Bücher mit dem Tag "rechtsgeschichte"
218 Bücher
- Bernhard Schlink
Der Vorleser
(5.781)Aktuelle Rezension von: Miriam321123Alles in allem ist Der Vorleser von Bernhard Schlink das schlechteste Buch, welches ich in meinen 30 Jahren gelesen habe.
Angefangen von den schlecht gezeichneten, unrealistischen Charakteren deren Handlungen nicht nachvollziehbar sind zum inhaltlichen.
Große und wichtige Themen auf ein paar Seiten runter zu brechen und Themen, wie sexuellen Missbrauch und NS-Verbrechen, werden meiner Meinung nach relativiert und zum Teil auch einfach Falsch dargestellt.
Für mich las sich das Buch als billige Pornografie mit Nazifantasien ohne wirkliche Story. Öde, unreflektiert und eine Schande, dass dieses Buch eine solche Popularität erreicht hat.
Sprachlich kann man drüber streiten...Mir hat der Schreibstil nicht zugesagt.
- Truman Capote
Kaltblütig
(342)Aktuelle Rezension von: MarapayaTrue Crime Dokumentationen üben eine merkwürdige Faszination auf viele Menschen aus. Es geht die Rede, dass es sogar Leute gibt, die zum Einschlafen True Crime Podcasts hören. Mich haben wahre Kriminalfälle bisher noch nicht packen können. Das epische Ausbreiten von echten Fällen finde ich gruseliger als jeden Stephen King Roman. Sehr wohl kann ich aber nachvollziehen, dass man bei brutalen, scheinbar unmotivierten Morden verstehen will, warum diese Tat geschehen musste. Dass es einen Grund oder Anlass für den oder die Mörder gegeben haben muss, der sie zu ihren Taten getrieben hat. Es ist zutiefst verstörend, wenn Menschen einfach nur töten, weil sie die Gelegenheit dazu hatten. Rache, Habgier oder eine psychologische Störung machen einen Mord nicht ungeschehen, aber zumindest lässt sich das Warum? Im Ansatz beantworten. In seinem Roman „Kaltblütig“ setzt sich Truman Capote genau mit dieser Fragestellung auseinander. Warum musste die vierköpfige Familie in Kansas, USA sterben? Wer waren die Täter und wie sind sie zu Mördern geworden? Capote recherchiert als Journalist vor Ort am Tatort und gewinnt auch das Vertrauen der Mörder. Er rekonstruiert den gesamten Fall in seinem Tatsachenroman und liefert ein beeindruckendes erzählerisches Zeugnis einer kaltblütigen Tat ab.
Capotes Erzählstil schlägt mich ab der ersten Seite in seinen Bann. Mit der Überschrift „Die letzten, die sie lebend sahen“ betitelt, beginnt das Buch damit, den letzten Tag im Leben der Familie Clutter fast minutiös vor dem Leser auszubreiten und ihm in aller Deutlichkeit die Rechtschaffenheit und Beliebtheit aller Familienmitglieder vor Augen zu führen. Capotes Erzählkonzept ist sorgsam ausgeklügelt. Opfer und Täter werden in der Banalität ihres Alltags vorgestellt, der seine Spannung daraus bezieht, dass beide Seiten am Ende des Tages unausweichlich und mit bereits bekannten Folgen aufeinandertreffen werden. Über viele Kapitel laufen die Erzählstränge der Opfer- und Täterseite parallel. Während die Ermittler verzweifelt versuchen, den Mord aufzuklären und die Täter zur Strecke zu bringen; begleitet der Leser Perry und Dick, die Täter, einmal quer durch die USA und erfährt nach und nach Einzelheiten aus ihrem bisherigen Leben. Nie ist man ganz sicher, wie man sich zu den beiden positionieren soll, man kommt ihnen seltsam nah und ertappt sich mitunter darin, so etwas wie Mitgefühl für sie zu empfinden. Doch dann bringt einen Capote wieder zurück in Spur und man ärgert sich, dass man beinahe auf seinen Erzähler reingefallen wäre, der scheinbar auch nicht so klar zwischen Freund und Feind unterscheiden kann. Capote spielt hier mit den Perspektiven und führt mich regelrecht vor. Obwohl ich weiß, dass hier ein Tatsachenroman vorliegt, der auf Fakten und Interviews beruht, will ich glauben, dass der Erzähler allwissend ist und die ganze Wahrheit kennt. Das bringt eine unglaubliche Dynamik in das Erzählen. Fakten und Fiktion vermischen sich und nach über 500 Seiten habe ich das dann auch irgendwann verstanden.
- Michel Foucault
Überwachen und Strafen
(27)Aktuelle Rezension von: SokratesFoucault erklärt die soziologischen, kriminalhistorischen und rechtshistorischen Ursachen für die seit dem Ende der Frühen Neuzeit in Frankreich einsetzende Schwerpunktverlagerung der Strafrechtsfunktion. Er zeigt anhand vieler exemplarischer Beispiele, wie sich die Sühnefunktion immer weiter in den Vordergrund schob und die Bestrafung der „Seele“ des Täters an Bedeutung gewann. Waren die alten Strafen noch drakonisch und orientierten sich an ihrer Schwere (Schmerzmaß, Eindruck auf das bei der Vollziehung der Strafe zuschauende Volk), soll nun der Täter „erzogen“ werden und v.a. „in der eigenen Schale“ gequält werden. Mit dieser mehr nach innen (= auf die Täterpsyche) gerichteten Straftheorie entwickelte man sich weg von der Exekution auf dem Marktplatz hin zu einer Strafverbüßung in staatlichen Gefängnissen. Deren Organisation und Arbeit sowie die Rolle der Juristen und Richter wird ausführlich dargestellt und bewertet. - Wendy Lower
Hitlers Helferinnen
(6)Aktuelle Rezension von: Bellis-PerennisWendy Lower ist eine amerikanische Historikerin und hat sich eines noch ziemlich unerforschten Themas angenommen: Welche Rolle spielten die Frauen im NS-Reich?
In sieben Kapitel geht sie der Frage nach, welchen Anteil die Frauen an den Gräueltaten hatten.
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Die verlorene Generation deutscher Frauen
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"Der Osten braucht dich!"
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Augenzeuginnen
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Komplizinnen
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Täterinnen
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Warum haben sie gemordet?
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Was geschah mit ihnen?
Exemplarisch greift sie rund ein Dutzend Frauen, darunter eine Lehrerin, Krankenschwestern, Sekretärinnen und Ehefrauen heraus. Es gibt tausende junge Frauen, die dem Ruf des „Führers“ freiwillig folgen. Was treibt sie an? Was erwarten sie? Karriere, Anerkennung oder schnöder Mammon?
Meine Meinung:
Das Buch heißt auf Englisch „Hitler Furies“ (also „Hitlers Furien“), was ein wesentlich aussagekräftigerer Titel ist, als „Hitlers Helferinnen“. Mit Helferin assoziiert man immer etwas Nettes, Gutes. Doch diese Frauen sind weder nett noch gut. Sie erschießen oder erschlagen Kinder von eigener Hand, lassen Menschen verhungern oder geben tödliche Injektionen. Sie bereichern sich am Schmuck, der Kleidung und wohnen in den Häusern der ermordeten Juden.
Das Buch ist, zugegeben schwere Kost. Allerdings überzeugt mich die Darstellung nicht zur Gänze. Es gibt keine wirkliche wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas. Ist das Sample einfach zu gering? Stehen zu wenige Unterlagen zur Verfügung?
Der Umgang mit den Mörderinnen nach dem Krieg wird erzählt: Kaum eine Frau wird wirklich angeklagt, wenn doch, dann eher frei gesprochen als verurteilt. Woran das liegt? Einerseits daran, dass man den Frauen solche Grausamkeiten nicht zutraut und andererseits, weil den Belastungszeugen kaum geglaubt wird. Die Aussagen von überlebenden Juden werden geringer gewertet als die Aussagen der Angeklagten. Hier hat sich die Nachkriegs-Rechtsprechung nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Einen guten Einblick in das Leben der Frauen während des Krieges erhält der Leser durch eine Reihe von Fotos, z.B. Frauen mit Gewehr in der Hand. Die Autorin zitiert aus Briefen und Dokumenten. Einige davon sind abgebildet.
Eindeutig widerlegt wird das Vorurteil, dass eine von Frauen regierte Welt, weniger grausam sein könnte, auch wenn das die militanten Vertreterinnen der Emanzipation so gerne haben möchten.
Fazit:
Es ist wichtig und richtig, dass sich die Autorin dieses bislang noch nicht erforschten Themas angenommen hat. Allerdings müsste hier noch mehr und gründlicher geforscht werden. Vielleicht gibt dieses Buch ja den nötigen Anstoß.
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- Hannah Arendt
Eichmann in Jerusalem
(37)Aktuelle Rezension von: BrittaRoederHanna Arendt, Publizistin, Autorin, streitbare politische Theoretikerin, begleitete von April bis Dezember 1961 als Journalistin die Jerusalemer Eichmannprozesse und veröffentlichte dazu eine Berichtstrecke „Eichmann in Jerusalem - von der ‚Banalität des Bösen‘ in der Zeitschrift New Yorker.
Dieser Veröffentlichung folgte eine große Debatte, in deren Rahmen Arendt heftig kritisiert, ja sogar angefeindet wurde.
Denn – die deutsch-amerikanische Journalistin, selbst Jüdin, kritisierte in ihrem Text nicht nur offen den Prozessverlauf, ja sie stellte ihn sogar teilweise in Frage.
Die öffentliche Empörung war riesig. Wie konnte sie es wagen, einen der schlimmsten Massenmörder des Dritten Reiches zu verteidigen? Wie die Schwere seiner Schuld zu relativieren?
Die 2011 erschienene mit einem sehr aufschlussreichen Vorwort von Hans Mommsen versehene Ausgabe gibt der Berichterstattung eine dankenswert neutrale Plattform.
Insgesamt sind die zusammengefassten Berichte von Arendt gut lesbar. Chronologisch folgt sie in ihrer Darstellung dem Prozessverlauf, weicht aber auch regelmäßig ab um ergänzende Fakten einzubringen. In diesem Sinne liefert Arendt auch heutigen Lesern noch immer eine fundierte Quelle über die Ereignisse rund um den Prozess. Man kann ihre Texte aber auch als eine große zusammenfassende historische Darstellung der Gräueltaten der Nationalsozialisten sehen. Arendts Berichtston bleibt dabei immer kühl und sachlich. Bittere Ironie ist das höchste Maß an Polemik, das sie sich als Berichterstatterin gestattet. Diese Nüchternheit, mit der sie das Grauen ungeschönt benennt, verleiht den zahllosen Opfern die verdiente Würde und weitet den Blick der Leserschaft auf das unfassbare Ausmaß dieses Verbrechens.
Darüber hinaus sind Arendts Schriften noch in einem weiteren Kontext zu betrachten:
Immer wieder kommt sie auf die Frage zurück, wie Eichmanns Anteil am Holocaust zu bewerten ist. Und immer wieder kommt sie dabei zu dem Schluss, dass er in Wahrheit lange nicht die tragende Rolle spielte, die man ihm anhängt. Um allen Missverständnissen vorzubeugen: sie nimmt ihn nicht in Schutz, sie zweifelt nicht an seiner Schuld, an seinem Beitrag am Morden. Aber sie stellt die Korrektheit des juristischen Verfahrens in Frage, kritisiert die Verhandlungsführung, die Auslegung der Beweise etc.
Und sie sieht in den Verbrechen Eichmanns (und der Nationalsozialisten) nicht nur das Verbrechen am jüdischen Volk bzw. ein Verbrechen an der Menschlichkeit sondern das Verbrechen an der Menschheit begangen am jüdischen Volk, wodurch es im Grunde nur noch schwerer wiegt.
Auch wehrt sie die These ab, das jüdische Volk historisch in einer Opferrolle zu sehen.
Arendts Beharren auf eine neutrale Behandlung aller historischer Fakten, ihre Forderung nach Objektivität zu jeder Seite hin, hat viele Diskussionen aufgeworfen.
Sie muss eine unbequeme Frau gewesen sein. Eine mutige Frau war sie in jedem Fall, denn mit ihrer kompromisslosen Art brachte eine breite Öffentlichkeit gegen sich auf.
Alleine diese ihr eigene unbestechliche Art auf die Wahrheit der Tatsachen zu bestehen, macht dieses Buch zu einer lohnenden und hochaktuellen Lektüre. - Alexander Demandt
Das Attentat in der Geschichte
(4)Aktuelle Rezension von: AdmiralAuf über 500 Seiten erzählt der Sammelband (eine Verschriftlichung einer universitären Ringvorlesung ?) "Das Attentat in der Geschichte" des Herausgebers Alexander Demandt aus dem Jahr 2000 die Geschichte mehrerer Attentate, wobei Personen unterschiedlichster Fachbereiche zu Wort kommen.
Zeitlich reichen die Attentatsbeschreibungen von der Antike (Darius, Caesar) bis in die Neuzeit (Gandhi, Kennedy). Thematisch betrachtet reichen die Aufsätze auch relativ weit, betrachtet man beispielsweise das Endkapitel (von Alexander Demandt selbst) über das Ereignis des Attentats an sich, in dem er von der Etymologie (lat. attemptare, nicht dt. Tat !) ausgeht, anschließend die unterschiedlichsten Motivationen differenziert betrachtet, unterschiedliche Rezeptionen andeutet und auf den interessanten Aspekt der kontrafaktischen Geschichtsschreibung hindeutet (S. 503-518). Ein anderes thematisches Feld berührt Halm (S. 75-89) mit seinem Aufsatz, da er kein spezielles Attentat beschriebt, sondern eine Attentatsgruppe, nämlich die Assassinen.
Besonders interessant sind jedoch die unterschiedlichen Perspektiven, aus denen heraus die einzelnen Themen betrachtet werden. Überraschend war da der kunsthistorische Ansatz Gaethgens (S. 211-240), der das Attentat auf Marat mit einer Analyse des Gemäldes "Marat" von David verknüpft. Besonders interessant hat auch Steinbach (S. 406-441) in seiner Darstellung zum 20. Juli 1944 methodische und strukturelle Exkurse zum Ereignis des Attentats speziell in einer Diktatur und zur Abhängigkeit der nachträglichen Bewertung der Attentäter von moralisierenden Wertvorstellungen und persönlichen Tendenzen untergemischt.
Etwas enttäuschend andererseits waren die Aufsätze von Krippendorff (Sand, Kotzebue und das Blut des Verräters. 1819, S. 241-260) und Barbara Demandt (Das Attentat auf Kaiserin Elisabeth von Österreich am 10. September 1989, S. 299-329, die entweder eine eigenartige religiös/spirituelle Perspektive einnehmen (Krippendorff), oder sich auf eine prosopographische (ohne Quellenverweise wohlgemerkt) und biographische Sicht beschränken, ohne eine Struturanalyse zu betreiben, den Kontext zu erläutern, oder Auswirkungen ausführlich darzustellen (Barbara Demandt).
Was fast allen Aufsätzen positiv anzumerken ist, ist die mehr oder weniger wissenschaftliche Herangehensweise und gute Lesbarkeit. Auch ist durch die (oben angedeutete) thematische und perspektivische Vielfalt eine Herausfilterung von eigenen "Lieblingen" (mir mangelt es gerade an treffenderen Formulierungen, aber ihr versteht schon !) möglich.
Leider beschränkt sich der Band größtenteils auf europäische Attentate und einige Ereignisse (Pulververschwörung von 1605 !) fehlten schmerzlich. Doch lässt sich das verkraften. - Thomas Hettche
Der Fall Arbogast
(19)Aktuelle Rezension von: HoldenEin (über-)durchschnittlicher Krimi nach einer wahren Begebenheit. Die Beschreibung der Nachkriegszeit und der 50er Jahre in (West-)Deutschland (und die schleichende Modernisierung und Amerikanisierung) ist gut gelungen. - Hans Leyendecker
Die Korruptionsfalle
(3)Aktuelle Rezension von: HoldenLeyendecker berichtet uns aus der um sich greifenden und flächendeckenden Korruption, die vor keiner Branche und keiner Gesellschaftsschicht halt macht. An manche der ganz bekannten Fälle (zB Mannesmann-Vodafone) konnte man sich noch erinnern, nach 20 Jahren wäre eine aktualisierte Neuauflage wünschenswert. Daß in Deutschland bei diesen Zuständen überhaupt noch "was läuft"! Grotesk, was da abgelaufen ist, wie dreist und selbstüberzeugt die Betreffenden vorgegangen sind. Leider kann man keine Partei ausnehmen, auch nicht die selbst favorisierte. Irgendwie denkt man doch, daß das Ganze eher in den Großstädten und den Metropolregionen stattgefunden hat, aber die größeren Unternehmen in unserer Provinz hier (v.a. die Entsorgungsbetriebe) sieht man jetzt auch mit anderen (mißtrauischen) Augen. H.L. ist uns bei unserer Pragfahrt mit der Referendars-AG 2002 in zwei Tagen mindestens drei Mal über den Weg gelaufen. Entscheidungsträger, hört den Autor!
- Jürgen Rath
"...doch stehlen können sie meisterlich"
(3)Aktuelle Rezension von: wolfschwerdtStrandungen gehörten schon immer zur Seefahrt. Was für die Seeleute und Händler eine Katastrophe war, bedeutete für die Küstenbewohner meist fette Beute. Strandrecht, das ist, wie Jürgen Rath in seinem Buch "doch stehlen können sie meisterlich", darstellt, das Recht, angeschwemmtes herrenloses Gut, an sich zu nehmen. Dieses Recht galt bis in das 10. Jahrhundert. Aber bald entwickelten Herrscher und später der Staat durchaus andere Rechtsvorstellungen, die immer wieder in Gesetzte gegossen wurden und bis heute das scheinbar natürliche Strandrecht außer Kraft setzen. Als aber 2007 ein Orkan den Frachter MSC Napoli so stark zur Seite drückte, dass er 200 Container seiner Decksladung verlor, da lebte an der Küste vom Südenglischen Devon die alte Tradition des Strandrechts wieder auf. Die Küstenbevölkerung, schneller als die Polizei, schleppte den Inhalt der gestrandeten Container nach Hause und verhökerte diesen im Internet. In seinem Buch „…doch stehlen können sie meisterlich“, schlussfolgert Jürgen Rath: „Offensichtlich lag der finnische Rechtshistoriker Vilho Niitema doch nicht so falsch mit seiner Einschätzung, dass das Strandrecht eine der ältesten Rechtsauffassungen der Menschen ist, denn dieses Recht scheint so tief im Bewusstsein der Strandbevölkerung verwurzelt zu sein, dass man ihr auch nach 1000 Jahren staatlicher Sanktionen nichts anhaben konnte.“ Um eben diese 1000 Jahre staatlicher Sanktionen handelt das Buch von Jürgen Roth, dem promovierten Historiker, Seemann und Kapitän. Der Titel des Buches „Doch stehlen können sie meisterlich“ entstammt einer Beschwerde des Westerländer Strandvogtes Broder Hansen Decker im Jahre 1795 hinsichtlich des allzu milden Umgangs der Gerichte mit den Strandräubern. Denn die Strandvögte hatten die Aufgabe, gestrandetes Gut im Auftrag des Staates zu sichern und aufzubewahren bis sich der Besitzer gemeldet hatte. Nach einer bestimmten Frist fiel das Strandgut an den Staat, natürlich nicht ohne an den Vogt und gegebenenfalls andere Beteiligte einen Bergelohn zu zahlen. Rath schildert in dem Buch sehr anschaulich und lebendig, wie Schiffe in schlechtes Wetter geraten und schließlich Stranden können. Er beschreibt, die Situation der Überlebenden, die oftmals vom Regen in die Traufe gekommen waren. Sei es, dass sie von den Strandbewohnern erschlagen wurden, weil nur herrenloses Gut rechtmäßig angeeignet werden durfte, sei es, weil gerade zu Zeiten, als das Strandrecht tatsächlich noch existierte, auch die Überlebenden schlichtweg als Bergungsgut galten und als Sklaven verkauft wurden. Der Stil ist ausgesprochen authentisch, kein Wunder bei einem Autor, der wie Jürgen Rath selbst jahrelang zur See gefahren ist. Und so bildet die Lektüre der Kapitel über Strandungen, Ladungssicherheit, die mittelalterlichen Auseinandersetzungen zwischen Landesherren, Kaufleuten und Küstenbevölkerung um das begehrte Bergungsgut havarierter Schiffe oder die Versuche, Recht gegen Strandrecht zu setzen eine Mischung zwischen Information, Abenteuer und Geschichte. Rath gelingt es immer wieder, die nur scheinbar trockene Materie der Rechtsgeschichte, durch die Beschreibung konkreter Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Beteiligten sehr praktisch zu vermitteln. Dazu gehört auch die mit zeitgenössischen Stichen illustrierte Beschreibung der teils drakonischen Strafen, die für Strandräuber im Mittelalter vorgesehen waren. Das Buch „doch Stehlen können Sie meisterlich“ beschreibt letztendlich den Kampf zwischen Autorität und Bevölkerung im Laufe eines Jahrtausends, mit Reaktion und Gegenreaktion, mit Räuber und Gendarm Spielen, Mit Tricks und Schlitzohrigkeit der Beteiligten. Insofern ist das Buch nicht nur unterhaltsam, sondern auch amüsant. Trotzdem wird die Situation der Opfer, nämlich der Seeleute, die die Aufgabe hatten, Schiff und Ladung zu unter allen Umständen zu verteidigen und die im Gegensatz zu allen anderen Beteiligten kaum eine Lobby hatten, nicht unterschlagen. Amüsant übrigens wird das Buch nicht nur durch den teilweise trocken- humorigen Stil Raths, sondern auch durch den Gegenstand der Betrachtung selbst. Es geht bei der Bergung von Strandgut einerseits um Not und andererseits um Gier. Und so stellt sich eben auch die Frage, was man davon halten soll, wenn ein Staat, der die Aneignung herrenlosen Gutes durch Bürger kriminalisiert, andererseits allein schon deshalb Ansprüche an einen Anteil vom Bergungsgut anmeldet, weil auf Waren, die an Land gebracht werden, grundsätzlich Zölle fällig sind. - Bodo Pieroth
Grundrechte. Staatsrecht II
(2)Aktuelle Rezension von: HoldenDas Standardwerk in der Juristenausbildung zum Thema Grundrechte, Die einzelnen Grundrechte werden hinlänglich und erschöpfend dargestellt und es werden weiterführende Lesetipps gegeben. Während sich in anderen Lehrbüchern (Leerbüchern) häufig Professoren mit ihrer eigenen Meinung präsentieren wollen, halten sich die beiden meiner Meinung nach an die hM, was klausurentechnisch natürlich nur zu begrßen ist. In erster Linie richtet sich das Buch an den Anfänger im ersten bzw. zweiten Semester, ob das Buch auch für die Examensvorbereitung ausreichend ist, wurde in meinem Umfeld jedoch bezweifelt. Ein Juraprof hatte mal in kleiner Runde erwähnt, daß man schön beobachten könne, wie die beiden Profs in 1-bis 3 Auflagen alle Neuigkeiten aufnehmen, so daß das Buch immer dicker wird, und sie sich dann zusammensetzten und wieder einige Sachen rauswürfen und das Buch dann zur nächsten Auflage wieder dünner werde. - Harry Mulisch
Strafsache 40/61
(5)Aktuelle Rezension von: HoldenHarry Mulischs eindringliche Betrachtung des Eichmann-Prozesses in Jerusalem, außerdem ein interessantes Porträt des Staates Israel zur damaligen Zeit (Anfang der 60er JAhre). Viele Fragen bleiben offen, für Mulisch war das Buch der literarische Durchbruch. - Uwe Wesel
Fast alles, was Recht ist
(14)Aktuelle Rezension von: Nelly87Der Inhalt
Das Werk ist - für Nichtjuristen, aber auch für Juristen verfasst - eine Einführung in das Recht. Dazu verliert es sich nicht in juristischen Details, sondern vermittelt wesentliche Grundbegriffe, erläutert, was sich dahinter verbirgt. Zudem bringt es zentrale Rechtsfälle, die von der Rechtsprechung entschieden worden sind. Damit wird der Stoff nicht nur anschaulich und plastisch. Der Leser bekommt vielmehr auch ein Gefühl über den Einfluss und die Bedeutung der Judikative. Bei all dem beschreibt der Autor nicht nur, sondern übt auch Kritik und gibt Anregungen zum Weiterdenken, damit sich der Leser ein Urteil bilden kann. Inhaltlich beginnt Wesel mit der Sprache des Juristen und stellt dann exemplarisch Materien u.a. aus dem Staats-, Europa- und Verwaltungsrecht, dem Privat- und Arbeitsrecht sowie dem Strafrecht dar. Am Schluss erfährt der Leser noch Wichtiges zu Theorie und Methode des Rechts. Vorteile auf einen Blick - vermittelt das Verständnis für zentrale Strukturen des Rechts - gibt einen Überblick zu den wesentlichen Rechtsgebieten - anregender, amüsanter Schreibstil
Der Autor
Nach dem Abitur in Hamburg studierte Wesel an der Ludwig-Maximilians-Universität in München klassische Philologie, bevor er zur Rechtswissenschaft wechselte. Von 1961 bis 1968 war er an der Münchner juristischen Fakultät zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter, dann Assistent bei Wolfgang Kunkel. Er wurde 1965 mit einer Arbeit zum Römischen Recht an der Universität des Saarlandes zum Dr. iur. promoviert. Er habilitierte sich 1968 mit einer Schrift über Römisches Recht und Bürgerliches Recht.1968 wurde er zum Ordentlichen Professor für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte an der Freien Universität Berlin berufen und von 1969 bis 1973 war er deren Vizepräsident. Im März 2001 wurde er emeritiert. Im Mai 2006 wurde Wesel in Berlin als Rechtsanwalt zugelassen.Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und regelmäßiger Mitarbeiter der ZEIT, der Kritischen Justiz und des Kursbuches. [ Quelle: Wikipedia ]
Meine MeinungNachdem ich 5 Jahre Studium hinter mich gebracht habe, hätte ich eine ganze Wagenladung mit Sachbüchern, die ich euch vorstellen könnte. Doch die wollte ich auf meinem Blog nie haben. Warum also nun diese Rezension? Bei Fast alles, was Recht ist handelt es sich nicht um ein klassisches juristisches Lehrbuch, sondern ist vielmehr gerade an Nicht-Juristen gerichtet. Ich habe es von meiner Tante, die selbst Anwältin ist, geschenkt bekommen, als ich mich nach dem Abi dazu entschieden habe, genau dieses Gebiet zu studieren. Nun stehen meine mündlichen Examensprüfungen bevor und wer kennt es nicht: man greift auch zu dem noch so kleinen Strohhalm, also habe ich mir auch dieses Werk nochmal zu Gemüte geführt.
Uwe Wesel hat es sich zur Aufgabe gemacht, Jura auch für Nicht-Juristen verständlich zu erklären. Denn die Waffe eines jeden Juristen ist seine Sprache, die außer ihm nur andere "Gleichgesinnte" verstehen können. Wer schon einmal einen Blick ins BGB geworfen hat, wird mir da wohl zustimmen. Doch Uwe Wesel will zeigen, dass Jura auch nur logisches Denken und ein wenig Verständnis ist.
Er beschäftigt sich ausgiebig mit den drei großen Rechtsgebieten Strafrecht, Zivilrecht und öffentliches Recht. Er geht aber auch auf Themen wie Gerechtigkeit ein. Das Buch umreißt das Recht in einem Umfang, der mich wirklich überrascht hat, denn er deckt so ziemlich jedes große Gebiet ab. Dabei versucht er, komplexe Themen in einfache Worte zu kleiden, doch man darf sich nicht täuschen lassen: einfache Lektüre ist was anderes. Denn das Themengebiet bleibt ein schwer durchdringbares.
Allerdings sind mir zwei Minuspunkte negativ im Gedächnis geblieben. Zum einen werden immer wieder Paragrafen fehlerhaft zitiert. Da wird das Rechtsstaatsprinzip einmal nach Art. 200 GG verortet, einmal nach Art. 10 GG, dabei steht es in Wahrheit in Art. 20 GG (und das nicht erst seit gestern). Auch die Ewigkeitsgarantie, die für unsere Verfassung einen herausragenden Posten einnimmt, steht in Wesels Grundgesetz wohl an anderer Stelle als in meinem. Nachdem mir die bereits 8. Auflage des Buches vorliegt, kann man doch davon ausgehen, dass solche Fehler zwischenzeitlich beseitigt wurden. Für den gebietsfremden Leser mag das vielleicht kleinkariert erscheinen und auch nicht weiter auffallen. Wer allerdings weiß, wo was steht, der stolpert immer wieder über diese Stellen.
Hinzu kam, dass Uwe Wesel an vielen Stellen seine ganz eigene Meinung über diskutierte Rechtsprobleme oder Streitstände mit in den Text einfließen lässt. Das ist in der juristischen Literatur nichts außergewöhnliches, gerade in diesem Buch hätte ich mir aber Objektivität gewünscht. Zumal ich der Ansicht bin, dass diese Meinungseinstreuungen das Ganze noch verkomplizieren.
Mein Fazit
Wer sich für unser Rechtssystem interessiert und gerne wissen möchte, wie sich alles aufbaut, der ist mit Fast alles, was Recht ist richtig bedient. Und auch wer mit dem Gedanken spielt, ein Jura-Studium in Angriff zu nehmen, sollte vielleicht mal einen Blick risikieren. Das Buch liefert einen wirklich guten Überblick und zeigt, dass auch Juristen nur mit Wasser kochen. - Michael Schröter
»Wo zwei zusammenkommen in rechter Ehe ...«
(1)Aktuelle Rezension von: SokratesWie heiratete man im 12. und 15. Jh. ? Welche Rechtvorschriften und Bräuche fanden Anwendung und sind für Soziologen auswertbares Material? Michael Schröter hat eine Vielzahl an Prosa-, Rechts- und Sachtexten zusammengesucht und ausgewertet. Herausgekommen ist eine Übersicht über das Verheiratet-Werden junger Frauen, die im Hochmittelalter noch garnichts zu vermelden oder zu äußern hatten. Maßgeblich war der zwischen den Vätern oder nahen männlichen Verwandten zusammengekommene Konsens über die Verheiratung, der vertraglich fixiert wurde. Hinzu traten Rituale, die dieses Konsens nach außen dokumentierten. Ähnlich verfuhr man auch in der römischen Antike. Erst im Spätmittelalter kommt es zu zwei fundamentalen Neuerungen: einerseits beansprucht die Kirche ein Mitrederecht, eine Legitimation dieser Ehe, indem sie Segen spendet und das Sakrament ausgibt. Eine rechtmäßige Ehe ist nur dann möglich, wenn sie kirchlich legitimiert ist. Mit der Kirche drängt sich in der Frühen Neuzeit immer weiter der Staat in das Eheschließungsrecht; frühestens mit der Reformation, spätestens mit der Zivilehe. Und, zweitens, spätestens im Spätmittelalter erhält die Frau im Eheschließungsprozess auch in den unteren Gesellschaftsschichten eine Stimme, sie kann mit einwilligen, ihre Zustimmung ist konstitutiv. -- Das Buch ist keine rein historische Abhandlung, sondern möchte vor allem soziologisch eine Entwicklung aufzeichnen. Zentral ist Schröters These, wonach der kirchlich-staatliche Eheschließungsakt Resultat der seit dem 13. Jh. einsetzenden Verstaatlichen und Staatsbildung sei. Diese These kann man sehr gut nachvollziehen, das vorgelegte Quellenmaterial sowie seine Wertung lassen diese Aussagen zu. - Heinrich Mitteis
Deutsche Rechtsgeschichte
(1)Aktuelle Rezension von: SokratesDer Klassiker der deutschen Rechtsgeschichte, vom Beck-Verlag bis heute in ständig neuer Auflage publiziert. Ein Buch, dass jeder Jurist irgendwann einmal während seines Studiums - meist zu Anfangs - in der Hand hatte und jeder Historiker einmal in der Hand haben sollte. Unentbehrlich, zumal es keine vergleichbar souverän und komplex geschriebene deutsche Rechtsgeschichte gibt. - Peter Gröschler
Die tabellae-Urkunden aus den pompejanischen und herkulanensischen Urkundenfunden
(1)Noch keine Rezension vorhanden