Bücher mit dem Tag "ökonomie"
136 Bücher
- Marc-Uwe Kling
QualityLand (QualityLand 1)
(865)Aktuelle Rezension von: StolliQualityLand ( ich hatte die dunkle Ausgabe) von Marc-Uwe Kling ist das erste Buch von diesem Autor das ich gelesen habe, der Inhalt ist in der Rezension von Belletristik-couch.de enthalten, mein Fazit daher:
Die Geschichte ist auf jeden Fall interessant, hat etwas von 1984, nur weitergesponnen.
Am Anfang war die Idee mit den Nachnamen noch ganz interessant, über das ganze Buch hinweg, na ja....
Die Story, dass den Menschen alle Entscheidungen anhand von Algorithmen (aus denen man nicht mehr entkommen kann) abgenommen werden hat mir gut gefallen.
Der Humor, zum Totlachen kann ich nicht bestätigen, ist anscheinend nicht ganz meins aber muss ja auch nicht, von daher wird es wohl das letzte Buch sein...
- Ildefonso Falcones
Die Kathedrale des Meeres
(526)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderZuallererst, Die Säulen de Erde hat mir nicht gefallen. Die Kathedrale des Meeres ist streckenweiße super spannend und historisch dicht erzählt, aber es gibt so viel überflüssiges, soviele brutale Schilderungen, Sexszenen, Gewalt und unnötig in die Länge gezogene Gemetzel. Das ermüdet dann leider und ist viel zu lang
- Henry David Thoreau
Walden
(137)Aktuelle Rezension von: JMKSonnyIch zog in den Wald, weil ich den Wunsch hatte, mit Überlegung zu leben, dem eigentlichen, wirklichen Leben näherzutreten, zu sehen, ob ich nicht lernen konnte, was es zu lehren hatte, damit ich nicht, wenn es zum Sterben ginge, einsehen müßte, daß ich nicht gelebt hatte.
Worum geht es?
Henry David Thoreau, ein bekannter von Ralph Waldo Emerson, zieht 1845 für 2 Jahre in eine selbst gebaute Hütte am Waldensee. Walden ist sein aufbereitetes Tagebuch dieser Zeit. Thoreau ist auf der Suche nach dem wahren, wirklichen Leben und laut ihm kann das Leben nur aus dem Standpunkt der freiwilligen Armut unparteiisch beurteilt werden. Dieses Buch ist ein Gedankenfeuerwerk. Einfache Naturbeschreibungen wechseln sich ab mit tiefgreifenden Einsichten und Metaphern über das menschliche Leben.
Thoreau lebt auf einfachste Weise, jedoch bei weitem nicht einsam. Er geht regelmäßig ins unweit gelegene Dort oder Leute besuchen ihn in seiner Hütte. Es geht hier also nicht um einen Aussteiger und die Einsamkeit, sondern um die Einfachheit. Um Minimalismus. Es ist ein Experiment auf Zeit.
Ich möchte um keinen Preis, daß irgend jemand meine Lebensweise befolge; denn abgesehen davon, daß ich, ehe er sie ordentlich gelernt hat, schon wieder eine andere für mich gefunden haben kann, wünsche ich auch, daß es soviel verschiedene Menschen als möglich in der Welt geben möge; ich möchte nur, daß jeder recht sorgfältig trachtete, seinen eigenen Weg zu finden und nicht statt dessen den seines Vaters, seiner Mutter oder seines Nachbarn.
Es ist die Suche nach sich selbst. Und nach dem wahrhaftigen Leben, die ihn dort hintreibt. Er möchte die alten, ausgetretenen Pfade verlassen und stattdessen seinen eigenen Pfad eröffnen.
Meine Eindrücke
Das Buch ist leider an vielen Stellen zu zäh. Man muss sich hin und wieder durchquälen. Doch das ist es wert, denn man wird mit so einigen tiefgreifenden Gedanken belohnt, die die eigene Weltsicht verändern können.
Thoreau ist ein sehr guter Beobachter und liefert beeindruckende Naturbeschreibungen und Metaphern. Mutmaßlich durch die selbst gewählte Einfachheit klart er sein Denken und beschenkt uns mit gewaltigen Gedanken, von solcher Reinheit als wären sie direkt aus dem Waldensee geschöpft worden. Das Buch liefert eine reichhaltige Sammlung an Zitaten.
Manche Gedanken sind dabei vielleicht etwas zu radikal bzw. altmodisch. Manchmal könnte man ihm sicherlich Fortschrittsfeindlichkeit vorwerfen. Man sollte also die Gedanken nicht einfach übernehmen, sondern sie als wertvolle Grundlage ansehen, sein eigenes Denken daran zu schärfen und zu bereichern.
- Andreas Eschbach
Eine Billion Dollar
(715)Aktuelle Rezension von: Mieses_GeldAndreas Eschbachs Roman Eine Billion Dollar ist mehr als nur eine fesselnde Geschichte über Geld – es ist eine tiefgehende Reflexion über Macht, Verantwortung und die Frage, ob Reichtum die Welt wirklich verändern kann.
John Salvatore Fontanelli – Eine Figur, die mitreißt
Besonders beeindruckt hat mich die Entwicklung der Hauptfigur John, ein einfacher Pizzabote aus New York, der plötzlich zum reichsten Mann der Welt wird. Seine Reise vom ahnungslosen Erben zum globalen Visionär ist spannend, emotional und oft unerwartet. Ich habe richtig mitgefiebert, wie er sich durch die neue Realität kämpft, zwischen Luxus, politischen Intrigen und der immensen Bürde, die mit seinem Reichtum einhergeht.
Geld allein verändert nichts – oder doch?
Der Roman wirft eine faszinierende Frage auf: Kann eine einzige Person mit unbegrenztem Geld die Welt zum Besseren verändern? Johns Versuche, nachhaltige Projekte umzusetzen und das Finanzsystem zu hinterfragen, zeigen, wie träge und manipulierbar globale Strukturen sind. Seine Feinde sitzen in den höchsten Kreisen, und auch sein eigener Reichtum wird schnell zu einer Waffe gegen ihn.
Der geheimnisvolle Berater – Freund oder Feind?
Besonders spannend fand ich die Beziehung zwischen John und dem Berater, der sich ihm quasi aufdrängt. Diese Figur bleibt lange rätselhaft und spielt eine zentrale Rolle in Johns Entwicklung – ist er ein Mentor oder manipuliert er John für eigene Zwecke? Diese Dynamik sorgt für einige der spannendsten und überraschendsten Momente im Buch.
Spannung und Tiefgang perfekt kombiniert
Eschbach schafft es, einen komplexen Wirtschaftsthriller mit philosophischen Fragen zu verbinden, ohne dass es jemals langweilig wird. Die Mischung aus Spannung, Gesellschaftskritik und Johns persönlichem Schicksal hat mich bis zur letzten Seite gefangen gehalten – ein eichter Pageturner.
Der Billionen-Effekt – faszinierend, aber historisch fragwürdig
Eschbach stellt die spannende Idee auf, dass ein moderates Startkapital aus dem Jahr 1500 durch geschickte Investitionen und den Zinseszins-Effekt zu einer Billion Dollar anwachsen könnte. Mathematisch ist das korrekt, doch in der Realität wäre eine solche Vermögensentwicklung äußerst unwahrscheinlich. Historische Faktoren wie Kriege, Währungsreformen, Inflation und politische Umbrüche hätten es fast unmöglich gemacht, ein derartiges Wachstum über fünf Jahrhunderte hinweg aufrechtzuerhalten. Dennoch verleiht diese finanzielle Ausgangslage dem Roman eine faszinierende und originelle Prämisse.
Fazit
Eine Billion Dollar ist ein außergewöhnlicher Roman, der nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Die Charaktere sind tiefgründig, die Handlung fesselnd, und die Themen aktueller denn je. Trotz der wirtschaftlich fragwürdigen Prämisse ist das Buch ein brillantes Gedankenexperiment über Geld, Macht und Verantwortung.
Klare Empfehlung für alle, die Wirtschaftsthriller mit Charaktertiefe lieben und sich für die Mechanismen des Geldes interessieren!
- Thomas Piketty
Das Kapital im 21. Jahrhundert
(19)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerDer französische Wirtschaftler Thomas Piketty hat mit diesem knapp 1000 Seiten fassenden Werk eine mit einer fast erschlagenden Fülle von Belegen versehene Geschichte der Vermögensentwicklung seit dem 18. Jahrhundert vorgelegt. Der Ökonom umkreist die Frage von sozialer Gerechtigkeit bei der Akkumulation von Kapital. Anhand leicht verständlicher Beispiele und richtig gestreuten Wiederholungen analysiert Piketty verständlich den Kapitalismus über die Jahrhunderte hinweg.
Erst ganz zum Schluss bringt der Autor seine eigenen Vorschläge ein. Hauptthese von Piketty ist den modernen Kapitalismus über eine progressive Kapitalsteuer an die demokratische Kette zu legen. Ob man am Ende gleicher Meinung ist oder nicht, so bleibt das Buch eine absolute Leseempfehlung für jeden der sich an das Thema Kapital bis jetzt noch nicht ran getraut hat!
- Nassim Nicholas Taleb
Antifragilität
(6)Aktuelle Rezension von: NahiyanFür jemanden der sich gerne Wörter wie antifragil ausdenkt, hat Taleb ein ganz schön zerbrechliches Ego. Er verbringt praktisch die Hälfte des Buches damit, Intellektuelle und Wissenschaftler zu beschimpfen und darüber zu reden, wie überlegen er ihnen ist.
Ich habe das Gefühl, dass Antifragilität eine kompakte und nicht allzu uninteressante Lektüre geworden wäre, wenn man diesen ganzen Blödsinn weggelassen hätte. Leider ist das aber nicht der Fall, und ich musste oft Seiten und ganze Kapitel überspringen, weil Talebs Tiraden so langatmig und ermüdend waren.
Kurzum, Taleb ist ein viel besserer Statistiker als Philosoph. Wenn Sie dieses Buch doch in die Hand nehmen, empfehle ich Ihnen, erst die Conclusion zu lesen und dann zu entscheiden, ob der Rest des Buches wirklich lesenswert ist. Für mich war es das jedenfalls nicht.
- Martin Suter
Die dunkle Seite des Mondes
(723)Aktuelle Rezension von: UlrikeBodeDas Cover ist sehr harmonisch gestaltet und verrät nicht viel vom Inhalt, der den Leser trotz seiner erschreckenden Szene fesselt.
Die Protagonisten sind sehr differenziert beschrieben sowie in ihren Emotionen und Denkweisen und Charakteren toll ausgearbeitet.
In einem Bild und Wortstarken spannenden und teils philosophischen Schreibstil hat mich der Autor erschreckt und gleichzeitig unglaublich gefesselt. Es ist brillant wie er vermag Szenen zu beschreiben, die allein schon wie eine Droge wirken, einfach unfassbar.
Von heute auf morgen kann sich das Leben derart verändern, dass man, vor allem wenn man Drogen nimmt nicht mehr weiß ob man Männchen oder Weibchen ist.
Der Pilz, den er verzehrt führt ihn auf einen Trip, der völlig seine Persönlichkeit verändert und seine dunkelste Seite zum Vorschein bringt. Was in strahlenden Farbe in einer Wiese beginnt entwickelt sich zu einen Schrecken und verändert Urs Leben auf so dramatische Weise, dass er sich als Egomane in den Wald flüchtet und begreift dass es nur einen Weg gibt sich zu befreien.
Mehr kann ich Euch nicht erzählen sonst verpasst Ihr die spannendsten Szenen und das möchte ich Euch nicht antun.
Ich gebe hier auf jeden Fall eine absolute Leseempfehlung, denn dieses Buch, das einem Thriller gleicht, regt zum Nachdenken und Reflektieren an. Es ist erschreckend ehrlich. Geeignet ist es aber nicht für Leser mit schwachen Nerven.
Chapeau
- Helen Hoang
Kissing Lessons
(388)Aktuelle Rezension von: LustLektuere_deEs beginnt mit einem Gespräch zum Mittag, an dem ihre Mutter ihr eröffnet, dass sie jetzt bereit für Enkelkinder sei. Panik! Stella hat eine Autismus-Spektrum-Störung, die ihr die Interaktion mit anderen Menschen erschwert und körperlichen Kontakt teils unerträglich sein lässt. Folglich waren ihre wenigen Versuche, mit Männern auszugehen und mit ihnen zu schlafen, schreckliche Erfahrungen. Ein Kollege wirft ihr später im Vorbeigehen hin, dass sie ein Mauerblümchen sei und üben solle. So fängt sie an, es sportlich zu nehmen und einen Profi zu engagieren, der ihr beibringen soll, besser im Bett zu werden – einen Escort. Auftritt: Michael. Oh mein Gott! Was für ein Traummann! Die Sensibilität, mit der er sich Stellas Hemmungen und Abneigungen annimmt, ist soooo süß. Dennoch hat Stella erwartungsgemäß in einer Nacht ihr Ziel bei weitem nicht erreichen können.
Als sie ihn überreden kann, mit ihr weiterzuarbeiten, bin ich nur noch so dahingeschmolzen, wie er sie ganz langsam in ihrem Tempo verführt. Natürlich tauchen nach und nach die ganzen erwartbaren Verwicklungen in so einer Konstellation auf: Sie entwickeln Gefühle füreinander, zweifeln aber an den Motiven des anderen, da beide davon ausgehen, dass es dem anderen nur um die geschäftliche Beziehung ginge oder die andere Person nur aus Mitleid handle oder man selbst nicht gut genug sei. Denn trägt Michael auch noch ein dunkles Geheimnis mit sich herum, welches erst später im Buch nach und nach aufgedeckt wird.
Der personale Erzähler ist hauptsächlich in der Perspektive von Stella unterwegs, wechselt aber hin und wieder auch zu Michael, sodass man diese Verwicklungen gut mitverfolgen kann. Jedoch ist dieser ganze Part nicht zu 100 Prozent glaubwürdig. Sie zeigen und sagen sich die ganze Zeit, wie sehr sie aufeinander stehen. Da wirkt es nicht glaubwürdig, dass sie die Wahrhaftigkeit ihrer gegenseitigen Gefühle nicht erkennen. Und auch Michaels dunkles Geheimnis… Das kann einen schon fertig machen, aber ich konnte mich nur schwer einfühlen, was ihn dazu veranlasst, deshalb an sich zu Zweifeln.
Dazu gibt es aber noch viele weitere Verwicklungen in der Geschichte. Sie sind zwar etwas vorhersehbar, das ist aber irrelevant, denn ihre Funktion erfüllen sie gut: Wir dürfen erleben, wie sich vor allem Stella an ihnen abarbeitet. So erhalten wir tiefe Einblicke in das Innenleben einer autistischen Person. Man bekommt ein Gespür dafür, mit welchen Themen sie zu kämpfen hat und warum oder was ihr auf der anderen Seite leichtfällt. Man erlebt, welche Gedanken sie umtreiben und fühlt intensiv mit ihr mit. Ich habe wahnsinnige Schmerzen gehabt, als sie beim Kennenlernen von Michaels Familie in jedes Fettnäpfchen tritt und selbst darunter leidet. Und ich habe mit Stella gehofft und geweint, habe ihre Hilflosigkeit, Verwirrung und Unsicherheit gespürt und mich mit ihr zusammen Stück für Stück emanzipiert. Nun kann ich mich deutlich besser in Menschen mit diesem Störungsbild einfühlen.
Kategorisierung
📚 Romance-Sub-Genre: Contemporary
👥 Altersgruppe der Hauptfiguren: Adult
➿ Plot-Trope: Blind date, Boss-employee, Break up to save him / her, Dark secret, Emotional scars, Fake relationship, Forbidden love, Golden Retriever, One-night-stand, Sworn off a relationship, Virgin heroine, Wallflower
🌎 Setting-Trope: Upper Class
⚤ Geschlechterkonstellation: Hetero
💞 Beziehungsstruktur: Monogam
🔪 Spannung: Packend
🧠 Psychologische Tiefe: Tiefgehend
🧐 Glaubwürdigkeit: Teils teils
❤️ Sympathiefaktor der Hauptfiguren: Sympathisch
😆 Humor: Kaum humorvolle Szenen
👫 Klassisches Rollenmodell: Weniger
💋 Anzahl Spicy Szenen: 6
🔗 Spielart Spicy Szenen: Vanilla
🔥 Explizitheit Spicy Szenen: Medium
🎨 Originalität der Erzahlweise: Teils teils
👀 Erzählperspektive: 3. Person
- Francis Spufford
Rote Zukunft
(5)Aktuelle Rezension von: rallus“Diese Buch ist kein Roman, dafür muss es zu viel erklären. Aber es ist auch kein Geschichtsbuch, denn es liefert seine Erklärungen in Form von Erzählungen. Seine Geschichte ist in erster Hinsicht die Geschichte einer Idee, und erst in zweiter – als eine Art Schimmern durch die Spalten des Verhängnisses dieser Idee – verbindet sie sich mit den konkreten Geschichten einzelner Menschen. Die Idee ist der eigentliche Held.”Funktioniert das? Ein semi-historischer Roman mit verschiedenen Charakteren? Die Idee als Held? Ja! Es funktioniert sogar sehr gut. Francis Spufford entführt uns in die Aufbruchzeit nach dem zweiten Weltkrieg. Wir befinden uns in der U.D.S.S.R. Das Land leckt sich die Wunden nach dem Krieg, die Weichen zu einem kommunistischen Regime sind gestellt, es gibt einen Feind jenseits des eisernen Vorhangs. Diesen gilt es in jeglicher Disziplin zu schlagen.
“Sorgfältig musterte er die Gesichter: Die Kapitalisten sahen erstaunlich normal aus für Menschen, deren Tagesgeschäft darin bestand, gestohlene Arbeitskraft in riesige Kapitalwerte zu verwandeln.”
Dies soll mit Hilfe der Planwirtschaft passieren. Die Grundidee, dass es jedem Arbeiter besser gehen soll, ist auch im Kapitalismus das Ziel, nur wird es in der Sowjetunion staatlicher geregelt. In vielen kurzen geschichtlichen Einleitungen erzählt uns Francis Spufford, die Geschichte der U.D.S.S.R. Und dies geschieht so lebendig, dass man sich wünscht, ihn als Geschichtslehrer in der Schule gehabt zu haben. Zu den historischen Exkursen verknüpft er dazugehörige Erzählungen, von ganz normalen Menschen im Land. Die diese Geschichte hautnah erleben.
“Er ging weiter. Was sollte er auch sonst machen? Mit jedem Schritt ließ sich ein bisschen mehr vom Moskauer Umland liebevoll auf ihm nieder, und die Mischung aus Staub und Schweiß ließ ihn dreckiger und dreckiger werden.”
Hier erreicht er schon fast Tolstoische Erzählkunst. Seine lebendige und plastische Darstellung lässt die Personen und Begebenheiten in wenigen Worten und Pinselstrichen vor unseren Augen entstehen.
“[…] war Emil jemand, der zwar über die guten Beziehungen und die Weltgewandtheit eines Mannes auf dem Weg ganz nach oben verfügte, dem aber die eidechsenhafte Kälte derer fehlte, für die Ideen und Menschen grundsätzlich immer nur Gebrauchswert besaßen.”
Es gibt hier keinen Hauptcharakter, manche Personen tauchen mehrmals auf, doch meistens erleben wir nur einen kurzen Lebensabschnitt von verschiedenen Menschen mit, einen Abschnitt der sich stark an die vorher erzählte historische Geschichte anlehnt. Auch das Land wird personifiziert, nach 20 Jahren Planwirtschaft und Kampf ums Überleben, wird die Sehnsucht spürbar.
“Er war Mitte zwanzig. Er sehnte sich nach etwas, das stärker wurde und sich ausweitete, nach etwas, das einen Sinn ergab. Er wollte, dass die Geschehnisse sichtbare Spuren in der Luft zurückließen, wenn sie vorübergingen.”
Dabei steht die Idee im Vordergrund. Die Idee, dass es alle besser haben sollen und ein riesiges Land ernährt werden kann. Doch nach und nach zerfasert diese Idee, sind die Maßnahmen, um sie umzusetzen, immer unmenschlicher.
“Die Welt machte einfach so weiter wie bisher, unverändert, wie es schien, nichts war eingelöst worden, nichts wie versprochen umgestaltet. Dieselben Sachen geschehen nach wie vor, der Biss derselben alten Zwänge war noch immer genauso fest.”
Was bleibt den großen Formern der Sowjetunion? Nach einem grandiosen Aufschwung der Wirtschaft, der alle anderen Länder in den Schatten stellte, stockt der Motor. Die Wirtschaft stagniert, das Land kann die Menschen nicht mehr selbst ernähren, es müssen Waren und Nahrungsmittel importiert werden. Ein harter Winter hat alle Planungen zerstört, die Ernte vernichtet. Der Rest ist Verzweiflung und Erkennen, dass trotz gewissenhafter Planung, Schmerz und Kontrolle nichts mehr von dem Idealismus und den Träumen übrig geblieben ist.
“‘Das Paradies’, sagte er an das Weizenfeld gerichtet, mit hilflosem Zorn, ‘ist ein Ort, an dem die Menschen ankommen wollen, und keiner, von dem sie sich entfernen. Was für eine Art von Sozialismus soll das sein? Was für eine Scheiße ist das, wenn man die Leute in Ketten halten muss? Was für eine Gesellschaftsordnung? Was für eine Art von Paradies?'”
Die letzten 70 Seiten bestehen aus Fußnoten, die belegen, dass Teile der Erzählung auch wirklich so passiert sind, eine grandiose Vermischung aus Geschichte und Fiktion.
Ein eloquent geschriebenes, von der Idee her einzigartiges Buch, das die Balance zwischen Roman und Geschichtsbuch elegant auf dem Hochseil tänzelnd schafft, ohne jemals auszurutschen. Auch gehört viel Mut dazu, sich einem solch sperrigen Thema zu widmen. Herausgekommen ist ein wahrer Pageturner, ein beeindruckendes Buch.
- Dan Ariely
Denken hilft zwar, nützt aber nichts
(51)Aktuelle Rezension von: Cupakeks„Denken hilft zwar, nützt aber nichts“ von Dan Ariely ist ein faszinierendes und zugleich unterhaltsames Buch, das sich mit den irrationalen Verhaltensweisen des Menschen beschäftigt. Ariely zeigt, wie wir in unserem täglichen Leben oft Entscheidungen treffen, die gegen unsere eigenen Interessen sprechen, und wie unser Denken dabei häufig keine Hilfe ist. Durch anschauliche Experimente und leicht verständliche Erklärungen macht der Autor komplexe psychologische Konzepte zugänglich und regt zum Nachdenken über die Art und Weise an, wie wir unser Leben gestalten. Das Buch bietet spannende Einblicke in die menschliche Psychologie und fordert dazu auf, unser Verhalten kritisch zu hinterfragen. Trotz der humorvollen Erzählweise bleibt es eine wertvolle Lektüre für alle, die sich für die Eigenheiten menschlichen Denkens und Handelns interessieren. Klare empfehlung
- Marc Elsberg
GIER - Wie weit würdest du gehen?
(201)Aktuelle Rezension von: EngelAnniIch bin immer noch nicht sicher, ob mir "Gier" gefallen hat oder nicht. Ich hatte zuest "Blackout" gelesen udn war absolut begeistert. Wahrscheinlich habe ich deswegen zu viel von "Gier" erwartet.
Inhalt: Die Welt wird von einer Wirtschaftskrise heimgesucht und die beiden, die ein "Mittel" dagegen gefunden haben, werden ermordet.
Ich hatte jetzt erwartet, dass mehr über die Auswirkungen der Krise und deren Bekämpfung erzählt wird. Es ist allerdings mehr eine wilde Verfolgungsjagd des Zeugen des Mordes. Auch die Auflösung überzeugt mich nicht richtig
Wenn ich nicht so viel erwartet hätte, wäre es ein guter Action geladener Krimi, aber so kann ich leider nur 3 Sterne vergeben.
- Theresa Hannig
Die Optimierer
(128)Aktuelle Rezension von: TokallIn der schönen neuen Welt, die Theresa Hannig in ihrem Roman „Die Optimierer“ entwirft, hat jeder Büger das Recht darauf eine Lebensberatung zu erhalten, aus der dann ein passendes Jobangebot hervorgehen soll. Das Risiko dieser Beratung: Zeigt man zu wenig Eigeninitiative und Engagement wird man der sogenannten Kontemplation zugeführt und lebt dann von einer Art bedingungslosem Grundeinkommen. Die Autorin hat viele kreative Ideen, sie entwirft eine interessante futuristische Welt (ein wenig hat mich das Buch an den Film „Demolition Man“ erinnert, auch wenn keine Muschel vorkommt). Und die Schreibweise ist packend.
Die Hauptfigur des Romans ist Samson Freitag. Er ist ein Verfechter des Systems und hat nichts gegen totale Überwachung und Kontrolle. Vor seinen eigenen, systemkritischen Eltern verteidigt er die Vorteile der sogenannten Optimalwohlgesellschaft. Auf mich hat er zu Beginn des Buchs einen naiven Eindruck hinterlassen, er hat sich an die Gegebenheiten angepasst und hinterfragt nichts. Freitag ist ein braver Beamter eines fragwürdigen Staats, der angepasst die gesellschaftlichen Regeln befolgt. Und noch mehr: Er hat gar den Ehrgeiz, der optimalste und beste Bürger von allen zu sein. Um Sozialpunkte zu sammeln, schreibt er jede Menge Korrekturvermerke, also Verbesserungsvorschläge für das System.
Und die Regeln, nach denen man zu leben hat, sind äußerst rigide. Fleischkonsum wird z.B. mit Abzug von Sozialpunkten sanktioniert. Es werden Bewegungsprofile aufgezeichnet, Gespräche werden mit Hilfe von Linsen gespeichert, das Konsumverhalten wird festgehalten, Krankheiten und Straftaten werden digital und für jeden anderen Bürger einsehbar fixiert. Und weil die Eltern von Samson gegen eine Regel verstoßen, die ihr Sohn nicht zur Anzeige bringt, wird er schließlich sanktioniert und gerät immer tiefer in eine Abwärtsspirale, weil er Sozialpunkte verliert.
Und als ob das noch nicht genug wäre, wird Samson nachträglich auch noch eine Falschberatung einer Klientin vorgeworfen, bei der er es an Empathie hat vermissen lassen. Ihm wird ein schweres Verbrechen zur Last gelegt und er wird zwangstherapiert. Plötzlich ist er nur noch ein Bürger zweiter Klasse, der von anderen gemieden wird. Zwischenzeitlich macht es dabei sogar den Eindruck, dass Samson sich in einen Verfolgungswahn hineinsteigert. Ihm droht gar das sogenannte Internat, eine Umerziehungseinrichtung. Soll er etwa aus dem Weg geräumt werden, weil er zu einem populären Politiker einen Korrekturvermerk verfasst hat? Das alles liest sich sehr spannend und ist toll von Hannig gestaltet worden!
Und durch seine Erlebnisse beginnt Samson das System auf einmal mit anderen Augen zu sehen und Dinge zu hinterfragen. Eine interessante Entwicklung, die der Protagonist hier durchläuft. Er wacht auf und sieht, was schief läuft. Ein interessanter Kontrast, der sich hier ergibt. Von der Gesellschaft als krank abgestempelt, erkennt Samson seinerseits die Krankheitssymptome der ihn umgebenden Gesellschaft. Toll! Und das alles liest sich packend, ich wollte permanent wissen, was aus Samson wird und wie es mit ihm weitergeht. Wird er sich auch seiner Lage befreien? Ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen. Und auch das Ende ist stark, auch wenn man schon recht früh ahnt, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt.
Fazit: Dieses Buch hat mich positiv überrascht. Ich bin ohne große Erwartungen an dieses Buch herangegangen und mit zunehmendem Handlungsverlauft hat mich der Roman immer mehr begeistert. Die futuristische Welt, die sich die Autorin überlegt hat, ist interessant. Ein gelungener Entwurf einer möglichen Dystopie. Und eine Sogwirkung entfaltet Samsons Schicksal. Sein tiefer Sturz von einem braven Beamten zu einem Außenseiter der Gesellschaft. Wirklich packend. Ich habe nichts an dem Buch auszusetzen und gebe deshalb 5 Sterne.
- Franziska Schutzbach
Die Erschöpfung der Frauen
(16)Aktuelle Rezension von: JuliesBookhismusWow, was für ein Buch! Die tägliche Erschöpfung liegt bei uns Frauen also nicht nur am Eisenmangel, Stress und der Arbeit, nein, es liegt größtenteils an den hohen Erwartungen, die an uns Frauen gestellt werden und denen wir niemals gerecht werden können.
Ein Buch, das aufklärt und zum Aufbruch und Ausbruch aufruft. Wir sind mehr als Care-Arbeit, Hausfrauen, Mütter, Karrierefrauen oder was man sich noch so alles für uns Frauen ausdenkt. Die Gleichberechtigung scheint leider immer noch in weiter Ferne, wenn die große Männlichkeit nicht langsam aufhört Angst vor uns zu haben.
Ich bin schwer begeistert über dieses Buch und stolz, eine Frau zu sein, die sich ihr Leben selbst aussuchen kann. Lasst uns nicht zurück in alte Rollenbilder verfallen, sondern der Welt zeigen, dass wir alles sein können.
- Steven D. Levitt
Freakonomics
(18)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer„Freakonomics“ meint – naheliegenderweise – „Wirtschaft für Freaks“. Also Wirtschaftswissenschaften mit einem etwas anderen Ansatz. Die Autoren decken hier Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen auf, an die man so nicht wirklich gedacht hätte. Ein Beispiel gefällig? In den 1990er Jahren sanken in den USA plötzlich die Kriminalitätszahlen gewaltig. Und das, obwohl man in den Jahren zuvor einen rasanten Anstieg erkennen konnte. Mehr Personal bei der Polizei, schärfere Gesetze oder bessere Ermittlungstechniken konnten alleine für diesen enormen Rückgang nicht gesorgt haben. Die Autoren finden ihre Antwort dagegen in einer ganz anderen Richtung: In einer Gerichtsentscheidung aus den 1970ern, besser bekannt als Roe vs. Wade. Durch dieses Urteil wurde der Schwangerschaftsabbruch in den USA grundsätzlich legal, wodurch in den folgenden Jahren viele Kinder nicht auf die Welt kamen, die ansonsten aufgrund schwieriger Verhältnisse* kriminell geworden wären. Dies klingt erstmal eher unkonventionell, und in diesem Buch gibt es einige Zusammenhänge, die man so sicherlich nicht erwartet hätte, aber interessant ist es allemal, die Gedankengänge und Beweisführungen der Autoren nachzuvollziehen (ob dann tatsächlich alles so ist, wie von ihnen behauptet, ist die andere Frage). Es geht beispielsweise auch um den Wert und die daraus abgeleitete Macht von Insiderinformationen in Bereichen wie dem Immobilienmarkt, die Einschätzung von Risiken oder die Wirkung, die ein Vorname auf Lebenslauf und Karriere hat. Das Buch hat seine Längen, aber wer mal auf unterhaltsamem Wege ein bisschen was über Statistiken, wirtschaftliche Zusammenhänge und interessante Fakten lernen möchte, dem kann ich es durchaus ans Herz legen. ~~ * fehlende Familienstrukturen, ein niedriger sozioökonomischer Status, geringe Bildungschancen etc. - Robert Skidelsky
Wie viel ist genug?
(14)Aktuelle Rezension von: SplashbooksMit manchen Thesen dürfte man nur auf wenig Widerspruch stoßen: Erstens, ewiges Wirtschaftswachstum ist nicht möglich. Irgendwann stößt man immer an eine Kapazitätsgrenze. Zweitens, wenn die Schere zwischen Arm und Reich in einer Gesellschaft weiter und weiter aufgeht, kommt es ebenfalls irgendwann zu großen Problemen. Kein Vorstandsvorsitzender "muss" mehr als das Hundertfünfzigfache von dem verdienen, was der "einfache Arbeiter" auf dem Lohnzettel stehen hat. Weniger wäre auch genug.
Aber wie viel genau wäre dieses "weniger", das "auch genug" wäre? Hier hört die Einstimmigkeit meistens auf, und die Antworten fallen nicht mehr so leicht. In diesem Buch versuchen Robert und Edward Skidelsky, sich einer Antwort auf diese Frage anzunähern.
Die beiden Autoren sind Vater und Sohn. Robert Skidelsky ist ein renommierter britischer Wirtschaftshistoriker, vor allem bekannt durch seine umfassende Biographie über John Maynard Keynes. Auf der politischen Bühne war er bereits für diverse Parteien, von Labour bis zu den Konservativen, aktiv und sitzt seit 1991 als Baron Skidelsky im britischen Oberhaus. Sein Sohn Edward Skidelsky ist promovierter Philosoph und lehrt an der Universität von Exeter. Außerdem veröffentlicht er regelmäßig Artikel über Philosophie, Religion und Geistesgeschichte in Medien wie "New Statesman", "Telegraph" oder "Spectator".
Bevor die beiden Skidelskys sich ihrer Antwort auf die titelgebende Frage widmen, legen sie zunächst ein ausführliches Fundament. In dreien der insgesamt sieben Kapitel widmen sie sich der Frage, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Wie hat man beispielsweise in der klassischen Antike das Streben nach Geld bewertet, wie im alten Indien? Ab welchem Punkt wurde Habgier von einer Todsünde zur Triebfeder eines ganzen Wirtschaftssystems?
Hier erfährt gerade der wirtschaftshistorisch nur begrenzt vorgebildete Leser eine Vielzahl interessanter Fakten, die oft zur weitergehenden Lektüre an anderer Stelle anregen. Dieser Teil des Buches hätte, beispielsweise unter dem Titel "Wie wir in den faustschen Pakt des Kapitalismus geraten sind", auch gut für sich alleine stehen können.
Rest lesen unter:
http://splashbooks.de/php/rezensionen/rezension/23233/wie_viel_ist_genug - Sheryl Sandberg
Lean In
(26)Aktuelle Rezension von: beccarisAuf dem Klappentext liest man, dass das Buch provozieren will. Unter diesem Aspekt habe ich es auch gelesen. Ich kann mir vorstellen, dass Sheryl Sandberg für viele junge Frauen ein Idol darstellt und es wäre umso interessanter gewesen zu erfahren, welche Eigenschaften und Attribute zu ihrem Leistungsausweis geführt haben. Zweifellos ist die Autorin und Vorsitzende des Verwaltungsrates von Facebook eine beeindruckende Persönlichkeit, die mit viel Engagement und Wille es sehr weit gebracht hat.
Das Buch selbst bringt wenig Neues zur Thematik „Frauen in Führungspositionen" auf. Viele der aufgeführten mehr oder weniger wissenschaftlichen Thesen sind bekannt und bereits unzählige Male kontrovers diskutiert worden.
Die Frage danach, wie sie es geschafft hat, Karriere, Familie und vieles mehr unter einen Hut zu bringen, findet die Autorin müssig. Jedoch stellte sich genau diese Fragestellung auch mir, insbesondere wenn man die endlose Auflistung von Personen liest, die zum Buch wesentlich beigetragen haben, die zahlreichen Kontakte zu Freunden, Politikern, Berufskollegen, etc. etc. Angesichts einer solchen Fülle von Kontakten, ist es schon fragwürdig, inwieweit diese tiefgründig und bedeutsam sind. - Heinz Strunk
Der goldene Handschuh
(303)Aktuelle Rezension von: AtschiBIch habe vor längerer Zeit den Film gesehen und er geht mir nicht aus dem Kopf. Eher angewidert von der Perversion des Frauenmörders in Hamburg, wollte ich nun doch das Buch lesen. Heinz Strunk beschreibt in bisweilen sehr derber Sprache das Leben und die Gedanken des Frauenmörders Fritz Honkas sowie das seines sozialen Umfeldes und gibt Einblicke das Leben der Familie von Dohren. Das perverse Innenleben des Protagonisten wird teilweise in äußerst vulgärer Sprache dargestellt. Das ich im Film schon abartig und ist im Buch nicht anders. Ich hatte bisweilen Probleme zwischen den verschiedenen Handlungslinien unterscheiden obwohl ich den Film kenne. Der Autor nimmt den Leser mit nach St. Pauli der 70er Jahre, in die Kneipe ‚Zum goldenen Handschuh‘, wo sich Alkoholiker, Zuhälter und Prostituierte treffen. Es ist eine beeindruckende und verstörende Darstellung eines Milieus der völligen Verwahrlosung, in dem keinerlei Hemmungen und Anstand mehr existieren. Honkas Wohnung, wo es vergammelt riecht und unsagbar dreckig ist, in eine Welt, die einem buchstäblich den Atem nimmt und einen mit Schrecken erfüllt. Die gesamte Atmosphäre im Buch erdrückend, düster, verstörend und bisweilen einfach nicht auszuhalten.
- Ulrike Herrmann
Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung
(4)Aktuelle Rezension von: bloggingbookreviewHerrmann schreibt definiert bereits vor Beginn Ihres Buches ihr Zielpublikum: "Für die Studierenden der Ökonomie" Bereits in ihrem Vorwort wird zunehmend klar, welche Punkt sie eigentlich machen will. Nach eingehendem Studium der aktuellen Theorien kommt sie zu dem Schluss, dass die momentane Wirtschaftswissenschaft ihr Handwerk nicht versteht. Zum einen nennt sie hierbei das festhalten an bereits veralteten Dogmen, auf der anderen aber auch das komplette Ignorieren der ihres Erachtens nach besten des Faches: Smith, Keynes und Marx.
Das Buch ist grob in zwei Teile gespalten. Auf der einen beschreibt Herrmann die Umstände unter denen die Theoretiker gelebt haben, auf der anderen geht sie auf die aktuelle Situation und die Bedeutung der Theorien ein. Im Anschluss an die kurzen Abrisse zu den drei großen der Ökonomie umreißt sie die jeweiligen theoretischen Standpunkte und stellt diese dem aktuellen Diskurs gegenüber. Eine besondere Rolle nimmt hierbei die Umdeutung von Smith ein. Obwohl im Diskurs oftmals als Vertreter des Neoliberalismus gehandelt, wollte Smith eher den Kapitalismus in seinem Entstehen einkesseln und regulieren. Genauso beschreibt sie das Leben von Marx und Keynes, als diejenigen Theoretiker die eigentlich einen riesigen Fußabdruck in der Wirtschaftswissenschaft hinterlassen haben sollten.
Allerdings wird im zweiten Teil haarscharf herausexerziert, an welchen Punkten die momentane Ökonomie krankt. Die zunehmende Fixiertest auf die Neoklassik und insbesondere die machtvollen Positionen die Neoklassiker*innen inne haben. Diese scheinen bis heute nicht verstanden zu haben wie der Kapitalismus funktioniert und welche modellhaften Beispiele eigentlich passend wären.
Allen Menschen die sich für das kapitalistische System interessieren (auch wenn sie nicht Student*innen den Ökonomie sind) empfehle ich das Buch von Ulrike Herrmann ausdrücklich. Ich selbst studiere nichts in der Richtung und fand es sehr interessant und aufschlussreich diese Perspektive auf aktuelle wirtschaftliche und politische Geschehnisse bekommen zu haben. - Shilpi Somaya Gowda
Geheime Tochter (Geschenkbuch)
(173)Aktuelle Rezension von: Petra54Es ist eine Parallelgeschichte über zwei Familien, eine amerikanische und eine indische. Unter jeder Kapitelüberschrift werden Ort und Zeit des Geschehens genannt und um welche Person es geht – so findet sich der Leser wunderbar leicht zurecht.
Ein Inder studiert in Amerika Medizin und will den amerikanischen Traum leben. Dazu heiratet er eine blonde Amerikanerin und adoptiert ein Mädchen aus einem indischen Waisenhaus. Die Gefühlskälte der Amerikaner war für mich schier unerträglich. Nicht einmal das adoptierte Mädchen möchte etwas über seine Herkunft und die indische Familie ihres Vaters wissen. Erst ein Stipendium weckt ihren Ehrgeiz und sie reist nach Bombay, wo sie trotz allem auf sich und ihre persönlichen Bedürfnisse reduziert bleibt.
Geschrieben ist diese Geschichte derart spannend, dass ich hin und wieder Seiten überblätterte. Leider befriedigt mich der Schluss keinesfalls, obwohl er zu all den wirklich gut und lebendig beschriebenen Personen passt. Sympathisch fand ich nur die indische Großmutter und die biologische Mutter des Mädchens.
- Gary Shteyngart
Super Sad True Love Story
(46)Aktuelle Rezension von: FortiBei einer (fast) 10 Jahre alten Dystopie bzw Zukunftsvision frage ich mich ja unweigerlich, wie aktuell das Buch noch ist. "Super sad true love story" ist auch im Jahr 2019 noch erstaunlich aktuell. Die Oberflächlichkeiten neuer Medien, Konkurrenz der USA mit China, Gräben zwischen den gesellschaftlichen Klassen sind heute mindestens genauso stark Thema wie 2010.
Leider hat das Buch aber seine Längen. Die eigentliche Handlung ist übersichtlich - das Buch konzentriert sich auf die Liebesbeziehung und die dystopische Welt, in der die Handlung angesetzt ist. Ganz ehrlich: ich hätte lieber noch mehr über dieses düstere neue Amerika erfahren (vieles bleibt vage) oder eine handfestere Handlung verfolgt als mich so tief in die ziemlich kranke Beziehung zwischen Lenny und Eunice zu begeben. Da konnte auch der Witz, den es durchaus gibt, nicht helfen. Vor allem mit Eunice hatte ich meine Probleme. Ihre Person, ihre Beweggründe, ihr Handeln blieb für mich blass und unklar. Lenny wuchs mir da schon eher ans Herz. Vielleicht ist das aber auch genau die Intention des Autors gewesen, da Lenny eher noch unsere Realität repräsentiert, während Eunice für das neue Amerika steht.
Dystopische Liebesgeschichte mit einem bissigen, düsteren Bild der (künftigen) USA – immer noch aktuell, aber etwas lang. - Julia Friedrichs
Gestatten: Elite
(133)Aktuelle Rezension von: WichmannRedaktioneller Hinweis: Ich danke dem Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares.
Das Cover
Die Rückseite des Covers ist schwarz, die Vorderseite weiß, was implizit an die zwei Seiten einer Medaille erinnert. Worum es geht, deuten dabei kleine Symbole in Form von Kleidung, eines Bürostuhls und eines Handys an, wobei in einem Abzeichen die Symbolkraft vom A und O genutzt wird.
Inhalt
„Man vernetzt sich untereinander, hält aber nach außen dicht“, schreibt die Autorin auf einer der 269 Seiten. Sie jedoch bricht das Schweigen. Zwar durchlief sie erfolgreich das Bewerbungsverfahren, konnte sich nach Kennenlernen ebendieses nicht mehr durchringen, das Job-Angebot anzunehmen. Warum, das schildert sie in ihrem Buch.
Dabei zieht sie Vergleiche mit ihrem abgeschlossenen Studium, schreibt von dem Kollegen, der lange, sehr lange seinen Finger in die Luft hebt. „Ein Finger, der alle Erklärungen (...) überdauert“, so schreibt sie, und deutet das Durchhalteprinzip an, um das es geht. Sie schreibt vom Parallelsystem, zeigt Schwächen und erklärt, wie arrogante Elitetypen entstehen. Seite 155 macht deutlich, ich zitiere: „Was die Eliteschule von staatlich gebildeten Pöbel“ denkt, Seite 182 zeigt auf, was zumindest einer der Elitären bereits unter Harz-IV-Verhältnis versteht.
Bewertung
Der Erfahrungsbericht und ihre Rechereergebnisse präsentiert die Autorin in lockerem Plauderton. Es ist ein interessanter Einblick in diese Welt, in die Sichtweise, Ausbildung und Umsetzung der Mächtigen von morgen. An manchen Stellen erschreckt es, an anderen mag man gewahr werden, dass das Leben selbst zu gestalten ist. Job oder Karriere, ist hier die Frage. Ein jeder hat es selbst in der Hand.
Zum Autor
Julia Friedrichs ist studierte Journalistin, die vor allem für die ZEIT, das ZDF und den WDR arbeitet. Sie erhielt für ihre aufwändig recherchierten Arbeiten zahlreiche Preise.
Fazit
Ein Buch das anfragt, aufzeigt und den Leser nach einem Blick in die Paralellwelt mit einer Antwort zurücklässt. So mag man sich dem Dank der Autorin an alle anschließen, die den Blick in diese Welt ermöglichten. - Jared Diamond
Arm und Reich
(32)Aktuelle Rezension von: ArsAstrologicaEs ist ganz erstaunlich, welche Gesellschaftssysteme wirtschaftlich erfolgreich waren und wo der Ruin praktische vorprogrammiert war. Die so genannten "guten" Demokratien schneiden in der Geschichte manchmal wesentlich schlechter ab, als "böse" Diktatoren, die mit blutiger Metzelei an die Macht gekommen sind.
Es könnten in dieser Kurzrezension Beispiele aus dem unterhaltsam und zugleich höchst kompetent geschriebenen Buch des Historikers Jared Diamond angeführt werden. Jedoch reich vielleicht dieser kleine Hinweis, um die geschätzten Leser neugierig zu machen.
- Naomi Klein
No Logo!
(37)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerWer das gelesen hat, sieht "Disney", "Nike" und Konsorten mit anderen Augen. - Naomi Klein
Die Schock-Strategie
(35)Aktuelle Rezension von: Georg333Prolog a) a1) S. 23 "Die NATO-[USA-]Angriffe auf Belgrad im Jahr 1999 schufen die Voraussetzungen für rasche Privatisierungen im ehemaligen Jugoslawien – ein Ziel, das schon vor dem Krieg feststand."
S. 25 "Als die Republikaner 1995 den Kongress eroberten, zählte David Frum, ein ausgewanderter Kanadier und der zukünftige Redenschreiber von George W. Bush, zu den sogenannten Neokonservativen, die eine amerikanische Wirtschaftsrevolution nach Art der Schocktherapie verlangten."Zitate aus dem Rezensionsbuch
S. 26-9 "Damals bekam Frum seine hausgemachte Schocktherapie nicht, vor allem weil es im Land keine Krise gab, die ihr den
Boden bereitet hätte. Das änderte sich 2001. Als am 11. September die Flugzeuge einschlugen, war das Weiße Haus voll
mit Friedman-Schülern – inklusive Friedmans engem Freund Donald Rumsfeld. Das Team um Bush nutzte den Augenblick
des kollektiven Entsetzens mit erschreckendem Tempo. Und zwar nicht, wie einige behauptet haben, weil es die Krise selbst
erschaffen hatte, sondern weil die Schlüsselfiguren in der Regierung – Veteranen früherer Experimente mit dem Katastrophen-Kapitalismus in Südamerika und Osteuropa – zu einer Bewegung zählten, die um Krisen betet, wie von Dürre geplagte Bauern um Regen oder christlich-zionistische Endzeitprediger um das Heil flehen. Wenn die langersehnte Katastrophe dann da ist, wissen sie auf der Stelle, dass ihre Zeit
endlich gekommen ist.
Drei Jahrzehnte lang haben Friedman und seine Anhänger systematisch den Schockzustand anderer Länder ausgenutzt
– ausländische Äquivalente des amerikanischen 11. September. Es begann mit Pinochets Staatsstreich vom 11. September 1973, und am 11. September 2001 bekam die in amerikanischen Universitäten gehätschelte und in Washingtoner Institutionen gefestigte Ideologie endlich die Gelegenheit, nach Hause zurückzukehren.Sofort nutzte die Regierung Bush die von den Anschlägen ausgelösten Ängste, um nicht nur den »Krieg gegen den Terror« zu starten, sondern auch sicherzustellen, dass er ein fast ausschließlich dem Profit dienendes Unterfangen würde : ein boomender neuer Industriezweig, der der schwächelnden US-Wirtschaft frisches Leben einhaucht. Am besten umschreibt man ihn wohl als »Katastrophen-Kapitalismus-Komplex«, und er hat viel weiter reichende Tentakel als der militärisch-industrielle Komplex, vor dem Dwight Eisenhower gegen Ende seiner Amtszeit als Präsident gewarnt hatte : Heute geht es um einen globalen Krieg, den auf allen Ebenen Privatunternehmen führen, deren Einsatz mit öffentlichen Geldern bezahlt wird ; ihr nicht endender Auftrag bestand darin, die Heimat der US-Amerikaner bis in alle Ewigkeit zu schützen und zugleich alles »Böse« in Übersee zu eliminieren. Binnen weniger Jahre hat er seine Marktreichweite schon vom Kampf gegen den Terrorismus auf die internationale »Friedenssicherung«, auf die Kommunalpolitik und die immer häufigeren
Naturkatastrophen ausgeweitet. Letztlich verfolgen die Unternehmen im Zentrum des Komplexes das Ziel, das Modell des profitorientierten Regierens, das sich unter außergewöhnlichen Umständen so rasch ausbreitet, in das normale, alltägliche Funktionieren des Staates einzubauen – anders ausgedrückt : die Regierung zu privatisieren.Um dem Katastrophen-Kapitalismus-Komplex den nötigen Schwung mitzugeben, lagerte die Regierung Bush ohne öffentliche Debatte viele höchst sensible und zentrale Funktionen des Staates aus – von der Gesundheitsversorgung der Soldaten über die Befragung von Gefangenen bis zur »Datenauswertung« und Informationsbeschaffung über uns alle. In diesem nicht endenden Krieg spielt die Regierung nicht die Rolle eines Managers oder Administrators, sondern eines Risikokapitalisten mit tiefen Taschen, der sowohl das Startkapital für den Aufbau des Komplexes zur Verfügung stellt als auch der größte Abnehmer für die neuen Dienstleistungen wird. Ein Blick in nur drei Statistiken zeigt das Ausmaß des Wandels : Im Jahr 2003 unterschrieb die US-Regierung 3512 Verträge mit Firmen, die Sicherheitsaufgaben übernahmen ; in den 22 Monaten bis zum August 2006 unterschrieb das Department of Homeland Security über
115 000 solcher Verträge. Der globale »Heimatschutz« – wirtschaftlich vor dem Jahr 2001 unbedeutend – ist heute ein 200-
Milliarden-Dollar-Geschäft. 27 Im Jahr 2006 gab die US-Regierung pro Haushalt im Schnitt 545 Dollar aus. Und das ist nur die Heimatfront des Kriegs gegen den Terror ; das wirkliche Geld wird mit dem Krieg in Übersee verdient. Abgesehen von den Waffenlieferanten, deren Profite dank des Irakkriegs in die Höhe geschossen sind, ist der Unterhalt der US-Militärmaschinerie heute eines der am schnellsten wachsenden Dienstleistungsgeschäfte der Welt.»Noch nie haben zwei Länder, in denen es jeweils McDonald’s gibt, gegeneinander Krieg geführt«, erklärte der Kolumnist Thomas Friedman von The New York Times im Dezember 1996 stolz. Er wurde nicht nur zwei Jahre später Lügen gestraft ; dank des Modells der profitorientierten Kriegführung zieht die US-Armee sogar mit Burger King und Pizza Hut im Schlepptau ins Feld und schließt mit ihnen Verträge über die Versorgung von Soldaten auf Militärbasen vom Irak bis hin zur »Ministadt« in Guantánamo Bay.
Und dann wären da noch humanitäre Hilfe und Wiederaufbau. Erstmals im Irak ausprobiert, sind profitorientierte
Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen bereits zu dem neuen globalen Paradigma geworden, und zwar unabhängig davon, ob die ursprünglichen Zerstörungen von einem Präventivkrieg wie dem Angriff Israels auf den Libanon im Jahr 2006
oder von einem Hurrikan herrühren. Da es infolge von Ressourcenknappheit und Klimawandel zu immer mehr Katastrophen kommt, ist die Linderung der Not einfach ein zu heißer neuer Markt, um ihn den Nonprofit-Organisationen zu überlassen : Warum sollte UNICEF Schulen wieder aufbauen, wenn Bechtel, eines der größten Bauunternehmen der USA, das auch übernehmen kann ? Warum soll man vom Missis-
sippi vertriebene Menschen in subventionierten leerstehenden
Appartements unterbringen, wenn sie auch auf Kreuzfahrtflussdampfern hausen können ? Warum soll man UN-Blauhelme nach Darfur schicken, wenn private Sicherheitsfirmen wie Blackwater neue Kunden brauchen ? Genau das ist nach dem 11. September anders geworden : Zuvor boten Kriege und Katastrophen einem kleinen Wirtschaftssektor Gelegenheiten –
Herstellern von Kampfjets beispielsweise oder Baufirmen, die
zerbombte Brücken reparierten. Wirtschaftlich aber stellten
solche Ereignisse primär eine Möglichkeit dar, neue, bislang verschlossene Märkte zu öffnen und Nachkriegsbooms auszulösen. Heute sind Kriegs- und Katastropheneinsätze so voll und ganz privatisiert, dass sie selbst der neue Markt sind ; man
muss nicht mehr auf den Boom warten, bis der Krieg vorbei ist – das Medium ist die Botschaft.