Bücher mit dem Tag "rechtsradikalismus"
88 Bücher
- Timur Vermes
Er ist wieder da
(3.399)Aktuelle Rezension von: ButtaDer Schreibstil ist natürlich der Hauptperson entsprechend etwas gehobener oder soll zumindest so wirken. Es ist teilweise etwas anstrengend zu lesen und wirklich viel passiert auch nicht. Ich musste schon ein paar Mal lachen weil ein paar Missverständnisse oder Beschreibungen lustig sind aber alles in allem hat mir das Buch nicht wirklich was gegeben. Ich finde es überschätzt und das offene Ende hat mir auch überhaupt nicht gefallen. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe aber irgendwie mehr und ich bin auch unsicher wie ich zu dieser Thematik in dieser Umsetzung stehen soll
- Robert Scheer
Pici: Erinnerungen an die Ghettos Carei und Satu Mare und die Konzentrationslager Auschwitz, Walldorf und Ravensbrück
(42)Aktuelle Rezension von: pardenEIN PERSÖNLICHES MAHNMAL...
Robert Scheer liebte seine Großmutter. Dies ist an und für sich nichts Besonderes, doch eigentlich ist es ein Wunder, dass es den Autor überhaupt gibt. Denn eigentlich hätte seine Großmutter Pici nicht überleben, nicht heiraten und keine Familie gründen dürfen. Denn dies war der Plan von Hitler und seinen Schergen. Doch als einzige ihrer weitverzweigten jüdischen Familie überlebte Pici ("die Kleine") seinerzeit die Gräuel des Holocaust.
"Die Weisen sagen, das Ziel des Lebens sei das Leben selbst. Dem folgend habe ich das Ziel erreicht. Denn ich lebe noch." (S. 56)
Zum 90. Geburtstag seiner Großmutter beschloss Robert Scheer, diese nach ihren Erlebnissen zu befragen, damit ihr Zeugnis bewahrt bleibt. Und wo Pici jahrzehntelang geschwiegen hat, öffnete sie sich ihrem Enkel gegenüber und gab Auskunft über helle und dunkle Jahre ihrer Vergangenheit.
Die ersten zwei Drittel des Buches erzählen von Picis Familie und ihrer Kindheit in Rumänien. Dort wohnte die Familie ungarischer Juden und lebte vom Holzhandel des Vaters. Arm, kinderreich, aber zufrieden, so wie viele andere Menschen der kleinen rumänischen Stadt auch. Als etwas langatmig habe ich diese Schilderungen zeitweise empfunden, aber andererseits als durchaus legitim - holte sich Pici auf diese Art noch einmal alle Mitglieder iher großen Familie in ihre Erinnerung zurück, alle in den Jahren des Holocaust ums Leben gekommen.
Die schlimmen Erlebnisse Picis nach dem Verlust ihrer Heimat in den 40er Jahren nach der Machtergreifung Hitlers nehmen entsprechend etwa ein Drittel des Buches ein. Die Vertreibung ihrer Familie aus der kleinen rumänischen Stadt, die Erfahrungen im Ghetto, die Deportationen in verschiedene Konzentrationslager, die Kälte, die Hitze, der Hunger, die Unmenschlichkeit, die Angst, die Krankheiten, das Trauma, der Tod - Dinge, über die es sicher auch nach 70 Jahren noch schwerfallen dürfte zu sprechen.
Was mich bei der Lektüre verblüffte, waren die großen Erinnerungslücken Picis, die viele schreckliche Erlebnisse und Details ausgeblendet zu haben scheint.
"Und auch für die folgenden Zeiten gibt es solche kleinen Momente, die völlig in meinem Gedächtnis fehlen, aber nicht so, dass ich sie nach Jahren vergessen hatte, sondern so, als hätten sie nichts mit mir zu tun gehabt. Vielleicht, weil mein Verstand dies alles nicht nachvollziehen konnte und von sich wegschob..." (S. 90)
Entsprechend rudimentär erscheinen denn auch teilweise die Erinnerungen, Spotlights der Schrecken, wobei die Schilderungen selbst nahezu nüchtern erscheinen. Dennoch kommt das Grauen beim Leser an, die Bilder lassen sich ncht verdrängen, die Unfassbarkeit der Erinnerungen bricht sich Bahn. Zahlreiche in den Text integrierte Fotos (viele aus dem Privatbesitz des Autors) unterstreichen das Geschriebene, geben dem Erzählten ein Gesicht und verankern das Grauen in der Realität.
Der Schreibstil ist einfach, erinnert zeitweise an einen ungeübten Schulaufsatz. Doch vieles ist in wörtlicher Rede wiedergegeben und dokumentiert so eher das Gespräch zwischen dem Enkel und seiner Großmutter Pici als dass es literarisch aufgearbeitet ist. Dieses Stilmittel der wörtlichen Rede unterstreicht in meinen Augen die Authentizität der Erzählung.
Neben den bereits erwähnten Fotos gibt es - vor allem in dem vielseitigen Anhang - auch zahlreiche Kopien von alten Briefen, Dokumenten und Listen, die die Erinnerungen Picis in Raum und Zeit des Holocaust verankern. Hier hätte ich mir eine bessere Qualität der Darstellung gewünscht, denn viele der genannten Quellen waren durch eine blasse und verschwommene Kopie für mich tatsächlich kaum leserlich, was ich wirklich bedauerlich fand.
Robert Scheer hat mit diesem Buch nicht nur seiner geliebten Großmutter ein Denkmal gesetzt, sondern mit Picis Erinnerungen auch ein persönliches Mahnmal geschaffen. Ein Buch 'Gegen das Vergessen', das sehr persönliche Einblicke gewährt.
© Parden - KJ Weiss
In ohnmächtiger Wut
(24)Aktuelle Rezension von: Sonne63Inhalt (lovelybooks):
Ein ausländischer Schüler wird brutal zusammengeschlagen. Der engagierte Lehrer Jens Baumgard kann nicht länger tatenlos zusehen und bewegt die einzige Zeugin zur Aussage. Dadurch rückt er selbst in den Fokus einer rechtsradikalen Gruppierung, die nun alles daransetzt, sein Leben und das seiner Familie zu zerstören.
Meinung:
In diesem Buch hat die Autorin ein Thema aufgegriffen, das topaktuell ist. Auf irgendeine Weise ist jeder von uns schon einmal damit konfrontiert worden, sei es in persönlichen Erlebnissen oder durch die Berichterstattung in den Medien. Rechtsextremismus ist eine zunehmend bedrohlicher werdende Erscheinung in unserer Gesellschaft, geschürt durch Ängste und teilweise einseitige Berichterstattung. Soziale Brennpunkte, Personalmangel, Gesetzeslücken, all dies trägt noch zur Verstärkung der Situation bei. Dort, wo Menschen sich von der Politik im Stich gelassen fühlen und Rechtsextreme scheinbar für ‚Ordnung‘ sorgen, ist dieser Gesinnungsrichtung Tür und Tor geöffnet. Dabei spielt die Gewaltbereitschaft dieser Menschen eine sehr große Rolle. Sie verbreiten Angst und Schrecken. Das führt sogar soweit, dass diese Gewalt gegenüber jedem angewandt wird, der anders denkt oder sich nicht dem Stärkeren unterordnet. Das hat nichts mehr mit Politik zu tun.
Unsere Politik tut sich schwer, diesem Thema Paroli zu bieten. Sie ist nicht bzw. nur bedingt in der Lage, Bürgern Schutz vor Angriffen gegen rechts zu bieten. Vielleicht ein Nachteil der Demokratie, doch dafür leben wir in einer Gesellschaft, in der es so viele Freiheiten gibt, wie niemals zuvor.
Das alles ist natürlich ein sehr komplexes Thema, über das sich stundenlang diskutieren und streiten lässt. K.J. Weiss behandelt genau diese Punkte in ihrem Buch, wie immer eingebettet in eine spannende Handlung. Sachlich präzise ausgearbeitet und erschreckend ehrlich, authentisch und glaubwürdig. Trotzdem geht sie auch sehr sensibel mit dem Thema um, zeigt Situationen und Gefühle der beteiligten Personen auf. Sie beleuchtet die Lebenssituationen und Gründe des Handelns von Tätern und Opfern. Sie scheut nicht einmal davor zurück, Lösungsansätze zu präsentieren.
Fazit:
Dieses Buch ist mehr als nur spannende Unterhaltung. Hier wurde authentisches Zeitgeschehen verarbeitet, über ein Thema, das jeden von uns angeht. Wegschauen ist jedenfalls keine Lösung. Ich kann dieses Buch nur empfehlen.
- Jodi Picoult
Kleine große Schritte
(261)Aktuelle Rezension von: Linda19_7Ruth Jefferson ist Säuglingskrankenschwester in Connecticut. Sie ist eine der besten in ihrem Gebiet. Doch trotzdem untersagen ihr die Eltern des Neugeborenen Davis den Umgang mit ihrem Baby. Die Begründung ist ihre dunkle Hautfarbe. Eines Tages ist Ruth aufgrund eines Notfalls alleine mit Davis und ausgerechnet in diesem Augenblick verstirbt der Säugling. Plötzlich findet sich Ruth vor Gericht wieder…
Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, doch die langen Kapitel und die Ausschweifenden Eindrücke der Protagonisten machen das Buch manchmal etwas zäh. Diese machen das Buch gleichzeitig aber auch zu dem was es ist, denn so bekommt man erst einen richtigen Eindruck, was Rassismus eigentlich bedeutet. Daher sollte man sich schon ein wenig Zeit für das Buch nehmen, denn sonst hat man das Gefühl sich ständig um das selbe Thema zu drehen.
Ruth ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit und ihr Umgang mit ihrem tragischen Schicksalsschlag ist wirklich interessant zu lesen. Was ich sehr schön fand war auch einmal aus der Sicht der Rechtsextremen Turk Bauers zu lesen. Denn so bekommt man auch einen Einblick wieso er so ist wie er ist. Auch aus Sicht der Anwältin Kennedy wird berichtet. Bei ihr habe ich mich aber gefragt wieso sie Berufliches und Privates so wenig trennt. Das fand ich ein wenig seltsam. Für die Geschichte war dies aber sicher förderlich.
Wer sich ausführlich für einen rassistisch angehauchten Prozess interessiert ist hier richtig. Für alle anderen könnte das Buch etwas zäh sein.
- Henning Mankell
Mörder ohne Gesicht
(997)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderKurt Wallander hat viel zu tun. Seine Ehe ist kaputt, seine Tochter zieht sich immer mehr zurück, sein Vater ist verwirrt und dann wird ein altes Ehepaar auf ihrem Bauernhof überfallen. Er stirbt sofort und sie dann im Krankenhaus. Davor bringt sie aber noch das Wort Ausländer heraus. Das dringt sofort nach draußen und ist sehr kritisch in dieser Zeit, denn die rechte Szene Schwedens wird wieder stärker. Ausländerheime werden angegriffen und Kurt Wallander und sein Team haben alle Hände voll zu tun. Solider Auftakt der Wallander Reihe, aber Kurt Wallander kommt alles andere als sympathisch rüber. Macht es schwierig.
- Martin Walker
Bruno Chef de police
(271)Aktuelle Rezension von: BloomingLillyZu Beginn hatte ich Schwierigkeiten, richtig in das Buch hineinzukommen. Der Einstieg fiel mir schwer, weshalb ich mich schließlich für das Hörbuch entschied. Diese Entscheidung erwies sich als positiv, denn das Hörbuch fand ich deutlich angenehmer und es half mir, besser in die Geschichte einzutauchen.
Die Figur des Bruno, des charmanten Dorfpolizisten, ist zweifellos eine der Stärken des Buches. Er ist ein sehr sympathischer Mann, dessen Liebe zu seinem Dorf und dessen Bewohnern authentisch und herzlich rüberkommt. Dennoch fand ich, dass die zwei britischen Frauen am authentischsten wirkten und dem Buch eine besondere Note verliehen haben.
Die Mordermittlung selbst war gut ausgearbeitet und bot interessante Wendungen und Einblicke in das Leben in einem kleinen französischen Dorf. Allerdings empfand ich die Ermittlung an manchen Stellen als langatmig, was den Lesefluss ein wenig hemmte.
Insgesamt ist "Bruno, Chef de police" von Martin Walker ein lesenswerter Krimi mit charmanten Charakteren und einer schönen Atmosphäre. Besonders als Hörbuch fand ich es angenehm und unterhaltsam. Trotz einiger Längen in der Handlung lohnt sich die Lektüre für Liebhaber von gemütlichen Kriminalromanen, die Wert auf eine authentische und charmante Dorfkulisse legen.
- John Grisham
Die Jury
(535)Aktuelle Rezension von: Tamara88Optik - Cover + Klappentext: Das Cover ist sehr einfach gehalten, nur in schwarz-weiß Tönen. Der Name des Autors prangt unverkennbar in der Mitte, darunter das Genre und erst danach der Titel des Buches. Man sieht in der oberen linken Ecke den Verlagsnamen, mitten im Bild zwei Schachfiguren. Es wirklich schlicht, hat mich aber dennoch neugierig gemacht. Der Klappentext enthält eine aussagekräfte Headline. Alle anderen Sätze sind kurz und knapp gehalten, machen aber definitiv Lust auf mehr. Ich musste es kaufen, denn die Geschichte versprach, interessant zu werden.
Buchsatz + Schreibstil + Grammatik: Die Kapitel sind nummeriert, Fehler im Text sind kaum zu finden. Der Schreibstil des Autors ist flüssig, spannend und vielleicht etwas kühl gehalten. Für mich hat es aber perfekt zum Genre gepasst und eine düstere Atmosphäre erzeugt. Außerdem ist alles wahnsinnig realistisch beschrieben worden und zieht den Leser so nur noch mehr in den Bann. Die Charaktere sind vielseitig und authentisch, das Setting sehr schön beschrieben und auch die Handlung an sich schlüssig und nachvollziehbar mit Spannung gemacht, auch wenn es mittig etwas langatmiger wurde. Es war ein Genuss, das Buch zu lesen. Aufwühlend, interessant, nachdenklich. Alles in einem.
Inhalt: Nachdem Carl Lees zehnjährige Tochter von Weißen vergewaltigt und schwerst misshandelt wurde, übt der Schwarze Selbstjustiz, indem er die Täter erschießt. Das Buch beschäftigt sich mit der Frage, ob diese Handlung gerecht war oder nicht und ob er nun dafür bestraft werden soll oder nicht. Ich muss zugeben, den Film nicht zu kennen, aber vom Autor bereits gehört zu haben. Ich konnte also völlig unvoreingenommen in sein Werk einsteigen und bin wirklich überrascht, wie wahnsinnig detailliert, gerade im juristischen Sinne, es ist. Wie realistisch gemacht, wie herzergreifend und gleichzeitig brutal, dass es mir bei einigen Szenen mächtig durch den Magen ging.
Fazit: Das Buch ist wirklich von einem Meister geschrieben worden und ging mir sofort unter die Haut. Ich konnte mit allen Charakteren wunderbar mitfühlen, als wäre ich live dabei. Wer einen durchweg spannenden Thriller sucht mit einer gruseligen oder nervenaufreibenden Szene nach der anderen, könnte hier jedoch etwas enttäuscht werden, denn zwischendurch war es sehr ruhig. Mich störte es nicht, da es in sich trotzdem stimmig wirkte. Ein Buch mit verdienten fünf Sternen. Gern mehr.
- Stefan Aust
Heimatschutz
(8)Aktuelle Rezension von: SplashbooksIm November 2011 flog die NSU auf. Und ein großes Licht wurde auf das Versagen der Behörden und Verantwortlichen geworfen. Vor allem, als dann später bekannt wurde, dass viele wichtige Akten vernichtet wurden. Stefan Aust und Dirk Laabs haben sich hingesetzt und in "Heimatschutz: Der Staat und die Mordserie der NSU" detailliert recherchiert, was in den Jahren passiert ist und wie groß das Ausmaß des Versagens ist.Stefan Aust wurde 1946 geboren. Er war langjähriger Chefredakteur des Spiegels und des Spiegel TV Magazins. Er hat zahlreiche Fernsehdokumentationen produziert und Bücher geschrieben. Sein Buch "Der Baader-Meinhof-Komplex" ist mittlerweile das Standardwerk zur Geschichte der RAF. Seit dem 1. Januar 2014 ist er Herausgeber der Welt und der Welt am Sonntag.
Dirk Laabs wurde 1973 geboren. Er ist Autor und Filmemacher, dessen Film "Die Fremden im Paradies - Warum Gotteskrieger töten" mit dem Dokumentarfilmpreis des BR ausgezeichnet wurde. Ein Buch von ihm ist "Der deutsche Goldrausch. Die wahre Geschichte der Treuhand".
Was kann man von einem Buch erwarten, an dem so namenhafte Autoren gemeinsam geschrieben haben? Auf jeden Fall ein Werk, das gut recherchiert ist. Und ebenso ein Buch, das außerdem spannend geschrieben ist.
Rest lesen unter:
http://splashbooks.de/php/rezensionen/rezension/20750/heimatschutz_der_staat_und_die_mordserie_des_nsu
- Günter Grass
Im Krebsgang
(205)Aktuelle Rezension von: FarbwirbelGünther Grass' Novelle 'Im Krebsgang' lag schon Jahre auf meinem SuB und nun habe ich es endlich geschafft, sie zu lesen.
Inhaltlich war ich tatsächlich überrascht, denn ich dachte, dass es ein historienbezogenes Werk ist und wusste nicht, dass er auch hochgradig aktuell ist.
In der Novelle geht es um Paul Pokriefke, der selbst als Journalist arbeitet und dem Leser einen Schweinsgalopp durch Vergangenheit und Gegenwart eröffnet.
Zu Beginn geht es um Gustloff, Frankfurter und Marinesko, drei historische Personen, die im Zusammehang mit dem NS-Regime stehen. Dabei sei kurz erklärt, dass Gustloff als Nazi von Frankfurter, einem Juden, erschossen wurde. Später, als Hitler die KDF-Fahrten eingeführt hatte, wurde eines der Schiffe Gustloff genannt. Wie es der Zufall so will, ist eben jene Gustloff das Boot, mit dem Mutter Pokriefke später mit ihrem Sohn Paul im Bauch vor den Russen flüchtet. An dem Abend, als die Gustloff abgeschossen wird, wird Paul geboren und Mutter Pokriefke erzählt diese Geschichte ein ums andere Mal ihrem Sohn und später auch ihrem Enkel Konrad.
Wie sich im Lauf der Geschichte herausstellt, ist Konrad sehr vereinamt von dieser Geschichte und entwickelt sich Stück für Stück zu einem Neonazi. Sein Vater beobachtet im Web diese Entwicklung, denn Konny schreibt auf einer Website darüber, doch wirklich einzugreifen wagt er nicht, hat er doch nicht wirklich Kontakt zu ihm.
Die Geschehnisse spitzen sich zu und die Geschichte wird wiederholt. Am Ende kann man tatsächlich die letzte Phrase der Novelle als Kern dieser erkennen:
Das hört nicht auf. Nie hört das auf. - S. 216
Grass fragt in seiner Novelle nach der Idiotie, die Menschen inne haben, die nationalsozialistisches Gedankengut in sich tragen. Vor allem aber trägt er hier einen Sachverhalt vor, der gar nicht so oft thematisiert wird: Intelligtente Menschen und wie diese so denken können und auch, was die Geschichte der Familie in einem jungen Menschen machen kann, wie sie sich weiterträgt. Das war hochinteressant.
[…] Wolfgang Stremplin, der sich online David genannt hatte, einen, wie er sagte, „Nachweis arischer Herkunft“ vorlegte und sich dabei ironisch gab. Den Kommentar zu dem, was er ohnehin wußte, lieferte mein Sohn aus ruhiger Gewißheit: „Das ändert nichts am Sachverhalt. Allein ich mußte entscheiden, ob die mir als David bekannte Person als Jude sprach und handelte.“ - S. 182
Auf der anderen Seite habe ich das Werk nur schleppend fertig bekommen. Gerade der Einstieg mit all den historischen Persönlichkeiten und dem fast abgehackten Schreibstil war für mich nur schwer anzunehmen. Das Buch wurde zum Schluss hin immer interessanter und dennoch blieb der erste Eindruck für mich sehr präsent. Da ist der Titel dann aber wieder sehr genial gewählt. Im Krebsgang. Genau so wird die Geschichte nämlich erzählt.
Den Ich-Erzähler Paul mochte ich sehr gern. Gefangen in dem Rahmen seines Lebens und mit einer großen Schippe Ironie erzählt er daraus.
Schluß mit Gernegroß! Wer sich mit funfunddreißig und beginnendem Haarausfall noch ein Kind andrehen läßt, ist nicht zu retten. Was heißt hier Liebe! Die gibt’s allenfalls wieder ab siebzig, wenn ohnehin nichts mehr läuft. - S. 42
Seine Mutter war für mich so etwas wie das Ebenbild der Nachkriegsgeneration, die danach in der DDR lebte. Irgendwie politsch verwildert im Kopf, wenn man das so sagen kann.
Da ich vom Schreibstil und dem Aufbau der Geschichte nicht zu 100 % überzeugt bin, ich aber mit der Aussage d'accord gehe, bin ich mal wieder im Sternekonflikt. Ich vergebe drei Sterne und würde gerne noch einen imaginären, halben Sternd dazugeben.
- Jan Weiler
Kühn hat zu tun
(99)Aktuelle Rezension von: Lilli33Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch (21. Mai 2016)
ISBN-13: 978-3499266829
Preis: 11,00 €
Spannender Krimi und mehr
Inhalt:
Kriminalhauptkommissar Martin Kühn, verheiratet mit Susanne, zwei Kinder, stolzer Besitzer eines Eigenheims, schwirrt der Kopf. In seiner Wohnsiedlung geht es drunter und drüber. Irgendwas stimmt mit dem Baugrund nicht, Neonazis bilden eine Bürgerwehr, ein kleines Mädchen ist verschwunden und hinter Kühns Garten liegt eine Leiche, aufs Übelste zugerichtet.
Meine Meinung:
Dies ist der Auftaktband der Reihe um den Münchner Polizisten Martin Kühn. Er hat mir in seiner Vielseitigkeit ausgesprochen gut gefallen. Dicht an der Seite des sympathischen, aber auch ein bisschen verschrobenen Protagonisten erleben wir einige turbulente Tage mit polizeilichen Ermittlungen, aber auch einigen privaten Problemen, wobei sich alles irgendwie vermischt.
Besonders Kühns innere Monologe vermögen zu fesseln und bringen auch die Ermittlungen voran. Was den Täter angeht, hatte ich zwar schon früh den richtigen Riecher, doch was genau dahintersteckt, hat mich letztendlich doch sehr überrascht und fasziniert.
Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung für diesen tollen Kriminalroman.
Die Reihe:
1. Kühn hat zu tun
2. Kühn hat Ärger
3. Kühn hat Hunger
★★★★★
- Elias Snæland Jònsson
Runen
(14)Aktuelle Rezension von: simonfunDiese fast unaussprechlichen Namen hindern den Lesefluss ebenso wie die oberflächlichen Protagonisten. Die Umgebungsbeschreibungen sind unbeholfen und ich fand mich selten zurecht. Das hinlänglich ausgereizte Thema "Drittes Reich und dessen Geheimnisse" besticht durch Andeutungen, aber nicht mehr. Das Runen-Rätsel ist recht nett, endet aber völlig unerwartet; nämlich gar nicht und bleibt somit völlig offen.
Wie auch immer - riskant! - Benedikt Gollhardt
Westwall – Auf welcher Seite willst du stehen?
(110)Aktuelle Rezension von: P_Gandalf"Westwall" hat alles, was ein guter Politthriller haben sollte. Sympathische Protagonisten, im Dunkeln operierende Geheimdienste, eine fesselnde Story und manche Person hat Facetten, die nicht ans Licht gezogen werden dürfen.
Inhaltlich geht es um eine junge Polizeischülerin, die ohne ihr Wissen in eine Operation des Verfassungsschutzes gegen eine rechtsextreme Organisation verstrickt wird. Ihr Leben gerät dadurch vollkommen aus der Bahn und sie mehr als einmal in Lebensgefahr. Auf der Suche nach den Geheimnissen ihrer Vergangenheit kommt sie der nicht näher benannten Organisation einen Schritt zu nahe...
Meinung:
Ich hatte vor einiger Zeit bereits die ZDFneo Serie Westwall gesehen und fand den Stoff und die Umsetzung gelungen. Und hier merkt man, dass Benedikt Gollhardt Drehbuchautor ist. Serie und Buch unterscheiden sich extrem geringfügig.
Meiner Meinung nach sind alle Personen gut getroffen. Die Motivation ihrer Handlungen ist für den Leser nachvollziehbar und glaubwürdig. Der Thriller hat Tempo. Der Spannungsbogen wird fast durchgängig gehalten. Der Schreibstil hat mich angesprochen; ich fand ihn gut.
Der Thriller greift die Thematik der erstarkenden rechtsextremen, gewaltbereiten Organisationen in den letzten Jahren auf und stellt Polizei und Verfassungsschutz dagegen. Wie weit sind die Staatsorgane bereit zugehen, wenn es um die Bekämpfung von extremistischen Organisationen geht? und wie weit sind diese Organe bereits durch rechts oder links durchdrungen?
Fazit:
Gelungener Thriller mit starken Charakteren und einem spannenden Plot - lesenswert
- Martin Sonneborn
Herr Sonneborn geht nach Brüssel
(42)Aktuelle Rezension von: BuecherbaerchenIn Vorbereitung an die anstehenden EU-Wahlen habe ich mir vorgenommen dieses und das nachfolgende Buch von Sonneborn zu lesen. Während man am Anfang oft kichern und schmunzeln muss, so schockiert ist man doch am Ende, wie der politische Alltag in Brüssel abläuft. Klüngelei, undemokratische Verhaltensweisen und Verachtung des Wählers werden hier humoristisch dargestellt, was auch bitter notwendig ist, um nicht vor Wut umzukippen.
- David Berger
Der heilige Schein
(10)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-NutzerInteressant mal hinter den Kulissen der Katholischen Kirche zu blicken - Peer Martin
Sommer unter schwarzen Flügeln
(139)Aktuelle Rezension von: MissRose1989Das Cover ist an sich schon besonders, wir haben eigentlich nur den Buchtitel, der dominiert und der Rest der Covergestaltung tritt in den Hintergrund. Trotzdem ist das Cover sehr passend für die Thematik des Buches.
Nuri hat in ihrem Leben schon viel erlebt und ist durch Flucht in Deutschland gelandet, wo sie mit ihrer Familie Schutz sucht.
Calvin dagegen ist Mitglied einer rechten Gang, aber auch sein gesamtes Umfeld besteht aus Menschen, die durch ihre eigene Vergangenheit einen schlechten Einfluss auf ihn haben, ihm den Hass auf Ausländer praktisch einimpfen.
Aber dann lernen sich Nuri und Calvin kennen und aus ausfänglicher Distanz wird Nähe und aus Freundschaft schnell Liebe. Aber beide müssen sich ihrer eigenen Realität stellen, die diese Liebe nie verstehen wird und alles daran setzt, die Beziehung zu unterbringen und zu zerstören...
Nuri und Calvin sind 2 Charaktere, die man als Leser sehr intensiv kennenlernt, die beiden sind mit viel Tiefe dargestellt, aber auch die Nebencharaktere bilden sehr starke Charaktere in dem Buch, gerade wenn es um Nebencharaktere wie Pascal oder Frau Silbermann geht, die hier stellvertretend für die beiden Erfahrungswelten von Nuri und Calvin stehen.
Peer Martin zeichnet in seiner Geschichte nicht nur zwei Erlebniswelten, weil Nuri ist eine grosse Erzählerin, die sich an ihr Leben in Syrien und ihr Leben erzählt, während Calvin schon durch sein Elternhaus geprägt wird und auch durch seinen Umgang mit seiner Clique, die absolute Nähe zum rechten Spektrum hat. Diese zwei Welten prallen durch ihre Liebe komplett aufeinander und während die Familie von Nuri in Teilen offen ist, ergeben sich in Calvins Umfeld - vor allem durch seine Clique aus Neonazis, NPD-Freunden und anderen ausländerfeindlichen Personen besteht - sehr bedrohliche Konstellationen, die neben Calvin auch das Leben von Nuri und ihren Mitbewohnerin in der Flüchtlingsunterkunft bedrohen.
Peer Martin nimmt die Leser mit aus eine sehr emotionale und aufwühlende Reise und schafft damit ein Buch, was sicher heute noch die Relevanz hat. Er lässt das Buch auch immer wieder durch unerwartete Momente interessant werden und dadurch möchte man wissen, wie es mit Nuri und Calvin weitergeht.
Mit der Leseempfehlung ab 16 Jahren muss man dem Verlag und dem Autor auch recht geben, es ist an sich kein klassisches Jugendbuch sondern recht schwere Kost, weil die Problemfelder vom Autor recht gross gehalten werden und dadurch ergibt sich ein Buch voller Konflikte, die eigentlich nur durch eine Liebe ausgelöst werden.
Fazit:
Peer Martin schafft mit "Sommer unter schwarzen Flügeln" kein klassisches Jugendbuch, er schafft eine Geschichte, die fesselt, die berührt und auch nachwirkt.
Ein Jugendbuch mit einer Liebesgeschichte zwischen einen Neonazi und einem Mädchen aus Syrien - an sich würde man meinen, die Geschichte ist so schon hart genug, aber Peer Martin schafft daraus richtig schwere Kost mit vielen Problemen, die sich durch die Nebencharakteren ergeben und auch die gesamte politische Lage. Verschärft wird das Ganze noch durch die Nähe zu ausländerfeindlichen Freunden und einem Umfeld, dass sich auf beide wirklich toxisch auswirkt.
- Helga Bürster
Luzies Erbe
(71)Aktuelle Rezension von: Jayjay94Das Cover ist Recht ansprechend und auch der Klappentext ist spannend geschrieben.
In dem Buch geht es um Luzie Krusenbusch, die stirbt. Ihre ganze Familie kommt zusammen, um die Beerdigung vorzubereiten. Johannes, die Enkelin, öffnet Luzies "heiligen Koffer" und geht der Geschichte ihrer Großmutter auf den Grund. Was ist damals im Zweiten Weltkrieg geschehen?
Ich muss ehrlich sagen, dass ich etwas enttäuscht bin. Der Klappentext verspricht so viel und leider habe ich da mehr erwartet.
Erst zum Mittelteil wird es wirklich spannend.
Am Anfang fiel es mir auch schwer in die Geschichte hineinzufinden. Mit den Personen bin ich auch durcheinander gekommen. Meiner Meinung nach würden die Protagonisten nicht wirklich vorgestellt.
Auch der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart war schwierig. Beim Lesen muss man selber überlegen, welche Zeit jetzt gemeint ist. Die überschriebenen Kapitel nützen da wenig. Vielleicht hätte man da das Jahr vermerken können.
Die Geschichte hat mir zum Schluss hin dann besser gefallen. Der Krieg spielt eine große Rolle. Interessant finde ich es auch, dass die Autorin aus dem echten Leben erzählt. Es ist vieles wirklich so passiert!
Mit den Protagonisten bin ich nicht wirklich warm geworden. Da wurde nicht viel auf die Charaktere eingegangen, bis auf Luzie's Leben.
Die Geschichte hat mir wie gesagt aber der Mitte dann besser gefallen. Einige Sätze sind tiefgründig und es werden wichtige Themen aufgegriffen.
Trotzdem war es nicht ganz so dass, was ich erwartet hatte.
Daher leider nur 3 von 5 Sterne.
- Götz Aly
Warum die Deutschen? Warum die Juden?
(8)Aktuelle Rezension von: ChiefCJuden und Antisemitismus gab’s von 1933 bis 1945 – dieser Eindruck könnte angesichts des üblichen Schulunterrichts entstehen. Wer mehr erfahren wollte, musste (und muss wohl noch immer) sich weiterführende Informationen außerhalb des Lehrplans zusammenklauben. Das Wort „warum“ kommt gleich zweimal vor in Alys Buchtitel und das Fragenzeichen hinter dem „Warum“ der Judenverfolgung wird sich für den Einzelnen vielleicht nie ganz auflösen lassen, weil sie in ihrer Heimtücke und Brutalität für jeden fühlenden und denkenden Menschen letztlich unfassbar bleibt. Doch Aly leistet mit seinem Buch einen großen Beitrag zu den Hintergründen des deutschen Antisemitismus mit wichtigen Ansätzen: Die Deutschen als verspätete Nation, die sich gegen das vermeintlich Fremde abschotten, um die eigene, unsichere Identität zu stärken. Die – meist von „oben“ initiierten – Umbrüche zu Anfang des 19. Jahrhunderts, etwa die Gewerbefreiheit, die sich im Zuge der industriellen Entwicklung sowieso nicht mehr aufhalten lässt. Vielen etablierten Bürgern, Handwerkern, Händlern macht die neue Freizügigkeit Angst, sie befürchten den Abstieg. Für die Juden hingegen bedeuten die neuen Rechte Chancen, die sie zuvor nicht hatten und diese nutzen sie – was wiederum den Antisemitismus verstärkt, der, wie Aly plausibel anhand vieler Quellen belegt, größtenteils durch Neid hervorgerufen wird. Und, so schreibt Aly, der Neidhammel braucht einen Sündenbock.
Hoch interessant und nachvollziehbar ist auch, wie Aly mit dem Vorurteil aufräumt, die Nazis hätten vor allem in bestimmtem Milieus Erfolg gehabt, zuvorderst bei den von Abstiegsängsten gepeinigten Kleinbürgern. Er macht deutlich, dass die Nazis bei allen gesellschaftlichen Gruppen Stimmen fangen konnte. Wie sonst wäre ihre Erfolge erklärbar und die Tatsache, dass sie auch den Linksparteien massiv Wähler abjagten? Das Phänomen, dass Tausende von ganz links nahtlos nach ganz rechts umschwenkten, ist zwar seit langem bekannt. Aly unterstreicht aber die Parallelen der Gleichheits(und Gleichmacher-)ideologien so gegnerischer Parteien wie der Nazis, der Kommunisten und der Sozialdemokraten.
Alys brillant geschriebenes Buch gibt tiefe Einblicke in die Geschichte des deutschen Antisemitismus. Doch sein Werk ist, auf einer zweiten Ebene gelesen, auch ein Manifest für den Liberalismus im besten Sinne, das soll heißen, nicht die schnöde Freiheit VON irgendetwas, etwa von jedweden wirtschaftlichen Einschränkungen, wie sie der Neoliberalismus (wieder) predigt, sondern die Freiheit des Menschen, sich im Rahmen seiner Individualrechte zu verwirklichen. Die Freiheit habe in Deutschland stets hinter der Gleichheit zurückstehen müssen. Aly: „Die Todsünde des Neides, kollektivistisches Glücksstreben, moderne Wissenschaft und Herrschaftstechnik ermöglichten den systematischen Massenmord an den europäischen Juden.“ Als pessimistisches Fazit bietet sich ein zutreffender Satz Brechts an (auch wenn Letzterer ideologisch ebenfalls verblendet war): Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. - Reiner Strunk
Einer fällt den Baum
(5)Aktuelle Rezension von: ManuHeroldMmm was soll ich sagen. Ich habe es gelesen. Nicht gerade verschlungen. Am Anfang fand ich es noch recht vielversprechend. Wie das Bild gefunden wurde. Pfarrer Beermann und das Schicksal was sich gegen ihn verschworen hat. Aber auf einmal ist die Frau zurück ... plopp ... auf einmal lüften sich die Geheimnisse. Die Spannung war am Anfang recht gut, aber es seicht mit der Zeit immer mehr ab. Auch wenn mich die Hintergründe vom Bild schon sehr interessiert haben, hat mir etwas der "Krimi" am Schluss gefehlt. Nicht schlecht, aber nicht so ganz meines. - Thomas Elbel
Die Todesbotin
(50)Aktuelle Rezension von: SatoDer zweite Fall mit dem Berliner LKA Team, das wieder ziemlich aus dem Rahmen fällt.
Ein erschossener türkischstämmiger Ladenbesitzer mit Kontakten ins Clanmilieu und eine Bombenexplosion in einem verlassenen Krankenhaus mit zwei Opfern aus der Bettelmafia und Hinweisen zu islamischen Terrorismus - beide Fälle scheinen zusammen zu hängen. Doch irgendwie passt das alles nicht zusammen und es finden sich Spuren die in eine ganz andere Richtung weisen. Zu allem Überfluss ist auch Begüms kleiner Bruder in den Fall verwickelt und der Verfassungsschutz zieht die Fälle an sich.
Wie schon im ersten Teil arbeiten die drei Ermittler ziemlich außerhalb der Dienstvorschriften, insbesondere Begüm überschreitet Grenzen um ihrem Bruder zu helfen. Um den eigentlichen Fall herum werden auch die Geschichten von Viktors Großvater und seiner etwas komplizierten Beziehung zu Stella, der Gerichtsmedizinerin, weiter erzählt. Man erfährt einiges aus Begüms dunkler Vergangenheit, dafür tritt Ken dieses Mal ein wenig in den Hintergrund.
Der Schreibstil ist flüssig, die Story spannend und voller Überraschungen und auch die "Nebenrollen" sind gut aufgebaut (z.B. der Kriminaltechniker mit Berliner Schnauze). Zum vollen Verständnis der Rahmenhandlung empfiehlt es sich, den ersten Band "Der Todesmeister" gelesen zu haben.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!
- Nicola Marni
Die Tallinn-Verschwörung
(13)Aktuelle Rezension von: TanzmausDas Autorenehepaar legt mit der „Tallinn-Verschwörung“ nach vielen erfolgreichen historischen Romanen und einem Fantasy - Kinderbuch ihren ersten Thriller vor.
Die Geschichte startet in München. Eine Frau kommt von ihrer Schicht in der Klinik nach Hause und trifft dort zum falschen Zeitpunkt auf die falschen Leute. Minuten später ist sie tot. Während die Polizei allerdings von Selbstmord ausgeht, wittert ihr Lebensgefährte Torsten Renk, ein junger deutscher MAD-Agent, eine Verschwörung dahinter. Gegen den Befehl seines Vorgesetzten macht er sich mit Hilfe der Computerspezialistin Petra Waitl auf die Suche nach den Mördern seiner Freundin Andrea und stößt dabei auf ungeahnte Abgründe.
Seine Suche führt ihn dabei nicht nur in die Kreise der rechten Szene, sondern sogar nach Italien und schließlich nach Tallinn. Dabei trifft er auf die Nichte des Kardinals, die ihrerseits auf der Flucht vor den Schergen der Kleriker ist.
Die Geschichte ist so lebendig und spannend geschrieben, dass sogar Leser, die normalerweise einen Bogen um Thriller machen, auf ihr Lesevergnügen kommen werden. Die Hauptfiguren Torsten und Graziella werden zunächst jeder für sich dargestellt und finden dann erst in Italien zusammen. Dadurch gelang es den Autoren, beide Figuren so farbig zu beschreiben, dass der Leser nach Beenden des Buches das Gefühl hat, er verließe zwei gute Freunde. Auch die Nebenfigur Petra wird dem Leser durch ihre Art sehr sympathisch nahegebracht.Bei den Schauplätzen merkt man, dass die Autoren vor Ort recherchiert haben müssen, um alleine die Details so gut erfassen und beschreiben zu können. Leider haben sie der Zeit etwas vorweg gegriffen und dabei ein Gebäude in die Luft gejagt, das noch nicht existiert. Sprachlich wissen die Autoren den Leser zu fesseln, aber auch zum Nach- und Mitdenken anzuregen.
Fazit: Ein sehr guter Thriller gespickt mit viel Spannung, Action und einem Hauch von Romantik. Der Leser wird sich nach den knapp 500 Seiten auf ein Wiedersehen mit Torsten Renk freuen. - Max Czollek
Desintegriert euch!
(3)Aktuelle Rezension von: HoldenEin tiefschürfendes Buch über die deutsche Schande, wirklich allen ans Herz gelegt. Sehr inhaltsschwer, so daß man nur langsam und mit Bedacht lesen kann. An die Walser-Rede konnte ich mich noch erinnern, sein Buch "Tod eines Kritikers" hätte vielleicht auch Erwähnung in diesem Appell finden können.
- Jean-Claude Izzo
Total Cheops
(32)Aktuelle Rezension von: porte-bonheurZu diesem Buch ist auch auf diesem Portal schon soviel Kluges geschrieben worden, dass ich das eigentlich nicht noch um eine Stimme anreichern wollte. Dann war es mir aber doch wichtig - eher für mich selbst - ein weiteres Loblied hinzuzufügen. Nach all den vielen zuletzt so gelesenen "Regionalkrimis", ganz besonders diesen ganzen Serien in schönen Landschaften ermittelnder Kommissare und Kommissarinnen, ist Izzo und sein Werk eine völlige Wohltat: hier stimmt einfach alles! Und es zeigt, was ein Krimi noch soviel mehr sein kann als eine am Ende banale Aufklärungsarbeit von Mord und Totschlag.
Das Buch wurde bereits 1995 im französischen Original veröffentlicht und hat doch nichts von seinem Charme, seiner Kraft und auch seiner ihm zugrundeliegenden Wahrheit verloren. Und ich glaube, dass ich das gut beurteilen kann, denn ich hatte es mir tatsächlich im französischen Original gekauft, auch gelesen und jetzt eben noch einmal in der deutschen Fassung wiederum ganz intensiv duchlebt. Und es ist ein Erlebnis! Nicht nur dann, wenn man schon selbst in Marseille war und diese Stadt bei der Lektüre noch vor Augen hat.
Izzo liebt diese Stadt und hasst sie doch zugleich, das spürt man an seinem Gesang über sie. Er findet zu einem mitreißenden, über weite Strecken tief melancholischen Erzählstil, erfindet ein Personal, dass man auch wirklich glaubt, keine Abziehbilder oder Schablonen und er bettet alles in seine Stadt und deren Umgebung ein, dass man irgendwie selbst vor Ort ist und das eben nicht mehr nur als Tourist.
izzo beschreibt, wie wenig es oft ausmacht, auf welcher Seite des Gesetzes man zu stehen kommt, zumal wenn man anderer Abstammung, Hautfarbe oder Religion ist als der größere Teil der einen umgebenden Bevölkerung. Und das ist noch immer ein großes Thema an sich! Wir sehen, wie der Zufall oft darüber entscheidet, welchen Ausgang eine Geschichte nimmt. Wir fühlen mit, wenn man sich als Mensch einem anderen Menschen nicht so mitteilen kann oder will, dass dieser einen so versteht, wie man es selbst gerne hätte. Und wir lernen, wie wenig es im Leben bedarf, wirklich glücklich zu sein, wenn eben oft auch nur für einen Moment!
Auch nach meiner ersten Lektüre des Buches, also nach 27 Jahren, ist es noch immer ein beeindruckendes, wirklich mitnehmendes Beispiel für einen guten Krimi in einer eng umrissenen Region. Viel mehr als nur dahinplätschernde Unterhaltung, die man nur deshalb bis zum Ende mitmacht, weil man eben den Ausgang der Handlung wissen will. Es ist ein einzigartiger Gesang auf Marseille und seine Menschen, der es sogar schafft deren Düfte riechen und das Essen dort schmecken zu lassen!
- Camilla Läckberg
Engel aus Eis (Ein Falck-Hedström-Krimi 5)
(155)Aktuelle Rezension von: abuelitaDieses Buch hat mir wieder sehr gut gefallen. Und das, obwohl im Klappentext falsche Angaben stehen und der Titel null Beziehung zu dem Buch überhaupt hat. Aber das kann man der Autorin wohl nicht anlasten….
Es wird wieder in zwei Ebenen erzählt und vor allem die Vergangenheit fand ich auch sehr spannend. So z.B. wusste ich fast gar nichts über die Zeit des Ns-Regimes in Skandinavien.
Lustig war mal wieder der Chef …Mellberg ist immer für ein paar Lacher gut, aber dieses Mal ist er doch tatsächlich über sich hinausgewachsen. Wieso? Das verrate ich natürlich nicht.
Auch im Privatleben von Erica und Patrik geht es weiter….die Tochter ist nun ein Jahr alt und Patrick im Erziehungsurlaub. Trotzdem kann er das Ermitteln nicht lassen, was doch ab und an zu gehörigem Ärger führt… 😊
- Friedrich Ani
German Angst
(37)Aktuelle Rezension von: a_different_look_at_the_bookIm Rahmen meiner Aktion 'vergessene Schätze' stellte Janine von 'Meine Welt der Bücher' den zweiten Teil der Tabor-Süden-Reihe vor. Nun endlich kam ich dazu, ihn zu lesen- und bin geflasht.
"[...] ein ungeschminktes Bild unserer Gegenwart, eine aufschlussreiche Darstellung der dubiosen Angst vor dem Fremden, eine hervorragend recherchierte, unter die Haut gehende Geschichte mit einprägsamen Charakteren und einem atmosphärischen Sog, dem man sich nicht entziehen kann." (Klappentext)
Was soll man da ergänzend hinzufügen? Im Klappentext wird bereits alles gesagt, was ich dachte, als ich die letzte Seite umklappte.
Ich hatte auf einen spannenden Krimi gehofft, doch was ich hier bekam, übertraf meine Vorstellungen komplett.
Friedrich Ani schickte mich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Er ließ mich immer wieder innehalten und nachdenken, obwohl ich doch unbedingt weiterlesen wollte.
Der Spiegel der Gesellschaft, der einem hier vorgehalten wird, reflektiert genau das Verhalten, was ich auch heute - 23 Jahre nach der Ersterscheinung des Buches - weiterhin teilweise zu sehen bekomme.
Es ist also ein Thema, welches an Aktualität leider noch nicht verloren hat ...Die Charaktere sind ausdrucksstark und authentisch, die Geschichte fesselnd. Der Autor punktet bei mir vor allem mit Wortwitz bzw. Wortneubildungen und damit, dass er den Figuren eine sehr natürliche Sprache und Verhalten verleiht. Sie dürfen reden und handeln, wie man es nicht immer erwartet.
Das Ende hat mir persönlich das Herz gebrochen und verursacht mir nach wie vor einen Kloß im Hals.Falls es noch nicht geschehen sein sollte, könnte ich mir "German Angst" super als Film vorstellen, auch wenn es das nicht unbedingt bräuchte, weil Anis Beschreibungen Bilder im Kopf entstehen und sie automatisch ablaufen lassen. Ich hatte mein ganz eigenes Kino.
Der erste Teil rund um Tabor Süden befindet sich bereits auf meinem Kobo. Da wird er definitiv nicht lange bleiben, denn ich möchte unbedingt wissen, was es mit den ganzen Andeutungen auf sich hat.
Für die Erzählung an sich sind Vorkenntnisse nicht vonnöten, weil sie in sich abgeschlossen ist. Da es jedoch immer wieder Verweise in Bezug auf den Ermittler gibt, glaube ich, dass Friedrich Ani seinen Protagonisten mit der Zeit wachsen lässt.
Mein Tipp geht an all diejenigen, die gesellschaftskritische Krimis/Romane mit ein wenig Psychologie mögen. Meinen Nerv hat der vorliegende absolut getroffen.
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