Bücher mit dem Tag "shylock"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "shylock" gekennzeichnet haben.

7 Bücher

  1. Cover des Buches Desintegriert euch! (ISBN: 9783442719143)
    Max Czollek

    Desintegriert euch!

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Holden

    Ein tiefschürfendes Buch über die deutsche Schande, wirklich allen ans Herz gelegt. Sehr inhaltsschwer, so daß man nur langsam und mit Bedacht lesen kann. An die Walser-Rede konnte ich mich noch erinnern, sein Buch "Tod eines Kritikers" hätte vielleicht auch Erwähnung in diesem Appell finden können.

  2. Cover des Buches Shylock is My Name (ISBN: 9780701188993)
    Howard Jacobson

    Shylock is My Name

     (21)
    Aktuelle Rezension von: miss_mesmerized
    Kunstsammler Simon Strulovitch ist am Verzweifeln. Nicht nur dass seine Frau schwerkrank ist, macht ihm seine Tochter Beatrice auch nur Probleme. Schon in jungen Jahren hat sie Männern reihenweise den Kopf verdreht und nun droht sie mit einem Fußballer durchzubrennen. Rat sucht er bei Shylock, den er zufällig auf dem Friedhof kennenlernte und zu sich einlädt. Derweil kämpf in einem anderen Stadtteil Londons D’Anton damit, der liebenswürdigen, aber leider ziemlich falschen Pluralbelle (aka Anna Livia Plurabelle Cleopatra A Thing of Beauty is a Joy Forever Christine) alles recht zu machen und deren etwas dümmlichen Verlobten derart zu manipulieren, dass Plurabelle bei Laune bleibt. Als Beatrice samt Verlobtem im Haus auftauchen, wird D’Antons ohnehin schweres Leben noch eine Nummer komplizierter.

    Howard Jacobson hat Shakespeares Komödie „The Merchant of Venice“ neu interpretiert und in das London der Gegenwart verlegt. Einige der Figuren erkennt man leicht wieder, vor allem die Problematik des Judentums bzw. der Juden in einer christlichen Mehrheitsgesellschaft kommt auch in dieser Variante des Sujets sehr gut zum Vorschein, aber alles in allem hat mich der Roman mehr verwirrt als überzeugt. Herrliche Dialoge können über die schwache Grundgeschichte nicht hinwegtäuschen, ebenso sind die Figuren derart überzeichnet, dass es nur wenig an ihnen zu entdecken gibt an Facetten und Schattierungen, die sich erst im Laufe der Handlung hätten zeigen können. Es bleibt bei einem interessanten Ansatz, der bei mir jedoch nicht angekommen ist.
  3. Cover des Buches Außenseiter (ISBN: 9783518419021)
  4. Cover des Buches Der Kaufmann von Venedig (ISBN: 9783159610658)
    William Shakespeare

    Der Kaufmann von Venedig

     (111)
    Aktuelle Rezension von: GersBea

    Grundzüge der Handlung:

    Das Theaterstück spielt zu Shakespeares Zeiten in Venedig. Venedig ist ein blühender weltoffener Stadtstaat.

    Der Kaufmann Antonio erwartet die Rückkehr seine Schiffe von risikoreichen Reisen nach Übersee. Sein leichtfertiger, unbekümmerter Freund Bassanio möchte die reiche Portia heiraten, deren Vater verstorben ist. Das dazu benötigte Geld leiht er beim Juden Shylock. Antonio will für ihn bürgen und willigt ein, dass Shylock „ein Pfund seines Fleisches“ erhält, sollte Bassanio die Summe nicht zurückzahlen können.

    In Belmonte wartet Portia auf ihre Verheiratung. Das Testament ihres Vaters bestimmt, dass derjenige Portia heiraten darf, der  wie – im Märchen – aus drei Kästchen dasjenige herausfindet, das Portias Bild enthält.

    In Venedig verlässt der possenhafte Diener Lanzelot seinen Herrn Shylock, um ab sofort Bassanio zu dienen. Jessica, Shylocks Tochter verlässt ebenfalls ihren Vater, heimlich, um Lorenzo, zu heiraten, der auch zum Freundeskreis um Antonia und Bassanio gehört. Shylock ist zutiefst getroffen, zumal Jessica auch sein Vermögen mitnimmt.

    In Belmonte wählen die Portia widerwärtigen Bewerber Marokko und Arragon das falsche Kästchen. Der angereiste Bassanio trifft die richtige Wahl – sehr zur Freude von Portia, da ihre Zuneigung ihm gilt. Ihr gemeinsames Glück wird jäh unterbrochen als Bassanio erfährt, dass Antonios Schiffe untergegangen sind. Umgehend macht er sich allein zurück auf den Weg nach Venedig, um Antonio beizustehen, der nun für Bassanio mit „einem Pfund seines Fleisches“ seine Bürgschaft einlösen muss. Portia bleibt in Belmonte zurück mit einer Idee, wie sie Antonio und Bassanio retten kann.

    In Venedig findet die Gerichtsverhandlung statt. Shylock zeigt sich unbarmherzig und unnachgiebig, das Recht auf seiner Seite wähnend. Als Antonios Situation ausweglos scheint, betritt die als Doktor der Rechte verkleidete Portia den Gerichtssaal, niemand erkennt sie. Durch eine Spitzfindigkeit sorgt sie dafür, dass Shylock nun als Rechtsbrecher dasteht. Antonio ist gerettet. Bassanio überreicht als Dank dem Doktor der Rechte einen Ring, den Portia ihm als Pfand ihrer Liebe geschenkt hat.

    Zum Schluss treffen Antonia und Bassanio in Belmonte wieder auf die auch zurückgekehrte Portia. Nach einem Wortgefecht um den verschenkten Ring gibt Portia sich als Doktor zu erkennen. Happy End!

    Rezension:

    Die zweisprachige Reclam-Ausgabe hat mir den Zugang zum Theaterstück vereinfacht. Die moderne Übersetzung ist mit vielen Anmerkungen versehen, die Sachverhalte erklären, die dem Leser heutzutage nicht auf Anhieb verständlich sind. 
    In den Anmerkungen werden auch die Wortwahl Shakespeares und deren Mehrdeutigkeit kommentiert. Das war oft für mich Anreiz den englischen Originaltext zu lesen. 
    Das Nachwort beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Interpretationen des Theaterstücks. Dabei wird aktweise vorgegangen. Ich fand das Nachwort sehr lesenswert, weil es mein Augenmerk auf Sachverhalte lenkte, die mir nicht aufgefallen waren oder die ich anders wahrgenommen hatte.

    Das Spiel von Shakespeare mit Ideal und Realität hat mir gut gefallen. Zwischen den Ansprüchen der Akteure und der Realität liegen Welten. In Venedig soll Recht herrschen, aber in der Gerichtverhandlung wird das Recht durch Portia gebeugt. Bassanio schwört ewige Treue und verschenkt dann doch Portias Ring, ....
    Komödiantische Szenen wechseln sich mit dramatischen ab. Witzige Wortgeplänkel haben mich schmunzeln lassen. 

    Leider sind einige wichtige Protagonisten eher holzschnittartig dargestellt. Antonio verhält sich meist wie ein Statist, Shylock ist der verhasste Außenseiter, dem nur Hass entgegenschlägt. Allein die Frauen treiben die Handlung voran und lösen die Probleme, obwohl sie sich – den gesellschaftlichen Konventionen entsprechend – den Männern dann doch unterordnen.

    Eigentlich würde ich gerne 3,5 Sterne vergeben, weil das nicht möglich ist, werden es dann doch vier Sterne.

  5. Cover des Buches Shylock (ISBN: 9783813506747)
    Howard Jacobson

    Shylock

     (18)
    Aktuelle Rezension von: parden
    INTELLEKTUELLES VORHAUT-GEPLÄNKEL...

    Der reiche Kunstsammler Simon Strulovitch aus Manchester hat Sorgen: Seine aufmüpfige Tochter Beatrice ist in die Kreise der leichtlebigen Erbin Plurabelle und ihres persönlichen Assistenten D’Anton geraten. Nicht der richtige Umgang für ein jüdisches Mädchen, klagt Strulovitch seinem Zufallsbekannten Shylock. Dieser rät zur Zurückhaltung. Doch als Beatrice sich auch noch mit dem Fußball-Beau und Unterwäsche-Modell Howsome einlässt, sieht ihr Vater rot. Er verlangt, dass der junge Mann zum Judentum konvertiert. Mit Hilfe einer kleinen Operation ließe sich heute manches arrangieren. Aber das Leben hält nicht nur für Strulovitch ein paar Lektionen bereit.

    Dieser Roman ist Teil der Buchreihe, die im Rahmen des Hogarth Shakespeare-Projektes (anlässlich von Shakespeares 400. Todestag) erscheint. Acht Werke des weltberühmten Schriftstellers wurden bzw. werden von bekannten Autoren neu interpretiert und somit als zeitgemäße Version des altbekannten Stoffes veröffentlicht.

    Howard Jacobson hat sich für das umstrittene Werk 'Der Kaufmann von Venedig' entschieden, was auf der Buchrückseite auch deutlich gekennzeichnet ist. Vorne steht der 'moderne' Titel 'Shylock', hinten 'Der Kaufmann von Venedig'. Überhaupt sticht die liebevolle Gestaltung des Romans ins Auge - so z.B. mit dem hübschen Innendruck und dem Lesebändchen. Details, die mir gefallen, auf die ich in meinen Rezensionen ansonsten allerdings eher nicht eingehe. Aber hier scheint es mir nötig, positive Aspekte des Buches hervorzuheben.

    Ansonsten kann ich kurz und knapp sagen: das Buch war für mich eine Zumutung.

    Ja, ich habe verstanden, dass Howard Jacobson sich in all seinen Werken mit der Frage auseinandersetzt, wie er als Jude mit seinem Jüdischsein in der säkularen westlichen Welt umgehen soll. Und so darf es nicht verwundern, dass dies auch hier zum Hauptthema avanciert. Doch geht es für mich als Leser doch wohl in erster Linie darum, wie ein Thema umgesetzt wird, wie es in eine Handlung eingebettet wird, in eine Erzählung, eine Geschichte.

    Eben diese Geschichte will sich nicht entwickeln, dreht sich im Kreise, bietet wenig Überraschendes, Spannendes, keinen roten Faden. Zudem hat Jacobson hier etwas zwischen Roman und Drama kreiert, was für mich so nicht überzeugend funktioniert. Strulovitch als 'moderner' Jude diskutiert stundenlang mit dem alten, orthodoxen Juden Shylock. Dabei beklagen beide den Verlust ihrer Töchter, die sich recht frühreif mit dubiosen Bekanntschaften davongemacht haben. Shylock betrauert zudem den Tod seiner Frau, ohne die er kaum noch zu leben scheint, Strulovitch ist ebenfalls vom Schicksal gebeutelt, da seine Frau nach einem Schlaganfall bettlägerig ist, ihr Gedächtnis und ihre Sprache verloren hat.

    Shylock fungiert hinsichtlich von Strulovitchs Problemen mit dessen Tochter Beatrice gelegentlich als Berater, doch lieber noch führt er geistreich das Wort bei der Fragestellung, was es bedeutet, ein moderner Jude zu sein. Die jüdische Tradition wird hier thematisiert, die Rolle der jüdischen Familie, noch heute geltende Werte, gängige Vorurteile - aber auch Stereotypien kommen hier nicht zu kurz. Christen gegen Juden, Juden gegen Christen, Juden gegen Juden - ein Feuerwerk an klischeehaften Zuschreibungen. Ein Buch, das nur von einem Juden geschrieben werden durfte - jeder andere wäre zwangsläufig des Antisemitismus bezichtigt worden.

    Mir drängte sich jedenfalls zunehmend der Eindruck auf, dass die Geschichte im Grunde um diese Thematik des 'modernen Judenseins' herumgeschrieben wurde, wenig einfallsreich für meinen Geschmack. Die Charaktere Strulovitch und Shylock sind halbwegs plastisch dargestellt, alle anderen Figuren schälen sich dagegen kaum heraus, bleiben eindimensional und blass - die Frauenfiguren sind zudem durchweg exzentrisch gezeichnet und bleiben komplett ohne Tiefe. Entwicklungen (wie beispielsweise Liebesbeziehungen) sind oftmals nicht nachvollziehbar. Das Verhalten der Charaktere zwingt einem immer wieder die Frage auf, weshalb  sie überhaupt zusammen sind.

    Okay, da wäre natürlich die körperliche Anziehungkraft - Sex sells. Oder etwa nicht? Wenn wie hier die anregenden Bettgeschichten zum alleinigen Argument geraten, eine Beziehung zu führen, wenn sowohl Shylock als auch und v.a. Strulovitch unmäßige Ansprüche an den Nachwuchs stellen und dadurch eine durchgängige unterschwellige Sexualisierung der Vater-Tochter-Beziehung im Raum steht, wenn schließlich das geforderte Pfund Fleisch (im Kaufmann von Venedig: ein Herz) sich auf die Vorhaut eines Mannes fokussiert und letztlich zum Zentrum des Romans wird ohne dass die Handlung dann noch großartig vorangetrieben wird - dann muss ich sagen: Sex ödet an. Intellektuelles Vorhaut-Geplänkel: nein danke.

    Zwei Sterne vergebe ich dennoch, denn ich muss dem Roman zugute halten, dass ich das Original 'Der Kaufmann von Venedig' bislang nicht kenne. Zwar wird durch kursiv gehaltene Passagen deutlich, wenn etwas aus dem Originaltext zitiert wird, doch denke ich, dass mir ohne die Vorkenntnis sicherlich etliche Andeutungen und Parallelen entgangen sind.

    Selten war ich jedenfalls so froh, ein Buch endlich beendet zu haben. Lust aufs Original habe ich derzeit keine, aber demnächst versuche ich mich an einem anderen Werk des Hogarth Shakespeare-Projektes. Ich hoffe sehr, dass mich der andere Roman dann mehr überzeugen kann!


    © Parden


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    Die Bücher des Hogarth Shakespeare-Projektes:
    1. Margaret Atwood: Der Sturm
    2. Tracy Chevalier: Othello
    3. Gillian Flynn: Hamlet
    4. Howard Jacobson: Der Kaufmann von Venedig
    5. Jo Nesbo: Macbeth
    6. Edward St. Aubyn: König Lear
    7. Anne Tyler: Der Widerspenstigen Zähmung
    8. Jeanette Winterson: Das Wintermärchen
  6. Cover des Buches Merchant of Venice (ISBN: 9781554812127)
    William Shakespeare

    Merchant of Venice

     (20)
    Aktuelle Rezension von: Darcy
    Bassanio, a young Venetian nobleman, has fallen in love with the wealthy heiress Portia. Because of his elaborate lifestyle, Bassanio is left with no money. So he asks his friend Antonio, who is the merchant in this play for a loan to be able to travel to Portia’s house in Belmont in style and court her. Antonio is willing to help Bassanio but doesn’t have any money either. He does have three of his ships at sea though, which he expects to return soon. Bassanio then borrows 3000 ducats from the Jewish moneylender Shylock in Antonio’s name. Shylock hates Antonio, who has been mistreating and humiliating him in the past, and hopes that he won’t be able to pay him back in time. In that case Shylock will receive a pound of Antonio’s flesh. Bassanio makes it clear that he thinks it is not a good idea to borrow the money under these terms but Antonio seals the bond anyway.

    It is the will of Portia’s dead father that any suitor of his daughter has to do the ‘riddle of the caskets’; this means that the first who chooses the right one between a golden, a silver and leaden casket that will contain Portia’s portrait gets to marry her. Portia falls in love with Bassanio, too and hopes desperately for him to make the right decision because if he doesn’t, they won’t be allowed to see each other again. Nerissa, who is Portia’s lady-in-waiting but confidante as well then falls in love with Bassanio’s friend Gratiano. As a sign of their love Portia and Nerissa give rings to their lovers, which they are not allowed to take off under any circumstances.

    Shylock’s daughter Jessica hates living in her father’s house and decides to elope with Lorenzo, a Christian and friend of Antonio and Bassanio, while rumour has it that one of Antonio’s ships has been wrecked at sea so he might not be able to pay Shylock back.

    William Shakespeare (1564-1616), often referred to as one of the greatest English writers of all times, is believed to have written this romance between 1596 and 1598. 

    I liked “The Merchant of Venice” much more than I had expected. Its characters seemed more complex and unique than those of other dramas I had read before. Shylock for example is meant to be the villain in this one but I could understand his actions and how he developed his deep hatred for the Christians even though I was still hoping for them to crow over him because after all they are more sympathetic. Sadly anti-Semitism was a common attitude at Shakespeare’s time. It is a little hard to comprehend why Antonio seals a bond that might cost him his life only to give some money to his friend, who has wasted all of his own. This also demonstrates the extraordinary quality of their friendship as well as Antonio’s arrogance, him being absolutely convinced that everything will go well for him so that he will be able to pay Shylock back. The love between Bassanio and Portia seems very romantic, however I think the reader should keep in mind that at the very start Bassanio wanted to make this match to overcome his financial issues. Love and hatred, revenge and mercy are important themes in this romance and because these are timeless, it is too. 

    Is this an anti-Semitic play? This question has been raised many times and we also have been discussing about it in class. In my opinion ‘The Merchant of Venice' is anti-Semitic but understandably, having been written at an anti-Semitic time. For example Shylock as a character can pretty much be summed up as an evil and stereotypical Jew. Jessica converts to Christianity after leaving her father’s house and it seems like once she does so, good things start happening to her. Another interesting point is that in this drama Shakespeare has created female characters, most importantly Portia that are much more emancipated than women really were at his time but he portrays his Jewish character(s) according to society’s common ideas of them.

    However, I think that this play is definitely worth reading due to its overall original and complex characters, Shakespeare’s beautiful language and the way he has combined different plot lines.
  7. Cover des Buches Op. non cit (ISBN: 9783827002570)
    Alan Isler

    Op. non cit

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Joachim_Tiele

    Vorab: es ist ein richtig schönes Buch, die deutschsprachige Ausgabe aus der hohen Zeit des alten Berlin Verlags (1), der sich auf gediegene Ausgaben aus dem relativ schmalen Feld des aufgeklärten Konservatismus spezialisiert hatte, bildungs- und kulturorientiert und damit zutiefst bürgerlich, aber auch von progressiven Lesern geschätzt und gekauft, die sich dafür interessierten, was die andere Seite dachte; dies leicht gemacht durch die Hohe Kunst der Buchherstellung, die schon seit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von immer mehr Verlagen dem zunehmenden Kostendiktat geopfert wurde. Beim Berlin Verlag konnte man sich in jenen Jahren sicher sein, dass man inhaltliche wie gestalterische Distinktion und Exklusivität gekauft hatte. Die vier Novellen dieses Bandes sind auf eine geradezu exzentrische Weise schwierig, und dies ganz offensichtlich mit Bedacht. Isler (1932-2010), ein Brite, der schon in relativ jungen Jahren in die USA übergesiedelt war und dort englische Literatur erst studierte und später unterrichtete, tut sich nicht den Zwang an, seine eigene superbe Bildung vor dem Leser zu verbergen. Seine Sätze sind lang, verschachtelt, strotzen von Fremd- und Fachwörtern aus dem Kanon der klassischen humanistischen Bildung und scheinen darüber hinaus ihren Inhalt gelegentlich am Satzende verloren zu haben, bis sie, wie von spielerischer Zauberhand geführt, doch zur ihrem Ziel zurückfinden. Aber zu welchem Ziel?

    Ohne die Hinweise des – gegenüber dem Text hier bei LovelyBooks deutlich ausführlicheren – Klappentextes wäre man auch bei guten Allgemeinkenntnissen der europäischen Literatur seit, sagen wir, Shakespeare schnell aufgeschmissen, denn Isler zeigt in seinen Texten vordergründig nicht, was er denn eigentlich darstellen will, und worauf er sich bezieht; dass die Texte anspielungsreich sind, merkt man schnell, obwohl man sich nicht sicher sein kann, worauf sie anspielen. Und dies ist pure Absicht. Op. non cit., der Titel der Sammlung, sagt ganz klar, dass die Werke, auf die die Texte Bezug nehmen, nicht angeführt werden. Entweder man kennt sie, oder man findet sie heraus, oder man steht auf dem Schlauch. Gemeinsam ist allen vier Texten die Ausgrenzung ihrer Protagonisten aus den Gesellschaften, in denen sie leben, durch ihr Jüdisch-Sein in einer nicht-jüdischen Welt. Dies ist allerdings bei Isler frei von jeder Form von Lamento, sondern von einer Selbstironie, wie sie deutschen Lesern vielleicht aus Salcia Landmanns Jüdische Witze (2) bekannt ist. Nicht nur werden sie in Islers Novellen von Christen verachtet und zum Abschwören ihres Glaubens aufgefordert, sondern sie selbst verachten bisweilen nicht nur ihren eigenen Glauben, aber auch ihre christlichen Mitbürger, nehmen etwa Essenseinladungen bei diesen nicht an, weil dort nicht koscher gekocht wird, oder weigern sich, mit einer Frau zu schlafen, weil sie ein Kreuz an einer Kette um den Hals trägt.

    Das Monstrum etwa hat den ungenannt bleibenden Shylock aus Shakespeares Der Kaufmann von Venedig zum ich-erzählenden Protagonisten, wobei der zentrale Plot in Shakespeares Drama bei Isler als mein Jahrhundertprozess allenfalls am Rande erwähnt und sachlich anders aufgelöst wird. Zwei der Figuren Shakespeares, Antonio und Bassanio, werden bei Isler zu der einen Person Antonio Bassanio, dem, nur bei Isler, bekehrten Juden Ascher Bassan, und damit der Streit um das Pfand zu einem Streit unter Juden. Eine der Nebenfiguren des Dramas, einer der Freier Portias, ein Engländer, dem Shylock bei Shakespeare nicht begegnet, tritt bei Isler zusammen mit diesem auf, aber um das herausfinden zu können, sollte man einen Blick in das Drama werfen und nicht nach dem Namen suchen, sondern nach der Beschreibung der Bekleidung der jeweiligen Figur. Als Ergebnis zeigt sich dann, dass sich Isler, gebürtiger Engländer, über die Engländer und ihr Auftreten im Ausland lustig macht, aber dies als jüdischer Engländer auf dem Umweg der Beschreibung der Begegnung eines Engländers auf Reisen mit einem Juden.

    Ähnlich wie die auf Shakespeare verweisende Geschichte haben auch die anderen drei in ihnen selbst ungenannt bleibende Bezüge, etwa Der Bacon-Liebhaber auf Coleridges Poem Kubla Khan, Die Überfahrt auf Wildes Komödie Ernst sein ist alles und Die Affäre auf Zolas Ich klage an. Diese Bezüge sind allerdings aufs höchste vertrackt. Der Bacon-Liebhaber könnte mit gleichem Recht Der Geigenbauer heißen, doch seine Liebhaberei bezieht sich auf den Philosophen Bacon ebenso wie auf den gleichnamigen Schinkenspeck in englischen Puddings, auf die der jüdische Protagonist trotz seiner glaubensbedingten Speisevorschriften nicht verzichten mag, genauer gesagt, auf seine Lebensgefährtin, eine von den Nachbarn so bezeichnete Judenhure, wie der Titel gleichfalls hätte lauten können, deren Spezialität am Herd allerlei Puddings mit nicht-koscheren Zutaten sind. Als einen Auftrag fertigt er nicht eine Geige, sondern eine Dulcimer (eine Art Zither), und auf der Reise zum Auftraggeber, der das Instrument für seine Tochter bestellt hatte, begegnet er einem jungen Mann, der Interesse an dem Instrument zeigt, nach der Vorführung der Dulcimer und der Erläuterung des Auftrags Opium in sein Weinglas träufelt und daraufhin sofort einschläft. Die Zeilen A damsel with a dulcimer / In a vision once I saw aus Kubla Khan, Coleridges Opiumabhängigkeit und seine spätere Selbstaussage, dass er diese Vision in einem Traum hatte, sollte man kennen, andernfalls kann man als Leser den Bezug nicht herstellen. In Die Überfahrt den Bezug zu Wilde zu sehen, ist vergleichsweise einfach, denn er wird als in der Geschichte auftretende Person genannt, und ein Namenswechsel, wenn auch aus jeweils anderen Gründen, findet in Islers Novelle wie in Wildes Komödie statt. Der Hinweis auf Zola und die Affäre Dreyfus in Die Affäre ist fast eine Irreführung, denn die Geschichte spielt in der Gegenwart der off Broadway Theaterszene in New Yorks Greenwich Village. Sie wirklich goutieren, und Islers Erzählabsicht einordnen, kann man wohl nur im Zusammenhang mit Kenntnissen über die Konkurrenzsituation der Londoner Theaterszene zu Zeiten Shakespeares und der damaligen Diskussion über populäre Theaterstücke, die dem Geschmack des Publikums entsprachen.

    Op.non.cit allein als literarisches Rätselbuch, als exzentrischen Spaß eines alten Kauzes und emeritierten Literaturprofessors anzusehen, würde zu kurz greifen. Es sprüht vor Lust und Leben, der Lust an subtiler Erkenntnis und dem Leben in seiner prallsten Form, Derbheit und Frivolität eingeschlossen. Wer sich auf den Weg dieses Buches macht, und der Leser mag versichert sein, dass die Hinweise in dieser Rezension allenfalls die ersten Schritte erleichtern, keineswegs das Äquivalent des den Mörder Verratens bei einem Krimi darstellen, macht sich auf den Weg eines Grundlagenkurses in Sachen Weltliteratur unter besonderer Berücksichtigung des jüdischen Einflusses auf sie, ebenso wie der Darstellung jüdischen Lebens und Denkens in ihr. Flucht und Diaspora, Namen und Bedeutungen, Erschaffung und Verlust von Identitäten und Vermögen, Klugheit und Torheit, Schönheit und Hässlichkeit, Witz und Magie von der Renaissance bis in die Gegenwart sind die Gegenstände, die dieses Buch zu erforschen und aufeinander zu beziehen einlädt. Der Weg dorthin ist der der Anarchie des Denkens, verkleidet als Bildungsreise durch Jahrhunderte und Kontinente. Also durchaus eine seriöse Angelegenheit…

    Joachim Tiele – 08.02.2016

    _________

    (1) http://www.zeit.de/2012/11/Berlin-Verlag

    (2) Salcia Landmann, Jüdische Witze, dtv, 1963 (und öfter)

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