Bücher mit dem Tag "neue medien"
25 Bücher
- Timur Vermes
Er ist wieder da
(3.400)Aktuelle Rezension von: bibliophilaraWas macht eigentlich schwarzen Humor aus? Zuallererst ein Thema, das von der Allgemeinheit als negativ und ernst zu nehmen erachtet wird wie beispielsweise Krieg, Verbrechen, Konflikte, Krankheit oder Tod. Dieses Thema wird dann auf makabre Art und Weise banalisiert, in das heutige Zeitgeschehen gerückt und am besten löst dies dann noch eine hitzige Diskussion darüber aus, wo die Grenzen des guten Geschmacks liegen. Und bei welcher Figur wäre die Debatte nicht kontroverser und würde mehr Aufsehen erregen als Adolf Hitler? Das alles scheint, zumindest grob zusammen gefasst, das Geheimnis von Timur Vermes‘ Politsatire „Er ist wieder da“ aus dem Jahr 2012 zu sein. Der Debütroman hielt sich über 90 Wochen lang auf der Spiegel-Bestsellerliste, davon 20 Wochen auf Platz eins, wurde in 38 Sprachen übersetzt, das Hörbuch verkaufte sich 300.000 Mal und 2015 kam die Verfilmung mit deutschen Schauspielern wie Katja Riemann, Christoph Maria Herbst, Michael Kessler und Oliver Masucci als Hitler in die Kinos. Die Frage, die uns Lesern hier gestellt wird heißt: Steckt in uns nicht noch immer ein bisschen Hitler?
30. August 2011: Adolf Hitler erwacht auf einer Wiese in Berlin Mitte. Seine letzte Erinnerung ist die an den Führerbunker. In verdreckter Uniform sucht er den Weg zur Reichskanzlei, um den Krieg weiterführen zu können, bis er auf einer Tageszeitung das aktuelle Datum liest. Schnell macht er mit seiner Optik, aber vor allem seinem unverkennbaren Auftreten auf sich aufmerksam. Doch die Leute halten ihn für einen brillanten Komiker und so kommt er schnell in die Medien, die er dafür nutzen will, das politische Regime wieder an sich zu reißen und da weiterzumachen, wo er 1945 aufgehört hat.
Wer sonst sollte die Geschichte erzählen, als der Führer persönlich in der Ich-Perspektive und im Präteritum? Auch die 36 Kapitel auf fast 400 Seiten sind wie damals üblich in römischen Zahlen geschrieben. Besonders gut gestaltet sind auch die „Bild“-Zeitungsartikel, die im Buch abgedruckt sind und vom „irren Youtube-Hitler“ handeln. Nach einem Prolog, in dem Hitler über seine erschreckende Zukunftsvorstellung Deutschlands nach seinem vermeintlichen Suizid 1945 sinniert, beginnt seine Karriere in Berlin. Er ist der ganz typische Hitler, so wie ihn sich die meisten Deutschen vorstellen: narzisstisch, exzentrisch, laut, berechnend und natürlich rassistisch und antisemitisch. Sprachlich erweist er sich gleichermaßen als facettenreich, wie einfach: Er verwendet zahlreiche Metaphern und Vergleiche, die vor Pseudologik und Scheinkausalitäten nur so strotzen und redet in einem harschen Ton mit seinem Umfeld, eben so wie man es aus seinen politischen Reden im Dritten Reich kennt. Regelmäßig fallen Floskeln wie „man muss“, „deutsche Volksgenossen“, „ich habe immer“ oder „jüdischer Bolschewismus“.
Trotz seiner rednerisch berüchtigten Qualitäten wird er gleichermaßen als Tollpatsch dargestellt. So versucht er ans Handy zu gehen ohne dabei abzuheben und ignoriert die Tatsache, dass es nach wie vor klingelt als hätte er noch nie telefoniert, was definitiv falsch ist. Er bezeichnet zudem, obwohl er es mehrfach korrekt hört, die Computermaus als „Mausgerät“ oder das Internet als „Internetz“. Am Anfang mag dies ja noch ganz lustig sein, aber dass er das konsequent bis zum Schluss durchzieht, lässt ihn dümmer wirken, als er tatsächlich war, auch wenn dies wünschenswert gewesen wäre.
Der Humor entsteht aber auch zum anderen und größtenteils dadurch, dass er in Dialogen permanent an seinen Gesprächspartnern vorbeiredet. Während er seine Aussagen absolut ernst meint, gehen die Berliner davon aus, dass er einfach ein genialer Komiker sei, der niemals aus seiner Rolle falle, ein sogenannter Method-Actor. Sobald es zu einer Auflösung des Geschehens zwischen beiden Parteien kommen könnte, wird der Dialog dem Humor zuliebe in eine andere Richtung gelenkt, was manchmal zu inszeniert erscheint. Hitler selbst scheint naiverweise nicht einmal auf die Idee zu kommen, dass die Menschen ihn selbstverständlich nicht für den echten Diktator aus dem Zweiten Weltkrieg halten, obwohl seitdem inzwischen schon fast 70 Jahre vergangen sind und er theoretisch schon 122 Jahre alt sein müsste. Das mag zwar unlogisch sein, aber genauso unlogisch ist es, dass Hitler wiederaufersteht. Wer also von diesem Buch erwartet, dass es eine exakte und realistische Darstellung dieser „Was wäre, wenn…“-Hypothese ist, wird hier nicht zufrieden gestellt. Aber diese Intention steht ja auch nicht hinter „Er ist wieder da“.
Die für mich beste, witzigste und prägnanteste Szene im Buch ist, als Hitler mitsamt Kameramännern die NPD-Parteizentrale unangekündigt stürmt und den Vorsitzenden vorwirft eine grauenhafte Politik zu machen. Damit meint er selbstredend, sie seien ihm nicht extremistisch genug. Dass, wie fast jeder weiß, manche Rechtsextremisten auch heute noch den Holocaust leugnen, Stichwort: Ursula Haverbeck, erachtet der Protagonist als wahre Schande und Verleugnung seiner glorreichen Taten. Die Presse versteht dies jedoch als Kritik am Rechtsextremismus an sich und feiert den neuen Hitler. Gegenwind scheint dieser gekonnt in die Schranken zu weisen, somit wird die Zahl seiner Fans immer größer, wodurch sein Einfluss rasant zunimmt und er von einer lustigen Fernsehfigur immer weiter zur Bedrohung mutiert. Dementsprechend lässt auch der Humor nach dem NPD-Kapitel spürbar nach, was jedoch nicht nur an der reduzierten Zahl an Witzen liegt, sondern auch daran, dass sie stets nach etwa demselben Schema verlaufen und deswegen zu vorhersehbar werden. Ab der zweiten Hälfte lässt die Politsatire durch mauere Witze und dem schlecht umgesetzten Twist also leicht nach. Dieser kommt deutlich zu spät und leider nicht heftig genug.
Das Ende bleibt trotz einer Überraschung relativ offen, womit ich anfangs nicht gerechnet hätte, was aber durchaus Sinn ergibt. Dem Leser soll selbst überlassen werden, wie er mit Hitler umgehen möchte, um so das Schicksal Deutschlands selbst zu gestalten. Denn jeder von uns bestimmt die politische Zukunft des Landes.
Seit Charlie Chaplins „Der große Diktator“ aus dem Jahr 1940 muss Adolf Hitler immer wieder als Witzfigur herhalten. Wie gut ist also die von Timur Vermes? Und inwiefern ist es in Ordnung über einen Mann zu spaßen, der geschätzt etwa 80 Millionen Menschen den Tod gekostet hat? Ich finde es gut über Hitler, seinen Fanatismus und seine Weltanschauung zu lachen, denn so zeigt man, dass man ihm nicht ansatzweise Respekt zollt und gänzlich widerspricht. Man lacht ihn sozusagen regelrecht aus. Es ist jedoch nicht okay darüber zu lachen, was er unzähligen Menschen angetan hat oder dass nach dem Ersten Weltkrieg und in größter Not tatsächlich Menschen auf seine Versprechungen hereingefallen sind. Diese Menschen waren keine Dummköpfe, sie hatten enorme Existenzängste. Solange man also nicht aus Sympathie für Hitler oder aus Respektlosigkeit gegenüber der Opfer des Dritten Reiches lacht, ist es vollkommen legitim Rassisten lächerlich zu machen. Und auch Vermes‘ versteckte Frage, ob Hitler nicht immer noch unter uns lebt, kann ich bejahen. Wie sonst kann man sich ein peinliches Ergebnis von 7,4% für die AfD im nordrhein-westfälischen Landtag erklären? Bis zum Jahr 2017 existierte die Internetseite „afdodernpd.de“, die verschiedene Zitate zeigte, von denen man erraten sollte, ob diese von Politikern der AfD oder NPD gesagt wurden. Das war deutlich schwieriger, als man vermuten würde. Leider gibt es diese Seite inzwischen nicht mehr. Ihr seht: Er ist tatsächlich in Form von rechtspopulistischen Menschen wieder da, die es immer gegeben hat, aber jetzt gerade in Zeiten der Flüchtlingspolitik wie Unkraut aus dem Boden sprießen. Umso wichtiger finde ich Vermes‘ humorvollen und gelungenen Beitrag ein Zeichen gegen diese Leute zu setzen, anstatt zu schweigen, wie es 1933 im Dritten Reich passiert ist. Auch nach fünf Jahren hat die Politsatire nichts an ihrer Aktualität eingebüßt und trotz kleiner Schwächen kann ich dieses Buch und ganz besonders das Hörbuch jedem empfehlen, der mit schwarzem Humor und einer normalen politischen Gesinnung lebt. Ich gebe „Er ist wieder da“ vier von fünf Federn.
- Aygen-Sibel Çelik
Blogstar Opa - Mit Herz und Schere
(42)Aktuelle Rezension von: LeosUniversumInhalt:
Mit ihren fast 13 Jahren möchte Greta ihre Leidenschaft zum Nähen mit anderen teilen. Einen eigenen YouTube-Kanal zu haben, auf dem sie ihre selbst entworfene und selbst geschneiderte Kleidung präsentieren könnte, ist ihr größter Traum. Leider ist ihre Mutter nicht besonders angetan von dieser Idee. Einen Fürsprecher findet sie in ihrem Opa, der früher Kostümschneider am Theater war, und Gretas Entwürfe toll findet. Vielleicht kann er Gretas Mutter überzeugen?
Meinung:
Das Cover ist farbenfroh, fröhlich und lebenslustig. Die Kapitel sind übersichtlich und der Textfluss wird durch zahlreiche, liebevoll gestaltete Illustrationen aufgelockert. Der Schreibstil der Autorin ist erfrischend und kindgerecht, die Erzählweise spritzig und lebendig. Außerdem wurden WhatsApp-Nachrichten und #Hashtags in den Fließtext eingebunden, die sehr gut zum kreativen Thema passen. Selbst gemacht ist trendy! Deshalb gibt es am Ende des Buches auch Nähanleitungen für einen schicken Rock und eine stylische Tasche. Die illustrierten Anleitungen sind kreativ und sehr leicht umzusetzen.
Erzählt wird die Story aus der Sicht der 12-jährigen Protagonistin Greta, die gerne näht. Ihre Kreativität hat sie von ihrem Opa geerbt, der früher Kostümschneider an einem Theater war und nun Gretas Traum unterstützt und ihre Leidenschaft zum Nähen fördert. Auch Gretas beste Freundin Mimi ist ein sympathisches Mädchen, die Greta zur Seite steht und ihr Rückhalt gibt. Dass Gretas Mutter anfangs Bedenken hat und den YouTube-Kanal nicht erlaubt, kann ich gut nachvollziehen. Das Internet hat so seine Schattenseiten und Gretas Mutter, die nach der Scheidung nun ganz alleine die drei Kinder erzieht, möchte ihre Kinder einfach nur beschützen. Die Welt kann manchmal so ungerecht sein, wenn man nicht das bekommt, was man sich so sehr wünscht. Jedoch ist jeder Traum realisierbar, wenn man so eine tolle Familie hat wie Greta.
Themen wie Freundschaft, Zusammenhalt und Familie werden in diesem Buch wunderschön zusammengefasst. Selbst Themen wie Cybermobbing oder auch Social Media kommen nicht zu kurz. In Greta werden sich viele Mädchen wiederfinden, die Träume haben und deswegen belächelt werden oder gar für ihr „Anderssein“ ausgeschlossen und gemobbt werden.
Fazit:
Der Autorin Aygen-Sibel Çelik ist mit „Blogstar Opa - Mit Herz und Schere“ ein lustiger und authentischer Reihenauftakt gelungen. Band 1 ist eine in sich abgeschlossene Geschichte und beschert coolen und kreativen Mädchen im Alter von 10 - 13 Jahren unterhaltsame Lesestunden. Die zwei Nähanleitungen am Schluss des Buches sind außerdem eine megastarke Idee und sehr leicht umzusetzen. Deshalb erhält dieses Buch auf jeden Fall 5 von 5 Sternchen. - Daniel Kehlmann
Ruhm
(646)Aktuelle Rezension von: Leseratte_09Die Idee von Daniel Kehlmann, einen Roman in 9 Geschichten zu erzählen, finde ich einen spannenden Ansatz. Den Bogen zwischen den einzelnen Geschichten bilden einzelne oder mehrere Figuren, die in den unterschiedlichen Erzählungen auftauchen. Doch für mich wirkte der Roman irgendwie hingeworfen, zusammengeschustert und ein wenig lieblos gewollt. Die Geschichten haben jeweils kein wirkliches Ende und der Schluss einer Geschichte ist nicht gleich ein Anfang für die nächste Geschichte. Das hat mir die Freude an der Lektüre getrübt.
Berührt hat mich lediglich die Geschichte um die alte Frau Rosalie. Alle weiteren Geschichten haben mich entweder gar nicht berührt oder waren für mich zäh zu lesen. Wahrscheinlich hatte ich bei all den guten Kritiken und auch dem großen Namen der aktuellen deutschen Literatur Daniel Kehlmann einfach etwas ansprechenderes erwartet. Ruhm war für mich kein rühmlicher Roman, auch wenn an einigen Stellen die Erzählkunst Kehlmanns durchscheint und ich die Grundidee nach wie vor spannend finde
- Robin Sloan
Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra
(545)Aktuelle Rezension von: MissStoryAlleine die Grundidee des Buches hat mich dazu veranlasst es zu lesen. Wer möchte auch nicht in einer mysteriösen Buchhandlung arbeiten, indem seltsame Kunden ein und ausgehen und es ein altes Rätsel zu lösen gilt? Ich mochte den Schreibstil von Robin Sloan sehr gerne. Er war einfach zu lesen und humorvoll noch dazu! :) Die Mischung aus neuer Technologie und den alten Werten der Gemeinschaft des Ungebrochenen Buchrückens zeigen uns, dass altes sehr wohl überdauern kann und selbst in der Moderne Ihren Platz findet. Das eine schließt das andere nicht automatisch aus und das bringt der Autor finde ich in der Geschichte gut zur Geltung. Einzig und alleine die Romanze zwischen Kat und Clay hätte meiner Meinung nach nicht unbedingt sein müssen, da die Beziehung der beiden meiner Meinung nach sehr Oberflächlich beschrieben wurde und mir deshalb irgendwas gefehlt hat um mit den beiden zusammen warm zu werden. Auch das Ende des Buches kam mir wie eine schnelle Abarbeitung der einzelnen Charaktere vor. Hier wurden nur schnell die neuen Tätigkeiten nach der Auflösung des Rätsels erwähnt was ich als sehr schade empfand. Nichtsdestotrotz ist es ein gutes Buch, mit lustigen Charakteren und einer tollen Botschaft.
- Gytha Lodge
Wer auf dich wartet
(162)Aktuelle Rezension von: Emili"Wer auf dich wartet" ist das 2. Buch der Reihe um den Detectiv Chief Inspector Sheens. Wie erwartet, hat mir auch dieses Teil der Reihe gut gefallen. Wie gewohnt begleiten wir den Detectiv bei seiner Ermittlung. Diesmal geht es um einen grausamen Mord an der Kunststudentin Zoe in ihrer eigenen Wohnung. Erschreckend dabei, ihr Freund hat die Tat per Skype anhören müssen und anschließend die Polizei informierte. Als Täter kommt er also nicht infrage. Interessant fand ich den Aufbau des Romans. Nach und nach erfährt der Leser die Lebensumstände der Kunststudentin, schnell wird es klar, dass Zoe ein Geheimnis hütete. Die Ermittlungsarbeit fand ich spannend, wie gewohnt, erfährt der Leser auch einiges aus dem privaten Leben. Die Suche nach dem Täter bietet viele Verdächtige, Momente des Grübelns und Rätselns. An sich ein unaufgeregter Thriller, mit weniger Action, doch fesselnd erzählt. Mir hat das Buch gut gefallen.
- Lyl Boyd
Stau
(27)Aktuelle Rezension von: sydneysider47Worum geht es in der Geschichte:
Marie und Dirk sind mit ihrem Sohn Björn auf dem Weg in den Urlaub. Während die Eltern streiten und diskutieren, geraten sie mit ihrem Auto in einen Stau. Da hat Björn die rettende Idee…
Meine Meinung zu dieser Kurzgeschichte:
„Huch – schon zu Ende?“, dachte ich, als die Geschichte ausgelesen war. Der Schluss der Geschichte ist auf jeden Fall überraschend und zeigt, dass auch junge Leute, die von ihren Eltern nicht immer ernstgenommen werden, oft unterschätzt werden. Auch sie haben kreative Ideen – die beispielsweise Power in die Eintönigkeit eines Staus bringen können.
Die Story ist flott geschrieben mit vielen Dialogen aus der Sicht des auktorialen Erzählers. Marie und Dirk sind unsympathisch, weil sie dauernd meckern. Daran ist nicht nur der Stau schuld. Ihr Sohn Björn ist auf den ersten Blick ein Träumer, der sich nur mit seinem Smartphone beschäftigen kann. Er ist aber ein durchaus aufgeweckter Bursche, der über sich hinauswachsen kann und zur richtigen Zeit die richtigen Ideen hat.
Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung.
- Manfred Spitzer
Künstliche Intelligenz
(52)Aktuelle Rezension von: ENIIch erhoffte mir von diesem Buch, eine Mischung aus technischen Erläuterungen und einer sozialen Betrachtungsweise zu lesen, denn so interpretierte ich den Klappentext. Leider wurden diese Erwartungen nicht erfüllt.
Die technischen Erläuterungen waren so geschrieben, dass sie mich langweilten oder ich sie nicht verstand. Danach folgte die Geschichte der Entwicklung der IT bis zur KI. Leider las sich auch das nicht gut. Die Beschreibungen von einigen Anwendungsbereichen, wo die KI eingesetzt wird, langweilten mich. Es wurde alles zu detailliert. Die sozialen Betrachtungsweisen fehlten mir. Ich habe das Buch nach einem Drittel abgebrochen und habe den Rest überflogen. Das hat mich überzeugt die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
- Anthony McCarten
Ganz normale Helden
(72)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderEs ist bald ein Jahr her, dass Donny mit 14 Jahren seinem Krebsleiden erlag. Seine Eltern Renata und Jim kommen nur schwer in so etwas wie Alltag zurück. Ein neues Haus, ein Umzug, dass könnte die Lösung sein und jeder kämpft an einer anderen Front und versucht zurück in eine Art Normalität zu kommen. Der 18jährige Jeffrey vermisst seinen Bruder auch und verarbeitet und trauert auf seine eigene Art. Die Eltern kommen nicht mehr an ihn heran und finden es komisch, was er so treibt und woher er plötzlich Geld hat. Die Eltern selbst kommen aber auch nicht mehr an sich heran und Misstrauen, Eifersucht, Trauer, Wut und Angst lähmen all zu oft ein normales Leben. Jim forscht im Leben seines älteren Sohnes nach und entdeckt, dass das Internet seine Zuflucht ist und zwar die virtuelle Welt LOL. Hier ist Jeffrey ein Held und Jim steigt selbst ein und begibt sich auf dünnes Eis und möchte doch nur eins, glücklich sein, zu seinem Sohn, seiner Frau zurück zu finden. Renata wiederum hält den Facebook Account von Donny aufrecht und schreibt und postet fleißig weiter und hütet einen Ballon wie ihren Augapfel, denn darin befindet sich der Atem von Donny. Auch sie findet Spuren ins Internet. Wird auch sie eintauchen und hier neu anfangen? Aber ist das die Lösung und kann man so wieder zurück ins normale Leben zurück kehren, ohne Donny zu vergessen? [Superhero[ war ein großer Erfolg und hat die bewegende Geschichte von Donny erzählt. Antohny McCarten hat mit [Ganz normale Helden[ quasi eine Fortsetzung geschrieben, aber es ist auch ein ganz eigenständiger und sehr berührender Roman für sich. Anfangs ist es alles sehr lähmend und McCarten vesteht es auf großartige Art und Weiße die Trauer, Wut und Verzweiflung zu vermitteln. Der Aspekt mit dem Internet und der Welt LOL ist sehr aktuell und wird immer mehr zum alltäglichen Gebrauch in unserer Welt. Ist das die richtige Lösung? Kann man hier Erfüllung finden? Anthony McCarten verlangt uns Lesern mit diesem Buch so einiges ab und bringt uns in sämtliche Gefühlslagen. Nicht nur die Trauer und Wut sondern auch Lust, Leidenschaft, Liebe, Vergebung, Zuneigung und auch böse Spiele. Ein neues großes Buch mit viel Leidenschaft und Tiefgang.
- Daniel Glattauer
Gut gegen Nordwind
(262)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderAndrea Sawatzki und Christian Berkel lesen mit wunderbaren Stimmen und viel Gefühl diese großartige Geschichte von Daniel Glattauer. Dies ist eine großartige und wunderbare Geschichte. Emmi will eigentlich nur ein Zeitschriftenabo kündigen, aber es kommt auf Ihre eMails nie eine Antwort. Dann doch, von einem Leo. Seine Adresse ist so ähnlich wie die der Zeitschrift und so beginnt ein eMail Kontakt. Sie versuchen heraus zu finden wer der Andere ist, wie alt, was er macht, braucht und die Worte werden immer persönlicher und intimer. Zu einem Treffen können sie sich nicht durchringen und schreiben weiter und der Kontakt wird intensiver und inniger und immer wieder die Frage, wer ist der Andere und treffen wir uns doch? Daniel Glattauer hat mit Gut gegen Nordwind etwas wunderbares geschaffen. Anfangs ein Geheimtipp und dann ein Bestseller. Etwas großartiges. Psychologisch, tief gehend, warm und ganz einfach wunderbar.
- Oliver Welke
Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk
(43)Aktuelle Rezension von: DuffyWelke und Wischmeyer stellen vor: Deutsche Helden privat und ein paar, die es nicht in das Buch geschafft haben. Wenn sich zwei Mächtige der scharfsinnigen Satire und der durchtriebenen Wortgewalt zusammentun und ein Buch machen, kann es nur daneben gehen oder großartig werden. Hier ist es großartig geworden, die Lachschübe kommen stoßweise und heftig, die brillianten Wendungen von Wischmeyer werden ergänzt durch Welkes schon aus der Heute-Show bekannten Neuwortschöpfungen, zusammen ein unschlagbares Team und es bekommt jeder "Held" in Deutschland sein Fett weg, in diesem Buch ist alles, was der Deutsche über A-S Promis, Politker und sonstige Medienschergen wissen muss. Wer sich vorbehaltlos amüsieren will, herzhaft lachen und auch ein paar Wahrheiten verträgt, der ist hier genau richtig. Viel Vergnügen. - Ceri Radford
Das Leben ist kein Gurkensandwich
(76)Aktuelle Rezension von: secretworldofbooksEin Satz zum Buch :" Ich mag es!"
Hier haben wir wieder eine Lektüre, wo die Meinungen der Leserschaft auseinander klaffen. Mir hat es gefallen. Typisch trockener britischer Humor. Ich kann die Protagonistin Constance Harding voll verstehen. Ein Mann der auf Abwegen ist, anstatt sich um seine Familie zu kümmern. Zwei Kinder die aus ihrem Leben so gar nicht das machen wie von ihrer Mutter erwartet. Und in der Gemeinde hat sie auch viel um die Ohren.
Die Handlung ist amüsant und urkomisch. Vielleicht muss man für diesen Roman selbst schon ältere Kinder haben um ihn besser verstehen zu können.
- Verena Gonsch
Digitale Intelligenz
(5)Aktuelle Rezension von: Simi159Warum sind wir Deutschen den neuen Techniktrends gegenüber so misstrauisch? Warum gibt es so viele Vorurteile? Welche Angst steckt dahinter?
All diese Fragen, geht die Autorin, Verena Gonsch, in ihrem Buch „Digitale Intelligenz: Warum die Generation Smartphone kein Problem, sondern unsere Rettung ist“ nach. Unterstützt wird sie dabei mit Beiträgen von Till Raether.
Denn während wir im Allgemeinen die Medienzeit unserer Kinder, möglichst klein und kurz halten, Computer Spiele verbieten schreitet die Digitalisierung immer schneller voran. Und anstatt uns dagegen zu wehren, und Angst davor zu haben, sollten wir „Eltern und Großeltern“ in die Digitale Welt unserer Kinder eintauchen begreifen wo Digitalisierung gut und wirklich hilfreich ist. Das Leben positiv verändert und unsere Kinder fit für eine technisierte Zukunft werden.
Die Idee und auch der Ansatz, das Technik - Computer - Handys etc. nichts Schlechtes sind, diese uns und unser Leben weiter bringen, ist nicht neu, doch die Autorin beleuchtet nicht nur die heutige, gängige bekannte Technik, sondern denkt und spinnt für jeden Bereich diese weiter. Wirft einem fiktiven Blick in die Zukunft der Technik, ihre Anwendungen und Auswirkungen für unser Leben. Till Raether steuert Alltagsgeschichten, wie gemeinsames Computerspielen mit seinem Sohn, bei. Die direkt einen Bezug zum hier und jetzt zeigen.
Verena Gonsch zeigt so auf, was in wenigen Jahren für uns ganz normal sein wird. Selbstfahrende Autos, intelligenter Häuser, Schüler die Lehrer unabhängig unterrichtet werden. Ganz viele Beispiele die sowohl unsere Kinder als au h uns im Alter als Rentner betreffend könnten, bekommt der Leser, vorgestellt.
Ob dies dem Leser die Angst vor der Technik, der technisierten Zukunft nimmt, Ich weiß es nicht.
Es ist interessant zu lesen, wenn auch an vielen Stellen nicht neu, und für teilweise klischeehaft beleuchtet werden. Der Aspekt, der Einbindung der Kinder und Jugendlichen kommt mir auch etwas zu kurz. Egal, alles in allem ist es ein guter Ansatz mit einem schönen umfassenden Blick auf das, was möglich wäre, wenn wir uns nicht wehren, sondern die Zukunft, und ihre technischen Erfindungen sinnvoll in unser Leben lassen.
Vier Sterne
- Walter Benjamin
Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit
(31)Aktuelle Rezension von: SabWeKnapp 40 Seiten umfasst Walter Benjamins berühmter Aufsatz zur technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken und gilt trotz dieser Kürze als „Gründungsdokument der modernen Medientheorie“.
In seinem Essay befasst sich Benjamin mit der Frage, wie die Möglichkeit, Kunstwerke unendlich zu reproduzieren, unsere Wahrnehmung von Kunst und unsere Bewertung und Interpretation von Wirklichkeit verändert.
Der Aufsatz entstand 1936, als Benjamin selbst sich bereits ins Exil flüchten musste, und entstand daher vor dem Hintergrund des sich zum Massenphänomen entwickelnden Faschismus. Doch hat er auch mehr als acht Jahrzehnte später noch nichts an Bedeutung verloren, weshalb er aus meiner Sicht unbedingt auf den Kanon jener Werke gehört, die in allen Schulen und Universitäten gelesen werden sollten.
Fragen, mit denen ich dem Text begegne
Gelesen habe ich Benjamins Essay mit ganz eigenen Fragen im Kopf. Ich befasse mich derzeit sehr intensiv mit der Frage, wie sich unsere sinnliche Wahrnehmung durch die Nutzung von Technologien verändert. Mich interessiert insbesondere das Phänomen des Gaffens, mit dem sich Rettungskräfte heute immer häufiger konfrontiert sehen. Dieses steht für mich in einem Zusammenhang mit einer neuen Form von Gewalt: Dem Cybermobbing und speziell dem Hochladen von entwürdigenden und gewalttätigen Aufnahmen am Smartphone.
Meine Thesen dazu lauten, dass
- sich durch den massenhaften Konsum von technisch vermittelten Bildern die Wahrnehmung vieler Menschen bereits vehement verändert hat.
- Gaffer und Gewalttäter, die ihre Taten filmen, sich mit dem Smartphone verbinden, nicht aber mit dem Geschehen, das sie aufnehmen. Dies umso mehr, da es sich zumeist um Laien handelt, die die Technologie nicht „im Griff“ haben.
- diese Menschen etwas „Einzigartiges“ schaffen wollen, was erst dadurch an Wert gewinnt, dass sie es anschließend wie ein Kunstwerk in ihre Netzwerke hochladen und präsentieren können.
Alle drei Thesen sehe ich durch Benjamins Aufsatz bestätigt.
Echtheit und Aura unterscheiden Original und Kopie
Walter Benjamin thematisiert in seinem Essay wie die technologische Reproduzierbarkeit von Kunst unsere Wahrnehmung verändert. Das Werk legt den Schluss nahe, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesem Wandel und dem Aufkommen des Faschismus gibt, da Massenkultur und Faschismus verschiedene Aspekte eint.
Um Benjamins Ausführungen folgen zu können, ist es allerdings notwendig, eine Prämisse zu akzeptieren, die wegen ihrer Begrifflichkeit zunächst irritieren dürfte. Benjamin unterschied das Kunstwerk als Original von seiner Kopie durch den Begriff der Echtheit, die schließlich dazu führt, dass das Original eine jeweils eigene „Aura“ umgibt. Damit ist allerdings kein Geistwesen oder eine spirituelle Energie gemeint. Die Aura des Kunstwerkes ergibt sich aus dessen
- Einzigartigkeit,
- Bezug zum Hier und Jetzt,
- Entstehungsgeschichte,
- Bezug zu einem Ritus oder einer Tradition.
Die Aura sorgt für eine gewisse Distanz des Betrachters, durch die allein er das Kunstwerk genießen und wahrnehmen kann. Insgesamt erlangt das Original damit eine Autorität, die der Kopie fehlt. Die technische Reproduktion verfügt über keine solche Aura und verzichtet auf jeden Anspruch auf Echtheit.
Verlust der Aura und Ausbettung führen zur Veränderung der sinnlichen Wahrnehmung
Die technische Reproduktion hebt das Kunstwerk aus all diesen Zusammenhängen heraus. Es lässt sich beliebig oft kopieren, überall aufstellen oder an die Wand hängen, verliert den Anspruch auf Echtheit, Einzigartigkeit und Autorität. Der Konsum technisch reproduzierter Kunstwerke verändert damit auch die Wahrnehmung – und zwar nicht in einem irgendwie übertragenen Sinn, sondern ganz konkret.
Denn die „Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert – das Medium, in dem sie erfolgt – ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt. Verschiedene Epochen haben nicht allein unterschiedliche Kunststile, sondern auch verschiedene Arten der Wahrnehmung“ (Kapitel III). Das Einzigartige weicht innerhalb einer unendlich kopierbaren Wirklichkeit dem Gleichartigen.
Die Masse macht’s – Reproduktionstechnologien aus Sicht des Kapitals
Die Investition und Weiterentwicklung in Reproduktionstechnologien lohnt sich aus wirtschaftlicher Sicht jedoch nur, wenn sie von den Massen angenommen werden oder für die Massenproduktion genutzt werden. Im vierten Kapitel seines Aufsatzes führt Benjamin diesen ökonomischen Ansatz seines Essays am Beispiel Film aus. In diesem sei „die Massenproduktion schon deshalb angelegt, weil die Produktion selbst so teuer ist, dass sie sonst nicht leistbar wäre“.
Die Massenproduktion muss daher zwangsläufig einen allgemeinen Geschmack hervorbringen und wird gleichzeitig von dem, was die Masse wünscht und fordert, beeinflusst. Kunst, so interpretiere ich diesen Gedanken, steht dieser Masse dann nicht mehr als Gegenstand der Betrachtung zur Verfügung, sondern entspringt ihrer Vorstellung, was Kunst sein soll und sein darf. Diese Allgemeintauglichkeit aber geht mit einer Verflachung einher, da das, was allen gefallen soll, eben nicht einzigartig und besonders sein darf.
Verbindung mit dem Apparat statt mit dem Kunstwerk oder dem Künstler
Benjamin stellt der technischen Produktion von Filmen die Aufführung von Theaterstücken gegenüber. Er verdeutlicht dabei, dass das Theaterstück wesentlich von der Leistung der Darsteller abhängt, mit denen sich der Betrachter verbindet. Im Film dagegen kommt der schauspielerischen Leistung untergeordnete Bedeutung zu.
Nicht er repräsentiert die Darbietung, sondern die technische Apparatur. In der Folge gibt es „keinen Kontakt zwischen Darsteller und Publikum. Dieses fühlt sich in den Darsteller nur rein, indem es sich in den Apparat einfühlt“ (Kapitel VIII). Auch der Darsteller und damit der Mensch verliert somit im Film seine Aura, an deren Stelle der „Starkult“ tritt, „der einem Warencharakter entspricht“ (Kapitel X).
Schockwirkung statt Kontemplation
Und während das Kunstwerk zur Kontemplation einlädt, setzen technologische Darstellungsmittel auf die Schockwirkung einer bis dato unbekannten, distanzlosen Betrachtungsweise.
„Die beweglichen Bilder besetzen den Platz der eigenen Gedanken, der eigene Assoziationsablauf wird dadurch unterbrochen. Darauf beruht die Schockwirkung des Films, die wie jede Schockwirkung durch gesteigerte Geistesgegenwart aufgefangen sein will“ (Kapitel XIV).
Diese Schockwirkung aber entspricht dem Gefühl der Bedrohung, der sich der Mensch in seiner Zeit ausgesetzt sieht. Der Film spiegelt damit auch Veränderungen im Wahrnehmungsapparat, wie sie beispielsweise „jeder Passant im Großstadtverkehr“ erlebt und vollziehen muss, um mit diesen Gefahren umgehen zu lernen (XIV).
Verlust an Anspruch und Erfahrung
Durch die Einbeziehung der Massen in die Rezeption von Kunst, wird bei diesen auch das Begehren geweckt, sich selbst als Künstler oder in verwandter Art zu betätigen. Benjamin führt dies am Beispiel „Schreiben“ aus. Während zunächst „einer geringen Zahl an Schreibenden eine vieltausendfache Zahl von Lesenden gegenüberstand“, zeigt sich der Wandel darin, dass um die Wende zum 20. Jahrhundert „immer größere Teile der Leserschaft […] unter die Schreibenden“ geriet (Kapitel X).
Damit verliert nicht nur die Unterscheidung zwischen Autor und Publikum an Bedeutung. Verloren geht auch der Anspruch, dass es bestimmter Erfahrungen, Kenntnisse und Talente bedarf, um sich als Autor, Journalist oder Kommentator an ein Publikum zu wenden.
Aus Fortschritt wird Lust am eigenen Untergang
Das Fortschrittliche, das man in einer solchen Entwicklung sehen könnte, relativiert sich durch den Umstand, dass durch die technische Reproduzierbarkeit von Kunstwerken „die Lust am Schauen und am Erleben“ eine „innige Verbindung mit der Haltung des fachmännischen Beurteilers eingeht“. Dabei fallen „die kritische und die genießende Haltung im Publikum auseinander. Das Konventionelle wird kritiklos genossen, das wirklich Neue kritisiert man mit Widerwillen“ (Kapitel XII).
In dieser Hinneigung zum Konventionellen besteht die Chance von Faschismus und Totalitarismus, den Massen das Gefühl zu geben, dass man ihnen zum Ausdruck verhelfen wolle, indem man ihre Sinneswahrnehmung mit technischen Reproduktionen bedient, besetzt und lenkt.
„Die Menschheit, die einst bei Homer ein Schauobjekt für die Olympischen Götter war, ist es nun für sich selbst geworden. Ihre Selbstentfremdung hat jenen Grad erreicht, der sie ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuß ersten Ranges erleben läßt“ (Nachwort).
Bedeutung für die Gegenwart und Fazit
Walter Benjamins Essay über das „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ ist von einer genialen Prägnanz und Voraussicht. Er geht über das Verständnis von Kunstwerken und deren Rezeption weit hinaus. Benjamin versuchte nicht, im Sinne einer Elite, die heilige Kunst für eine auserwählte Schar zu retten, sondern leistete einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Faschismus, indem er auf Aspekte und Zusammenhänge einging, wie sie in Werken zur politischen Ökonomie kaum vorkommen.
Übertragung aufs Heute: Verlust an Wahrnehmung und Verbindung mit Apparaten
Seine Ausführungen lassen sich auf die gegenwärtige Digitalisierung von Kunst, aber auch von gesellschaftlichen und politischen Prozessen übertragen und gedanklich weiterführen. Was wir derzeit erleben, gleicht einem evolutionsgeschichtlichen Bruch in der Geschichte des Sehens und Wahrnehmens. Gaffer und filmende Gewalttäter gehören bereits heute zu den Auswüchsen dieser Veränderung. Es sind Menschen, die sich voll und ganz mit der Apparatur verbinden, nicht aber mit der leidenden Kreatur.
Tendenzen zu Faschismus und Totalitarismus
Auch die Tendenzen zu Faschismus und Totalitarismus, die Beliebigkeit der Entstehung und Verbreitung von Nachrichten, die Meinungsbildung ohne jegliche Erfahrung oder Auseinandersetzung mit einer Thematik und mit den Medien zu ihrer Verbreitung gehören dazu und sind deutlich erkennbar. Und ganz im Geiste des Faschismus wenden sich heute bestimmte Parteien an die vermeintlich unerhörte Masse, der sie zum Ausdruck verhelfen wollen, aber „beileibe nicht zu ihrem Recht“. Wie damals versucht man heute, „die neu entstandenen proletarisierten Massen zu organisieren, ohne die Eigentumsverhältnisse, auf deren Beseitigung sie hindrängen, anzutasten“ (Nachwort).
Fortschritt als Pakt mit dem Kapital: Mensch ohne Aura
Doch sind es nicht die ewig Rückwärtsgewandten, die mir allergrößte Sorge bereiten. Es ist der Begriff des Fortschritts, der in Benjamins Schrift einen ungewohnten Stellenwert erhält. Auch heute ist jeder Fortschritt an einen ökonomischen Gegenwert gebunden. Er muss sich lohnen, muss die Masse erreichen, sie sich zunutze machen und von ihr angenommen werden.
„Das Kapital“ braucht dafür ein Individuum ohne Aura – eines, das entwurzelt und beliebig sein kann, was immer es zu sein wünscht. Denn nur ein solches Individuum erfindet sich beständig selbst und neu und bleibt dabei doch purer Konsument von Reproduktionstechnologien – sei es nun im künstlerischen, sei es im medizinischen oder auch in jedem erdenklichen anderen Bereich.
Automatisierung und Roboterisierung – es gibt Wichtigeres zu besprechen
Die Ausbettung des Originals aus seinem Zusammenhang, die Täuschung unserer Wahrnehmung, die Verbindung mit Apparaten statt mit Kreaturen und der Verlust an praktischer Erfahrung sind wichtige Merkmale und Begleiterscheinungen jenes Prozesses, den wir als digitale Transformation bezeichnen.
Im Gegensatz zu Automatisierung und Roboterisierung der Arbeitswelt, die letztlich nur das logische Ende der Rationalisierung darstellen, haben wir diese aber kaum im Blick. Nachdem ich Benjamins Essay gelesen habe, wird mir einmal mehr klar, dass es dringend an der Zeit ist, dies zu ändern.
Unbedingte Leseempfehlung!
- Ronald Kaiser
Bibliotheken im Web 2.0 Zeitalter
(3)Aktuelle Rezension von: Violet BaudelaireAlso im Vorfeld muss ich dazu sagen, dass das Buch 2008 erschienen ist und der Inhalt damit nun sehr veraltet ist. Ich habe deswegen versucht, mich daran zu erinnern wie war das 2008 mit den Bibliotheken und dem Web 2.0. Und auch habe ich versucht, das Buch im ganzen zu betrachten und mich darauf konzentriert, welche Informationen bringt der Autor wie rüber.
Leider bin ich trotzdem von dem Buch sehr enttäucht worden. Die Einleitung sowie das Kapitel "Innovative Projekte und Konzepte" und die Zusammenfassung und der Ausblick fand ich sehr invormativ und haben sich sehr gut lesen lassen. Nur schrecklich war Kapitel 2: Definition, Technik, Anwendung, Interview.
Also ersten: Warum schrieb der Autor die Definitionen von Blog, Wiki etc. in englisch? Ich meine, es zu lesen war kein Problem, aber warum hat er nicht versucht mit seinen eigenen Worten die Dinge zu definieren?
Zweitens: Klar, gerne möchte man wissen, wie Blogs, Wikis etc. funktionieren, aber wieso geht der Autor da so ins Detail? Wichtiger wäre gewesen, er hätte dazu geschrieben, zu welcher Bibliothek passt dieses Element: bietet sich ein Blog eher für eine kleine Stadtbibliothek eher an als für eine große Unibibliothek? So etwas wollte ich als Leserin wissen und nicht: wie läuft der Dreh eines Filmes ab? Oder wie bearbeite ich ein Prodcast?
Sehr gut fand ich aber die Experteninterviews, die der Autor gemacht hat.
Alles in allem finde ich der Autor hat sein Potenzial verschenk, ich meine das Thema ist so vielvältig und man hätte so viel noch dazu nehmen können, z.B. was können die kleineren Stadtbibliotheken tun um im Zeitalter des Web 2.0 den Anschluss nicht zu verlieren? Wie wichtig sind vor allem jetzt die Mitarbeiterschulungen? Welche kostenlosen Dienste könnten Bibliotheken jetzt schon nutzen/anbieten (siehe Soziale Netzwerke)? - Herr Schröder
Instagrammatik
(88)Aktuelle Rezension von: Lysan73Ich kenne Herrn Schröder aus diversen Kleinkunst- und Kabarett- Veranstaltungen. Ich fand ihn stellenweise witzig, nicht immer auf den Punkt kommend aber prinzipiell interessant. Sein Buch habe ich gelesen, da ich selbst - wenn auch nicht als Lehrer - mit Schule zu tun habe und es da - von Ferne betrachtet - definitiv ziemlich viel Material für Satire gibt.
Nun ist leider der Schreibstil des Herrn Schröders überhaupt nicht mein Geschmack. Die Teile in Romanstil haben mir recht gut gefallen, es gab ein paar pregnante Aussagen, die mich mehr als zum Schmunzeln brachten. Aber die whatsapp - und Dialog-Teile waren so gar nicht meins und brachten mich immer wieder raus. Außerdem ist die gesamte Story meines Erachtens dermaßen überspitzt gezeichnet, dass jeglicher Bezug zur Wirklichkeit fehlt. Das ist leider auch in der Darstellung der einzelnen Personen so und das fand ich sehr schade! Fazit: Leider kein Treffer für mich - Man sollte wohl schon Fan sein! - Byung-Chul Han
Psychopolitik
(5)Aktuelle Rezension von: SokratesMein erstes Buch von Byung-Chul Han, was auch nicht sein erstes ist. Gut zu lesen, besondere Rafinesse bei der Sprache gibt es nicht, auch inhaltlich gut erschließbar. - Nur, wer viel aus dem links-kritischen Genre liest, wird unglaublich viel wiederfinden. Das fand ich enttäuschend, denn ein Review vorhandener Ideen unter Auswertung und Akzentuierung des Autors kann doch nicht alleiniger Sinn & Zweck dieses Buches sein, oder? Soweit er eigene Schwerpunkte durch gezielte Auswahl setzen wollte, so sind die gewonnenen Ergebnisse auch nicht neu oder überraschend. Alle wesentlichen Interpretationen hat es so oder ähnlich bereits gegeben: Manipulation durch Social Media, perfekte Selbstausbeutung statt früherer (klassisch marxistischer) Ausbeutung der Arbeitskraft, etc. Manchmal frage ich mich, wieso der Buchmarkt so eine unendliche Fülle an sozial- & gesellschaftskritischen Büchern mit linker Tendenz auswirft, sich aber dann nichts an unseren Lebensverhältnissen ändert, wenn doch das kritische Reflektieren einer breiten Leserschaft zum Massensport geworden ist?! Ein wenig Frust darf angebracht sein und Enttäuschung über ein Buch, dass die ewig gleichen Zeitdiagnosen wälzt - zum Glück mal nur auf 123 Seiten... - Matthias O. Will
Aufbau und Nutzung einer digitalen Bibliothek in einer universitären Ausbildungsumgebung
(1)Aktuelle Rezension von: mwillMeine publizierte Dissertion - Bettina Steinbauer
Zwei im Sinn
(31)Aktuelle Rezension von: Angela2011Inhalt Klara Marxen, von Beruf Journalisitin, ist geschieden und hat drei Kinder. Auf einem Kongress lernt sie den Professor der Pysik, Arthur Eisenberg kennen, verheiratet und Vater von vier Kindern aus 2 verschiedenen Ehen. Von seiner Wortgewandheit und Schlagfertigkeit ist sie beeindruckt, auch wenn er durch seine Art und Weise mit Menschen zu reden und umzugehen, sehr arrogant scheint. Jedoch verspürt Klara den Wunsch, auch wenn er verheiratet ist, mit ihm eine leidenschaftliche Nacht zu verbringen. Obwohl es nur bei dieser einen Nacht bleiben sollte, bekommt sie plötzlich SMS-Nachrichten von Arthur, während sie mit ihren Kindern im Urlaub ist. Es ist eine Liebe der ungewöhnlichen Art an - mit einem Ende wie es wohl kommen musste... Meine Meinung Der Einband des Buches finde ich sehr gut gewählt, denn er verrät meiner Meinung nach schon, dass es sich um kein Happy-End handeln muss. Es zeigt eine Frau, die einsam eine Straße entlang geht. Das Buch enthält auch auch rosa Lesebändchen, was ein schöner Kontrast zum grau-weißen Einband ist. Beim Lesen der ersten Seiten bemerkt man sofort, dass dies ein ungewöhnlicher Schreibtstil ist, wenn man so etwas noch nicht gelesen hat. An manchen Stellen etwas schwer verständlich, und ich fragte mich wieso man in der heutigen Zeit solche SMS verschickt. Sie sind so geschrieben, dass es manchmal unrealisitisch wirkt, wie sie kommunizieren in der heutigen Zeit. Wenn man sich aber reingelesen hat, versteht man den Schreibstil der Autorin Bettina Steinbauer aber gut, da das Buch in der Gegenwart spielt. Es ist aus der Ich-Perspektive von Klara geschrieben, und somit kann man sich sehr gut in sie hineinversetzen, als würde man daneben stehen und es miterleben. Denn es stellen sich Fragen in einem selber auf, wie man reagiert, oder ab wann man die Affäre beendet hätte. Trotzalledem muss ich sagen, dass es eine schwere Lektüre für mich war, denn da habe ich doch bemerkt, dass die Gegenwartsliteratur wohl nichts für mich ist, in diesem Zusammenhang meiner einer solchen Geschichte. Fazit Ich würde es trotzdem empfehlen, wenn man auch mal eine ungewöhnliche Art der Liebe erleben möchte. - Karl Olsberg
Mirror
(132)Aktuelle Rezension von: Doscho„Dein bester Freund bist du selbst!“ So wirbt die Firma Walnut Systems für ihre neuen technischen Geräte, die Mirrors. Diese simulieren perfekt die Wünsche und Vorstellungen des jeweiligen Nutzers und begleiten sie so durch das Leben. Doch was, wenn dieser perfekte Lebensbegleiter gar nicht so perfekt ist?
Thriller über Künstliche Intelligenzen haben schon immer eine große Faszination auf mich ausgeübt. Karl Olsbergs „Mirror“ macht da keine Ausnahme. Zunächst beginnt alles recht harmlos und man sieht sogar, wie so ein System manchen Menschen wirklich helfen kann, das Leben zu bewältigen. Besonders herausgreifen möchte ich hier die Geschichte des Autisten Andy, der mithilfe des Mirrors sogar lernt, eine Freundin zu finden.
Doch mehr und mehr kommen die Schattenseiten und Ungereimtheiten der ganzen Technik zum Tragen, bis alles in einem eskalierenden Showdown gipfelt. Zwischen extremen Befürwortern, die in ihrer schmerzenden Naivität auch über Leichen gehen bis hin zu extremen Gegnern, die um ihr Leben kämpfen müssen, weil sie die Wahrheit erzählen, ist alles dabei.
Das Erschreckendste an dem Roman ist jedoch, dass man sich immer wieder dabei ertappt, zu denken, dass das Ganze in mehr oder weniger naher Zukunft durchaus so passieren kann. Auch das Nachwort des Romans, bei dem ich einige Fakten gelesen habe, bei denen mir mulmig geworden ist, lässt einen eher nachdenklich darüber werden, ob der Inhalt des Romans wirklich fern jeglicher Realität ist, wie teilweise behauptet wird.
„Mirror“ ist also eine eher grausame Dystopie über Verführungen, aber auch Grausamkeiten technischer Innovation, die nachdenklich macht. Dafür spreche ich eine Buchempfehlung und die Höchstwertung aus.
- Carolin Philipps
Second Face
(24)Aktuelle Rezension von: merle81Inhalt Marie und Anne sind einige Zwillingsschwestern. Sie leben in Hamburg und während Marie eher introvertiert ist , sprüht Anne nur so vor Energie und einem losen Mundwerk. Als Marie sich in Kai verliebt, einen Schulschönling der sie um Nachhilfe bittet, dieser sie aber lediglich dazu benutzt um an ihre Schwester ranzukommen bricht für sie eine Welt zusammen. Doch Kai ist auch in Anne nicht verliebt, sie soll nur Teil seiner Liste von Bettgeschichten werden, was er auch auf Facebook postet. Anne tief verletzt stimmt letztendlich doch freudig den elterlichen Umzugsplänen nach Umanz zu. Auf Umanz gefällt es der partyliebenden Anne überhaupt niucht, während Marie ihr Glück in Lirim zu finden glaubt. Nachdem dieser aber Annes Opfer in Sachen Männerrache wird sucht er schnell auch von Marie das weite. Diese flüchtet sich tief verletzt in das online Rollenspiel Second Life, doch die zunüchst wohltuende Flucht erwächst sehr schnell zu großen realen Problemen Wertung Ich finde die Essenz der Storyx genial, zeigt sie doch sehr realistische Gefahren der heutigen Medienwelt aug. Vom Umfang her ist das Buch eher knapp gehalten. Was ich allerdings sagen muss das die Umsetzung des zündstoffhaltigen Kernes nicht so ganz meins war. Da hätte man mehr draus machen können was ebenso realistisch gewesen wäre. Aber ein netter, kurzweiliger Zeitvertrib war die Lektüre dennoch