Bücher mit dem Tag "poetik"
49 Bücher
- Umberto Eco
Der Name der Rose
(1.598)Aktuelle Rezension von: ElOlorDeUnLibroSchade, ich hatte mir mehr erhofft. William ist wie Sherlock Holmes und löst Rätsel sehr ähnlich. Das war spannend.
Aber ansonsten war der Schreibstil einfach nur furchtbar... Ich kam mir so unheimlich dumm vor, das Buch zu lesen.
Dnf.
- Candy Bukowski
Wir waren keine Helden
(43)Aktuelle Rezension von: Wortmagie„Wir waren keine Helden“ von Candy Bukowski wurde mir 2016 vom Verlag edel & electric zur Rezension angeboten. Mein Grund, dieses Angebot anzunehmen, scheint ein wenig banal: in der Inhaltsangabe ist die Rede von einem Punker. Aufgrund meiner eigenen Vergangenheit mit bunten Haaren, glänzenden Nieten und schweren Stiefeln werde ich da stets hellhörig. Ich hoffte auf einen Roman, mit dem ich mich identifizieren konnte und der mich an meine wilden Jahre erinnerte. Vermutlich brauchte ich deshalb sehr lange, um mich für die Lektüre bereit zu fühlen. Ein Nostalgietrip verlangt eben die richtige Stimmung.
Als der Punker Pete vom Himmel fällt, ändert sich für Sugar alles. Überzeugt, erwachsen zu sein, verlässt sie ihr Kaff im Nirgendwo und stürmt der weiten Welt entgegen, in der Liebe, Schmerz, Traurigkeit, Hoffnung und vollkommenes Glück auf sie warten. Sie reitet die Wellen des Lebens, wird brutal unter Wasser gedrückt und taucht doch jedes Mal wieder auf. Sie ergreift Chancen, scheitert, traut sich, zu springen, um herauszufinden, ob sie fliegen kann und begreift irgendwann, dass Durchschnittlichkeit auf ihre Fragen keine Antworten bietet. Sie kämpft, um ihren Platz im verwirrenden Gefüge des Universums zu finden. Aufgeben ist keine Option. Denn Helden geben niemals auf.
Ich bin zwiegespalten. Wie bereits erwähnt, hoffte ich, mich mit „Wir waren keine Helden“ identifizieren zu können. Einerseits konnte ich das – und andererseits auch wieder nicht. Es ist kompliziert. Obwohl die Leser_innen die Protagonistin des Romans unter dem Namen Sugar kennenlernen, wurde für mich schnell deutlich, dass es sich bei diesem Buch um eine Art Autobiografie handeln muss oder es zumindest starke autobiografische Züge aufweist. In einem Interview bestätigte Candy Bukowski diesen Eindruck; sie erklärte: „Candy und Sugar sind eins. In jung und gereift“. Candy alias Sugar wuchs in einem kleinen Dorf in Westdeutschland auf und verbrachte den Großteil ihrer Jugend in einer abgeranzten Kneipe, in der man es mit dem Jugendschutz nicht so genau nahm. Mit 17 zog sie Zuhause aus und entschied sich für eine Ausbildung zur Buchhändlerin. „Wir waren keine Helden“ fokussiert allerdings weniger die harten Fakten ihres Lebens, sondern konzentriert sich auf Candys/Sugars emotionale Erlebenswelt. Ihre Beziehungen stehen im Mittelpunkt, sowohl ihre romantischen und freundschaftlichen Beziehungen, als auch ihre Beziehung zu sich selbst. Bukowski sorgt selbstverständlich für den nötigen Kontext, damit ihre Leser_innen verstehen, welche Begegnungen in welcher Lebenssituation eine Rolle für sie spielten, doch meist bleibt sie vage und beschränkt sich auf das absolute Mindestmaß an Informationen. Für ihre Geschichte ist es kaum von Bedeutung, wann sie wo lebte und welchen Beruf sie dort ausübte, entscheidend sind die Menschen und Gefühle, die sie in ihren Lebensabschnitten begleiteten. Candy/Sugar ist eine Stehauffigur, die sich trotz herber Rückschläge niemals davon abhalten lässt, ihr Bedürfnis nach einem freien, wilden Leben zu erfüllen. Diese Autobiografie versprüht ungeheure Lebenslust, nahezu unstillbaren Lebenshunger und darin erkannte ich mich durchaus wieder. In diesem Sinne konnte ich mich also definitiv mit „Wir waren keine Helden“ identifizieren. Was mir jedoch Schwierigkeiten bereitete, war der große Altersunterschied. Candy Bukowski wurde 1967 geboren und ist demzufolge 22 Jahre älter als ich. Sie könnte meine Mutter sein. Diese Spanne ist zu weit, als dass wir viele Berührungspunkte hätten. Ich kann nicht nachempfinden, wie es war, Anfang bzw. Mitte der 80er ein Teenager zu sein und ihre Erfahrungen in der Zeit, als ich jugendlich war, sind von einem erwachsenen Blickwinkel geprägt. Uns trennt eine ganze Generation, wodurch ich ihre stellvertretende Protagonistin Sugar eher objektiv betrachtete, als eine intensive persönliche Bindung zu ihr aufzubauen. Außerdem muss ich zugeben, dass ich ihren Schreibstil als übertrieben literarisch empfand. Ihre verschleiernde blumige Poetik, die ab und zu durch provozierende Direktheit aufgebrochen wird, erschien mir zu abgehoben und lyrisch. Wie alle Leser_innen weiß auch ich einen bildhaften, üppigen Schreibstil zu schätzen, doch Candy Bukowski überschritt die Grenze zum Gekünstelten, als wollte sie ihrem Werk mehr Gewicht verleihen, als es eigentlich hat. Letztendlich handelt es sich eben doch „nur“ um die Geschichte eines Lebens, die trotz aller unkonventioneller Pfade lediglich eine außergewöhnliche, einmalige Biografie unter vielen ist. Candy Bukowski ist genauso einzigartig wie ich, wie ihr, wie jeder Mensch auf der Welt. Ihr Schreibstil vermittelte mir, dass sie sich selbst als besonders besonders sieht, obwohl sie das vielleicht gar nicht beabsichtigte. Dadurch wirkte „Wir waren keine Helden“ leicht pathetisch, womit ich bloß bedingt zurechtkam.
„Wir waren keine Helden“ ist ein sehr ehrlicher Seelenstrip, der die Grenzen zwischen Autobiografie und Fiktion im Ungewissen lässt. Obwohl sich der Generationenunterschied als schwierig erwies und ich Candy Bukowskis Schreibstil etwas affektiert fand, erkenne ich uneingeschränkt an, dass sie sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst ist und ihr (emotionales) Leben in diesem Roman schonungslos offenlegt. Das erfordert Mut und verdient meinen Respekt. Sie ist zweifellos eine beeindruckende Frau, deren furchtlose Bereitschaft, außerhalb der Norm zu denken und zu leben, zu scheitern und dennoch immer wieder aufzustehen, bemerkenswert ist. Nichtsdestotrotz ist „Wir waren keine Helden“ meiner Ansicht nach ein Buch, das man lesen kann, aber nicht muss. Wer Interesse an Autobiografien hat und gern Einblicke in die Lebensweise anderer Menschen erhält, ist hier an der richtigen Adresse. Wer hingegen lieber zum klassischen Roman greift, sollte vielleicht noch einmal überlegen, ob eine andere Lektüre eventuell passender ist.
Vielen Dank an den Verlag edel & electric für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars im Austausch für eine ehrliche Rezension!
- Katja Lange-Müller
Drehtür
(27)Aktuelle Rezension von: wbetty77Der Roman „Drehtür“ ist 2016 beim Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.
Asta Arnold ist 63 Jahre alt und kehrt nach jahrzehntelangem Einsatz als Krankenschwester für diverse Hilfsorganisationen zurück nach Deutschland. Die Sprache ist ihr fremd geworden sowie auch der normale zwischenmenschliche Umgang.
Als sie am Münchner Flughafen landet, führt ihr erster Weg hinaus durch die Drehtür, um zu rauchen. Asta ist Kettenraucherin. Sie steckt sich eine Zigarette nach der anderen an und schaut dabei durch die Scheibe in das innere das Flughafengebäudes. Sie sieht die Menschen kommen und gehen, sitzen und liegen. Dabei entdeckt Asta Personen, die auf irgendeine Weise Leuten ähneln, die in ihrem Leben eine Rolle gespielt haben. So erinnert sie sich, während sie rauchend vor der Drehtür steht, an Fragmente ihres unsteten Lebens. Doch sind ihre Erinnerungen wahrhaftig?
Erinnert man sich tatsächlich nach vielen Jahren noch ganz genau? Dichtet die eigene Fantasie nicht manchmal etwas hinzu, um Erlebtes zu verschönern oder zu verdrängen. Asta blickt zurück auf ihr bewegtes Leben. Sie denkt über das Helfen nach, das sie zu ihrem Beruf gemacht hat. Ist Helfen in Wirklichkeit nur ein Reflex, der bei manchen Menschen nur stärker ausgeprägt ist.
Beim Lesen lernt an Asta besser kennen, doch man kommt ihr nicht nah. Allerdings ist niemand Asta jemals nah gekommen, das begreift man im Laufe des Buches. Die deutsche Sprache ist der Figur fremd geworden. Einzelne Wörter fallen ihr ein und sie seziert sie auf das Genauste. „Urlaub“, die Zusammensetzung scheint für sie trostlos; altes Laub, moderig, schimmelnd.
Es ist ein kurzweiliges Buch. Eine Momentaufnahme einer bisher rastlosen Frau, deren Leben zwischen Vergangenheit und ungewisser Zukunft schwebt, da sie keine Ahnung hat, wie ihre weiteres Leben als Rentnerin aussehen soll. Es ist eine melancholische, nachdenkliche Geschichte über eine einsame Frau.
- Peter Stamm
Nacht ist der Tag
(47)Aktuelle Rezension von: TorimIdentitätsverlust und anschließende Selbstfindung, provoziert durch einen Autounfall am Abend auf Silvester. Gillian überlebt, erkennt sich aber selbst nicht wieder. Sie hat ihr (altes) Leben verloren.
Ein Roman der Kraft und Lebenslust spendet. Wunderbar geschrieben, birgt bis zur letzten Seite Wendung und Überraschung.Peter Stamm hat es geschafft, mich trotz seiner kalten und distanzierten Schreibweise erneut emotional zu berühren. - Sheldon Rusch
Rabenmord
(73)Aktuelle Rezension von: Darryl1208Liest sich am Anfang recht gut, es gibt ernsthafte Ermittlungen. Selbst als durch jemand Aussenstehenden der Verdacht auf eine bestimmte Person gelenkt wird und nach dieser gefahndet wird, liest sich die Ermittlung noch gut.
Aber:
Bilde ich mir das ein, oder haben nur Ermitlerinnen, besonders bei Männern als Autor Affären, die ausgiebig pseudoerotisch beschrieben werden ?
Die Wiederbeziehung von Hewitt zu Gregory treibt das Buch über lange Seiten in einen Liebeserotikkitschroman, störte für mich in ersterlinie den Lesefluß.
Das Buch macht knapp 30 Seiten vor Ende eine radikale Wendung, die glaubwürdiger wäre, wenn sie etwas ausführlicher wäre, aber man merkt sehr deutlich, das es dem Autor nur um ein überraschendes Ende ging.
Das Buch sank bei mir von Klasse Roman, ich überlege die erwähnten Poe Geschichten nachzulesen zu ist endlich vorbei. - Sofie Laguna
Lichterloh
(23)Aktuelle Rezension von: Mrs. DallowayDas Buch ist auf jeden Fall keine leichte Kost. Hester ist ein Kind, das einem wahnsinnig leid tut. Man möchte das Jugendamt rufen, die Lehrerin wachrütteln, sie in den Arm nehmen und einfach nur retten.
Weil ich mich da so einfühlen konnte hat mir der erste Part auch gut gefallen, wobei ich die Bilder auch hier schon etwas zu gewaltig fand und oft nicht verstanden habe, bzw. habe ich das Gefühl, ich interpretiere sie vielleicht nicht richtig. Der zweite Teil, als Hester in die Einrichtung kommt hat mir dann etwas die Lesefreude, daher gebe ich gerne 4 von 5 Sternen. - Johann Christoph Gottsched
Sterbender Cato
(23)Aktuelle Rezension von: ukulelecooliaGottsched setzte sich mit "Sterbender Cato" zum Ziel, die Anforderungen des Aristoteles an die Tragödie selbst möglichst gut umzusetzen. Es geht um Cato, einen Freiheitskämpfer der römischen Republik, der sich lieber selbst das Leben nehmen würde, als in einer Diktatur eines Kaisers zu leben. Zusammen mit seinen Verbündeten versucht er den Cäsar aufzuhalten und Roms Freiheit zu erhalten. Das Stück lässt sich durchgehend einfach und flüssig lesen. Die Spannung, die Gottsched aufbaut motiviert zur Lektüre. Etwas seltsam erschien mir jedoch die Überhöhung Cäsars gegenüber Cato: so erschien mir Cäsar oftmals sympathischer als Cato, der eigentliche Held, der sich oftmals als allzu stur zeigt. Die an das eigentliche Werk anschließende zeitgenössische Diskussion über die Tragödie, die in diesem Buch abgedruckt wird, ist ebenfalls interessant zu lesen. Hierin erörtert Gottsched einige Kritikpunkte anderer am "Sterbenden Cato". Ein durchaus unterhaltsames Stück, das nie überfordert und daher angenehm zu lesen ist. - David Levithan
Every Day
(112)Aktuelle Rezension von: AuroraMSchön und fesselnde Story. Ich konnte nicht mehr aufhören es zu lesen. Muss man gelesen haben.
- Joel Haahtela
Sehnsucht nach Elena
(82)Aktuelle Rezension von: thenightKlappentext:
Poetisch und spannungsvoll – am besten zu lesen an einem traumverlorenen Sommertag: Nach seinem federleichten Roman »Der Schmetterlingssammler« erzählt der Finne Joel Haahtela auch in seinem neuen Buch von der Liebe: Auf der Suche nach der geliebten Frau stellt ein Mann sich seiner schmerzvollen Vergangenheit.
160 Seiten, 16.00 € (D), gebunden
ISBN:
978-3-492-05238-2
Piper Verlag
»Ich weiß fast nichts über sie. Nur ihren Namen. Elena. Ihr Gang ist mir vertraut, die Art, wie sie sich kleidet. Ich habe ihr Gesicht gesehen, das die Welt zu einem besseren Ort macht.« In einem Park sieht er die schöne junge Frau zum ersten Mal. Diese zufällige Begegnung reißt den alten Mann aus seinem einsamen Alltag. Sofort erscheint ihm Elena seltsam vertraut, seine Sehnsucht nach ihr wächst mit jedem Tag. Er möchte ihr nah sein, sie hören und fühlen. Die tiefempfundene Zuneigung zu ihr lässt ihn schließlich ungeahnte Kräfte entwickeln: Er tritt eine Reise an, die ihn nicht nur zu Elena ans Meer führt, sondern in seine eigene, schmerzliche Vergangenheit, die das Geheimnis seiner Sehnsucht birgt.
Nach der Leseprobe hatte ich einen Roman in der Art von:
Er trifft sie, Missverständnisse, Trennung, Happy End, erwartet, so eine Geschichte hätte mir in diesem Schreibstil sicherlich auch gefallen. Aufgrund der Erzählweise mochte sich die Idee, die Hauptfigur könne ein Stalker sein, nicht in in mir festsetzen.
Erst kurz vor Schluss eröffnete sich der wahre Inhalt der Geschichte, die Geschichte einer vergangenen Liebe und nicht die einer aktuellen.
In schönen klaren Worten und kurzen Kapiteln führt uns der Autor durch sein Buch, das leider nur ca.150 Seiten umfasst und darum auch nicht viel Raum lässt etwas dazu zu sagen, ohne zu viel zu verraten.
Alles in Allem ist es ein Buch das mich bewegt hat und das ich gerne weiterempfehle
- Rainer Maria Rilke
Briefe an einen jungen Dichter
(69)Aktuelle Rezension von: Lucinda4Poetische Gedanken über die Bedeutung der Einsamkeit für die Kreativität, über das Leben und die Liebe. Manchmal wünscht man sich, einen Blick in die Gegenbriefe werfen zu können. Aber Rilkes Texte berühren in jedem Fall. - Bernhard Asmuth
Einführung in die Dramenanalyse
(11)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerDas Buch ist informativ und grundlegend geschrieben, vermittelt Sichtweisen und Wege an den Text in Bezug auf historische, literaturwissenschaftlich eingeschlagene Standpunkte und bietet Arbeitstechniken, d. h. das Handwerkszeug, um dann selbst mit dem Text zu arbeiten. Es ist also eine wirklich grundlegende und empfehlenswerte Lektüre, um von der einseitigen Aufnahme von Sekundärwerken abzukommen, anstatt dessen selbst zu erforschen und zu entdecken. Und das, ja, will gelernt sein. - Salman Rushdie
Harun und das Meer der Geschichten
(72)Aktuelle Rezension von: mariameerhabaIch weiß nicht, was das sollte. Das Buch ist aufgebaut wie ein Märchen mit eigenartigen Figuren, aber es wirkt dabei so, als hätte sich der Autor nicht genau entscheiden können, ob es ein Märchen oder eine merkwürdige Realität werden sollte. Am Anfang hat mich das abgeschreckt, im späteren Verlauf wurde es mir richtig zuwider und irgendwann habe ich das Buch abgebrochen, weil das so lieblos geschrieben ist, so eiskalt formuliert und mit einer Erzählerstimme, die sich lustig über die Geschichte macht.
- Jagoda Marinic
Die Namenlose
(13)Aktuelle Rezension von: asitaein wunderbares buch. es wird mich eine weile im leben begleiten ... - Friedrich Schiller
Über naive und sentimentalische Dichtung
(6)Aktuelle Rezension von: Heike110566Friedrich von Schiller (1759-1805) war nicht nur der bedeutendste deutsche Dramatiker, sondern auch ein herausragender Literaturtheoretiker und philosophischer Denker. Die hier vorliegende Abhandlung, die man durchaus als das Manifest der Weimarer Klassik sehen kann, ist ein überzeugender Beweis dafür. Bei "Über naive und sentimentalische Dichtung" handelt es sich aber nicht um ein geschlossenes Traktat aus einem Guss. Vielmehr sind es drei einzelne Aufsätze die er 1795/96 für seine Zeitschrift "Die Horen" erstellte und erst später, nämlich 1800, als eine Gesamtschrift veröffentlichte. Kein geschlossenes System bietet Schiller hier dem Leser an - vielmehr Gedankenskizzen, die sich beim Erarbeiten ergaben, die zum Weiternachdenken animieren. Dem Autor ging es um den Gegensatz von Natur und Kultur, von Antike und Moderne, wie er sich gegenüber Wilhelm von Humboldt im September 1795 äußerte. Auf der einen Seite sieht Schiller die Natur. Durch die Kultur-Entwicklung der Menschheit haben wir uns aus dem Naturzustand und von der Natur entfernt. Der Naturzustand sei aber das Ideale, das Erstrebenswerte. Allerdings erkennt auch Schiller dabei, dass wir nicht einfach zurück zur Natur können, da wir durch unsere kulturelle Entwicklung gar nicht mehr die sind, die die Menschen waren, die einst in diesem Zustand lebten. Das Ideal anstreben heißt daher, sich dem Ideal aber immer nur annähern. Ein unendlicher Prozess. Für die Menschheitsgeschichte sieht er die Verkörperung des Ideals in der griechischen Antike, in der Welt der Polis. Wie eine Kindheit wird diese gesehen. Eine Kindheit, die zurückliegt, Vergangenheit ist. Zumindest dann, wenn wir nicht mehr Kind sind, sozusagen Kultur bekommen haben. Was hat das aber nun mit naiver und sentimentalischer Dichtung zu tun? - Der naive Dichter ist durch seine Unverdorbenheit noch eins mit der Natur, er wirkt in ihr. er bildet die Natur ab, sie ist für ihn vollkommen. Der sentimentalische Dichter hingegen weiß, dass die Kindheit, der Naturzustand verloren ist. Er ist für ihn nur noch als erstrebenswertes Ideal vorhanden. Er sucht die Natur. Dieses unterschiedliche Dasein spiegelt sich dann notwendigerweise auch in den Dichtungen wieder. Was Schiller aber auch erkennt, ist, dass die "arbeitende Klasse" ein Bedürfnis nach Unterhaltungs- und Entspannungsliteratur hat. Und diese ist meist, entsprechend der hier aufgezeigten Kategorien, naive Dichtung. Der arbeitende Mensch will sich erholen. Sentimentalische Dichtung würde ihn überfordern. Das Tragische für Schiller daran ist, dass er dabei aber auch gleichzeitig erkennen muss, dass seine Dichtung kein sehr großes Zielpublikum hat. Er selbst sieht sich als sentimentalischen Dichter und seine Literatur ist gerichtet an eine Klasse von Menschen, die ohne zu arbeiten tätig ist und idealisieren kann, ohne zu schwärmen. Und dies ist im Grunde nur die relativ kleine Zielgruppe: gebildete Elite. Ein Problem, was diese Literatur ja auch heute hat. Die breite Masse der Bevölkerung liest einfach zur Erholung, zur Entspannung. Mit Dichtungen wie "Wallenstein" können die meisten nichts anfangen. Interessant an der Abhandlung ist dann aber auch, wie der Autor von den naiven und sentimentalischen Dichtern zu den menschlichen Grundtypen Realist und Idealist kommt und was das Dasein für Auswirkungen auf das menschliche Handeln der jeweiligen bedeutet. Dabei kommt er zu der Erkenntnis, dass es beide nicht rein gibt und diese Mischform dann zwar nicht dem "Ideal der Menschheit" entspricht, aber dem, was Menschen möglich ist. Insgesamt eine interessante Abhandlung, die die Denke und die Grundsätze des klassischen Dichters erhellt und auch so manches in seinem Schaffen auch klarer macht. Der Text ist weitestgehend in gut verständlicher Form geschrieben. Verständlichkeit war eine Forderung an Schiller gewesen, die sein Verleger Cotta machte, bevor er einer Veröffentlichung zustimmte. Worauf man aber achten muss: die verwendeten Begriffe muss man im Kontext mit der Entstehungszeit sehen. Begriffsinhalte wandeln sich und wir verwenden heute manche davon unter anderen Aspekten. Ein Anmerkungsapparat hilft aber den interessierten Leser auch diese Hürde zu überspringen. Zudem enthält das Buch Informationen zur Entstehungsgeschichte sowie einen Kommentar zu den Schwerpunkten der Abhandlung. - Truman Capote
Die Grasharfe
(123)Aktuelle Rezension von: Federfee4,5 Punkte,aufgerundet auf 5
Nach dem Reinfall mit Capotes hochgelobtem 'Kaltblütig' hatte ich ein wenig Bedenken, 'Die Grasharfe' zu beginnen, wurde aber angenehm überrascht. Es ist leicht zu lesen, dennoch tiefgründiger als man denkt und eine interessante Mischung: melancholisch, witzig, fast slapstickartig und das alles in einer bildhaft-poetischen Sprache, was ich so sehr mag. Es geht um Einsamkeit und die Suche nach Liebe, um Selbstbestimmung und einen Schwesterkonflikt.
Der Ich-Erzähler Collin blickt als Erwachsener auf die Zeit zurück, als er zwischen 11 und 16 Jahren als Waise bei zwei unverheirateten Tanten in einem kleinen Ort in den Südstaaten aufwuchs. Verena ist die reichste Frau im Städtchen, herrisch und bestimmend, während ihre Schwester Dolly sich ihr unterordnet, Menschen meidet und nur für ihre selbstgebraute Medizin lebt. Als ihre Schwester ihr auch dieses letzte Restchen an selbstbestimmtem Leben nehmen will, kommt es zum Aufstand und letztlich zu einer Veränderung.
Dieses Aufbegehren ist in eine etwas kuriose Geschichte verpackt, denn Dolly, ihre schwarze Freundin Catherine und Collin ziehen sich in ein Baumhaus zurück. Dazu gesellt sich noch der Richter im Ruhestand Charlie Cool (nomen est omen?) und es kommt zu skurrilen Begegnungen, z.B. mit Schwester Ida und ihren fünfzehn Kindern und zu slapstickartigen Vorfällen, als alle unter dem Baumhaus durcheinander purzeln. Der Humor kommt auch nicht zu kurz: 'Sie sitzen auf meinem Vater', sagt Dolly, als sich Ida auf einen Grabstein setzt.
Es gibt aber auch durchaus ernste Gespräche über Liebe und Vertrauen und bemerkenswerte Sätze über Einsamkeit und Selbstbestimmung.
Das Ende hätte vielleicht ein wenig runder sein dürfen, denn man muss nicht in Kürze über den weiteren Werdegang der Personen informiert werden. Oder vielleicht doch? Es ist jedenfalls ein lesenswertes Büchlein mit mehr Tiefgang als man auf den ersten Blick denkt.
- Rainald Goetz
loslabern
(11)Aktuelle Rezension von: aurelianagemeinaSehr schön die Beschreibung des Herbstempfangs der FAZ. Toll. Bestes Buch von Goetz seit langem. Hat sich seine Schreibpause gelohnt? - Sei Shonagon
Das Kopfkissenbuch der Dame Sei Shonagon
(14)Aktuelle Rezension von: buchwanderer„…, ich bin überzeugt daß es eine Menge nette und gescheite Leute gibt – man muß sie nur zu finden wissen.“ (S.58) Zum Inhalt: Der Dame Sei Shōnagon war es durch ihre freundschaftliche Beziehung zur Kaiserin Fujiwara no Sadako, deren Hofdame sie war, vergönnt einen tiefen Einblick ins das vielschichtige Hofzeremoniell Japans der Zeit um 1001 n. Chr. zu erlangen. Gepaart mit ihrer teils spitzen Feder, sowie ihrem bezeichnenden Schreibstil, auch bekannt als »zui-hitsu«, gelingt es ihr einen Text beinahe zeitloser frische, humorvoller Leichtigkeit und schlichter Eleganz zu schaffen. Selbst schreibt sie dazu: „In diesen Heften habe ich während der Mußestunden, die mir der Dienst als Hofdame vergönnte, niedergeschrieben, was mein Auge gesehen und mein Herz gedacht hat.“ (S.102).
Sei Shōnagon nimmt sich in ihren äußerst bildhaften Ausführungen nicht nur in Bezug auf höfisch Großes und Außergewöhnliches im Umfeld der gehobenen Gesellschaft kein Blatt vor den Mund, sie malt ebenso ein Bild der einfachen Alltäglichkeiten, der feudalen und menschlichen Animositäten ihres Umfeldes, sowie eines komplexen Sittenbildes des japanischen Hochadels. Dem Leben abseits des Zeremoniells wird ein ebenso breiter Raum geschaffen, wie den plastischen Beschreibungen eines Landes, dessen Kultur, Tradition und Geografie auf Europäer – und nicht nur auf diese – seit jeher eine fast magische Anziehungskraft ausübte. So verwundert es nicht, dass auch der Film die Thematikfür sich entdeckte, das Buch Sei Shōnagons als Vorbild verwendend - Leonard Cohen
Buch der Sehnsüchte
(14)Aktuelle Rezension von: ChilischotenFür einen echten Leonard Cohen Fan ein "absolutes muss". Genial !