Bücher mit dem Tag "neurose"

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38 Bücher

  1. Cover des Buches Niemand sieht mich kommen (ISBN: 9783746633534)
    Lisa Scottoline

    Niemand sieht mich kommen

     (45)
    Aktuelle Rezension von: Herbstrose

    Bisher konnte Doktor Eric Parrish in seinem Leben nur Erfolge verzeichnen. Er ist glücklich verheiratet, ist Vater einer reizenden kleinen Tochter und allseits beliebter Chefarzt der Psychiatrie im Krankenhaus von Philadelphia – doch plötzlich ist alles anders. Es begann damit, dass sich seine Frau scheiden lassen will und das alleinige Sorgerecht für das Kind beantragt, dass eine sterbende Patientin ihn bittet, sich um ihren 16jährigen Enkel zu kümmern, der an einer Zwangsneurose leidet und selbstmordgefährdet ist, dass eine Praktikantin ihn des sexuellen Missbrauchs beschuldigt und er schließlich sogar eines Mordes verdächtigt wird. Ist das alles nur Zufall, oder will ihm jemand schaden? … 

    Die US-amerikanische Schriftstellerin Lisa Scottoline wurde 1955 geboren und heißt eigentlich Lisa Scott. Nach ihrem Angelistik- und Jurastudium arbeitete sie zunächst als Richterin und war danach bei einer großen Kanzlei in Philadelphia als Prozessanwältin tätig. Nach der Geburt ihrer Tochter begann sie 1986 zu schreiben und erhielt 1995 den Edgar Allan Poe Award in der Sparte „Bester Roman als Originaltaschenbuch“. Allein in den USA hat sie bisher über dreißig Millionen Bücher verkauft, ihre Romane werden in fünfunddreißig Länder übersetzt. „Niemand sieht mich kommen“ erschien 2015 in den USA unter dem Originaltitel „Every Fifteen Minutes“.

    Bereits auf den ersten Seiten kommt das Grauen, man ahnt, dass bald etwas Schreckliches geschehen wird. Ein Soziopath lässt den Leser an seinen geheimsten Gedanken und Plänen teilhaben. Wer ist es? Was hat er vor? Man weiß es nicht, kann nur vermuten, dass Doktor Eric Parrish geschadet werden soll. Plötzlich geschehen seltsame Dinge, sein bisher geordnetes Leben gerät aus den Fugen und es wirkt wie eine zufällige Pechsträhne, die ihn sowohl privat als auch beruflich überrollt. Was er auch unternimmt, irgendjemand ist ihm immer einen Schritt voraus.

    Der Schreibstil ist dem Genre entsprechend klar, präzise und schnörkellos, das Buch lässt sich schnell und flüssig lesen. Ein besonderes Stilmittel der Autorin sind die gelegentlich zwischen den Kapiteln eingefügten Bemerkungen und Gedankengänge des Soziopathen, die die Spannung aufbauen und diese auch stetig steigern. „Am Ende gewinne immer ich. Niemand sieht mich kommen. Weißt du, warum? Weil ich bereits da bin.“ Man rätselt wer es wohl sein könnte, ohne jedoch auf die Lösung zu kommen. Ganz nebenbei erhält der Leser noch einen guten Einblick in den Klinikalltag in einer Psychiatrie. Das Ende ist ein total überraschender Knalleffekt - wenn es auch meiner Meinung nach nicht ganz zum vorher gelesenen passt und nur halbwegs befriedigen kann.  

    Fazit: Ein spannend geschriebener Thriller mit vielen Wendungen und einem völlig unerwarteten Ende.  

  2. Cover des Buches Die Kunst des Liebens (ISBN: 9783548377513)
    Erich Fromm

    Die Kunst des Liebens

     (260)
    Aktuelle Rezension von: Maxim_Wermke

    Fromm hat sich ein wunderschönes Gesamtkonzept zum Lieben, romantischer Liebe, zum Lernen des Liebens  und der Liebe selbst ausgedacht. Er definiert die Facetten der Liebe sinnvoll und erlaubt damit eine nähere Analyse und Diskussion des Themas. Außerdem ist sein Buch eine brillante gesellschaftliche Analyse und enthält spannende Beobachtungen zur westlichen und östlichen Logik. Weiterhin sind seine Ausführungen zu Problemen in der Kindheit, samt Beispielen zu was für Herausforderungen, Leidenschaften oder Eigenarten, das im späteren Leben führen kann, extrem hilfreich zum “Erwachsen“ werden. (Erwachsen im Sinne von: Ein glücklicher, eigenständiger und potenter Mensch oder auch ein Mensch, der zum Lieben fähig ist.)

    Während viele seiner Analysen, insbesondere zu menschlichen Problemursachen und dessen symptomatischer Manifestierung, stimmen mögen, ist das Buch und seine Erklärungen unnötig komplex. Es baut auf sehr vielen wertvollen Beobachtungen auf, aber zumindest ein paar seiner Annahmen sind zwar als Logik erklärt, aber nur mit Glauben nachvollziehbar - also weil man sie glauben möchte. Sein Gesamt-Stil lässt einen wissenschaftlichen Anspruch anmuten, und seine Komplexität sowie seine Kompliziertheit machen Kritik an seinem Werk extrem schwer.

    Schön und schwierig zugleich ist, dass er sich ein subjektives und menschlich höchst komplexes Thema annimmt. Beim Versuch ihn zu verstehen, habe ich viel “Wahrheit” gefunden, mich aber trotz intensiver Auseinandersetzung an einigen Stellen nicht in der Lage gesehen, seine Logik nachzuvollziehen. Ich gehe soweit und sage, es sind entweder Logikfehler enthalten oder nicht erklärte Annahmen.

    Sein Konzept der Liebe ist an sich schön, kann glücklich machen und vor allem eine schöne Welt produzieren. Es hilft beim Verständnis anderer und beim eigenen persönlichen Wachstum. Doch das, was man dabei leicht vergisst, ist, dass es letztlich ein Konzept ist und bleibt und keine wissenschaftliche Arbeit, auch wenn viele seiner Schlussfolgerungen gut abgeleitet sind. 

    Ich dachte zunächst, sein Kommentar Schwule können nicht wirklich lieben (nach seiner Definition!) sei auf ein falsches Verständnis von “weiblicher” und “männlicher” Energie zurückzuführen (ein anderes Konzept, das ich sehr hilfreich finde). Doch bei genauerem Hinschauen hat seine Logik an dieser Stelle einfach keinen Sinn ergeben und man mag mit ihm aufGrund der Zeit, in der er gelebt hat, nachgiebig sein. Eine andere Stelle, an der seine Logik meines Erachtens nicht funktioniert, ist die Aussage:
    “Man muss alle Menschen lieben, um einen Menschen lieben zu können.”
    Die Aussage ist schön, und ein für die Menschheit sehr hilfreicher Glaubenssatz. Doch ich glaube nicht, dass sie stimmt. Vielleicht verstehe ich sie auch nicht richtig. Ich habe es jedenfalls lange versucht. Fromm argumentiert, man müsse das Menschsein an sich lieben. Aber warum? Den Teil, den man am Mensch sein nicht liebt, würde man auch an seinem Objekt der Liebe und sich selbst nicht lieben. Diese Aussage ist höchst philosophisch und ich glaube nicht, dass sie in sich stimmt. Vielleicht hilft dieses Konzept der Menschheit, und allgemein beim Vergeben. Sie hilft sicherlich beim allgemeinen Umgang miteinander und daran zu glauben ist meines Erachtens höchst wertvoll. Aber der Logik und fast axiomatischen Annahme möchte ich widersprechen. Zusätzlich ist das Konzept sehr artenspezifisch. Vielleicht sollte man auch das Leben an sich lieben. Egal was mensch glauben möchte, in dieser Schlussfolgerung sehe ich keine einwandfreie Logik. Seine Darstellung lässt einen jedoch der Gefahr laufen, dass es eine solche sei, man sie vielleicht nur nicht ganz versteht.


    Mein höchster Kritikpunkt jedoch ist, dass Fromm behauptet, Liebe sei die einzig nachhaltige Antwort auf das Problem menschlicher Existenz. Durch das Lesen und Verstehen seines Konzeptes, bin ich zum gleichen Schluss gekommen. Dann habe ich von Singer “Die Seele will frei sein” gelesen und teile diese Meinung nun nicht mehr. Letztlich ist Fromms Buch voll von Konzepten und ein nur fast in sich stimmiges Gesamtkonzept. Es kann sicherlich beim glücklich sein helfen. Besonders wertvoll dabei ist, dass zum glücklich sein vor allem innere Arbeit, bzw “Arbeit” an sich selbst nötig ist. Auch seine Erklärung von “Aktivitäten” - dem wirklich von innen heraus - und “Passivitäten” - zu denen man getrieben ist - finde ich dazu sehr hilfreich.     Doch vereinfacht gesagt, schreibt Fromm, man brauche eine weitere Hälfte, um nachhaltig glücklich zu sein. Und auch wenn diese hilfreich sein mag, kann mensch auch definitiv nachhaltig glücklich sein, ohne jegliche Erfüllung von externen Faktoren. Vielleicht ist es nicht einfach, doch es ist schlicht: Wenn mensch sich von Konzepten befreit, oder zumindest die Freiheit entwickelt, seine eigene Konzepte davon wie die Welt zu sein hat, nicht zu verteidigen, wenn man also aufhört zu definieren was man braucht um glücklich zu sein und einfach beobachtet was die Welt, seine eigenen Gedanken und Emotionen tun, wenn man aus dem Zentrum seines Bewusstseins die Welt beobachtet, dann kann man ohne jegliche externe Faktoren glücklich sein.



    Letztlich sind die wertvollsten Dinge die man sich aus dem Buch ziehen kann die folgenden:

    1. Es ist eine sehr gute Gedankenübung

    2. man kann Liebe besser differenzieren

    3. man lernt viele Aspekte die hilfreich sind, um nachhaltig zu Lieben (sollte Fromms Logik aber nicht als “Wahrheit” anerkennen”)

    4. sein Konzept des Erwachsen werdens ist sehr hilfreich

    5. das Verständnis von östlicher und westlicher Logik

    6. die gesellschaftliche Analyse zu “Liebe und ihrem Verfall in der heutig westlichen Gesellschaft”


    Problematisch beim Lesen jedoch ist zum Einen, dass sein Werk beim ersten Mal schwer zu lesen ist oder man zumindest oder ich zumindest immer nur kurze Abschnitte lesen konnte, weil es so informationsdicht geschrieben ist. Zum anderen ist schwierig, dass man leicht der Annahme verfallen kann, seine Analysen seien wissenschaftliche Erkenntnisse.
    Die gleiche “Sperrigkeit“ beim ersten Lesen, entwickelt sich übrigens zu einer wundervollen Prägnanz beim wiederholten Lesen - was ich sehr genossen habe.


    Unabhängig von all meiner Kritik denke ich, dass insbesondere das Kapitel “Liebe und ihr Verfall in der heutig westlichen Gesellschaft“, seine Ausführungen zu westlicher und östlicher Logik, seine Erklärung von Aktivität vs Passivität und seine Praxistipps zum Lieben lernen höchst lesenswert sind. Sie sollten meines Erachtens von allen Menschen, die Teil der westlichen Kultur sind, gelesen/ konsumiert werden. Zur Aktivität habe ich bereits eine Konzept-Erklärung als Video veröffentlicht. 





  3. Cover des Buches Portnoys Beschwerden (ISBN: 9783446249820)
    Philip Roth

    Portnoys Beschwerden

     (65)
    Aktuelle Rezension von: LarissaMaria

    Ich wusste ja worauf ich mich einlasse. Im Prinzip zumindest. Zwangsstörung meets Promiskuität.

    Nicht selten wurde Philip Roth dafür kritisiert, dass seine Charaktere zu getrieben sind, es ginge nur um Sex und Selbstmitleid,
    Die geteilten Meinungen, welche über ihn kursieren, haben mein Interesse geweckt. Ich wollte mir selbst ein Bild machen.

    Ich lernte also Alexander Portnoy kennen; einen jüdischen Amerikaner, der beim Psychiater sitzt und sein Leid klagt.
    Das würde das ganze Buch eigentlich schon in einem Satz zusammenfassen.

    Der Monolog, aus dem das Buch besteht, veranschaulicht seinen Werdegang, schildert eine Existenz ohne besondere Sternstunden, ohne besonderen Glanz.

    Seine Kindheit mit der Glucken-Mama und dem Waschlappen-Vater, seine Jugend, das Erwachen seiner Sexualität welche gleich in zwanghafte Sphären abdriftet, seine Unfähigkeit eine gute Beziehung zu führen… es ist eine endlose Misere.

    Ich war während des Lesens ständig hin und her gerissen; zwischen Abscheu vor dem Protagonisten und Bewunderung für die Fähigkeit von Roth, dessen verrückte Gedankensprünge so anschaulich darzustellen.

    Daher machte das Lesen irgendwie Spaß. Großteils war ich einfach nur genervt von Portnoys Veranschaulichungen, seinen Anschuldigungen, seiner Unfähigkeit zu erkennen, dass man an seinen Fehlern arbeiten kann...  aber genau das hat eine eigene Art von Spannung erzeugt.

    Ich bin nicht restlos begeistert, aber besonders die Pointe am Schluss hat mich nochmals laut auflachen lassen.

    Also der Gesamteindruck war nicht schlecht.

  4. Cover des Buches Die Stunde zwischen Frau und Gitarre (ISBN: 9783518467534)
    Clemens J. Setz

    Die Stunde zwischen Frau und Gitarre

     (44)
    Aktuelle Rezension von: kingofmusic

    „Ist dies auch Wahnsinn, so ist doch Methode drin.“ (William Shakespeare)

    Mehr brauche ich eigentlich über „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ von Clemens J. Setz nicht sagen ha ha ha.

    Okay, ich versuch´s trotzdem, diesem 1000-seitigen Klopper eine Rezension zu „verpassen“, auch wenn ich ziemlich sprachlos bin, was mich die letzten Wochen begleitet hat und ich mir sicher bin, diesem Machwerk in keiner Weise irgendwie gerecht werden zu können.

    Dazu ist der Roman zu komplex, zu irre, zu… – ihr seht, mir fallen kaum adäquate Adjektive ein *g*.

    Natalie fängt als Betreuerin in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen an und wird dort „Bezugi“ für mehrere Klienten, darunter ein begnadeter Maler sowie ein im Rollstuhl sitzender junger Mann namens Alexander Dorm. Dieser bekommt regelmäßig Besuch von Christopher Hollberg – ausgerechnet dem Mann, dessen Frau sich vor ein paar Jahren das Leben genommen hat, da sie zuvor von Alexander Dorm gestalkt wurde. Schon bald wird Natalie ob des „Arrangements“ skeptisch und fängt an, Nachforschungen anzustellen…

    Das ist nur eine der vielen Ebenen dieses Meisterwerks des Irrsinns. Selten sind mir so viele Charaktere begegnet (inklusive Erzähler *g*), die viel reden, aber immer (oder meistens) am Thema vorbei erzählen. Das ist auf der einen Seite anstrengend zu lesen, aber auf der anderen Seite irre komisch und hat mich nicht nur einmal zum Lachen gebracht. Dann gab es Passagen, in denen die Fragezeichen in meinen Augen gar nicht groß genug sein konnten und dann wiederum welche, in denen die Leser:innen Natalie so dermaßen nah kommen, dass es schon fast (körperlich) weh tut.

    Überhaupt, Natalie: sie ist eine grandios gezeichnete Hauptfigur, die man abwechselnd schütteln oder knuddeln möchte – je nachdem, in welcher Situation sie sich gerade befindet. An einer Stelle sagt sie über sich: „Oh Gott, ich bin total peinlich. Ich kann nicht mal normale, gerade Gedanken denken." (S. 217/218) Ja, Natalie – das bist du. Und trotzdem…

    Ich komme auch jetzt noch nicht von dem Roman los; meine Gedanken kehren immer zurück zu Natalie, Alexander, Mike und all den anderen Figuren, die mich über sechs Wochen täglich begleitet haben. Eigentlich sollte man diesen Roman mindestens einmal im Jahr lesen – er regt einen auf, treibt einen in den Wahnsinn und lässt einen trotzdem den realen Irrsinn für ein paar Tage vergessen und entsprechend erden.

    So, und nun – Ende. Glocken- und Glasklare Leseempfehlung und damit verdiente 5*.

    ©kingofmusic

  5. Cover des Buches Wittgensteins Neffe (ISBN: 9783518785102)
    Thomas Bernhard

    Wittgensteins Neffe

     (59)
    Aktuelle Rezension von: bogi
    Bernhard der Grosse! Der legendäre Thomas Bernhard hat mit Wittgensteins Neffe wiederum ein famoses Werk abgeliefert. Es beschreibt die Freundschaft des Autors mit dem Neffen des Ludwig Wittgenstein. Beide verbringen eine Zeit im Sanatorium, Bernhard aus physischen Gründen (Lungenkrankheit), Wittgenstein eher aus psychischen Gründen (Nervenkrankheit). Dabei beobachtet Bernhard den körperlichen Niedergang seines Freundes. Beide finden ein Thema in der Musik. Bernhard bleibt auch in diesem Buch bei seinem quasi Endlosschreibstil. Er streift auch hier seine Hassliebe zu seinem Heimatland und erwähnt einige skurile Begebenheiten im Zusammenhang mit Preisverleihungen an ihn. Das eindrucksvollste Element war für mich allerdings mit welcher Zartheit, ja Sanftmütigkeit er seine Verbindung zu Wittgenstein schildert. Ich gebe zu ich bin Thomas Bernhard zunehmend von Buch zu Buch mehr verfallen. Fast schon suchtähnlich und mit zittrigen Händen stehe ich jedesmal im Buchladen und überlege welchem Werk ich mich als nächstes widme. Man muss Bernhard ein Stück weit mögen, wer sich aber entschliesst, hat gewonnen.
  6. Cover des Buches Renate Hoffmann (ISBN: 9783844232714)
    Anne Freytag

    Renate Hoffmann

     (84)
    Aktuelle Rezension von: Kathleen1974
    Titel: „Renate Hoffmann“
    Autorin: Anne Freytag
    Verlag: Copyright Anne Freytag 2013
    Seitenzahl: 288

    Klappentext:
    „Frau Hoffmann beschließt zu sterben. Doch auch das will gut organisiert werden. Das Leben trostlos. Die Lösung naheliegend. Der Sprung vom Balkon. Aber, was so einfach klingt, ist es nicht, denn das Leben schert sich nicht um Renates Selbstmordpläne.
    Die neue Vorgesetzte, Herberts Briefe oder die Erkenntnis, dass sie noch nie masturbiert hat, halten sie immer wieder davon ab, ihren Plan endlich in die Tat umzusetzen. Renate Hoffmann hatte nicht immer sterben wollen.
    Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der sie nicht nur am Leben, sondern tatsächlich lebendig gewesen war. Sieben Jahre zuvor schien das Leben noch voller Möglichkeiten. Bis zu jenem verhangenen Tag im November…“

    Zum Cover:
    Das Cover zeigt die Protagonistin bei einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Mir gefällt die fotografische Darstellung sehr und ich finde sie sehr passend zum Roman.

    Zum Inhalt:
    Renate Hoffmann, die als Buchhalterin arbeitet und ein tristes Leben führt, legt alles andere als Spontanität und Lebensfreude an den Tag. Sie ist gefangen in sich selbst und plant in einer sehr durchdachten Weise, sich vom Balkon in den Tod zu stürzen. Jedoch passieren immer wieder Dinge, die sie von ihrem Vorhaben abhalten… Nach und nach lernt man als Leser Renate und ihre Vergangenheit kennen, und bekommt ein Gefühl für ihre Denk- und Handlungsweise.
    Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten!


    Schreibstil:
    Der Schreibstil ist gut verständlich und flüssig. Der eingebrachte Humor gibt diesem Roman, der zum Nachdenken anregt, etwas Wundervolles. Anne Freytag gelingt es dabei, sowohl das ernste Thema gut darzustellen, als auch diesem dennoch eine gewisse Prise Humor beizugeben. Die Mischung dabei ist ihr sehr gut gelungen!

    Lieblingszitate:
    „Sie würde leben, jedoch ohne lebendig zu sein.“
    „Frau Hoffmann hatte nämlich nicht nur ein verzerrtes Selbstbild, im Grunde hatte sie überhaupt keines. Sie hatte aufgehört, sich und ihre Vorzüge zu sehen. Sie hatte aufgehört, sich selbst wahrzunehmen.
    „Frau Hoffmanns sensomotorische Grenze hatte für gewöhnlich die Ausmaße Russlands.“

    Meine Meinung zum Buch:
    Das ist mein 3. Buch, das ich von dieser Autorin gelesen habe, und ich bin wieder begeistert! Der Titel „Renate Hoffmann“ ist auf den ersten Blick nur ein (wie ich finde, altmodischer) Name, aber, wenn man das Buch gelesen hat, dann sieht man diesen mit anderen Augen!

    Zu Beginn des Buches lernt man Frau Hoffmann nach und nach kennen. Ich fühlte mich schnell mit ihr verbunden und fragte mich, was in ihrem Leben vor 7 Jahren im November passiert sein muss, das sie so in ihre starre Lebensweise getrieben hat! Ihr Leben wirkt strukturiert, so lapidar durchgeplant und vor allem sehr einsam.

    Das Buch wurde stark fokussiert auf die Protagonistin geschrieben. Durchweg begleitet man Renate Hoffmann durch ihr Leben und man merkt sehr früh, dass sie eigentlich nicht lebt, sondern nur existiert/funktioniert. Sofort fühlte ich mit ihr, und das auf jeder Seite!

    Obwohl der Roman in der Erzähl-Form geschrieben ist, konnte ich zur Protagonistin eine Verbindung aufbauen. Ihre Gefühle und Gedankengänge kamen dabei sehr gut zum Ausdruck! Ihr Leben wurde dabei authentisch dargestellt.
    Das Wechselspiel zwischen Gegenwart und Vergangenheit hat mir dabei sehr gut gefallen, dadurch bekam der Roman immer wieder eine gewisse Spannung.

    Und obwohl, dass es sich hier um ein trauriges Thema handelt, nämlich der geplante Suizid, baut die Autorin Witz und Humor ein, was das Ganze sehr menschlich und nicht zu düster wirken lässt. Man wünscht sich als Leser die ganze Zeit, Frau Hoffmann möge doch bitte wieder glücklich werden.
    Tatsächlich ergibt es sich, dass sie in ihrer Persönlichkeit und ihrem Denken und Handeln eine Wendung durchlebt, die mich sehr fasziniert und gefesselt hat.

    Die Autorin gibt dieser Geschichte zahlreiche herzzerreißende Geschehnisse und interessante Begegnungen der Protagonistin mit anderen Menschen, deren Charaktere gut zum Ausdruck kamen.

    Dieser Roman vermittelte mir vor allem die Wichtigkeit von Freundschaft, Liebe, Familie und die eigene Akzeptanz! Manchmal sieht man sich selbst im falschen Licht, macht sich klein und unscheinbar. Im Leben können einem aber immer wieder Menschen über den Weg laufen, die einen anders sehen, die einem Mut machen oder einen Grund geben, um zu kämpfen, die Vergangenheit zu verstehen, zu akzeptieren, sich aus dieser Wichtiges an Erfahrungen mit in die Zukunft zu nehmen, aber dennoch gewisse Dinge einfach loszulassen!

    Ein absolut empfehlenswerter Roman, der mich sehr gut unterhalten und berührt hat.

    Bewertung: Ich gebe dem Buch daher von Herzen 5 von 5 Sterne.
  7. Cover des Buches Verführung der Schatten (ISBN: 9783802590672)
    Kresley Cole

    Verführung der Schatten

     (210)
    Aktuelle Rezension von: heikoscorner

    Ich muss zugeben: ich hatte hohe Hoffnungen für "Verführung der Schatten". Grundsätzlich gibt es alles, was ich gerne mag in einem paranormalen Fantasy-Buch. Eine willensstarke, erfolgreiche Heldin, die auf einen ebenso willensstarken Mann trifft. Dazu noch eine ausgereifte Fantasy-Welt mit eigenen Regeln sowie spannendem Set-Up und ein, zwei witzige Nebencharaktere, um die Lage aufzulockern.

    Traurigerweise hat Kresley Cole hat hier, meiner Meinung nach, gehörig versagt. Der Lesende lernt Holly, Mathe-Dozentin mit einer diagnostizierten Angststörung, kennen. Zu Beginn hat sie meiner Meinung nach alles unter Kontrolle: ihre mentalen Bedürfnisse, ihre Karriere und ihre Wünsche. Im Verlauf des Buches wird leider der Umgang mit mentalen Krankheiten etwas...fragwürdig. Da ich nicht Spoilern will, lasse ich hier die Details aus, aber die grundsätzliche Devise schien zu sein: Mentale Krankheiten existieren nicht, man muss nur sexy sein.

    Ein weiteres Problem, was sich laut Rezensent*innen aber durch Kresley Cole Bücher durchzieht, ist der fehlende Umgang mit dem Thema Consent. Klar ist Cadeon der typische Macho,  aber das sollte nicht als Begründung oder Erklärung dafür gelten, dem female Protagonist jeglichen Anspruch auf eigene Bedürfnisse zu verwehren.

    Positiv kann ich die Story bewerten. Die Welt war wirklich toll ausgearbeitet und man konnte der Story leicht folgen ohne die vorherigen Bücher gelesen zu haben (u.a. weil die eigentliche Story dann doch recht dünn ist und regelmäßig von den Charakteren nochmal wiederholt wird). Die Hintergrundhandlung rund um die Akzension fand ich sehr spannend und ließ sogar genug Hoffnungen in mir, dass ich gerne weiterlesen will. Auch Nebencharaktere wie Nix überzeugten mich, dass in Kresley Cole's Bücher doch etwas mehr steckt und vielleicht die hier zufriedenen Protagonisten einfach nicht so meins waren.

    Mal sehen.

  8. Cover des Buches Die Therapeutin (ISBN: 9783442746781)
    Camilla Grebe

    Die Therapeutin

     (147)
    Aktuelle Rezension von: Lynn11

    Der 4. Stern bekommt das Buch von mir, weil die Geschichte so bildlich erzählt wird. Ich stand oft vor Siris Haus in Schweden, beobachtete die Hausfassade mit den brennenden Lichter, stand am Anleger und hörte die Wellen rauschen. Ich liebte die schwedische Idylle. Siri, als Psychotherapeutin, erschien mir manchmal etwas unsteht und labil. Ihr Chrakter stimmte nicht mit dem Titel einer seriösen Fachperson überein. Bis zum Schluss kamen verschiedene Personen als Mörder in Frage und deshalb fand ich den Krimi ganz interessant. 

  9. Cover des Buches Tausend kleine Schritte (ISBN: 9783492301374)
    Toni Jordan

    Tausend kleine Schritte

     (226)
    Aktuelle Rezension von: Osilla

    Dieses zauberhafte kleine Büchlein habe ich bereits im Januar gelesen und irgendwie schaffe ich es erst jetzt, es euch vorzustellen. Aber besser spät, als nie, denn "Tausend kleine Schritte" ist eine tolle wenn auch ungewöhnliche Liebesgeschichte, in der es darum geht, seine Mitmenschen so zu nehmen, wie sie sind, auch wenn sie nicht der Norm entsprechen. Wir alle sind einzigartig und sollten uns nicht verbiegen, um ins Raster zu passen.

    Die Autorin:
    Toni Jordan (geboren 1966) ist Schriftstellerin und lebt in Melbourne. "Tausend kleine Schritte" ist ihr erster Roman und war international erfolgreich. Das Buch wurde in Australien für den Miles Franklin Award und den Barbara Jefferis Award nominiert und als Bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet. Weitere Romane der Autorin sind "Die schönsten Dinge" und "Neun Tage". Letzterer wurde mit dem Fiction Award der unabhängigen australischen Buchhändler ausgezeichnet.

    Inhalt:
    „Grace Lisa Vandenburg zählt alles, was sie umgibt, jede Kleinigkeit: die Schritte bis zu ihrem Lieblingscafé (920), die Streusel auf ihrem Orangenkuchen (12 – 92) und die Buchstaben ihres Namens (19). Erst Seamus O’Reilly und sein unwiderstehlicher Wunsch, hinter das Geheimnis ihres Lebens zu kommen, lässt sie die Kontrolle verlieren.“ (Klappentext)

    Kritik und Fazit:
    Bereits das Cover lässt darauf schließen, dass wir es hier mit einer eher ungewöhnlichen Geschichte zu tun haben. Da ist ein Stapel Orangen, teils geschält, teils nicht. Das alles auf weißem Grund und eigentlich so gar nicht zum Titel passend. Doch Orangen spielen im Buch eine Rolle, wenn auch eine kleine. Ich fand das Cover zumindest so interessant, dass ich auf dem Tisch der Mängelexemplare danach gegriffen habe. Und das ist es ja schließlich, was ein Cover erreichen sollte.

    Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich. Er passt genau zu der Protagonistin, die zwar ihre Macken hat, dabei aber dennoch gebildet ist. Ich habe das Buch ziemlich schnell durchgelesen und fühlte mich durchweg gut unterhalten.

    Zitat: "Aber ohne Zählen wäre die Welt zu groß und zu austauschbar. Eine endlose Leere. Ich wäre immerzu orientierungslos. Ich wäre überwältigt."
    (Toni Jordan: Tausend kleine Schritte, Seite 31)

    Grace‘ Tick mit den Zahlen begann schon in ihrer Kindheit. Was das Ganze ausgelöst hat, erfahren wir im Lauf der Geschichte. Wenn man sich ein bisschen mit dem Thema „Zwänge“ auskennt, weiß man, dass meist ein traumatisches Ereignis in der Kindheit der Grund für solche ausgeprägten ungewöhnlichen Verhaltensmuster ist. So auch bei Grace. Dennoch hat sie sich in ihrem Leben gut eingerichtet. Sie kann aufgrund ihrer Zählerei nicht mehr in ihrem gelernten Beruf als Lehrerin arbeiten und gilt nun als erwerbsunfähig. Aber selbst den für sie schwierigen Situationen, wie zum Beispiel dem Einkauf im Supermarkt, ist sie gewachsen und dabei um keine Ausrede verlegen, als es darum geht die fehlende zehnte Banane zu ergattern. So können wir neben der schwierigeren Thematik auch an einigen humorvollen Szenen teilhaben.

    Erst als Seamus O’Reilly in ihre Leben tritt, merkt sie, dass ihr etwas in ihrem Leben gefehlt hat. Er macht sie glücklich und ihr Leben ein wenig aufregender. Er ist alles, was sie braucht. Doch das scheint Seamus nicht zu merken. Sein Drang, ihr zu helfen ist groß und so nimmt die Geschichte der beiden ihren Lauf.

    Wir lernen Grace Marotten ziemlich deutlich kennen, sie zählt alles was ihr möglich ist, um sich in der Welt zurechtzufinden und Sicherheit zu verspüren. Das hat die Autorin wunderbar in Szene gesetzt und manchem Leser könnte das schon auf die Nerven gehen. Ich persönlich fand es aber sehr interessant in Grace Kopf blicken zu dürfen. Natürlich kommen wir in der Geschichte irgend wann zu der Frage , ob es sinnvoll ist, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die eigenen Ticks zu überwinden. Ob es überhaupt nötig ist, sich zu verändern, um mehr der Norm zu entsprechen. Und ob es Grace glücklich macht, mithilfe von Medikamenten ein sogenanntes normales Leben zu führen, welches der eigenen Natur aber zuwider ist.

    "Tausend kleine Schritte" ist ein sehr emotionales Buch, welches uns mitnimmt in die Welt einer Zwangsneurotikerin. Wir erfahren, welche Hürden jene Menschen zu nehmen haben, um so sein zu können, wie sie selbst sein möchte und nicht, wie die Außenwelt sie sehen will. Auch wenn viele Ratschläge von Außen gut gemeint sind, so muss jeder am Ende selbst entscheiden, was für ihn das Richtige ist. Akzeptiere dich und akzeptiere dein Gegenüber. Jeder ist richtig, so wie er ist.

  10. Cover des Buches Die narzisstische Gesellschaft (ISBN: 9783423348218)
    Hans-Joachim Maaz

    Die narzisstische Gesellschaft

     (13)
    Aktuelle Rezension von: seschat
    Der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz zeichnet ein sehr negatives Bild unserer heutigen Gesellschaft. Diese sei größtenteils narzisstisch geprägt. Sind wir alle in die "Narzissmusfalle" geraten?  

    Ich hoffe es mal nicht. Feststeht allerdings auch, dass wer es beruflich zu etwas bringen will, heutzutage gezwungen wird, narzisstisch zu agieren. D. h., nicht nach links und rechts zu schauen, einfach skrupellos das eigene Recht, die eigene Karriere einzufordern/zu verfolgen. Moralisch ist das für Nicht-Narzissten äußerst verwerflich. Der Narzisst kennt es einfach nicht anders, für ihn ist dieses arrogante, rigorose und unsoziale Auftreten eine Ersatzbefriedigung für Kindheitstraumata. Die Menschen, die von ihren Eltern, vor allem ihrer Mutter, während der Kindheit zu wenig Liebe/Anerkennung erfahren haben, suchen sie im Erwachsenenalter Bestätigung. Ob nun im Beruf, im Privaten, egal wo, überall muss man der Beste sein. Lob und Anerkennung ist für Narzissten lebensnotwendig, die Luft zum Atmen. In unser Gesellschaft überwiegt die Zahl der männlichen Narzissten. Sie sitzen meist in Führungspositionen, die sie gekonnt gegen Widersacher uund eigene Mitarbeiter zu verteidigen wissen. Denn nichts ist schlimmer als eine Niederlage, ein Scheitern, weil dies alte Gefühle aus der Vergangenheit auf den Plan ruft, die Mann lieber verdrängt, sei es durch Luxus, Frauen, Machtspiele. Die Spielwiese der Narzissten ist vielfältig, z. B. Politik, Sport (Spitzensportler) etc. Doch eines fällt auf, der Narzisst ist ständig und überall nur mit sich selbst und seinem Erfolg beschäftigt, er ist unfähig Gefühle zu zeigen, Empathie zu empfinden. Alles, auch die Liebe ist egoistisch, 

    Nach Maaz gibt es zwei Narzissmustypen, die Egozentriker (Größenselbst) und die ewigen Versager (Größenklein). Wobei ich selbst mehr Egozentriker kennengelernt und durch Maaz nun besser verstehen gelernt habe. Psychologische Spielchen stehen bei Narzissten an der Tagesordnung, was mich selbst tierisch aufregt. Sie sind nicht ehrlich zu sich und zu anderen, spielen eine Rolle, denn sie wollen gefallen. Kritik und Zurückweisung ertragen sie nicht.

    Maaz' Ausführungen sind sehr plausibel aufbereitet und damit für Jedermann verständlich. Manchmal hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, sich immer wieder auf die verkorkste Kindheit und den Vgl. von "Größenselbst" und "Größenklein" zu versteifen, ist mir zu einseitig. Reinhard Hallers Buch "Narzissmusfalle" hat mir deutlich besser gefallen, weil allerhand Fallbeispiele aus der beruflichen Praxis angeführt wurden und auch das witzige Moment nicht vernachlässigt wurde. Als positiv möchte ich das Abschlusskapitel von Maaz hervorheben, in dem er äußert kritisch seinen eigen Narzissmus diskutiert. 

    Fazit:
    Augen auf bei der Berufs- und Partnerwahl. Der Narzisst ist mehr verbreitet als gedacht. ;)
  11. Cover des Buches Die seltsamen Methoden des Dr. Irabu (ISBN: 9783442736027)
    Hideo Okuda

    Die seltsamen Methoden des Dr. Irabu

     (55)
    Aktuelle Rezension von: dzaushang
    Dr. Irabu, ein kleiner, 100 kg schwerer Mann mit leicht überdrehter Stimme sitzt mit Vorliebe im Schneidersitz hinter seinem Schreibtisch. Die Anliegen seiner Patienten scheinen ihm zunächst einmal gar nicht so wichtig, man könnte sogar den Eindruck haben, er höre ihnen nicht mal richtig zu, wenn sie beginnen von ihren Problemen zu erzählen. Einzig seiner Leidenschaft für Vitaminspritzen frönt er schon in der ersten Sitzung eines jeden Patienten. Ob gelegen oder ungelegen, diese Spritze zu Beginn muss einfach sein, denn Vitaminmangel ist eine Hauptursache für seelische Störungen, so versucht er seinen Patienten zumindest deutlich zu machen. Was sich gelegentlich als schwierig erweist, insbesondere dann, wenn der Patient ausgerechnet ein Yakuza mit Spitzenphobie ist, was, zugegebenermaßen, im Gangstermilieu ein nicht ganz unerhebliches Handicap ist. Die Abneigung geht aber weit über Messer hinaus. Selbst die Ecken eines Tisches, oder die Essstäbchen in seiner Hand können einen mittelschweren Ekelanfall auslösen. Aber nach ein wenig Körpereinsatz, Irabu wendet in diesem Fall die „Schraubzwinge“, einen Judogriff, an, kommt die Spritze auch beim etwas wilderen Yakuza gekonnt zum Einsatz. Bei solchen „Behandlungsmethoden“ verwundert es den Leser zunächst ein wenig, warum die Patienten, der ersten Sitzung irgendwann glücklich entkommen, doch immer wieder kommen. Auch wenn unter Umständen schon wieder eine Spritze droht. Woran liegt das? Vielleicht daran, dass es Irabu immer versteht sich mit seinen Patienten gemein zu machen? Sei es mit dem Trapezkünstler, den er zunächst einmal dazu nötigt ihm seinen Kindheitstraum vom Trapezfliegen im Zirkus zu erfüllen, sei es mit der Schriftstellerin, die er darum bittet seine eher hoffnungslosen Texte einem Lektor vorzuschlagen. Vielleicht aber auch daran, dass Irabus ganze Art sich zu geben seine Patienten Dinge machen lässt, von denen sie zuvor kaum glauben konnten, dass sie diese jemals tun würden? So hätte es sich der Kollege Psychiater, mit der Zwangsvorstellung seinem Schwiegervater, einem geltungssüchtigen Karrieristen an der Spitze der medizinischen Fakultät, in aller Öffentlichkeit das Toupet vom Kopf reißen zu müssen, nicht träumen lassen, dass es einmal tatsächlich soweit kommen würde. Mit Dr. Irabu an der Seite kein Problem. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur daran, dass Irabu es immer wieder schafft diese Menschen, die zu ihm kommen, an den Punkt zu bringen, an dem sie bereit sind von ihren wirklichen Schwächen und von ihren geheimsten Gedanken zu erzählen? Dr. Irabu, mit seiner nur so sprühenden Spontanität und Lebensfreude, mit seiner Wirkung als Lebenselixier auf seine Patienten, ist ein absolutes Phänomen. Erst bringt er die Menschen mit seinem so atypischen Verhalten völlig aus der Fassung, macht Tabula Rasa, dann bringt er ihnen ihre ureigenen, allerdings wieder verschütteten, Gedanken zur möglichen Lösung ihrer Probleme ganz langsam nahe. Er reißt wie ein Wirbelsturm aus eingefahrenen Gedankengängen und Verhaltensmustern heraus und animiert zu neuem Tun. So macht er aus Patienten, die alle aus Angst, eine Dummheit zu begehen, lieber durch die Hölle laufen, die nur darauf bedacht sind die äußere Form zu wahren, wieder Menschen, die Spaß und Freude am Leben haben. Die insgesamt fünf irrwitzigen Episoden aus dem Wirken des Psychiaters Dr. Ichiro Irabu sind der Hammer. Voller Witz und feinsinnigem Humor, aber auch voll nachdenklich machender Passagen, die den Leser auch über das eigene Leben sinnieren lassen. Es bereitet rundum einen riesigen Genuss dieses schräge Buch von Hideo Okuda zu lesen.
  12. Cover des Buches abends um 10 (ISBN: 9783551311771)
    Kate de Goldi

    abends um 10

     (75)
    Aktuelle Rezension von: startbeingabooklover

    “Abends um 10” von der neuseeländischen Autorin Kate de Goldi erzählt eine schöne und leichte Geschichte über Freundschaft, Mut und Familienzusammenhalt.


    Inhalt: Frankie Parsons Alltag ist bereits im Alter von 12 Jahren bis auf das kleinste Detail vorhersehbar. Selbst der tägliche Weg zur Schule mit seinem besten Freund Gigs und das Bellen des Nachbarhundes sind zur Routine geworden. Auch das tägliche Treffen mit Frankies Mutter in ihrem Zimmer kurz vor dem zu Schlafen gehen um genau 10 Uhr abends, ist unverzichtbar in Frankies Alltag. Doch als Frankie eine neue Mitschülerin namens Sydney bekommt und zu einem Schulprojekt mit ihr verpflichtet wird, bringt Sydney sein ganzes Leben mit ihrer vollkommen anderen und neugierigen Art durcheinander. Das unumgängliche Schulprojekt ist vorerst die einzige Gemeinsamkeit zwischen Frankie und Sydney, doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto mehr Ähnlichkeiten finden sie aneinander.


    Meinung: Der Einstieg in die Geschichte des Buches war meiner Meinung nach anfangs ein wenig schwierig, da sich die Handlungen eigentlich fast das ganze Buch über sehr lang ziehen und es kaum Spannungen gibt, die einen unbedingt zum Lesen anregen. Doch die Geschichte ist sehr liebevoll und schön, sodass man sich nach kurzer Zeit an die Protagonisten gewöhnt und sehr gerne weiter liest, um zu erfahren, wie es mit den handelnden Personen weitergeht. Zum Ende hin wurde die Handlung zwar noch etwas spannender, was einen die letzten Seiten verschlingen lies, doch letztendlich bin ich der Meinung, dass so einige Textpassagen kürzer gefasst werden könnten.

    Der Schreibstil der Autorin hat mir im allgemeinen sehr gut gefallen, da er immer einfach und flüssig zu lesen und zu verstehen war und somit auch super von jungen Lesern gelesen werden kann, die mit der offiziellen Altersempfehlung ab 12 Jahren, die eigentliche Zielgruppe dieses Buches sind. Aber auch ich, mit meinen mittlerweile 16 Jahren, habe Gefallen an dem Buch gefunden und Spaß beim Lesen gehabt.


    Fazit: Das Buch erzählt eine leichte und schöne Geschichte für zwischendurch und ist auf jeden Fall unterhaltsam, was das Buch zu einem sehr guten Kinder-/Jugendbuch macht. Auch schwierige Themen wie z.B. Familienprobleme oder Selbstzweifel werden in diesem Buch wunderbar aufgegriffen und auf eine sehr schön Weise umgesetzt.

  13. Cover des Buches A "Streetcar Named Desire" (ISBN: 9781408106044)
    Tennessee Williams

    A "Streetcar Named Desire"

     (108)
    Aktuelle Rezension von: LaKaro

    "What music?"
    "The Varsouviana! The polka tune they were playing when Allan - wait! .... There now, the shot! It always stops after that."


    Belle DuBois ist eine alternde Südstaatenschönheit, die ohne Job und ohne Geld bei ihrer Schwester Stella in New Orleans Zuflucht findet. Dort kollidiert ihre schon sehr fragile Person mit Stellas rohem Arbeiterklasse-Ehemann Stanley Kowalski, der ihre Scheinwelt zu zerstören versucht.

    Das Stück: A Streetcar named Desire ist bis zum Ende unterhaltsam und spannend. Es hat bei mir jetzt nicht *klick* - bestes Buch aller Zeiten! gemacht, aber ich finde es trotzdem ein tolles Drama, in dem gleich mehrere Problematiken aufgegriffen werden. Alles vor dem Hintergrund der sehr lebendigen Stadt New Orleans, und immer mit Musik hinterlegt. Das macht alles sehr - dramatisch eben.
    Endstation Sehnsucht, wie es auf deutsch heißt, ist ein amerikanischer Klassiker, den zu lesen/anzusehen sich lohnt. Der Film "Blue Jasmin" aus dem Jahr 2013 basiert auf dem Stück, allerdings in modernerem Setting. Die Themen sind einfach zeitlos.

    Die Charaktere: 
    Anfangs hat mich Blanche (wie wahrscheinlich jeden Leser) einfach nur genervt. Sie ist so prätentiös und überdramatisch. Aber je tiefer man in die Geschichte dringt, desto mehr merkt man, dass sie diese Rolle nur spielt, weil sie versucht an etwas festzuhalten, das schon lange vorbei ist. Sie lebt in einer Traumwelt, was ihr besonders am Ende zum Verhängnis wird.
    Stella ist als große Schwester sehr gut gezeichnet. Sie macht sich Sorgen um Blanche, liest ihr jeden Wunsch von den Lippen ab, und versucht sie vor allem Unheil zu beschützen.
    Und Stanley... am Anfang konnte ich seine misstrauische Haltung verstehen. Blanches Verhalten provoziert Argwohn. Aber je besser ich Blanche zu verstehen lernte, desto wütender machte mich Stanley. Auch noch nach Beenden des Buches bringt er mich zum Brodeln.
    Hut ab, Mr. Williams. Character development on point.
    Eunice empfinde ich jedoch als keinen sehr soliden Charakter. Aber sie ist ja auch keine Hauptfigur.

    Klett English Edition: Ich habe übrigens die Klett English Edition (wer hätte das jetzt gedacht). Konnte sie leider bei den vorhandenen Büchern nicht finden, also schreibe ich meine Rezension zu dieser hier.
    Die Klett Version kann ich nur empfehlen. Das Stück wurde 1947 geschrieben und enthält viele (Slang)Formulierungen, die heute nicht mehr geläufig sind. "No, siree, Bob!" habe ich noch nie gehört (es bedeutet "not at all").
    Außerdem enthält das Buch noch Lebensläufe (nämlich 2, einen kurzen und einen langen) des Autoren, Interviews und Diskussionen.

    Würde jetzt
    zu gerne das Stück ansehen, aber es wird leider nirgendwo in meiner Nähe gespielt.
  14. Cover des Buches Zenos Gewissen (ISBN: 9783257240436)
    Italo Svevo

    Zenos Gewissen

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Clari
    Selbstbetrachtungen eines eingebildeten Kranken. Wohl selten hat ein Dichter mit der gleichen Detailbesessenheit über die letzte Zigarette geschrieben wie Italo Svevo, der mit bürgerlichem Namen Ettore Schmitz hieß. Von James Joyce entdeckt und zu seiner schriftstellerischen Arbeit ermutigt stammen aus seiner Feder die schönsten Romane, in denen er mit Akribie das Innenleben seiner Protagonisten offenlegt. In diesem Roman heißt der Held Zeno Cosini, der am Leben und seinen inneren Verrenkungen über die Bewertung des Für und Wider seiner Handlungen zu scheitern droht. Auf Geheiß seines Psychoanalytikers schreibt er eine Art Autobiographie, in der er sein Innenleben und seine psychischen Qualen beschreibt. Zu Beginn liest man auf ca 100 Seiten in dem Roman von Italo Svevo die unmöglichsten Versuche seines Helden, von der gesundheitsschädlichen Zigarette los zu kommen. Er geht sogar in ein Sanatorium, das er auf schnellstem Wege wieder verlässt, denn seine letzte Zigarette ist immer nur die vorletzte. Er schafft es einfach nicht! Seine Gedanken wandern zurück zu seinem Vater und dem frühen Tod seiner Mutter. Immer windet er sich in Gedanken, ob dieses oder jenes Verhalten richtig oder falsch ist. Mit anderen Worten: wir haben es mit einem ernsthaft schweren Neurotiker zu tun. Und die Psychoanalyse ist es auch, die unseren Autoren und seine Werke innerlich tief durchdringen. Hat doch Italo Svevo zu seiner Zeit die Traumdeutung von Sigmund Freud ins Italienische übersetzt. Unser Held Zeno Cosini möchte schließlich eine Frau zu seinem Glück finden. Als drei der vier Töchter von Giovanni, seinem Geschäftspartner, Freund und Gönner, ihn nach und nach abweisen, bleibt er an Augusta, der hässlichsten der vier Schwestern, hängen. Und es passiert Unfassliches: er findet sein Glück bei ihr! Rührend kommen seine Ängste zum Ausdruck, wie sehr dieses Glück von der Endlichkeit begrenzt sein wird. Die alten Zweifel verfolgen ihn, doch dann erkennt er:„Ich begriff endlich, was vollkommene menschliche Gesundheit ist, als ich erahnte, dass die Gegenwart für sie, Augusta, eine fassliche Wahrheit war, in der man sich einrichten und es sich bequem machen konnte.“ Doch leider gelingt unserem Helden das nicht! Er quält sich weiter durchs Leben gepeinigt von Eifersucht, beängstigenden Einbildungen und Vorstellungen, die ihn nie zur Ruhe kommen lassen. Untreue gepaart mit Selbstzweifeln und Eifersucht vergiften sein Leben vom Anfang bis Ende. Wie Italo Svevo sich in seinen Protagonisten hineinversetzt, lässt ahnen, dass er gewisse Erfahrungen selber gemacht haben muss. Von feiner Selbstironie und triftigen Ängsten getragen liest man sich durch diese Abhandlung einer Seelenverirrung, wie sie nirgends besser beschrieben ist. Man ist fasziniert von dem, was kranke Seelen umtreiben kann und liest die fragilen Seelenverrenkungen mit wachsender Aufmerksamkeit. Gilt es doch zu erkennen, dass die eine oder andere Einbildung auch von ganz normalen Sterblichen nachempfunden werden können. Italo Svevo ist Zeitgenosse von Proust und etwas später auch James Joyce. Sein herausragendes Werk, das 1929 zum ersten Mal erschienen ist, findet sicher in der Neuübersetzung von Barbara Kleiner wie schon zum früheren Erscheinungszeitpunkt begeisterte Leser!
  15. Cover des Buches Der Trost runder Dinge (ISBN: 9783518470961)
    Clemens J. Setz

    Der Trost runder Dinge

     (14)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly

    Chapeau, werter Herr Setz, Ihre Erzählungen, die Sie unter dem Titel „Der Trost runder Dinge“ zusammengeführt haben, sind eine Entdeckung für mich. Ihre gescheite Sprache geht einem ins Hirn und ans Herz und gleichzeitig will man sich vor den Abgründen in den Geschichten abwenden. Die Neurose ist stets nur einen Schritt vom Wahnsinn entfernt. Unglaublich auch die Wendepunkte und Irrgänge, die mir noch extremer beim Hören des Hörbuchs verdeutlicht wurden, denn Ihre Pointierung der Aussprache ist treffsicher und bohrt sich vehement durch diese unverschämt zarte Ausprägung tief in den wunden Punkt. Stellenweise erschreckend, wie gut das funktioniert. Nachdem im Hörbuch nicht alle Erzählungen enthalten sind, musste ich das Buch kaufen und habe alle Erzählungen, auch die, die ich bereits gehört hatte, gelesen. Beeindruckt hat mich, neben Ihrer Sprache, definitiv die Auswahl Ihrer Themen. Ihnen gelingt das Spiel mit dem Absurden, die Ansprache der kleingeistigsten Themen ohne den Richterhammer zu schwingen, weil das auch gar nicht Ihre Intention ist. Ganz im Gegenteil, Sie sprechen im Leser den eigenen Kleingeist ganz direkt an, kitzeln ihn gar aus seinem tiefen Grund heraus und lassen jeden selbst reflektieren. Aber auch die Einblicke in das Leben derer, die sonst niemanden interessieren, das Öffnen von Fenstern und Türen, die wir nie selbst öffnen würden – genial. 

    Nicht meine letzte Lektüre von Ihnen!


  16. Cover des Buches Gray (ISBN: 9783844526349)
    Leonie Swann

    Gray

     (45)
    Aktuelle Rezension von: JuliaSchu
    Es ist schon einige Jahre her, dass ich auf ein niedliches Buch namens „Glennkill“ aufmerksam wurde. Ein Schaf, das einen Detektiv-Fall löst? Nette Idee. Und vor allem großartige Umsetzung! Seitdem hatte ich mir den Namen „Leonie Swann“ gemerkt. Genau dieser tauchte vor kurzem wieder auf, als ich auf der Suche nach neuen Hörbüchern war. Das neue Buch aus Swanns Feder mit dem Titel „Gray“ dreht sich zwar nicht um ein Schaf, der Tierwelt ist die Autorin aber trotzdem treu geblieben. Denn Gray ist ein grauer Papagei, der auf der Schulter des Unidozenten Augustus Huff einen Mord aufklärt. Und dies geschieht auf so humorvolle, unterhaltsame und ulkige Art, dass man gar nicht mehr aufhören will, zuzuhören. Der Vorleser des absolut gelungenen Hörbuchs ist Bjarne Mädel, der in der Comedywelt kein unbeschriebenes Blatt ist. Doch tatsächlich ist der Sprecher das schwächste an diesem Hörbuch, das zu glänzen weiß!


    Klappentext

    Dr. Augustus Huff, Dozent in Cambridge, hat plötzlich einen Vogel – und ein Problem: Einer seiner Studenten ist beim Fassadenklettern in den Tod gestürzt. War es nur ein tragischer Unfall? Oder Mord? Augustus vermutet Letzteres und geht auf Spurensuche – unterstützt von Gray, dem Graupapageien des Verstorbenen. Der sprachbegabte Vogel erweist sich als vorlautes Federvieh, und zuerst stolpert Augustus bei seinen Ermittlungsversuchen von einem Fettnäpfchen in das nächste. Doch schon bald ist es Gray, der im Labyrinth der altehrwürdigen Universität die richtigen Fragen stellt. Augustus begreift: nur gemeinsam können sie es schaffen, diese harte Nuss von einem Fall zu knacken.


    Meinung

    Schon der Klappentext lässt ein Spektakel für die Lachmuskeln vermuten. Ich mag es immer sehr, wenn Hörbücher auch eine humorvolle Ader besitzen. Und dass das bei einem Leonie Swann-Buch der Fall sein würde, war von vornherein klar. Mit großer Vorfreude stürzte ich mich also ins Abenteuer – und verstand zunächst überhaupt nichts. Der Prolog hinterließ bei mir nur Fragezeichen. Die Perspektive, die Stimme – alles erschien abstrus. Um wen geht es denn grade?! Doch es ist nichts Ungewöhnliches, dass Prologe etwas verwirrend sind – und in Hörbüchern kann das erst recht der Fall sein. Ab dem ersten Kapitel ging es dann aber steil bergauf. Augustus Huff ist passend zu Gray, ein wirklich komischer Vogel. Der Dozent hat sich mit seiner Lehre in Cambridge einen Lebenstraum erfüllt, doch er ist von ständigen Zweifeln geplagt. Und außerdem hat er einen Sauberkeitsfimmel. Unordnung und Chaos müssen sofort beseitigt werden, Dreck weggewischt und die Hände stets gewaschen sein. Augustus ist ein herrlicher Charakter. Er ist ein bisschen weltfremd, lebt er doch in seiner ganz eigenen und doch ist er auf seine ganz eigene Art wahnsinnig komisch. Dass seinem Leben aber etwas fehlt, wird jedem Hörer schnell klar. Und zum Glück rettet Gray diesen engstirnigen Charakter! Denn der arme Papagei ist halterlos. Sein Besitzer stürzte in den Tod, dabei war er doch Fassadenkletterer? Das Opfer war Augustus Student und sofort vermutet er hinter dem Sturz mehr. Das gleiche scheint auch der überaus intelligente Papagei zu empfinden, der für Studien ausgebildet wurde und ein reges Mitteilungsbedürfnis hat. Gus nimmt sich seiner an und gemeinsam werden sie zum Detektivduo. Allein die Kombination eines Ordnungsfanatikers und eines sprechenden Vogels ist skurril und einfach genial. Hinzu kommt, dass Gray nicht einfach ein plappernder Papagei ist – er kommentiert das Geschehen, kennt viele Personen und weiß diese anzusprechen. Er kennt feste Signale und hat scheinbar eine Vorliebe für den Song „Pokerface“ von Lady Gaga, den er rauf und runter singt. Vor allem immer dann, wenn es am wenigsten passt. Sätze wie „Nimm ‚ne Nuss“ oder „Keks?“ heitern das Geschehen immer wieder auf! Der Papagei ist einfach großartig und daher ein absolut passender Namensgeber für das Buch! Gray ist grandios, witzig und neben Gus die wichtigste Figur des Buches. Nur mit seiner Hilfe kommt Gus dem Täter langsam auf die Spur. Gray ist es, der die richtigen Impulse gibt und mit neuen Ideen aufwartet. Dass der Alltag des verschrobenen Dozenten durch den Vogel auf den Kopf gestellt wird, ist vollkommen klar. Doch genau dadurch macht Augustus einen tollen Wandel durch. Der Papagei ist dabei stets auf seiner Schulter und hat immer einen flotten Spruch parat. 
    So ist für Unterhaltung und Spaß auf jeden Fall garantiert. Der Mordfall wird durch Gray oft beinahe schon zur Nebensache. Doch auch der Fall ist spannend und gut durchdacht. Ich selbst kam nicht auf den Täter, auch da die kurzen „Tagebucheinträge eines Luftikus“ immer wieder vorkommen. Denn Bjarne Mädel ist nicht der einzige Sprecher des Hörbuches. Christopher Heisler übernimmt ebenfalls sehr kurze Passagen im Hörbuch, immer dann, wenn „vom Luftikus“ die Rede ist. Danach übernimmt Mädel wieder in gewohnter Manier. Diese Tagebucheinträge sorgen für Abwechslung und bieten neue Perspektiven. Wie sehr sie mich letztendlich in die Irre geführt haben, habe ich erst am Ende bemerkt. Es gelingt der Autorin also durchaus, dem Leser ein Schnippchen zu schlagen. 
    Vor der Story und den Charakteren ziehe ich absolut meinen Hut! Neben Augustus und Gray gibt es natürlich Nebenfiguren, die allesamt gelungen sind. Manchmal waren es ein paar viele, doch den Überblick kann man trotzdem behalten. Der Schreibstil von Leonie Swann ist ebenfalls gut und natürlich sehr humorvoll. Es braucht also einen Sprecher der es auf den Punkt bringt. Und da passt Bjarne Mädel natürlich perfekt – sollte man meinen. Ich gebe zu, dass ich vom Sprecher mehr erwartet hatte. Mädel hat eine sehr ruhige Stimme. Mir war sie manchmal zu monoton. Für Gray hat Bjarne Mädel tolle Akzente erarbeitet, bei den anderen Figuren fehlte mir das aber. Auch die Kommentare von Gray trägt er zwar lustig vor, das Gesinge von „Pokerface“ war aber manchmal doch ziemlich verfehlt. Für mich war die Leistung des Sprechers eher durchschnittlich, doch generell passt Mädels Art und Weise vorzulesen schon sehr gut zu Augustus und Gray. Vielleicht waren auch meine Erwartungen einfach zu hoch.


    Fazit

    Auf das gesamte Buch trifft dies aber keinesfalls zu, denn meine Erwartungen wurden mehr als übertroffen! Ich hoffte auf eine nette Geschichte, die mich mit dem ein oder anderen Lacher unterhalten würde, doch „Gray“ ist noch viel mehr als das. Ja, die Geschichte unterhält und sie ist wahnsinnig komisch und humorvoll. Aber es geht auch um Dinge wie Selbstfindung, Liebe und eine ganz besondere Freundschaft. Diese Botschaften fand ich sehr schön verpackt. Hinzu kommt noch, dass der Mordfall wirklich spannend ist und nicht sofort durchschaut werden kann – zumindest nicht von mir. Ich wünsche mir viele weitere Abenteuer mit Augustus und Gray an seiner Seite. Denn dieses Hörbuch ist einfach herrlich! Trotz der etwas gedämpften Erwartung gegenüber dem Sprecher muss ich fünf Spitzenschuhe vergeben, da ich „Gray“ einfach so gern zugehört hab. Ich weiß, er würde sich mehr über Kekse freuen, doch ich habe eben nichts anderes als Spitzenschuhe….
  17. Cover des Buches Gegen den Strich (ISBN: 9783849699178)
    Joris-Karl Huysmans

    Gegen den Strich

     (45)
    Aktuelle Rezension von: Aliknecht
    Inhalt: Der Held des Romans Jean Floressas des Esseintes ist der letzte Spross alten französischen Adels und ein exzentrischer vermögender Einzelgänger. Im Alter von 30 Jahren ist er des Lebens in Paris überdrüssig und richtet sich weit ausserhalb in Fontenay ein abgelegenes Haus nach seinen individuellen Vorstellungen ein. Für die erlesenste und geschmackvollste Austattung des Anwesens scheut er keinen Aufwand. Er bestimmt die Farben und Formen der Einrichtung in jedem Detail und lässt etwa durch einen Juwelier einer Schildkröte Edelsteine in den Panzer einarbeiten. 

    Des Esseintes vertieft sich in verschiedene Spezialgebiete. Ein Teil der an den Wänden seines orange-blauen Kabinetts angebrachten Bücherregale enthält ausschließlich lateinische Werke. Seine Bewunderung für Vergil ist mäßig, von Ovid fühlt er sich nur vage angezogen. Ebensowenig wie Cicero mit seinen "langatmigen Metaphern" und "verworrenen Abschweifungen" begeistert ihn der für seine lakonische Kürze berühmte Caesar. Erst ab Lukanus erscheint ihm die lateinische Sprache ausdrucksvoller und der Autor, den er wirklich liebt, heißt Petronius. Es folgen Schriftsteller des zweiten bis vierten Jahrhunderts, um dann zu Augustinus zu kommen. Gerne blättert er in den Werken des Apollinaris Sisonius und verfolgt die karolingischen Lateiner und die Chronisten bis ins Mittelalter. 

    Zur Ergötzung seines Geistes und zur Freude seiner Augen dienen Werke der Malerei. Ihn entzückt vor allem Gustave Moreau, von dem er ein Bild der Salome besitzt. Im roten Boudoir hängen Stiche mit Darstellungen aller Martern, die der Wahnwitz der Religionen erfinden konnte. Sie lösen bei Des Esseintes eine Gänsehaut aus. Während sich sein literarischer Geschmack und seine Beschäftigung mit der Kunst immer mehr verfeinert, entwickelt sich eine neue Liebe zu den Blumen. Er beschafft sich eine Sammlung von Kaladien und er läßt eine kolumbische Anthurie und indische Orchideen anliefern. Eine Alocasia Metallica - ein Meisterwerk des Künstlichen - erregt ihn ebenfalls. Vor allen andern betören ihn "die Vampire der Flora", die fleischfressenden Pflanzen, die Venusfliegenfalle von den Antillen und der Cephalotus. Aber die Freude an den Pflanzen versiegt allmählich und er wendet sich den Düften zu. Des Esseintes wird ein Künstler der Parfume-Herstellung. Er besitzt das gesamte Sortiment der von den Parfumeuren verwendeten Produkte und komponiert neuartige Duftbouquets. Er verarbeitet Ambra, Moschus und echtem Mekkabalsam. Aber irgendwann muss er das Fenster aufreissen,  um seine zerrütteten Nerven zu beruhigen und sinkt fast ohnmächtig nieder. 

    Nach kurzer Krankheit beschließt er, eine Reise nach England zu unternehmen. Er fährt nach Paris und will weiter nach Dieppe um ein Schiff nach Newhaven zu nehmen. Vor der Abfahrt sucht er in Paris eine Taverne im englischen Stil auf. Sie ist angefüllt mit Engländern. Er verzehrt einen Haddock, danach einen Stilton, trinkt zwei Pints of Ale und nimmt danach noch einen Brandy. Er müsste zum Bahnhof, aber die Beine versagten. So fährt er wieder zurück nach Fontenay und kommt dort mit dem Gefühl totaler körperlicher Erschöpfung und geistiger Ausgelaugtheit wie nach einer langen und gefährlichen Reise an. Es geht weiter bergab mit seiner Gesundheit und seinem seelischen Zustand bis ihn schliesslich sein Arzt in eine geschlossene Anstalt einweist. 

    Kommentar und Bewertung: Ich kam über Michel Houellebec, den vieldiskutierten französischen Gegenwartsautor, zu Huysmans. Houellebec lässt in seinem Roman "Unterwerfung" als Hauptfigur den Literaturwissenschaftler François auftreten. Dieser hat über den Autor Joris-Karl Huysmans promoviert und lehrt an der Pariser Universität III im fünften Arrondissement. Huysmans wurde 1884 mit seinem Roman "À rebours" (deutsch "Gegen den Strich") als Autor der Décadence berühmt. Die Décadence zielte auf eine verfeinerte, exklusive und möglichst künstliche Lebensform ab und bedeutet etwas anderes als der deutsche Begriff Dekadenz. Für Michel Houellebecq ist Huysmans ein wirklicher Ästhet, dem die Schönheit von Versen, Gemälden und Musik ein Beweis für die Existenz Gottes ist [1].

    Der handlungsarme Roman schildert den ästhetischen Genuss des Esseintes an den Objekten seiner Leidenschaft. Er trennt sich immer weiter ab von der realen Außenwelt und scheitert schließlich bei seinem letzten Versuch nach draußen zu gehen. Ihm genügt allein der Anschein englischen Lebens in der Pariser Taverne und er hat keinerlei Kraft mehr um wirklich aufzubrechen. Er zerbricht an der Ästhetik.  Der Roman ist wunderbar geschrieben, meisterhaft zum Beispiel der Abriss über die lateinischen Schriftsteller, die über mehr als ein Jahrtausend hinweg stets aufeinander aufbauend in einer großen Auf- und Abwärtsbewegung Kultur gesetzt haben. Es ist nur eine kleine Nische der Geschichte und einst weltberühmte Autoren sind heute nahezu unbekannt. Nur wohin führt die Betrachtung alldessen, wenn man den Kontakt zur Welt verliert? Ganz hervorragendes Buch!

    Ausgabe: Joris-Karl Huysmans, Gegen den Strich Aus dem Französischen von Brigitta Restorff Artemis & Winkler 2008 Düsseldor (gelesen im März 2017)

    Referenzen:
     [1]  Die Welt 03.01.2015 Interview Michel Houellebecq über sein
            neues Buch „Unterwerfung“ von Silvain Bourmeau
  18. Cover des Buches Für mich soll es Neurosen regnen (ISBN: 9783442771028)
    Peter Wittkamp

    Für mich soll es Neurosen regnen

     (13)
    Aktuelle Rezension von: MandyW

    Geschrieben mit viel Witz und Humor. Wenn man aber Einzelheiten aus dem Buch jemand anderem erzählt, wird einem erstmal bewusst wie ernsthaft, unendlich erdrückend und anstrengend diese Erkrankungen sein müssen. Großen Respekt für diesen Einblick 

  19. Cover des Buches Sex 2 (ISBN: 9783150205686)
    Sibylle Berg

    Sex 2

     (52)
    Aktuelle Rezension von: rkuehne

    Es bleibt dabei, ich verehre Sibylle Berg für so viele Dinge die sie ist und macht. Dieser Teil ihres Frühwerks aus den 90er-Jahren hingegen war nur bedingt vergnügungssteuerpflichtig. In vielen einzelnen Anekdoten und Sichtweisen ständig wechselnder Figuren zeichnet Berg ein düsteres, tragisches Gesellschaftsbild, was sich mitunter unterhaltsam, mitunter schmerzhaft liest. Und am Ende geht man mit einem Gefühl raus, was irgendwie indifferent und trostlos ist. Alle sind schlecht, jeder auf seine Weise.

  20. Cover des Buches Elling (ISBN: 9783596177219)
    Ingvar Ambjørnsen

    Elling

     (23)
    Aktuelle Rezension von: Bogus
    Elling, ein neurotischer Frührenter, schlägt sich mit dem für ihn doch durchaus komplizierten Alltag herum. Er begegnet Kjell - Bjarne, ein eher unterbemittelter Mann in der Gestalt eines Riesen, in einer Art Nervenklinik und lebt dann fortan mit ihm in einer WG zusammen. Ein Leben voller Angst, Freude, Phantasie, Essen und "gefährlichen" Sex nimmt seinen Lauf... Das Buch brilliert mit einer ungewöhnlichen Sprache und wundervollen Details. Elling ist eine unglaubliche vielfältige Figur, die zwischen Realität und Phantasie schwebt; trotz vieler Eigenarten kann man sich in ihn gut reinversetzen und sein eigenes Selbstbewusstsein auf die Probe stellen. Einzige Schwäche des Werkes ist die ab und zu auftauchende Langatmigkeit, da die Handlung relativ rar ist. Dafür aber schenkte uns Ingvar Ambjörnsen einen Helden, denn so schnell keiner vergisst... versprochen.
  21. Cover des Buches Die Phantasie der Schildkröte (ISBN: 9783596298266)
    Judith Pinnow

    Die Phantasie der Schildkröte

     (75)
    Aktuelle Rezension von: ENI

    Zum Inhalt: Edith ist Mitte vierzig, Single und wohnt allein in einer kleinen Wohnung. Ihr Leben verläuft in engen Bahnen. Tagsüber arbeitet sie und abends schaut sie Fernsehen. Ausser zu ihrer schwierigen Mutter, hat sie kaum Kontakte. Ihe Leben ändert sich, als sich eine Zehnjährige in ihr Leben drängt und ihr Aufgaben stellt.

    Meine Meinung: Ich zog das Buch vor einem Jahr aus dem Bücherschrank weil mich der Klappentext angesprochen hatte. Ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde. Ich las eine zärtliche, poetische Geschichte über die Kraft des Wünschens, die mir sehr gut gefallen hat. Ich mag grundsätzlich Figuren ü40, die sich selbstreflektieren. Diese Romanart eignet sich sehr gut, um sich selber ein paar Fragen zu stellen.

    Der Schluss ist sehr passend aber ich hätte mir einen anderen Ausgang gewünscht.

  22. Cover des Buches Der untröstliche Witwer von Montparnasse (ISBN: 9783734111457)
    Fred Vargas

    Der untröstliche Witwer von Montparnasse

     (80)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    der krimi von fred vargas hat richtig lust gemacht, noch mehr von ihm zu lesen. skurille personen, paris-atmosphäre ohne dass ein eiffelturm darin vorkommen muss und ein kriminalfall, bei dem noch nicht sofort so klar ist, welche lösung er hat oder wo zum beispiel der titel herkommt. super!
  23. Cover des Buches Grübeln (ISBN: 9783867398176)
    Tobias Teismann

    Grübeln

     (4)
    Aktuelle Rezension von: sabatayn76

    ‚Grübeln verstärkt aber nicht nur eine traurige Stimmung, sondern trägt genauso zu einer Intensivierung anderer Emotionen bei. Wer also in wütender Stimmung beginnt, über Ungerechtigkeiten und Unverschämtheiten zu grübeln, wird seine Wut steigern und länger wütend sein. Wer wieder und wieder über peinliche Erlebnisse nachdenkt, wird Schamgefühle befeuern. Wer sich beängstigende Situationen immer wieder vergegenwärtigt, wird sich zunehmend ängstlicher fühlen.‘ (Seite 27)

    Tobias Teismann, den ich vor allem durch seine Bücher zum Thema Suizidalität kenne, erklärt in seinem Ratgeber, was Grübeln ist, welche Auswirkungen es hat, wie sich Grübeln von Sichsorgen, Zwangsgedanken und problemlösendem Nachdenken abgrenzen lässt, welche Wirkung Grübeln auf Stimmung, Denken, Problemlösefähigkeit, Motivation, soziale Beziehungen und körperliche Gesundheit hat.

    Zudem berichtet Teismann von den Ursachen depressiven Grübelns, von Metakognitionen, von kurz- und langfristigen Konsequenzen sowie vom Überwinden depressiven Grübelns, wofür er viele konkrete Übungen im Detail erklärt.

    Teismann schreibt auf verständliche Weise und bietet dadurch Laien einen guten Einblick ins Thema und Möglichkeiten für einen Weg aus einer Grübelschleife. Ich arbeite als klinische Psychologin und habe das Buch gelesen, um Betroffenen eine passende Lektüre empfehlen zu können, die fundiert ist und das Thema nachvollziehbar behandelt, und hierfür eignet sich das Buch ausgezeichnet.

    Das Buch ist praxisnah, erläutert Hintergründe und stößt Veränderungen an. Dabei habe auch ich viel Neues bzw. in Vergessenheit geratene Techniken (wieder-) entdeckt, die ich gerne in naher Zukunft anwenden und Betroffenen beibringen möchte.

    ‚Grübeln‘ ist das perfekte Buch für Betroffene und eignet sich dadurch auch hervorragend für eine Patientenbibliothek in der Klinik.

    ‚Gedanken sind wie Angelhaken: Es ist sinnvoll, sie zu sehen, aber man sollte nicht anbeißen, darauf kauen oder sie gar hinunterschlucken.‘ (Zitat von Michael Simons, Seite 91)

  24. Cover des Buches Die Staubfängerin (ISBN: 9783250601111)
    Katja Oskamp

    Die Staubfängerin

     (5)
    Aktuelle Rezension von: metalmel
    Tanja, Mitte Zwanzig, ist eine kleine Regieassistentin in der ostdeutschen Provinz. Sie arbeitet mit Anita in schmuddeligen Theatern, schlägt sich mit deren ständiger Betrunkenheit und den damit einhergehenden cholerischen Anfällen herum und fährt auf ältere Männer ab. Alles ändert sich, als sie sich in den rund 20 Jahre älteren Dirigenten Edgar verliebt. Er ist Holländer, viel unterwegs, mäßig erfolgreich. Verheiratet war er auch schon einmal. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, zu denen der Kontakt völlig abgebrochen ist, da die gestörte Frau das so wolle. Sagt er. Die beiden heiraten und Tanja wird schwanger, das Kind kommt zu früh. Ab da ist nichts mehr wie es war. Der Oberarzt sagt ihr, Frühchen bräuchten eine Keimfreie Umgebung, da ihr Immunsystem noch nicht vernünftig arbeiten könne. So beginnt Tanja zu putzen und zu schrubben. Immer. Überall. Täglich mehrmals. Die Waschmaschine läuft ohne Unterlass, sie gibt in der Woche mehr als 50 Mark für Putzmittel aus. Das Geld wird knapp. Edgar hat keine Anstellung mehr. Trotzdem lässt Tanja einen Staubsaugervertreter kommen und will kaufen. Edgar schmeißt ihn raus. Sie fände einen zweiten Staubsauger wunderbar, denn damit könnte sie den ersten sauber saugen… Das Baby (Paula) wächst und gedeiht und bleibt ganz unberührt vom Putzfimmel Tanjas und dem Verfall Edgars. Er lässt sich gehen, sie isst Unmengen und putzt weiter. Als er sich ein Gewächshaus kauft, im Garten aufstellt und für immer darin verschwindet, darin hockt und vor sich hinstarrt, als Tanjas Eltern zu Besuch kommen, wieder gehen und Paula schläft, da flippt Tanja völlig aus, da sie den Abfluss nicht freibekommt und glaubt, da stecke der Dreck der ganzen Welt drin. Dann verlässt sie Edgar mit Paula. Sie zieht in eine kleine Wohnung und macht alles alleine. Der Putzfimmel geht. Der Fensterputzer kommt. Nicht nur zum Fensterputzen. Er ist dreckig und doch nimmt er Tanja im Sturm. Er „spießt sie von hinten auf“. Sie genießt es. Er mag Paula und spielt den starken Löwen für die kleine Prinzessin. Mit Tanja spielt er „Rollenspiele“ Durchgehend flüssig geschrieben, kaum direkte Rede. Der Roman wirkt eher wie eine Erzählung, die etwas zu lang geraten ist. Durch die schwerfällige Schreibweise vermag das Buch nur schwer zu fesseln.

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