Bücher mit dem Tag "rumänische literatur"

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16 Bücher

  1. Cover des Buches Atemschaukel (ISBN: 9783596512034)
    Herta Müller

    Atemschaukel

     (282)
    Aktuelle Rezension von: Ava_lon

    Inhalt

    Rumänien, Januar 1945. »Es war 3 Uhr in der Nacht, als die Patrouille mich holte. Die Kälte zog an, es waren -15° C.« So beginnt der erschütternde Bericht eines jungen Mannes, der in ein russisches Straflager verschleppt wird – so wie 60000 andere Rumäniendeutsche, von deren Schicksal Herta Müller in diesem ungeheuren Buch erzählt. In Gesprächen mit dem verstorbenen Dichter Oskar Pastior und anderen Überlebenden der Lager hat sie den Stoff gesammelt – und zu überwältigender Literatur geformt.

     

    Cover

    Das Cover gefällt mir überhaupt nicht, ich mag nicht so gerne Fotografien von Menschen und ich mag keine Bilder mit Zigaretten. Auch wenn es den Zeitgeist spiegelt, so sind diese Fotos nicht mein Geschmack.

    Ein Wort vorneweg

    Meine Rezensionen können sowohl Spoiler enthalten als auch Analysen und Bewertungen, wobei der Schwerpunkt auf meinen persönlichen Eindrücken liegt.

    Mein Eindruck

    Ich bin völlig frei von irgendwelchen Vorabinformationen an dieses Buch herangegangen und habe es im Rahmen ein selbst organisierten Leserunde gelesen. Nur den Klappentext kannte ich und konnte mir so ungefähr vorstellen, dass es inhaltlich betrachtet kein leichtes Thema ist. Es ist auch schon sehr lange her, dass ich mich mit den Schattenseiten des zweiten Weltkrieges auseinandergesetzt habe. Und jetzt war dieser Zeitpunkt gekommen und schon die ersten 50 Seiten trugen sehr viel Tiefe in sich. Jeder Abschnitt steht als Synonym für Aspekte des Lebens, zum Beispiel den Deckel für den Topf, um etwas zu verschließen, Gefühle in sich verbergen und einschließen, um nicht emotional zu zerbrechen. Der Zement der an einem klebt oder sich verflüchtigt spiegelt auch sehr gut die Hoffnung und so gab es eine Reihe von Sätzen, die mich von Beginn an nachdenklich zurückgelassen haben.

    Auch die vielen Wort Kreationen wie zum Beispiel Schneeverrat und Hungerengel

    verbinden die Schönheit und das Grauen miteinander. Schnee ist schön, weiß und sanft, kühl und still - allerdings auch ein Verräter, denn er zeigt die Spuren im Schnee, die jemand hinterlassen hat und die dann direkt zum Versteck führen, um der Deportation zu entgehen.

    Hunger ist grausam und ein Horror, wenn der Magen und der Darm grollen und wahrlich kein Engel, der Frieden verspricht.

    Viele Sätze erweisen sich als eine philosophische Wort Spielerei, wie zum Beispiel das schlichte Kofferpacken, wenn jemand noch nie einen Koffer gepackt hat. Was nehme ich mit? Wenn das Falsche zum Notwendigen wird und das Notwendige dann das Richtige ist, zeigt in diesem Zusammenhang immer wieder deutlich wie schnell etwas Ungewöhnliches zu etwas Normalem wird. Und all diese Feinheiten begleiten auf einer Reise, einer Reise die noch ohne Inhalt ist, sich entwickelt und letztlich vielleicht auch wieder zur Rückkehr führen wird. 

    Als LeserIn lernen wir die Geschichten von den Lagerinsassen kennen und die grausamen Erfahrungen jedes Einzelnen nehmen kein Ende.

    Es gibt zahlreiche Sätze und Worte, die mich zutiefst berührt haben und den Taumel zwischen Leben wollen / müssen und Sterben können / sollen aufzeigen.

    Auch das Wort Herzschaufel - eins werden mit seinem Arbeitsgerät, miteinander verschmelzen. Perfektion, Optimierung: die Arbeit ist ein gemeinsamer Tanz - ist eine grausame Vorstellung und zeitgleich steckt darin so viel Poesie. Hungrig und Hoffnungslos gilt es trotzdem den Lebenskampf aufrecht zu erhalten und die Arbeit mit einem geschwächten Körper zu bewältigen.

    Jedes Thema prägt den Lageralltag auf seine besondere Art und daran halten sich alle Lagerinsassen fest. Eine Haltestange aus Erinnerungen, Erzählungen und Beobachtungen.

    Es ist mehr als beeindruckend mit welcher Sprache die Autorin die Gewalt aus den Beschreibungen herausgelöst hat und ein Gefühl von Verstehen auf den Weg gibt. Sie beschönigt nicht und sie verurteilt nicht. 

    Auch wenn die Autorin ihre Worte gut wählt, so wird die bedrückende Situation im Lager mit jedem Abschnitt deutlicher und betrifft auch mich als LeserIn - eine Grenze des zumutbaren wird erreicht. Und trotzdem lesen sich die Zeilen gut, sie treffen den Kern in unserem Inneren und ein langsames Verstehen breitet sich aus. Ich fühle mich verbunden mit den Menschen im Lager.

    Fazit

    Ein tolles Buch, welches ich trotz der Thematik gerne gelesen habe. Es wiegt im Herzen leicht und schwer. Es vermittelt mir ein Bild über die damaligen Geschehnisse und über die Sprachlosigkeit der Rückkehrer. Auch mein Großvater, der im ersten Weltkrieg auf den Schlachtfeldern von Verdun war, hat anschließend geschwiegen. Er hat seine Erlebnisse tief in sich vergraben, um uns Kinder / Enkelkinder vor grausamen Gedanken zu schützen, damit wir die Leichtigkeit des Lebens beibehalten können..

     

    230422

  2. Cover des Buches Jacob beschließt zu lieben (ISBN: 9783423141802)
    Catalin Dorian Florescu

    Jacob beschließt zu lieben

     (62)
    Aktuelle Rezension von: Huebner
    Catalin Dorian Florescu erzählt in "Jacob beschließt zu lieben" die Geschichte eines leidgeprüften, vergessen geglaubten Landstrichs dem Banat, eingeklemmt und gesplittert zwischen Serbien, Ungarn, Rumänien, hin- und hergestoßen und unterschätzt.

    Mithilfe des pers. Ich-Erzählers berichtet Florescu von einer 300jährigen Familiengeschichte auf ganz verblüffende Art und Weise. Dabei verquicken sich die Handlungsstränge des um 1920 einem Zeitungsartikel folgenden, ins schwäbische Dorf Triebswetter (im rumänischen Banat) stolpernden Jacob (senior , den im 30jährigen Krieg - "Lothringer, auf dem Weg nach Hause" (73) - umherirrenden Caspar, Urgroßvater des um 1769 aus Dieuse aufbrechenden über Wien ins Banat kommenden Frédéric Aubertin (während seiner Heimatsuche umbenannt in Frederick Obertin), mit der des Ich-Erzählers Jacob (junior).
    Und das alles, ohne, dass man den Überblick verliert.

    Jener zuletzt genannte Ich-Erzähler Jacob Obertin wird von seinem Vater im ausgehenden 2.WK an die Russen verraten, nach Sibirien verschickt, weil er dem Alten nicht tauglich erscheint, den Hof weiter zu führen. Jacub kann vom Viehwaggon abspringen und wird unweit seiner Heimat aufgepeppelt. Einige Jahre bleibt er im sog. Exil, bis er sich getraut, nach Hause zurückzukehren, wo sein Halbbruder (Halbzigeuner und Bastard seines Vaters) den Hof längst einverleibt hat. Jacob beschließt, auszuwandern, sich eine neue Existenz jenseits der Rumänischen Grenzen zurück in Lothringen, wo alles begann, aufzubauen. Sein Vater vereitelt den Plan. 

    Jacob hätte alle Berechtigung seinen Vater zu hassen. Zeitlebens hatte der seinen Sohn, kränklich, weil zu früh geboren, verachtet, bloß gestellt, ihm Hof und Erbe versagt, obwohl Jacob senior sich den Hof (als sich den Rumänen überlegen fühlender Schwabe) erschlichen hatte. Man erwartet, dass der Sohn seinen Vater für alles, was der ihm angetan hatte, erschlägt.
    Die Schwabenstämmigen werden vertrieben - nicht aber nach Lothringen, sondern in einen unbenannten, unwirtlichen Landstrich.

    Und am Ende beschließt Jacob zu lieben. Und sich und seinem Vater ein Haus am Ende der Welt zu bauen.

    Die Kunst des Erzählens des 1967 in Rumänien geborenen Florescu ist syntaktisch wie semantisch erstaunlich. Immer wieder schweifen die Handlungsstränge in die Vergangenheit, wodurch ein Netz von Erzählzeiten gespannt wird.
    Wir erfahren erstaunliches über die politischen Umwälzungen eines Landstriches zwischen Serbien, Rumänien und Ungarn, hin- und her gepeitscht zwischen Diktatur und Deportation, wo die Zeit stehen geblieben zu sein schien, aber eigentlich mit den Umwälzungen besonders nach dem 2. Weltkrieg im Eilschritt davon flog.

    Ivonne Hübner, Aug.2017
  3. Cover des Buches Der Fuchs war damals schon der Jäger (ISBN: 9783596511549)
    Herta Müller

    Der Fuchs war damals schon der Jäger

     (32)
    Aktuelle Rezension von: taralu
    Ich fand das Buch, obwohl es nicht einfach zu lesen ist, sehr interessant. Es blieb mir in Erinnerung. Der Schreibstil ist bildhaft, sehr detailverliebt. Viel der teils trostlosen Stimmung, der ängstigenden Szenen oder der einfachen Alltagssituationen wird über Bilder transportiert. Das war zuerst sehr eigenartig, aber wenn man sich darauf einlässt durchaus spannend. Charaktere, deren Beziehungen und Geschichte erschließen sich zwar erst nach einiger Zeit, doch am Ende fand ich das Ganze richtig fesselnd. Kein leichter Stoff, aber lesenswert.
  4. Cover des Buches Herztier (ISBN: 9783596511532)
    Herta Müller

    Herztier

     (62)
    Aktuelle Rezension von: Buecherwuermer

    Im Grunde ist über Herta Müller alles gesagt und geschrieben. Für mich gibt es keine Dichterin, keinen Dichter, die oder der sich auf diese einzigartige literarische Weise mit dem Totalitären gerade im sozialistischen Rumänien auseinandergesetzt hat. Und obgleich das stets wiederkehrende, stets quälende Thema im Gesamtwerk der Müller das Lesen oft zum Kraftakt werden lässt, schafft es die Dichterin durch ihre einzigartige Sprachkunst, dass die Lektüre immer wieder ein Genuss ist. Dies gilt vor allem auch für den Roman "Herztier", den ich sicher noch einmal lesen werde. 

  5. Cover des Buches Die Wissenden (ISBN: 9783552057593)
    Mircea Cartarescu

    Die Wissenden

     (11)
    Aktuelle Rezension von: Rock-n-Roll
    Wunderschöner, fesselnder Text, allerdings fast frei von Inhalt, es werden zu häufig wirre Träume beschrieben - scheinbar ohne Sinn -, was das Lesen nicht gerade leicht macht.
  6. Cover des Buches Der Mensch ist ein großer Fasan auf der Welt (ISBN: 9783596511563)
    Herta Müller

    Der Mensch ist ein großer Fasan auf der Welt

     (18)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Es tut mir ja leid für Frau Müller, die sympathische Nobelpreisträgerin, aber dieses Buch ist nichts. Das die Story traurig und elend ist, ergibt sich aus dem Thema. Aber die Sprache in diesem Buch ist furchtbar. Eine Freundin von mir die nicht viel liest, hat die erste SEite gelesen und gefragt, was für ein Kinderaufsatz das ist. Leider muss ich ihr da recht geben. Kurze Sätze wie Der Mann geht aus dem Haus. Der Wind weht. usw. Was soll das? Es ermüdet und erinnert echt an einen schlechten Schulaufsatz und nicht an eine große Schriftsetllerin. Hätte man so einen Aufsatz abgeliefert, hätte man ganz schlechte Noten bekommen

  7. Cover des Buches Der weiße König (ISBN: 9783518463130)
    György Dragomán

    Der weiße König

     (10)
    Aktuelle Rezension von: Wolkenatlas
    Der weiße König als roter Faden "Der weiße König" beginnt quasi mit einem Paukenschlag. Der Vater des elfjährigen Ich-Erzählers Dszátá wird vor dessen Augen von vermeintlichen Arbeitskollegen des Vaters weggebracht und dem Jungen wird erklärt, der Vater müsse sich einer wichtigen, geheimen Aufgabe am Meer widmen. Er verspricht dem Vater, in seiner Abwesenheit der Mann im Haus zu sein. Schnell begreift er auch, dass es sich hier um das Arbeitslager am "Donaukanal" handelt und dass die Arbeitskollegen eigentlich Mitarbeiter des Geheimdienstes waren. Aus dieser Keimzelle entwickelt der 1973 in Marosvásárhely (Siebenbürgen) geborene György Dragoman in seinem zweiten Roman (sein Erstling "Das Buch der Zerstörung" ist meines Wissens leider nie in deutscher Sprache erschienen- sollte ich mich irren, so bitte ich um Verzeihung und Hinweise zum Verlag) einen beeindruckenden, sensiblen Roman, fast wie ein Thema mit 16 Variationen und einem Finale. Denn die 18 Kapitel (die wie eigenständige Kurzgeschichten aus dem Leben des Protagonisten erscheinen) dieses Romans fügen sich erst im Gesamtbild zu einem wirklich geschlossenen Ganzen zusammen. Erniedrigung, Sadismus, Unterdrückung, Verhöhnung und die totalitäre Macht eines diktatorischen Regimes habe ich selten so beeindruckend und überzeugend erlebt, wie sie hier aus der Sicht des elfjährigen Jungen geschildert werden; eine unglaubliche, fast naive Stärke des Jungen, der trotz aller Schläge nie den Mut verliert, der immer an seinen Vater glaubt, der immer zu seiner Mutter steht. Ungefähr in der Mitte des Romans lässt Dszátá bei einem Verzweiflungsbesuch bei "seiner Exzellenz, dem Botschafter" eine besondere Schachfigur mitgehen, den weißen König, der ihm ab diesem Moment Schutz, Glück und vor allem, seinen Vater wiederbringen soll. Ein genialer Schachzug von György Dragomán, zum genau richtigen Zeitpunkt ausgespielt, ist der weiße König der rote Faden, der diese Momente und Ausschnitte zusammenschweißt. Ein Roman mit unvergesslichen Momenten, wie der Hochzeitstag der Eltern in Abwesenheit des Vaters, der Kinobesuch, Spitzhacke und eine Annäherung an das erste Verliebtsein (um nur einige zu nennen), mit einer bildhaften, beeindruckenden poetischen Prosa, ein Roman, der bei aller Tragik der Geschehnisse (und der Tragikomik mancher Szenen- wie dem Versuch krank zu werden um einer Bestrafung zu entgehen, oder der zwölfte Geburtstag des Jungen) dank der Figur Dszátás hell leuchtet. Ein absolutes Leseerlebnis, große Literatur.
  8. Cover des Buches Warum wir die Frauen lieben (ISBN: 9783518241042)
    Mircea Cartarescu

    Warum wir die Frauen lieben

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Der Rumäne Cartarescu ist einer der besten Schriftsteller, der mir in letzter Zeit in die Hände gefallen ist. Es ist fast schon deprimierend, dass ich zuvor nichts von ihm gelesen, geschweige denn ihn überhaupt gekannt habe. Aber seine träumerischen Geschichten, die ja teilweise auf reellen Begebenheiten basieren, sind wunderbar und in einer einzigartigen Sprache geschrieben, die Charaktäre sehr feingliedrig beschrieben. Wer erfahren will, warum wir die Frauen lieben, der kommt um diese Buch nicht hinweg!
  9. Cover des Buches Planet Romeo (ISBN: B07Q59C6XL)
    Lavinia Braniște

    Planet Romeo

     (1)
    Aktuelle Rezension von: parden

    ALLES - NUR KEINE LIEBE...

    In ihren Kurzgeschichten ist die junge rumänische Autorin Lavinia Braniște so aktuell, wie sie nur sein kann. Wie erzählt man realistisch von Begehren und Lust? Ähnlich wie die US-amerikanische Erfolgsautorin Kristen Roupenian in "Cat Person" zeigt Braniște, dass Machtspielchen sexy sein können. Sie können aber auch zarte Liebesgefühle im Keim ersticken. Da ist z.B.: ein Pärchen-Abendessen inklusive Mikro-Aggressionen beim Küssen, Kochen, Duschen, Sex. Und da ist auch ein Online-Date, das vielleicht besser online geblieben wäre. Aktuelle, komisch-verzweifelte Liebesgeschichten...

    Diese kleine Kurzgeschichtensammlung rund um die Themen Sex und Liebe habe ich als verstörend empfunden. Nicht wegen der erotischen Details - die werden tatsächlich wenig konkret eher angedeutet. Sondern wegen des Gefühls der Fremdheit, des Befremdens, das sich beim Lesen einschleicht. 

    Da wäre beispielsweise der junge schwule Radu, der noch bei seinen Eltern wohnt, der aber gleich als seine Freunde in den Urlaub fahren, deren Wohnung in Beschlag nimmt und über ein Online-Portal dort jemanden zum Sex zu sich bestellt, ausgesucht nach einem Boxershort-Foto. Erst als der Typ in der Wohnung ist, kommen Angstgefühle in ihm hoch...

    Oder auch das junge Mädchen, das einen flüchtigen Bekannten mitten in der Nacht besucht, einen frischen Fisch als Mitbringsel für ihn. Doch nach einem Essen weit nach Mitternacht laufen die Dinge nicht so, wie sie sich das vielleicht vorgestellt hat... Mit Liebe hat das alles definitiv nichts zu tun...

    Die Geschichten lassen sich rasch lesen, doch sie sind alles andere als bequem. Kein wirkliches Lesevergnügen, aber ein interssanter Ausflug an den Rand der Abgründe - nicht darüber hinaus. Es bleibt am Ende ein unbehagliches Gefühl und Erleichterung darüber, aus dieser verstörenden Gedankenwelt wieder auftauchen zu dürfen.


    © Parden

  10. Cover des Buches Travestie (ISBN: 9783518421796)
    Mircea Cărtărescu

    Travestie

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Was Victor in seiner Jugend mit 17 im Ferienlager erlebt hat, wird er niemals vergessen, auch jetzt, mit 34, ist er immer noch von diesen Erlebnissen beeinflusst, lebt zurückgezogen und versucht, indem er die Geschichte niederschreibt, das Erlebte zu verarbeiten. Nichts deutete darauf hin, dass es eine außergewöhnliche Woche werden würde. Die Jugendlichen machen Party, erleben die erste Liebe oder den ersten Sex. Davon möchte Victor nicht viel wissen, viel mehr interessieren ihn seine Dichter und er versucht so gut wie möglich, sich von den Beschäftigungen der anderen fernzuhalten. Doch bei der Abschlussfeier mit Maskenball, ereignet sich dann das, was Victor gleichzeitig abstoßen und erregen wird. Lulu, einer seiner Mitschüler und als humorvoller Clown bekannt, hat sich als Frau verkleidet. In diesem Aufzug lauert er spät nachts Victor auf und küsst ihn ohne Vorwarnung, woraufhin Victor in eine Art von geisterhafter Wirrnis verbleibt, die Welt um ihn herum verschwimmt und entgleitet ihm. Grotesk und voller unzusammenhängender Geschehnisse – ein Buch, das man nicht lesen muss.
  11. Cover des Buches Zaira (ISBN: 9783406698897)
    Catalin Dorian Florescu

    Zaira

     (23)
    Aktuelle Rezension von: beccaris

    Erzählt wird die Geschichte von Zaira, einer Rumänin mit katalanischen Wurzeln, die schon früh erfährt, was es heisst, wenn Eltern nicht für ihr Kind da sind. Der Roman beginnt mit der Geburt der kleinen Zaira in einem lieblosen Umfeld, aber es tauchen immer wieder Menschen in ihrem Leben auf, die sie liebt und die ihr Halt, Vertrauen und Begabungen schenken. Schon als Mädchen erlebt sie die Gräuel des Krieges und den Einmarsch der Russen. Sie entwickelt eine ganz eigene Art sich vor der Aussenwelt und der Abwesenheit der Mutter zu schützen. Nur eine Person kann sie aus dieser emotionalen Starre jeweils erlösen.

    Später erlernt Zaira die Kunst des Puppenspiels und wird eine gefeierte und berühmte Persönlichkeit. Sie trifft ihre grosse Liebe Traian, den sie aber verlässt und aus politischen Gründen nach Amerika ins Exil flüchtet. Mit ihrem Ehemann Robert und der Tochter Ioana baut sie sich eine neue Existenz fern der Heimat auf, ohne jedoch wirklich glücklich zu werden. Sie erlebt viele Enttäuschungen und kehrt schliesslich nach Rumänien zurück, um ihren geliebten Traian wiederzufinden. Ob dies gelingt, wird an dieser Stelle nicht verraten.

    Was die Erzählung so ausserordentlich packend macht, sind die zahlreichen Handlungsorte und aussergewöhnlichen Figuren, die allesamt sehr authentisch beschrieben werden. Man hat als Leser, das Gefühl mittendrin zu stehen. Dem Autor ist es ausgezeichnet gut gelungen sich in das Leben einer Frau hineinzuversetzen.

    Der Roman hat alles, was ich mir als Leser wünsche: eine kluge Geschichte, Spannung, eine stringente Handlung, Sprachgewandtheit. Mich hat das Buch bereichert und berührt. Herzlichen Dank dem Autor. Ich habe grossen Respekt vor seiner Leistung, einen so grossartigen deutschsprachigen Roman zu schreiben, obwohl seine Muttersprache eine andere ist.

  12. Cover des Buches Der Körper (ISBN: 9783552075139)
    Mircea Cartarescu

    Der Körper

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Wolkenatlas
    Ein magisches, wucherndes Meisterwerk Im Herbst 2011 ist der lange erwartete zweite Band der "Orbitor"-Trilogie (übersetzt bedeutet das ungefähr "Trilogie des blendenden Lichtes") des großen rumänischen Autors Mircea Cărtărescu erschienen. War schon der erste Teil der Trilogie "Die Wissenden" ein harter und ergiebiger Brocken, so geht Mircea Cărtărescu in "Der Körper" noch weiter. Ein Roman als Kunstwerk, als überbordendes, nicht in irgendwelche auch noch so großzügig bemessenen Beschreibungen passendes Kaleidoskop der Bilder, die, wenn überhaupt, dann durch Hieronymus Bosch, inspiriert sein könnten. 1956 in Bukarest geboren, ist Cărtărescu sicherlich der mit Abstand fortschrittlichste und wichtigste Autor in Rumänien. Seine Literatur ist, schon seit dem ersten Roman "Travestie" und dem vor ungefähr zehn Jahren in deutscher Sprache erschienenen Erzählungsband "Nostalgia", definitiv in die erste Reihe der vielschichtigen und großen Literatur zu reihen. Gleich auf den ersten Seiten lässt Cărtărescu seinen Helden Mircisor Cărtărescu wie um die folgenden sechshundert Seiten vorzubereiten sagen: "Ich könnte die überladene Architektur meines Lebens unmöglich aufrecht erhalten, wäre ich nicht selbst voll und ganz Sinnesorgan dafür ...". Knapp danach führt er diesen Gedanken dann weiter, indem er den Bezug zu Borges und dessen berühmter Erzählung "Das Aleph" herstellt. Die Verschmelzung von Zeit und Raum als feinfühliges und nicht kontrollierbares Sinnesorgan, eine Art Überauge. Und so wird der Leser zum Zeugen der Wahrnehmungen des unentwegt nervös weitersuchenden Sinnesorgans, das den Leser, ausgehend von einem sich im ehemaligen Kinderzimmer des Protagonisten befindenden Bettkastens, mitschleppt, von Idee zu Idee, unvorhersehbar und unermüdlich hektisch schreitend, aber auch zielstrebig weiterführend. Der Protagonist blickt, wie schon im ersten Teil "Die Wissenden", hinunter auf die bereits bekannte Bukarester Stefan-cel-Mare-Chaussee, mit den sich in purpurnen Sonnenuntergängen spiegelnden "kubistischen Häusern". Eine Art kommunistischer Sozialrealismus der surrealen Art, wenn man die Einordnung der Welt Cărtărescus irgendwie beschreiben möchte. Zu den stärksten Episoden dieses Romans gehören beispielsweise die, in denen die Hirngespinste des Protagonisten verzerrte Bauwerke bzw. Architekturen, Labyrinthe in Wohnblöcken oder alle möglichen Schmetterlinge als überwältigende Opfertiere in das fressbereite Maul einer Tarantel verschwinden lässt. Wunderbar auch die "märchenhaften Blumen, rätselhaften Tiere ... in unverständlichem Farbgewirr", die auf dem von der Mutter geknüpften Teppich zu finden sind, der, in einen Traumfänger verwandelt, als Verstärkung, als Fernrohr der Fantasie des Autors als weiterer unerschöpflicher Helfer dient. Bedrohliche und wuchernde Szenen wechseln sich mit absurden Bildern von Geheimoperationen oder sowjetischen Kosmodromen, Bilder von Marilyn Monroe und römischen Kaisern ab. Das alles weitet sich immer mehr ins Paranoide aus, mit allen möglichen unvorstellbaren Auswucherungen. Immer wieder gleitet Cărtărescu auch in Erkundungen und Bereiche ab, die sicherlich in gewissem Maße störend scheinen. Endlos scheinende Ausschweifungen über Fraktale, Paraganglien und andere physiologische Erforschungen machen es dem Leser in diesem wuchernden literarischen Labyrinth nicht leichter. Allerdings scheint Mircea Cărtărescu hier sehr bewusst vorzugehen, beim wiederholten Lesen merkt man, wie viele Zusammenhänge bei den vorigen Lesungen verlorengegangen sind. Und so ist dieser Zyklus möglicherweise nur dann wirklich verständlich und ins Detail erkundbar, wenn man bereit ist, sich öfter und sehr lange mit den Romanen, auch zwischen den Bänden querlesend, zu beschäftigen. Der Autor schafft in diesem Werk einen eigenen Kosmos, der losgelöst vom bisher gekannten sich nur mit viel Mühe und Aufwand dem Leser öffnet. Cărtărescu fordert quasi eine bedingungslose Hingabe des Lesers, der dann allerdings immens dafür belohnt wird. Die Übersetzung von Gerhardt Cejka und Ferdinand Leopold ist virtuos und immens überzeugend; unvorstellbar eigentlich, dieses literarische Meisterwerk so in die deutsche Sprache zu übersetzen, man will nicht glauben, dass das nicht das Original ist. So bleibt dem Rezensenten nur mehr die Hoffnung, dass der dritte Teil möglichst bald, wieder übersetzt durch die Herren Csejka und Leopold, erscheinen wird. (Roland Freisitzer; 02/2012)
  13. Cover des Buches Der blinde Masseur (ISBN: 9783492254830)
    Catalin Dorian Florescu

    Der blinde Masseur

     (17)
    Aktuelle Rezension von: Sikal
    Teodor Moldovan wuchs in Rumänien auf. Seine große Leidenschaft als Jugendlicher war es, durch Dörfer zu ziehen und sich von Bauern wundersame Geschichten erzählen zu lassen, die zum Großteil von Geistern und Teufeln handelten. Diese Geschichten wurden von ihm auf Kassetten aufgenommen und penibel geordnet. Seine Freundin Valeria belächelte seine Leidenschaft meistens, doch ein einziges Mal ließ sie sich auch auf ein derartiges Abenteuer ein. Diese Nacht festigte die Liebe der beiden. Wie das Leben so spielt, war ihnen keine gemeinsame Zukunft vergönnt. Teodor flüchtete mit seinen Eltern aus dem autoritären Rumänien und landete letztendlich in der Schweiz. Das Buch beginnt damit, dass Teodor – von jahrelanger Sehnsucht getrieben – sich aufmacht, um seine Heimat, Rumänien, noch einmal zu erkunden. Mittlerweile ist er ein erfolgreicher Verkäufer von Sicherheitstüren, verdient eine Menge Geld. Doch er fühlt sich in der Schweiz nie angekommen, ist ausgebrannt, einzig seine enge Verbindung zu seiner Mutter hielt ihn so lange dort. Nun möchte er noch einmal mit den Geschichten der Bauern konfrontiert werden, möchte seine Jugendliebe wiedersehen. Teodor landet auf seiner Reise in die Vergangenheit in einem heruntergekommenen Kurort, Moneasa, lernt dort die schöne Elena kennen, bei deren Familie er bis auf weiteres wohnt, sowie den blinden Masseur Ion. Dieser Mann fasziniert Teodor, besitzt Ion doch trotz seiner Blindheit mehr als 30.000 Bücher der Weltliteratur. Alle lesen sie ihm vor: Elena, der Direktor, der Bürgermeister, Bergarbeiter, seine Freunde, die Philosophen… So hört Ion Marx, Kant und viele andere große Werke der Literatur, doch Ion kann die Realität von den Geschichten der Bücher nicht unterscheiden – und so ist Teodor eigentlich wieder bei einem Geschichtenerzähler gelandet. Während seiner Reise begegnet Teodor auch wieder seiner Jugendliebe Valeria, die zwischenzeitlich jedoch verheiratet ist und eine kleine Tochter hat. Ganz konnte auch Valeria ihren Jugendfreund nicht vergessen und so lässt sie sich auf ein kurzes Intermezzo mit ihm ein – wenn auch für sie andere Gründe im Vordergrund standen. Catalin Dorian Florescu erzählt von seiner ursprünglichen Heimat Rumänien, den Umständen in diesem Land, doch auch von der Faszination, die davon ausgeht. Er zeichnet Menschen, die Methoden für sich finden, nicht unterzugehen – jeder auf seine Art. Mit seiner wunderbaren Sprache zieht er den Leser nicht nur in diese Welt hinein, er lässt uns einen Teil miterleben, mitfühlen, reagieren, teilhaben… Die Geschichte erzählt von der Reise zurück, verzweigt jedoch immer wieder in die Vergangenheit. So erfährt man von Teodors frühem Leben in Rumänien einiges, sowie auch von seinem Leben in der Schweiz. Fazit: Eine wunderbare Geschichte, die den Leser in ihren Bann zieht. Man wird animiert, sich Gedanken zu machen, warum es denn nun gelingt, Teodor dermaßen zu hintergehen. Oder war es doch eher ein Freundschaftsdienst, den ihm Ion letztendlich erwiesen hat? Für mich hat sich wieder einmal herausgestellt, dass es sich auf alle Fällt lohnt, Bücher von Catalin Dorian Florescu zu lesen.
  14. Cover des Buches Nostalgia (ISBN: 9783518420744)
  15. Cover des Buches Aus der unmittelbaren Unwirklichkeit (ISBN: 9783518223673)
  16. Cover des Buches Wie man eine Frau vergisst (ISBN: 9783701715435)
    Dan Lungu

    Wie man eine Frau vergisst

     (2)
    Aktuelle Rezension von: J-B-Wind
    "Der Keim des Niedergangs einer Beziehung ist immer sichtbar, schon vom allerersten Moment an."

    Dieser Satz stammt nicht von Dan Lungu, aber hätte sein Protagonist Andi zu Beginn seiner Beziehung mit Marga genau hingsehen, hätter er das Ende der Liaison vorhergesehen. Denn genau so aprupt und ohne Vorwarnung wie sie in sein Leben gestolpert ist, ist sie auch wieder verschwunden. Bei Andi und Marga ist es weder Liebe auf den ersten Blick noch eine schrittweise Annäherung mit wachsenden Gefühlen. Vielmehr setzt sich Marga aus einer Laune heraus auf Andis Schoß und küsst ihn. Dabei geht es ihr nicht um ihn, Andi ist einfach da, und wäre durch jeden beliebigen Mann ersetzbar. Andi, der nicht nur chronisch pleite, sondern auch dem Alkohol sehr zugetan ist, lässt es einfach geschehen und hinterfagt seine Rolle nicht. Diese Passivität ist Teil seines Charakters.

    Marga, die Tochter ehemaliger hochrangiger Parteigenossen, ist eine oberflächliche und egoistische "Prinzessin", die daran gewöhnt ist, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen und für die der Inhalt ihres Kosmetikkoffers überlebenswichtig ist. Da wundert es nicht, dass diese Beziehung scheitert. Man erfährt auch einiges über Andis Ex-Freundinnen und merkt, dass er nie ein besonders glückliches Händchen bei der Wahl seiner Frauen hatte.

    Als Marga Andi schließlich verlässt, erledigt er zwar ein paar Telefonate, aber er sucht nicht nach ihr und reflektiert die Beziehung auch nicht. Er sieht sich als Opfer der Umstände und denkt sogar Gott hätte ihn am Kieker. Letzteres wird durch seine neu gewonnen Freundschaft zu Seth, einem Baptistenprediger verstärkt. Aus Geldmangel zieht er bei Seth ein und lernt dessen christliche Gemeinde kennen, was Andi sehr gelegen kommt, soll er doch für die Zeitung, für die er arbeitet eine Reportage über Baptisten schreiben.
    "Im Namen des Herrn" erlebt Andi abenteuerliches und wird sogar verprügelt. Und auf einmal denkt Andi Gott hätte ihn dazu berufen für ihn zu arbeiten. Wird er auf die Stimme hören?....

    Das Buch spielt in Rumänien in der Nachwendezeit. Doch der Kommunismus hinterlässt tiefe Wunden. Die Armut und Verzweiflung der Menschen ist spürbar. Das kommt im Buch sehr gut rüber.

    Die Geschichte wird in Ich-Form aus Andis Perspektive erzählt. Zwischendurch gibt es Kapitel, die in der 3. Person geschrieben sind, aber ebenfalls aus Andis Perspektive erzählt werden, der Grund dessen erschloss sich mir nicht. Zuerst dachte ich, es wären Rückblenden, aber das war nicht der Fall. Vielleicht genießt Lungu einfach das Spiel mit den Perspektiven genauso, wie das Spiel mit den Wörtern.

    Zweifelsohne ist Lungu ein sprachlich gewandter Autor, der seine Sätze immer wieder mit neuen Metaphern "würzt", was allerdings zeitweise zuviel des Guten ist. Eine dreiseitige Beschreibung über den Regen etwa hat mich beinahe dazu veranlasst das Buch wegzulegen. Die Lektüre hinterlässt mich auch etwas ratlos. Worauf der Autor hinaus wollte, ist mir nicht klar. Der Schluss ist unbefriedigend.

    Alles in allem liest sich das Buch aber flüssig und in weniger als zweieinhalb Stunden. Lungu schreibt recht amüsant und ironisch über seine Landsleute. In den tragisch komischen Helden konnte ich mich aber genauso wenig einfühlen, wie in Marga. Identifikationsfiguren fehlten mir völlig, aber vielleicht auch deshalb, weil ich nicht in Rumänien lebe. Ich kann mir gut vorstellen, dass Lungus Landsleute sich in einem der Protagonisten wieder erkennen und es ihnen auch leichter fällt in die Athmosphäre der Hoffnungslosigkeit und des Neubeginns einzutauchen.

    Fazit: Ein Buch für anspruchsvolle Leser, die Unterhaltung auf sprachlich hohem Niveau lieben!
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