Bücher mit dem Tag "staatsmacht"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "staatsmacht" gekennzeichnet haben.

21 Bücher

  1. Cover des Buches 1984 (ISBN: 9783328111368)
    George Orwell

    1984

     (4.176)
    Aktuelle Rezension von: Sandra8811

    Warum habe ich mich für das Buch entschieden?
     Ich habe das Buch auf meiner Wunschliste seit einer Deutsch-Stunde in der achten Klasse, also schon etliche Jährchen… Auf meinem SUB lag es schon seit ca. 4 Jahren, nun hab ich es endlich angegriffen.

    Cover:
     Das Buch ist bzw. war mein erstes Buch mit Farbschnitt. Ja es ist „nur“ schwarz, aber vorher hatten alle Bücher immer einen normalen Schnitt. Es passt perfekt zum schwarz-weißen Cover und sieht sehr besonders aus. Es passt perfekt zum Inhalt. Das Buch bleibt daher auf einem Ehrenplatz in meinem Regal.

    Inhalt:
     Winston Smith lebt in einem London der Zukunft, in der Big Brother über alle wacht. Die Gedankenpolizei gibt Acht, dass sich alle an die Regeln des Engsoz halten. Winston fängt an, an diesem totalitären System zu zweifeln und sich auch gleichzeitig auf eine Affäre mit seiner Arbeitskollegin einzulassen. Er begibt sich dadurch in große Gefahr, denn dies gehört zu den Gedankenverbrechen und wird sogar mit dem Tod bestraft.

    Handlung und Thematik:
     Eine Dystopie, die genauso gut in der heutigen Zeit geschrieben worden sein könnte bzw. in dieser handelt. Ich bin echt angenehm überrascht, wie sehr mich das Buch mitriss! Das totalitäre Regime und die Kontrolle über die Menschen könnten uns immer noch erwarten. Es fühlt sich beängstigend realistisch an. Ein paar Szenen sind auch nichts für schwache Nerven, da es doch auch sehr um das Thema Tod ging. Das Ende überraschte mich.

    Charaktere:
     Das Buch ist aufgeteilt in 3 Teile und da sich der erste Teil mit einer ersten Vorstellung von Winstons Leben beschäftigt, kann man sich direkt gut in ihn hineinversetzen. Leider ist es nicht in der Ich-Perspektive geschrieben, aber man findet trotzdem gut rein. Er lebt und arbeitet zwar im Sinne der Partei, doch er beginnt insgeheim am gesamten System zu zweifeln. Er ist stellenweise ein bisschen naiv, das passt jedoch sehr gut zu ihm. Auch die anderen Charaktere sind wirklich sehr gut konstruiert und authentisch.

    Schreibstil:
     Dieses Buch ist zurecht ein Weltbestseller seit Jahrzehnten! Ich bin absolut begeistert. Die Story ist mega mitreißend, die dystopische Zukunft ist sehr beängstigend. Die Charaktere sind sehr authentisch und man wünscht sich, mehr von George Orwell und seinem Großen Bruder zu lesen. Sehr schade, dass dies nie passieren wird. Man merkt, dass er sich beim Schreiben des Buches mit dem Tod beschäftigt hat und das Ganze den Hintergrund von einigen Kriegen (vor allem dem zweiten Weltkrieg) hat. Ein wirklich sehr gelungenes Werk das ich ohne Bedenken jeden ans Herz legen möchte.

    Persönliche Gesamtbewertung:
     Zurecht ein Must-Read seit Jahrzehnten und noch immer brandaktuell. Ich bin absolut begeistert und bereue etwas, dass ich es über 20 Jahre auf meiner Lesewunschliste gelassen und nicht früher gelesen habe. Von mir gibt’s auch eine klare Leseempfehlung!

  2. Cover des Buches Kind 44 (ISBN: 9783442481859)
    Tom Rob Smith

    Kind 44

     (767)
    Aktuelle Rezension von: honeyandgold

    Kind 44 war jetzt schon lange auf meiner Wunschliste und dann durch einen netten Zufall hab ich das Buch dann geschenkt bekommen. Nun lag es aber wieder auf meinem SUB und gammelt da vor sich hin.

    Nun hab ich mir endlich den Mut gefasst und das Buch in die Hand genommen und es hat mich wirklich aus den Socken gehauen.

    Ich dachte natürlich das es hier um harten Toback geht aber ich war nicht auf das vorbereitet.

    Allem voran die Grausamkeit des russischen Staates hat mich komplett aus den Socken gehauen. Mir war nie bewusst unter welchem Druck die Menschen gelebt haben müssen.

    Die Angst zu verhungern oder in ekelhaften Lebensverhältnissen zu leben, war fast an der Tagesordnung.

    Kein Schritt konnte gemacht werden ohne die Angst zu haben, verpfeifen zu werden.

    Wir schreiben das Jahr 1953. Wir befinden uns in Russland und jeder mit ein bisschen geschichtlichen Wissen, hat ein wenig die Vorstellung das es zur Stalins Zeiten nicht so rosig für die Bevölkerung aussah. Auch ich wusste zwar Eckpunkte aber das was das Buch so schonungslos berichtet, war leider bittere Realität. Hunger, Verlustängste und Vertrauensbrüche standen leider auf der Tagesordnung. Eine grausame Welt, die für viele Menschen leider Realität war.

    Zusammen mit dem erfolgreichen Leo Demidow stolpern wir über einen Fall, der grausam genug ist aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.

    Ein Kind ist gestorben, aber niemand will ermitteln. Es war ein Unfall.

    Doch Leo glaub dem ganzen nicht und fängt an selbst zu ermitteln. Nur leider macht ihm das Regime immer wieder ein Strich durch die Rechnung. Er wird als Verräter gejagt und geächtet.

    Damit beginnt eine knallharte Reise.

    Der Schreibstil liest sich flüssig, aber leider tröpfelt die Geschichte manchmal etwas vor sich hin. Durch die Grausamkeit des russischen Staates, tretten die Morde fast schon in den Hintergrund. Ein stückweit denke ich das es wollt war, aber Kinder sterben auf grausame Weise und irgendwie niemanden scheint es zu interessieren. 

    Der Tod der Kinder, rückt eigentlich immer etwas in den Hintergrund. Es wird sehr deutlich das der Schwerpunkt eher woanders liegt.

    Es macht das Buch dadurch nicht schlecht aber macht einen stutzig. 

    Leider kann ich nicht mehr dazu sagen, den der Plotwist hat mich wirklich umgefegt.

    Also wirklich umgefegt.

    Ich hab das Buch kurz weg legen müssen, um damit klar zu kommen.


    Kurzum: Jeder der diese Buch liest muss sich auf einiges gefasst machen.

    Es ist nicht mein Highlight und ich würde es nicht nochmal lesen, aber es hat sich sein Platz in meinem Regal auf jedenfall verdient.

  3. Cover des Buches Die Toten Hosen (ISBN: 9783499630033)
    Philipp Oehmke

    Die Toten Hosen

     (49)
    Aktuelle Rezension von: Radermacher

    Locker geschrieben und amüsant, hat mich das Buch sehr gut unterhalten. Sprachliche Feinheiten habe ich nicht erwartet, ebenso wenig Tiefgang. Dennoch gab es einige emotionale Kapitel, die auch zum Nachdenken anregten. Insbesondere die Schilderung des Todesfalles auf dem "1.000 Konzert" und der Reisen in die DDR und hinter den eisernen Vorhang.

  4. Cover des Buches Maddie - Immer das Ziel im Blick (ISBN: 9783843210980)
    Katie Kacvinsky

    Maddie - Immer das Ziel im Blick

     (242)
    Aktuelle Rezension von: Das_Leseding

    Inhalt:
    Maddie wird aus dem Umerziehungscamp entlassen und geht zu ihrer Familie zurück. Doch niemand ist sich sicher, will sie ihre Freunde oder ihre Familie verraten …

    Schreibstil:
    Der Einsteig war mehr als schlecht. Es ist eine gewisse Zeit vergangen, seit ich die vorherigen Bücher gelesen hatte, aber so gar nichts von dem wiederzugeben, was passiert ist, ist doch irgendwie übel. Nach einer längeren Lesezeit bin ich dann aber doch wieder in die Geschichte eingestiegen. Dabei wurde mir dann auch klar, warum ich mich damals für den dritten Teil der Trilogie nicht interessiert hatte: Die Figuren sind durchweg einfältig, die Beschreibungen der Situationen zu wenig und teilweise zu detailliert, die Wendungen kommen immer genau im richtigen Zeitpunkt (Konstruiert ist schon zu nett ausgedrückt) und der Ausdruck ist ebenfalls sehr einfach gehalten. Nachdem die Geschichte also halbwegs klar war, reicht ein Querlesen aus und die Geschichte endet mit einem absolut unbefriedigendem „wir haben uns alle lieb“ – ja ist nett, aber bitte was?!

    Charaktere:
    Ich verstehe sie nicht! Was bewegt Maddie dazu sich so zu benehmen, was geht in ihrem Kopf vor? Ebenso bei den anderen. Das Buch umfasst über 350 Seiten, da kann man doch die Beweggründe und Gedanken der Charaktere niederschreiben. Ne, da wird dann über die selbst gefärbten Haare von Maddie philosophiert. Die in einem Absatz komplett pink und im nächsten nur 24 pinke Strähnen umfasst. Ja was denn jetzt?! Auf der einen Seite kämpfen alle für den Widerstand, auf der anderen sind sie aber empört, wenn jemand etwas wagt. Erwachsene Leute verhalten sich wie Teenager und die Teenager wie durchgeknallte Irre.

    Cover:
    Das Cover passt zu den anderen Bänden.

    Fazit:
    Schlimmstes Buch der Reihe und nach Band 2 hätte absolut Schluss sein können. Dieser tanzt mit neuen Charakteren und unnützen taten absolut aus der Reihe. Daher keine Leseempfehlung und nur einen Stern.

  5. Cover des Buches Die Stadt der Sehenden (ISBN: 9783442745289)
    José Saramago

    Die Stadt der Sehenden

     (59)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Bei einer demokratischen Wahl in der Hauptstadt eines nicht genannten westlichen Landes stimmen nur 20% der Wähler für die etablierten Parteien, der Rest wählt weiß, das heißt, sie geben einen leeren Stimmzettel ab. Die Wahl wird mit noch eindeutigerem Ergebenis wiederholt. Die Regierung verhängt den Ausnahmezustand, baut eine Mauer um die Stadt, zieht Behörden und Polizei ab. Doch das erwartete Chaos bleibt, aus, die Bevölkerung arrangiert sich. Die Staatsmacht muss also einen Schuldigen finden, um sich ihre Macht wiederzuholen.
    Gerade in unseren Zeiten der Politikverdrossenheit ist dieser Roman von Saramago so aktuell wie selten. Die Vorgehensweise der gerügten Regierung ist natürlich nicht auf unsere Verhältnisse zu übertragen, aber niemand hat bis jetzt auch nur im entferntesten an so ein Szenario gedacht, insofern wären die Konsequenzen auch gar nicht abzusehen und somit auch nicht die Reaktionen. Des Autors Fiktion ist eine beklemmende, aber seltsamerweise auch eine von den wenigen zu erwartenden. So weit ist es mit dem Politikverdruss schon gekommen, dass die hier behandelte Variante nicht vollständig aus der Luft gegriffen scheint. Saramago hat ein mutiges Buch geschrieben, eine Fiktion, die auch etwas Reales hat, was heute niemand ausschließen kann.
    Für den Saramago-Novizen ist der typische Stil des Nobelpreisträgers gewöhnungsbedürftig, denn er verzichtet größtenteils auf die sinnvolle Satzteilung, seine Sätze werden meist mit Kommata getrennt, seine wörtliche Rede nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet. Das mag sich zwar ein wenig kompliziert anhören, doch der aufmerksame Leser wird nach ein paar Seiten damit keine Probleme mehr haben, im Gegenteil, manchmal scheint es, als würde dieser Stil das Erzählte noch ungestörter fließen lassen. Kein Buch für nebenbei, man muss sich schon darauf einlassen, um in Ruhe alles aufnehmen können.
  6. Cover des Buches Papillon (ISBN: 0061120669)
    Henri Charriere

    Papillon

     (117)
    Aktuelle Rezension von: Pia_Kuepper

    In dem Buch beschreibt der Autor Henri seine diversen Fluchtversuche aus dem Gefängnis und wie er es letztendlich doch zu einem ehrbaren, vor allem freien Leben geschafft hat. 

    Dieses Buch gehört zu den Klassikern und sollte gelesen werden. Auch wenn es mir persönlich etwas zu mühsam war, da es sich in vielen Dingen zu sehr gezogen hat, ist es doch ein lesenswerter Tatsachenbericht. 

    Am besten ist mir sein Aufenthalt bei den Indianern und seinen zwei Frauen in Erinnerung geblieben. Ich frage mich immer noch, warum genau er wieder fortgegangen ist. Immerhin hatte er es doch sehr gut dort. Allerdings hat er sich selber auch oft diese Frage gestellt. 

    Dieses Buch ist für alle geeignet, die sich für Tatsachenberichte interessieren. Alle, die die große Liebesgeschichte erwarten, werden enttäuscht werden. 

    Nichtsdestotrotz, auch wenn es meinen Geschmack nicht zu 100% getroffen hat, bin ich froh,  einen weiteren Klassiker der Weltliteratur gelesen zu haben.

  7. Cover des Buches Wundränder (ISBN: 9783852188751)
    Sepp Mall

    Wundränder

     (10)
    Aktuelle Rezension von: buchwanderer
    „Das Leben, das sind die anderen, die sich draußen bewegen, als wäre nichts geschehen.“ (S.134)

    Zum Inhalt: Es ist ein doppelter Handlungsstrang an dem Mall vor dem Hintergrund des „Südtiroler Freiheitskampfes“ in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts immer wieder Streiflichter auf die Familiengeschichte seiner beiden Erzähler fallen lässt. Aus der Sicht des jungen Paul, der in seiner kindlich naiven Art beginnt, die Sphären der Erwachsenen für sich zu entdecken und dessen Welt sich hauptsächlich um Anerkennung bei seinen Freunden, Fußball und ersten Kontakten mit Mädchen dreht, schildert der Autor den Blick eines de facto an der familiären Tragödie Unbeteiligten, den jedoch die Härte des Schicksals unvermittelt und mit voller Härte trifft. Pauls Vater wird aus für den Jungen unverständlichen Gründen inhaftiert. Selbst die Frage seiner italienischen Freundin Stella, ob denn sein Vater tatsächlich ein Verräter sei, kann Paul nur vollkommen befremdet verneinen; mit „politischen“ Dingen kenne er sich nicht aus, weiß nicht einmal was das denn sei, das „Politische“. Pauls Vater kehrt nach geraumer Zeit aus der Haft zurück, jedoch ist er nicht mehr der Mann den Paul kannte. Die lethargische, siechende, umweltverneinende Art des Vaters gipfelt in der Verzweiflungstat des Selbstmordes, in der Paul für sich ein davonlaufen sieht. Dies nicht einmal wertend, sondern fasst nüchtern konstatierend, zumal er mit seinem Freund ebensolche Pläne des „von-zu-Hause-Weglaufens“ des öfteren geschmiedet hatte, allerdings waren dabei Amerika oder Italien als Land des Fußballs ihr Ziel.

    Die zweite Erzählende Person ist Johanna, welche mit ihrem Bruder Alex vom elterlichen strengen zu Hause in die große Stadt zieht, um dort ein eigenständiges Leben aufzubauen. Von Kindesbeinen an war sie Alex‘ Stimme, der stark stottert, was ihn immer stärker isolierte. Erst in der Stadt beginnt Alex, der nun als Handwerker arbeitet, Freundschaften mit seinen Arbeitskollegen zu schließen und emanzipiert sich zusehends von seiner Schwester. Johanna, welche als Krankenschwester arbeitet, möchte ihrem Bruder den Freiraum nicht nehmen und lässt ihn gewähren. Sie lernt Erika, die Tochter von Alex’s Chef kennen, die ihrerseits eine innige Beziehung zu Alex aufbaut. Alex gerät mehr und mehr in politisch aktive Kreise, deren Fanatismus sich in Bombenanschlägen äußert, wobei er bei einem dieser Anschläge ums Leben kommt. Für Johanna, die von der Enthüllung des Doppellebens ihres Bruders vollkommen überrascht ist, zerbricht eine Welt und nur ihre Arbeit, sowie die Freundschaft zu Erika fangen sie in dieser Situation auf („Nie hätte ich Alex damit in Verbindung gebracht, er hatte seinen eigenen Krieg auszufechten, nicht den anderer.“ (S.55)). Immer wieder zieht sie Parallelen zwischen dem Kampf den Alex mit der Sprache, den Wörtern führte und dem des „Südtiroler Freiheitskampfes“. („Ich nahm meinen Mantel, zog die Schuhe an und hörte ihn kämpfen, seinen Befreiungskampf, seinen Silbenbefreiungskampf. Hörte ihn nach Luft reißen, nach Atem für seine Wörter…“ (S.147)).

    Fazit: Es ist Schulstoff, Geschichtsstoff, Zahlenwerk; jener „Freiheitskampf“, der Südtirols Geschichte mitgeprägt hat. Nüchtern lernbar, distanziert betrachtbar. So stellte er sich mir seinerzeit in der Schule dar. Mall’s Roman hingegen ist eine andere Geschichtsstunde. Jene in der Menschen von Entscheidungen betroffen sind, die ihr Leben auf den Kopf und in Frage stellen, die daran Zweifeln lassen, ob man je einen Menschen aus seiner Umgebung wirklich gekannt hat oder ob man der / die einzige sei, der / die kein zweites Leben abseits des realen Alltages führen würde. „Sensibel erzählt Sepp Mall von den Wunden, die der Konflikt entlang der Südtiroler Sprachgrenzen in den Familien geschlagen hat.“ (Umschlagtext) Nie wertend, stets beobachtend und doch ungemein einfühlsam, den Leser hineinziehend in eine atmosphärisch dichte, verwobene Melange aus Alltag, Doppelleben, privatem Scheitern und dem Leben trotzen, so kann man den Eindruck schildern den Mall’s Erzählung hinterlässt… vielleicht auch weil dieses Land und seine Leute über 12 Jahre mein zu Hause waren.

  8. Cover des Buches Meat (ISBN: 9783453433724)
    Joseph D'Lacey

    Meat

     (61)
    Aktuelle Rezension von: ihkft

    Nichts für Vegetarier oder Veganer - dieses Buch hat es in sich! In einer Stadt, abgetrennt von anderen Städten und nur von Ödnis und Verfall umgeben, bestimmt Fleisch den Alltag. Die Schlachterei und die damit verbundenen Tätigkeiten sind Hauptarbeitgeber und so funktioniert der perfekte Kreislauf (im Ruhrgebiet fühlt man sich vage an die Kruppsche Konsumanstalten erinnert). Fleischessen wird zum Gesetz, dass sich auf Religion stützt - denn was im heiligen Buch steht, kann ja nur richtig ung gut sein. 

    Wir begleiten im Buch verschiedene Personen in ihrem Alltag, allen voran Shanti, ein Arbeiter des Schlachtbetriebs, der heimlich kein Fleisch isst und sich selbst geißelt. Aber auch andere Arbeiter, die nicht so sehr mit ihrem Schicksal hadern, lernen wir kennen. 

    Im Kern der Geschichte steigen wir bei einem Umbruch ein, die Revolution steht bevor, immer weniger Menschen können sich Fleisch leisten und manche wollen es nicht mehr essen. Unterstützt und angeführt werden sie von einem - ja man will es fast sagen - Propheten mit den wenig kreativen Initialen JC. Dem Gegenüber steht der skupellose Firmenbaron, der alles daran setzen will, sein Geschäft aufrecht zu erhalten. 

    Fazit: Das Buch ist durchaus lesenswert und nichts für schwache Nerven oder schwache Mägen. Als Film wäre das FSK18. Der religiöse Aspekt und das Ende hat mir persönlich nicht ganz zugesagt, aber an sich war es natürlich durchaus stimmig und spannend. 

    Zu empfehlen in diesem Kontext ist auch das Buch "Wie die Schweine" - wem Meat gefallen hat, sollte das lesen und umgekehrt.

  9. Cover des Buches Zeitoun (ISBN: 9783125798847)
    Dave Eggers

    Zeitoun

     (51)
    Aktuelle Rezension von: Wortmagie

    Am 28. August 2005 erließ New Orleans‘ Bürgermeister Ray Nagin die erste Evakuierungsanordnung in der Geschichte der Stadt. Alle Einwohner_innen, die konnten, sollten New Orleans verlassen und wer nicht konnte, sollte Zuflucht in einem der öffentlichen Schutzzentren suchen. Zu diesem Zeitpunkt war der Großteil der Bevölkerung bereits geflohen. Geflohen vor einem Sturm, wie ihn die USA bis dahin nur selten erlebt hatten: Katrina.

    Katrina war der viertstärkste Hurrikan, der das Festland der USA je traf. Sie verursachte 125 Milliarden Dollar Schaden und ist damit der teuerste Tropensturm seit Beginn der Aufzeichnungen (seit 2017 teilt sie sich diesen Rekord mit Hurrikan Harvey). Die Todeszahlen können lediglich geschätzt werden; man geht von über 1.800 Todesopfern aus. Die meisten Menschenleben forderte sie in New Orleans und den umliegenden Gemeinden. Als sie dort am 29. August 2005 einschlug, erfüllte sie die Kriterien eines Kategorie 3 – Hurrikans.

    Sie verwüstete New Orleans in einem nie dagewesenen Ausmaß. 80 Prozent der Stadt wurden überflutet, weil die Dämme aufgrund eines fatalen Konstruktionsfehlers nicht hielten. Die gesamte Infrastruktur wurde schwer beschädigt: Straßen waren unpassierbar, die Elektrizitätsversorgung brach zusammen und Kommunikationskanäle versagten weitgehend. Über 204.000 Häuser wurden zerstört; über 400.000 Menschen waren plötzlich obdachlos und hunderttausende verloren ihren Zugang zu ihren Heimen und/oder Jobs. Insgesamt geht man davon aus, dass etwa eine Million Menschen durch Katrina dauerhaft vertrieben wurden. Die demografischen Auswirkungen für die USA ähneln den Effekten der Migrationswellen während der Great Migration und der Großen Depression.

    Die Unterstützung für New Orleans lief schleppend an, nachdem Katrina abgezogen war. Es gab keinen Plan dafür, was geschehen sollte, falls die Dämme brachen. Stattdessen trat der sogenannte Hurricane relief plan in Kraft, der jedoch an der weitreichenden Überflutung scheiterte. Die meisten Hilfskräfte konnten zuerst nicht in die Stadt vordringen und diejenigen, denen es gelang, waren zu wenige, um die über 100.000 Menschen, die vor Ort geblieben waren, angemessen zu versorgen. Ohne den couragierten Einsatz privater Organisationen hätte Katrina wahrscheinlich noch mehr Leben gekostet. Es dauerte fünf Tage, bis Hilfe von Bundesebene eintraf.

    Den Hilfskräften bot sich ein Bild des Grauens: New Orleans, vormals ein pulsierendes kulturelles Zentrum und Schauplatz des berühmten Karnevals Mardi Gras, war eine Trümmerstadt, in der Leichen in den Straßen lagen oder im Wasser trieben. Darüber hinaus herrschte eine gewisse Nervosität, weil die Medien behauptet hatten, die zivile Ordnung sei kollabiert und von Plünderungen, Gewalt, Vergewaltigungen und Morden berichteten. Tatsächlich waren viele dieser Berichte hemmungslos übertrieben, schlicht falsch oder lediglich Gerüchte, doch da das Kommunikationsnetzwerk gestört war, war es schwierig, sie zu widerlegen und eine realistische Einschätzung der Lage vorzunehmen. Ordnungshüter_innen und Hilfskräfte betraten die Stadt mit diesen Berichten im Kopf und waren auf das Schlimmste eingestellt.

    Deshalb war die Errichtung eines Übergangsgefängnisses eine der höchsten Prioritäten des Wiederaufbaus. Bereits zwei Tage nach Katrina wurden sechzehn nach oben offene und mit Stacheldraht gesicherte Maschendrahtzellen von Häftlingen des Louisiana State Penitentiary Gefängnisses auf dem Gelände des Greyhound Busbahnhofs aufgestellt. Die Überwachung übernahmen Wärter_innen derselben Einrichtung, die als eines der härtesten Hochsicherheitsgefängnisse der USA gilt. Die Käfige boten Platz für jeweils etwa 45 Personen, wodurch im sogenannten Camp Greyhound insgesamt bis zu 700 Menschen festgehalten werden konnten. Die Zellen verfügten über keinerlei Möbel, alle Insass_innen mussten auf dem blanken Zementboden schlafen, während die ganze Nacht alle von einem Generator betriebenen Lichter brannten. Sie bekamen zu essen und hatten Zugang zu mobilen Toiletten, erhielten jedoch keine Rechtsbetreuung und durften nicht einmal den ihnen zustehenden Anruf tätigen. Wer auf nicht schuldig plädierte, wurde in eines der umliegenden Gefängnisse überstellt und musste dort auf die weitere Abfertigung warten.

    Es stellte sich heraus, dass viele der Insass_innen, die in Camp Greyhound inhaftiert wurden, unschuldig waren. Die überforderten und überspannten Ordnungskräfte reagierten häufig unverhältnismäßig und verhafteten willkürlich Menschen, die ihnen subjektiv als Bedrohung erschienen. Den meisten der Häftlinge wurden Plünderungen vorgeworfen. Oft handelte es sich dabei allerdings um ganz normale Bürger_innen von New Orleans, die nach Katrina in Geschäften und Privathäusern nach grundlegendsten Versorgungsmitteln wie Wasser, Nahrung und Kleidung suchten und dafür in Camp Greyhound landeten. Ein gewisser James Terry berichtete, dass er für die „Plünderung“ seiner eigenen Wohnung verhaftet wurde. Im Anschluss wurde er sieben Monate eingesperrt, ohne jemals angeklagt, einem_einer Richter_in vorgeführt zu werden oder Zugang zu einem Rechtsbeistand zu erhalten. Er war nicht der einzige. Viele schilderten ähnliche Erlebnisse. Der Anwalt Ashton O‘Dwyer erzählte, dass er während seiner Gefangenschaft mit Pfefferspray und Bean Bag Geschossen (nichttödliche Schrotmunition in kleinen Beuteln) attackiert wurde. Auch er wurde niemals angeklagt. Die US-amerikanische Justiz versagte auf ganzer Linie.

    Doch nicht nur das Rechtssystem bekleckerte sich nach Katrina nicht gerade mit Ruhm. Im Zuge des Wiederaufbaus mussten sehr viele Häuser entweder abgerissen und neu errichtet oder komplett saniert werden. In dieser Zeit lebten zahlreiche der Bewohner_innen entweder in den Obergeschossen, während das Erdgeschoss wiederhergestellt wurde, oder in Hotels, Mietobjekten, Zeltstädten oder Trailern. Diese Trailer wurden zum Teil von der der Homeland Security unterstellten FEMA (Federal Emergency Management Agency, zu Deutsch in etwa Bundesagentur für Katastrophenschutz) bereitgestellt, trafen aber erst Monate nach Katrinas Wüten ein und deckten nur zwei Drittel des Bedarfs. Als sie eintrafen, waren viele unbewohnbar oder nicht voll funktional, ohne Wasser- und/oder Elektrizitätsanschluss. Bürokratische Hürden und die politische Suche nach einem schwarzen Peter erschwerten den Einwohner_innen von New Orleans die Rückkehr in ihre Heimat erheblich, sodass ein Jahr nach Katrina nur 53 % der Bevölkerung wieder in der Stadt lebten. 2007 waren es immer noch nur zwei Drittel der Bevölkerung; 2009 waren weiterhin viele Häuser zerstört und ihre Besitzer_innen ruiniert.

    Wir wissen, wie es den Menschen in New Orleans während und nach Katrina erging, weil viele bereit waren, ihre Geschichten zu teilen. Ein Projekt, das sich der Dokumentation der Erlebnisse von Katrina-Überlebenden widmete, war „Voices from the Storm“ der gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation Voices of Witness. Voices of Witness versteht sich als Sprachrohr aller Betroffenen von Unrecht überall auf der Welt. Mithilfe der Oral History – Methode sammeln sie persönliche Berichte dieser Betroffenen, stellen sie zusammen und veröffentlichen sie in Buchform, um gesellschaftliche Missstände konkret sichtbar zu machen. In dieser Mission reisten sie – bereits wenige Tage nachdem Katrina abgezogen war – nach New Orleans und in alle Gebiete, die ebenfalls getroffen wurden und interviewten Überlebende. Die Ergebnisse dieser Gespräche erschienen 2005 als „Voices from the Storm“. Auf diese Weise wurde Dave Eggers auf Abdulrahman und Kathy Zeitoun aufmerksam.

    Dave Eggers dürfte vielen von euch durch seinen beklemmend realistischen Erfolgsroman „The Circle“ ein Begriff sein. Er ist jedoch nicht nur ein gefeierter Autor, Gründer des unabhängigen, gemeinnützigen Verlags McSweeny’s Publishing und Herausgeber des monatlichen Literaturjournals Timothy McSweeny’s Quarterly Concern, sondern auch Mitbegründer von Voices of Witness. Die Geschichte des Ehepaars Zeitoun, die er das erste Mal im Kontext von „Voices from the Storm“ hörte, berührte ihn außerordentlich und so beschloss er, sie bei seinem nächsten Aufenthalt in New Orleans zu besuchen.

    Eggers unterhielt sich mit ihnen und begriff schnell, dass die Erlebnisse der Familie Zeitoun, die der Hurrikan auslöste, zu komplex waren, um sie lediglich als Teil von „Voices from the Storm“ zu behandeln. Er wollte ihnen ein eigenes Buch widmen und begann 2006 mit ihrem Einverständnis mit der Arbeit und Recherche für den biografischen Roman „Zeitoun“. Drei Jahre lang prüfte er Fakten und Hintergründe, organisierte Interviews mit Personen, die direkt oder indirekt mit dem Schicksal der Zeitouns verbunden waren, und führte zahllose Gespräche mit der gesamten Familie sowohl in den USA als auch in Syrien. Er involvierte Abdulrahman und Kathy Zeitoun unmittelbar in seinen Schreibprozess und schickte ihnen sechs oder sieben Entwürfe seines Manuskripts, bis alle Beteiligten zufrieden waren. Das Buch erschien 2009; der Großteil der Einnahmen floss an die mittlerweile offenbar aufgelöste Zeitoun Foundation, die den Wiederaufbau von New Orleans förderte, sich für die Achtung der Menschenrechte in den USA einsetzte und deren Gründung Dave Eggers ebenfalls unterstützte.

    Dies ist meine Rezension von „Zeitoun“, die aus verschiedenen Gründen wieder einmal völlig aus dem Rahmen meiner üblichen Richtlinien für eine Buchbesprechung fallen muss. Überraschung, euch erwartet doch noch Buchcontent, obwohl ihr mittlerweile sicher daran gezweifelt habt. Wie so oft bei Non-Fiction war es auch im Fall von „Zeitoun“ unerlässlich, den Kontext zu etablieren, bevor wir über das Buch selbst sprechen, denn ohne Katrina wäre alles, was das Ehepaar Dave Eggers berichtete, nicht geschehen. Katrina liegt nun schon über 15 Jahre in der Vergangenheit – meine Güte, wie die Zeit vergeht. Ich erinnere mich an die Bilder des überfluteten, verwüsteten New Orleans in den Nachrichten, aber ich erinnere mich auch, dass ich damals überhaupt keinen Bezug zu dieser Katastrophe herstellen konnte und wenig Empathie aufbrachte. New Orleans war so weit weg und ich konnte mir im Alter von 16 Jahren gar nicht vorstellen, was es bedeutet, dass eine größere Stadt plötzlich zu 80 Prozent von Wasser bedeckt ist. Der Anschlag auf die Zwillingstürme des World Trade Center vier Jahre zuvor, der hier heute indirekt ebenfalls eine Rolle spielen wird, bewegte mich weit mehr.

    Ich kann nicht genau erklären, warum ich mich vor Jahren entschied, „Zeitoun“ zu kaufen. Ich weiß, dass mein ehemaliger Dozent in US-amerikanischer Kulturgeschichte und Literatur ein leidenschaftlicher Fan von Dave Eggers war, aber meinem Gedächtnis nach schwärmte er damals von dem frisch erschienenen „The Circle“, nicht von „Zeitoun“. Ich glaube, auf „Zeitoun“ wurde ich im Anschluss von selbst aufmerksam. Ich schätze, es war der Klappentext, der meine Neugier weckte, obwohl ich mit Katrina außer diesen Nachrichtenbildern nichts verband: Die Geschichte eines Mannes, der in einem Kanu durch New Orleans paddelte, Hilfe leistete und dem dafür großes Unrecht angetan wurde, klang erschütternd und faszinierend zugleich. Dieser Mann war Abdulrahman Zeitoun, dessen Einzelschicksal ein Mahnmal für alles darstellt, was in den USA nach dem 11. September 2001 schieflief.

    Abdulrahman Zeitoun kam 1988 als muslimischer Einwanderer aus Syrien in die USA. Nicht als Geflüchteter – er immigrierte lange vor dem humanitären Desaster des Syrienkrieges. Er reiste im Land herum, nahm Arbeit an, wo immer er konnte, und ließ sich schließlich 1994 in New Orleans nieder. Dort traf er seine künftige Ehefrau Kathy, die in Baton Rouge, Louisiana aufgewachsen und bereits zuvor zum Islam konvertiert war. Sie verliebten sich trotz des recht großen Altersunterschieds von 13 Jahren und heirateten wenig später. Fortan taten sie alles gemeinsam: Sie bekamen drei Töchter (Nademah, Safiya und Aisha), zogen zusammen Kathys Sohn Zachary aus erster Ehe auf und gründeten die Firma Zeitoun A. Painting Contractor LLC. Sie übernahmen alle möglichen handwerklichen Aufträge, von Malerarbeiten bis Komplettrenovierungen und kauften Häuser auf, um sie saniert und renoviert wieder zu verkaufen oder zu vermieten. Kathy managte jegliche Büroarbeit, während Abdulrahman die Baustellen überwachte und auch gern selbst mit anpackte. 2005, bevor Katrina ihr Leben so schwer aus dem Gleichgewicht brachte, lief ihre Firma gut; sie hatten zu jeder Zeit acht bis zehn parallele Aufträge. Sie waren der Inbegriff des amerikanischen Traums, hatten sich mit harter Arbeit aus dem Nichts ein respektables Unternehmen aufgebaut.

    Die ersten Berichte über Katrina im August 2005 nahmen sie nicht wirklich ernst. Kathy stammte aus der Gegend und war die Hurrikan-Routine gewohnt; Abdulrahman hatte viele Jahre auf See verbracht und war ebenfalls mit Stürmen vertraut. Anfangs waren sie beide überzeugt, dass Katrina nicht anders sein würde als die Hurrikans vor ihr. Doch als die Berichterstattung stetig alarmierender wurde, fühlte sich Kathy beunruhigt und begann, mit dem Gedanken zu spielen, zu evakuieren. Am Morgen des 27. Augusts, nachdem sie Warnungen gehört hatten, dass Katrina die gefürchtete Kategorie 5 erreichen könnte, teilte sie ihrem Ehemann mit, dass sie mit den Kindern die Stadt verlassen wollte. Es überraschte sie nicht, dass er sie nicht begleiten wollte. Abdulrahman war ein Workaholic; er überließ ihre Firma ungern sich selbst und fühlte sich schnell unwohl, wenn er nicht arbeitete. Es war in der Vergangenheit bereits vorgekommen, dass Kathy und die Kinder ohne ihn verreist und evakuiert waren. Außerdem empfand er eine starke Verpflichtung gegenüber ihren Kund_innen sowie Mieter_innen und wollte nicht riskieren, für eventuelle Schäden, die während eines Hurrikans durch ihre Werkzeuge oder ähnliches verursacht wurden, haften zu müssen. Kathy versuchte nicht, ihn zu überreden. Sie kannte ihren Ehemann zu gut. So blieb Abdulrahman in New Orleans, während seine Familie in Baton Rouge bei Kathys Schwestern unterkam.

    Abdulrahman saß Katrina im Obergeschoss ihres Hauses aus. In den ersten zwei Tagen erlebte er die erwarteten Schäden und Einschränkungen: Mobilnetzwerk und Elektrizitätsversorgung waren unzuverlässig, Fenster gingen zu Bruch, das Dach leckte und Regenwasser sammelte sich im Haus – alles lästig, aber nicht besorgniserregend, denn das Wasser begann schon am 29. August, wieder abzulaufen. Die Lage änderte sich nur einen Tag später. Am 30. August brachen die Dämme und New Orleans wurde überflutet. Auch das Heim der Zeitouns wurde erheblich beschädigt, es gelang Abdulrahman jedoch, zumindest einen Teil ihrer Besitztümer zu retten und er selbst blieb glücklicherweise unverletzt. Als Katrina weitergezogen war, begann er, seine Nachbarschaft mit einem impulsiv gekauften und bisher wenig genutzten Kanu zu erkunden. Mehrere Tage paddelte er durch die Straßen und half allen, denen er begegnete und die seine Hilfe brauchten, Menschen gleichermaßen wie Tieren. Überall erfuhr er Freundlichkeit und Dankbarkeit; nur die Ordnungskräfte, die seinen Weg kreuzten, verhielten sich unhöflich und misstrauisch. Er telefonierte so oft wie möglich mit Kathy in Baton Rouge.

    Am 06. September hatte er den Eindruck, jede Soforthilfe geleistet zu haben, die er anbieten konnte und war bereit, sich evakuieren zu lassen. Ihm gingen die Lebensmittel aus und er vermisste seine Familie. In der Zwischenzeit waren Hilfskräfte in der Stadt eingetroffen; er glaubte, das schlimmste Chaos läge nun hinter ihnen. Er irrte sich. Bevor er die Gelegenheit hatte, New Orleans zu verlassen, wurde er verhaftet. Die sechs Ordnungshüter_innen, die plötzlich vor ihm standen und aufgrund ihrer zusammengewürfelten Kleidung keiner Instanz zuzuordnen waren, nahmen ihn fest, ohne Gründe zu nennen. Er wurde ins Camp Greyhound gebracht und dort genauso unmenschlich behandelt wie viele andere. Es gab keine klaren Vorwürfe gegen ihn, doch die Wärter_innen ließen durchblicken, dass sie ihn für einen islamistischen Terroristen hielten. Drei Tage wurde er in einer der Maschendrahtzellen festgehalten, bis man ihn ins Elayn Hunt Correctional Center überstellte.

    Abdulrahman Zeitoun verbrachte insgesamt 23 Tage unschuldig und unter Missachtung seiner verfassungsmäßigen Rechte im Gefängnis. In diesen 23 Tagen wurde Kathy fast verrückt vor Sorge. Zuerst erklärte ihr niemand, wo ihr Ehemann war, dann weigerte man sich, ihr Auskunft darüber zu erteilen, wie sie ihn kontaktieren und aus dem Gefängnis holen konnte. Sie war letztendlich gezwungen, für ihren unschuldigen Mann Kaution zu stellen. Am 29. September konnten sich die Eheleute endlich wieder in die Arme schließen. Sie haben Katrina und die US-amerikanische Justiz überlebt. Aber ihr Leben war danach nie wieder dasselbe.

    Einzelschicksale sind möglicherweise der einzige erfolgsversprechende Zugang zu Katastrophen in dem Ausmaß, das der Hurrikan Katrina erreichte. Je gravierender ein Unglück, je mehr Personen betroffen sind, desto schwerer fällt es uns, aus abstrakten Zahlen und Fakten konkrete Erfahrungen abzuleiten. Wir haben als Menschheit erwiesenermaßen größere Probleme, Empathie aufzubringen, wenn wir Opfer lediglich als anonyme Masse wahrnehmen. Darum ist es so wichtig, dass Bücher wie „Zeitoun“ und „Voices from the Storm“ diese emotionale Barriere niederreißen, denn nur, wenn wir mit Betroffenen fühlen, sehen wir uns vielleicht veranlasst, gegen ungerechte, inhumane Umstände aufzustehen. Ohne solche Veröffentlichungen bleiben ihre Stimmen ungehört. Mit „Zeitoun“ gibt Dave Eggers einer Familie eine Stimme, die die Gelegenheit, ihre Geschichte zu erzählen, zwar nicht mehr verdient als andere, deren spezifische Erlebnisse jedoch so viele gesellschaftliche Schwachstellen in den USA aufdecken, dass ich seine Entscheidung, gerade sie einem weiteren Publikum zuzuführen, sehr gut nachvollziehen kann.

    Es ist überaus deutlich, dass Eggers bewusst war, wie entscheidend emotionale Anteilnahme von der Identifikation mit den Akteur_innen abhängt: Von der ersten Seite an bemüht er sich zielgerichtet, subtil Sympathie und Nähe zu erzeugen. Er porträtiert die Zeitouns greifbar als ganz normale, hart arbeitende Leute, in deren Leben ihre Familie die oberste Priorität einnimmt. Hierbei konzentriert er sich vor allem auf die Darstellung der innigen Beziehung zwischen Abdulrahman und Kathy, um den Weg für das Verständnis all ihrer späteren Verhaltensweisen zu ebnen. Dadurch erstickt er jegliche Zweifel im Keim, dass sie in irgendeiner Form eine Mitschuld an dem tragen, was sie erleben werden und bestärkt seine Leser_innen im Glauben an ihre Integrität. Schon nach wenigen Einblicken in Abdulrahmans Persönlichkeit war ich absolut sicher, dass er gar nicht fähig ist, ein Verbrechen zu begehen, vollkommen egal, was ihm nach Katrina vorgeworfen wird.

    Dazu trägt ebenso Eggers offensiver Umgang mit Abdulrahmans Einwanderung bei, mit dem er viele Vorurteile über Migrant_innen unmissverständlich widerlegt. Obwohl ich mich als tolerante Person sehe und keine fremdenfeindlichen Ressentiments hege, kann ich doch nicht leugnen, dass sich vor der Lektüre von „Zeitoun“ unbewusst einige Annahmen über Syrien in meinem Kopf befanden, die mehr mit der Realität des Syrienkrieges zu tun hatten als mit der Realität dieses Landes vor über 15 Jahren. Mir war gar nicht klar, dass ich Syrien voreingenommen als rückständiges Entwicklungsland betrachtete. Ich begrüßte es, dass Eggers mich mit meinen eigenen Vorurteilen konfrontierte und mir durch die Augen von Abdulrahman zeigte, welchen Unsinn ich mir da ausmalte. Syrien blickt auf eine uralte Kultur und war ebenso in der Moderne angekommen wie viele andere Nationen auch, bevor der Krieg ausbrach. Ich freue mich, dass ich mein verschobenes Bild korrigieren konnte und ich bin Abdulrahman dankbar, dass er seine tiefen Gefühle für sein Geburtsland teilte. Entgegen dessen, was man vielleicht erwarten würde, beißt sich seine Liebe für Syrien nicht im Mindestens mit seiner Identität als US-Amerikaner. Ganz im Gegenteil, beide Facetten scheinen sich hervorragend zu ergänzen und Abdulrahman beweist, dass Arbeitsmoral und Aufopferungsbereitschaft keine Tugenden sind, die man ausschließlich entwickelt, wenn man in den USA geboren ist. Er glaubte an den amerikanischen Traum, an die Freiheit, sich mit seinen eigenen Händen ein Leben aufbauen zu können, das ihn glücklich machte. Bei ihm war dieser Glaube vielleicht sogar stärker ausgeprägt als bei vielen geborenen US-Amerikaner_innen.

    Deshalb erscheint das, was ihm nach Katrina widerfuhr, umso ungeheuerlicher. Ich bin mittlerweile überzeugt, dass man den Hurrikan Katrina und alles, was danach geschah, getrennt beurteilen sollte. Das ist natürlich schwierig, weil beide Aspekte sehr eng miteinander verknüpft sind, doch ich halte diese Trennung für notwendig, um zu begreifen, was der Familie Zeitoun und so vielen anderen Menschen angetan wurde. Ich habe die meisten Details seines Martyriums ausgeklammert, weil es meiner Ansicht nach nicht relevant ist, wie genau seine Menschenrechte verletzt wurden – die Tatsache an sich ist traurig genug. In einem Land, das sich stolz als das freiste der Welt präsentiert, spielten sich Szenen ab, die ebenso in einer Militärdiktatur hätten passieren können. Das ist pervers und paradox. Abdulrahmans Erfahrungen zeigen mit erschütternder Klarheit, dass die Regierung der USA trotz allen Ansprüchen an die Freiheit des Individuums zu vollkommen kopflosen und übertriebenen Reaktionen neigt, sobald sie diese Freiheit bedroht sieht. Ob eine Bedrohung nun real ist oder sich lediglich als Paranoia qualifiziert – wen kümmert’s?

    In New Orleans spielten nach Katrina mehrere ungünstige Faktoren zusammen, die schlussendlich dazu führten, dass Abdulrahman Zeitoun wie ein Schwerverbrecher behandelt wurde, obwohl er unschuldig war. Niemand war wirklich darauf vorbereitet, dass die Dämme der Stadt versagen könnten. Verschiedene Behörden warnten vor diesem Szenario; Monate zuvor war sogar eine Simulation veröffentlicht worden, die exakt die katastrophalen Auswirkungen vorhersagte, die durch Katrina eintraten. Sowohl die FEMA als auch Beamt_innen des Staates Louisiana kannten die Simulation, sahen sich jedoch offenbar nicht veranlasst, Vorkehrungen zu treffen. Durch das Fehlen eines Plans, wie auf eine Überflutung zu reagieren sei, war nicht das richtige Equipment vorhanden, um den eingeschlossenen Menschen zu helfen und Hilfsgüter waren nicht in den nötigen Mengen verfügbar. Es wurde um Zuständigkeiten gestritten und die Suche nach einem Sündenbock eingeleitet, die noch Jahre später in Untersuchungen und Anhörungen resultierte. Der Zusammenbruch des Kommunikationsnetzwerkes führte dazu, dass man anfangs nicht wusste, wie genau sich die Lage in der Stadt gestaltete und prophylaktisch vom Schlimmsten ausging. Die Medien trugen zu dieser Fehleinschätzung bei, weil sie Falschmeldungen unreflektiert wiederholten und die Situation aufbauschten, bis alle, die nach New Orleans beordert wurden oder selbstständig reisten, um zu helfen, glaubten, dort herrsche die pure Anarchie.

    Zusätzlich wurde den Vollzugsbehörden rund um New Orleans und der Golfküste sowie den Einheiten der Nationalgarde, die in die Gegend geschickt wurden, ein Dokument überlassen, das die Homeland Security 2003 in Auftrag gegeben hatte. Darin analysierte eine Gruppe aus Expert_innen, wie wahrscheinlich es sei, dass eine terroristische Vereinigung die Katastrophenlage eines Hurrikans ausnutzen könnte und welche Strategien sie einsetzen könnten, um die USA zu destabilisieren. Die Expert_innen kamen zu dem Schluss, dass so ein Szenario an sich unwahrscheinlich sei, die größte Gefahr jedoch von Einzeltäter_innen und Splitterzellen ausging, die versuchen könnten, weiteres Chaos zu stiften. Sie empfahlen, die Sicherheitsmaßnahmen an strategisch relevanten Punkten (zum Beispiel Evakuierungsstationen) zu verschärfen und sorgfältige Identifizierungen vorzunehmen, um potenzielle Terrorist_innen rechtzeitig ausfindig zu machen. Den Sicherheitskräften wurde also nicht nur vermittelt, dass New Orleans in der Gesetzlosigkeit versank, ihnen wurde auch aufgetragen, nach möglichen Terrorist_innen Ausschau zu halten – wenige Jahre nach dem Anschlag auf das World Trade Center. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass alle, die eine Uniform trugen, angespannt waren und Bedrohungen hinter jede Ecke vermuteten, auch in einem syrisch-stämmigen Familienvater.

    In „Zeitoun“ beschreiben sowohl Abdulrahman als auch Kathy, wie sie die anti-muslimische Stimmung in ihrem Land nach dem 11. September wahrnahmen. Ich fand diese Einblicke in ihre Erlebenswelt sehr aufschlussreich. Ihr Alltag wurde davon geprägt, dass alle Muslim_innen plötzlich unter Generalverdacht standen. Abdulrahman reflektiert nachvollziehbar, wieso diese Form der Diskriminierung in starkem Kontrast zu seiner Auffassung des amerikanischen Traums steht, was sicher viele Einwander_innen ähnlich empfanden. Rational ist mir selbstverständlich bewusst, dass eben nicht alle Menschen dieselben Chancen erhalten (Stichwort Black Lives Matter), aber im Fall der Zeitouns erscheint mir diese Tatsache unfassbar, weil Abdulrahman bilderbuchhaft integriert war und sich aus dem Nichts eine Existenz aufbaute. Für mich zeigt das Buch deshalb, dass das Ideal von Freiheit und Selbstverwirklichung, das in den USA so populär ist, der Realität einfach nicht standhalten kann. Es ist eine Illusion, die unter extremen Umständen kolossal in sich zusammenbricht, während alle Mängel des politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und bürokratischen Systems mit aller Macht zu Tage treten. Katrina zerstörte den schönen Schein.

    Der Tatsachenroman „Zeitoun“ schloss für mich viele Wissens- und Verständnislücken. Durch das Einzelschicksal der Familie Zeitoun konnte ich erstmals eine Verbindung zu der Katastrophe herstellen, die der Hurrikan Katrina für die Einwohner_innen von New Orleans und der anderen betroffenen Gemeinden bedeutete. Ich verstand, dass überflutete Straßen noch das geringste Problem waren und das Chaos, das auf den Sturm folgte, in vielerlei Hinsicht von US-amerikanischen Regierungsinstanzen selbst geschaffen und befeuert wurde. Es ist entsetzlich, wie viele Menschen erleben mussten, dass ihre grundlegendsten Rechte in einem demokratischen Land plötzlich Null und Nichtig waren. Noch viel schlimmer finde ich allerdings, dass die vielen Fehlentscheidungen, die nach Katrina von offizieller Seite fielen, offenbar bis heute nicht umfassend aufgearbeitet wurden. Ich konnte zum Beispiel nicht herausfinden, wer eigentlich den Bau des Übergangsgefängnisses Camp Greyhound anordnete und genehmigte. Niemand scheint Verantwortung übernehmen zu wollen. Das ist nicht überraschend, aber es ist ein Armutszeugnis.

    New Orleans ist heute besser auf Hurrikans vorbereitet. Das ist erfreulich – all das Unrecht, das nach Katrina geschah, können diese Vorkehrungen jedoch nicht auslöschen. Es bleibt eine Wunde im Gedächtnis der USA.

    Normalerweise wäre diese Rezension zu „Zeitoun“ an dieser Stelle abgeschlossen. Leider ist das nicht möglich. Leider habe ich lange nach der Lektüre Dinge über die Protagonist_innen dieses biografischen Romans erfahren, die ich nicht einfach ignorieren kann. Wir müssen darüber sprechen. Also, lasst uns nun noch einmal tief Luft holen und über den Elefanten reden, der hier im Raum steht.

    Ich habe „Zeitoun“ im Juni 2020 gelesen. Ein halbes Jahr später, im Dezember 2020, wollte ich über das Buch im Rahmen meines Jahresrückblicks 2020 schreiben und dafür noch einmal nachlesen, aus welchem Land Abdulrahman Zeitoun ursprünglich stammte, weil seine Einwanderung relevant für seine Geschichte ist. Ich besuchte die Goodreads-Seite und überflog die Rezensionen. Das hatte ich bis dahin noch nicht getan. Wenn ich Rezensionen nicht für eine Kaufentscheidung brauche, vermeide ich es meistens, diese vor der Fertigstellung meiner eigenen Rezension zu lesen, um eine Beeinflussung meiner Gedanken zu verhindern. Ich stolperte über haarsträubende Behauptungen. Es hieß, es gäbe zahllose Beschwerden über das Unternehmen der Zeitouns, Abdulrahman und seinem Cousin wurden Betrug und Identitätsdiebstahl vorgeworfen, angeblich wurden Angestellte nicht bezahlt, ausgenutzt und schäbig behandelt. Diese Anschuldigungen zeichneten bereits ein völlig anderes Bild der Familie, als ich es aus „Zeitoun“ kannte, aber wirklich schockierend waren die Berichte angeblicher Vorfälle von häuslicher Gewalt. Ich konnte es kaum glauben, ich war wie vom Donner gerührt: Abdulrahman sollte Kathy 2012, also drei Jahre, nachdem „Zeitoun“ erschienen war, auf offener Straße mit einem Wagenheber beinahe totgeprügelt haben. Damit noch nicht genug sollte er außerdem wenig später den Mord an Kathy, ihrem Sohn Zachary aus erster Ehe und einem weiteren Mann beauftragt haben.

    Ich war verstört. Das konnte nicht die Wahrheit sein. Das durfte sie nicht sein. Abdulrahman, der Mann, den ich als liebevoll, verantwortungsbewusst und selbstlos kennengelernt hatte, war zu solchen Verbrechen nicht fähig. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Dennoch begannen die Zahnräder in meinem Kopf zu rattern. Was, wenn es doch wahr ist? Was bedeutet das für das Buch „Zeitoun“ und was sagt es über Dave Eggers aus? Ich beschloss, mich für die Rezension auf eine ausgedehnte Recherche-Mission zu begeben. Ich konnte nicht so tun, als hätte ich die Vorwürfe nicht gelesen, weil die intime Beziehung zwischen Abdulrahman und Kathy ein wesentlicher Bestandteil des Romans ist und ich mich der Frage, wie viel ihrer Geschichte den Tatsachen entspricht, wenn Abdulrahmans Persönlichkeit, wie Eggers sie porträtierte, nicht die Realität widerspiegelt, stellen musste. Ich musste für mich herausfinden, inwiefern das Buch von den Anschuldigungen betroffen ist und entscheiden, ob sie Einfluss auf meine Bewertung haben mussten.

    Abdulrahman Zeitoun wurde tatsächlich am 25. Juli 2012 verhaftet, nachdem er Kathy mit einem Wagenheber und seinen Fäusten angegriffen und verletzt hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren sie meines Wissens bereits geschieden. Als Trennungsgrund gaben sie finanzielle Unstimmigkeiten an, dass das wirklich der einzige Grund war, erscheint mir jedoch fraglich, weil Kathy ein Kontaktverbot erwirkt hatte, das es Abdulrahman untersagte, sich ihr oder den Kindern zu nähern. Er verstieß mehrfach gegen das Verbot. Die Situation eskalierte an diesem 25. Juli und Abdulrahman wurde ins Gefängnis gebracht. Dort beauftragte er angeblich einen Mitinsassen, Kathy, Zachary und einen dritten Unbekannten zu töten und versprach ihm dafür 20.000 Dollar. Dieser Mitinsasse verriet ihn an die Gefängnisleitung, die den Vorwurf an die Staatsanwaltschaft weitergab. Er wurde des versuchten Mordes, häuslicher Gewalt, der Anstiftung zum Mord und des Verstoßes gegen das Kontaktverbot angeklagt. Vor Gericht sagte Kathy aus, dass sie seit ihrer Hochzeit bis zu ihrer Scheidung Gewalt in der Ehe erlebte, also auch vor und nach Katrina, was in „Zeitoun“ nie auch nur angedeutet wird. Sie fürchtete um ihr Leben.

    Abdulrahman verzichtete auf einen Geschworenenprozess, weshalb die Entscheidung in seinem Fall von dem Richter Frank Marullo getroffen wurde. Dieser sprach ihn im Juli 2013 frei. In seiner Urteilsbegründung erklärte er, dass es nicht genug Beweise gab, um Abdulrahman zu verurteilen. Der Mitinsasse, der ausgesagt hatte, dass Abdulrahman ihn für einen dreifachen Auftragsmord bezahlen wollte, war nach Marullos Meinung nicht glaubwürdig, weil er ein langes Vorstrafenregister besaß und zu befürchten war, dass er lediglich versuchte, sich selbst in einem günstigen Licht darzustellen. Marullo sagte also nicht, dass Abdulrahman unschuldig war; er sagte, dass die Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei (beyond reasonable doubt) beweisen konnte, dass er schuldig war.

    2016 stand Abdulrahman erneut vor Gericht. Wieder hatte er gegen das Kontaktverbot verstoßen und Kathy gestalkt. Dieses Mal wurde er für schuldig befunden und zu vier Jahren Haft verurteilt. Im März 2018 hatte er seine Zeit abgesessen. Warum er bereits nach etwa zwei Jahren entlassen wurde, kann ich lediglich vermuten. Möglicherweise kam er durch gute Führung für eine vorzeitige Entlassung in Frage, vielleicht wurde ihm auch die Zeit angerechnet, die er sich zuvor bereits in Untersuchungshaft befunden hatte. Wie auch immer die Gründe letztendlich aussahen, in den USA war er nicht mehr willkommen. Im September 2018 wurde entschieden, dass er abgeschoben werden sollte. Nun wissen wir jedoch alle, dass Syrien im Herbst 2018 drängendere Probleme hatte als die Wiederaufnahme eines Mannes, der aus den USA ausgewiesen werden sollte. Seit 2011 tobt dort ein Bürgerkrieg, der die ganze Welt erschüttert und eine der gravierendsten Flüchtlingskrisen aller Zeiten auslöste. In diesen Hexenkessel konnte man Abdulrahman nicht zurückschicken. Deshalb blieb er in den USA. Soweit ich weiß, lebt er noch heute in den Staaten, als freie Person, allerdings ohne Green Card und unter strengen Auflagen. Er könnte jederzeit ausgewiesen oder wieder inhaftiert werden. Seine Zukunft ist ungewiss.

    Das sind die letzten Nachrichten, die ich über Abdulrahman und Kathy Zeitoun finden konnte. Kathy hatte nach der Entlassung ihres Ex-Mannes 2018 große Angst, dass sie und ihre Familie erneut zu Zielscheiben für ihn werden könnten, offenbar ist jedoch nichts geschehen, das ein Eingreifen der Justiz rechtfertigen würde. Ebenso konnte ich keine Hinweise darauf finden, dass die Vorwürfe von Betrug und Identitätsdiebstahl, die bei Goodreads öffentlich nachzulesen sind, je rechtliche Konsequenzen nach sich zogen. Das heißt nicht, dass diese nicht der Wahrheit entsprechen, es bedeutet nur, dass Abdulrahman wohl nie dafür angeklagt wurde, denn im Rahmen der Berichterstattung über seine Prozesse wären Vorstrafen höchstwahrscheinlich erwähnt worden, weil sich diese auf Urteil und Strafmaß ausgewirkt hätten. Letztendlich wissen wir nicht einmal, ob sich Kathys Anschuldigungen von häuslicher Gewalt je so zugetragen haben. Unter normalen Umständen wäre ich die erste, die ihr jedes Wort glaubt und sie dafür feiert, dass sie den Mut aufbrachte, sich zu wehren und ihren Peiniger anzuzeigen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es diesen unverzeihlichen Vorfall mit dem Wagenheber wirklich gab, da sich dieser auf offener Straße zutrug und dementsprechend wahrscheinlich Zeug_innen anwesend waren. Aber ihre Behauptung, Gewalt sei seit ihrer Hochzeit Bestandteil ihrer Ehe gewesen – ich weiß nicht, ob das stimmt und der Grund für meine Ratlosigkeit ist das Buch „Zeitoun“.

    Wie ich bereits erklärt habe, spielt die Beziehung zwischen Abdulrahman und Kathy Zeitoun eine wichtige Rolle in dem Roman. Dave Eggers bemühte sich sehr, sie als liebevolles Ehepaar darzustellen, die nicht immer einer Meinung waren, jedoch stets am selben Strang zogen und als Team agierten. In sein Porträt will das Auftreten häuslicher Gewalt nicht so recht passen. Selbstverständlich ist häusliche Gewalt ein Verbrechen, das in den meisten Fällen ausschließlich im privaten Rahmen begangen wird. Betroffene ergreifen oft extreme Maßnahmen, um zu verstecken, dass sie zu Hause geschlagen und misshandelt werden. Wenn Dave Eggers zu Gast war, zeigten sich die Zeitouns garantiert von ihrer besten Seite. Aber irgendwie erscheint mir die Theorie, dass vor allem Kathy jede Spur von Gewalt erfolgreich über drei Jahre verbarg, doch etwas dünn, weil Eggers ja nicht nur Gespräche mit dem Ehepaar selbst führte. Er recherchierte. Er untersuchte. Er grub in ihren Biografien. Wenn Kathy seit über einem Jahrzehnt regelmäßig geschlagen wurde, hätte er meiner Meinung nach Hinweise darauf finden müssen, in Form von offiziellen Dokumenten wie zum Beispiel Arztberichte, in Form von Gerüchten aus ihrer Nachbarschaft und ihren Familien oder in Form von Verhaltensweisen, die dem Bild des perfekten Ehepaares widersprachen. Es hätte Anzeichen geben müssen. Für mich ergeben sich aus dieser Logik und angesichts des Buches nur drei mögliche Erklärungen. Entweder, Dave Eggers ist ein lausiger Biograf, der nicht so gewissenhaft recherchierte, wie er behauptete, oder die Zeitouns waren meisterhafte Illusionist_innen, die ihm erfolgreich vorgaukelten, eine traumhafte Ehe zu führen, oder die Vorwürfe sind gelogen. Ich weiß nicht, welche Option ich plausibel finde, aber dass eine Diskrepanz besteht, nehme ich sehr deutlich wahr.

    Dave Eggers hat sich nie zu den Vorwürfen gegenüber Abdulrahman Zeitoun geäußert. Ich finde das … Einerseits nachvollziehbar, andererseits frustrierend. Natürlich hätte er nichts damit gewonnen, ein Kommentar abzugeben. Was hätte er schon sagen sollen? Ihm blieb lediglich die Option, öffentlich zu erklären, dass er nicht wusste, was angeblich hinter verschlossenen Türen bei der Familie Zeitoun ablief. Selbst wenn er häusliche Gewalt vermutete, hätte er das niemals zugeben können, weil ihm das einen Shitstorm und Aufschrei beschert hätte, die seiner Karriere massiv geschadet hätten. Er wäre auf ewig als der Autor gebrandmarkt worden, dem seine Geschichte wichtiger war als die Wahrheit. Hätte er sich hingegen öffentlich distanziert, wären unangenehme Fragen zu seinem Arbeits- und Rechercheprozess gestellt worden. Wenn er drei Jahre in engem Kontakt mit der Familie stand, wie kann es dann sein, dass ihm nicht auffiel, dass Kathy das Opfer häuslicher Gewalt war? Nein, sein Schweigen war die klügste Entscheidung für ihn. Und doch wurmt es mich. Obwohl ich rational weiß, dass er mit einem Kommentar wenig erreicht hätte, sehnt sich ein Teil von mir nach der Bestätigung, dass er es nicht wusste. Ich will die Möglichkeit, dass er für „Zeitoun“ wissentlich Teile der Wahrheit ignorierte, ausgeräumt sehen.

    Es irritiert mich auch, dass er offenbar sehr wenig negative Kritik dafür erhielt, dass er schwieg. Normalerweise werden Autor_innen sehr viel nachdrücklicher zur Verantwortung für ihr Werk gezogen und meinem Empfinden nach sind die Ansprüche an Non-Fiction besonders in den USA sehr hoch. Erinnern wir uns an James Frey, dessen Karriere implodierte, als herauskam, dass diverse Passagen in seinem als autobiografisch vermarkteten Roman „A Million Little Pieces“ übertrieben oder gelogen waren. Er wurde verklagt, musste sich öffentlich entschuldigen und einen Passus im Buch ergänzen, der Leser_innen darauf hinweist, dass nicht alles der Wahrheit entspricht, was er schrieb. Es gab ellenlange Artikel, die sein Fehlverhalte minutiös auseinandernahmen (darunter ein Kommentar von Stephen King). Über Dave Eggers‘ existieren solche Artikel nicht, zumindest konnte ich keinen einzigen finden. Er wurde meinen Recherchen zufolge überhaupt nicht dafür angegriffen, dass diese große Diskrepanz zwischen seiner Darstellung und den Anschuldigungen besteht. Ich habe den Eindruck, dass ihm eine Sonderbehandlung zuteilwurde, aber ich verstehe nicht, wieso.

    Was bedeutet der Vorwurf häuslicher Gewalt unter dem Dach der Zeitouns nun für das Buch „Zeitoun“? Ich habe lange und intensiv darüber nachgedacht, ob sich aus der Möglichkeit, dass Kathy jahrelang misshandelt wurde, eine Konsequenz für meine Einschätzung des Romans ableitet. Da ich für alle weiteren Anschuldigungen keinerlei Beweise finden konnte, beschränkte ich mich auf diese Frage. So schockiert ich anfangs war, ich komme zu dem Schluss, dass das Buch von meinen Entdeckungen höchstens minimal betroffen ist. Ja, es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass „Zeitoun“ nicht die ganze Wahrheit erzählt. Sollte es tatsächlich stimmen, dass Kathy durch Abdulrahman über ein Jahrzehnt Gewalt erfahren hat, ist das zu verurteilen, abscheulich und ein Verbrechen, das er nie angemessen gebüßt hat. Letztendlich handelt „Zeitoun“ jedoch nicht von Abdulrahmans und Kathys Ehe. Es handelt von Katrina und den Menschenrechtsverletzungen, die Abdulrahman im Schatten dieser Katastrophe erlebte.

    Es existiert kein einziger Hinweis darauf, dass dieser Teil ihrer Geschichte nicht wahr ist. Ganz im Gegenteil, Dave Eggers präsentiert Rechercheergebnisse, die keinen Zweifel daran zulassen, dass er wahr ist. Trotz der Erkenntnis, dass Abdulrahman nicht der selige Wohltäter ist, als den Eggers ihn porträtiert, ändert ein mieser Charakter nichts daran, dass das, was ihm widerfuhr, Unrecht war. Auch schlechte Menschen haben grundlegende Rechte, die niemals unter keinen Umständen verletzt werden dürfen. Sein Martyrium ist nicht weniger falsch, unmenschlich und entsetzlich, weil er ein verurteilter Stalker und möglicherweise ein Frauenschläger ist. Egal, was er in seinem Leben verbrochen hat, die demütigende Behandlung, die er erdulden musste, war nicht rechtens. Menschenrechte enden nicht, wenn jemand kriminell wird. Sie verwirken nicht. Dave Eggers wollte mit „Zeitoun“ nicht dafür argumentieren, dass Abdulrahman Zeitoun ein Mann ohne Fehl und Tadel war. Die Sympathie, die er seine Leser_innen empfinden lässt, ist ein Mittel zum Zweck, eine Strategie, um ihnen das Schicksal dieses Mannes näherzubringen. Sie ist nicht der Kern des Romans. Der Kern ist Katrina und der Kollaps der US-amerikanischen Justiz, der zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit führte. Eggers wollte mit „Zeitoun“ diese Menschenrechtsverletzungen in den öffentlichen Diskurs transportieren und das ist ihm zweifellos gelungen.

    Darüber hinaus habe ich bereits geschrieben, dass die Familie Zeitoun es nicht mehr verdient als andere, ihre Geschichte zu erzählen. Damit meine ich, dass ihr Schicksal nur eines von vielen ist. Abdulrahman steht stellvertretend für all diejenigen, die nach Katrina Unrecht erfuhren. Er ist eine Stimme, aber nicht die Stimme aller Einwohner_innen von New Orleans. Deshalb ist es für das Buch meiner Meinung nach nur sekundär von Belang, wie die Ehe zwischen Abdulrahman und Kathy wirklich aussah. Er fungiert als Symbol und sollte auch als solches beurteilt werden.

    Viele haben sich nach Bekanntwerden seiner Verhaftung darüber aufgeregt, dass dieser Mann im Anschluss an die Veröffentlichung des Buches zu zahlreichen Vorträgen und Auftritten eingeladen wurde. Ich verstehe diesen Impuls. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass viele das Gefühl haben, ein Mann, dem häusliche Gewalt vorgeworfen wird, sollte nicht die Gelegenheit bekommen, sich in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu sonnen. Ich beobachtete denselben Reflex bei mir selbst. Aber sind wir ehrlich: Wieso sollte Abdulrahman kein Recht haben, über seine Erlebnisse nach Katrina zu referieren? Warum sollte er nicht als Experte auf diesem Gebiet gelten? Er hat es erlebt, unabhängig davon, was er sonst getan hat. Die mutmaßliche Gewalt gegen Kathy hat nichts, aber auch gar nichts mit der Gewalt zu tun, die er selbst erfuhr. Er verdiente sie nicht. Er verschuldete sie nicht. Es handelte sich nicht um ausgleichende Gerechtigkeit. Wir müssen diese beiden Aspekte seiner Biografie trennen.

    Darum glaube ich, dass „Zeitoun“ dennoch ein brillantes Buch ist. Ich halte es für wichtig, dass künftige Leser_innen darüber informiert sind, dass Abdulrahman keine weiße Weste hat und der Roman vielleicht nur ausgewählte Facetten der Beziehung zu seiner damaligen Ehefrau abbildet, aber die Botschaft, die Dave Eggers vermittelt, ist nichtsdestotrotz signifikant und muss gehört (oder gelesen) werden. Katastrophenmanagement rechtfertigt nicht, dass Menschenrechte ausgehebelt werden. Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht zu stellen und sie ohne Beweise wie Schwerverbrecher_innen zu behandeln, ist diskriminierend und unter keinen Umständen akzeptabel. Meiner Meinung nach tut das Buch sehr viel für die Betroffenen von Katrina, indem es sie sichtbar macht, ihnen ein Gesicht gibt und aus der Abstraktheit, der Anonymität der Masse herausholt. Selbst wenn der Protagonist in Wahrheit ein Verbrecher ist. Lest kritisch, lest differenziert und ihr werdet erkennen, dass „Zeitoun“ zwar die furchtbare Geschichte eines Mannes in den Fokus rückt, der sich später als fragwürdig und kriminell entpuppte – aber hinter ihm stehen Hunderte, wenn nicht Tausende, denen es genauso erging wie ihm und die es verdienen, gesehen und gehört zu werden.

  10. Cover des Buches Hornissennest (ISBN: 9783462024500)
    Chuck Hogan

    Hornissennest

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  11. Cover des Buches Bayern weg, alles weg (ISBN: 9783426786321)
    Ulrich Berls

    Bayern weg, alles weg

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Holden
    Der Autor leitet das ZDF-Studio in Bayern und berichtet 2013 vor der damals anstehenden Landtagswahl über die damals mögliche perspektive, daß die CSU in Bayern doch tatsächlich in die Opposition in ihrem Stammland müßte. Dies hätte nach Ansicht des Autors katastrophale Folgen, die CSU stünde vor ihrem Ruin. Berls schildert die Gründe des Niedergangs aus dem komfortablen Wahlergebnis von 2003 heraus, als man eine Zweidrittelmehrheit errang, und zeigt die Fehler auf, die Stoiber Beckstein Huber (angeblich) gemacht haben. Seehofer und seine möglichen Nachfolger werden detailliert beleuchtet, und es wird die Frage geklärt, ob es sich bei dem MInisterpräsidenten tatsächlich um einen reinen Populisten handele. Für alle Politikinteressierten und natürlich für alle (angehenden) Politikwissenschaftler.
  12. Cover des Buches Wir Menschen: Was falsch läuft und wie wir es besser machen können (ISBN: 9789198188240)
  13. Cover des Buches Chez Max (ISBN: 9783257603675)
    Jakob Arjouni

    Chez Max

     (45)
    Aktuelle Rezension von: Angelin4ik
    Arjouni spielt in seinem Werk "Chez Max" eine mögliche zukünftige Welt durch, wie sie sich nach dem Ereignis des 11.9. entwickeln könnte. Diese sieht im Jahr 2064 mit einer in zwei Teile geteilten Welt gar nicht so erstrebenswert aus. Der eine "terroristische" Teil wird sich selbst überlassen und verkümmert mehr oder weniger, der "demokratische, gute" Teil wird von einem totalitären Überwachungssystem kontrolliert. In diesem Umfeld bekommt der Leser einen Einblick in die Welt von Max und seinem Kollegen Chen, die beide bei der Überwachungsinstanz Ashcroft in Paris arbeiten. Man begleitet Max in seiner Gedanken- und Emotionswelt und verfolgt, wie er immer mehr in einen erschreckenden Verdächtigungs- und Tatendrang kommt und sich dennoch durchweg darauf beruft was Gutes zu tun. Er will so sehr zu der Welt des Systems gehören (weil es ihm dort nicht allzu schlecht ergeht), dass er im Wahn anfängt Freunde und anschließend seinen Kollegen Chen zu verdächtigen. 
    So viel zum Inhalt, ohne zu viel zu verraten...
    Ich finde der Autor überzeugt in voller Linie mit seinem Schreibstil: Man konnte fließend in die Thematik einsteigen, ohne stolpern zu müssen. Er schafft es hochproblematische (politische, menschliche,...) Aspekte anzusprechen und den Leser zum Nachdenken zu bewegen, auf eine erfrischende und teilweise witzreiche sprachliche Weise. Gerade dieser Mix aus komplexer Thematik und angenehmer Schreibweise bewegt zum Weiterlesen. 
    Dennoch gebe ich dem Werk "nur" 4 Sterne, da mich der Geschichtsverlauf nicht völlig überzeugen konnte. Durch wiederholte Einschübe von Erklärungen und Max' gedanklichen Monologen kommt die Handlung nicht richtig in Fahrt, zudem endet die Story ziemlich plötzlich. 
    Alles in allem muss man sagen, dass der Autor es dennoch geschafft hat, dem Leser ein komplexes Thema auf der verhältnismäßig geringen Seitenzahl nahezulegen. Man wird zwischendurch immer mal wieder, aber besonders am Ende zum Nachdenken angeregt!
  14. Cover des Buches Die Republik vor Gericht 1954-1995 (ISBN: 9783746634364)
    Heinrich Hannover

    Die Republik vor Gericht 1954-1995

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Holden
    Beim ersten Lesen des Buches ist mir in erster Linie die relativ schlechte Schreibe von Heinrich Hannover aufgefallen, die auch für die durchschnittliche Bewertung des Buches mit verantwortlich ist. Nach nochmaliger Lektüre muß ich aber sagen, daß Hannover durchaus interessante Gerichtsprozesse der 50er/60er Jahre aufbereitet, die ansonsten völlig in Vergessenheit geraten sind.
  15. Cover des Buches Der Ginsengjäger (ISBN: 9783630621364)
    Jeff Talarigo

    Der Ginsengjäger

     (17)
    Aktuelle Rezension von: Barbara62
    Der Beruf des Ginsengjägers existiert wirklich und der namenlose Ich-Erzähler im Roman des in Japan lebenden US-Amerikaners Jeff Talarigo, der für dieses Buch zahlreiche Nordkoreaner interviewt hat, übt ihn aus.

    An der Grenze zwischen China und Nordkorea fließt der Fluss Tumen. Auf der chinesischen Seite lebt der Ginsengjäger in völliger Einsamkeit. Er hat seinen Beruf vom Vater erlernt. In absoluter Einsamkeit jagt er den Ginseng wie das Wild, durchstreift tagelang die Wälder, pirscht sich an und sucht mit allen Sinnen. Einmal pro Woche geht er in die Stadt, um den Markt und das Bordell zu besuchen.

    Doch auch in seine Abgeschiedenheit dringt die Politik ein: Eine Zwangsprostituierte aus Korea wird im Bordell seine Geliebte, Koreaner kommen zunehmend über den Fluss um zu stehlen, Leichen schwimmen auf dem Fluss, ein Mädchen aus Nordkorea kommt zu ihm und sogar ein Grenzsoldat.

    An diesem eindrücklichen Roman hat mich der Gegensatz zwischen der Gewalt der Menschen und der Schönheit der Natur, die in poetischer Sprache beschrieben wird, begeistert.
  16. Cover des Buches Radikal mutig (ISBN: 9783867895118)
    Hanna Poddig

    Radikal mutig

     (8)
    Aktuelle Rezension von: Holden
    Frau Poddig schreibt über ihr widerspenstiges, freies Leben und es ist eine Freude, alles mitzuerleben. Ich wußte zB bisher nicht, wie sich Castorgegner fühlen und daß es (angeblich) so ist, daß die eingesetzten Polizisten nur so lange freundlich bleiben, soweit die Kameras vor Ort sind. Und wie fühlt man sich, wenn man an ein Schienenstück zwecks Blockade gebunden ist? Informative Einblicke neben einem flammendem Appell zu einem bewußteren und gesünderen leben. Und zusätzlich bietet das Buch an einigen Stellen die Möglichkeit, sich selbst zu hinterfragen, ob man im eigenen voll durchkalkulierten Tagesablauf nicht doch Möglichkeiten hätte, das Richtige zu tun und dagegen zu sein? Angesichts von Trump Gauland usw wünscht man sich natürlich eine Neuauflage, bis dahin sei das Buch allen allen empfohlen.
  17. Cover des Buches Ihr kriegt mich nicht! (ISBN: 9783423624923)
    Mikael Engström

    Ihr kriegt mich nicht!

     (40)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Der zwölf jährige Mik hat es nicht leicht. In der Schule wird er gemobbt, gehänselt, seine Mutter ist tot, sein Vater arbeitsloser Alkoholiker und nur sein Bruder ist für ihn ein gewisser Halt. Dieser kämpft aber lieber mit seinem kleinen Bruder, will ihm was beibringen, aber verdrischt ihn meist nur. Blaue Flecken nicht nur am Körper, sonder auch in der Seele. Nachdem Mik verbotener Weiße Fremden die Haustür geöffnet hat, muss sein Vater ins Krankenhaus und sein Bruder wird verhört und Mik läuft vor den Sozialarbeitern davon. Erstmal kommt er bei seiner Tante unter. Es ist zwar chaotisch, aber warm, liebevoll und er spührt zum ersten mal sowas wie daheim. Auch in der Schule findet er Freunde, aber dann muss er in eine Pflegefamilie und das Leiden geht wieder los. Man hat schon Mitgefühl für den kleinen Mik und auf den ersten 100 Seiten wollte ich nur zu oft laut Schreien vor lauter Ungerechtigkeit und Elend. Dann gibt es einen Lichtblick und dann geht das Leiden wieder los. Ich kann das Buch niemand empfehlen, weil es einen so runter zieht und so fertig macht. Für alle die es doch lesen und wissen wollen wie es Mik ergeht sei gesagt, der letzte Satz ist Balsam für die Seele, aber leider muss man zuviel Leid für ein Jugendbuch ertragen.


  18. Cover des Buches Corona-Staat (ISBN: 9783967890327)
    Alexander Christ

    Corona-Staat

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Georg333

    Prolog: »Der größte Lump im ganzen Land, ist und bleibt der Denunziant.« Hoffmann von Fallersleben

    "...wie aus einer Regierung und aus einem Parlament ein Konsortium der Unterdrückung wurde. Wenn ich beispielsweise an die Abgeordneten denke, die sich für eine allgemeine Impfpflicht  eingesetzt haben, fällt mir nur Verachtung ein, so menschenverachtend  erscheint mir ihre Haltung. Die letzten zwei Jahre habe ich als einen fortwährenden Kampf gegen staatliche Willkür, die keine rote Linie kennt, erlebt. Ich war ein ganz normaler Anwalt. Und bin ein Anwalt für Grundrechte und Demokratie geworden. Denn ich habe eine rote Linie!

    „Kehre ein jeder in sich selber um und wende sein Herz und Gemüt zu Liebe und Eintracht…!" Jakob Böhme, zitiert im Adalbert-Töpper-Buch „Wandlung durch Liebe - Prophezeiungen zum Schicksal von Mensch und Erde“

    „Denn es sinnt...[die LIEBE] nicht auf Vernichtung, sondern nur auf Umänderung des Denkens [& Handelns!]. Und so muß...[SIE] also das Denken hinwenden auf Geistiges und abwenden vom Irdischen [rein Materialistischen, Egozentrischen & Rationalen], und dies ist der Zweck aller (!) kommenden Ereignisse!“ (Der "Erste, Unbewegte Beweger" an Bertha Dudde)

    1) Fazit: a) Das Buch ist eine hervorragende Ergänzung der kritischen (populärwissenschaftlichen) Covid-19-Literatur!
    Siehe Marcus Klöckner, Jens Wernicke, Beate Bahner, Walter van Rossum, Tom Lausen...!

    b) Hoch anzurechnen ist Christ's Corona-Negativitäten bedingte Wandlung vom "ganz normaler Anwalt" zui "Anwalt für Grundrechte und Demokratie". Schade, daß er dieses Thema nur knapp beleuchtete (siehe oben & unten bei "Zitate"). Man finder aber weitere Informationen hierzu bei  youtube: "Corona-Staat – Alexander Christ im Gespräch"

    c) Er ist "Vorstand im Verein zur Förderung der Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen in demokratischen Staaten (VFAMDS)" youtube , GunnarKaiserTV: "Dieser wiederum ist der Förderverein für das "Zentrum zur Aufarbeitung, Aufklärung, juristischen Verfolgung und Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschheit aufgrund der Corona-Maßnahmen (ZAAVV)"

    d) Schmerzhaft vermiße ich ein Sach- & Personen-Register! Sehr zu hoffen ist der Einbau dieser sehr nützlichen Ergänzung in nachfolgende Auflagen!

    e) "Ich könnte noch viele Unterstützer und Ideengeber erwähnen, doch leider fehlt der Raum. Eines aber steht fest: Der Widerstand ist vielfältig und farbenfroh. Entscheidend sind am Ende die vielen Menschen auf den Straßen, die eine starke und wirkungsvolle Demokratiebewegung gebildet haben. Euer Mut ist mein Antrieb. Danke! Öffne das Buch auf einer beliebigen Seite, und Du wirst fündig …!"

    f) »Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, aber auch für das, was wir nicht tun.« Voltaire

    g) Was Tun?
    Und was laßen?
    Das sind die beiden ganz großen Fragen, deren tägliche, stündliche, minütliche Beantwortung unser Schicksal bestimmen, im Guten wie im Bösen!

    2) Hilfreiches
    a) Leseprobe: ausführlich: apolut.net recht-und-unrecht-von-alexander-christ
    b) Kanzlei: duckduckgo lcp-legal.de+and+alexander-christ
    c) Neues Rechtsgebiet Corona-Recht: ra.de aufklaerungsmedien-lotse,
    d) "Endlich endgültiges Ende der schädlichen "Schutz"-Maske": ra.de
    e) youtube: "Corona-Staat – Alexander Christ im Gespräch" GunnarKaiserTV , lovelybooks Gunnar-Kaiser
    "In der Summe haben die Menschen noch alle ein gesundes Empfinden von dem in sich, was Recht und Unrecht ist. Es ist bloß verschüttet", sagt Dr. Alexander Christ, Rechtsanwalt in Berlin und Pressesprecher der „Anwälte für Aufklärung“. So kam es in den letzten zwei Jahren nur allzu oft zur Kriminalisierung gewöhnlicher Menschen, denen etwa das Nichttragen einer Maske als schwere Straftat angelastet wurde. Im Rubikon-Verlag erscheint nun sein rechtsphilosophisches Werk "Corona-Staat", das unserer Gesellschaft einen krisenbedingten Zivilisationsbruch, eine "zivilisatorische Katastrophe" attestiert. Im KaiserTV-Gespräch reden wir über das expertokratische Phänomen der Krise, das die Menschen dazu verleitet, in einer Situation der Unsicherheit nach einer starken Hand zu suchen und die persönliche Urteilsfähigkeit abzulegen. Selbstbestimmung, Mündigkeit und Eigenverantwortung scheinen in weite Ferne gerückt zu sein. Wir sprechen über die zahlreichen Perversionen der Rechtsprechung und -auslegung, sowie über die verschiedenen Wege, die wir nun einschlagen können – zwischen dem der juristischen Aufarbeitung und Vergeltung und dem der gesellschaftlichen Versöhnung. Dr. Alexander Christ ist ein seit 1995 tätiger Rechtsanwalt, schwerpunktartig auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, und Autor. Darüber hinaus engagiert sich Dr. Christ als Anwalt für Grundrechte und Demokratie. http://www.lcp-legal.de/anwaelte/dr-a.....
    Mein Buch "Die Ethik des Impfens. Über die Wiedergewinnung der Mündigkeit" (Europa Verlag): https://www.buchkomplizen.de/die-ethi... Mein Buch "Der Kult. Über die Viralität des Bösen" (Rubikon): https://www.buchkomplizen.de/buecher/...
    Einfach-Sein-Kollektion: https://gunnarkaiser.com/collections/... "

    f) youtube: "Jetzt Fördermitglied werden | Statement Dr. Alexander Christ"
    "Dr. Alexander Christ ist Rechtsanwalt in Berlin und setzt sich seit Jahren für Freiheit, Grundrechte und Demokratie ein. Aufgrund der im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren erfolgten Untaten gegen die Menschheit engagiert er sich als Vorstand im Verein zur Förderung der Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen in demokratischen Staaten (VFAMDS). Dieser wiederum ist der Förderverein für das "Zentrum zur Aufarbeitung, Aufklärung, juristischen Verfolgung und Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschheit aufgrund der Corona-Maßnahmen (ZAAVV)" Sein Aufruf: Wenn Sie Opfer dieser Untaten geworden sind oder generell die lückenlose Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen der letzten Jahr fordern, dann unterstützen Sie den VFAMDS und das ZAAVV".

    3) Rezensionen & Lesemeinungen
    a) Still ruht der Rezensenten-See! Wie zu vermuten war, halten sich bei diesem Autor und seinen brisanten Themen alle mir bekannten und unbekannten Rezensenten & (renommierte) bekannte Internetplattformen extrem zurück!

    b) Dieter Schliebs bei amazon.de, Kundenrezension: 5,0 von 5 Sternen
    Der Corona Staat, ein gelebter Faschismus der Neuzeit? Rezension aus Deutschland vom 25. Juli 2022Verifizierter Kauf Eine ganz persönliche Anmerkung zu diesem hervorragenden Buch:
    Alexander Christ schreibt hier in einer absolut hochqualifizierten, für Jeden(!) Bürger mit Sinn für echte Rechtsstaatlichkeit(!) lesbarer Art und Weise, ohne Rücksicht auf seine Person, über einen unsäglich verwerflichen Missbrauch unseres Pseudo? -Rechtssystems. Rechtsstaat in die Tonne getreten!

    Nahezu die gesamte deutsche Rechtsprechung wurde in Verfassungswidriger Weise durch Regierung-hörige Richter an den Verwaltungsgerichten und am augenscheinlich von einem CDU-Merkel platzierten Vorsitzenden des Bundesverfassungsgerichts ausgehebelt und in einer Menschenverachtenden Weise des Parlaments an eine von der Verfassung her niemals zulässige Übertragung des Rechtsstaates an ein Gesundheitsministerium übertragen.

    Ein bis dato nie dagewesene Missachtung der Würde des Souveräns (83 Millionen Bürger)! Nur noch widerlich!!!
    Es macht hier keinen Sinn den Inhalt dieses hervorragenden Buches zu schildern, nein, es reicht, wenn man, was ich hier auch zum Wohle eines gesunden Rechtsstaates tue, empfehle dieses Buch in seiner Gänze zu lesen und weiterzuempfehlen. Hier wird der Corona Horror aus meinem Empfinden heraus vortrefflich juristisch und ethisch-moralisch beleuchtet. Bin selbst Baujahr 1947 und entsetzt!!!

    Wer hierzu ein abgerundetes Bild über die gesamte Regierungsmachenschaften in Punkto Corona in konzentrierter und ungeschminkter Weise sucht, dem sei hier das Buch von Wolfgang WodarkFalsche Pandemien“(auch bei AMAZON) empfohlen.
    Hier wird das hysterische Corona Thema von einem Kenner der Materie seriös, medizinisch und auch politisch bestens beleuchtet! Der Autor wurde wegen kritischer Äußerungen bei der Kanzlerberatung von der Königin Merkel des Amtes verwiesen. Andersdenken in einer Scheindemokratie? Undenkbar!!!

    Dies soll bitte nicht als Werbung verstanden werden, sondern nur für wirklich an der Wahrheit interessierte Mitbürger einen Hinweis darstellen um sich ein Bild über die Verfassungswidrigen bis hin zu Verfassungsfeindlichen Machenschaften dieser Regierung und des Parlaments zu machen. Hier zeigt sich, dass nicht nur Juristen in der Lage sind verbotene Wahrheiten zu beleuchten.

    Ade rechtsstaatliches Deutschland, hin zu einer widerlichen, schäbigen Bananenrepublik mitten in Europa!!! Wünsche allen Lesern dieser Bücher, dass sie feststellen können, es gibt auch noch Mitbürger welche aus unserer üblen Vergangenheit gelernt haben. Sie sind in Bezug auf die Gefahren welche sie durch ihre Veröffentlichten eingehen, fast schon Helden wie ein Graf Staufenberg, jedenfalls für mich....

    Heute reicht auch schon eine kritische Anmerkung zu Corona und schon sind freiwillig(!) Millionen von akademischen Gutmenschen zur Stelle um eine Hinrichtung der Wahrheit vorzunehmen! Eine moderne Art der Bücherverbrennung in der Neuzeit Merkel und Söder?
    Dank an beide Autoren!!!"

    c) Rechtsanwalt Dr. Andreas Neumann: ra.de aufklaerungsmedien-lotse
    "Hintergrund ist insbesondere das fulminante Buch zum Corona-Staat von Rechtsanwalt Dr. Alexander Christ. Hierzu auf diesem Portal demnächst auch eine Rezension von mir. Die bisherige Rechtsprechung in Sachen Corona zeichnet sich insbesondere durch Verwendung von bloßen Textbausteinen (mitsamt Tipp- und Grammatikfehlern) aus. Es gibt aber immer mehr Richterinnen und Richter, die sich ihr eigenes Bild gemacht haben und daher grundlegend anders entscheiden als etwa in der für jeden freien Denker (eher eher peinlichen) Zeitschrift CovuR des Verlags C.H. Beck als politisch erwünscht vorgegeben!"

    4) Zitate aus dem Rezensionsbuch
    a1) "VORWORT: »Der Reiz der Erkenntnis wäre gering, wenn nicht auf dem Weg zu ihr so viel Scham zu überwinden wäre«, schrieb Friedrich Nietzsche. In diesem Buch begebe ich mich auf den Weg zur Erkenntnis, und es ist in der Tat viel Scham, die es zu überwinden gilt. Als Rechtsanwalt auf dem festen Boden des demokratischen Rechtsstaates stehend, schäme ich mich für die deutsche Politik, für die Auswüchse der Exekutive und am meisten für meine eigene Profession, für die Rechtsfindung und Rechtsprechung. Aber es hilft nichts, wir müssen hier gemeinsam durch und den Weg zur Erkenntnis gehen, wie viel Scham auch immer damit verbunden sein mag.

    a2) Corona hat ans Tageslicht gebracht, wie fragil unser Rechtsstaat ist. Ein Virus genügt, um bei Politikern totalitäre Allmachtsfantasien freizusetzen. Blinder Gehorsam führt zu unreflektierter Umsetzung fragwürdiger Regeln. Und Angst vor Ansteckung reicht aus, um Richter vergessen zu lassen, dass ihre eigentliche Aufgabe im gewaltengeteilten Staat in einer beschränkenden Kontrolle der Staatsmacht besteht. Die Leser dieses Buches werden ihre eigene Geschichte mit Corona haben, jedes Schicksal wird ein anderes sein. Sie mögen ihre erlebten Beispiele nach Belieben an die Stelle meiner exemplarisch genannten Rechtsverluste setzen. Manche wird Corona an den Rand der Existenz gebracht haben, andere an den Rand der Verzweiflung. Eine Angstpsychose dieses Ausmaßes dürfte es in der Geschichte wohl noch nicht gegeben haben. Zu ihrer Überwindung bedarf es vor allem Zeit und Geduld. Eine Geduld, die diejenigen, deren Angst vor Ansteckung gering oder gar nicht vorhanden war, nur schwer aufbringen können, weil ihre Wut und Verzweiflung über die »sancta simplicitas«, über die seltsame Vereinfachung und Fälschung, in der der Mensch lebt (wieder Nietzsche), so groß ist. Hier stehen sich zwei Lager scheinbar unversöhnbar gegenüber. Eben dies aber ist eine Aufgabe aller: für eine Versöhnung zu sorgen, schlussendlich. Dazu bedarf es nicht zuletzt der Aufklärung."

    a3) Dieser Aufarbeitung widmen sich bereits einige Mitstreiter, auch ich. An dieser Stelle sei jeder Leser aufgerufen, daran mitzuarbeiten. Lassen wir gemeinsam nicht zu, dass es banal endet und die Verursacher ungenannt davonkommen. Nicht Verurteilung ist das primäre Ziel, sondern Versöhnung, so schwer dies auch einigen fallen wird, die persönlich beträchtliche Schäden durch die Freiheitseinschränkungen erlitten haben."

    b) "DER STEIN, AUF DEM ICH SITZE
    Zwei Jahre Freiheitsbewegung liegen hinter uns, auch hinter mir. Vor zwei Jahren wollte ich nur in Ruhe gelassen werden, um weiter unbehelligt auf meinem Stein sitzen zu können. Inzwischen habe ich erlebt, wie aus einer Regierung und aus einem Parlament ein Konsortium der Unterdrückung wurde. Wenn ich beispielsweise an die Abgeordneten denke, die sich für eine allgemeine Impfpflicht eingesetzt haben, fällt mir nur Verachtung ein, so menschenverachtend erscheint mir ihre Haltung. Die letzten zwei Jahre habe ich als einen
    fortwährenden Kampf gegen staatliche Willkür, die keine rote Linie kennt, erlebt. Ich war ein ganz normaler Anwalt. Und bin ein Anwalt für Grundrechte und Demokratie geworden. Denn ich habe eine rote Linie. Menschenrechte sind voraussetzungslos. Sie können und müssen nicht verdient werden. Und ich verteidige auch die roten Linien derer, die meine Hilfe brauchen. Verantwortung und echte Solidarität heißt,
    für andere einzustehen, die sich nicht selbst äußern können oder die in Gefahr geraten, unterdrückt zu werden. Mehrheitsmeinungen sind nicht deshalb richtig, weil sie von einer Mehrheit vertreten werden.

    Für dieses Buch habe ich mir die Gesetze angesehen, die Corona hervorgebracht hat, und sie sind schlecht gemacht und Instrumente zur unverhältnismäßigen Einschränkung von Freiheitsrechten geworden. Dabei gilt nur eins: Die Freiheitsrechte des Individuums müssen immer im Mittelpunkt stehen. Vieles, was uns in den vergangenen Monaten von offizieller Seite erzählt wurde, hat sich als unwahr erwiesen, oder das Erzählte wurde immer wieder geschickt einer neuen Wirklichkeit angepasst. Tatsächlich hat Rio Reiser ganz recht, es ist wirklich
    »Alles Lüge!« Aber ich glaube, viele von uns, die lange, lange noch alles geglaubt haben, was die Staatspropaganda ihnen vorgegaukelt hat, haben zumindest dies in den letzten beiden Jahren bitter gelernt."

    c) apolut.net recht-und-unrecht-von-alexander-christ
    Wenn uns Moralität am Herzen liegt, darf unser Leitbild nicht mehr allein Legalität sein. Exklusivabdruck aus „Corona-Staat“.
    Ein Standpunkt von Alexander Christ.
    Angesichts des Nationalsozialismus könne „niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat, weiterhin behaupten, (...) das Moralische versteht sich von selbst“. So schrieb es Hannah Arendt in „Über das Böse“. Die Nazis handelten nach geschriebenem Recht, das sie selbst geschaffen hatten. Da aber nun offensichtlich ist, dass besagte Gesetze und Vorschriften nichts mit Gerechtigkeit oder gar mit Güte zu tun hatten, muss es andere moralische Kriterien geben, an denen man sich orientieren kann. Es ist nämlich nicht unbedingt so, dass das Gegenteil von „Unrecht“ das „Recht“ ist. Beide können in einem diktatorischen Staat zur Deckung kommen. Daher auch der bekannte Spruch, auf den Alexander Christ in seinem neuen Buch im Untertitel anspielt: „Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Aber warum dieses Thema ausgerechnet im Jahr 2022 neu aufgreifen? Nun, obwohl zwischen dem Hitler-Faschismus und der Situation im heutigen Deutschland ein gewaltiger Unterschied besteht, ist im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen in zwei Jahren so viel Unrecht geschehen, dass eine Aufarbeitung dringend nötig scheint. Wir brauchen also eine Perspektive, die es uns erlaubt, über Gerechtigkeit und Ethik in einer vom geschriebenen Recht unabhängigen Weise zu urteilen. Christs Buch „Corona-Staat“ gibt hierzu auf der juristischen wie der philosophischen Ebene tiefgehende Anregungen.

    Ab Januar 2021 nahm ich, und nehme bis heute, an zahllosen Demonstrationen, Aufzügen, Treffen, Gerichtsverhandlungen und ähnlichen Ereignissen teil und erlebe dabei als Teilnehmer wie auch als Anwalt fast ausnahmslos die aus Angst oder Obrigkeitshörigkeit gespeiste behördliche Willkür, polizeiliche Gewalt, nachweislose Freiheitseinschränkungen, massiv ungerechtfertigte Diskriminierungen, unerträgliche Grundrechtseingriffe gegen Einzelne, die teilweise nur als „Folter“ im Sinne der Menschenrechtskonvention gewertet werden können, Amtsmissbrauch, Missachtung der Menschenwürde, Missachtung des Rechts auf Bildung, Verletzung des Demonstrationsrechts und der Versammlungsfreiheit nach dem Grundgesetz und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, mit einem Begriff: Verbrechen gegen die Menschheit.

    Die Liste des im Namen von „Corona“ begangenen Unrechts ist lang. Und so muss ich meiner Verantwortung als Anwalt gerecht werden und die Frage stellen, wie dieses Unrecht aufgearbeitet, aufgeklärt, juristisch verfolgt und in der Zukunft verhindert werden kann. Auf dem Weg zur Beantwortung dieser Frage muss ich versuchen, eine Antwort darauf zu finden, warum manche solche unrechten Handlungen begangen haben, während andere dies zur gleichen Zeit nicht taten. Warum also wurde jemand Teil derer, mutmaßlich der Mehrheit der Einwohner, die die staatlichen Unrechtsmaßnahmen geduldet oder sogar unterstützt haben? Und warum stellten sich andere gegen dieses von ihnen erkannte Unrecht?

    In der letzten Maiwoche 2021, nach sehr kräfteraubenden Demonstrationen am Pfingstwochenende in Berlin, fuhr ich in die Schweiz auf eine ruhig gelegene Hütte in 1400 Metern Höhe. Ich musste den Kopf frei kriegen und über die Frage nachdenken, was es braucht, um Recht von Unrecht zu unterscheiden. Ich nahm mir einen Korb voller Bücher mit, darunter Hannah Arendts Über das Böse, und in der einsamen Wieder-Lektüre und im Gespräch mit mir selbst entstanden Antworten.

    Die Situation in Deutschland erschien mir, auch aus der Ferne der Schweizer Berge, als totalitär und freiheitsraubend. Bei Hannah Arendt hoffte ich Erklärungen zu finden. Sie beschäftigte sich dabei weniger mit der Frage, wie ein solches als totalitär und übergriffig wahrgenommenes System funktioniert, sondern vielmehr damit, warum ein Einzelner Teil dieses Systems werden kann. Um die Funktionsweise von Herrschaftssystemen zu verstehen, die als totalitär wahrgenommen werden, lohnt zunächst ein Blick auf das Wesen der üblichen staatlichen Bürokratie „mit ihrer unvermeidlichen Tendenz, welche aus Menschen Funktionäre, schlichte Rädchen in den Verwaltungsmaschinen macht, sie also entmenschlicht“ (1).

    In einer perfekten Bürokratie braucht es denn auch keine Gerichtsverfahren mehr, dort können untaugliche Rädchen schlicht gegen taugliche ausgetauscht werden. Die Beliebigkeit menschlicher Beziehungen und die Entmenschlichung von Vorgängen jeglicher Art ist insofern auch eines der Merkmale unserer heutigen Zeit.

    Schaffen wir uns eine Übersicht darüber, um welchen Maßnahmenkatalog es geht und was dahintersteht. Maßnahmen seit Beginn der „Pandemie“ sind das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen, Abstandsgebote, die Feststellung des eigenen Infektionsstatus mittels verschiedener Testarten, eine Impfung mit einem neuartigen Stoff, Reiseeinschränkungen, Aufenthaltseinschränkungen, Versammlungsbeschränkungen, Einschränkungen des Demonstrationsrechts und der Meinungsfreiheit, Zugangsbeschränkungen zu diversen Einrichtungen und zum Handel sowie zu Übernachtungsangeboten, Einschränkungen bei der Ausübung des Berufes.

    Alle diese Einschränkungen werden sowohl von Teilen der Exekutive wie auch von Bürgern kontrolliert und umgesetzt. Die Folgen von Verstößen gegen Regelungen, die in Deutschland dem Infektionsschutzgesetz und den Landesregelungen sowie Verordnungen auf Landes- und auf örtlicher Ebene zu entnehmen sind, reichen durch das Maß und die Art der Ahndung teilweise sehr deutlich über die Grenze der Verhältnismäßigkeit hinaus.

    Nun ist unbestritten, dass Hannah Arendts Betrachtungen in ihrer Vorlesung „Über das Böse“ die Ereignisse des Nationalsozialismus zum Hintergrund haben und die dort begangenen Taten in keinem Verhältnis zu den Ereignissen in Deutschland in den Jahren 2020 und folgende stehen. Die Gräueltaten in der fraglos dunkelsten Zeit in der deutschen Geschichte sind per se nicht dazu geeignet, als Vergleich oder Schablone zu dienen, und sind auch gar nicht erforderlich, um irgendein späteres Ereignis vermeintlich besser zu erklären. Verweise auf Handlungsmuster jedoch sind zulässig und geradezu angebracht, sollten doch gerade die Deutschen aus der eigenen Geschichte nachhaltig gelernt haben.

    Gerade der Hinweis auf ein Handlungsmuster aus jener dunklen Zeit sollte, so die Lehren aus dem Nationalsozialismus, verhindern helfen, dass so etwas jemals wieder in Deutschland geschehen kann. Es ist also eindeutig, dass eine Gleichsetzung der damaligen mit heutigen Ereignissen unangemessen ist — ebenso einleuchtend ist es aber, dass ein Vergleichen historischer Ereignisse mit aktuellen Geschehnissen eben durchaus einen besonderen Erkenntnisgewinn erbringen kann und damit nicht nur angebracht, sondern vor dem Hintergrund des spezifischen deutschen Geschichte sogar geboten ist. Nur wer vergleicht, kann aus der Geschichte lernen....
    hier weiterlesen: https://apolut.net/recht-und-unrecht-von-alexander-christ

    d) "DANKSAGUNG...
    Maßgebliche Teile des Buches basieren auf tiefen Gesprächen mit meinem Freund, dem Philosophen Matthias Burchardt, der mich stets unermüdlich zum Weitermachen motivieren konnte, selbst wenn ich einmal mehr an der Banalität der Realität zu verzweifeln glaubte.

    Für anregende juristische Diskurse danke ich meinen Anwaltsfreunden Dirk Sattelmaier, Christiane Ringeisen, Tobias Gall und Beate Bahner sowie Ralf Ludwig, dem ich viele ordnende Gedanken und überraschende Ansätze verdanke.

    Besonders wichtig für mich sind auch Daniel Langhans und Rolf Kron, aufgrund ihrer offenen Worte und offenen Ohren.
    Die Gespräche mit Walter van Rossum ermunterten mich zu weiteren Recherchen, meinen generellen journalistischen Ehrgeiz regten Zhihong Zheng und Alexander Zwieschowski immer wieder an, wofür ich mich ebenfalls sehr bedanke.

    Sozusagen »im Hintergrund« wirkte der Geist meiner Hochschullehrer Wilfried Bottke (1947–2010) und Theo Stammen (1933–2018), in deren Gedenken ich hier den Rechtsstaat verteidige."

  19. Cover des Buches Meine freie deutsche Jugend (ISBN: 9783104912608)
    Claudia Rusch

    Meine freie deutsche Jugend

     (39)
    Aktuelle Rezension von: Holden

    "für Irmgard, ganz herzlich, Weimar 16.10.03" lautet die Widmung, dem bleibt eigentlich nichts hinzuzufügen, nur das hier die Lebensgeschichte eines Vorbilds an Zivilcourage anschaulich präsentiert wird. Wäre man selbst so tapfer gewesen, man weiß es nicht, aber durch die Erziehung zum Querdenken durch ihre Mutter und deren Freunde wurden die Energien der kleinen Claudia in die richtigen Bahnen gelenkt. Das DDR-Unrecht wird drastisch angeklagt, so daß kein Platz mehr für Ostalgie und Verklärung bleibt, erst mit der "Wende" wurden die Oppostitionellen zu "echten" DDR-Bürgern, aber aufhalten ließ sich der hier schreibende Wirbelwind nicht. Auch ein Vorbild an Lebensenergie und der Beweis dafür, was man als Individuum erleben kann.

  20. Cover des Buches Malafrena (ISBN: 9783453313781)
    Ursula K. Le Guin

    Malafrena

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  21. Cover des Buches Du fliegst jetzt für meinen Sohn aus dem fünften Stock! (ISBN: 9783423244510)
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