Bücher mit dem Tag "pergamon"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "pergamon" gekennzeichnet haben.

9 Bücher

  1. Cover des Buches Die Bibliothek bei Nacht (ISBN: 9783596159444)
    Alberto Manguel

    Die Bibliothek bei Nacht

     (37)
    Aktuelle Rezension von: Beust

    Es gibt diese Bücher, die bei der Lektüre ein warmes Licht ausstrahlen, den Rest der Welt in schläfrige Dunkelheit versinken lassen und um sich und ihren Leser herum eine behagliche Atmosphäre intimer Lektüre verbreiten. Das sind Bücher, die in sich die Geborgenheit der Bibliothek tragen – nicht jeder Bücherei, versteht sich, sondern der Bücherstube der Gelehrten, die ihre Bücherregale geschmackvoll mit Bildern und Erinnerungsstücken abwechseln und einen Raum als Rückzugsort kreieren, der die Sicherheit des Mutterleibs verströmt.

    Alberto Manguels „Bibliothek bei Nacht“ ist ein solches Buch, das den Leser schon im Titel auf die Stimmung einstellt, die es vermitteln wird. Manguel erzählt eine ganz persönliche, bisweilen intime Kulturgeschichte der Bibliothek und verbindet seine herumschweifenden Gedanken und Anekdoten mit seinen eigenen Erfahrungen im Umgang mit seinen Büchern. Manguel geht es nicht um das Buch oder das Lesen – denen widmet er sich in anderen Texten. Hier geht es um den Raum, in dem die Bücher versammelt werden. Um das Wie, Warum, Womit, Wie lange und Für Wen.

    Beeindruckend ist der breite Blickwinkel, mit dem Manguel durch die Landschaft seines Sujets schreitet, sich hier von einer Idee ablenken und dort von einer Anekdote locken lässt. Seine Bibliothek ist eine polyglotte Völkerverbinderin, die zu allen Zeiten, seit es Bücher gibt, und an allen Orten alle Menschen verbindet, die man als Leser bezeichnen kann. Alle Zeloten, Eiferer und Fanatiker, die womöglich aus dem Buch ihre zerstörerische Weltanschauung schöpfen, schließt Manguel aus, denn gelehrte Leser, die um des Lesens willen lesen, werden nicht fanatisch. Ihr Wahnsinn liegt allein in der Sucht, Bücher auf Bücher häufen zu wollen.

    Der Text ist nicht in Bibliotheken der Religionen, Epochen, Nationen oder Sprachen gegliedert, sondern in Gedankenbahnen: Bibliothek als Mythos, als Ordnung, als Form, als Insel, als Identität und einige mehr. Manche der Bahnen beschreitet Manguel mit großer Sicherheit und lässt die Strecke wie ein weiches Sofa wirken – die Blibiothek als Ordnung, als Raum oder als Zuhause sind absolut zauberhafte Texte voller intimer Wärme, bibliophiler Begeisterung und wissenswerter Geschichten. Andere lassen bisweilen Details vermissen, die ich gern gelesen hätte: In der Bibliothek als Zufall hätte ich gern auch über die Einzigartigkeit jeder Bibliothek gelesen, weil sie nicht nur durch das Sammlerinteresse, sondern auch durch Zufall und Gelegenheit zu einem Gebilde gewachsen sind, das es so nur ein einziges Mal auf der Welt (und in der Zeit!) gibt. Manguel beschreibt mehr, wie das Schicksal der Welt viele Bibliotheken und Werke hat abhanden kommen lassen, so dass der Zufall bestimmt, was noch übrig ist – oder wie der Altgermanist Burkhart Wachinger ausgerufen hat: „Alle Überlieferung ist zufällig!“ Nicht ganz stimmig ist etwa die Bibliothek als Macht, in der Andrew Carnegie seinen paternalistischen Auftritt hat, weil die hier präzisierten Überlegungen nicht in das Grundkonzept des Buches zu passen scheinen.

    Völlig im Fluss und regelrecht mitreißend sind Manguels Gedanken über die Bibliothek als Werkstatt oder als Zuhause, in denen der völkerverbindende, die Zeiten überdauernde Gemeinschaftssinn der Buchmenschen erklingt, ob es verständige Mullahs in der Wüste der Pilger, Betreiber von Eselsbibliotheken in den Anden oder reumütige Inquisitoren sind. Sie alle lädt Manguel wispernd in seine eigene Bibliothek und als Nachbarn in die Heimat der Lesenden, in die Mitte der angenehmen Lektüreerfahrung seines gelehrten Werkes.

    Was andere kritisieren – die vereinbarte Wohligkeit der Schilderungen in diesem Buch – halte ich für seine Stärke: eine ganz wunderbare Schatzsuche vom heimatlichen Leseort aus.

  2. Cover des Buches Krise und Untergang der römischen Republik (ISBN: 9783534236442)
    Karl Christ

    Krise und Untergang der römischen Republik

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Admiral
    Einleitung Karl Christ, Koryphäe der Altertumswissenschaft, versucht hier in diesem Werk zu ergründen, wie es zur Paralyse der Römischen Republik kam, wie einzelne Menschen ihre althergebrachten Verhaltenscodices aushöhlen konnten und schließlich, warum sie letztendlich zusammenbrach. Zusammenhassung Viele ältere Altertumsforscher begannen bei Abhandlungen über das Ende der Römischen Republik mit dem Jahr 133, also dem Jahr, in dem sich durch Tiberius Gracchus, die beiden Gruppierungen der Optimaten und Popularen herausbildeten. Christ beginnt ein halbes Jahrhundert früher: 200. Und zwar, um einen Versuch zu begehen, zu entschlüsseln, wie später einzelne Männer so viel Macht und Einfluss ernten und ebenfalls, obwohl sie nur einzeln waren, die gesamte Republik lahmlegen konnten. Männer wie Sulla, Cinna, Marius, Caesar, Pompeius, Marius und Octavian. Der Anfang seines Werkes beginnt Christ mit der Herausbildung eines Fundaments bei dem Leser bezüglich der exterritorialen Expansion. Gegliedert in "Ost" (Griechenland, Makedonien, generell alle alten Diadochenreiche) und "Westen" (Nordafrika, Spanien, Norditalien, Gallien [nur Küstenstreifen]). Anschließend an diese außeritalischen Analysen erörtert er die innerpolitische, wirtschaftliche, religiöse, sklavische, verwaltungstechnische Lage in Rom selbst. Nach diesen 3 Kapiteln, die dem Leser ein Wissensfundament an die Hand geben, legt Christ in den folgenden Kapiteln den Schwerpunkt lediglich noch auf Einzelpersonen und geht dabei chronologisch vor: Gracchen (133.123), Marius, Cinna, Sulla, Pompeius, Caesar, Marius, Octavian. Fazit Wer bereits die eine oder andere Rezension meinerseits las, dem wird aufgefallen sein, dass ich bei "wissenschaftlichen" Büchern auf das Fehlen von Indices zur Verdeutlichung von Gedankengängen, allergisch reagiere. Hier sind keine. Und ausnahmsweise kann ich sehr bedingt darüber hinweg sehen, weil Christ in der Einleitung eine sehr ausführliche Literaturanalyse vornimmt. Nur leider gab es zwischendurch oftmals Stellen, bei denen ich mir dachte: "Ach komm, hier hättest du mal eine Fussnote setzen könne. Wo du das her hast, hätte ich jetzt gern nachgeschaut." Im Großen und Ganzen und abgesehen davon aber, ist dies ein exzellentes Buch. Es geht recht tief in die Thematik ein und deckt auch beinahe jedes Thema dieser Zeit ab. Abgesehen vielleicht von den Provinzen, aber das würde den Rahmen zu sehr sprengen. Er hat sogar zwischendurch noch ein Kapitel zur Geistesgeschichte eingebaut, das unter anderem einen Überblick über die antiken Autoren jeglicher Literaturgattungen gibt. Das war sehr trocken, allerdings sehr gelungen und informativ. Außerdem ist es auch ein wunderbares Nachschlagewerk. Sehr positiv zu bewerten ist auch seine Förderung der leserischen Kritikfähigkeit. Zum Beispiel erklärt er sehr anschaulich, warum neuzeitliche Begriffe nicht auf diese Zeit passen. Revolution beispielsweise.
  3. Cover des Buches Das Museum der gestohlenen Erinnerungen (ISBN: 9783551358769)
    Ralf Isau

    Das Museum der gestohlenen Erinnerungen

     (132)
    Aktuelle Rezension von: simonfun

    ...wieder ein großartiger Fantasy-Roman! Durchdacht, liebevoll aufgesetzt, gut ausgearbeitete Figuren, logische Handlung, ergänzt mit guten Umgebungsbeschreibungen und wenig Rumheulerei. Anfangs habe ich mich gewundert, dass sich niemand über die gestohlenen Dinge aufregt, obwohl die Diebstähle sogar in den Schlagzeilen der Medien auftauchen, aber dann war es mir klar: gestohlene Erinnerungen.... Oberflächliche Fehler des Autors sind keine, sondern gut versteckte und angedeutete Hinweise, die mir erst später klar wurden. Die Geschichte hat also Lesenachwirkungen nach der letzten Seite und das ist selten bei mir.

    Wie auch immer - kurz vor 5 Sterne!

  4. Cover des Buches Waterfalls eine Farm in Südafrika (ISBN: 9783849551469)
    Elizabeth Kott

    Waterfalls eine Farm in Südafrika

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Elizabeth Kott beschreibt in ihrem Buch "Waterfalls eine Farm in Südafrika" ihr Leben von etwa dem 9.  bis ca. 41. Lebensjahr.
    Die Autorin wuchs in den 50er Jahren als echtes Burenmädchen in Südafrika auf, wo ihre Eltern eine Farm  betrieben. Ihr Vater war als Reserveoffizier und Major in einem Batallion integriert, wo er auch zu Übungen eingesetzt wurde. Seine Haupttätigkeit war aber Zahn- Arzt. Er scheute sich nicht davor auch die Einheimische Bevölkerung zu behandeln. Als junges Mädchen musste sie aus der schönen Umgebung Stellenbosch / Südafrika wegziehen und lebte viele Jahre mit ihrem Mann in Europa. Ihr Mann war verstorben, als sie ein Brief von ihrem Bruder aus Südafrika erhielt. Er teilte ihr mit, dass ihre Heimat durch den Bau einer Staumauer verloren gehen könnte.
     Daraufhin reist Marie nach Südafrika.
     Während der Reise dorthin und ihrem Aufenthalt in der alten Heimat erfährt der Leser durch Rückblicke Details aus ihrer Kindheit. Dabei wird die Natur des Landes, aber auch die Konfrontation mit der Apartheid gekonnt beschrieben. Zahlreiche Bilder zeugen von der Schönheit des Landes.
    Maries Farm bleibt von der Flutung des Tales verschont, sie zieht wieder auf ihre alte Farm, richtet ich in und trifft ihre Kndergartenliebe Patrick.
     Mit diesem reist sie nach Europa, durchquert einige Länder, vor allem die Türkei.
     Beim Lesen dieser Reiseschilderungen wurde  bewusst, wie nah das Land doch an den Iran /irak grenzt, welche Unbilden sie bei dieser Reise ausgesetzt waren und man wird sich der Gefahr die dort lauert mehr als genug bewusst. Ich bekam zeitweise eine Gänsehaut und habe mitgefiebert ob alles gut geht.

    Am Ende kehrt Marie mit Patrick zurück nach Südafrika zu ihrer Farm und es werden Einblicke in die Zukunft gegeben.

    Der Schreibstil ist flüssig zu lesen, die Wortwahl und der Ausdruck treffend gewählt. Einige Rechtschreibfehler sind noch vorhanden, die bei einem Korrekturlesen ausgemerzt werden können. Einige Übergänge von Textstellen fand ich manchmal zu abrupt und musste noch mal zurückblättern. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und fand es interessant.

    Das Cover zeigt im Hintergrund die Farm mit der Familie davor. Links die Autorin. Vom Titel selbst hätte ich einen Roman über die Farm in Südafrika erwartet. Daher sollte man die Untertitel "Verlorene Heimat" und "Abenteuer in der Türkei" beachten (war mir zuerst entgangen und irritierte mich beim Lesen des Kapitels Türkei).

     Danke dass ich mitlesen durfte.

  5. Cover des Buches Das Handbuch der Dynastien (ISBN: 9783491960510)
  6. Cover des Buches Alexander the Great Failure: The Collapse of the Macedonian Empire (Hambledon Continuum) by John D Grainger (2009-08-11) (ISBN: B01A0C3R0W)

    Alexander the Great Failure: The Collapse of the Macedonian Empire (Hambledon Continuum) by John D Grainger (2009-08-11)

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Admiral
    Der Titel in der Bibliothek hatte es mir sofort angetan: "Alexander the Great Failure. The Collapse of the Macedonian Empire" (2007) von John Grainger.

    Ihr kennt diesen Mann bestimmt: nicht den Autor, nein, sondern Alexander den Großen. "der Große" ist ein Namenszusatz, der stets von großen Taten und großem Erfolg zeugt. Doch der Autor dieses Buches macht daraus einen unerwarteten Gegensatz. Denn indem er den Zusatz zu "der große Fehlschlag" erweitert, baut er sofort einen Kontrast auf und verrät uns direkt seine These, die sich durch das gesamte Buch zieht: Alexander war ein Fehlschlag für Makedonien und die ganze damals bekannte Welt.

    Auf knapp 240 Seiten reinterpriert Grainger nun die makedonische und alexandrinische Geschichte, während er jedoch nicht mit Alexander beginnt und auch nicht mit ihm endet. Grainger erweitert die Perspektive sogar noch mehr als es Johannes Engels in seinem Buch "Philipp II. und Alexander der Große" tut. Denn Grainger beginnt mit der Darstellung des Landes Makedonien in seiner Konstitution zwischen 370 und 359. Makedonien war ein gescheiterter Staat: geschüttelt von inneren Krisen und bedroht von äußeren Gefahren.

    Erst Philip II. (Alexanders Vater) konnte in vielen Kriegen und durch jahrelange Diplomatie mit vielen politischen Heiraten (ja, das ist kein Formulierungsfehler: Philipp II. hatte ca./min. 7 Frauen, von denen einige gleichzeitig seine Ehefrauen waren) das makedonische Reich festigen, stabilisieren und erweitern (S. 23-67).

    Und erst jetzt auf Seite 67 des Buches erhält Alexander eine wirkliche Einführung und wird zum Handlungsträger, als er Philipps Nachfolger wird. Hier auf Seite 67 beginnt nicht mal ein neues Kapitel, was entweder ein Seitenhieb gegen Alexander sein soll oder auch zeigt, dass der Fokus von Grainger tatsächlich mehr auf strukturellen Prozessen, denn auf Alexander liegt. Erstere These wäre zwar amüsant, ich tendiere jedoch eher zur zweiten. Immerhin bekommt Alexander einen eigenen Absatz zugewiesen, wobei er jedoch noch nichtmal namentlich genannt, sondern umschrieben wird mit "a 20-year-old boy". Das alles heißt, dass Alexander hier in einen sehr großen Kontext gestellt wird. Die Seiten des Buches, die sich ausschließlich auf seine eigene Person und seine eigenen Regierungsjahre beziehen, sind sogar recht wenige: S. 67-92, bei 193 Seiten reinem Fließtext !

    Auf Seite 67 wird Philipp II. ermordet, heißt im Jahr 336. In diesem Jahr war ein Feldzug gegen das Perserreich geplant, doch Alexander übernahm nicht nur die Position seines Vaters, sondern führte auch diesen Perserfeldzug durch, wenn auch mit 2jähriger Verspätung. Denn mit dem Tod Philipps gab es in den Machtbereichen Makedoniens mehrere Unruhen, Revolten und Separationsbewegungen, wie eigentlich immer, wenn ein Hegemon stirbt oder gestorben wird. Viele haben wohl auch Alexander wegen seiner Jugendlichkeit unterschätzt. Denn diese 2 Jahre bis zum Perserfeldzug verbringt er nicht in Muße, sondern benötigt sie, um die makedonischen Einflusssphären zu restabilisieren. Unerwarteterweise hielt Philipps Konstruktion also nach seinem Tod (vor Philipp war nach jedem Herrschertod Chaos ausgebrochen) stand. Mit Flexibilität, einer rasenden Geschwindigkeit und dem gut ausgebildeten Heer unterdrückt Alexander all die Unruheherde und erhält sich seine Machtstellung. Nur an der Stadt Theben, eine der größten und einflussreichsten in Griechenland, statuiert er ein Exempel: er macht es dem Erdboden gleich, was andere Separationsbewegungen gewissermaßen abschreckt. In diesen ersten beiden Jahren seiner Herschaft zeigte Alexander direkt seine militärische Kompetenz und seine charismatische Ausstrahlung.

    334 bricht er dann nach Kleinasien (gegen die Perser) auf. Zwar lässt er seine Besitzungen militärisch gesichert, doch politisch labil zurück. Denn die höchst sensible Frage der Nachfolge im Falle seines Todes lässt er völlig unberücksichtigt (entgegen dem eventuellen Ratschlag seiner Generäle; die Überlieferung ist hier recht unklar). Doch Grainger kommentiert das damit, dass Alexander ohnehin nie besonders große Sorgen für Makedonien zeigte. Daher sei es nicht verwunderlich, wenn er sich nicht um eine Nachfolgeregelung bemüht (S. 70). Noch im selben Jahr (334) beginnt Alexander mit der "Befreiung" ganz Kleinasiens von "der persischen Unterjochung". So lautet zumindest die propagandistische Legitimation Alexanders für seinen Feldzug.
    Grainger zeichnet in ausführlichen Darstellungen den gewaltigen und gewaltig erfolgreichen Feldzug Alexanders nun in einem eigenen Kapitel nach ("6. The great campaign, 334-325 BC", S. 75-85). Der Fokus liegt auch hier wieder weniger auf der Person Alexanders als vielmehr auf der Ereignisgeschichte der Unternehmung.

    Dabei schreibt er über alles ziemlich ereignishistorisch (die Erfolge in Kleinasien zählen nicht dazu, da diese Territorien geographisch und kulturell zu Griechenland zählen und Grainger sie somit bereits im vorigen Kapitel behandelte ["5. The conquest of Greece, 340-334 BC", S. 59-73]): Garnisonslegung in "befreite" (ihr erinnert euch: evtl. Propaganda) Städte; Einsetzung von Verwaltern; die Seegefechte gegen Memnon (Admiral des pers. Großkönigs Dareios); Heereszüge; militärische Manöver; Eroberung und Belagerung der phönizischen Städte (Tyros; Gaza); Verhandlungen mit Dareois; Sicherung und Aufenthalt in Ägypten.

    Diese etwas langatmige Aufzählung will ich kurz (gleich gehts weiter. Versprochen !) unterbrechen, da Grainger hier die Administrationseinrichtungen Alexanders kommentiert. Denn sie funktionierten einfach nicht. Dass ich Euch, werten Lesern, hier diesen Kommentar Graingers mitanführe, scheint mir deswegen wichtig zu sein, weil Grainger solche Einzelfälle in die Gesamtinterpretetation Alexanders einfließen lässt: Politisch sei Alexander nämlich recht inkompetent gewesen. Dazu will ich später noch ausführlicher schreiben.

    Unruhen im Heimtland Makedonien, die vom Regent Antipater unterdrückt werden; (die ereignishist. Liste geht übrigens weiter ;D); Schlachtensiege (zB die berühmte Schlacht bei Gaugamela); Aufenthalt in der pers. Hauptstadt Persepolis; die versehentliche Teilniederbrennung des Palastes bei einer Party; der Feldzug ins pers. Hinterland (Sogdien; Baktrien); Hinrichtung des Philotas (er war evtl. in eine Oppositionsverschwörung gegen Alexander verwickelt; Alexander lies hier auch gleich Philotas' Vater umbringen, der Alexanders Verwaltungstätigkeiten stellvertretend in Medien nachging); Hinrichtung des Kallisthenes (der berühmte Streit um die Orientalisierung der Politik Alexanders und um die Proskynese); die gescheiterte Expedition nach Indien.



    Bereits vor der Schilderung der Indienexpedition wagt Grainger eine weitere Bewertung Alexanders. Dieser komme nämlich aus dem kleinen Makedonien mit seiner super ausgebildeten Armee und seiner überlegenen Kriegstaktik und gewinnt einfach alles. Er wagt die These, dass Alexander schlichtweg siegestrunken wird. Er verliert allmählich den Realitätsbezug ("escapism". S. 83), verwaltet seine bisherigen Eroberungen nicht, sondern zieht stattdessen immer mehr Garnisonen aus Makedonien ab, wodurch Makedonien immer wehrloser wird. Alexander hört also zum Schaden aller einfach nicht mit seinen Eroberungen auf und wird sogar für antike Verhältnisse grenzüberschreitend. Er vermag es zwar noch, seine Truppen mit Charisma an sich zu fesseln und zu motivieren, doch machen sich starke Brüche bemerkbar. zB entstehen Gegenpositionen oder Oppositionen innerhalb seines Generalstabs (zB die beiden bereits erwähnten Philotas und Kallisthenes), sogar die Truppen meutern schließlich in Indien und zwingen Alexander zur Aufgabe seines rücksichts- und vernunftslosen Eroberungswahns. Folgerichtig nennt Grainger das makedonische Heer unter Alexander dann auch "[t]he exuberant Macedonian invaders" (S. 81; auf Dt. etwa "die unbändigen makedonischen Invasoren"). Die menschlichen Verluste waren gewaltig und Alexander ließ seine Eroberungen destabilisiert zurück, ohne eine gescheite Verwaltung einzurichten. Ganz in diesem Sinne sieht Grainger Alexanders Indienfeldzug auch als völlig realitätsfern an. Der ganze Indienzug war eine reine Katastrophe mit Zerstörung und zahllosen Toten, ausgelöst durch Alexanders Eigensinn. Doch es wird noch schlimmer. Den Rückzug aus Indien habe Alexander so gestaltet, als wolle er sich an seinen Truppen rächen. Denn er wählt nicht denselben Weg zurück, sondern durchquert mit ihnen die gedrosische Wüste, wo seine Soldaten, die ohnehin bereits nur noch wenige waren, nochmal in Scharen sterben: Hunger, Durst, Hitze und Sturzfluten.
    Seinem bisherigen Verhalten und seiner bisherigen Politik entsprechend, waren seine bisherigen Eroberungen dann auch politisch und administrativ noch unsicherer geworden, als er zurück ins persische Herzland kam. Viele werden auch gedacht haben, dass Alexander umgekommen sei (immerhin hatte er nach der Eroberung des Kernlandes weitere 5 Jahre für fortgesetzte Feldzüge genutzt). Als Alexander zurückkehrte, gab es eine Welle der Bestrafungen, ob sie nun gerechtfertigt waren oder nicht: Anklagen, Enthebungen, Hinrichtungen, Exekutionen, Dezimierungen (S. 87-89). Für Grainer handelte Alexander also nicht nur grob fahrlässig und unverantwortlich, sondern hat auch noch jegliche persische Staatsstruktur nicht verstanden und vertraute auch noch niemandem, obwohl es in Persien nötig war, Macht zu delegieren. So zogen in das persische Reich mit der Unkenntnis der Makedonen unter Alexander viele negative Veränderungen mit ein: Separationsbestrebungen, Unverständnis, Rechtsunsicherheit, Korruption, Machtmissbrauch und Missverständnisse (das steht hier nicht bei Grainger, aber ich meine mich an eine Stelle bei Plutarch zu erinnern, in der Alexander das pers. Zeremoniell des "Ersatzkönigs" missversteht und denjenigen zu Tode foltern lässt !).
    Sogar in Alexanders Kernland Griechenland und Makedonien scheint er sich nun mehr Feinde zu machen, indem er dort Vefügungen erlässt, die auf Widerstand stoßen. Er will sich nämlich dort als Gott verehren lassen (für die Perser ist das mehr oder weniger Tradition, doch für Griechen und Makedonen ist das ein Unding !) und befiehlt, dass jede Stadt ihre Exilianten wiederaufnehmen soll (das würde innenpolitische Kriesenherde und evtl. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herauf beschwören).
    Und inmitten all dieser Probleme, die einer Lösung bedürft hätten, plante Alexander schon wieder einen Feldzug. Diesmal sollte es nach Arabien gehen. Doch während der Vorbereitungen zu diesem Feldzug stirbt Alexander schließlich (im Jahr 323). Die Ursache ist wohl ein Fieber, das wahrscheinlich wegen seiner zu exzessiven Trinksucht spontan und unverhältnismäßig stark ausbrach. Natürlich gab es auch Theorien über Verschwörungen und Mord, doch stehen diese Theorien auf wackeligen Beinen.
    Besonders diesen letzten Plan zu einem erneuten Feldzug sieht Grainger als Flucht vor der realen Problemen und charaktersiert Alexander als älter gewordenen Jugendlichen ohne Sinn für das Notwendige ("In many ways he was a perpetual adolescent", S. 92; auf Dt. etwa "in vielfältiger Weise war er ein ewiger Jugendlicher").


    Den kompletten Rest des Buches weist Grainger der Nachgeschichte Alexanders zu: den Diadochen (S. 92-184). Die Diadochen kämpften nach dem Tod Alexanders gegen- und miteinander um die Vorherrschaft im gewaltigen "Reich" und wollten jeweils die Oberherrschaft an sich reißen. Doch da dies nicht mehr zur Person Alexanders gehört, werde ich darüber nicht mehr schreiben. Denn dieses Buch las ich eben mit dem fokussierten Blick auf Alexander.


    Die Perspektive auf Alexander, die Grainger hier dem Leser eröffnet, ist sehr interessant und lohnt einer Überlegung. Engels hatte Alexander auch in einen größeren Kontext gestellt, nämlich in eine Reihe mit seinem Vater und den Einzelentwicklungen der griechischen Poleis. Diesen Weg wählt in ähnlicher Hinsicht auch Grainger, wählt jedoch einen ganz anderen Kontext. Er nimmt Makedonien als Reich und macht es zum Rahmen seiner gesamten Untersuchung. Denn erst durch die mühevolle Arbeit Philipp des II. wurde Makedonien nach jahrelanger Stagnation und Bedeutungslosigkeit wieder stabilisert. Alexander scherte sich dann jedoch nur noch um sich und seinen Ruhm und blieb Makedonien fern. Dementsprechend hat sich Alexander auch nicht um die höchst sensible und wichtige Frage der Thronfolge gekümmert. Die Folge waren erbitterte Kriege nach seinem Tod. Alexander habe also das, was sein Vater aufgebaut hat, unbeachtet gelassen (später wurde das geschwächte Makedonien von Galatern überrannt) und zusätzlich auch noch für das, was er selbst aufgebaut hat, keine Verantwortung übernommen. Denn Macht wollte er nicht wirklich delegieren, bestrafte Abfallerscheinungen aber drastisch und zuweilen unverhältnismäßig hart (dazu "Conclusion", S. 189-193).



    Grainger schreibt mit einem sehr lockeren Stil und belegt (dem Wissenschaftlichkeitsanspruch folgend) seine Aussagen mit Quellen und anderer Literatur. Und auch wenn die Reinterpretation der gesamten Zeitgeschichte, die sich weit über das bloße Leben Alexanders hinaus ausdehnt (seht Euch dazu nur nochmal die Seitenverhältnisse an, die ich oben angeschnitten habe !), wertvoll und sehr ergiebig ist, ist das Buch doch evtl. zu eriegnishistorisch geworden. Zur Ereignishistorie würde ich sonst eher zu anderen Büchern greifen, doch trotzdem arbeitet sich der Autor intensiv an seiner These ab und legt ein fundiertes und gutes Buch ab. Denn in der Regel wird Alexander auf seine militärischen Leistungen reduziert. und diese sind (wer würde es leugnen ?) wirklich beeindruckend ! Alexander wurde und wird oft als Held und Weltenentdecker gesehen, gelobt und gefeiert. Doch Grainger erweitert unseren Blick und bezieht Punkte mit ein, die unumgänglich sind, wenn Alexander wirklich angemessen bewertet werden soll: Politik, Verwaltung, Menschlichkeit, Opferposition, Vorgeschichte und die nachträglichen Ereignisse. Und in diesen Bereichen hat Alexander insgesamt versagt.



    Diese ganze These hat was. Doch sie hat auch schwerwiegende Schwachpunkte. Denn während die alexanderfreundliche Interpretation viele negative Aspekte ausklammert, bewertet Grainger Alexander mit Maßstäben, die unserer Zeit, aber nicht Alexanders Zeit entsprechen. Das wiederum heißt, dass Grainger die positivistische Sicht einfach umdreht und keine wissenschaftlich objektive (!) Haltung einnimmt, die versucht Alexander ohne übertreibende Moralisierung deskriptiv darzustellen (wie es zB Alexander Demandt in seiner monumentalen Alexanderbiographie zu tun versucht). Denn das Fazit zu Alexander fällt hier bei Grainger fast schon vernichtend aus. Er bewegt sich also in der üblichen Forschungstradition, dass jede Generation, jeder Kulturkreis, jede Nation und vielleicht auch jeder Forscher "seinen" Alexander sieht und für sich bewertet (und instrumentalisiert ?). Denn während Grainger Alexander tadelt, anklagt, angreift und auseinandernimmt, lobt er eine (zB ?) andere Person: Antipater, Alexanders Stellvertreter in Makedonien.

    Wir als Leser müssen unbedingt darauf achten, nicht einfach Graingers negative Bewertung zu übernehmen, die vielleicht aus heutiger Sicht berechtigt sein mag, sondern im Hinterkopf zu behalten, dass wir es hier mit einer anderen Zeit, einer anderen Kultur und einer anderen Gedankenwelt zu tun haben.


    Aber das, was Graingers Buch wirklich etwas seiner Lesewürdigkeit beraubt  (auch wenn er hier ein detailreiches, gut lesbares und bereicherndes Buch abliefert), ist die Schwerpunktsetzung, die einfach am Titel und am Vorhaben ("Introduction", S. xvii-xix) vorbeigeht. Das Scheitern der Person Alexanders in Bezug auf fast alles führt er zwar an, aber oftmals (bes. bei der Nachgeschichte Makedonien und bei den Opferrollen) zu oberflächlich oder einfach unplausibel. zB ist die Invasion der Galater nach Makedonien wohl eher weniger Alexanders direkte Schuld. Denn zu dem Zeitpunkt hat Makedonien etwa 40 Jahre innere Zerrütung hinter sich. Vieles was Grainger in dem Abschnitt zu Alexander als Ursachen für Alexanders Scheitern anführt, ist etwas zu kurz geraten. Und dass der Abschnitt zu Alexander (vergleicht nochmal den Titel des Buches: "Alexander the great failure" !) so kurz geraten ist, spricht gegen das Buch, denn damit sind auch die Argumentationsgänge zu kurz geraten.


    Wie üblich, will ich mit Euch, werte Leser, noch meine Sekundärliteratur teilen, die mir geholfen hat, das Buch besser zu verstehen. Diesmal ist es lediglich eine:
    Rezension von Heckel, W., in: Bryn Mawr Classical Review 2008.09.30 (http://bmcr.brynmawr.edu/2008/2008-09-30.html).
    Heckel zerreißt das Buch sogar noch mehr als ich. Seine Rezension beendet er witzigerweise mit "It can be summed up in one word: failure." Seine Rezension hat leider etwas zu viele Zitate, ist aber lesenwert.
  7. Cover des Buches Berliner Spaziergänge. Bd.2 (ISBN: 9783733802264)
  8. Cover des Buches Wisse, dass du sterblich bist (ISBN: 9783845003085)
    Malachy Hyde

    Wisse, dass du sterblich bist

     (4)
    Aktuelle Rezension von: kassandra1010
    Silvanus steckt mal wieder mitten in seinen Ermittlungen. Er reist nach Pergamon um dort in den Thermen endlich mal auszuspannen und da gerät ihn natürlich eine Leiche dazwischen.

    Doch es bleibt nicht bei einer Leiche. Leichen pflastern jetzt seinen Weg und er braucht dringend Hilfe bei diesem mysteriösen Fall. Doch die Hilfe die er bekommt, ist nicht gerade die, die er sich erhofft hatte.

    Ein spannender historischer Krimi, gewohnt gut ermittelt.
  9. Cover des Buches Fälschungen der Geschichte (ISBN: 9783776622447)
    Uwe Topper

    Fälschungen der Geschichte

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Sokrates
    Uwe Topper ist der Ansicht, dass eine Reihe namhafter archäologischer bzw. kunsthistorischer Funde Fälschungen bester Qualität seien. Genannt werden u.a. bekannte Ausstellungsstücke der Antikensammlung in Berlin. -- Mich hat das Buch etwas irritiert. Einerseits argumentiert Topper fachmännisch und schlüssig; andererseits wollte ich nicht recht glauben, dass Generationen von Fachleuten seit je her diese Fälschungen einfach nicht entlarvt haben wollen - nur Uwe Topper soll dies gelungen sein? Bei diesem Buch muss sich wirklich jeder seine eigene Meinung bilden; ich habe hierzu keine...
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