Bücher mit dem Tag "nature writing"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "nature writing" gekennzeichnet haben.

17 Bücher

  1. Cover des Buches Der Gesang der Flusskrebse (ISBN: 9783446273252)
    Delia Owens

    Der Gesang der Flusskrebse

    (1.420)
    Aktuelle Rezension von: Lena_Krumbeck

    Ein schönes, sanftes Buch – fast wie ein Sommerabend im Nebel. Die Sprache ist poetisch, die Naturbeschreibungen sind wunderbar lebendig, und man spürt, dass Delia Owens die Wildnis liebt.


    Aber trotz all der Schönheit blieb ich etwas auf Distanz. Die Geschichte von Kya hat mich berührt, ja, aber auch irritiert. Der Wechsel zwischen Naturroman und Krimi wirkt für mich nicht ganz stimmig – als wollte das Buch zu viel auf einmal.


    Kya ist eine faszinierende Figur, doch manches an ihrer Entwicklung fühlte sich zu glatt an, zu märchenhaft. Ich hätte mir mehr Zwischentöne, mehr leise Brüche gewünscht.


    Ein Buch, das ich gern gelesen habe, aber nicht noch einmal lesen würde. Schön, berührend – und doch ein wenig zu perfekt erzählt.


  2. Cover des Buches Offene See (ISBN: 9783832165987)
    Benjamin Myers

    Offene See

    (431)
    Aktuelle Rezension von: Lina_Clee

    Was soll ich sagen? Das Buch hat mich einfach von Anfang bis Ende abgeholt. Eine tolle, bodenständige Geschichte die unfassbar nahbar ist. Dazu kommt noch das die Hauptprotagonisten so unfassbar toll zueinander passen und selbst einfach total spannend und erfrischend sind. Ich habe es sehr geliebt!!

  3. Cover des Buches Abendflüge (ISBN: 9783423351997)
    Helen Macdonald

    Abendflüge

    (110)
    Aktuelle Rezension von: EmmaWinter

    Ich hatte mich schon lange gefragt, wie man ein Buch von über 400 Seiten über das Abrichten eines Habichts schreiben kann und dann wird dieses Buch auch noch ein großer Erfolg.

    Vor allem liegt es an der wunderschönen Sprache, die Helen Macdonald für ihr Buch wählt, das sich irgendwo zwischen Sachbuch, Autobiografie und Biografie bewegt. Für mich war es eine Symbiose aus drei Aspekten, zum einen die Verarbeitung eines Verlustes (die Autorin verlor ihren geliebten Vater), zum anderen die intensive Beschäftigung mit dem britischen Autor T.H. White, der 1936 selbst den Versuch unternahm, einen Habicht abzurichten, und schließlich Macdonalds Arbeit mit Mabel, ihrem Habicht. Sehr geschickt verwebt die Autorin das grandiose Scheitern von White, seine falschen und fatalen Entscheidungen bei der Abrichtung seines Falken mit ihren eigenen Bemühungen, Mabel an sich zu gewöhnen und endlich Freiflüge beginnen zu können.

    Macdonald vermittelt außerordentlich gut lesbar Sachwissen über Flora und Fauna, insbesondere natürlich über Greifvögel und Habichte. Dies gelingt ihr auf ganz emotionale Art und Weise und so sind wir hautnah dabei, wenn die Autorin mit unendlicher Geduld, frustriert von vielen Misserfolgen, immer wieder fast zärtlich mit ihrem Habicht arbeitet.

    Es gibt am Ende einen ordentlichen Anmerkungsapparat, der verdeutlicht, wie umfassend sich Helen Macdonald mit White und seinen Schriften auseinandergesetzt hat.

    Insgesamt eine faszinierende Lektüre, die ich auch in Teilen als Hörbuch "gelesen" haben, sehr emphatisch gesprochen von Cathleen Gawlich.

  4. Cover des Buches Zugvögel (ISBN: 9783596523221)
    Charlotte McConaghy

    Zugvögel

    (291)
    Aktuelle Rezension von: wbetty77

    Franny liebt Vögel und das raue Meer. Ihre Kindheit verbringt sie mit ihrer Mutter in Irland, dann verschwindet die Mutter und Franny wird zu ihrer Großmutter nach Australien geschickt. Als junge Frau lebt sie wieder in Irland, aber sie bleibt selten an einem Ort, immer wieder treibt es Franny weiter. Bis sie an der Uni, an der sie als Reinigungskraft arbeitet, Naill Lynch, Professor für Ornithologie, kennen lernt. Sie verlieben sich ineinander und heiraten. Gemeinsam versuchen sie das Aussterben der Tierarten zu stoppen. Nach einigen harten Schicksalsschlägen sucht Franny die letzten Küstenschwalben und will den Vögeln auf ihrem Weg in die Antarktis folgen. Um das zu erreichen, überredet sie den Kapitän eines Fischerbootes, den Küstenschwalben zu folgen. Diese Unternehmung wird zu einer fast ausweglosen und schwierigen Mission. 

    Ein Buch, das eine große Naturliebe vermittelt, aber auch die unfassbare Zerstörung beschreibt, die in der Erzählung weiter fortgeschritten ist, als in der heutigen Zeit. Es gibt in freier Wildbahn weder Fische noch Wölfe und kaum noch Vögel. Dem gegenüber steht eine starke Hauptfigur, die mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat. Die Geschichte erzählt sich in unterschiedlichen Zeitsträngen. Im Hier und Jetzt versucht Franny mit Hilfe einer Fischkutter Crew den wenigen verbliebenen Küstenschwalben über den Atlantik zu folgen. In Rückblicken lernen wir Franny besser kennen. Wir erfahren stückchenweise etwas über ihre Eltern, über ihr Heranwachsen bis hin zu dem Moment, als sie ihren Mann Naill kennenlernt. Welche Schatten auf Frannys Seele liegen, löst sich erst ganz allmählich auf. 

    Es ist ein mitreißendes und trauriges Buch, das seine Leser am Ende mit Hoffnung entlässt.

  5. Cover des Buches Wo die Wölfe sind (ISBN: 9783596523429)
    Charlotte McConaghy

    Wo die Wölfe sind

    (161)
    Aktuelle Rezension von: Ceciliasophie

    Ich habe die Bücher von Charlotte McConaghy schon häufiger empfohlen bekommen und gerade "Migrations" beziehungsweise "Zugvögel" dominierte ja wirklich lange Empfehlungslisten und Plattformen.
    Doch als ich dann das Hörbuch zu "Wo die Wölfe sind" begann, sprang der Funke einfach überhaupt nicht über. Ich versuchte es mit mehreren Anläufen, aber es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt für dieses Buch in meinem Leben.
    Vor etlichen Tagen aber hatte ich das Gefühl, endlich in der richtigen Stimmung zu sein. Und so konnte mich die Geschichte wirklich gleich gefangen nehmen. Manchmal lohnt es sich also doch sehr, Bücher wegzulegen und zu eine späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen. 

    Anfangs war ich gefangen von den eindrücklichen Beschreibungen der Natur und ein Teil von mir wünscht sich auch, dass es einfach bei einem Buch über die Natur und der Verbindung zur Tierwelt geblieben wäre. Aber dies wäre ein vollkommen anderes Buch gewesen.
    So eindrücklich schön der Schreibstil auch ist, so ist die Handlung phasenweise enorm gewalttätig. Als Leserin war ich anfangs echt abgestoßen davon und fand es so disharmonisch zu den Beschreibungen von Intis Umgebung. Erst zum Ende hin konnte ich das Geschick der Autorin sehr viel mehr begreifen. Denn wer in dieser Geschichte das wilde Tier ist, ist nicht gleich klar zu benennen und entwickelt sich erst im Laufe der Handlung.
    Für mich persönlich war es einen Ticken zu viel. Zu viel Leid, zu viel Drama, zu viel Gewalt. Nimmt man alle Schicksalsschläge von Inti und ihrer Schwester Aggie ist es einfach zu viel von allem für mich gewesen. Ich möchte an dieser Stelle nicht spoilern und gehe deswegen nicht im Detail auf Punkte ein, aber für mich ist hier die Grenze hin zum Überzogenen doch überschritten worden. Diese Subplots hätte ich in dieser Fülle nicht gebraucht, auch wenn hier natürlich mit dem wilden Tier gut gespielt wird. 

    Ich hätte das Buch gerne ein wenig besser gefunden, aber ich hatte auch mit dieser Fülle an Traumata nicht gerechnet. Auf "Zugvögel" bin ich nun aber doch sehr gespannt, das Buch liegt hier auch schon bereit, aber nach Beenden von diesem Buch brauche ich doch erstmal wieder etwas leichtes zwischendurch. 

  6. Cover des Buches Ein deutscher Wandersommer (ISBN: 9783492404716)
    Andreas Kieling

    Ein deutscher Wandersommer

    (37)
    Aktuelle Rezension von: Marie_Luise2406

    Sehr individuelle Geschichten aus den verschiedensten schönen Ecken entlang der alten innerdeutschen Grenze - keine Touristenabklatschorte. Man lernt beim Lesen viel neues Wissen über die Tierwelt in Deutschland und auch die DDR Geschichte kommt nicht zu kurz. Macht Lust in die Wälder zu ziehen und unser schönes Deutschland zu entdecken. Vom Süden bis zur Ostsee. Nicht zu vergessen die lustige Anekdoten und Berichte, welche den Leser das ein oder andere Mal zum Schmunzeln bringen.  Danke Herr Kieling 

  7. Cover des Buches Der Geschmack von Laub und Erde (ISBN: 9783492313568)
    Charles Foster

    Der Geschmack von Laub und Erde

    (19)
    Aktuelle Rezension von: Tintensport
    ... gegen die leider auch der hochgebildete Dozentenstatus nicht hilft.

    Fosters `Versuch eines literarischen Schamanismus' mutet so verkrampft, verkopft und selbstgerecht an, dass es mich graust!
    Das Zurück zur Natur gerät zum angestrengten Staffellauf. Pathologisch anmutende Versuche (den Hufen nachzueifern, indem man sich die Nägel wachsen lässt), passen hervorragend zur abstrusen Denke (er müsse sich damit `abfinden', dass er sich nicht mit einer Füchsin kreuzen könne).
    Schon als Kind scheint der Autor eine Art Hannibal-Lector-Syndrom ausgelebt zu haben (Amselkörperteile in allen Varianten im Kinderzimmer), das vom Neid auf das was das Tier zu wissen schien (und der kleine Charles Foster nicht) beseelt war; oder vielmehr getrieben ... von Zwängen - wie dem, einem Vogel ins Hirn zu schauen, ihm so nahe wie irgend möglich zu kommen ... indem er ihn tot machte und zerstückelte!?!
    Auch der Extremismus des Erwachsenen mutet mich noch immer nicht von Mut beseelt an, wie es andere Rezensenten schreiben. Seine Produkte des exzessiven Performings und der Drucklegung erscheinen mir vielmehr sensations-(schaffungs)-geil und Medien-anbiedernd. Und der philosophische Anstrich ist so fadenscheinig, wie er in der Beliebigkeit aller auffindbaren Allerweltsplätze wühlt. Da wird Wissen demonstriert, auf Teufel-komm-raus, bis es nur noch Geschwätzigkeit ausdünstet.
    Als mir von der vorgeblichen Scham (des heute angeblich geläuterten Tofu-Essers und einstigen exzessiven Jägers) berichtet wurde, die mich in ihrer selbstverliebten Koketterie an Teenager gemahnte, die sich mit ihren Straffälligkeitskatalogen gegenseitig zu übertrumpfen versuchen ... hat es mir einfach gelangt!
    Da mag es noch so vorbildlich erscheinen, was wir alles über Fuchs und Dachs lernen ... aber die Vorzeichen stimmen einfach nicht!
    Wer zurück in die Wälder geht sollte nicht nur wissen WARUM er das will, sondern vor allem WIE ... er das anstellt und sich nicht selbst so dermaßen in Tasche lügen!
    Natürlichkeit ... geht anders!!!

    Glaubwürdiges über das Zurück-zur-Natur höre man sich besser von einem angenehm nüchternen Rüdiger Nehberg an! Wer etwas tatsächlich fundietes über Schamanismus wissen will lese einen Wolf-Dieter Storl, der - mit dem nötigen selbstironischen Augenzwinkern - die Kunst des Erzählens UND Wissens beherrscht - und dies im Gegensatz zu Foster tatsächlich so meister- wie fabelhaft.
    Und wer etwas Wahrhaftiges und Sensationelles über die Natur lernen will, der sollte sich Peter Wohlleben - Das geheime Leben der Bäume - zu Gemüte führen. DAS nämlich IST ein Meilenstein auf dem Weg des Naturverständnisses: kundig, unaufgeregt, sensibel und von tiefer Erkenntnis - und vor allem Achtung - der Natur gegenüber beseelt.

    Man kann sich aber auch schlichweg life in den Wald begeben und Kopf aus! Und die Schnüss gehalten!! Und den Originalen zugehört - ohne Hintergedanken, Gemache, Geschwurbel und Gemurkse, sonst wird das nämlich nix.
    Denn wenn Natur eines ist und kann, dann ist es das schlichte Sein - ohne Worte - das Wachsen, Werden, Vergehen und Ruhen in sich selbst ... und ohne uns! Wir können allenfalls ehrfürchtige Zeugen sein! Mehr werden wir nie werden. DAS nämlich ist das eigentliche Geheimnis!

    Oder - um ganz schlicht mit Janosch zu sprechen -: Ein Vogel braucht nichts über Ornithologie zu wissen ... um fliegen zu können.
  8. Cover des Buches Das letzte Feuer (ISBN: 9783985681136)
    Maria Borrély

    Das letzte Feuer

    (13)
    Aktuelle Rezension von: ancla_books4life

    **** Worum geht es? ****


    Ein französischer Klassiker, ins Deutsche übertragen: Während das Leben auf dem Berg sicher, aber von Hunger geprägt war, verspricht das Leben unten am Fluss pures Glück. Doch ist das wirklich so?


    **** Mein Eindruck ****

    
Borrély ist eine der literarischen Wiederentdeckungen der letzten Jahre! Auch ihr zweiter übersetzter Band zeigt vor allem eines: sprachliche Kunstfertigkeit und ein feines Gespür für die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen. Dabei verleiht sie der Natur eine zugleich wundersame wie reale Kraft und zeigt, welche Bedeutung Beständigkeit im Gegensatz zur Habgier haben kann. Dieses Thema ist heute mindestens genauso relevant – und so trägt dieser Klassiker eine moderne Botschaft in sich, die in ihren Zwischentönen durchaus den Atem rauben kann. Bilder entstehen, Figuren kommen und gehen, und die Endlichkeit bekommt Raum in einer Welt, in der die Natur eine Konstante ist, die wir Menschen niemals berechnen können. Zwischenmenschlichkeit, Liebe, Pflicht und Verantwortung gehören hier ebenso zum Alltag wie das eigentliche Überleben. Auf kleinstem Raum hatte ich das Gefühl, eine ganze Welt aufblühen und zugleich ihrem selbst geschaffenen Schicksal erliegen zu sehen. Sprachlich leise und doch stets fokussiert – so einnehmend wie das Spiel der Natur selbst.


    **** Empfehlung? ****

    
Für Fans von Sprache, Feingefühl und dem Bewusstsein, dass nicht alles Alte schlecht war.


  9. Cover des Buches Federnlesen (ISBN: 9783431040883)
    Johanna Romberg

    Federnlesen

    (5)
    Aktuelle Rezension von: ElinCorinth

    „Ich will meine Begeisterung für Vögel nicht länger für mich behalten. Sondern sie weitergeben, in einer Form, die möglichst viele erreicht und im Idealfall ansteckt.“

    So beschreibt Johanna Romberg  in der Einleitung (Seite 16) ihr Anliegen, dieses Buch zu schreiben. Das 2018 im Lübbe Verlag neu erschienene Sachbuch trägt den Untertitel „Vom Glück, Vögel zu beobachten“.

    Für sie als Hobby-Beobachterin ging es nie darum, umfassendes Wissen über die Vogelwelt zu erlangen. Somit musste sie bei der Arbeit an dem Buch viel Recherchieren und auf Experten zugehen. Etwas, das ihr als langjährige GEO-Redakteurin und Autorin nicht schwergefallen sein dürfte. Und von dem sie selbst immer wieder im Buch betont, wie bereichernd es für sie war, all diese Menschen getroffen zu haben.

    Die schiere Fülle an Informationen veranlasste sie, das Buch in zwölf voneinander unabhängige Kapitel zu gliedern. Jedes dieser Kapitel liest sich wie eine eigene Geschichte. Die Themenbreite reicht von der Identifikation von Vogelstimmen und dem Umgang mit einem Bestimmungsbuch über die Benutzung von Ferngläsern hin zu Artenschutz und kontroversen Themen wie den Auswirkungen der intensiven Landwirtschaft und den potentiellen Gefahren durch Windkraftanlagen.  Daneben widmet sie sich aber auch einzelnen Vogelarten – Spechten, Mauerseglern oder Greifvögeln. Und verliert nie das Glück aus den Augen.

    Nie klingt sie belehrend. Sie wägt ab, hinterfragt, wechselt die Perspektive, aus der vor allem die großen Streitthemen wie Artenschutz und Landwirtschaft, Naturschutz und Jagd etc. betrachtet werden müssen. Stets bemüht sie sich um Objektivität, doch oft vermittelt sie durch ihre eigene Meinung den nachdrücklichen Wunsch zu mehr Achtsamkeit und Rücksichtnahme. Dabei geht es ihr nicht vordergründig um Statistiken und Zahlen, obwohl sie nicht müde wird, ihre Recherchen durch Expertenaussagen und Studien zu belegen, doch am Ende steht immer das ganz persönliche Erleben, das eigene Glück am Vögelbeobachten.

    Deutlich wird dabei immer, dass es Johanna Romberg um Lebensnähe und Nachahmbarkeit geht, um die Umsetzbarkeit und das Erleben des ornithologischen Hobbys vor Ort. Sie bewirbt durch ihre Recherchen den Artenreichtum in Deutschland und die vielen Möglichkeiten, unkompliziert auf Entdeckertour zu gehen.

    Johanna Romberg findet in ihrer Sprache eine schöne Balance zwischen Sachlichkeit und Emotionalität. Trotz der Fülle an Themen, die sich in den 300 Seiten des Buches verstecken, wirkt es strukturiert und klar, auch wenn die Autorin selbst mehr als einmal erwähnt, kein besonders systematischer Typ zu sein. So berichtet sie (Seite 20):

    „Immer kam mir etwas dazwischen, oder besser gesagt, es flog mir etwas dazwischen, denn meistens war es ein Vogel, der zwischendurch meine Aufmerksamkeit forderte.“

    Diese Zwischendurch-Themen sammelte sie unter der Kategorie Zugeflogen, welche sich zwischen die Kapitel reihen und zum Teil deren Übergänge bilden. Sie heben sich auch farblich vom Buch ab, denn sie sind auf Seiten in hellem Sepia gedruckt.

    Überhaupt ist das Layout des Buches eine einzige Freude, was schon mit dem Einband beginnt. Er war es auch, der meine Aufmerksamkeit im Buchladen anzog. Das erste Blättern durch die Seiten ließ mich dann nicht mehr los. Das farbig gestaltete Inhaltsverzeichnis, die wunderschönen Vogelaquarelle von Florian Frick, die federnbesetzten Seiten des Inneneinbands und das glatte, relativ schwere Papier lassen jedes Herz höher schlagen. Die Liebe, die dieses Buch ausstrahlt, macht es unwiderstehlich und mein erster Gedanke war: Das ist ein Buch, wie ich es auch gerne geschrieben hätte.

    Das Buch trifft einen Nerv unserer Zeit, denn Vogelbeobachtung, auf Neudeutsch Birding, ist längst auf dem Vormarsch und die Hobby-Ornithologie hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen gewaltigen Imagewandel erfahren. Johanna Romberg formuliert es so (Seite 250):

    „Es ist nicht mehr das beschauliche, etwas trutschige Hobby von Wanderern, das es früher war und als das es, in vielen Medienberichten, heute noch dargestellt wird. Vogelbeobachtung ist ein Hightech-Sport geworden, der Aufwand und Einsatz erfordert, jedenfalls dann, wenn man zu den besten des Fachs gehören will.“

    Und während des Lesens bekommt man arg Lust darauf, auf Aufwand und Einsatz, auf das Erleben der Vögel mit eigenen Augen und Ohren, und auf das Glück, was sich dabei tief innen drin breitmacht.

    Ein Link zur Leseprobe gibt es auf meinem Blog unter:
    https://treibholzinsel.wordpress.com/2018/06/08/buchtipp-federnlesen-von-johanna-romberg/


  10. Cover des Buches Der Duft der Dunkelheit (ISBN: 9783963116513)
    Anna Bolavá

    Der Duft der Dunkelheit

    (3)
    Aktuelle Rezension von: buechermango
    “Wer die Bewegungsabläufe beim Abernten der Blüten nicht perfekt koordinieren kann, nimmt nicht mehr als die Menge für den Eigenbedarf mit nach Hause. Bei uns in der Gegend beherrscht das niemand außer mir, und das freut mich. Die Linden hier gehören mir.”

    Anna weiß genau, was sie tut, mit Pflanzen kennt sie sich aus. In der Natur und auf ihrem Dachboden, wo sie die Pflanzen trocknet, fühlt sie sich am wohlsten. Im Sommer wird gesammelt, alles andere ist nebensächlich. Die eigene Gesundheit, das soziale Umfeld und immer mehr die Realität, werden ausgeblendet. 

    Gelernt hat sie alles von ihrer Oma, von der sie auch das Haus in einer südböhmischen Kleinstadt geerbt hat, in dem sie jetzt für ihre Heilkräuter lebt. Nebenan die neugierige Cousine, die den Dorfklatsch antreibt und sich in Dinge einmischt, mit denen Anna sich nicht beschäftigen möchte.

    So idyllisch Annas Leben in und mit der Natur wirken kann, ist es natürlich nicht. Ihr Körper birgt viele Geheimnisse, die Vergangenheit lässt sie nicht los. Der Duft der Dunkelheit ist ein düsteres Buch. Ungewöhnlich, teils phantastisch und einfach fesselnd.

    Anna ist eine wirklich außergewöhnliche Protagonistin. Ihre Leidenschaft hat mich unglaublich gepackt. Ich habe absolut keine Ahnung von Heilkräutern, konnte mich aber wirklich gut drauf einlassen und war unheimlich schnell in der Geschichte gefangen, wollte das Buch kaum weglegen.

    “Außer dem Sammeln interessierte mich im Leben nichts mehr. Das Sammeln, das mir alle möglichen Situationen, Menschen und Ereignisse beschert hat und dann alles so kompliziert gemacht hat.”

    Gleichzeitig ist es erschreckend zu beobachten, wie Anna immer weiter abrutscht, sich verrennt und verliert. Ihre Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar, ihr ganzes Wesen ist außergewöhnlich und bietet viel Interpretationsspielraum. Mich hat ihre Geschichte total fasziniert und bewegt.

    Wir erleben Anna wirklich viel beim Sammeln, Trocknen und Verkaufen, aber natürlich nicht nur. Ich wusste überhaupt nicht richtig, was mich erwartet und muss im Nachhinein sagen, dass der Verlag mit “Schnell entfaltet der Roman einen ungewöhnlichen Sog, dem sich die Leser*innen nicht mehr entziehen können” absolut recht hat. Über den weiteren Inhalt möchte ich gar nicht viel verraten, ihr müsst das einfach erleben.

    Besonders hervorzuheben ist auch der Schreibstil. Anna Bolavá hat die perfekte Mischung aus Natur-und Charakterbeschreibungen gefunden und hat es geschafft einige Bilder in meinem Kopf zu zeichnen. Der teils poetische Schreibstil lädt zum Träumen ein, während sich die Geschichte immer weiter auf ihren düsteren Höhepunkt zubewegt.

    “Alle Menschen haben mich verraten und verlassen, jetzt verlassen mich auch noch meine Kräfte, aber solange etwas blüht, werde ich sammeln.”

    Der Duft der Dunkelheit ist ein einzigartiges Buch, das mich absolut überraschen und überzeugen konnte. Wenn ihr Lust auf eine ruhige Geschichte und eine besondere Protagonistin habt, schaut es euch unbedingt an.

  11. Cover des Buches Nachtlichter (ISBN: 9783442718412)
    Amy Liptrot

    Nachtlichter

    (80)
    Aktuelle Rezension von: Wortgedanken

    Nach Jahren eines wilden und von Alkohol bestimmten Lebens in London kehrt Amy, erschöpft und auf der Suche nach einem neuen Weg, zurück nach Orkney (Schottland), wo sie aufgewachsen ist. Dort, inmitten der rauen Natur und Einsamkeit, beobachtet sie Vögel, schwimmt im eisigen Nordmeer und lässt sich von den Polarlichtern faszinieren. Die Natur wird für sie zur Quelle der Kraft und Klarheit. Schritt für Schritt findet sie zurück zu sich selbst und lernt, ohne Alkohol zu leben.

    Ein Buch, was so vieles vereint und mich sehr beschäftigt hat - nicht nur wegen der ehrlichen und mutigen Selbstreflexion über Alkoholsucht und dem Wunsch nach dem Leben, sondern vor allem auch wegen der atemberaubenden Beschreibungen der Orkneyinseln. Die raue, einsame Natur wird so lebendig geschildert, dass ich beim lesen das Meer rauschen hörte. Ein stilles, starkes Buch über Selbstfindung - und eine Liebeserklärung an die schottische Inselwelt.



  12. Cover des Buches Abendflüge (ISBN: 9783446269309)
    Helen Macdonald

    Abendflüge

    (13)
    Aktuelle Rezension von: tigerbea

    Helen Mcdonald, bekannt durch ihre Bücher "H wie Habicht" und "Falke", liefert mit "Abendflüge" ein neues grandioses Werk ab. Es geht, wie das Cover verrät, um Mauersegler. Aber in diesem Buch geht es auch um andere Wildtiere, sie berichtet über Märchen und Mythen, man entdeckt die Lebensräume der Tiere und erfährt, wie gefährdet diese sind. Helen Mcdonald zeigt hier auf, wie abhängig die Menschheit von der Natur ist und während des Lesens wird deutlich, daß man etwas wirklich wertvolles im Begriff ist zu verlieren. Durch ihre eindringliche Art, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu drohen, nimmt sie den Leser mit auf eine Reise in die Natur, die sie so intensiv beschreibt, daß man sich diesem Bann nicht mehr entziehen kann. Die Autorin schreibt natürlich auch etwas über Umweltschutz - und dies geschieht auf sehr persönliche Art und Weise. Sie kehrt ihr Innerstes nach außen, so daß man ihr ihre Verbundenheit mit der Natur glaubt. Dabei schreibt sie auf eine Art, die sie deutlich von anderen Autoren hervorhebt. Ihr Stil klingt poetisch und ist dabei trotzdem gut lesbar. Man darf kein Buch erwarten, das man mal zwischendurch lesen kann. Für "Abendflüge" sollte man sich Zeit nehmen, um den ganzen Zauber zu spüren, der in diesem Buch steckt!

  13. Cover des Buches Featherhood: 'The best piece of nature writing since H is for Hawk, and the most powerful work of biography I have read in years' Neil Gaiman (ISBN: 9781474609470)
  14. Cover des Buches Mein Jahr als Jäger und Sammler (ISBN: 9783832165871)
    John Lewis-Stempel

    Mein Jahr als Jäger und Sammler

    (8)
    Aktuelle Rezension von: Dr_M
    Verrückte gab es schon immer. Und sie werden vermutlich auch nicht aussterben, weil der Mensch als vernunftbegabtes Wesen gewissermaßen als Ausgleich auch einen Hang zum Irrsinn besitzt. Aber wirklich verrückt ist der gute John nicht. Meine Vermutung ist eher, dass er nach einer Story für ein Buch gesucht hat, denn er lebt von seiner Schriftstellerei. Und Geld hat er dringend nötig. Vor einiger Zeit zog er mit seiner Familie aus London zurück in seine Heimat nahe an Englands Grenze zu Wales. Erst bewohnte die Familie einen kleinen Hof, dann zog es sie zu etwas Größerem, wo sie nun in einer Ruine hausen. Oder im Wohnwagen. Näher beschrieben wird das Elend nicht. Man weiß nur, dass der Baufortschritt in der Ruine recht gebremst ausfällt, die Bank jedoch – wie üblich – neues Geld nur nach Beendigung gewisser Bauabschnitte auszahlt.

    Also beschließt John, dass er mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Er spart bei sich und wird sich wenigstens für ein Jahr nur von dem ernähren, was er auf seinen unbestellten Feldern vorfindet oder was er an tierischer Nahrung erlegen kann. Falls jemand auf die Idee kommen sollte, das in Deutschland nachmachen zu wollen, dann wird er sich schnell mit viel restriktiveren Jagdgesetzen konfrontiert sehen. Und überhaupt: Ich hätte eine John einen anderen Vorschlag gemacht: Einfach eine Arbeit annehmen. Denn am Ende stellte sich nicht ganz unerwartet heraus, dass er mit seiner autarken Ernährung gerade einmal 50 Pfund pro Woche einspart. Das kriegt man mit selbst mit einem Nebenjob hin.

    Auf seine grandiose Idee kommt John ausgerechnet im Herbst, in dem das Anlegen von Reserven für den kommenden Winter schon etwas schwierig wird. Sein Vorhaben platzt dann auch nicht zufällig im März des folgenden Jahres, als er dann doch einen Supermarkt aufsuchen muss.

    Sieht man sich nun Johns Ernährung etwas genauer an, dann besteht sie aus viel laschem Grünzeug, weil Kräuter und Pflanzen nun mal im Herbst und Winter nicht mehr wirklich austreiben. Dazu kommt Kleinvieh, vornehmlich kleine Vögel und Kaninchen. Zu guter letzt gesellen sich noch ein paar Früchte und jede Menge Honig dazu. Ohne Honig wäre John vermutlich schon früher in einen Supermarkt geflüchtet. Sieht man sich seine Rezepte an, von denen es im Buch keinen Mangel gibt, dann findet man fast immer die Zutat Honig. Beobachter seines Tuns stellten sich die Frage, warum er bei seiner sparsamen Ernährung denn nicht abnehmen würde. Nun, die Antwort liegt wieder im Honig. Und im Wein, den er nicht verschmäht. Die Früchte, aus denen er ihn produziert, sind nicht sehr süß, was wieder vermuten lässt, dass er auch dort mit reichlich Honig nachgeholfen hat.

    Spätestens bei seinen Rezepten scheiden sich wohl in Deutschland die Geister. Tatsächlich verlassen sie ihn hier wohl fluchtartig, denn es gibt natürlich keine Gewürze. Und seine Fruchtsoßen zum Fleisch (meist Brombeere) treffen wohl auch nicht unbedingt den hiesigen Geschmack.

    Was bleibt also von diesem Experiment? Zunächst einmal dieses Buch. Und das war wohl auch der Sinn des Ganzen. Danach kommen seine Erfahrungen. Und die sind sehr speziell und wohl auch nicht unbedingt massentauglich. Wer sich schon einmal im Winter auf die Suche nach Wildkräutern gemacht hat, wird genau bestätigen, was auch John empfunden hat. Es verändert die Sichtweise. Man merkt, wie schwer es ist, sich so zu ernähren. Man bekommt eine gewisse Vorstellung davon, wie es Tieren ergeht. Und damit tritt man in eine andere Welt ein, die normale Zeitgenossen nicht kennen. Ich verstehe auch, dass Töten John keinen Spaß machte, er es aber nicht auslassen konnte. Für Mitleid bleibt ihm dort kein Platz, wohl aber für Respekt.

    Was mich an diesem Buch eine ganze Weile wirklich fasziniert hat, ist Johns Erzählkunst. Eigentlich berichtet er immer das Gleiche, doch ziemlich lange wirkt das nicht langweilig. Allerdings hätte ich gerne etwas mehr darüber erfahren, wie seine Frau sein Experiment betrachtet hat. Mit kleinen Kindern in eine Ruine zu ziehen und kein Geld zu haben, ist schon ziemlich verrückt. Und dann auf eine solche Idee zu kommen, anstatt wirklich etwas zum Familieneinkommen beizutragen, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

    Was also lernt man nun aus diesem Buch? In Wirklichkeit nichts, denn hierzulande wird kaum jemand auf eine ähnliche Idee kommen, weil sie erstens so gar nicht zu verwirklichen sein würde und weil sie zweitens nicht wirklich attraktiv, sondern eher ein Schreckensszenario für absolute Notfälle ist.

    Aber gut schreiben kann der Mann. Dafür gibt es die Sterne.
  15. Cover des Buches Die Welt ohne Fenster (ISBN: 9783453292451)
    Barbara Newhall Follett

    Die Welt ohne Fenster

    (31)
    Aktuelle Rezension von: Sanne54

    Das Buch wurde von einer 9- bzw. 12-Jährigen verfasst. Das finde ich schon beeindruckend, wenn ich die Naturbeschreibungen lese. Die Geschichte selbst ist eigentlich schnell zusammengefasst: Ein junges Mädchen, Eepersip, flieht vor der Welt der Erwachsenen in die „Welt ohne Fenster“, um dort in der Natur zu lesen, frei über Wiesen zu tanzen, eigentlich alleine, denn nur die Tiere werden zu losen Weggefährten. Sie ernährt sich von Beeren und Wurzeln und wehrt sich dagegen, von den Eltern zurückgeholt zu werden in die zivilisierte Welt.

    Diese Sehnsucht nach Natur und Freiheit bzw. das Leben jenseits zivilisatorischer Zwänge ist an sich kein völlig neues Motiv, hier wirkt es fast feenartig und auch etwas naiv umgesetzt, denn die Protagonistin ist alles andere als eine Ronja Räubertochter. Für sie bietet das Leben in der Natur Erfüllung, keine Entbehrung. Das macht Spaß zu lesen, aber die fehlende Handlung und die sich wiederholenden, wenn auch zweifellos entzückenden Beschreibungen der Natur alleine waren nicht ausreichend, dass ich immer mit Leichtigkeit über dem Lesen blieb. 

    Faszinierend ist ist Parallele zu Folletts Leben: Die Autorin verschwand mit 24 Jahren selbst spurlos in der Natur.

    Ganz toll finde ich die Gestaltung des Buches. Solch liebevoll gestaltete Bücher findet man leider viel zu selten. 

  16. Cover des Buches Im Vogelgarten (ISBN: 9783960450252)
    Claudia Koppert

    Im Vogelgarten

    (1)
    Aktuelle Rezension von: ElinCorinth
    Nistkastenprotokolle nannte Claudia Koppert 2013 das Material zu „Im Vogelgarten“ , das 2019 im Verlag Atelier im Bauernhaus in Buchform erschienen ist. Das wäre auch ein hervorragender Titel gewesen, denn die sechzehn Erzählungen des Buches sind tatsächlich so etwas wie Nistkastengeschichten. Dank dieser Texte erhält der Leser Einblick in Nester und Gelege, erfährt von ihrer Beschaffenheit, ihrer Schönheit, ihrer Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit.

    Der tiefe Blick in die gut fünfzig Nistkästen im Garten des ehemaligen Forsthauses, in dem die Autorin seit zwanzig Jahren lebt, wird begleitet von Erzählungen über Gäste und Besucher, menschliche als auch tierische, von Nachbarn, von den Haustieren – drei Schafen, zwei Katzen und einer Hündin – von den Feldern und der Autobahn, von den Bäumen, von Glück und Unglück und allem voran von den Vögeln. Dreiunddreißig Arten halten sich übers Jahr im Vogelgarten auf, sechzehn als Brutvögel.
    Natürlich, darin ist es schon etwas mehr, als die eingangs erwähnten Nistkastengeschichten. Das Buch spricht zwischen den Zeilen und zuweilen auch ganz offen an, was nicht stimmt am Naturverständnis unserer Zeit. An den Begradigungen und Einebnungen, den Bereinigungen und Vereinheitlichungen der Landschaft. Da geht es um vogelfreundliche Dachsanierungen, um herbstliche Rasenpflege und Laubgebläse, um Insektenschwund und Prädatoren, um Nistmaterial und Massentierhaltung – aber nie unausgewogen, nie anklagend oder belehrend. Eher wie eine Feststellung: „So ist es eben.“
    Ja, manchmal klingt auch eine leichte Resignation durch.

    „Garten“ ist das Thema des Buches. Garten als Lebensraum und seine Bewohner als Messlatte dessen, was in ihm wachsen und gedeihen soll. Opulenz liest sich da heraus, von üppigen Hecken ist die Rede, von Blütenpracht in jeder Ecke und zu jeder Jahreszeit.

    Es ist ein Buch, das von einer großen Freiheit erzählt, einer feinen Balance aus Distanz und Nähe der Gartenbewohner zueinander, einem mal mehr und mal weniger scheuen sich Annähern aneinander. Ein beneidenswert unkompliziertes Miteinander durch Höhen und Tiefen des Gartenjahrs, an dem uns Claudia Koppert teilhaben lässt.

    Sie schaut in die Nistkästen – mal aus Neugier, mal aus Sorge – und erblickt Tod und Leben darin, manchmal auch nur noch die Überreste des einen oder des anderen. Sie fotografiert, notiert, markiert, dokumentiert. Sie sammelt das ausgebürstete Fell des Hundes, welches sie in allen möglichen Nestern verbaut wiederfindet (ohne dass sich ein Vogel darin verfangen hätte…).
    Sie entdeckt Kurioses, wie die akkurat eingearbeitete blaue Plastikschnur in einem Spatzennest, welche zur ersten Brut die Nestkante fein säuberlich umrandet, und etwas später die des erweiterten Nestes der zweiten Brut ebenfalls, wieder fein säuberlich drapiert, und schließlich entdeckt sie diese Schnur noch im Dezember in einem der Kästen, in denen sich das Sperlingspaar ein Schlafnest eingerichtet hat.

    Während man all diese Geschichten liest, wünscht man sich, auch solche Geschichten erzählen zu können. Zwangsläufig denkt man immer wieder über das eigene Naturverständnis nach. Ich glaube, es ist diese intensive Nähe zu den Gartenbewohnern, die fasziniert, die Sehnsucht weckt nach eigenen Erlebnissen dieser Art, die nämlich etwas wert sind, weil sie etwas kosten. Sie erfordern unseren Fokus, unsere Aufmerksamkeit. Sie verlangen unsere Zeit und Hingabe. Sie erwarten von uns, Prioritäten zu ändern, aufzugeben, loszulassen, anders zu machen.
    Und so finden sich auch Erzählungen im Buch, davon, was zählt und was lohnt. Der Garten ist eine Lebensaufgabe, ein Werk der Endlosigkeit, wenn man so will. Ein Ort in dem nichts nur aufwärts strebt, sondern in dem auch verwelkt, verdirbt, stirbt, für das man sich so aufgerieben hat. Er ist ein Ort der Mühsal und was darin gedeiht, könnte man auch andernorts einfacher haben. Aber ist das nicht genau der Punkt? Verliert man dadurch nicht die Nähe zum Garten, zur Natur? Verliert man nicht dadurch auch das Interesse und die Liebe daran? Wie also kann man dann noch erwarten, solche Geschichten erzählen zu können…

    Claudia Koppert wurde 1958 in Heidelberg geboren und ist studierte Sozialpädagogin, wusste aber nach Studienende, dass das nichts für sie war. Es zog sie ins Verlagswesen, ab 1981 als Lektorin für Verlage in Heidelberg und Berlin, und sechs Jahre später als freie Lektorin, vorwiegend von Sachliteratur und wissenschaftlichen Texten. Neben einer zweijährigen Lehrtätigkeit an der TU Berlin im Bereich Frauenforschung, hielt sie Vorträge und veröffentlichte erste eigene Texte. Der literarische Durchbruch kam 2003 mit ihrem Roman Allmendpfad.

    Wir brauchen mehr dieser Bücher. Mehr Nature Writing. Mehr persönliche Erlebnisse und Erfahrungen und den Austausch darüber. Es gibt genug Regeln, die wir einhalten, genug Aspekte, die wir berücksichtigen müssen. Genug Sachbücher und Fachliteratur, die uns die Welt erklären. Was fehlt, ist die Erfahrung des Einzelnen mit alledem.
    Wir brauchen aber auch mehr dieser Naturbücher, die uns die Furcht vor der Naturnähe nehmen. Die Furcht, noch mehr zu stören und zu zerstören. Aber auch die Furcht, wieder Teil des Ganzen zu werden. Es braucht Bücher, die uns von der Naturlust erzählen, von den freiwilligen Entbehrungen, von der Abkehr des Überflusses, von der zivilisatorischen Askese, damit wir wieder hinein finden in die Natur. Kein Ort wäre dafür besser geeignet, als der eigene Garten.

    Die vollständige Rezension mit Textzitaten, Illustrationen aus dem Buch und weiteren Infos gibt es auf meinem Blog: https://treibholzinsel.de/2019/08/16/im-vogelgarten-von-claudia-koppert/

  17. Cover des Buches Mistral (ISBN: 9783985680696)
    Maria Borrély

    Mistral

    (27)
    Aktuelle Rezension von: renee

    Maria Borrély beschreibt hier in „Mistral“ das malerische Leben in einem Dorf in der Haute Provence in einer vergangenen Zeit, sie schreibt sich ihre Liebe für diese Landschaft von der Seele. Aber nicht nur dies beschreibt sie. Sie beschreibt auch wie der Mistral, eine unberechenbare Kraft wütet, dieses beschauliche Leben in dem Dorf in der Haute Provence durcheinanderbringt. 

    Marie geht wie alle anderen Menschen im Dorf auch ihrer Arbeit nach. Das Dorf floriert. Mehr oder weniger. Denn die Lage des Dorfes ist für seine Bewohner in seiner Hochlage auch anstrengend und so sind manche fortgezogen, haben örtlich weniger anstrengende Lebenssitze gewählt. Die Natur und der Jahreslauf bestimmen die zu erledigenden Arbeiten und die Dorfbewohner haken die Dinge auf ihrer To-Do-Liste ab, mit diesen Arbeiten zieht die Zeit vorbei.

    Doch der Jahreslauf bestimmt auch für die Menschen etwas. Und so trifft die Liebe auf Marie. In Gestalt des vom Wind daher gewehten Olivier. Doch Marie verwechselt sein Begehren mit der Liebe, mit ihrer Liebe. Und so weht der Wind ihren herzallerliebsten Olivier wieder weg. Zurück bleibt eine zerstörte Marie, die bis vor kurzem noch straight ihrer Arbeit nachgegangen ist.

    Marie wird klar, dass sie einer Lüge aufgesessen ist und Marie ist stolz. Und so geht sie den Weg der Stolzen, sie kann nicht mit ihrer Schande leben, die in dem Dorf sicher ein Dauerthema war. Sie war durch Olivier stigmatisiert worden.

    Die Autorin Maria Borrély wurde 1890 in Marseille geboren, „Mistral“ erschien 1930 bei Gallimard unter dem Titel „Sous le Vent“. Ist 1930 die Zeit einen Roman zu veröffentlichen, in dem männliche Eroberungslust angeklagt wird? Mutig von Maria Borrély solch ein Buch zu schreiben, wie ich finde. Und auch schön, dass solch ein Buch bei Gallimard herausgebracht wurde. Denn nicht nur die Liebe zur Haute Provence wird in diesem Buch deutlich. Auch eine Kritik an der patriarchalen Lebens- und Denkweise kommt hier lautstark zum Vorschein, wie ich finde. 

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