. Es war eine interessante Geschichte, die eine teils fantastische Handlung (die Gabe mit Maschinen kommunizieren zu können) in einen realen und sehr dunklen Abschnitt der Menschheitsgeschichte einbindet. Die Charaktere waren schön dargestellt, der Autor hat sogar die ein oder andere echte Person mit in die Geschichte eingebaut und hat dem Ganzen dadurch auch eine historische Tiefe verliehen. Was mich allerdings manchmal ein bisschen gestört hat war, dass Nico trotz seines Glaubens wenig bis gar nichts gegen die Faschisten/Nationalsozialisten ausrichten wollte, obwohl er von einem Freund häufiger dazu aufgefordert wird, sich einer Widerstandsbewegung (die späteren Partisanen) anzuschließen. Er ist so sehr auf seine persönliche Rache fixiert, dass er die Gräueltaten gegen die Juden (und natürlich auch andere Menschen) in dieser Zeit zwar verurteilt, aber trotz seiner Möglichkeiten nicht so stark bekämpft wie er könnte. Das konnte ich leider nicht immer nachvollziehen. Dass er selbst Jude ist, geht in der Geschichte manchmal fast unter, da er durch seine neue Identität zumindest zunächst geschützt ist.

    Abgesehen davon war es aber wirklich eine schöne, berührende Geschichte, in der auch die ein oder andere Lebensweisheit vorkommt, die man sich durchaus selbst mal zu Herzen nehmen könnte.

  16. Cover des Buches Beneath a Scarlet Sky (ISBN: 9781503998377)
    Mark T. Sullivan

    Beneath a Scarlet Sky

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Keksisbaby

    Pino und seine Freunde verbringen eine unbeschwerte Kindheit in Italien. Diese endet jedoch abrupt, als die Deutschen einmarschieren. Plötzlich gehören Bombenangriffe zu seinem Alltag. Seine Eltern wollen ihn und seinen Bruder schützen, so schicken sie ihn in ein Camp geleitet von Mönchen in den Bergen. Dort beginnt Pino Juden, die vor der Verfolgung durch die Faschisten fliehen über die Alpen zu führen, damit sie in der neutralen Schweiz eine Chance zum Überleben haben. Als er ins Wehrpflichtige Alter kommt, kommt er bei den Deutschen unter, nach einer Verwundung hat er das Glück und wird der persönliche Fahrer von Hitlers rechter Hand in Italien General Leyer. Seine Landsleute verachten ihn dafür, dass er mit dem Feind kollaboriert, aber als Fahrer für die Deutschen, hat er die Möglichkeit zu spionieren und dafür zu sorgen, dass der Krieg schneller endet.

     

    Die Lebensgeschichte des Pino Lella nahm mich von der ersten Seite gefangen. Eine unbeschwerte Jugend die viel zu früh, durch den Einmarsch der Deutschen in Italien, endet. Bisher habe ich im Geschichtsunterricht viel über den Frankreich-, Polen- und Russlandfeldzug erfahren, aber nur sehr wenig über den Kriegsverlauf in Italien. Schön das ich mit diesem Buch auch etwas über dieses Kapitel des zweiten Weltkriegs teilhaben durfte. Pino ist ein sympathischer junger Mann, mit dem man bangt und hofft, mit dem man leidet, wenn sein bester Freund ihn verstößt weil er glaubt Pino gehöre zu den Faschisten, mit dem man sich aber auch freut, als das Dienstmädchen sein Werben erhört. Diese Geschichte ist so besonders, weil sie nicht einem Autorenhirn entspringt, sondern die Erzählung einer wirklichen Biografie ist. Und im wahren Leben, siegt nun einmal nicht immer das Gute, auch wenn ich so gehofft habe, dass es ihm vielleicht doch noch gelingt seine große Liebe zu retten. Pino kommt durch seine Chauffeurtätigkeit mit der ersten Riege der Nazigrößen in Verbindung und so lernt man als Leser auch den Duce, nebst Geliebte kennen, man ist dabei wenn Hitler seinen Verbündeten Mussolini fallen lässt und als die Alliierten Italien befreien. Dieser Krieg hat eine ganze Generation traumatisiert und es dauert über 70 Jahre bis dieses Generation wenn auch zögerlich beginnt darüber zu sprechen. Ich bin froh, dass Pino Lella sich Mark T. Sullivan anvertraut hat und dieses Buch dabei herausgekommen ist.

     

    Es sollte mehr solcher Geschichten geben, denn sie erhalten die Eindrücke der Entbehrungen, der Gewalt und der Ungerechtigkeit des Krieges aufrecht und können sie Generationen vermitteln, die diese Zeit nur aus den Geschichtsbüchern mit leblosen Zahlen und Fakten kennt.

  17. Cover des Buches Gegen die moderne Welt: Die geheime Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts (ISBN: 9783957575203)
  18. Cover des Buches Die Rückkehr (ISBN: 9783442772742)
    Hisham Matar

    Die Rückkehr

     (9)
    Aktuelle Rezension von: Barbara62

    Von Hisham Matar, dem in New York und London lebenden Autor libyscher Herkunft, sind mit  „Im Land der Männer“ (2007) und  „Geschichte eines Verschwindens“ (2011) bereits zwei Romane erschienen, doch ist „Die Rückkehr“ das erste Buch, das ich von ihm gelesen habe. Immer geht es um seinen Vater, Jaballa Matar, der in den Fängen der libyschen Diktatur von Muammar al-Gaddafi verschollen ist, dieses Mal ganz direkt und in Form einer Biografie, die zugleich Autobiografie des Verfassers ist.

     

    Ausgangspunkt für „Die Rückkehr“ ist die erste Reise Hisham Matars in die Heimat nach 33 Jahren Exil im März 2012, nicht lange nach Gaddafis Tod im Herbst 2011, als Demokratie und Gesetzlichkeit vorübergehend in greifbarer Nähe schienen. Der Aufenthalt diente vor allem dazu, das ungewisse Schicksal seines Vaters zu klären, was letztlich nicht gelang: „Seit einem Vierteljahrhundert schwindet meine Hoffnung kontinuierlich, und so kann ich heute sagen, dass ich so gut wie frei davon bin. Es bleiben nur noch ein paar vereinzelte Fünkchen.“

     

    Jabbala Matar wurde 1939 geboren, als Libyen während der kolonialen Unterdrückung durch Mussolini einen Genozid erlebte. Sein Vater Hamed, Hishams Großvater, kämpfte gegen die seit 1911 bestehende italienische Besatzung, bis er 1919 mit seiner Familie für 20 Jahre nach Alexandria floh. Jabbala Matar liebte Gedichte, wurde mit dem Import von japanischen und westlichen Waren in den Nahen Osten sehr reich und diente nach der Unabhängigkeit Libyens 1951 unter König Idris als Offizier. Mit dem Putsch Gaddafis verband er zunächst Hoffnungen auf eine neue, republikanische Zeit, erkannt jedoch bald die wahre Natur des neuen Machthabers, der die Schulen militarisierte, Bücher, Musik und Filme verbot, Theater und Kinos schließen ließ, Fußball zur ungesetzlichen Tätigkeit erklärte und Gegner massenhaft hinrichten ließ. 1979 floh Jaballa Matar mit seiner Frau und den beiden Söhnen und organisierte von Kairo aus den militärischen Widerstand. 1990 wurde er mit Wissen des ägyptischen Geheimdienstes und Hosni Mubaraks entführt und nach Tripolis ins berüchtigte Gefängnis Abu Salim gebracht. Drei Briefe konnte er heimlich an seine Familie schicken, nach den Massenhinrichtungen 1996 verliert sich seine Spur.

     

    Hisham Matar, besessen von dem Wunsch, das Schicksal seines Vaters aufzuklären, mobilisierte führende Mitglieder des britischen Oberhauses und den Außenminister David Miliband, den Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, Menschenrechtsgruppen und NGOs und erstaunte mit diesem „Lärm“ selbst den Gaddafi-Sohn Said al-Islam, doch kamen lediglich vier andere Familienmitglieder nach 21 Jahren Haft frei.  

     

    Die Rückkehr“ wurde 2017 mit dem Pulitzer-Preis für Biographie oder Autobiographie und im gleichen Jahr mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. Mir haben Hisham Matars bewegendes Zeugnis der Liebe zu seinem Vater und seiner Heimat gut gefallen, genauso wie das gezeigte Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Wahrheit und der Angst davor, alles in klarem Stil verfasst und ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Allerdings hätte ich mir neben den sehr persönlichen Aspekten mehr Information zur Geschichte des Landes gewünscht. Aber vielleicht schreibt Hisham Matar darüber ja noch ein weiteres Sachbuch, ich würde es auf jeden Fall gerne lesen.


    http://xn--mit-bchern-um-die-welt-wlc.de/hisham-matar-die-rueckkehr/

  19. Cover des Buches Mussolinis Vorposten in Hitlers Reich (ISBN: 9783861534938)
  20. Cover des Buches München (ISBN: 9783837148329)
    Robert Harris

    München

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Buechergarten

    》INHALT:

    München, September 1938: Der Weltfrieden ist bedroht - mit Hitler, Chamberlain, Mussolini und Daladier trifft eine Auswahl führender europäischer Politiker zu einer kurzfristig anberaumten Krisensitzung zusammen. Mit ihm Gefolge sind Hugh Legat, Privatsekretär Chamberlains aus dem Außenministerium, und Paul von Hartmann, aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Die beiden verbindet eine Freundschaft aus vergangenen Tagen und Oxford, die nun auf die Probe gestellt wird. Wie weit wagen sie zu gehen, um den drohenden Krieg abzuwenden?


    》EIGENE MEINUNG:

    Das Hörbuch zu „München“ umfasst die gekürzte Lesung auf 6 CDs mit einer Gesamtspielzeit von ca. 8 Stunden. Als Sprecher konnte dabei Frank Arnold vollständig überzeugen. Im Gegensatz zu anderen Stimmen habe ich die „Kürzung“, auch wenn ich sie bei meinen Hörbüchern immer zu vermeiden versuche, nicht als präsent wahrgenommen. Das Cover ist in den Farben Rot, Schwarz und Weiß gehalten, was auf mich bereits sehr eindringlich und auch auf gewisse Weise gefährlich wirkt!

    Die Geschichte bezieht sich auf das, tatsächlich 1938 stattgefundene, Münchner Abkommen.

    Die Meinung einiger Rezensenten zum Thema „Politik ja, Thriller nein“ kann ich absolut nicht nachvollziehen. Ich war im Hörbuch durchgehend angespannt, habe mitgefiebert und den Ausgang genauso herbeigesehnt, wie gefürchtet. Natürlich weiß man wie die Ereignisse in geschichtlicher Hinsicht geendet haben, aber auch die beiden – mehr oder weniger fiktiven - Protagonisten Legat und von Hartmann sind mir im Laufe der Zeit ans Herz gewachsen. Dabei basiert von Hartmann auf der echten Person von dem der von den Nazis ermordete Adam von Trott zu Solz. Sehr spannend war für mich auch Harris Sicht auf den englischen Premierminister Neville Chamberlain sowie die jeweiligen Beweggründe der handelnden Personen. Durch wechselnde Sichtweisen zwischen Legat und von Hartmann geht die Geschichte zügig und harmonisch voran. Man taucht in die Positionen, Verhandlungen und Ziele der einzelnen Seiten ein. Zum Schluss hatte ich fast das Gefühl die Personen nun zu kennen, so detailreich und lebendig sind sie gezeichnet. Extrem wichtig fand ich auch die Einblicke in die Reaktionen des deutschen bzw. englischen Volkes – die Stimmung wurde perfekt eingefangen.

    Robert Harris ist es laut einem Interview wichtig, dass seine Geschichte genau so hätte passiert sein können. Und so fühlte es sich für mich auch zu jederzeit an. Ich habe mich neben dem Hörbuch viel mit der Geschichte um das Münchner Abkommen, Chamberlain, der Sudetenkrise etc. beschäftigt. Harris versteht es perfekt reale Geschichte mit Fiction zu verweben, ohne dem Stoff seinen wahren Kern zu nehmen.

    Besonders fasziniert bin ich davon, wie der Autor das Ende seiner Geschichte gewählt hat. Als Leser weiß man, dass der Krieg durch das Münchner Abkommen „nur“ verschoben wurde, rechnet also mit dem Schlimmsten. Man bereitet sich vor, auch auf den Abschied von Legat und von Hartmann. Ich würde nichts daran ändern und hatte auch nie das Bedürfnis im Hörbuch von der Realität abzuweichen, um mehr Fiction zu erfahren. Für mich: Eine perfekte Mischung!


    》FAZIT:

    Ich empfinde dieses Hörbuch, sowohl den fiktiven Teil als auch das Wissen um die historischen Fakten darin, als absoluten Gewinn! Ich war, von den wenigen, detailgetreu beschriebenen Tagen, durchgehend gefesselt und muss sagen: Das war zwar mein erstes Buch von Robert Harris, aber sich nicht mein Letztes!

  21. Cover des Buches Die deutschen Fallschirmjäger (ISBN: 9783704350626)
  22. Cover des Buches Christus kam nur bis Eboli (ISBN: 9783905811063)
    Carlo Levi

    Christus kam nur bis Eboli

     (32)
    Aktuelle Rezension von: beccaris

    Der Autor Carlo Levi stammte aus einer grossbürgerlichen jüdischen Familie aus dem Piemont. Er war Arzt, Maler, Schriftsteller und Politiker. In diesem Werk erzählt er uns seine Lebensgeschichte als politisch Konfinierter zur Zeit des italienischen Faschismus.

    Verbannt in den Süden Italiens, genauer nach Lukanien (Basilikata), kommt er in eine verlassene, sehr arme und von Krankheit gebeutelte Region. Die Menschen dort, sagen sie seien keine Christen und keine Menschen, sondern Tiere. Christus sei nur bis Eboli gekommen. Das fiktive Dorf Gagliano liegt auf einem kalkigen Hügel, der ständig von Erdrutschen bedroht ist. Die Bewohner von Gagliano sind komplett unterversorgt und leben in fensterlosen Höhlen gemeinsam mit ihren Tieren. Die Bauern, die täglich mehrere Stunden zu Fuss unterwegs sind, um ein bisschen Land zu bewirtschaften, fühlen sich von der zentralen Regierung in Rom verlassen. Der Erzähler wird durch seinen angenehmen Charakter, der weder urteilt noch sich in die fremden Lebensumstände einmischt, sehr geschätzt. Zudem sind seine medizinischen Kenntnisse für die Dorfbewohner von grossem Nutzen, jedoch wird ihm die praktische Ausübung des Arztberufes zeitweise von den Mächtigen verboten. Die Bücher und Briefe des Erzählers werden zensiert und überhaupt spielen Macht und Ohnmacht in dieser Erzählung eine grosse Rolle. Die Bauern werden ausgebeutet und resignieren schliesslich. Von Zeit zu Zeit regt sich allgemeiner Widerstand gegen die Missstände. Im Allgemeinen spürt man jedoch  ein grosses Desinteresse gegenüber der Politik.

    Ein weiteres zentrales Thema ist die Kirche und die Magie. Beides ist nicht klar voneinander trennbar. Die Messen werden selten besucht, jedoch gibt es viele heidnische Bräuche, die ganz selbstverständlich in jeder Familie gelebt werden. Die Frauen sind in der Überzahl und spielen eine grosse Rolle in der Dorfgemeinschaft. Viele Männer sind nach Amerika ausgewandert, kehren oftmals aber aufgrund falscher Versprechungen in ihr Dorf zurück.

    Das Buch kann als persönliche Reportage oder politisches Manifest gelesen werden und ist sowohl politisch wie auch gesellschaftlich sehr interessant. Es ist dem italienischen Neorealismus zuzuordnen.

    Der Inhalt ist unspektakulär und wird ruhig und sachlich beschrieben. Dies widerspiegelt gut die grosse Leere und Trostlosigkeit des Lebens dieser verlassenen Menschen. Aus meiner Sicht handelt es sich um eine absolut lesenswerte Erzählung. Leider konnten die folgenden Texte des Autors nicht mehr an den Erfolg dieses Buches anknüpfen. Das Buch wurde zudem unter der Regie von Francesco Rosi 1978 verfilmt und ist ebenfalls sehr lohnenswert.


  23. Cover des Buches Der Frühling des Commissario Ricciardi (ISBN: 9783518461747)
    Maurizio de Giovanni

    Der Frühling des Commissario Ricciardi

     (7)
    Aktuelle Rezension von: tedesca
    Commissario Ricciardi sieht die letzen Sekunden im Leben von Menschen, die durch Gewalt ums Leben gekommen sind. In den Straßen und Gassen Neapels trifft er ständig auf die Geister derer, die ihm ihren letzten Gedanken ins Ohr flüstern, die ihn bis in den Schlaf verfolgen und ihm kein normales Leben zugestehen. De Giovanni hat eine Figur geschaffen, die mir persönlich sehr zu Herzen geht. Der attraktive Süditaliener mit den klaren grünen Augen, der in seiner Einsamkeit und Melancholie nur wenigen Menschen Platz in seinem Leben einräumt, und der hoffnungslos und aus der Ferne eine Liebe verfolgt, die ihm Kraft gibt, ihm aber für immer unerreichbar erscheint. Während der Frühling in Neapel Einzug hält, ermitteln Ricciardi und Maione in einem Fall mit vielen Verdächtigen, der sich langsam in all seinen zahlreichen Facetten entfaltet, viele Haken schlägt und letztendlich doch noch gelöst werden kann. Und auch, wenn man sich vielleicht bald vorstellen kann, wer die Wahrsagerin getötet haben könnte, bleibt die Geschichte bis zum Schluss spannend und berührend. Besonders schön finde ich die Beschreibungen der Stadt Neapel, der Atmosphäre an diesen ersten Frühlingstagen, die sich in den letzten 80 Jahren wohl nur wenig geändert haben wird. De Giovanni hat einen zweiten gefühlvollen und spannenden Krimi geschrieben, den ich fast in einem durchgelesen habe. Der Schluss lässt darauf schließen, dass wir auch noch über Sommer und vielleicht sogar Herbst des Commissario Ricciardi lesen dürfen, aber auf dieses Vergnügen werden wir wohl noch eine zeitlang warten müssen.
  24. Cover des Buches Der Märtyrer im schwarzen Hemd (ISBN: 9783492252805)
    Andrea Camilleri

    Der Märtyrer im schwarzen Hemd

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Gulan
    Im Jahr 1921, kurz vor Mussolinis Machtübernahme, kommt es in Italien ständig zu Scharmützeln zwischen Faschisten und Kommunisten. In einer sizilianischen Kleinstadt lauern drei Faschisten einem Kommunisten auf. Im Handgemenge lösen sich Schüsse, ein Faschist stirbt. Das politische Ränkespiel beginnt. Schnell wird der Kommunist zum Schuldigen und das Opfer zum Märtyrer erklärt. Auch die Ermittlungsbehörden sind mittendrin im Spiel. Ein paar wenige versuchen dennoch, die Ereignisse aufzuklären.
    Ein wirklich herausragender Roman von Andrea Camilleri, der mit Hilfe verschiedener Techniken (Protokolle, Zeitungsartikel) ein realistisches Bild einer chaotischen Zeit zwischen dem Ende des 1.Weltkrieges und der faschistischen Machtübernahme in Italien zeichnet. Dabei verzichtet der Autor auch nicht auf spöttische und ironische Passagen, die den Alltag im faschistischen Italien aufs Korn nehmen.

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