Bücher mit dem Tag "studentenproteste"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "studentenproteste" gekennzeichnet haben.

12 Bücher

  1. Cover des Buches Der Baader-Meinhof-Komplex (ISBN: 9783455850703)
    Stefan Aust

    Der Baader-Meinhof-Komplex

     (309)
    Aktuelle Rezension von: hamburgerlesemaus

    Während meine Mutter beim Post-oder Bankschalter anstand (ATM gab es damals noch nicht), guckte ich mir das große Poster mit all den gesuchten RAF-Gesichtern an. In jeder Bank, Geschäft, Bahnhof oder öffentlichem Amt hing dieses Plakat! Wann immer wir mit unseren Eltern aus Hamburg nach Hause nach HH-Lemsahl fuhren, wurden wir von mindestens einer Polizeikontrolle gestoppt. Am Ende wohnte die RAF nur 5 Km von meinem Elternhaus in Poppenbüttel entfernt.

    #derbaadermeinhofkomplex war das erste Buch, das mir alle Zusammenhänge der RAF darstellte.
    Es ist schon länger her, dass ich es gelesen habe, aber ich weiß noch, das es sich wie ein Krimi las. 878 Seiten Spannung pur. Allerdings erinnere ich mich auch, dass ich über Baaders seitenlangen, intellektuellen Ergüsse ohne Punkt und Komma im Gerichtssaal hinweggelesen habe.
    Danke #stefanaust

  2. Cover des Buches Eddas Aufbruch (ISBN: 9783746639291)
    Beate Rösler

    Eddas Aufbruch

     (28)
    Aktuelle Rezension von: Lesezeichen16

    Nach zahlreichen Veröffentlichungen (wie z.B. Die Töchter des roten Flusses) hat Beate Rösler nun ihr neustes Werk „Eddas Aufbruch“, dass im März 2024 im Aufbau Verlag erschienen ist, veröffentlicht. Mit großer Begeisterung las ich „Helenes Versprechen“ und nach Beendigung wusste ich, dass dies nicht mein letzter Roman von der Autorin sein wird. Kaum hatte ich von ihrer Neuerscheinung erfahren, musste der Klapptext auch sofort gelesen werden. Meine Neugierde ist mehr als nur geweckt worden und somit stand fest: diese Geschichte muss ich lesen!

    Wer schon einmal das eine oder andere Buch von der Autorin gelesen hat, weiß den flüssigen und leichten Schreibstil zu schätzen. Ab der ersten Seite zog er mich magisch in seinen Bann, so dass ich den Roman fast nicht mehr aus den Händen legen wollte. Allerdings habe ich ihn mal für ein paar Tage beiseitegelegt, um das Gelesene ein wenig zu verarbeiten. Meine Neugierde hielt der Lesepause stand, denn kaum hatte ich mich wieder in die Handlung vertieft, wollte, nein, ich musste wissen, wie es mit Edda weitergehen wird. Was ich an Beate Rösler sehr schätze, dass sie eine der wenigen Autorinnen ist, die nicht nur Geschichten schreibt. Sie nimmt ihre Leserschaft auf eine sehr bewegende und spannende Zeitreise mit. Ihr brillanter Erzählstil schafft es mein Kopfkino auf Hochtouren laufen zu lassen. Wenn ich ein Buch von ihr lese bin ich nicht nur Leserin, sondern habe auch das Gefühl mitten im Geschehen sein zu dürfen. Zudem merkte ich auch, mit wieviel Herzblut sie Eddas Geschichte geschrieben und wieviel Zeit sie in all den Recherchen investiert hat. Akribisch und detailliert hat sie sämtliche Fakten und Informationen von Deutschland und Frankreich aus den Jahren 1967 – 1969 zusammengetragen und ausgewertet, um diese in ihre Handlung perfekt einzuweben. Zu diesen Punkten gesellen sich auch die authentischen und facettenreichen Charaktere, die diese Geschichte so lebendig gestalten.

    Nun zu der Handlung, die in Frankfurt a. Main 1967 startet. Die 19jährige Edda will ihrem autoritären Elternhaus entfliehen und sucht sich eine Au- pair- Stelle in Paris. Kurze Zeit später trifft sie den Studenten Marcel und verliebt sich prompt ihn hin. Politisch stehen sie auf ein und derselben Seite und wollen mehr über den Nationalsozialismus wissen. Was passierte damals? Wie waren Eddas Eltern damals politisch unterwegs? Als sie nach Frankfurt a. M. zurückkehrt möchte Edda mit ihrem Vater über diese Zeit sprechen, aber er blockt ab. Das Schweigen ihres Vaters „stachelt“ sie an, ihre Nachforschungen weiterhin zu verfolgen Eines Tages findet sie Feldpost von ihrem Vater, die er ihrer Mutter geschickt hat. Ihre Neugierde verführt sie diese zu lesen und dabei kommt eine grausame Wahrheit an Licht. Das Verhältnis zu ihren Eltern wird schwieriger, aber nicht nur in ihrem Elternhaus kriselt es. Ihre Beziehung zu Marcel steht ebenfalls unter keinem guten Stern. Sie muss sich entscheiden, wo sie politisch und auch gesellschaftlich stehen möchte. Wird die Gerechtigkeit siegen und um welchen Preis?

    Beate Rösler hat mit „Eddas Aufbruch“ nicht nur einen Roman über eine junge Frau geschrieben, die mehr über den Nationalsozialismus und der Vergangenheit ihrer Eltern wissen will, nein, sie hat die damalige Zeit aufleben lassen. Die 68er Generation, die ihre Meinung durch zahlreiche Demonstrationen kundgetan haben. Des Weiteren finden Themen wie Woodstock, Andreas Baader, Ermordung von Rudi Dutschke oder gar die Gründung der RAF in dieser Geschichte ihren Platz, da diese die 60er Jahre stark geprägt haben. 

    Für mich ist dieser Roman wieder ein Lesehighlight, der mich sehr bewegt hat.

    5 von 5 Sterne und wer gerne eine Zeitreise in die 60er Jahre machen möchte, der ist hier bestens aufgehoben.

  3. Cover des Buches Florian Berg ist sterblich (ISBN: 9783351050221)
    Janko Marklein

    Florian Berg ist sterblich

     (27)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    INHALT: Florian Berg (der sterblich ist, weil er ein Mensch ist und alle Menschen sterblich sind) studiert im ersten Semester Philosopie in Leipzig. Groß geworden ist er in einem kleinen Nest im Bremischen, wo er zwischen Harry-Potter-Romanen und Forellenteichen die ganze Breite ländlicher Langeweile kennenlernen durfte. Die spannendsten Dinge hier sind der wöchentliche Bücherbus und der heimische Eisvogel. Selbst sein Verein zur Pflege der Umwelt in Dorf und Umgebung, den er mit ein paar Freunden gründet, verkommt zu einem ziellosen Haufen von Dorfjungs, deren Horizonte aus Prügeleien und LAN-Partys bestehen.

    Seine neuen Bekanntschaften in Leipzig sind die politisch sehr korrekte Line und ihr tumber Ex-Freund Stefan, mit dem er sich eine Wohnung teilt. Und dann ist da noch Anna, seine Logik-Tutorin, in die er sich ein bisschen verschossen hat und der er aus einem Bauchgefühl heraus bis nach Chile folgt und mit ihr an Studenten-Protesten teilnimmt.

    FORM: Der Roman ist in fünfzehn Kapitel gegliedert, die abwechselnd in Leipzig (später in Chile) und im Bremischen Wulsbüttel ein paar Jahre früher spielen. Janko Marklein (*1988) wählte für seinen Erstling einen nüchternen Schreibstil fernab aller künstlerischer Spielereien. Klare, disziplinierte Sätze, die alles beschreiben, nur nicht die Innenwelt der Charaktere. Die muss man sich als Leser schon selbst zusammenschustern und da fällt eine Tatsache ganz besonders auf: Florian Berg ist furchtbar antriebslos. Alle Figuren haben Ziele, und wenn es nur das Beschaffen des nächsten Joints ist. Florian hingegen lässt sich treiben, reagiert nur und hat ganz klare Defizite in Sachen Empathie, ein Phänomen, dass sich nicht nur in der westdeutschen Provinz beobachten lässt (wie es unpassenderweise im Klappentext steht).

    Marklein hat dieses Vor-sich-hin-Leben stilistisch ganz gut eingefangen, die Frage, die sich mir stellt, ist jedoch: Wozu soll ich das lesen? Ich spoilere mal etwas, indem ich verrate, dass sich Florian so gut wie nicht weiterentwickelt (der Entschluss, seiner Angebeteten nach Chile zu folgen, ist schon das Äußerste an Aktivismus). Zu einem guten Roman gehört doch aber auch, dass die Figuren eine Entwicklung durchmachen und am besten zu irgendeiner Erkenntnis kommen. Das war hier leider nicht der Fall. Es gibt im letzten Kapitel ein Gespräch, bei dem Florian so etwas wie eine passable Selbstbeschreibung liefert, das fand ich als finale Einsicht allerdings etwas dünn.

    FAZIT: Marklein hat viel Talent aber wenig zu erzählen – drei Sterne.

    *** Diese und viele weitere Rezensionen könnt Ihr in meinem Blog Bookster HRO nachlesen. Ich freue mich über Euren Besuch ***

  4. Cover des Buches Menschenwerk (ISBN: 9783746635187)
    Han Kang

    Menschenwerk

     (88)
    Aktuelle Rezension von: Lina_Lentge

    Die Autorin scheut sich nicht davor, Gewaltsituationen ungeschönt darzustellen, doch das Buch ist weit mehr als nur eine Sammlung von Brutalität und Horrorszenarien. Vielmehr taucht sie tief in die menschliche Psyche ein und beleuchtet das Leid, das durch physische Gewalt verursacht wird. Trotz allem durchdringt ein Funke Hoffnung die Seiten, der von den Protagonist:innen ausgeht.


    Der historische Hintergrund des Buches, das Gwangju-Massaker von 1980, verleiht der Geschichte eine zusätzliche Tiefe. Durch die Perspektive des Jungen Dong-Ho und derjenigen, die mit ihm die Ereignisse erlebten, wird eine unvergessliche Verbindung zu einem tragischen Moment in der Geschichte hergestellt.


    Han Kangs Schreibstil ist ein Meisterwerk für sich. Mit einem Wechsel zwischen Ich-Perspektive, Du-Perspektive und dritten Person erzeugt sie eine fesselnde Atmosphäre. Die Worte sind bewusst gewählt und treffen stets ins Herz. Han Kang beherrscht die Sprache auf einem unfassbar hohen Niveau und lässt die Leser:innen in ihrer Welt versinken.


    Nachdem ich das Buch beendet habe, bin ich tief gerührt von der ehrlichen Darstellung der Brutalität und der psychologischen Tiefe der Hinterbliebenen. „Menschenwerk“ ist ein einzigartiges und bewegendes Werk, das noch lange nach dem Lesen in den Gedanken verweilt. Es ist ein Buch, das man nicht einfach vergisst.

  5. Cover des Buches Schlaf der Vernunft (ISBN: 9783426305065)
    Tanja Kinkel

    Schlaf der Vernunft

     (64)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Der Roman ist 2015 erschienen. Die ehemalige RAF-Terroristin Martina Müller wird nach 20 Jahren Haft 1998 von Bundespräsident Roman Herzog begnadigt und aus der Haft entlassen. Das hat Auswirkungen auf das Leben ihrer Tochter Angelika Limacher, die seit langer Zeit keinen Kontakt mehr mit ihrer Mutter hatte, und ihrer Familie ebenso wie auf das Leben von Alex Gschwindner, dessen Vater bei einem Attentat, an dem Müller beteiligt war, ermordet wurde und das Leben von Steffen Seidel, der als Personenschützer bei dem Attentat so schwer verletzt wurde, dass bleibende Schäden zurückblieben. Während Angelika vor allem versucht, das Verhältnis zu ihrer Mutter im besten Fall zu restaurieren, gilt Alex‘ Interesse der genauen Tataufklärung, denn nach wie vor ist nicht bekannt, welcher Terrorist bei dem Attentat wen tötete. Steffen Seidels Erinnerung ist getrübt, so dass er wegen der Frage, ob er das Attentat verhindern hätte können und müssen, immer wieder von schweren Schuldgefühlen geplagt wird, die er gern loswerden würde, weshalb er die Freilassung Müllers als Chance zur Klärung begreift. In Zwischenkapiteln wird Martina Müllers Weg von der 17-jährigen Schülerin, die 1967 die Unruhen anlässlich des Schah-Besuchs in Berlin miterlebt, zur Terroristin, die bereit ist, für ihre Ziele zu töten, nachgezeichnet.

    Die Autorin nimmt sich sehr viel Zeit für ihre Personen, versucht sich in ihre wahrscheinliche Gefühlswelt hineinzudenken und so zu entwickeln, wer, wann wie reagiert und handelt. Das ist eine beeindruckend einfühlsame Interpretationsleistung, bei der man natürlich nicht exakt sagen kann, ob sie das Dasein entsprechend betroffener, realer Personen korrekt beschrieben hat, aber in jedem Fall ist ihr eine sehr plausible, nachvollziehbare Darstellung gelungen. Dabei verwebt sie geschickt reale historische Personen mit fiktiven, so dass dem Leser eine glaubwürdige Vorstellung davon vermittelt wird, wie nicht nur die Opfer und ihre Angehörigen unter dem RAF-Terrorismus gelitten haben, sondern auch die Angehörigen und Freunde der Täter. 

    Einen etwas seltsamen Umgang pflegt – so finde ich – die Autorin mit den Namen der Personen. So erfährt man von einigen zunächst nur entweder den Vor- oder den Nachnamen und erst später den vollständigen Namen. So dauert es z.B. bis zur Seite 374 (Droemer Tb, Februar 2017) bis der Leser den Vornamen des getöteten Staatssekretärs erfährt. Seltsam finde ich auch, dass eine Malerin auf Sylt denselben Nachnamen trägt wie der Chef der für die RAF-Terroristen zuständigen Abteilung der Stasi, obwohl es zwischen den Personen keine Beziehung gibt.

    Doch das ist ein vernachlässigbar kleiner Kritikpunkt an einem ansonsten herausragend gut gelungenen Roman, dem es gelingt, den Terrorismus der RAF vor den Augen des Lesers nicht nur lebendig werden zu lassen, sondern auch einen realistischen Blick aus unterschiedlichen, ja ich neige fast zu der Aussage, aus fast allen möglichen Perspektiven zu ermöglichen. Ein extra großes Lob gebührt Tanja Kinkel dabei dafür, dass sie sich bemüht, die Täter nicht einfach als mordende Ungeheuer zu beschreiben, sondern auch deren Motive und Hintergründe zu verstehen, auch wenn am Schluss die Erkenntnis steht, dass es brutale Verbrecher waren. Gegenüber der reinen Dokumentation oder Chronik hat die Romanform den Vorteil, mögliche Gefühle, Motive, Gedanken der Personen zumindest spekulativ zu beschreiben und so ein lebendigeres Bild entstehen zu lassen als ein nüchterner Bericht. Das ist der Autorin in formidabler Weise gelungen. Fünf Sterne.

  6. Cover des Buches Keine Zeit wie diese (ISBN: 9783833309243)
    Nadine Gordimer

    Keine Zeit wie diese

     (12)
    Aktuelle Rezension von: leselea

    Sie war schwarz, er weiß. Das war alles, was zählte. Alles, was damals Identität ausmachte. Simpel wie die schwarzen Buchstaben auf diesem weißen Papier. (S. 10)

    Jabu und Steve haben sich im Untergrund beim gemeinsamen Kampf gegen das Apartheid-Regime kennengelernt. Sie ist eine Schwarze aus dem Volk der Zulus, er ein Weißer jüdischer Abstammung. Beide sind Südafrikaner, doch ihre Beziehung und ein Leben miteinander wird vom Staat verboten. Dann kommt das Jahr 1994 und verändert das politische Leben im Land grundlegend – und damit auch Jabus und Steves Privatleben. Endlich können sie als Ehepaar offen ihre Beziehung leben, in einem Vorort die gemeinsamen Kinder großziehen und sich auch beruflich verwirklichen: Er wird Dozent an der Universität, sie Rechtsanwältin. Der Freiheitskampf hat seine Früchte getragen, doch die ehemaligen Genossen müssen schnell einsehen, dass alte Strukturen nur schwer zu zerschlagen sind: Die Ungleichheit zwischen Schwarz und Weiß bleibt weiterhin bestehen, die neue schwarze Elite ist genauso korrupt wie die alte Weiße und das Land zerfällt – wenn nicht mehr in schwarz und weiß – immer mehr in arm und reich. Jabu und Steve stehen vor einer Gegenwart, für die sie immer gekämpft haben und die sich doch anders entwickelt, als gehofft. Und beide müssen sich die Frage stellen, ob dieses neue Südafrika noch ihre Heimat sein kann…

    Nadine Gordimer gehörte zu den bekanntesten Schriftstellerinnen Südafrikas und bekam für ihr literarisches Werk 1991 den Literaturnobelpreis. Ihre Romane, Erzählungen und Essays setzten sich intensiv mit der südafrikanischen Apartheidpolitik und deren Folgen bis in die Gegenwart auseinander, auch wenn Gordimer von sich selbst behauptete, keine politische Schriftstellerin zu sein. Keine Zeit wie diese ist ihr letzter Roman vor ihrem Tod im Jahre 2014 und behandelt auf über 500 Seiten das neue Südafrika – von den ersten freien Wahlen über die politischen Machtkämpfe in der ehrwürdigen ANC bis hin zur Gegenwart unter Präsident Zulu kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2010.

    Trotz des Labels „Roman“ auf dem Cover ist Keine Zeit wie diese für mich mehr eine literarische Studie, ein Porträt über das Leben in Südafrika nach 1994. Anhand von Jabu und Steve, die durch ihre Biographie aufs engste mit den politischen Verhältnissen des Landes verbunden sind und deren Beziehung gerade aufgrund ihrer Überwindung die Gräben zwischen den „Rassen“ verdeutlich, beschreibt Gordimer nicht nur die politischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungen ihres Heimatlandes, sondern vermittelt vor allem ein Gefühl für den Alltag im und nach dem Apartheid-Regime. Neben den Rahmenbedingungen stellt sie vor allem die Frage nach der Identität in einem Land, das seinen (wenn auch menschenverachtenden) Kompass verloren hat, in den Mittelpunkt: Wer ist man, wenn die alten Etiketten nicht mehr gelten? Wie lange dauert der Kampf für die Freiheit und damit der Status als Guerilla-Kämpfer? Welche Verantwortung trägt man als weißer Südafrikaner für die weitere Entwicklung – und welche als schwarzer, zumal wenn man zu denen gehört, die es nach oben geschafft haben? Bleibt man ein Leben lang Kind seines Volkes oder darf man sich in Zeiten der Freiheit neue Bilder erschaffen? Gordimer verdeutlich, dass mit dem Ende der Unterdrückung die Verantwortung der Freiheit einhergeht – und diese oftmals neue Konflikte schafft, sei es im Privaten oder auf politischer Ebene, wo Korruption und aggressiver Kapitalismus schnell zu blühen beginnen.

    Das alles ist hochinteressant und lehrreich, auch wenn eigene Recherchen während der Lektüre unabdingbar sind, um die verschiedenen Andeutungen, die Gordimer zwischen den Zeilen platziert, zu verstehen. Keine Zeit wie diese ist ein Buch, das ich diesbezüglich als wirkliche Bereicherung empfunden habe, hat es mir doch nicht nur Wissen, sondern auch ein Verständnis jenseits der bloßen Fakten vermittelt. Nichtsdestotrotz bleibt bei Gordimers Vorgehensweise einiges auf der Strecke, was für mich das Buch zu einem wirklichen Roman und zu einem hundertprozentigen Lesegenuss gemacht hätte: Insgesamt fehlt es an Spannung, Handlung und einer Nähe zu den Figuren. Keine Zeit wie diese zeigt den Ist-Zustand eines Landes auf, ohne dass es auf einer weiteren Ebene eine wirkliche Geschichte erzählen würde, die auf etwas hinausläuft. Jenseits der Skizzierung der verschiedenen Probleme und Herausforderungen gibt es wenig, was einen an das Buch fesselt, zumal die Figuren sehr ihren Kategorien als Freiheitskämpfer, Rechtswissenschaftler bzw. Dozenten, Schwarze und Weiße etc. verhaftet bleiben, ohne darüber hinaus irgendwelche Charakterzüge aufzuweisen.

    Sprachlich stellt Gordimers Werk durchaus eine Herausforderung dar: Ihr Erzählstil ist eigenwillig, distanziert, wie gemalt in dem Sinne, dass einzelne Sätze wie flüchtige Pinselstriche sind und erst nach einiger Zeit ein Ganzes ergeben. Eine „raue Poetik“ schoss es mir beim Lesen der ersten Seiten durch den Kopf und ließ mich bis zum Schluss nicht los. Definitiv reizvoll, aber über lange Strecken doch auch anstrengend, ermüdend und vielleicht nicht immer dienlich.

    Insgesamt bin ich sehr froh, dass ich Keine Zeit wie diese entdeckt und gelesen habe und stehe auch der Lektüre weiterer Romane von Gordimer nicht ablehnend gegenüber. Dennoch kann ich einen gewissen Hänger während der Lesezeit aufgrund der oben genannten Kritikpunkte nicht leugnen: Mir hat eine Geschichte, die mich auch emotional bindet, definitiv gefehlt; als Porträt ist Keine Zeit wie diese jedoch ohne Frage hervorragend und verdient eine abschließende Leseempfehlung! 3,5 Sterne.

    Lasst euch nicht durch schlechte Politik aus dem Land eures Herzens vertreiben. (S. 349)

  7. Cover des Buches Wir träumten vom Sommer (ISBN: 9783471360569)
    Heidi Rehn

    Wir träumten vom Sommer

     (80)
    Aktuelle Rezension von: friederickesblog

    Das Cover:

    München, im Hintergrund das Olympiastadion und der Turm. Vorne zwei Menschen im Outfit der Zeit. Ein Bucheinband, der mich sofort angesprochen hat. 

    Die Geschichte:

    Amrei hat die Chance während der Olympischen Spiele 72 in München als Hostess zu arbeiten. Eine intensive Überlegung, denn sie müsste zurückkehren nach München.

    Wenige Jahre zuvor, während der Studentenproteste in München, hat sie wegen ihrer Zukunftspläne und zwei Männern, dem Polizisten Wastl und dem Linken David, fluchtartig die Stadt verlassen. 

    Sie kommt zurück und stellt fest, dass die Stadt im Zeichen der Olympiade und sogar ihre Freunde, die mittlerweile befreundet waren, sich sehr verändert haben. 

    Das Attentat deckt alte Gräben auf. Amrei gerät in einen Konflikt.

     

     

    Meine Meinung:

    Ich habe den Klappentext gelesen und war sehr gespannt auf die Zeitreise in meine Jugend. Zahlreiche Protagonisten, die in ihren Charakteren wunderbar den Zeitgeist der 60er und 70er Jahren präsentieren und mich beim Lesen zurückschleuderten in die Atmosphäre meiner eigenen Jugend. Großtante Annamirl ist mir besonders ans Herz gewachsen.

    Heidi Rehn schreibt in einer flüssigen und bildhaft starken Sprache, die es gestattet den Figuren nahe zu sein. Die Geschichte wird aus zwei Zeitebenen erzählt, was den Spannungsbogen hochhält. Gefreut habe ich mich wieder in der Amalienstraße über der Buchhandlung zu sein, die mir (das Buch) sehr in Erinnerung geblieben ist. 

    Die perfekt eingearbeitete Zeitgeschichte, wie die Unruhen, das Attentat und die Radikalisierung, verweisen auf eine intensive Recherche. 

    Alle Schauplätze sind präzise beschrieben, sodass ich sehr gut mit den Protagonisten unterwegs sein konnte. 

    Mein Fazit: Ein Buch, das auf unterhaltsame und spannende Art Zeitgeschichte und Fiktion auf höchstem Niveau präsentiert. Ich kann nur meine ausdrückliche Empfehlung aussprechen.

    Heidelinde von Friederickes Bücherblog 

  8. Cover des Buches Stadt der Rebellion (ISBN: 9783803132949)
    Omar Robert Hamilton

    Stadt der Rebellion

     (1)
    Aktuelle Rezension von: renee
    Dieses Buch ist ein extrem aufwühlender, ergreifender und betroffen machender Bericht über die arabische Revolution in Ägypten 2011. Aus der Sicht von einigen Hauptakteuren werden die Geschehnisse wie in artikelartigen kühl geschilderten Formen dargestellt, dazwischen aber auch immer recht blumig phantasievoll gehaltene Abschnitte, und dann wieder Abschnitte in denen der Groll über die Gewalt, die den Menschen widerfährt, überwiegt. Am Ende ein Teil indem das Ende der Revolution geschildert wird, eigentlich ein Scheitern, aber ist es wirklich ein Scheitern, wenn man den Mut hatte, sich der Macht entgegenzustellen ? Das Grauen, die Gewalt und die Bösartigkeit des Menschen, die da geschildert werden, haben mich zutiefst angeekelt, angewidert und abgestoßen. Dabei wird dieses ganze Negative nicht in den Vordergrund gerückt/gehoben oder besonders dargestellt. Es ist eher wie ein Berichten über die Geschehnisse, aber natürlich nicht vollkommen gefühlsbefreit. Familienangehörige der Opfer schildern ihr Empfinden/kommen zu Wort/schildern das Grauen, das sie durchleben. Freunde der Opfer erzählen ihre Ansichten/schildern ihre Gefühle. Es werden die Hauptdaten der Revolution geschildert und was sich in dem Land zugetragen hat, die politischen Machtverhältnisse offengelegt. Das Berichtete erscheint fundiert, am Ende des Buches erscheinen viele Quellennachweise und im Personenregister viele wichtige im Text genannte Personen. Bruchstückhaft konnte ich mich an Einiges noch erinnern, sah teilweise noch die Nachrichten von damals vor meinem geistigen Auge. Und empfand das Grauen, das ich damals vor dem Fernseher empfand, wieder, nur noch viel schmerzlicher. Es entsetzt mich immer wieder zu sehen, was Menschen anderen Menschen antun können, nur weil ihnen nicht passt, was diese denken/wie diese sind. Ich frage mich immer wie so etwas geht. Klar ich weiß dass das so ist. Aber ich kann und will es einfach nicht nachvollziehen. Aber beim Lesen empfindet man auch das Glück in diesem/unserem Land zu wohnen und ich hoffe sehr, dass wir hier niemals solche Dinge sehen/erleben müssen. Und das Ganze ist in einem artikelhaften absatzartigen Roman untergebracht, der heftig, aber sehr lesenswert ist. Und man kann nur sagen Hut ab vor diesen Menschen !


    Ein Buch für das man bereit sein muß !
  9. Cover des Buches Mein Jahr als Mörder (ISBN: 9783499259951)
    Friedrich Christian Delius

    Mein Jahr als Mörder

     (16)
    Aktuelle Rezension von: Joroka

    Der Roman greift das Schicksal eines Widerstandskämpfers gegen den Nationalsozialismus auf. Georg Groscurth wurde am 8.5.1944 geköpft. Die Handlung setzt im Jahre 1968 an, als ein mitverantwortlicher Richter freigesprochen wurde und ein Student, der mit den Söhnen Groscruths aufgewachsen ist, entscheidet, ein Zeichen gegen diese Ungerechtigkeit zu setzen. Er recherchiert und tritt auch mit der Witwe von Groscurth in engen Kontakt.

    Die Handlung verläuft auf mehreren Ebenen. Sie rollt der Fall aus der Widerstandsbewegung auf. Die Gruppe hieß interessanterweise: Europäische Union. Außerdem wird der Konflikt zwischen den beiden deutschen Systemen in der Nachkriegszeit beleuchtet und dass es dabei durchaus auch im Westen zu politisch motivierter Rechtsbeugung kam. Nicht neu ist, dass vor allem im Westen sehr schludrig mit der Entnazifizierung umgegangen wurde. Und dann geht es auch noch um die westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahr.

    Ich habe mich beim Lesen sehr aufgeregt über die Ungerechtigkeit der westdeutschen Justiz bezüglich der Witwe eines ausgewiesenen Widerstandskämpfers. Die Hydra, die immer wieder auftaucht, wühlte mich sehr auf. Doch diese Schilderungen ziehen sich irgendwie auch sehr in die Länge, welches ein stilistischer Kritikpunkt von mir ist. Ansonsten schreibt Delius recht schnörkellos.

    Anneliese Groscurth starb im Jahr 1996.

    Der Roman wurde 2004 erstmals veröffentlicht und im Februar 2013 neu aufgelegt.

    Fazit: Ein wichtiges Buch, eine interessante Geschichtsstunde.

  10. Cover des Buches Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1945/49 - 1981 (ISBN: 9783406081361)
  11. Cover des Buches Dutschki vom Lande (ISBN: 9783954282432)
    Michael Bauer

    Dutschki vom Lande

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Forti
    Die Aneinanderreihung von episodenhaften Szenen, die jeweils ein Kapitel umfassen, bremste für mich immer wieder die Handlung von "Dutschki" aus. Überhaupt passierte im Buch wenig handfestes – einen Spannungsbogen oder eine überraschende Entwicklung gab es nicht. Stattdessen scheint der Autor Michael Bauer einfach seine Erinnerungen an ein Semester an der Uni Mainz zu rekapitulieren, ohne das ganze 'Autobiographie' nennen zu wollen. Das ergibt für mich ein Stimmungsbild aus dem spannenden Jahr 1968, was durchaus interessant ist, auch wenn es manchmal etwas tiefergehender hätte beschrieben werden können.

    Als Stimmungsbild interessant – ansonsten weder Roman noch Autobiographie, sondern irgendetwas halbgares dazwischen. Insgesamt so wie man sich die Studentenrevolte in der 'Provinz' vorstellt: eher träge.
  12. Cover des Buches Der Baader Meinhof Komplex, Das Filmhörbuch (ISBN: 9783455306217)

    Der Baader Meinhof Komplex, Das Filmhörbuch

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Rose75
    Ich habe den Film "Der Baader Meinhof Komplex" schon ein paarmal gesehen und daher war ich neugierig wie das Filmhörbuch umgesetzt wurde.  Die Geschichte anzuhören hat nochmal eine andere Qualität. Allerdings denke ich, dass Hörer, die die Handlung / Geschichte nicht kennen teilweise überfordert sind.  Es wird relativ wenig erzählt bzw. erklärt und manche Handlungen scheinen dadurch aus der Luft gegriffen. 
    Etwas störend fand ich die zu lauten Schießereien. Da musste ich leiser stellen.



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