Bücher mit dem Tag "rassenunruhen"
33 Bücher
- Angie Thomas
The Hate U Give
(734)Aktuelle Rezension von: EmmaWinterEine komplizierte Welt, in der die sechzehnjährige Starr zuhause ist. Mit ihrer Familie lebt sie in einer überwiegend Schwarzen Hood, in der die Gangs das Sagen haben. Ihr Vater, früher selbst ein wichtiges Gangmitglied, betreibt nach einem Gefängnisaufenthalt einen kleinen Lebensmittelladen. Starrs Mutter ist Krankenschwester. Wegen der besseren Schulbildung besuchen Starr und ihr Bruder eine entfernte Schule in einem "sicheren" weißen Viertel. In der Schule weiß kaum jemand, wie es im Wohnviertel von Starr aussieht und zugeht. Die Welten beginnen erst von einander Kenntnis zu nehmen, als Starr mit einem Freund in eine Polizeikontrolle gerät. Bereits mit zwölf Jahren wurde Starr eingetrichtert, was in so einem Fall zu tun ist: Mach alles was sie sagen. Halte die Hände so, dass man sie sieht, mach keine plötzlichen Bewegungen und rede nur, wenn du gefragt wirst. (S. 29) Während der Kontrolle wird Starrs Schwarzer Jugendfreund von einem weißen Polizisten erschossen. Der Junge hat mit Drogen gedealt und wird von der weißen Öffentlichkeit sofort in eine Schublade gesteckt. Starr kennt ihn jedoch seit ihrer frühestens Kindheit und weiß, dass er trotz allem ein guter Mensch war. Aber sie schweigt.
Der Roman beschreibt sehr eindringlich die Zerrissenheit von Starr, die in ihrer Schule Teile von sich verleugnen muss. Gleichzeitig aber auch, was in ihrem Viertel schief läuft und warum. Weshalb gibt es so viel Kriminalität? Warum dealen junge Leute mit Drogen? Der Todesfall zwingt sie, laut zu werden und sich nicht länger zu verstecken. Es kommt zu Konflikten unter Freunden, in der Familie und schließlich gibt es gewalttätige Unruhen im Viertel. Mittendrin Starr, die sich gegen Rassismus im kleinen und großen zur Wehr setzt. Man erfährt, was Thug Life bedeutet, ein gegen Schwarze gerichtetes System, das sich auch im Titel widerspiegelt. Über allem schweben zeitgleich die Ermittlungen. Wird es zu einem Verfahren gegen den Polizisten kommen?
Verdient mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2018 ausgezeichnet.
- Kathryn Stockett
Gute Geister
(695)Aktuelle Rezension von: PeytonSIch habe es geliebt dieses Buch zu lesen und war ganz traurig, als mein e-reader Seite 470 von 555 anzeigte, und auf einmal die Danksagung erschien.
Wundervoll geschrieben verbindet dieses Buch Emotion, schockierende Fakten aus der Vergangenheit und quasi einen Teil Autobiografie. Ich würde direkt wieder neu anfangen dieses tolle Buch zu lesen.
- Harper Lee
To Kill A Mockingbird
(469)Aktuelle Rezension von: finjalovestheseaIch habe das Buch gelesen, da es auf meiner „100 Bücher die man gelesen haben muss“ Liste auftaucht. Ich finde es immer schwierig solche „Klassiker“ zu bewerten, denn ich habe das Gefühl, dass ich mit anderen Erwartungen an diese gehe.
„To kill a mockingbird“ war seid einiger Zeit das erste englische Buch, dass ich gelesen habe, aber ich habe mich schnell an die Sprache gewöhnt.
Die Geschichte selbst lehrt einen viel über die Gesellschaft, Vorurteile, Rassismus und die Aufrichtigkeit kindlichen Denkens.
Trotz minimaler Längen wird dieses Werk seinem Ruf gerecht. Ich mochte Scout, Jem, Atticus, Calpurnia und die etwas schrägen Nachbarn. Die Charaktere sind sehr individuell eigentümlich gezeichnet, was mir gut gefallen hat. Die Handlung braucht etwas, bis sie in Fahrt kommt, das tut aber aufgrund des tollen Settings dem Roman keinen Abbruch.
Insgesamt eine schöne und lehrreiche Geschichte, die zum Nachdenken anregt.
- Jeffrey Eugenides
Middlesex
(512)Aktuelle Rezension von: Nackt_und_GluecklichIch mag es, wenn Geschichten ewig lang ausholen und so hat mich dieses Buch gefesselt. Ich fand das Thema mordspannend und interessant und wäre froh, wenn der momentane Rundumschläger gegen Otto Normalbürger sich einmal dieses Buch ansehen würde, damit er weiß, wie man ein solches Thema seriös und gefühlvoll aufbereiten kann. Das Buch hat nix mit LGBQT zu tun und das ist sehr wohltuend! Eine unbedingte Leseempfehlung für Middlesex.
- Richard Powers
Der Klang der Zeit
(198)Aktuelle Rezension von: AerisRichard Powers Gesellschafts-, Entwicklungs- und Bildungsroman zieht den gewillten Leser schnell in seinen Bann des Schönen sowie Abscheulichen und des Grässlichen zugleich. Was mich am meisten beeindruckt hat ist, wie Powers es schafft die Musik in den Ohren des Lesers zum Klingen zu bringen. Über viele Absätze schildert er die Auftritte des jungen Jonah, und das, was sein Gesang bei den Zuhörern auslöst. Aber auch die Rassenunruhen. Mal sind die Straßenkämpfe der 1960er Jahre wie eine komplizierte Klaviersonate, mal wie eine dramatische Sinfonie. "Der Klang der Zeit" ist ein ungewöhnliches Buch. Es handelt von der Suche nach Identität, einer Liebe, die nicht sein darf und zementierten gesellschaftlichen Gegensätzen. Die einzigartige Hommage an die Musik ist dabei die kunstvoll verwobene zentrale Metapher in diesem großen zeitgeschichtlichen Epos.
Das Buch ist für den ein oder anderen vielleicht nicht leicht zu lesen, nicht leicht zu verstehen und nicht leicht zu verdauen - nur wenige Leser wollen über 700 Seiten Mehrdeutigkeit, Vielfalt und Tiefgang durchleben. Wenn man sich aber auf intensive Abhandlungen musikalischer Fachausdrücke, kombiniert mit physikalischen Betrachtungsweisen der Einsteinschen Relativitätstheorie auf engst bedruckten Seiten einlassen möchte, wird es für den gewillten Leser zu einer Verzauberung des Klanges in der Zeit. Dann wird dieses Buch zum Erlebnis - ja ich möchte fast sagen, es erzeugt ein eigenes inneres Tremolo.
Wer nichts von Musik versteht, wird vieles erfahren. Wer etwas davon versteht, auch.
Ein Buch, das j e d e gelesene Sekunde lohnt. - John Grisham
Das Geständnis
(156)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderEs ist ein bitter kalter Tag, als Reverend Keith Schroeder Besuch bekommt. Travis Boyette bittet ihn um ein Gespräch und was Keith da erfährt, verändert sein Leben. Vor vielen Jahren hat Travis ein junges Mädchen entführt, mehrmals vergewaltigt und dann ermordet und vergraben. Verurteilt wurde er deswegen nie, aber ein anderer! Der Afroamerikaner Donté Drumm wurde nach einem Geständnis verurteilt und wartet seit über neun Jahren in der Todeszelle auf die Hinrichtung. Keith bittet den an einem Gehirntumor leidenden Travis die Wahrheit zu sagen und eine Hinrichtung zu vermeiden, aber der kranke Mann zögert. Während dessen wird Donté auf seine Hinrichtung vorbereitet und sein Anwalt arbeitet auf Hochtouren für eine Verschiebung und seine Familie ist in heller Aufregung. Die Mutter des Opfers trauert wie immer medienwirksam und lässt sich von Kameras begleiten. Keith überredet Travis die Wahrheit zu sagen, aber die Hinrichtung ist beschlossen und der Termin steht. Ein Wettlauf gegen die Zeit, gegen die Mühlen der Justiz und für die Gerechtigkeit beginnt. Wie kein anderer versteht es John Grisham einen zu fesseln. Die unterschiedlichen Ebenen des Buches, die verschiedenen Blickwinkel und die massiven Fehler im Rechtssystem lassen uns Leser staunen, zornig werden und einfach mitfiebern. John Grisham entfacht die Diskussion über die Todesstrafe erneut und bietet mit seinem Thriller politischen Sprengstoff. Bestseller!
- Stephen King
Dark Tower
(60)Aktuelle Rezension von: PerscheNaja nicht mehr so genial wie die Vorgängerwerke des Zyklus aber auch auf jeden fall auch kein schlechtes Buch - Ray Celestin
Höllenjazz in New Orleans
(129)Aktuelle Rezension von: wanderer-of-wordsNew Orleans 1919: Der mysteriöse „Axeman-Mörder“ hält die Stadt in Atem, er verübt brutale Morde und hinterlässt am Tatort Tarotkarten. In einem Brief an die Zeitung kündigt der Killer weitere Morde an, nur wer an einem bestimmten Abend Jazz hört wird von ihm verschont.
Detective Michael Talbot verzweifelt langsam an dem Fall, niemand kennt den Killer, niemand hat ihn gesehen, die Meschen sprechen schon davon, dass er ein Geist ist. Auch Pinkerton-Sekretärin Ida ermittelt, sie möchte zur Ermittlerin aufsteigen, an ihrer Seite ist niemand Geringeres als der noch unbekannte Louis Armstrong. Und dann ist da noch der ehemalige Polizist Luca, gerade wegen Korruption aus dem Gefängnis entlassen, und nun schon wieder für die Mafia unterwegs.
Ihr merkt es schon an meiner Zusammenfassung: viele Namen, viele Handlungsstränge. Der Autor greift auch inhaltlich wahnsinnig viele Themen auf (die Axeman-Morde, Rassismus, die Mafia, Blues und Jazz, ….) und streift zusätzlich noch weitere Themengebiete. Ich tat mich manchmal echt schwer mich im Geflecht der Protagonisten, Zusammenhänge und Beziehungen zurechtzufinden. Darauf, dass da dann auch noch irgendwie Louis Armstrong in die Geschichte eingebaut wird hätte ich verzichten können, ich halte wenig davon, realen Personen irgendwelche Geschichten anzudichten.
Davon abgesehen ist die Geschichte aber spannend und atmosphärisch sehr dicht erzählt, vor allem das Feeling der lebhaften und musikverrückten Stadt wird super rübergebracht. Es ist ein faszinierendes Bild des frühen New Orleans, mit einer Mischung aus verschiedensten Kulturen, aber natürlich auch vielen Spannungen und Konflikten.
Fazit
Ein toll geschriebener Roman, der aber an manchen Stellen etwas überladen wirkt. Für meinen Geschmack hätte es gereicht, wenn der Autor sich auf die realen Axeman Morde konzentriert hätte, ohne das viele drumherum. Auch die nächsten Bände der „City Blues Reihe“ sind schon geschrieben: sie führen nach Chicago und New York. - Edward Kelsey Moore
Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner
(80)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderOdette, Clarice und Barbara Jean sind seit Kindertagen Freundinnen. Seit 40 Jahren kommen sie ins Diner von Earl, aber an diesem Morgen erfahren sie, dass er tot ist. Odette hat es schon geahnt und es gibt viele Geschichten, viel Lachen, Erinnerungen und Tränen. Die Wege des Lebens haben die Mädchen zusammen geführt und aus einer Zweckgemeinschaft wurden die besten Freundinnen, für alle nur die Supremes. Als Kinder gab es viele Probleme, nicht nur mit den Jungs und es war ein Skandal, als der erste Weiße in Earls Diner zu kellnern anfing. Die Probleme der Farbigen Bevölkerung werden ebenfalls thematisiert und in vielen Rückblenden erfahren wir die Liebes und Leidensgeschichten der drei Freundinnen und tauchen tief ein, in eine amerikanische Kleinstadt und stehen ganz oft in der Schlange am Buffet in Earls Diner.
Das Buch ist wunderschön, warm, liebevoll und neben den großartigen Liebes und Freundschaftsgeschichten erfährt man auch viel über die Rassentrennung und einen Teil der amerikanischen Geschichte.
- Bianca Marais
Summ, wenn du das Lied nicht kennst
(80)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderRobin ist erst neun Jahre alt und verliert ihre Familie bei den Aufständen in Soweto und ist dann 1976 ganz allein. Zuerst wächst sie bei der Tante auf, aber diese fühlt sich schnell überfordert mit den Bedürfnissen. Beauty tritt so in das Leben von Robin. Sie sucht während des Schüleraufstands ihr Kind, aber findet es nicht und ist mehr als verzweifelt. Als Schwarze hat sie nicht so viele Rechte und findet Arbeit und kümmert sich dann um Robin. Eine ganz besondere Bindung entsteht hier und wird doch auf eine harte Probe gestellt. Die Geschichte ist so fesselnd, berührend und begeistert auch und erzählt von zwei starken Frauen unterschiedlichen Alters. Man erfährt viel von der Geschichte und erlebt Verlust und Leid, genauso wie Liebe und Kraft. Ich kann das Buch nur empfehlen.
- Tracie Peterson
Sophia - Im Sturm der Gefühle
(7)Aktuelle Rezension von: KleinerVampirBuchinhalt:
Ende des 19. Jahrhunderts in Texas: Sophia hat ihre praktische Ausbildung zur Ärztin bei Dr. Clayton begonnen doch die Bevölkerung akzeptiert das nicht wirklich, weil die junge Frau unverheiratet ist und es sich nicht schickt, einem Männerberuf nachzugehen. Die Gefühle zwischen Sophia und Dr. Clayton vertiefen sich, doch noch immer verhält sich der Art distanziert – ihn belastet ein lange gehütetes Geheimnis.
Währenddessen muß Sägewerksbesitzer Perkins aus finanziellen Gründen einen Teilhaber in die Firma nehmen – der entpuppt sich als kein Geringerer als Lizzies Verflossener Stuart, der nach Rache sinnt. Dessen Pläne verheißen nichts Gutes und auch die Vandermarks sind schließlich davon betroffen.
Eines Tages ist Dr. Clayton abgereist – lediglich einen Brief an Sophia lässt er zurück, in dem er schreibt, dass er seinem unter Mordanklage stehenden Bruder helfen muß – und dass er Sophia frei gibt. Er trennt sich von ihr und die Welt der jungen Frau scheint zu zerbrechen: hat die Liebe der beiden eine Chance oder steht Sophia vor den Trümmern ihres Lebens?
Persönlicher Eindruck:
„Im Sturm der Gefühle“ ist der zweite Band der Familiengeschichte der Vandermarks, von Sophia, die entgegen aller Konventionen Ärztin werden will, und ihrer Familie. Man findet auch schnell wieder den Faden und wird Teil der kleinen Welt zwischen Farm, Holzhandel und texanischer Kleinstadt im ausgehenden 19. Jahrhundert, mit ihren Bewohnern und einem unerschütterlichen Vertrauen in Gott und dass er die Dinge zum Guten wendet.
Sophia und Dr. Clayton bleiben die unumstrittenen Hauptfiguren, doch der Roman umfasst daneben auch eine Vielzahl an weiteren Figuren in und außerhalb von Sophias Familie, so dass man erst mal erfassen muß, wer wohin gehört. Dies bereitet mitunter einige Schwierigkeiten.
Der Glaube spielt in diesem christlichen Roman natürlich eine zentrale Rolle; man erfährt, wie verwurzelt die Menschen in der damaligen Zeit mit ihrem Vertrauen in Gott und in seine helfenden Hände sind. Christlicher Roman und historische Familiengeschichte sind gekonnt miteinander verknüpft und die Vandermarks wirken durch ihren gelebten Glauben auch absolut authentisch und nachvollziehbar.
Anders einige andere Nebenfiguren, allen voran Pfarrerstochter Mara. Hier waren für meinen Geschmack einfach ein paar Bibelzitate zuviel und ein bisschen zu wenig Tiefgang – es wirkt hier schlicht aufgesetzt und die Glaubwürdigkeit geht dadurch verloren.
Gut gefallen hat mir die Darstellung der damaligen Zeit mit ihren Konventionen, das Bild der damaligen Gesellschaft und die Lebensweise und Einstellung der Menschen zueinander, die durch den Roman sehr plastisch wieder gegeben wurde.
Alles in allem ein toller Familienroman vor historischer Kulisse, der den Westen der USA vor dem inneren Auge lebendig werden lässt. Er reicht nicht ganz an den ersten Band heran, ist aber eine dennoch gelungene Fortsetzung!
- Inga Vesper
In Aufruhr
(38)Aktuelle Rezension von: Universum_der_WoerterDer Roman spielt in den Usa in den 50er Jahren in einem kleinen perfekten Vorort. Die Rassentrennung ist deutlich spürbar und die Kluft zwischen den Weißen und den Schwarzen Menschen könnte nicht größer sein.
Ruby Wright arbeitet in einem vornehmen amerikanischen Viertel als Haushaltshilfe. Doch eines Morgens macht sie eine verstörende Entdeckung und weigerte sich zunächst mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Denn Ruby ist schwarz und sie hatte keine gute Erfahrungen mit der Polizei sammeln können.
Die Autorin hat einen spannenden und authentischen Kriminalroman geschrieben. In abwechselnden Kapiteln lernt man die Protagonisten kennen und deren Leben die unterschiedlicher nicht sein können. Die Autorin fasst wunderbar die Vorurteile gegenüber schwarze Menschen in Amerika zur damaligen Zeit auf und Ruby die unwissentlich in eine sehr unangenehme Situation hineingeraten ist, bekommt es deutlich zu spüren. Das hat mich sehr wütend gemacht.
Die Autorin spiegelt gekonnt die Zeit wieder in der die Geschichte spielt. Wie die Menschen kurz nach der Rassentrennung voneinander dachten, wie die Rolle der Frau zu sein hatte und noch vieles mehr.
Mich hat dieser Roman wirklich gut Unterhalten, denn hier werden Themen geschildert die in den Usa in der heutigen Zeit genauso aktuell sind wie in der damaligen Zeit, was sehr traurig ist. Außerdem sind die einzelnen Protagonisten gut ausgearbeitet. Mick, den Polizisten fand ich gut, denn er hat nicht nur die Farbe der Haut gesehen sondern sich für den Fall eingesetzt und Stück für Stück Rubys Vertrauen erarbeitet.
Ein wirklich sehr lesenswerter Roman
- C. Robert Cargill
Robo sapiens
(21)Aktuelle Rezension von: EmiliDer Roman beginnt durchaus spannend. Es wird eine Welt der Zukunft vorgestellt, in der kein Platz mehr für die Menschen gibt. Der letzte Mensch, ein alter Mann, ist auf der Straße erschossen worden, und nun bewohnen und regieren die unterschiedlichsten Roboter-Arten und KI´s die Welt. Rückblickend wird darüber berichtet, wie es zu diesem Zustand kam. Alles gut und schön.... Man sollte meinen, es würde sehr interessant werden.
Wurde es aber nicht. [[-(] Mich hat die Geschichte nicht begeistern können. Die Erzählart des Autors ist einfach nur leblos und langweilig. Ich konnte mich als Leser weder in diese Welt versetzen, noch Interesse an den Protagonisten fühlen. Von der Thematik her, habe ich eine spannende Dystopie erwartet, bin enttäuscht. Der Roman war leider, nichts für mich.
Mehr als nur ein Traum
(56)Aktuelle Rezension von: BettinaLausenFelicitas hat mit jüdischen Wurzeln Nazideutschland überlebt. Ein unerwartetes Erbe führt sie in den 1960er Jahren nach Mississippi. Trotz aller Warnungen freundet sie sich mit ihren schwarzen Nachbarn an. In der Stadt findet sie schnell Freunde, obwohl sie auch als die „Fremde“ beäugt wird. Sie gerät mitten in die brodelnden Rassenunruhen der Zeit. Und dann ist dort dieser Deputy Landon - von dem sie nicht weiß, ob er Freund oder Feind ist.
Meine Meinung: Ich habe etwas gebraucht, um mit der tollpatschigen und naiven Hauptfigur anzufreunden. Aber bald hatte sie mein Herz erobert. Das Buch ist aus verschiedenen Perspektiven geschrieben, was die Spannung hochhält. Alle aus dem Dorf scheinen Geheimnisse zu haben. Irgendwann bringt der Roman eine Wendung mit einem Thema auf den Plan, mit dem ich nicht gerechnet habe. Zudem gibt es einen fulminanten Shwodown mit einem schönen Schluss. Eine absolute Leseempfehlung.
- John Updike
Unter dem Astronautenmond
(25)Aktuelle Rezension von: WolkenatlasIm zweiten Roman in John Updikes groß angelegter Rabbit Tetralogie erlebt der Leser Harry „Rabbit“ Angstrom zehn Jahre nach der Friedhofszene am Ende von Hasenherz. Harry und Janice haben doch zusammengefunden, nutzen aber jede Gelegenheit, um dem Partner weh zu tun. Dieser Roman spielt um die Zeit 1969/1970 und steht unter dem Einfluss von Vietnam, Flower-Power, Hippie-Kult und Afrolook. Er ist auch ein anklagendes Portrait seiner Zeit, dass sich indirekt gegen Rassismus und den Vietnamkrieg stellt, in dem John Updike seinen Harry „Rabbit“ Angstrom um keinen Deut sympathischer agieren lässt als in „Hasenherz“, ihn beziehungsgestört, politisch inkorrekt, mehr als leicht rassistisch angehaucht und sexuell irrational agieren lässt. Wie viel davon jetzt auf die Zeit zurückzuführen ist, kann ich nicht wirklich beurteilen. Literarisch funktioniert „Unter dem Astronautenmond“ jedoch ziemlich gut. Während das sowjetische Soius (Sojus) um die Erde kreist und die Amerikaner im All auf zielsicherer Entdeckungsreise sind, während Nixons Zeit im abklingen ist und Gerald Ford in den Startlöchern scharrt; ist Rabbits Sohn Nelson nun dreizehn Jahre alt und kleiner als seine Klassenkameraden, was ihm nicht gerade gut tut. Die Partnerschaft von Janice und Harry hat scheinbar jeglichen Reiz für beide verloren und als Harry spürt, dass Janice einen Liebhaber hat, gibt er kampflos auf und ermutigt sie, zu ihrem Liebhaber zu ziehen. Da in Janices neuer Umgebung nicht genug Platz für einen dreizehnjährigen Jungen ist, bleibt dieser bei Harry. Der gesundheitliche Verfall von Harrys Mutter begleitet das Geschehen. Von einem schwarzen Kollegen in einen Nachtklub eingeladen, lernt er dort die junge (weiße) Jill kennen, ein aus reichem Elternhaus geflohenes Hippiemädchen. Nicht wirklich fasziniert von ihr, sondern vom schwarzen Mädchen Babe, nimmt er Jill mit nach Hause und bietet ihr ein an eine Kommune erinnernde Wohngemeinschaft an. Während Jill die beiden Angstrom Männer auf unterschiedliche Weise fasziniert, taucht eines Tages der Skeeter auf und mischt sich in das mittlerweile eingespielte Leben der drei ein. Skeeter ist schwarz, mit einem riesigen Afro versehen, handelt mit Drogen und wird von der Polizei gesucht. Skeeter hat eine fast zentrale Funktion in „Unter dem Astronautenmond“ (engl Original „Rabbit Redux“). Er ist einerseits quasi das Gewissen der beteiligten Weißen, sowie aller weißen Amerikaner per se. Andererseits verkörpert er so ziemlich alle zu der Zeit (und teilweise heute noch immer) üblichen Klischees über Afroamerikaner. Dadurch schafft sich Updike eine besondere Freiheit des Erzählens, die aufregend zu verfolgen ist. Aber Zentrum des Geschehens in Rabbit Angstroms Haus ist Jill, die zu jedem der drei Männer eine ganz individuelle, immens wichtige Beziehung entwickelt. Während Harry wieder durch Entscheidungsunlust glänz und sich der getrennt lebenden Mutter von Nelsons Freund Billy Fosnacht zuwendet, passiert das Unglück. Eine Tragödie, die, mit zusätzlicher Hilfe von Rabbits Schwester, das Ehepaar Angstrom doch wieder zusammenbringt. Der Roman „Unter dem Astronautenmond“ ist ein bestechend präzises Portrait der amerikanischen Gesellschaft um 1969/1970 und ein literarisch großartiges Werk. „Rabbit“ Angstrom ist nach nun schon zwei Büchern ein fast naher Bekannter und trotz nicht spärlich gesäter Momente des Entsetzens über sein Verhalten, seine Vulgarität und seine latent vorhandene Schlappschwanz-Attitüde eine großartige literarische Figur. In der korrekten Reihenfolge gelesen, eine absolute Empfehlung. - Hillary Jordan
Mudbound – Die Tränen von Mississippi
(35)Aktuelle Rezension von: renateliestgerneDie Geschichte fängt langsam an und zieht die Leserin immer mehr in den Bann. Laura ist mitten auf dem Land „begraben“ und versucht, sich zurecht zu finden. Den alltäglichen Rassismus stellt sie genauso wenig in Frage wie ihr Mann. Trotzdem zeigen beide einen Anflug von Menschlichkeit, der aber nach unseren Maßstäben doch sehr begrenzt ist. Ein verstörendes Leseerlebnis, das nicht unbedingt Freude macht.
- Kit de Waal
Mein Name ist Leon
(38)Aktuelle Rezension von: buchverzuecktMein Leseeindruck:
Leon ist neun Jahre alt und dunkelhäutig, im Gegensatz zu seinem kleinen Bruder Jake, der helle Haut und blonde Haare hat. Ein "perfektes" Baby?!
Carol, die Mutter der beiden Geschwister ist hauptsächlich damit beschäftigt, die Väter der Kinder aufzuspüren. Sie rutscht in eine tiefe Depression, das Geld ist knapp und sie schafft es schon bald nichtmal mehr, das Bett zu verlassen, um sich um ihre Kinder zu kümmern.
Leon und Jake sind auf sich alleine gestellt, als großer Bruder tut Leon, was er nur kann: wickeln, füttern und für Jake da sein, wenn er weint. Die Situation fliegt beim nächsten Ereignis auf, Leon und Jake werden von Pflegemutter Maureen in Obhut genommen. Es dauert nicht lange und Jake wird von einer neuen Familie adoptiert, aber Leon bleibt zurück....
Die Geschichte wird sehr bildhaft und glaubwürdig aus der Sicht des 9-jährigen Leon erzählt. Die Erzählungen empfand ich als absolut nachvollziehbar.
Es gibt allerdings noch ein weiteres Thema: Die königliche Hochzeit in London zu Beginn der 1980er Jahre und die damit einhergehenden Unruhen. Straßenkämpfe, Gewalt: die dunkelhäutigen Menschen kämpften um ihre Rechte. Leon bekommt von alldem wenig mit, dennoch spielen die gesellschaftlichen Probleme eine Rolle.
Ein solider und auch ergreifender Roman, der an manchen Stellen leider etwas langatmig wurde. Dennoch sehr lesenswert! - Philip Roth
Pastoral americana / American Pastoral
(3)Aktuelle Rezension von: HeldentenorRoth' literarisches Alter Ego Nathan Zuckerman trifft nach Jahren auf den großen Star seiner Highschool-Jahre: Seymour "The Swede" Levov. Blond, ehrlich, zurückhaltend und ein unbezwingbarer Sportler. Von allen Mädchen angehimmelt, von den Jungen verehrt und Eltern und Lehrern gleichermaßen respektiert.
Bei dem vom Schweden erbeten Treffen hat Zuckerman jedoch das Gefühl, dass er etwas, während er von seinen Kindern und seiner zweiten Ehe erzählt, verschweigt. Ihm gelingt es nicht, den Schweden zum Reden zu bringen und erfährt auf einem Klassentreffen, dass er verstorben ist.
Hieran entspinnt sich nun die Erzählung des unglücklichen Ende des ersten Lebens des Schweden. Der hat alles richtig gemacht und doch verübt seine 16-jährige Tochter einen Bombenanschlag auf einen kleinen Tante-Emma-Laden. Ein Mensch stirbt.
Und das Buch begibt sich auf die Suche, ob hierfür im Leben und Handeln des Schweden eine Ursache zu finden ist. Sein Leben wird vor der Folie der Veränderungen seiner (und Philip Roth') Heimatstadt, des jüdischen Lebens an der Ostküste der USA und der gesamten gesellschaftlichen Umbrüche der 1960er Jahre verhandelt. Rassenunruhen, Vietnamkrieg, die Flucht in die Vororte, Beginn der Globalisierung, jüdische Assimilation usw.
Die Klasse von Roth als Autor zeigt sich daran, wie mühelos es ihm gelingt, aufzuzeigen, wie große Veränderungen das Leben der Protagonisten im Kleinen beeinflussen und bestimmen. Seine Figuren leben und sind nicht nur Komparsen um Themen zu erörtern. Flüssig und anschaulich geschrieben und - untypisch für Roth - kaum Sex. Ein großartiger Roman, und Themen, die angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen unverändert relevant sind.
Und am Ende fragt man sich wie der zitierte letzte Satz des Romans: Hat der Schwede das verdient? - Mark Childress
Verrückt in Alabama, Geschenkausgabe
(87)Aktuelle Rezension von: engineerwifeEndlich mal wieder ein Buch, das mir von der ersten bis zur letzten Seite sehr gut gefallen hat. Der Autor hat es gut verstanden, die beiden Handlungsstränge immer wieder miteinander zu verknüpfen. Man ist gefesselt bis zur letzten Seite. Ein Monatshighlight. Bitte gerne mehr davon. Werde diesen Autor im Auge behalten.
- Michael Connelly
Black Box
(16)Aktuelle Rezension von: catHarry Bosch 18. Fall, war das Erste Buch das ich von Michael Connelly gelesen habe.
Es geht um einen "Cold Cast", der 20 Jahre zurück liegt, den der Ermittler selber aufgenommen (aber nicht bearbeitet) hat und in dem es kaum Spuren gibt. Nun will er den Fall endlich lösen und bringt damit seinen Vorgesetzten gegen sich auf. Doch das hindert ihn nicht im geringsten, im Gegenteil er macht unbeirrt weiter und findet Puzzelteil für Puzzelteil.
Die Story an sich ist gut geschrieben und logisch aufgebaut. Auch wenn man die vorhergehenden Bücher nicht gelesen hat, bekommt man einen guten Eindruck von Harry Bosch und seinem Charakter.
Das liegt zum einen an der sehr detailreichen Erzählung des Autors aber auch daran das man zwischenzeitlich einen Einblick in Boschs Privatleben erhält, was Ihn authentisch und menschlicher werden lässt.
Der Fall ist ebenfalls sehr detailreich erzählt, so das man Boschs Arbeit gut nachvollziehen kann und einen guten Einblick in die Arbeit eines Ermittlers bekommt, die wahrscheinlich ziemlich nahe an der Wirklichkeit ist und der auch aufzeigt, das es manchmal wirklich langwierig und schwierig ist Fälle aufzuklären.
Durch diese vielen Details zieht sich das Buch aber auch ein bisschen in die Länge.
Trotzdem ein Buch was ich jeden Krimi- Liebhaber und jeden der sich für die (detaillierte) Arbeit einer Ermittlers interessiert, weiterempfehlen würde.
- V. S. Naipaul
Ein halbes Leben
(7)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerBuch von Vidiadhar Surajprasad Naipaul Originaltitel: Half a Life Aus dem Englischen von Sabine Roth und Dirk van Gunsteren Erschienen bei List Taschenbuch ISBN 978-3548603575 Diese Geschichte ist frei erfunden. Sie nimmt es nicht genau mit den Ländern, Zeiten und Situationen, die sie zu beschreiben scheint. Diese Sätze sind dem Buch vorangestellt. Die Geschichte beginnt in Indien der Kolonialzeit. Willie Chandran ist ein kleiner Junge der eine Missionsschule besucht und seinen Vater aus tiefsten Herzen verachtet. Dieser Vater erzählt ihm seine Geschichte. Der Vater stammt aus einer hohen Kaste, er gehörte zu den Privilegierten, ging auf eine Universität und sollte die Tochter eines einflussreichen Mannes heiraten. Als Gandhi versuchte Indien zu befreien und das Kastensystem abzuschaffen, sah sich Willie Chandrans Vater zum Handeln gezwungen, weit vor den ersten Auseinandersetzungen zwischen Indern und Briten verbrannte er seine Bücher der Universität, doch niemand nahm Notiz davon. Er ließ sich mit einer Frau aus einer niederen Kasten ein, obwohl es ihn Überwindung kostete, denn das Standesdenken war tief in ihm verwurzelt, und er ekelte sich vor dieser Frau. Die Konsequenz daraus war Verachtung. Er wies die ihm versprochene Frau ab, um mit der Frau aus der niederen Kaste zusammen zu sein. Er liebte diese Frau nicht einmal, für ihn war sie plump und hässlich. Er verlor alles und wurde ein einfacher Mann, der in einem Ashram Buße für die Verfehlungen seines Lebens tat. Nach und nach kamen britische Journalisten und Schriftsteller, die auf ihn aufmerksam worden, sie sahen in ihm den typischen indischen Weisen und Gelehrten, doch er selbst und die anderen Inder kannten die Wahrheit, er war ein Gefallener. Er hatte zwei Kinder: Willie und seine Schwester Sarojini. Für Willies Schwester, in der der Vater seine Frau wieder zu erkennen schien, sah der Vater keine Zukunft. Willie aber sollte in Europa eine Ausbildung bekommen. Er schrieb den Journalisten und Schriftstellern, die ihn so interessant fanden, mit der Bitte seinen Sohn aufzunehmen und ihm ein Stipendium zu ermöglichen, doch er erhielt nur freundlich formulierte Absagen. Ein Mann der dachte er stünde in der Gunst dieser gebildeten Europäer wurde nun erneut vom Leben enttäuscht und eines Besseren belehrt. Willie kommt letztendlich doch noch nach Europa und fühlt sich dort fremd. Er hat von der großen Politik keine Ahnung, die gesellschaftlichen Regeln weiß er nicht einzuschätzen. Doch er lernt schnell, er veröffentlicht auch einige Geschichten, die er teilweise noch in der Missionsschule geschrieben hatte, und er beginnt Artikel für eine Zeitung zu verfassen. Er lässt sich auf London ein und entdeckt dabei seine Sexualität. Er lernt Ana kennen, eine Plantagenbesitzerin aus den portugiesischen Kolonien in Afrika, sie ist ein Mischling und versteht seine Zerrissenheit die er in seinen Geschichten beschrieben hat. Willie verliebt sich in Ana und geht mit ihr in ihre Heimat. In Afrika fühlt er sich wieder fremd und doch ist es anders als in London, denn hier ist er kein Exot, Portugiesen, Mischlinge und Inder leben nebeneinander her, ohne sich für den anderen zu interessieren. Die Plantagenbesitzer fühlen sich als Portugiesen zweiter Klasse, da sie meist afrikanisches Blut in den Adern haben und Mischlinge wie Ana sind. Diejenigen die es nicht zu Grundbesitz geschafft haben und unehelich geboren sind, arbeiten als Verwalter oder Handwerker, die Afrikaner verdienen sich als Dienstboten den Unterhalt. Keiner zweifelt an der Politik des Kolonialismus, ist doch für die meisten ein erträgliches Auskommen gewährleistet. Willie fängt an seine Frau Ana zu betrügen, er schläft mit Afrikanerinnen und bald auch mit der Frau eines Plantagenverwalters. Als nach der Unabhängigkeit ein Stammeskrieg ausbricht, verlässt er Ana und geht zu seiner Schwester um ihr die Geschichte seines afrikanischen Lebens zu erzählen. Ich will das Buch in drei Abschnitte teilen, die Zeit in Indien, die Zeit in London und die Zeit in Afrika. Naipaul schreibt sehr klar und lässt den Leser eher den Blickpunkt eines Beobachters einnehmen, es ist schwer, vielleicht auch ungewollt, sich mit Willie oder einem anderen Charakter zu identifizieren, denn seine Eigenschaften und seine Motive sind nicht herausgearbeitet. Naipaul lässt Willie den folgenden Satz denken: “So wie sich niemand wirklich wünschen kann, ein anderer zu sein, weil niemand sich ein Leben ohne das Herz und den Verstand vorstellen kann, die einem mitgegeben worden sind, so kann sich in späteren Zeiten niemand wirklich ein Bild von dem Leben jener Tage machen.“ Der Leser kann also gar nicht mit Willie empfinden, Naipaul kann den Leser aber sehr wohl durch dessen Augen blicken lassen. Dieser Blick auf die Dinge ist die Stärke des Buches, nüchtern beschreibt der Autor die Verflechtungen eines Indiens, das tief in einen religiösen Kastenwesen verhaftet ist. Selbst Willies Vater, der versucht sich daraus zu lösen, scheitert an seinen anerzogenen Überzeugungen. Für ihn ist der Weg nicht das Ziel, nach der Hälfte seines Leben bereut er was aus ihm geworden ist. Der indische Teil des Buches ist gut, der Teil der Willies Zeit in London beschreibt ist dürftig. Willie sieht sich in England einer fremden Kultur gegenüber, die er anfangs nicht versteht. Die Einwanderer in England werden als Exoten behandelt, mit denen sich die Boheme gerne schmückt. Die Einwanderer kaschieren ihre Lebensläufe und stellen sich als wichtige Persönlichkeiten in ihren Ländern dar, in Wahrheit sind sie aber alles andere als geachtet in ihrer Heimat. Willie spinnt sich auch ein Netz aus schönen Halbwahrheiten zusammen, um sich interessanter zu machen. Interessant für den Leser ist es aber weniger. Ein großer Teil dieses Abschnittes handelt von Willies erwachender Sexualität, die er mit einem Flittchen aus der Londoner Szene auslebt. Brisant ist daran nur, dass es die Freundin eines Freundes ist. Seine Scham aufgrund seiner Unerfahrenheit oder das gegenüber seinem Freund empfundene Schuldgefühl wird wenig konkretisiert. Er tut was er tut, er ist was er ist, gerade in diesem Abschnitt fällt es mir schwer dieses Buch nicht einfach wegzulegen. Weglegen sollte man es nicht, ist doch der letzte Teil, die Zeit in Afrika, das Beste an der Lektüre. Auch hier wird man zwar nur zum Beobachter, aber was gibt es hier nicht alles zu sehen. Ein Land im Werden. Die Plantagenbesitzer, die keine Portugiesen der ersten Klasse sind und mit einem Minderwertigkeitskomplex zu kämpfen haben, die Mischlinge, die Inder, die Afrikaner alle leben in einer kolonialen Koexistenz, sehen sich in einer gesellschaftlichen Hierarchie, in der sie aufsteigen können und wollen. Sie leben zeitversetzt und langsamer als im Mutterland. Ich weiß nicht ob der Kolonialismus dazu beigetragen hat oder ob es dem Naturell dieser Menschen entspricht. Auch Willie fängt an, das Leben so zu akzeptieren, wie es sich darbietet. Willie, als Muster für die Abläufe des Systems, funktioniert. Willie hat keine Ahnung von den unteren Schichten, gelegentlich sagt Ana ihm etwas, aber über die wirklichen Verhältnisse der afrikanischen Dienstboten erfährt er erst langsam. Auch hier spielt seine Sexualität eine gewisse Rolle. Als ihn ein Plantagenverwalter mit in ein Bordell nimmt, sieht er Kinder die sich prostituieren, lernt Frauen kennen die sich für Geld der schnellen Befriedigung hingeben. Willie findet Gefallen daran und betrügt Ana immer häufiger. Irgendwann lernt er die Frau eines Verwalters kennen, er schläft mit ihr. Es wird zu einer Obsession, denn mit ihr erreicht er eine nie gekannte Lust. Ana weiß von all diesen Dingen, aber fast gleichgültig nimmt sie es hin. In dieser Welt scheint es Normal zu sein, dass Männer fremdgehen. Dann kommt die Unabhängigkeit und ein Krieg, Willie sieht sich in der Mitte seines Lebens und bereut, oder resigniert zumindest. All das, so meint er, war nicht sein Leben. Er verlässt Ana und das Buch endet damit, dass er den Abschnitt aus Afrika seiner Schwester erzählt. Das Buch ist wie ein Schatten in der Dämmerung, man sieht etwas, doch die Konturen sind unscharf, man merkt, dass da etwas sein muss, das den Schatten wirft, aber leider bleibt es dem Leser verborgen. Die gesellschaftlichen Strukturen aus religiösen oder ethnischen Anschauungen, würden wesentlich mehr hergeben. Doch dieses Buch ist nicht politisch, es verschenkt ein wesentliches Merkmal und einen Wiedererkennungseffekt. Nach dem lesen der letzten Seite verschwindet es aus dem Gedächtnis des Lesers während bei anderen Buchern immer noch ein nachhallendes Echo bleibt. Es ist kein schlechtes Buch, aber auch kein gutes. Die Geschichte ist interessant, aber es bleibt schwammig. Ich möchte es niemanden weiterempfehlen, es sei denn, man hat gerade nichts anderes zum lesen und wartet auf die nächste Lieferung von Amazon. Naipaul erhielt für „Ein halbes Leben“ den Literaturnobelpreis, dass der Nobelpreis für Literatur kein Maßstab für Qualität oder Originalität ist, ist wohl bekannt, hier ist ein weiterer Beweis.