Bücher mit dem Tag "parabel"
193 Bücher
- George Orwell
1984
(4.197)Aktuelle Rezension von: Stephanie_RuhProtagonist ist Winston Smith, der 1984 in einem totalitären Staat lebt und für das Ministerium arbeitet. Beobachtet vom "großen Bruder" über Monitore, verfolgt von Gedankenlesern, ist kein Widerstand und kein fremdes Gedankengut möglich. Es gibt "Neusprech" und "Doppeldenk" und die bekannte Sprache wird immer mehr verkürzt. Winston schreibt verbotenerweise Tagebuch und trifft sich heimlich mit Julia, fängt mit ihr eine Beziehung an und tritt der geheimen Bruderschaft bei, um Widerstand zu leisten. Aber kann das gutgehen?
Ich hattte die zweisprachige Anaconda-Ausgabe, auf die sich meine Rezension bezieht. Das Cover ist ist in schwarz-weiß-grün gehalten und zeigt in der Mitte ein großes Auge, ein passendes Cover zum Buchinhalt. Bei dieser von mir gelesenen zweisprachigen Ausgabe ist auf der linken Seite die englische, auf der rechten Seite die deutsche Variante. Manche Wörter schienen mir von der Übersetzung her nicht so sinnvoll zu sein, aber insgesamt hat es mir viel gebracht, in Englisch zu lesen und ggf. aufs Deutsche zu schielen, wenn ich mir nicht so sicher war.
Es ist fast schon beängstigend, was George Orwell mit "1984" für ein visionäres Werk gelungen ist! Vor allem, wenn man bedenkt, dass es 1949 erschienen ist. Bereits mit dem ersten Satz "...., and the clocks were striking thirteen" war ich im Buch drin. Man schüttelt immer wieder den Kopf, wenn man wie ich im Jahr 2024 lebt und bereits ein paar Jahre auf dieser Welt ist. Orwells Schreibstil hat mich beindruckt, die Schilderungen hin und wieder auch abgestoßen, aber immer gut unterhalten. Meiner Meinung nach ein Klassiker, den jeder gelesen haben sollte. - Carlos Ruiz Zafón
Das Spiel des Engels
(1.400)Aktuelle Rezension von: RosenthalEin wunderschönes Buch aus der Nische magischer Realismus. Ich hatte es vor Jahren gelesen und musste es unbedingt nochmal neu lesen. Es hat von seinem Zauber nichts verloren. Man fühlt sich auch sehr zur Stadt Barcelona und dem Friedhof der verlorenen Bücher hingezogen. Schade das Herr Zafón so früh gestorben ist.
- Antoine de Saint-Exupéry
Der kleine Prinz
(7.976)Aktuelle Rezension von: Daria_EckertDas Buch ist ein zeitloses Meisterwerk, das mich schon in der Grundschule begeistert hat und heute, als Erwachsener, noch mehr zu schätzen weiß. Als Kind war die Geschichte für mich eine zauberhafte Erzählung über Freundschaft und Abenteuer. Doch jetzt offenbaren sich mir tiefere, philosophische Botschaften, die ich damals nicht vollständig erfassen konnte. Die Einfachheit der Sprache und die kindliche Perspektive, die so klar und unschuldig erscheint, sind eigentlich Träger komplexer Wahrheiten über das Leben, die Liebe und die Menschlichkeit. Die Begegnungen des kleinen Prinzen mit den verschiedenen Bewohnern der Planeten spiegeln auf poetische Weise die verschiedenen Facetten des menschlichen Daseins wider. Besonders berührend ist für mich heute die Geschichte mit dem Fuchs, die mich daran erinnert, wie wertvoll es ist, Zeit und Gefühle zu investieren, um echte Beziehungen zu knüpfen. Als Kind habe ich das vielleicht nur am Rande verstanden, doch heute sehe ich, wie tiefgründig diese Lektionen wirklich sind. Der kleine Prinz ist ein Buch, das man immer wieder lesen kann und dabei jedes Mal etwas Neues entdeckt. Es ist ein Werk, das mit einem wächst und einen immer wieder an die wesentlichen Dinge im Leben erinnert. Für mich verdient es ohne Frage fünf Sterne – es ist nicht nur ein Klassiker, sondern auch ein Begleiter fürs Leben.
- Paulo Coelho
Der Alchimist
(2.102)Aktuelle Rezension von: petitpapillonWenn du dein Herz gut kennst, dann wird nichts unerwartet kommen. Denn du wirst deine Träume und deine Wünsche kennen und mit ihnen umgehen können. Niemand kann vor der Stimme seines Herzens fliehen. Deshalb ist es besser, darauf zu hören.
Ich liebe Coelhos Bücher. Und angefangen hat es mit dem Alchimisten. Ein Buch, dass mir Vertrauen geschenkt hat, an mich selbst zu glauben.
Es erlaubt uns, nach unseren Wünschen und Träumen greifen zu dürfen, ihnen unermüdlich zu folgen und schließlich auch belohnt zu sein.
Ein Buch, das ich wirklich allen ans Herz legen kann.
- Michael Ende
Momo
(2.367)Aktuelle Rezension von: FineAndersIch mag die Geschichte "Momo" von Michael Ende sehr. Ich habe sie schon oft gelesen und mich jedes Mal gefragt, warum die Menschen auf die grauen Herren reinfallen.
Momo und die kleine Schildkröte sind sehr sympathische Figuren. Michael Ende schreibt spannend, manchmal ein wenig langatmig, aber es passt zur Geschichte.
Als Kinderbuch ist es, glaube ich, nicht so gut geeignet. Ich habe jedenfalls erst als Erwachsene verstanden, was Zeit bedeutet und wie wenig man davon hat und wie wertvoll Zeit ist.
- Yann Martel
Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger 3D, 1 Blu-ray
(1.035)Aktuelle Rezension von: Fiona_CamarsEines der schönsten und ungewöhnlichen Bücher, die ich je gelesen habe. Das Setting ist merkwürdig, mit einem indischen Zoobesitzer Sohn. Die Geschichte mäandern erst hier hin und dorthin, bis plötzlich der (im Deutschen) namensgebende Schiffbruch passiert, bei dem sich der Junge auf einem kleinen Rettungsboot mit einer Handvoll bedauernswerten Tieren wiederfindet. Ungewohntes Ende. Tolle Geschichte!
- Franz Kafka
Der Prozess
(1.091)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderJosef K. wird in seiner Wohnung von Polizisten besucht. Eien Befragung findet statt und der Angestellte merkt, dass ihm seine Worte schon hier verdreht werden. Was hat es auf sich? Was wirft man ihm denn überhaupt vor? Ein Alptraum beginnt und Josef K. befindet sich in einem Strudel der Ereignisse und weiß bald nicht mehr, wem er trauen kann. Meisterstück.
- Fjodor M. Dostojewski
Die Brüder Karamasow
(251)Aktuelle Rezension von: Lesung_vor_achtDer obligatorisch beste Roman aller Zeiten (Sigi Freud) gleicht einem elefantösen Mammutbrocken. Das rund 1242 Seiten lange Familienepos schildert auf theologischer und psychologischer Ebene den Niedergang einer Familie als exemplarisches Beispiel für das alte Russland. Rein inhaltlich handelt es sich zweifelsohne um ein Meisterwerk. Gewohnt scharfsinnig analysiert Dostojewskij die verschiedenen Milieus und weitet seinen Roman zu einer gewaltigen Gegenwartsstudie aus. Dass es sich trotzdem um ein zeitloses Werk handelt, zeugt von seinen philosophischen Kompetenzen.
Wie gern würde ich fünf Sterne vergeben! Aber angesichts der Schwächen des Romans kann ich mir das nicht leisten.
So scharfsinnig Dostojewskij sich mit Theologie und Psychologie auseinandersetzt, so klobig geraten seine Dialoge. Die Handlung des Buchs wäre schnell erzählt, aber aufgrund der haarsträubend überlangen Reden und unnötig detaillierten Monologe (die schon eher an ein Theaterstück erinnern) ähnelt das Buch eher einer Karikatur seiner selbst. Dostojewskij scheint es gänzlich unmöglich zu sein, präzise und genau zu formulieren - er schweift ab, entschuldigt sich durch den Mund seiner Figuren und setzt im nächsten Atemzug zum nächsten Monolog an. Er überlässt nichts der Fantasie. Ähnlich wie Umberto Ecos Werke legt sich auch dieses Buch bereits selbst aus, sodass man sich als Leser nur noch bequem für eine Sichtweise zu entscheiden hat (im Fall der Gerichtsverhandlung für einen der Erzrivalen Kirillowitsch oder Fetjukowitsch). Philosophisch vertreten sind dabei Idealismus (Aljoscha), Zynismus (Iwan), rationaler Materialismus (Kolja Krassotkin), Hedonismus (Fjodor Pawlowitsch), usw. Der angebliche Mörder Mitja steht für das alte Russland und Smerdjakow tritt als ideologisches Opfer Iwans auf. Iwan erkennt in sich selbst den Teufel.
Das Buch ist ein Meisterwerk. Aber eben ein Meisterwerk mit dramaturgischen Schwächen.
- François Lelord
Hectors Reise
(1.182)Aktuelle Rezension von: gstDiese märchenhaften Zeilen, die mir anfangs noch ein Lächeln aufs Gesicht zauberten, regten mich im Laufe der Seiten regelrecht auf. Das lag weniger am Inhalt, denn die Aussagen haben Hand und Fuß. Kein Wunder, der Autor ist schließlich Psychiater. 1953 geboren, konnte er schon 2002, als das Buch in Frankreich zum ersten Mal erschien, auf seine nicht nur während der Arbeit erworbene Kenntnis der Menschen und Charaktere schauen. Was mich genervt hat beim Lesen und beinahe nach der Hälfte des Buches abbrechen ließ, war sein Stilmittel. Er spricht seine Leser an, als wären sie kleine, unwissende Kinder.
Wen das nicht stört, der kann die 23 Lehrsätze bejahen, die er sich auf seiner Reise durch China und mehrere unbenannte, aber gut erkennbare Länder erarbeitet hat. Allerdings sind die Weisheiten für fortgeschrittenere Semester nicht mehr neu und so hatte ich persönlich keinen Mehrwert durch das Lesen.
- Paul Auster
4 3 2 1
(121)Aktuelle Rezension von: BluevanMeerWas wäre, wenn... Fast 1300 Seiten, vier Mal ein Leben von Archiebald Ferguson. Paul Auster erzählt die Lebensgeschichte von Archie von seiner Geburt im Jahr 1947 bis zum Neujahrsmorgen 1970 und zwar in vier Varianten. Jedes Kapitel existiert in vier Ausführungen und unterscheidet sich anfänglich nur in Kleinigkeiten, die dann zu Weggabelungen für ein ganzes Leben werden. Ausgangspunkt ist die Einwanderungsgeschichte des Urgroßvaters in die USA. Ein Bekannter rät ihm, nicht seinen eigenen osteuropäischen Namen anzugeben, sondern einen verheißungsvollen Namen, zum Beispiel Rockefeller. Das stünde für Reichtum. Völlig aufgeregt erinnert sich der Großvater bei der Erstellung seiner Dokumente nicht mehr an den Namen und ruft auf Jiddisch aus: "Ich hoab vargessan!" - Ich habe es vergessen. Daraufhin trägt der Beamte das ein, was er hört, den Namen Ichabod Ferguson. Ein Ereignis, das alle Archies gemeinsam haben. Hätte es etwas geändert, wenn Archies Urgroßvater den Namen Rockefeller gewählt hätte? Ein was wäre, wenn ... steht also schon ganz am Anfang der Geschichte. Aber es sind auch andere Dinge, die in den vier Varianten von Archies Leben durchgespielt werden: Archies Vater stirbt oder eben nicht, die Ehe der Eltern geht kaputt oder eben nicht, er studiert an verschiedenen Unis, er geht nach Paris oder lässt es, er hat Beziehungen zu Frauen oder zu Männern. Trotzdem gibt es auch einige Konstanten in Archies Leben. Sport und das Schreiben, um nur zwei zu nennen. Als Journalist, Schriftsteller oder Literaturübersetzer versucht Archie seinen Weg durch die Dramen des Alltags zu finden und ich bin ihm gerne dabei gefolgt, auch wenn die Lebensgeschichten der Archies mit der Zeit leicht verschwimmen.
Die Ausgangsfrage danach, was uns eigentlich als Person ausmacht, trägt den Roman über weite Strecken und hat mir gefallen, weil es so nachvollziehbar ist und Dinge berührt, die wir uns alle doch schonmal gefragt haben. Wäre ich damals umgezogen, wäre ich dann eine andere geworden? Hätte ich mit XY Schluss gemacht, wo wäre ich heute? Archie selbst fasst diese Überlegungen so zusammen: "... dass die Welt wie sie war allenfalls ein Bruchteil der Welt sein konnte, da das Wirkliche auch aus dem bestand, was sich hätte ereignen können, aber nicht ereignet hatte, und dass ein Weg nicht besser oder schlechter war als ein anderer, aber das Qualvolle daran, in einem einzigen Körper am Leben zu sein, war, dass man sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt auf nur einem Weg befinden musste, auch wenn man auf einem anderen hätte sein und einem ganz anderen Ort hätte entgegengehen können."
Einige Geschichten sind überraschender als andere, manche konnte ich einfacher nachvollziehen als andere. Obviously beschreibt Auster eine Zeit, die er selbst erlebt hat, wenn es um Proteste gegen Vietnam und politische Diskussionen an der Uni geht. Das Klischee des alten weißen Mannes will ich jetzt gar nicht bemühen, aber es wurde mitunter etwas anstrengend, wenn es um die Darstellung der Beziehungen von Archie ging, außerdem hat es einiges an Ausdauer gekostet, sich auf diesen Roman einzulassen. Ich glaube nicht, dass er ein Meisterwerk ist, auch wenn ich Austers Sprache unglaublich toll fand. Trotzdem war mir der Aufbau der vier Leben insgesamt einfach zu ähnlich und ich musste viel hin- und herblättern, um mich wieder daran zu erinnern, was in der aktuellen Variante von Archies Leben, die ich gerade gelesen habe, im Kapitel vorher geschehen ist. - Ernest Hemingway
Der alte Mann und das Meer
(1.043)Aktuelle Rezension von: Toho_IversenRezension zu: „Der alte Mann und das Meer“ von Ernest Hemingway verfasst von Toho Iversen
Das Buch, der alte Mann und das Meer von Ernest Hemingway, erschien in deutscher Sprache 1952 im Rowohlt- Verlag, im Großdruck mit 172 Seiten und war eine Freude zu lesen. Das Buch handelt im Wesentlichen von einem alten Fischer, der nach einer längeren Zeit ohne Erfolg, den Fang seines Lebens macht, über den er sich aber nicht freuen kann.
Das Interessante an dieser Geschichte ist die detailreiche Schilderung des Kampfes des Fischers mit dem größten Fisch (größten Fang) seines Lebens, der ihn währenddessen halb wach/halb im Delirium dazu zwingt, Passagen seines sein Leben zu reflektieren und dabei die physischen, mentalen und psychischen Grenzen seiner menschlichen Existenz überwinden muss. So wird der Kampf gegen den Fisch zu einem Kampf gegen sich selbst, den nur das Alter gewinnen kann. Die Geschichte endet damit, dass sein junger Freund wieder mit ihm fischen gehen darf, eine Allegorie, das an die Jugend weiterzugeben, was die Erfahrung des Alters mitzuteilen hat.
Strukturell fällt auf, dass sich die detailreichen Beschreibungen bis hin zum Höhepunkt (der kreisende Fisch) verdichten und danach Atemzug für Atemzug wieder lösen.
<<Aber der Mensch darf nicht aufgeben>>, sagte er. <<Man kann vernichtet werden, aber man darf nicht aufgeben.>> Der Roman leitet an, das Leben nicht nur aus einer Perspektive zu betrachten und ist einer jener Klassiker, die man ab dem Erwachsenenalter irgendwann in seinem Leben gelesen haben sollte.
19.8.2024 - George Orwell
1984
(491)Aktuelle Rezension von: Start-a-curvolution„1984“ von George Orwell ist ein düsteres Meisterwerk, das die Schrecken eines totalitären Überwachungsstaates eindrucksvoll schildert. Die Geschichte spielt in einer dystopischen Zukunft, in der der allmächtige Big Brother jede Bewegung und jeden Gedanken der Bürger überwacht. Orwells Erzählkunst fesselt den Leser und führt ihn in eine Welt, die durch Propaganda, Gedankenkontrolle und Angst beherrscht wird.
Die Charaktere, allen voran der Protagonist Winston Smith, sind tiefgründig und glaubwürdig. Durch ihre Augen erleben wir die bedrückende Realität eines Regimes, das jegliche Individualität unterdrückt. Orwells Vision einer Gesellschaft, in der Freiheit und Wahrheit systematisch ausgelöscht werden, ist erschreckend realistisch und aktuell.
Die Sprache des Romans ist klar und prägnant, die Handlung spannend und beklemmend zugleich. „1984“ ist nicht nur eine Warnung vor den Gefahren des Totalitarismus, sondern auch ein Aufruf zur Wachsamkeit gegenüber der Macht und den Manipulationen der Herrschenden. Dieses Buch bleibt ein zeitloser Klassiker, der auch Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung nichts von seiner Bedeutung verloren hat. Es ist ein Muss für jeden, der sich für Politik, Freiheit und die menschliche Natur interessiert.
- José Saramago
Die Stadt der Blinden
(556)Aktuelle Rezension von: Fee04Ein Mann steht an einer Ampel. Von einer Sekunde auf die nächste, ohne erklärbaren Grund, erblindet er. Wie ihm ergeht es immer mehr Menschen in seiner Heimatstadt. Wie eine Seuche greift die Blindheit um sich. Die Regierenden wissen sich nicht anders zu helfen, als die Betroffenen in einer verlassenen Irrenanstalt einzuquartieren – unter der Bewachung von Soldaten, die auf jeden schießen, der fliehen will. Je mehr Blinde dort zusammengepfercht werden, desto schlimmer, desto unmenschlicher wird die Situation. Inmitten dieses grausamen Chaos befindet sich ein Augenarzt mit seiner Frau – die als Einzige noch sehen kann …
Ein unglaublich erschreckendes Buch; eine Epidemie schlimmer als jede bisher da gewesene Epidemie oder Pandemie.
Der ungewöhnliche Schreibstil ist anfangs schwer zu lesen, jedoch gewöhnt man sich schnell daran. Der fesselnde Roman ist flüssig und anspruchsvoll geschrieben. Der Autor hat mit diesem Werk ein sehr erschreckendes und düsteres Szenario dargestellt.
Außergewöhnlich ist in dem Buch, dass die Protagonisten nicht mit Namen genannt, dafür mit Eigenschaften beschrieben werden.
Sehr detailreich, emotional und erschreckend wird ausgeführt, wie es den Blinden in einer abgeriegelten Irrenanstalt ergeht! Die erblindeten Menschen werden komplett von der Außenwelt isoliert. Sie sind alleine, verängstigt und hilflos, angewiesen auf gestellte Nahrung durch die Sehenden.
Wie jedoch immer wieder die Gier und Macht selbst in größter Not bei einigen Menschen durchschlägt ist verabscheuungswürdig. In der Anstalt kommt es zu Übergriffen, Missbrauch und Erpressung.
Eine schier unbeschreibliche Epidemie in der Stadt lässt den Ausnahmezustand, das Chaos, die Verwüstung erahnen. Es wird ein authentisches Szenario beschrieben, in welchem die Welt nur noch aus Sodom und Gomorra bestehen würde.
Ein literarisches Meisterwerk, welches inhaltlich so außergewöhnlich und tiefgründig ist und in seiner - teilweise philosophischen - Sprache begeistert. Sehr empfehlenswert!
- Juli Zeh
Corpus Delicti: erweiterte Ausgabe
(558)Aktuelle Rezension von: KaesekuchenIm Buch Corpus Delicti wird eine neue Form der Gesellschaft entworfen - eine, in der "die Methode" im Mittelpunkt steht. Das heißt, dass jeder Körper perfekt überwacht und Krankheiten früh erkannt werden - besser für den einzelnen Menschen, aber auch kostensparender für die Gesellschaft. Die Hauptperson Mia steht voll hinter dieser Methode, bis ihr Bruder wegen seiner DNA-Spuren für einen Mord angeklagt wird, von dem er behauptet, ihn nicht begangen zu haben. Doch die Methode ist doch unfehlbar, oder?
Insgesamt klingt das Buch mega interessant und die ersten Kaptiel fand ich auch noch super spannend. Die Zukunftsversion und die veränderte Denkweisen der Menschen wird schön aufgefächert. Dann kommt Mia auf die Bühne, die wegen dem Selbstmord ihres Bruders, sich ein wenig gehen lässt - was die Methode natürlich gar nicht gerne sieht. Obwohl das alles so super spannend klingt, baut das Buch wirklich 0 Spannung auf. Alle Menschen sind mega komisch und gefühlt nur dafür da, um irgendwas schlaues zu sagen, die Handlung zieht sich bis ins unendliche ohne das überhaupt viel passiert und obwohl Mia die Protagonistin ist und wirklich viel durchmachen muss, war sie mir einfach extrem egal.
Ich hätte das Buch vermutlich abgebrochen, wenn ich es nicht als Hörbuch auf einer langen Zugfahrt gehört hätte. da es mir wirklich gar nicht gefallen hat. Ich gebe dem Buch jedoch trotzdem 2 Sterne, da ich zum einen wohl die falsche Zielgruppe bin, zum anderen, weil es extrem viele Ansätze bietet, über die man nachdenken kann, wenn man sich darauf einlässt.
- William Golding
Herr der Fliegen
(873)Aktuelle Rezension von: bookstories"Herr der Fliegen", im Originaltitel "Lord of the Flies", ist ein Klassiker der Weltliteratur. Es war William Goldings erster Roman, nachdem er 1934 mit Gedichten an die Öffentlichkeit trat und erst zwanzig Jahre später Romane zu schreiben begann. Noch einmal dreissig Jahre später wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Golding hat neben ein paar Essays insgesamt neun Romane geschrieben, 1993 starb er im Alter von 82 Jahren. Seine poetische Ader findet auch hier in "Herr der Fliegen" ihren Durchschlag - mit Recht wird auf der Rückseite meiner ex libris Ausgabe von 1983 eine Kritik der Frankfurter Allgemeine Zeitung angeführt, dass Poesie und bittere Wahrheit selten so eins sind wie in diesem Buch. Dieser Roman kann nicht besprochen werden, ohne das Ende zu erwähnen, ohne zu spoilern, denn schon im Klappentext des Buches, wenn man ihn denn vorher lesen möchte, wird auf die Absicht des Autors und den Ausgang der Geschichte hingedeutet.
Ich hatte mit der Lektüre kurz vor unserem lange ersehnten Wellness-Weihnachtsurlaub begonnen und den Grossteil des Buches dann im Hotel bei tiefster Entspannung gelesen. Auf dem Nachtisch lagen während diesen Tagen noch drei weitere Romane, die ich mitgenommen hatte, da ich glaubte, zum Lesen endlich genügend Zeit zu finden. Meine Besprechungen wollte ich dann später zuhause schreiben, doch nach der Lektüre von "Herr der Fliegen" konnte und wollte ich kein anderes Buch mehr lesen. Die Geschichte hat mich am Ende sehr nachdenklich gestimmt, obwohl sie mich in der ersten Hälfte nicht wirklich begeistern konnte.
Warum nicht? Immer wieder fragte ich mich bis zur Mitte, was mich denn stört, was mich davon abhält, tief in den Schauplatz auf dieser einsamen Insel einzutauchen. Gewiss liegt es nicht an der Erzählkunst des Autors, seiner wundervollen poetischen, imposanten und bildkräftigen Sprache, wenn er Landstriche der Insel beschreibt, Naturstimmungen, Formulierungen benutzt, die ich so noch nie gelesen habe, die aber einprägende Bilder entstehen lassen und den Leser unmittelbar in die Wildnis, in dunklen Dickicht, an Palmenstrände in grünem Licht, prallgefüllte Fruchtbäume, tiefblaue Lagunen, rote Klippen und Felsformationen, warme Tümpel, weissen Sand und Gischt umschäumte Meeresbrandungen führt. Allein das ist schon die Lektüre wert.
Auch liegt es nicht am Erzähltempo, das mir nicht langsam genug sein kann, wenn es darum geht, Atmosphäre zu schaffen. Selbst für Dialoge und das Befinden seiner Protagonisten nimmt der Autor sich Zeit, obwohl viele Dialoge und Gedankengänge mitten im Satz abbrechen. Er interessiert sich für seine Figuren, arbeitet sie sorgsam heraus, schildert eindrücklich, wie Abgeschiedenheit, Isolation und Angst mehr und mehr an den Kindern nagt und ihnen Grenzen, Struktur und Ordnung der Erwachsenenwelt zu fehlen beginnen. Vielleicht ist genau das der Grund. Ich frage mich, ob es dem Autor tatsächlich gelungen ist, aus der Perspektive und Innenschau von Sechs- bis Zwölfjährigen zu schreiben. Dass Erwachsene in entsprechenden Situationen anders handeln oder denken oder sprechen würden, darüber besteht kein Zweifel. Aber es ist mir nicht gelungen, mich aufgrund von Goldings Schilderungen permanent in die Kinder hineinzuversetzen. Mag sein, dass dies an meinem eigenen Unvermögen liegt. Allerdings - wenn die Geschichte dem Ende zugeht, scheint der Leser immer mehr zu vergessen, dass hier Kinder die Hauptrolle spielen, und nicht wild gewordene Erwachsene. Doch dies scheint so gewollt zu sein und macht am Ende das Verstörte der Geschichte aus, und deren Botschaft.
"Herr der Fliegen" wurde ein paar Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Faber and Faber Verlag London veröffentlicht und erlangte, nachdem zuerst etliche Verlage den Roman abgelehnt hatten, vor allem in Grossbritannien und Amerika grosses Aufsehen. Das Buch erreichte Millionen von Lesern. Übertragen für den S. Fischer Verlag hat Hermann Stiehl, der auch spätere Romane Goldings ins Deutsche übersetzte. Als Vorwort ist dem Roman ein Zitat aus Goethes Faust vorangestellt, worin Mephistopheles spricht, und das auf das Teuflische hindeutet. Er sei der Geist, der stets verneint, und dass alles, was entstehe, zurecht zugrunde gehe, und gibt sich als das eigentliche Element zu erkennen, das der Mensch Zerstörung nennt, das Böse. Auch ist in dem Zitat vom Fliegengott die Rede.
Ich habe mich vor der Lektüre öfter gefragt, wer mit "Herr der Fliegen" eigentlich gemeint ist - und wie dieses Vorwort schon andeutet, kann von einem Gleichnis, einer symbolischen Umschreibung der finsteren Urkraft, des animalischen, zerstörerischen Urtriebs ausgegangen werden. Dies wird speziell im achten Kapitel deutlich (Golding benutzt Kapitelüberschriften), das den eigentlichen Titel "Der Herr der Fliegen" trägt. Ein aufgespiester Schweinekopf und die herumliegenden Gedärme des abgeschlachteten Schweins ziehen Fliegen an, die sich auf die grinsende Todesfratze setzen. Der Schweinekopf, eine Opfergabe für ein erdachtes Tier, das die Kinder auf der Insel bedrohen soll, beginnt mit Simon, einem der Jungen, stumm zu sprechen - ein Ausdruck von Angst, die sich in dem Jungen auf diese schwarzmagische okkulte Weise offenbart.
Wovon handelt die Geschichte? Eine Gruppe von Schuljungen zwischen sechs und zwölf Jahren strandet nach einem Flugzeugabsturz auf einer unbewohnten Insel und muss mit der nackten Natur und ihrer eigenen "Nacktheit" zurechtkommen. Dass Krieg herrscht in der übrigen Zivilisation und ihre Maschine abgeschossen wurde, darf der Leser annehmen. Die Erwachsenenwelt bleibt aussen vor und mit ihr auch alle Gesetze, Strukturen und Ordnungen der Grossen. Zwei Jungen lernen sich gleich zu Beginn kennen, Ralph und Piggy, die unterschiedlicher nicht sein können. Sie finden ein Muschelhorn, dessen Klang eine ganze Horde von Kindern aus dem Dickicht lockt.
Mit diesem Horn als Signal beschliesst Ralph, Versammlungen durchzuführen und einen Anführer zu bestimmen - der Beginn rivalisierender Verhaltensmuster und Egoansprüche, die sich durch das ganze Buch ziehen. Denn für Ralph, ein eher instinktiv handelnder Junge, der als Anführer gewählt wird, hat das Anhalten eines grossen Höhenfeuers und das Bauen von Hütten erste Priorität. Er strebt nach Sicherheit und will von der Insel weg. Sein Gegenspieler Jack findet nur Gefallen am Jagen von Schweinen, die sie auf der Insel entdeckt haben. Ihn kümmert die Rettung nicht, die Jagd macht ihm Spass, und nicht nur das Fleisch, das es zu essen gibt, treibt ihn an, auch die Lust am Töten. Was allen Kindern gemein ist, und die Kleinen leiden am meisten darunter, ist die Angst vor der Dunkelheit auf der Insel. Nachts werden sie von Alpträumen geplagt, und man beginnt sich einzureden, von einem unbekannten, auf der Insel hausenden Tier bedroht zu werden.
So verdrängen unterschiedliche Motivationen und vor allem die Machtansprüche seitens Jack ein geordnetes Zurechtkommen auf einer Insel, die alles bietet. Piggy, der kleine Dicke mit Brille ist in diesem Buch der schüchterne Vertreter der Vernunft und des logischen Denkens, doch er wird von niemandem angehört, nicht einmal dann, wenn er als Sprecher in einer Versammlung das Muschelhorn im Arm trägt. Nur seine Brille findet Nutzen - als Brennglas, um Feuer zu entfachen. Als Jack sich mit ein paar anderen von der Gruppe absetzt, beginnt der Kampf um Nahrungsbeschaffung, Feuerbesitz und Macht zu eskalieren. Am Ende ist es Ralph, der gejagt wird, und keine Schweine mehr. Eine beklemmende Vorstellung, wenn man bedenkt, dass es sich bei den Protagonisten nicht um gewalttätige Erwachsene handelt, sondern um zwölfjährige Kinder. Am Ende bringen sie es fertig, eine paradiesische Insel in Schutt und Asche zu legen.
Die Geschichte der Jungengruppe auf der einsamen Pazifikinsel soll ein Gleichnis sein für die Botschaft, dass die Gebrechen der Gesellschaft auf die Gebrechen der menschlichen Natur zurückzuführen sind. Der Einzelne in seinem Widerstand gegen die Barbarei entscheidet über das Ethos der Gemeinschaft, wie Golding es selbst formuliert hat. Dass der Mensch in seinem tiefsten Innern grundsätzlich zerstörerisch ist, bezweifle ich allerdings. Es gibt eine Sequenz im Buch, wo der Autor die Machtlust bereits beim Spielen eines Sechsjährigen aufflammen lässt. Dem Kleinen bereitet es Freude, kleine Tierchen, die mit der Flut an den Strand gespült werden, in mit Wasser gefüllten Rinnen und Fussstapfungen gefangen zu halten. Golding schreibt, seine Hingabe an dieses Spiel sei mehr als blosses Glücksgefühl, als der Kleine spürt, dass er über lebende Wesen gebieten kann. Mag sein, dass dies dem Menschen eigen ist. Was das menschliche Bewusstsein in jedem Fall von jenem des animalischen unterscheidet, ist die Fähigkeit, zu denken. Dies kann zur Meisterschaft führen, doch ebendiese Identifikation mit dem Denken stärkt das Ego, das den Menschen ins Leid und Verderben stürtzt.
Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/herr-der-fliegen
- Friedrich Dürrenmatt
Der Besuch der alten Dame
(1.851)Aktuelle Rezension von: KubilaygndzzMir gefiel der Schreibstil des Autors gut, jedoch war es in den meisten Passagen schwer nachvollzuziehen um was es genau geht, da der Autor die alte deutsche Sprache verwendet und viele Stilmittel verwendet, die nicht immer verständlich waren. Die Handlung war sehr monoton und es erweckte nicht meine Interesse
- Gotthold Ephraim Lessing
Nathan der Weise
(1.353)Aktuelle Rezension von: Claudia92Nathan ist ein jüdischer Kaufmann, als er nach Jerusalem zurückkommt erfährt er, dass seine Adoptivtochter Recha von einem christlichen Tempelritter vor einem Brand gerettet wurde. Recha und der Tempelritter verlieben sich und möchten heiraten.
Währenddessen wird Nathan zum Sultan zitiert und soll klären, welche der 3 großen Weltreligionen nun die Beste sei. Nathan versucht dem Sultan durch die Ringparabel zu erklären, dass jede Religion ihre Berechtigung hat und dass es nicht die einzig Wahre gibt. Sondern, dass alle Gläubigen friedlichen beieinander leben können und sollten.
Dieses Buch ist gerade heute, wo es wieder bzw. immer noch Glaubenskriege gibt, so aktuell wie damals. Jeder sollte mit seinem Glauben freu leben können und keine Angst vor Anfeindungen und Gewalt zu haben.
- George Orwell
Farm der Tiere
(936)Aktuelle Rezension von: mandalottiDas war jetzt nicht so wirklich mein Fall. Ich weiß, es ist gesellschaftskritisch und soll die Probleme einer totalitären Gesellschaft verdeutlichen: Das hat es auch wirklich geschafft und es wurde auch verständlich umgesetzt, aber mir hat die Art der Umsetzung und der Stil irgendwie nicht gefallen.
Immerhin ist es recht kurz und man kann es zwischendurch mal lesen, auch wenn es keine schnelle und leichte Lektüre ist.
- Frances Hodgson Burnett
Der geheime Garten
(529)Aktuelle Rezension von: RattusExlibricusKategorie: Bildungsroman | Parabel | Familie/Freundschaft | Psychogramm [Bis jetzt 1x gelesen]
Besonderheit: Gekonnter Umgang mit den Leitmetaphern bei sprachlich zugänglicher und nicht überladener Erzählung
Worum dreht sich die Handlung?: England im frühen zwanzigsten Jahrhundert. Nachdem ihre Eltern an einer Choleraepidemie gestorben sind wird die zehnjährige Mary von Indien nach England gebracht, um fortan bei ihrem Onkel auf seinem Anwesen zu leben. Mary ist ein verwöhntes, aber lieblos erzogenes Kind, das auch in seinem neuen Zuhause hauptsächlich auf sich allein gestellt ist. Bald stößt sie bei ihren Ausflügen in den Park auf den mürrischen Gärtner Ben, der ihr von einem Garten erzählt, dessen Türen schon seit zehn Jahren verschlossen sind und der in Mary eine seltsame Neugierde weckt. Noch dazu hört sie bei ihren Streifzügen durch das große, verlassene Haus hin und wieder ein seltsames Weinen, dessen Ursache aber von allen anderen verschwiegen wird. Mary macht sich auf, die Geheimnisse zu lösen und den geheimen Garten zu finden – und ahnt nicht, dass sie dabei die wichtigsten persönlichen Entwicklungen ihres Lebens machen und zum ersten Mal lernen wird, zu lieben.
Große Themen im Hintergrund: Vernachlässigung und ihre Folgen, Einsamkeit, Egoismus und Sozialisierung, Trauerbewältigung, Überbehütung und Verlustangst, Wirkung der Natur auf die Menschen
Teilbewertung (Legende *= hat mich nicht überzeugt, **= ausbaufähig, ***=solide/gut zu lesen, ****= sehr gut/klare Empfehlung, *****= exzellent/schwer zu erreichen):
- Handlung **°
Der Handlungsverlauf ist flüssig und logisch, das Erzähltempo sehr langsam. Die äußere und innere Handlung unterstützen sich gegenseitig gut, wobei der Inneren eine größere Bedeutung zukommt. Die Handlungsführung ist zielstrebig, größere Widerstände treten nicht auf, was das Ganze leider manchmal etwas zu glatt erscheinen lässt (erklärbar eventuell durch Entstehungszeit und Zielgruppe). Besondere Überraschungen erwarten einen nicht und die Spannung kann sich schon mal in Grenzen halten, aber die Handlung ist in sich stimmig und gut abgeschlossen.
Am Ende wollte die Geschichte leider ein bisschen zu viel und drehte ab, hin zu rituell-magisch angehauchter Autosuggestion mit religiösen Einflüssen. Dies mag den moralischen Anforderungen der damaligen Zeit geschuldet sein, ich fand es aber recht anstrengend. Ab diesem Punkt fiel mir das Folgen deutlich schwerer. Insgesamt schafft es das Buch aber, seinen Handlungsrahmen am Schluss sehr sauber zu schließen.
- Aufbau ****
Der Handlungsverlauf ist klar in große Sinnabschnitte eingeteilt. Diese werden durch die Stilmittel und Handlungsgewichtungen gut unterstützt. Die Handlung läuft ziemlich linear ohne große Themen- oder Entwicklungsüberlappungen. Besonders schön ist die Verschachtelung zweier Bedeutungs/interpretationsebenen, die ich meinte, herauslesen zu können (Garten sowohl als Innenleben Marys (Sozialisierung) als auch als Innenleben des Onkels (Trauerbewältigung)). Teils laufen diese Ebenen (auch, wenn man nur an einer davon tatsächlich wirklich teilhat) parallel, treffen sich dann aber am wichtigsten Punkt. Ganz hinten ist ein Kapitel angeführt, das stilistisch etwas aus den Rahmen fällt, die Handlung ist hier sehr gestrafft und distanziert erzählt und eine moralische Einordnung wird vorgenommen. Dies ist wieder auf Entstehungszeit und Zielgruppe zurückzuführen.
- Charakterzeichnung ***°
Die Charakterzeichnung bzw. Entwicklung stellt das Herzstück des Buches dar. Ein Kind, das keine Liebe erfahren hat und infolgedessen auch keine Interesse an der Welt und keine Zuneigung für andere Personen empfindet, wird schrittweise mit diesen beiden Regungen konfrontiert. Diese stufenweise Entwicklung ist toll umgesetzt. Auch das Spiegeln durch einen zweiten Charakter, der eine ähnliche Entwicklung (aber von einem leicht anderen Ausgangspunkt – eine interessante Charakterstudie) durchmacht, ist für die Reflexion der Hauptfigur und der Kontrastierung der Entwicklung ein guter Kunstgriff. Die Nebencharaktere bleiben leider etwas blasser und handeln auch nicht immer ganz logisch.
- Sprache und Stil ***
Die verwendete Metaphorik ist zugänglich, manchmal zwar platt, manchmal aber auch hintersinniger als auf den ersten Blick erkennbar und wird konsequent durchgehalten. Eine sehr wichtige stilistische Rolle spielt das Sprechen des Dialektes, das in der deutschen Übersetzung (zweisprachige Ausgabe von 2023) leider nicht wirklich umgesetzt wird. Auch sind einige wichtige Formulierungen / zentrale Elemente in meinen Augen leider etwas ungeschickt übersetzt worden (v.a. „quite contrary“ zu „kleiner Trotzkopf“. Das klingt seltsam und trifft den Sinne nicht wirklich). Sonst wurde aber die Verschiebung der Stimmungen und Charakterentwicklungen durch Änderungen in der Erzählsprache, die im Englischen schön gemacht ist, angemessen wiedergegeben. Nach hinten hin machen sowohl Handlung als auch Stil leider eine leicht übertriebene Wendung mit einigem Kitsch und sehr starken religiösen Schwingungen. Ab diesem Punkt fiel mir das Folgen deutlich schwerer.
- Zielgruppe(n)
Leser*innen mit Durchhaltevermögen, die eine nicht allzu schwere Geschichte suchen, die trotzdem ernsthafte Themen anspricht. Der Kinderbuchklassiker ist deutlich in eine frühere Epoche einzuordnen, man sollte sich mit dem Setting dieser Zeit wohlfühlen. Die Geschichte ist gut, um sich im Großen Gedanken über die stilistischen Mittel zu machen, im Kleinen sollte man sich aber auf jeden Fall auf die Handlung einlassen. Leser*innen mit Freude an Charakterentwicklung kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten, man sollte aber nicht zu viel Spannung oder Drama erwarten. Aufgrund der Wichtigkeit des dialektischen Stilmittels empfehle ich wenn möglich die zweisprachige Ausgabe.
- Fazit ***
Kinderbuch aus einem vergangenen Jahrhundert, das trotzdem recht gut gealtert ist. Manchmal etwas platt und zum Ende hin zu dick auftragend, bietet die Geschichte aber insgesamt eine schöne und manchmal tiefsinnige Unterhaltung, ohne dabei auch nur im Ansatz anstrengend zu sein. Manchmal läuft die Handlung etwas zu glatt und dadurch ein wenig langweilig, aber trotzdem gibt es genug zu entdecken.
Herzstücke des Buches sind zum einen die Metaphorik um den verlassenen Garten, der gleich mehrfach gedeutet werden kann und die Charakterentwicklung verschiedener beteiligter Charaktere, die mit viel Liebe zum Detail umgesetzt wurde. Die Übersetzung hat mich nicht immer Überezugt (Mayer 2023), ich war froh über die zweisprachige Ausgabe.
Ein Klassiker, den zu lesen sicher kein Fehler ist, wenn man mit den erwähnten Kritikpunkten klar kommt und die Kernelemente zu schätzen weiß!
- Richard Adams
Unten am Fluss – »Watership Down«
(312)Aktuelle Rezension von: EmiliMit der häufig geführten Diskussion, ob dies ein Kinderbuch ist, möchte ich einsteigen. Nein, es ist keineswegs ein Kinderbuch, eine wunderbare Fabel auf jeden Fall. Die Hauptprotagonisten der Geschichte sind zwar Kaninchen, doch ihnen wird ein vermenschlichtes Auftreten verliehen. Die Grundidee zu der Geschichte ist simpel. Eine Gruppe der unzufriedenen und bedrohten Kaninchen beschließen sich von dem Gehege zu trennen und sich eine neue Bleibe zu suchen. Der Roman begleitet die auf der Suche nach einem geeigneten Platz, dabei durchleben sie Kontakt zu anderen Arten von Gehege. Die Anspielung an die Machtstrukturen verschiedener gesellschaftlichen Formen des Zusammenlebens von Menschen werden hier nun zu deutlich. Die Beschreibungen von Kaninchen lassen vermuten, dass der Autor über große Kenntnisse über diese Tierart verfügt. Außerdem sind die Beschreibungen der Natur hervorzuheben. Wer sich mit einer Fabel, die seit langem zu Klassikern der Literatur gehört, anfreunden kann, wäre hier richtig. Ich fand das Buch stellenweise zu langatmig.
- Friedrich Dürrenmatt
Friedrich Dürrenmatt: Die Physiker
(3.833)Aktuelle Rezension von: tolanFriedrich Dürrenmatts Stück „Die Physiker“ gehört zweifellos zu den besseren Schullektüren, die ich nicht sofort in die Ecke werfen wollte und die ich überhaupt komplett gelesen habe. Mit hintergründigem Humor und einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit ethischen und gesellschaftlichen Fragen liefert Dürrenmatt in „Die Physiker“ nicht nur eine fesselnde Lektüre, sondern auch wertvolle Denkanstöße für junge Leser. Ob man diese Leser damit natürlich in der Breite wirklich erreicht, sei mal dahingestellt.
Die Handlung des Stücks spielt in einer psychiatrischen Anstalt, in der drei Physiker scheinbar verrückt geworden sind. Jeder der drei Physiker gibt vor, von einer historischen Figur wie beispielsweise Newton oder Einstein besessen zu sein, während sie tatsächlich ein gefährliches Geheimnis bewahren. Dürrenmatt gelingt es eine Atmosphäre des Geheimnisvollen und der stetigen Spannung zu schaffen, die den Leser in ihren Bann zieht und bis zum überraschenden Ende nicht loslässt. Natürlich kann ein so überraschendes Ende wie in diesem doch recht kurzen Buch auch enttäuschend sein.
Besonders bemerkenswert ist, wie Dürrenmatt in „Die Physiker“ Themen wie die Verantwortung der Wissenschaft, die Grenzen des menschlichen Wissens und die moralischen Dilemmata des Fortschritts behandelt. Diese Themen sind nicht nur zeitlos, sondern bieten zahlreiche Ansatzpunkte für Diskussionen im Schulunterricht. Die Schüler werden ermutigt, über die Konsequenzen wissenschaftlicher Entdeckungen nachzudenken und sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie weit der Mensch in seinem Streben nach Wissen und Macht gehen darf.
Ein weiterer Pluspunkt des Stücks ist der geschickte Einsatz von Humor und Satire, der einen Schulkameraden bereits auf den ersten Seiten zum Lachen brachte. Natürlich ist dies nicht für jedermann geeignet. Aber wer dafür offen ist, für den ist das Buch auf jeden Fall eine Empfehlung. Auch die Charaktere sind hervorragend ausgearbeitet und tragen maßgeblich zur Faszination des Stücks bei. Jeder der drei Physiker hat seine eigene, unverwechselbare Persönlichkeit und Motivation, die im Laufe der Geschichte immer deutlicher zutage tritt. Wer „Die Physiker“ in der Schule lesen muss, kann sich glücklich schätzen, da es wesentlich „schwierigere“ und zähere Kost gibt, die einem das Lesen auch ganz vermiesen kann.
- Janne Teller
Nichts
(1.066)Aktuelle Rezension von: palzbuecher24Hat Nichts eine Bedeutung? Ist das Leben sinnlos? Sind wir absolut bedeutungslos? Eine 7.Klasse möchte es ihrem Klassenkamerad beweisen: Es gibt Bedeutung! Das Leben hat einen Sinn! Wir sind bedeutend! Doch wie weit gehen sie, um ihr Ziel zu erreichen? Janne Teller hat einen höchst verstörenden Roman geschrieben, der einen nach der noch recht normalen Einführung nicht mehr loslässt. Beim Lesen kommt ein beklemmendes und beschämendes Gefühl auf, man möchte die Handlung stoppen, die 7.Klässer davon abhalten es ihrem Kameraden zu beweisen, sie bitten einfach zu akzeptieren, dass es keine Bedeutung gibt, aber sie hören nicht auf, Janne Teller hat weitergeschrieben. So bekommt der Leser eine Geschichte zu lesen die er sicherlich lange Zeit nicht vergessen wird, er bekommt das ganze Ausmaß zu spüren, was es heißt, beweisen zu wollen, dass das Leben bedeutungsvoll ist und dafür alles zu opfern. Die Kinder werden für diesen Beweis Grenzen überschreiten, die man nicht überschreiten soll, nicht darf und allein die Vorstellung, dass sie überschritten werden, schon fassungslos macht. Für den Beweis, wird stattfinden, was niemals stattfinden dürfte. Wer eine Lehre fürs Leben, was wirklich von Bedeutung ist, was wirklich zählt im Leben und wo die Grenzen liegen sollten, mitnehmen möchte, sollte das Buch unbedingt lesen, denn es verändert viele Blickwinkel auf unser Dasein, aber wirklich nur, wenn man mit abscheulichsten Themen gut umgehen kann, andernfalls sollte es wohl doch lieber im Bücherregal bleiben. "Nichts"- ein schreckliches und ausgezeichnetes Buch zugleich!
- Roger Hermes
Die Erzählungen
(134)Aktuelle Rezension von: ErinnyeDass Buch ist zusammengesetzt aus vielen verschiedenen Texten von Kafka. Dies reicht von kurzen, einseitigen Erzählungen bis hin zu mehrseitigen Geschichten. Dabei gelingt es Kafka thematisch zwar immer innerhalb eines gewissen Stils zu bleiben, jedoch wiederholt er sich nicht. Jede seiner Schriften hat für sich gesehen eine individuelle Daseinsberechtigung und sagt etwas Anderes aus. Diese Aussage zu verstehen ist bei Kafka natürlich immer so eine Sache. Es bleibt ein Rätsel, ob man die Erzählung so versteht, wie der Autor sie gedacht hatte - jedoch macht dies auch den Spaß an seinem Schreibstil aus. Vielfach interpretierbar, aber auch einfach nur genußvoll lesen und die Prosa bestaunen.. dies alles ist möglich bei diesem Autor. Die Geschichte, die mich persönlich am meisten beeindruckt hat, ist die, die von einem neurotischen Maulwurf erzählt, der um seinen Bau fürchtet, gleichzeitig aber auch davor zurückschreckt ihn wieder zu betreten, wenn er zwecks Vorratsbeschaffung nach draußen muss. Kafka gelingt es, über mehrere Seiten hinweg kein einziges Mal das Wort "Maulwurf" zu benutzen und lässt somit offen, ob es nicht doch eine Wühlmaus oder ein Hamster ist, das ist auch egal, stellt es doch eine hervorragende Metapher dafür dar, dass es bei Kafka nicht um festgesetzte Personen geht, sondern lediglich um die Aussage, die er mit seinem Text tätigen will. Natürlich waren auch so berühmte Geschichten wie "Die Verwandlung" und viele Andere vertreten. Um Kafka zu lesen sollte man eine gewisse Konzentration mitbringen, es ist aber auch dann sicher nicht etwas für jedermann. Man muss den kafkaesken Stil einfach mögen. Tut man dies, dann erscheint einem diese Sammlung von Erzählungen einfach als ein einmaliges Stück Literatur und seine poetischen Texte als wahre Kunst für sich. Immer wieder lesen, immer wieder neu interpretieren, immer wieder neu erleben. - Haruki Murakami
Wie ich eines schönen Morgens im April das 100%ige Mädchen sah: Erzählungen
(331)Aktuelle Rezension von: Nackt_und_GluecklichMein Einstieg in die Welt von Murakami. Eine Empfehlung meines Bruders, von dem ich eigentlich nicht viel halte, weil er ein intellektueller Weltverbesserer ist, der einen Haufen Zeug nachquatscht und … egal. Haruki Murakami berührt einen mit seinen Büchern oder er tut es eben nicht. Diejenigen, die er nicht berührt, finden ihn langweilig. Leute wie ich, die ihm nachfühlen können, lieben ihn. Nach zwei Seiten der Titelgeschichte weiß man, ob man ihn mag oder nicht.