Bücher mit dem Tag "spinoza"

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14 Bücher

  1. Cover des Buches Sofies Welt (ISBN: 9783446242418)
    Jostein Gaarder

    Sofies Welt

     (4.474)
    Aktuelle Rezension von: Joesy82

    Wundervolles Buch

    Gelesen als Jugendliche und Erwachsene

    Der Zauber des Buches fesselt mich heute noch

    Sofie ist eine starke Protagonistin, die Antworten auf so viele Ihrer Fragen bekommt.

    Eine Reise durch die Philosphie, eine Reise durch die Gedanken eines Mädchens, dass die Welt und alles drum herum hinterfragt und antworten auf Fragen sucht, die kaum jemand beantworten kann.


  2. Cover des Buches Die philosophische Hintertreppe (ISBN: 9783784436883)
    Wilhelm Weischedel

    Die philosophische Hintertreppe

     (103)
    Aktuelle Rezension von: wordworld

    "Die philosophische Hintertreppe" erreichte mich als Geburtstagsgeschenk und kann von mir als solches für Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch auch weiterempfohlen werden. Ein "Buch für jedermann" ist Weischedels Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte aber definitiv nicht. Die passende Zielgruppe, die dieses Büchlein anregend und interessant finden wird, ist stark vom jeweiligen Wissensstand abhängig. Für komplette Neueinsteiger dürften die hier erläuterten Inhalte definitiv zu wenig anschaulich, für LeserInnen mit mehr Vorwissen hingegen zu oberflächlich und lückenhaft sein. Der Autor steigt in jedem der 34 Kapitel mit einer anekdotische Einführung in das Leben und Schaffen des jeweiligen Philosophen ein. Wenn wir uns dann ein Bild von der Person gemacht und verstanden haben, in welchem Kontext er gelebt hat, werden exemplarisch die wichtigsten Errungenschaften und Thesen vorgestellt. Da nur jeweils acht bis zehn Seiten für einen Denker aufgewendet werden und davon oftmals über ein Drittel für die Kurzbiografie wegfällt, ist die Erklärungstiefe der Theorien natürlich stark begrenzt. Auch hinsichtlich der Auswahl der vorgestellten Philosophen ergeben sich einige Lücken und es wird wie so oft die Brille der europäischen Kultur deutlich. Trotz aller Einschränkungen dieses Formats wird ein Rundumschlag und ein Gang durch die Geschichte des Denkens über Sein, Wirklichkeit, Menschenbild, Gesellschaft, Gott, Kirche und Sinn ermöglicht.


    Nach einem kurzen Blick in das Impressum wird klar, dass die erste Ausgabe dieses Sachbuchs schon 1975 erscheint. Demnach angestaubt ist leider auch der Schreibstil. Wilhelm Weischedel stellt seine 34 Denker in prägnanzlosem, trockenen Plauderton vor, der zwar zwischendurch das ein oder andere Augenzwinkern enthält, alles in allem aber doch recht theoretisch und realitätsfern wirkt. Auch wenn hier statt der vornehmen, komplizierten Vordertür mit all ihren Eingangsbeschränkungen, die "Hintertreppe" gewählt wurde, muss man diese auch erstmal erklimmen - und das ist harte Arbeit. Statt die Kernaussagen der jeweiligen Denker greifbar und durch handliche Alltagsbeispiele zu veranschaulichen wie es zum Beispiel Jostein Gaarder in "Sofies Welt" hält, sind die Aufsätze eher sperrig und beinhalten viele Zitate aus Originalarbeiten. Zwar hat "Die philosophische Hintertreppe" einen deutlich akademischeren Anspruch als "Sofies Welt", weshalb der direkte Vergleich etwas hinkt, die Leserfreundlichkeit dieses Buches ist aber dennoch ein wenig zu bemängeln.


    Die geringe Leserfreundlichkeit wird auch durch Satz und Gestaltung des Buches mitverantwortet, in welchem ebenfalls deutlich wird, dass das Buch schon etwas älter ist. Kaum Absätze, schmucklose Kapitelüberschriften und ein sehr geringer Zeilenabstand sorgen dafür, dass das Büchlein nicht gerade darum bettelt, zur Hand genommen und gelesen zu werden. Eine kurze und prägnante Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte am Kapitelende, Querverweise zu vorherigen Kapiteln und gerne auch die ein oder andere graphische Aufbereitung hätten den Lesekomfort deutlich verbessert. Sehr gut gefällt mir hingegen das Cover, dass - passend zum Thema - Raffaels "Die Schule von Athen" zeigt.




    Das Urteil

    Ein interessanter Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte, welchen ich aber aufgrund des prägnanzlosen Plaudertons, der geringen Anschaulichkeit und der nicht gerade leserfreundlichen Aufmachung nur an Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch weiterempfehlen kann. Komplette Neueinsteiger können stattdessen zu "Sofies Welt" greifen, bei größerem Vorwissen dürften die Beschreibungen hier zu oberflächlich und lückenhaft sein.

  3. Cover des Buches Das Spinoza-Problem (ISBN: 9783442748778)
    Irvin D. Yalom

    Das Spinoza-Problem

     (59)
    Aktuelle Rezension von: Vera-Seidl

    "Als er schließlich von Franco keine Spur mehr erkennen konnte, trat Bento langsam von der Anlegestelle zurück und begab sich wieder in die Arme der Einsamkeit."

     

    Beiden Hauptfiguren, Bento de Espinosa und Alfred Rosenberg gesellt Irven D. Yalom einen fiktiven Freund hinzu, um die Charaktere der beiden Einzelgänger transparent werden zu lassen. 

     

    Genannter Franco stammt wie Spinozas Vorfahren aus Portugal. Wie viele andere Juden war seine Familie zum Katholizismus konvertiert. In Amsterdam hat er Schwierigkeiten mit dem Judentum und dessen dogmatischen Gesetzen. "Franco schloss die Augen. 'Ich dachte: Was ist der Unterschied zwischen diesem Spektakel und dem Spektakel - nein, ich will es geradeheraus sagen - und dem Unsinn, der während der katholischen Messe stattfand, die wir Neuchristen besuchen mussten.'"

     

    Der junge Spinoza erläutert ihm seine Ansichten. Die Thora, die Bibel sei von Menschen geschrieben, nach Mose gab es laut der Schrift keine Propheten mehr, der Mensch sei nicht nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, es gebe keine Wunder und kein Leben nach dem Tod. 

     

    Gott und die Natur seien identisch, Gott also immanent. Er sei eine ewige Substanz, deren Eigenschaften konstant blieben. "Unter Substanz verstehe ich das, was in sich ist und durch sich begriffen wird, das heißt das, dessen Begriff, um gebildet werden zu können, den Begriff eines anderen Dinges nicht bedarf." (Die Ethik nach geometrischer Methode dargestellt)

     

    Als Religionslehrerin hatte ich mit Spinozas rationalen Ansichten ganz schön zu kämpfen. Aber gerade deshalb hat mir der Roman "Das Spinoza-Problem" so gut gefallen. 

    Natürlich war eine Aufklärung im 17. Jahrhundert und danach dringend notwendig war. Aber wie Franko am Ende feststellt, war Spinoza nicht so leidenschaftslos, wie gern wollte. 

     

    Im 21. Jahrhundert muss ich sagen, dass es mir gleich-gültig ist, ob Gott immanent oder transzendent ist. Wunder gibt es für die, die daran glauben. "Der Glaube versetzt Berge", sagt ein Sprichwort. Medizinisch könnte man auch vom Placebo-Effekt sprechen. Was das Leben nach dem Tod betrifft, gefällt mir immer noch Theodor Fontanes Gedicht "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" am besten, in welchem auf dem Grab des Herrn ein Birnbaum wächst und den Vorübergehenden Birnen spendet, wie es der Lebende getan hatte. 

     

    Bei Franciskus van den Enden lernt Spinoza nach dem Hebräischen die alten Sprachen und deren Sprecher kennen. Besonders dankbar bin ich Yalom, dass er mich an Epikur erinnerte. "Für Epikur war ataraxia das einzig wahre Glück. Und wie erreichen wir es? Weder durch Platons Harmonie der Seele noch durch Aristoteles' Erlangen von Vernunft, sondern schlicht durch das Ausschalten von Sorge und Furcht." Die größte Angst sei die vor dem Tod. Epikurs Rezept dagegen: "Wo Leben ist, ist kein Tod, und wo Tod ist, ist kein Leben."

     

    "Die Arme der Einsamkeit" wählte sich Spinoza selbst, so Yalom. Er wusste, welche Folge die Verbreitung seiner Ansichten haben würde. Am 27. Juli 1656 wurde er von der Amsterdamer portugiesischen Synagoge mit dem Bann, Cherem ausgeschlossen.

     

    Nur zu Franko hat er in großen Abständen Kontakt, ein Überbleibsel an Heimat und Geborgenheit. Aber auch das verliert er am Ende, als Franco, der jetzt Rabbiner ist, in die Neue Welt aufbricht, um dort das Judentum zu verändern.

     

    Für Spinoza gibt es zwei Arten von Gemeinschaft, die "die sich aneinanderschmiegen, um einander zu wärmen und sich sicher zu fühlen, und den Menschen, denen eine aufgeklärte, freudige Sicht auf die Natur oder Gott gemeinsam ist."

    Um Letzteres zu erreichen, müsse er seine "eigene Identität abwerfen, das heißt meine Bindung an mich selbst - und alles vom absolut Adäquaten und der wahren Perspektive aus betrachten."

     

    "Was geschehen ist, ist, dass ich keinen Bedarf mehr an ihren Diensten habe, Herr Oberleutnant Pfister. Kehren Sie augenblicklich auf Ihren Posten nach Berlin zurück."

     

    Das sind die letzten Worte, die Alfred Rosenberg an seinen Freund, den Psychiater Friedrich Pfister richtet, nachdem er kurz zuvor von Hitler endlich die Anerkennung erhalten hat, nach der er sich sehnte.

     

    Auch Alfred Rosenberg ist ein Einzelgänger. Aber er hat dieses Schicksal nicht selbst gewählt, so Yalom in Übereinstimmung mit seiner Figur Friedrich Pfister. Seine Mutter starb zwei Monate nach seiner Geburt, sein Vater war krank und verschied, als Alfred elf Jahre alt war. Fortan waren es zwei Tanten, die sich um den Jungen kümmerten.

     

    Schuldgefühle am Tod der Mutter werden angesprochen und noch mehr die Suche nach einem Ersatzvater. Die Gefühle der Minderwertigkeit und Schuld werden auf die Juden und Bolschewisten übertragen. Im Autor Housten Stewart Chamberlein findet Rosenberg einen Vater, den er verehren kann.

     

    Nachdem er Russland und dem Baltikum den Rücken gekehrt hat, wird Dietrich Eckart, der Chefredakteur des Völkischen Beobachters zu seinem Mentor. Ihm folgt Adolf Hitler, der ihm einen Schreibtisch schenkt und später, nach dem gescheiterten Putsch am 9. November 1923, die Führung der NSADAP überträgt.

     

    Immer wieder lässt er sich von Hitler ködern, aber in den "inneren Zirkel" gelangt er erst, als er nach dem Krieg mit 21 anderen Größen der Nazi-Zeit auf der Anklagebank sitzt. Aber im Gegensatz zu ihnen widerrief Rosenberg niemals.

     

    Die erste Beschäftigung mit Spinoza wird vom Direktor und dem Deutschlehrer der Petri-Realschule in Reval erzwungen. Aber "Das Spinoza-Problem" lässt Rosenberg nicht mehr los, bis es ihn schließlich ins Spinoza-Museum nach Rijnsburg führt. Der ERR (Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg) räumt dann das Museum, ohne die beiden Jüdinnen im Spitzboden des Hauses zu bemerken. 

     

    "Der ERR hatte ein seltsames Interesse an Spinoza. Der Mitarbeiter Rosenbergs, der Nazi, der die Bibliothek auf seinen Befehl hin plünderte, hinterließ in seinem offiziellen Bericht einen vielsagenden Satz: 'Auch diese Bibliotheken ... enthalten ausserordentlich wertvolle frühe Werke, die zur Erforschung des Spinozaproblems (sic!) von besonderer Bedeutung sind'", bekam Yalom beim Besuch des Museums zu hören. Die Inspiration für seinen Roman.

     

    Mir hat das Innenleben Spinozas in den Augen Frankos viel besser gefallen, als die psychoanalytischen Deutungen von Friedrich Pfister. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich nicht glaube, dass die Welt nicht nur aus Ursache und Wirkung besteht. Viele Physiker, angefangen bei Marie Curie, würden das bestätigen. 

     

    Für die Dramaturgie und noch mehr für das Verständnis von Spinozas Philosophie war die Geschichte Alfred Rosenbergs unerlässlich.

     

    Ich verneige mich vor Irven D. Yalom und bedanke mich herzlich.

     

    Vera Seidl

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

  4. Cover des Buches Hoffmans Hunger (ISBN: 9783257610277)
    Leon de Winter

    Hoffmans Hunger

     (65)
    Aktuelle Rezension von: Ruby Summer

    In Hoffmans Hunger verknüpft Leon de Winter die Schicksale der drei Herren Felix Hoffman, Freddy Mancini und John Marks miteinander. Während wir die beiden letzteren nur teilweise kennen lernen, ist uns Hoffman (inklusive seiner diversen Ausscheidungen) bald näher als wir uns selbst.

    Der niederländische Diplomat, der seine Zwillingstöchter verloren hat und seitdem seines eigenen Lebens nicht mehr froh wird, von Schlaflosigkeit und Fressgier getrieben, ist auf der Suche nach Sättigung und wie es scheint, kann ihm einzig die göttliche Philosophie des Spinoza hier weiter helfen.

    Es sind weniger die Paraphrasen des philosophischen Textes als vielmehr Hoffmans Hunger danach, die mich beeindruckt haben. Neben der Tatsache des spannenden Settings (Prag 1989) ist es der Protagonist selbst, der mich dazu gebracht hat, das Buch zu verschlingen.

    Einzig die sidestory mit Miriams Auftreten in einem Pornofilm empfinde ich als nicht ganz stimmig. Ich denke die ganze Zeit, dass das symbolisch für irgendetwas steht, finde da im Texts jedoch nur Oberfläche.

    Und Spinoza kommt tatsächlich als sehr schwer zu durchdringen rüber. Da muss man in der Stimmung sein und das Buch auch einmal einen Moment zur Seite legen. Ist mir nicht immer gelungen, ändert aber nichts am Verständnis oder Lesegenuss.

    Wieder einmal gelingt es dem Autor, dass ich mich mit einem Menschen identifizieren kann, der mir ferner nicht sein könnte. Eine Leistung, die de Winter spannend, kenntnisreich und sogar mit einem gewissen Witz vollbringt.


  5. Cover des Buches Der Spinoza-Effekt (ISBN: 9783548604947)
    Antonio R. Damasio

    Der Spinoza-Effekt

     (15)
    Aktuelle Rezension von: Micha_M
    Was soll ich sagen? Zunächst geht es darum, dass Damasio das Entstehen von Gefühlen und Emotionen zu ergründen versucht (hierbei stellt er Spinoza vor, einen Philosophen des 17. Jahrhunderts). Im Laufe des Buches werden Spinozas Gedankengänge über Gefühle und Emotionen (die von Damasio unterschieden werden) mit neurobiologischen Fakten belegt. Auch hier gibt es wieder Skizzen und Illustrationen und einen Glossar. Das Buch ist ziemlich leicht zu lesen und ähnelt anfangs eher einem Geschichtsbuch (hat mich zunächst etwas verwirrt, aber ist dennoch interessant). Auch hier ist wieder die Mischung Neurobiologie und Philosophie gelungen. Natürlich bleiben hier auch fragen offen, weil die Forschung nicht soweit ist, alle Fragen klären zu können, aber man kann sich ein enormes Wissen ansammeln.
  6. Cover des Buches Clarice Lispector (ISBN: 9783442749041)
    Benjamin Moser

    Clarice Lispector

     (2)
    Aktuelle Rezension von: alasca
    Hommage an eine Literaturikone
    Clarice Lispector (sprich: Clarißi, mit langem i und scharfem s), in Deutschland weitgehend unbekannt und anlässlich der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, bei der Brasilien Gastland war, vom Schöffling Verlag neu aufgelegt, ist eine Ikone der brasilianischen Literatur, ja mehr als das: Sie ist eine Nationalheldin Brasiliens. Ihr Werk entzieht sich der Einordnung; es ist sprachlich eigentümlich, sehr persönlich, schwer zugänglich. Trotzdem übt es eine Faszination aus, der man sich kaum entziehen kann. Ihr Roman „Nahe dem wilden Herzen“ hat mich verwirrt, gefesselt, irritiert, fasziniert – und neugierig auf die Frau gemacht, die ein solches Werk geschrieben hat. So kam ich zu Benjamin Moser und seiner Biografie.

    Während seiner Lesung im Literaturhaus Bonn sagte Benjamin über seine Arbeit an der Biographie: „Ich habe mich in Clarice verliebt. Je mehr ich über sie erfahren habe, umso mehr habe ich mich in sie verliebt.“ Schaut man die Fotos an, auf Cover, Vorsatzblatt und auf den 16 Bildseiten in der Mitte des Buches, dann kann man das verstehen. Schon ihr Äußeres ist außergewöhnlich, ihre schrägen Augen, ihre Eleganz, die Anmut ihrer Figur.

    Um die komplexe Persönlichkeit seines Objektes zu erschließen, schlägt Moser einen weiten Bogen. Die Biographie setzt ein mit ihren Großeltern, lange vor Lispectors Geburt, vor der Wende des 20sten Jahrhunderts, in dem typischen osteuropäischen jüdischen Schtetl von Tschetschelnik und beschreibt die Umstände, die ihre Eltern zur Auswanderung nach Brasilien zwangen. Lispector wird in ein Höllenszenario aus Hunger und fortlaufenden Pogromen hineingeboren. Endlich gelingt die Ausreise, aber auch der Anfang in Brasilien ist für die Familie nicht leicht. Lispectors Vater, ein begabter Mathematiker, bleibt zeitlebens unter seinen Möglichkeiten. Ihre Mutter wurde während einem der Progrome in einer Gruppenvergewaltigung mit Syphilis angesteckt; als Kind muss Clarice hilflos mit ansehen, wie sie über Jahre hinweg daran zugrunde geht. Moser weist glaubhaft nach, dass dies ein Schlüssel zu ihrem Leben und Werk sein wird. Ebenso weiten Raum nimmt der geschichtliche und politische Kontext in Brasilien ein. Man erhält mit der Lektüre der Biographie ganz nebenbei einen Grundkurs in neuerer brasilianischer Geschichte und Literaturgeschichte, ohne die Lispectors Lebenslauf nicht verständlich würde. Ein Stammbaum der Familie Lispector verbildlicht die komplizierte Familienstruktur; Landkarten der Westukraine und Brasiliens helfen bei der geografischen Verortung. Ein etwa 80seitiger Anhang mit akribischen Quellennachweisen und Anmerkungen illustriert die Gründlichkeit, mit der der Autor zu Werke gegangen ist.

    Besonders gefielen mir die Passagen, in denen Moser Lispectors Werke interpretiert. Er beweist ein beeindruckend tiefes Verständnis für Lispectors Romanwelten, die ihrem inneren Kosmos entsprochen haben müssen und bei denen es schwerfällt, sie mit ihrem „äußeren“ Leben zusammen zu bringen. Ihre Themen sind Freiheit, Transzendenz, Tod, die Mystik im Geiste Spinozas. Mosers Zuneigung zu seinem Forschungsobjekt ist bei jedem Satz fühlbar. Manchmal geraten ihm seine Formulierungen fast schwärmerisch: „“Der Held des Widerstands gegen die deutsche Besatzung musste sich in der Konfrontation mit Clarice Lispector geschlagen geben.“ Dann wieder gelingen Moser knappe Formulierungen, die ähnlich überraschend anmuten wie die von Lispector, etwa wenn er anmerkt: „Die Schweiz war weniger, als sie ertragen konnte.“ Moser tastet sich an die Befindlichkeiten einer hochintelligenten, widersprüchlichen, hypersensiblen Frau heran, indem er ihr Leben in Bezug zu ihren Texten und ihre Texte in Bezug zum Ungelebten, Ersehnten, nie Erreichten setzt.

    Er greift dabei auf eine Vielzahl von Quellen zurück: Ihre Schwestern, Mitglieder des Diplomatencorps, Literaten und Journalisten Brasiliens, Freunde, Dienstboten, ihre eigenen Notizen und Briefe. Anhand dessen rekonstruiert er den Weg von der übermäßigen Angepasstheit einer Diplomatengattin („Ich versuche, zu tun, was man tun soll…, um den Preis meines inneren Gleichgewichts, das spüre ich…“) zur egozentrischen Einsiedlerin, die an sich und der Welt mehr und mehr leidet. „Sie spürte, was sie empfanden, bevor es ihnen selbst bewusst wurde“, sagt Lispectors Schwägerin Eliane über Clarice und ihr Verhältnis zu ihren Mitmenschen. „Alles trifft mich – ich sehe zu viel, ich höre zu viel, alles verlangt mir zu viel ab“, notierte sie selbst über sich. Ihre Landsleute, vielfach auch ihre Freunde empfanden sie als rätselhaft; Journalisten verzweifelten ob ihrer Reserviertheit.

    Bringt Moser es nun fertig, das brasilianische „Monstre sacré“ zu enträtseln? Er bewirkt gleichzeitig weniger und mehr, denn die immer noch unerklärte Faszination überträgt sich auf den Leser. Moser lässt die verletzliche, furchtlose, in ihrer Besonderheit einsame Frau ahnen, die sich hinter ihrer öffentlichen Fassade verbarg und bietet einen möglichen Schlüssel zu ihrem inneren Raum an. Gleichzeitig kann man die Verwirrung, aber auch Verehrung nachfühlen, die ihre Persönlichkeit bei ihren Zeitgenossen ausgelöst hat. Mosers Begeisterung und Zuneigung für sein Forschungsobjekt wirken ansteckend; das macht sein Buch zu einer inspirierenden Lektüre. Dazu beeindruckt sein Fachwissen und die Fülle des Materials, das er zusammengetragen hat.

    Mir hat die Lektüre große Lust gemacht, mich auf ein weiteres Abenteuer in Clarices Romankosmos einzulassen.
  7. Cover des Buches Trösterchen (ISBN: 9783760741758)
    Petra Schmidt

    Trösterchen

     (1)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly
    Der Verlag arsEdition hat ja jede Menge dieser einfallsreichen "Tischaufsteller-Umklappbücher". Das Trösterchen ist ein kleines und sehr liebevoll gestaltetes Werk aus dieser Reihe. 27 poetische Kärtchen zum Mutmachen laden zum Hin- und Herblättern ein. Die schöne Schreibschrift vermittelt einen sehr persönlichen Eindruck und die Botschaften der namhaften Autoren treffen uneingeschränkt in die Herzmitte. Alle Kärtchen können herausgeschnitten werden, auf der Rückseite ist ein Platz für persönliche Notizen oder Botschaften an andere Mutbedürftige eingeräumt. So lässt sich das Trösterchen vielseitig nutzen. - Leben muss man vorwärts - Sören Kierkegaard
  8. Cover des Buches Ich denke, also bin ich (ISBN: 9783499625404)
    Thomas Vasek

    Ich denke, also bin ich

     (0)
    Noch keine Rezension vorhanden
  9. Cover des Buches Kleine Weltgeschichte der Philosophie (ISBN: 9783596111428)
    Hans J. Störig

    Kleine Weltgeschichte der Philosophie

     (20)
    Aktuelle Rezension von: Sokrates
    Diese Geschichte der Philosophie sollte ebenfalls in keinem Regal fehlen: Störig behandelt nicht nur die Philosophie des Ostens, insbesondere der asiatischen Philosophie, sondern auch das indische religiöse (philosophische) System. Insbesondere bei den antiken Philosophen behandelt Störig auch solche Philosophen (z.B. Cicero), die in anderen vergleichbaren Büchern keine Erwähnung finden.
  10. Cover des Buches Liber metaphysicus (De antiquissima Italorum sapientia liber primus) 1710 und Riposte 1711-1712 (ISBN: 9783770517190)
  11. Cover des Buches Baruch de Spinoza: Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt (ISBN: 9783050041261)
  12. Cover des Buches Amor Die Ein Spinoza - Roman (ISBN: B00C7FBE2O)
    Kolbenheyer E. G.

    Amor Die Ein Spinoza - Roman

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  13. Cover des Buches Der Glasschleifer aus Amsterdam (ISBN: 9783901441400)
    Antonia Krainer

    Der Glasschleifer aus Amsterdam

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Dandy

    Bei „Der Glasschleifer aus Amsterdam“ von Antonia Krainer handelt es sich um einen biographischen Kurzroman über Baruch de Spinoza.


    Einer der wichtigsten Vordenker der Aufklärung war der jüdische Philosoph Baruch de Spinoza (1632-1677). In diesem Buch werden Elemente seiner Biographie mit einer fiktiven Erzählung verbunden. Eine Geschichte über das Leben mit seinen tragischen und komischen Seiten. Über Glauben, Denken, Wahrheit, Freiheit, Selbstbeherrschung, Lebensfreude, Leide, Tod, Liebe und Freundschaft.


    Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen. Die historischen Fakten wurden sehr gut mit einer fiktiven Geschichte verbunden. Die Autorin hat sich eine sehr gute fiktive Geschichte ausgedacht.

    Die Ereignisse hätten tatsächlich so stattfinden können. Die Charaktereigenschaften von Spinoza( bekannt aus seiner Biographie) werden sehr gut beschrieben.


    Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte lässt sich sehr leicht und flüssig lesen. Emotional war ich sehr in der Geschichte gefangen, sodass ich immer neugieriger wurde, wie das Leben von Spinoza weitergeht.

    Die interessantesten Stationen in Spinozas Leben werden aufgegriffen. Geschichtsunterricht auf eine sehr lockere und leicht verständliche Art.

    Die Atmosphäre, das Leben, die Meinungen, die religiösen Gedanken der Menschen aus dem 17. Jahrhundert fand ich sehr interessant.


    Die Geschichte ist in drei Kapitel aufgeteilt:

    • der Philosoph und die Kinder

    • Reise in die Vergangenheit

    • Zeit des Abschieds

    Hier fand ich sehr interessant, dass die Reihenfolge durcheinander ist. Wenn man Spinozas Leben chronologisch verfolgen möchte, sollte man erst Kapitel 2, dann Kapitel 1 und schließlich Kapitel 3 lesen.



    Ich empfehle dieses Buch weiter.

  14. Cover des Buches Naturalismus und Normativität bei Spinoza (ISBN: 9783828884649)
  15. Zeige:
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