Bücher mit dem Tag "thomas mann"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "thomas mann" gekennzeichnet haben.

126 Bücher

  1. Cover des Buches Der Zauberberg (ISBN: 9783596904167)
    Thomas Mann

    Der Zauberberg

     (540)
    Aktuelle Rezension von: Argentumverde

    Hans Castorp besucht seinen in Langzeitkur befindlichen Vetter Joachim Ziemßen in einem Sanatorium namens „Berghof“ im Schweizer Kurort Davos. Er plant für drei Wochen seinen Vetter aufzumuntern. Dabei erscheint ihm das Leben im Berghof als äußerst genehm und simpel. Durch „gesundheitlichen“ Besorgnis seitens der Heimleitung, verlängert Hans Castorp seinen Aufenthalt und aus 3 Wochen werden Monate und Jahre.

    Während sich die Welt drastisch verändert und auf einen Weltkrieg zusteuert, geht das Leben im Berghof wie in einer Blase der Abgeschiedenheit weiter. Hans Castorp ist ein junger Ingenieur, welcher nach dem Tod seiner Eltern bei seinem Onkel aufgewachsen ist. Anfangs sucht er Halt bei seinem Vetter Joachim Ziemßen. Mit der Zeit wird er immer eigenständiger, aber auch immer nachdenklicher und trotz geistiger Reifung immer weltfremder. Im Laufe der Erzählung trifft er auf viele Charaktere, aber insbesondere 3 nehmen einen wichtigen Platz in seinem Leben ein. Lodovico Settembrini, der sich zum Mentor Hans‘ ernennt, ist ein Liberalist und Freimaurer, der aber auch ebenso frei mit seiner Ignoranz und Arroganz Anderen gegenüber umgeht. Sein Gegenspieler wird Naphta, der ein poetisch verklärtes, aber menschlicheres Weltbild hat. Mit einer jungen Russin, Claudia Chauchat, kommt auch Liebesfreud und vor allem -leid in Hans Leben. Auch die beiden Ärzte sind prägend für Hans und ebenfalls typisch für ihre Zeit. Gemäß dem Obrigkeitsdenken der damaligen Zeit wird Ihnen bedingungslos Glauben geschenkt. Widerworte sind ausgeschlossen, selbst wenn diese durchaus logisch und sinnvoll wären. 

    Thomas Mann schreibt detailliert, genau, poetisch, wortgewandt und wortgewaltig mit starken Auswüchsen ins Philosophische. Oft schweift er weit in Einzelthemen ab, beleuchtet diese aus verschiedenen philosophischen Blickwinkeln, nur um kurz darauf prägnant und auf den Punkt genau die Gesellschaft und die Missstände seiner Zeit zu kritisieren. Parodie, Satire, Kritik und Geisteswissenschaft sind hier ständig vernetzt und gekonnt ineinander verwoben. Dabei ist die Freude an der Sprache selbst niemals zu übersehen.

    Mein Fazit: Ein Buch, für das es sich lohnt, sich Zeit zu nehmen, sich einzulassen und vor Allem darüber nachzudenken und die Sprache Mann‘s zu genießen. Auch wenn es das Weltbild einer ganz anderen Zeit ist, so sind die Ansätze heute nicht weniger präsent und teils genauso aktuell, wenn vielleicht auch anders ausgeprägt. 

  2. Cover des Buches Buddenbrooks (ISBN: 9783596521487)
    Thomas Mann

    Buddenbrooks

     (2.384)
    Aktuelle Rezension von: mj303

    Ich kannte das Buch noch aus Schulzeiten, leider konnte es mich dieses mal nicht so begeistern.

    Es war teilweise sehr schwer es konzentriert zu lesen - 3 Sterne

  3. Cover des Buches 1913 (ISBN: 9783596520534)
    Florian Illies

    1913

     (283)
    Aktuelle Rezension von: dunis-lesefutter

    Auch diesen Monat hab ich das März Buch von meinen #12booksin12month geschafft! Es hat etwas gedauert, da man es nur in Etappen richtig genießen kann.


    1913 ist ein Geschichtsbuch, das wie ein Kaleidoskop viele Aspekte eines Jahres zu einem intensiven Bild zusammensetzt. Florian Illies lässt uns Menschen des damaligen Zeitgeschehens begegnen, und zwar weltweit, wenn auch der Fokus auf Deutschland, Österreich und der Schweiz liegt. Es geht dem Autoren dabei mehr um die Personen, also um die Ereignisse, wobei natürlich beides nie ganz voneinander zu trennen ist. 

    Es sind nicht nur politische Figuren der damaligen Zeit, die kommen sogar verhältnismäßig selten vor. Der Schwerpunkt liegt auf bildende Künstler, ob aus der Literatur, Musik oder Malerei. In vielen kleinen Häppchen sind wir hautnah am Alltag der Künstler und merken, wer mit wem wie verbandelt ist, Freundschaften und Freundschaften gepflegt hat und wer vielleicht gesundheitlich verfiel oder dem Wahnsinn nah war. Die Aufbruchstimmung und Kreativität, mit der viele Menschen in diesem letzten Jahr vor der Katastrophe zugange waren täuscht nicht über ein morbides, Gefühl hinweg mit dem man der Zukunft entgegen sieht. Ahnt man schon, dass bald das süße Leben vorbei ist? Oder habe ich den Eindruck als Leserin nur, weil ich weiß was im nächsten Jahr passiert? Florian IIlies hat das ganz wunderbar transportiert.

    Einige Beispiele: Wir lesen viel über die sozialen Unzulänglichkeiten von Kafka, die Feindschaft zwischen Freud und Jung, die Obsession eines zu Oskar Kokoschkas für seine Alma. Wir erfahren, wann Louis Armstrong das erste Mal zur Trompete griff, dass Picasso auch reiten kann und dass Else Lasker-Schüler eine ganz spezielle Person war. Das meiste basiert auf einer immensen Recherchearbeit. Der Autor hat Fakten, die aus Briefwechseln und Biografien abgeleitet wurden zu einer gut lesbaren Jahreschronik zusammen gefasst. Manche Sachen werden auf Basis von Informationen gemutmaßt. Niemals hatte ich den Eindruck, dass ich Spekulationen ausgeliefert bin, die das Buch interessanter machen sollten. Adolf Hitler und Josef Stalin sind vielleicht wirklich mal aneinander vorbei spaziert, möglich wäre es…

    Nicht zu vergessen die Mona Lisa, die in jedem Monat eine kleinere Rolle hat, bis am Ende des Jahres 1913 ihr Auftritt in einem großen Finale endet. Besonders gerne habe ich die Absätze über S. Fischer gelesen. Für mich als Bookie gab es ganz viel interessantes Hintergrundwissen zu diesem renommierten Verlag. 

    Das Buch ist in kleinerer Absätze geteilt. Selten gehen Sie über drei Seiten, andere wiederum sind nur einen Satz lang. Die Figuren tauchen nicht einmalig auf, sondern haben in vielen Monaten ihren Platz


    Ein wenig muss man sich beim Lesen schon konzentrieren, ich war sehr oft abgelenkt, weil ich das jeweilige Bild des Künstlers anschauen wollte oder selber noch mal ein paar Hintergründe recherchiert habe. Das macht das Lesen natürlich etwas, aufwändiger aber auch intensiver. Das Buch ist super dazu geeignet in Etappen gelesen zu werden. Immer mal wieder ein paar Abschnitte zu genießen, macht es zu einem besonderen Erlebnis. Mir hat es auf jeden Fall sehr viele neue Erkenntnisse gebracht oder schon Gewusstes vertieft. Eine klare Leseempfehlung für alle Kunst- und Geschichtsinteressierten.

  4. Cover des Buches Sunset (ISBN: 9783492274180)
    Klaus Modick

    Sunset

     (51)
    Aktuelle Rezension von: beccaris

    Die beiden Zeitgenossen Lion Feuchtwanger und Bertold Brecht verband nicht nur ihr schriftstellerisches Schaffen sondern vielmehr eine tiefe Freundschaft. Trotz grossen Gegensätzen haben sich die beiden gegenseitige immer wieder inspiriert. In dieser feinsinnigen und stillen Erzählung von Klaus Modick verwebt sich Vergangenheit und Gegenwart. Lion Feuchtwanger erinnert sich in seinem Haus am Meer Kaliforniens an die wunderbare Zeit mit seinem Weggefährten und die Nachricht vom Tode Brechts, der um einige Jahre jünger war als er selbst, trifft ihn schwer. Im Inneren oft als eigenen Sohn betrachtet, führt er geistige und träumerische Zwiegespräche mit seinem fernen Freund.

    Lion Feuchtwanger reflektiert aber auch über seine literarische Arbeit, über die Umstände der Zeit, die Geschichte Israels und Palästinas und die persönlichen und weltpolitischen Katastrophen. Er hat keine Wahl, wie Klaus Modick schreibt, sondern er muss sich der Wahrheit stellen, da er an den Sieg der Vernunft glaubt.

    Ein kleines Meisterwerk, das wie ich finde, sehr lesbar und lehrreich ist, in einer gepflegten und aussergewöhnlich schönen Sprache, die jeden Satz zu einem Lesegenuss macht.

  5. Cover des Buches Doktor Faustus (ISBN: 9783596904037)
    Thomas Mann

    Doktor Faustus

     (136)
    Aktuelle Rezension von: Magicsunset

    „Ich möchte seine Einsamkeit einem Abgrund vergleichen, in welchem Gefühle, die man ihm entgegenbrachte, lautlos und spurlos untergingen. Um ihn war Kälte – und wie wird mir zumute, indem ich dies Wort gebrauche, das auch er in einem ungeheuerlichen Zusammenhange einst niederschrieb!“ (Zitat Seite 15)

     

    Inhalt

    Dr. phil. Serenus Zeitblom ist sechzig Jahre alt, als er am 27. Mai 1943 beginnt, die Lebensgeschichte seines langjährigen Freundes Adrian Leverkühn niederzuschreiben. Der innovative Komponist ist vor drei Jahren verstorben und hat seinem Freund Serenus alle  persönlichen Aufzeichnungen und Unterlagen hinterlassen. Auf Grund dieser Aufzeichnungen schildert nun der Ich-Erzähler Serenus Zeitblom die Kindheit, Jugend, gemeinsame Studienzeit, aber auch die weiteren Lebenswege, die unterschiedlich verlaufen, sich jedoch immer wieder kreuzen. Teilweise verfasst Zeitblom die Texte zu einzelnen Kompositionen des genialen Musikers Leverkühn und erlebt auch seinen künstlerischen Werdegang schon ab der frühen Schulzeit mit, mit allen Höhen und Tiefen, geprägt von einer manchmal besessenen Hingabe zur Musik und zum Komponieren, der Suche nach neuen musikalischen Strukturen. „Nur einer so dringlich beobachtenden Freundschaft wie der meinen, konnte ein solcher  Bedeutungswechsel der Dinge fühlbar oder ahnbar werden, und Gott sei davor, daß die Wahrheit mir die Freude an Adrians Nähe beeinträchtigt hätte! Was mit ihm vorging, konnte mich erschüttern, mich aber niemals von ihm entfernen.“ (Zitat Seite 322)

     

    Thema und Genre

    Den realen Hintergrund dieses biografischen Romans um einen fiktiven Komponisten bildet die Geschichte Deutschlands zwischen 1884 und 1945, die gesellschaftlichen Veränderungen. Das alte Faust-Thema in dieser modernen Version, welche die unerschöpfliche künstlerische Schaffenskraft in den Mittelpunkt des Pakes stellt, steht für das Leben des Adrian Leverkühn, der als Künstler genial und hochbegabt, als Mensch jedoch einsam und unnahbar bis zur Gefühllosigkeit ist. Dieses Buch ist jedoch ebenso ein Gesellschaftsroman, ein zeitgeschichtliches Dokument Deutschlands in diesen wichtigen Jahren, das die Situation des Bildungsbürgertums, die Stellung der Frauen, die kulturellen und künstlerischen Strömungen, besonders in Musik und Sprache, schildert. Es ist eine weit gefasste Suche nach den kulturgeschichtlichen Gründen für die Entstehung des nationalen Gedankengutes, das sich aus dem Verständnis der deutschen Romantik entwickelt hat und mit zum Nationalsozialismus führte. Die Handlungsorte und Personen dieses Romans sind fiktiv, alle haben jedoch reale Vorbilder, dadurch wird dieser Roman auch autobiografisch geprägt.

     

    Fazit

    Meine hier notierten Bemerkungen sind keinesfalls als literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Roman von Thomas Mann zu sehen, dafür gibt es qualifizierte Fachliteratur, sondern schildern meine wichtigsten Eindrücke beim Lesen dieses interessanten, ideenreichen, zeitlosen, bis heute noch lebhaft diskutierten Romans des deutschen Literaturnobelpreisträgers.

  6. Cover des Buches Königsallee (ISBN: 9783423144162)
    Hans Pleschinski

    Königsallee

     (31)
    Aktuelle Rezension von: BuecherVonInnen

    Klappentext:
    Sommer 1954: Thomas Mann kommt zusammen mit seiner Frau Katia nach Düsseldorf, um aus dem „Felix Krull“ zu lesen, der sich zum Bestseller entwickelt. Im selben Hotel, dem „Breidenbacher Hof“, ist gleichzeitig Klaus Heuser, auf Heimaturlaub aus Asien, mit seinem Freund Anwar abgestiegen, ein Zufall, der es in sich hat. Denn Klaus Heuser, den er 1927 kennengelernt hatte, gehört zu Thomas Manns großen Lieben. In der Figur des Joseph hat er ihm ein Denkmal gesetzt. Nun sorgt die mögliche Begegnung der beiden für größte Unruhe, zusätzlich zu dem Aufruhr, den der Besuch des ins Exil gegangenen Schriftstellers im Nachkriegs-Deutschland ohnehin auslöst. Erika Mann mischt sich ein, Golo Mann und Ernst Bertram verfolgen ihre eigenen Ziele, und die Honoratioren der Stadt ringen um Haltung. Dazwischen die ewigen Fragen der Literatur, nach Ruhm und Verzicht, der Verantwortung des Künstlers und dem Preis des eigenen Lebens, nach dem Gelingen und Rang. Anschaulich und dezent, auf der Folie realer Vorkommnisse und bisher unbekannter Dokumente, dabei mit einem Anklang an „Lotte in Weimar“, lebendig und kenntnisreich, atmosphärisch und voll sprechender Details und unvergesslicher Figuren erzählt Hans Pleschinski in diesem großen Roman von Liebe, Verantwortung und Literatur – und von den 50er-Jahren in Deutschland.
    Dieses Buch lieh ich mir ursprünglich aus, da es hier um Düsseldorf in den 50er Jahren geht.
    Dass es sich um Thomas Mann und seinen ersten Besuch in Deutschland nach dem Krieg handelte, war für mich eher nebensächlich.
    Sicherlich hatte ich Bücher von Thomas Mann gelesen, doch kann ich in seiner Biographie eher über die tragischen Selbstmorde einige seiner Kinder erfahren. Er selber, oder seine Frau, waren mir als Person nicht so wichtig. Biographien, die angelesen wurden, wurden wieder weg gelegt, da sie mir zu trocken waren.
    Doch nun stieß ich auf „Königsallee“. Da ich einige Jahre in Düsseldorf lebte, kannte ich natürlich diese Straße und ja, ich kenne den Breidenbacher Hof nicht nur von außen.

    Diese Geschichte interessierte mich. Wie war das Hotel in den 50er Jahren? War es in dieser Zeit auch so steif? So würdevoll?
    Dieses Bedürfnis mehr darüber zu erfahren wurde auf den ersten 70 Seiten gut gestillt. Letztendlich wurde nur beschrieben, wie sich das Hotel auf den Besuch vorbereitet. Auf „ihn“.
    Sehr sehr nett zu lesen.
    Dem folgte die Einführung der Figur des Klaus Heuser. Jemand den Thomas Mann als 18-jährigen auf Sylt kennen lernte und später in sein Haus nach München einlud.
    Dort küsste Thomas Mann Klaus Heuser und es wurde klar, dass Klaus Heuser eine der großen Lieben im Leben Thomas Manns war. „Verewigt“ in der Figur des Joseph.

    Klaus Heuser ist nun das erste Mal nach vielen Jahren auf Heimatbesuch in Düsseldorf, begleitet von seinem Freund Anwar Batak Sumayputry.

    Nun setzen sowohl Erika Mann (Tochter) als auch Katia Mann (Ehefrau) alles daran, dass der 79-jährige Thomas Mann im Hotel nicht auf seine ehemalige große Liebe stößt.
    So besucht Erika Klaus Heuser und Partner in deren gemeinsamen Schlafzimmer, erzählt und hält lange Monologe. Zeigt ihr schauspielerisches Talent. Für meinen Geschmack hätten diese Seiten etwas kürzer ausfallen dürfen, andererseits habe ich so einiges über die Mann´s erfahren.

    Um keine Langeweile aufkommen zu lassen, erhält Klaus Heuser anschließend Besuch von Ernst Bertram. Patenonkel von Thomas Manns Tochter Erika, 70-jähriger Kriegsverbrecher und Dichter. Unter anderem verbrannte er Bücher mit Ausnahme derer von Thomas Mann.
    Er möchte Verzeihung von Thomas Mann und möchte Klaus Heuser als Vermittler nutzen.
    Doch dieser will nicht vermitteln.
    Puh, diese Begegnung fand ich anstrengend, für das Buch aber wichtig.

    Letztendlich taucht auch der Beisser, Golo Mann, bei Klaus Heuser auf. Auch er möchte etwas von ihm: Dass Klaus Heuser nach der Lesung Thomas Manns diesem sein neues Buch überreicht.

    Klaus Heuser verweigert all´ diese Gefälligkeiten. Genießt die Zeit mit seinem Freund, genießt den Aufenthalt und nimmt letztendlich an dem Empfang nach der Lesung statt und trifft auf seinen alten Freund und „erfüllt“ alle Aufträge, um die er gebeten wurde.

    Ein tolles Buch, welches mich sehr in den Bann gezogen hat.

  7. Cover des Buches Faro (ISBN: 9783847621034)
    Ole R. Börgdahl

    Faro

     (27)
    Aktuelle Rezension von: Bellis-Perennis

    Michael Stromm ist „Torpedo-Mixer“ auf dem U-810 als es von den Alliierten vor den Kanarischen Inseln versenkt wird. Zusammen mit dem schwer verletzten Kaleun gelingt es ihm, in Schlauchboot zu ergattern. Michael hat Glück, er überlebt und wird vom Leuchtturmwärter von Faro, Paulus, gefunden, während Sieber tot an Land gespült wird. Paulus versorgt gemeinsam mit Serina den Verletzten, beschafft ihm falsche Papiere und gibt ihn als schwedischen Neffen aus. Die Ruhe ist trügerisch, denn das neutrale Spanien leidet unter der Diktatur Francos, dessen seinerzeitige Machtübernahme von den Hitler unterstützt worden ist. Es kommt, wie es kommen muss: Zum einen verliebt sich Michael in Serina und zum anderen wird er verraten und liefert sich mit den deutschen Spionen einen gewaltigen Schusswechsel, dem er mit knapper Not entkommt. 

    Jahre später treffen sich Serina und Michael bei Paulus‘ Begräbnis wieder und beschließen, nach Argentinien zu reisen. Was dann folgt, ist eine wilde Hatz auf Leben und Tod durch Argentinien und Chile führt, denn Michael ist noch immer in Besitz jener Dokumente, die seinerzeit der Kaleun Sieber mit sich geführt hat.  

    Meine Meinung: 

    Dieser fesselnd erzählte historische Roman zeugt von akribischer Recherche des Autors. Hier kommen fasst alle Lesergruppen auf ihre Rechnung: die U-Boot-Fans, die das Leben und die Arbeit auf den Stahlkolossen faszinierend finden, jene die, die Gedanken eines einfachen Mechanikers zum NS-Regime kennenlernen wollen, jene, die auf rasante Verfolgungsjagden und Verschwörungstheorien nicht verzichten wollen und, ein bisschen Liebesgeschichte (aber nur andeutungsweise). Diese unterschiedlichen Gruppen unter einen Hut, zu bringen, ist eine große Kunst. 

    Der Arbeitsalltag auf einem U-Boot ist detailliert beschrieben. Man kann förmlich die Enge spüren und den Geruch von Diesel und Schmierfett sowie die ungewaschenen Körper der Mannschaft riechen.  

    Auch die Stimmung und die historischen Details aus dem Spanien von 1943 sind elegant in die Handlung verwoben. Obwohl einige vermuten oder sogar wissen, dass Michael Deutscher ist, dauert es recht lange, bis er verraten wird. 

    Die Zeitspanne zwischen dem Verrat und dem Wiedersehen ist mir - vor allem in Hinblick auf die sonstige detailreiche Schreibweise des Autors - ein wenig ins Hintertreffen geraten. Da hätte ich mir schon ein paar Informationen mehr erwartet. Sieben Jahre sind eine lange Zeit, in der sowohl Michael als auch Serina viel erlebt haben (müssen). 

    Den Entschluss, nach Argentinien zu fahren, um die nun endlich geöffneten Papiere von Kaleun Sieber zu überprüfen, finde ich grundsätzlich in Ordnung. Ich persönlich hätte schon viel früher die Dokumente angesehen. Interessant ist auch hier, die Einbettung in die politischen Gegebenheiten (Juan Peron ist Dikataor, Eva Perons Tod) und die vielen Auswanderer aus Deutschland. Das Netzwerk der NS-Zeit besteht nach wie vor und dass sich Michael und Serina darin verstricken, ist auch gut dargestellt. Lediglich die Verfolgungsjagden in Eis und Schnee empfinde ich ein wenig zu dick aufgetragen. Dass Südamerika ein Sammelbecken für Faschisten aller Art war, ist ja belegt und mir bekennt. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass viele NS-Bonzen die selben Fluchtrouten benutzten, die zuvor die verfolgten Juden benutzt haben. 

    Sehr gut sind die Charaktere gelungen, vor allem Michael Stromm, dessen Wandlung vom Saulus zum Paulus nachvollziehbar ist. Der Torpedomechaniker ist ein Kind seiner Zeit, aufgewachsen mit der Indoktrination der NS-Propaganda erkennt er erst auf Maspalomas, beim Hören von BBC und die Ansprachen von Thomas Mann, dass im Deutschen Reich nicht alles so ist, wie es Goebbels & Co. darstellen. Oder der Leuchtturmwärter Paulus (Warum heißt der nicht Pablo?) und Serina, die beide nichts mit dem faschistischen Franco-Regime zu tun haben wollen - glaubhaft gezeichnet. Ich kann sie mir gut vorstellen, diese Serina, die mit ihrem Buick auf der Insel herumfährt (hier habe ich immer Sophia Loren im Kopf).  

    Die fehlenden Jahre zwischen Verrat und Wiedersehen sowie die, für mich James-Bond-artige Schnitzeljagd in Argentinien kosten den 5. Stern. 

    Fazit:

    Ein fesselnder historischer Krimi, der wie schon beschrieben, mehrere Zielgruppen anspricht. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

     

  8. Cover des Buches Joseph und seine Brüder I (ISBN: 9783596904082)
    Jan Assmann

    Joseph und seine Brüder I

     (47)
    Aktuelle Rezension von: SwissCouchPotato
    Einen gemischten Eindruckt hinterliess bei mir die Sprache: Es wird in  reicher Wortschatz verwendet, wobei zahlreiche dieser Wörter heute völlig aus der Mode gekommen sind und deshalb den Zugang zur Erzählung eher erschwert haben. Das zeigt aber eigentlich nur,  die sehr sich die deutsche Sprache in den letzten 80 Jahren verändert hat.

    Überzeugt hat mich der elegante Satzbau, der die Geschichte sehr schön rhythmisiert hat. Sehr beeindruckend finde ich, wie Thomas Mann hier die alte biblische Jakobsgeschichte mit Gespür für menschliche Befindlichkeiten geformt und mit vielen zeitgeschicht-lichen Details angereichert hat. Das hat er so souverän gemacht, dass er nie gezwungen war, die Vorlage zu verändern; allenfalls hat er sie an ein paar Stellen – wo sie ihm nicht plausibel erschien – in Zweifel gezogen und anders geordnet. Speziell wurde auch der Konflikt zwischen Labans Glauben an die alten Götter und Jakobs neuem Glauben an den Einen Gott - in der Bibel nur kurz angedeutet -  schön herausgearbeitet. Auch in geistlicher Hinsicht ist Jakob ein Wanderer, dessen Glauben seine endgültige Form noch nicht vollständig gefunden hat. Nun bin ich gespannt auf den zweiten Band.
  9. Cover des Buches Der Tod in Venedig (ISBN: 9783596904075)
    Thomas Mann

    Der Tod in Venedig

     (453)
    Aktuelle Rezension von: Nik_Sander

    Das erste Drittel des Buches ist eine Zumutung für den Leser. Danach wurde T. Mann offensichtlich selbst müde von seinem eigenen Schreibstil und wechselte zu einer mehr oder weniger "normalen" Erzählung. Allerdings stellt sich automatisch die Frage, ob er nicht absichtlich solch einen Unfug formulierte, um zukünftige Kritiker und Leser auszulachen... Wenn dies der Fall war, ist ihm dies gut gelungen.

    Was ich an der Novelle positiv hervorheben kann, ist die starke Symbolik. T. Mann hat enorm viel Zeit investiert, um eine innere Welt "eines" Mannes (was auch zu seinem Namen passt ;) - letztendlich ist es auch das Buch über ihn selbst) mit griechischen Mythen zu verschmelzen. Allerdings sollte man eine gute Allgemeinbildung haben, um alle Zeichen zu erkennen. Die Alternative wäre zumindest vor dem Lesen eine gute Lektüre über das Buch lesen. Denn wenn man die Symbolik des Buches nicht versteht und die versteckten Botschaften nicht bereits beim Lesen wahrnimmt, bietet das Buch aus meiner Sicht wenig literarische Schönheit.

    Und jetzt komme ich zur komplizierteren Frage des Inhalts... Ich verstehe, dass der Autor mit dem Text eigene Gedanken und homoerotische Neigungen verarbeiten wollte, ABER ganz ehrlich! Muss man wirklich einen Text über einen alten Pädophilen lesen? Ich sage klar - NEIN. Wäre das Werk nicht von T. Mann geschrieben, wäre es längst aus unserem kollektiven Gedächtnis ausradiert.

    Ein Stern muss man ja vergeben. Den zweiten Stern gebe ich für die starke Symbolik.

     

  10. Cover des Buches Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (ISBN: 9783596904174)
    Thomas Sprecher

    Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

     (305)
    Aktuelle Rezension von: Anita27a

    In meiner Schulzeit, die nun schon länger her ist, habe ich einmal den  "Tod in Venedig" von Thomas Mann gelesen. Ich fand die Geschichte damals so eigenartig und auch bedrückend, dass ich mich bisher an kein Werk von Thomas Mann mehr herangewagt habe.
    Als nun in der Klassikerrunde "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" auf dem Programm standen, war ich zunächst einmal recht skeptisch, ob ich denn mit dem Roman zurecht kommen würde.
    Erzählt wird die Geschichte von Felix Krull, dem Sprössling des dem Alkohol nicht abgeneigtem Schaumweinfabrikanten Engelbert Krull aus dem Rheingau.
    Schon als Knabe von außergewöhnlicher Schönheit und mit ungewöhnlich viel Fantasie und Einbildungskraft ausgestattet, schwindelt sich Felix von frühester Kindheit an mit sonnigem Gemüt durchs Leben.
    Thomas Mann erzählt von dessen Kindheit, seinem Versagen in der Schule, er berichtet von ersten kleinen Diebstählen, zuerst eher zufällig, von ersten Liebesabenteuern und schliesslich vom Verfall der Firma und dem Selbstmord seines Vaters und der damit einhergehenden Ächtung im Wohnort.
    Durch die Vermittlung seines Paten kommt es, dass Felix in die Welt hinausgeht, über Frankfurt nach Paris, wo er schliesslich eine Anstellung in einem der besten Hotels der Stadt erhält.
    Hier nun beginnt Felix sich fintenreich und mit allerlei Halbwahrheiten und Hochstapeleien durchs Leben zu mogeln. Hierbei ist er ungeheuer charmant, erfolgreich, selbstbewusst und nicht nur die Damenwelt liegt ihm zu Füßen.

    Dies alles klingt wunderbar und der Roman könnte durchaus kurzweilig und flüssig sein, ist es aber nicht, denn er ist von Thomas Mann geschrieben.
    Die komplexe Sprache , ausformuliert bis ins Detail, Bandwurmsätze am laufenden Band machen das Buch nicht einfach zu lesen. Anfangs habe ich sehr damit gehadert. An diese Art zu schreiben, an die vielen ausufernden philosophischen Einschübe und Betrachtungen musste ich mich erst gewöhnen.
    TM bedient sich einer aussergewöhnlich schönen Sprache. Als ich es einmal akzeptiert hatte, dass ich hier nicht schnell lesen kann und auch Wörter nachschlagen muss, wurde das Lesen zum Genuss für mich.
    Wunderbar fand ich das Spiel mit der schönen Sprache, die eingestreuten französichen Begriffe, aussergewöhnliche Namen, wie Sally Meerschaum, Schimmelpreester, Müller-Rose, Professor Kuckuck. Gefallen hat mir der Sinn fūr Schönheit, die Offenheit auch in sexueller Hinsicht, Passagen wie die ūber das wahre Wesen der Liebe.
    Irritiert haben mich das unglaubliche Selbstbewusstsein, das ausgeprägte Klassenbewusstsein, die Arroganz der Betrachtungen.
    Hier bin ich nicht sicher wieviel davon echt ist und wieviel ironisch/gesellschaftskritisch gemeint ist.
    Alles in allem war die Lektūre sehr anregend und ich denke ich werde die eine oder andere Passage noch einmal lesen.
    Ich vergebe 4 Sterne, einen Stern ziehe ich aufgrund der vielen langatmigen Passagen ab, die man nur mit einer guten Portion Durchhaltewillen meistert.

  11. Cover des Buches Lotte in Weimar (ISBN: 9783596904020)
    Thomas Mann

    Lotte in Weimar

     (48)
    Noch keine Rezension vorhanden
  12. Cover des Buches Die Erzählungen (ISBN: 9783596254675)
    Thomas Mann

    Die Erzählungen

     (45)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Genial. Die Sprache und die Bilder sind einmalig.
  13. Cover des Buches Königliche Hoheit (ISBN: 9783596904013)
    Thomas Mann

    Königliche Hoheit

     (37)
    Aktuelle Rezension von: mabo63

    Im Grossherzogtum herrscht grosse Freude: ein Prinz ist geboren! Doch der ganze königliche Prunk brökelt, die Finanzen stehen schlecht, es muss ein Schloss verhökert werden.

    Ein schwerreicher, mürrischer Amerikaner soll der Käufer sein und in dessen schlagfertige Tochter hat sich der Prinz verguckt.

    Es kommt schliesslich zum ersten Treffen bei den Spoelmanns im eben erworbenen Schloss Delphinenort.


    [... Ich tue nicht mehr Dienst, Herr Spoelmann. Ich bin a la suite meines Regimes gestellt. Ich trage die Uniform, das ist alles.

    " Ach so zum Schein", sagte Herr Spoelmann knarrend. Was tun den ganzen Tag?"

    [.. Ich habe Pflichten bei Hofe, bei den Festen und Zeremonien. Ich habe auch auf militärischem Gebiet zu repräsentieren, bei Rekrutenvereidigungen und Fahnenweihen. Dann muss ich Empfänge abhalten, in Vertretung meines Bruders, des Grossherzogs. Und dann gibt es dienstliche Reisen, in die Ortschaften des Landes, zu Enthüllungen und Einweihungen und andere öffentliche Feierlichkeiten".

    "Ach so" sagte Spoelmann. Zeremonien, Feierlichkeiten. So für die Gaffer. Na da fehlt mir jedes Verständnis.Ich sage Ihnen once for all, dass ich nichts halte von Ihrem Beruf. Thats my standpoint, sir."


    Ganz unterhaltsame Komödie und Satire.


  14. Cover des Buches Thomas Mann (ISBN: 9783406615245)
    Hermann Kurzke

    Thomas Mann

     (16)
    Noch keine Rezension vorhanden
  15. Cover des Buches Der Brief des Zauberers (ISBN: 9783746631424)
    Britta Böhler

    Der Brief des Zauberers

     (14)
    Aktuelle Rezension von: urwort
    „Not und Widrigkeit sind keine Hindernisse für den Schöpfergeist. Vielleicht sind sie sogar notwendige Voraussetzungen.“

    Der Schriftsteller Thomas Mann (1875-1955) gönnte sich mit seiner Familie zu Zeiten Hitlers Machtergreifung nach langen Reisen Erholung außerhalb Deutschlands. 1933 blieben seine Werke bei der Bücherverbrennung zwar verschont, dennoch wird ihm eine Heimkehr abgeraten, weshalb er sich bald im Schweizer Exil widerfindet – mit einem Bruchteil seiner Habe.

    „Man fühlt sich unbedeutend und nichtig, wenn man sich die Erde zwischen all den anderen Gestirnen vorstellt. Ein klitzekleines Sandkorn, nicht mehr. Und ein Menschenleben ist nicht einmal ein Blinzeln in der Gewaltigkeit des Weltalls.“

    Zwei Jahre sind vergangen, ihn traf noch nicht das Schicksal der anderen Exilanten, die in Deutschland nicht mehr veröffentlichen dürfen. Doch nun möchte auch er Stellung nehmen – dieses Buch handelt nicht von Thomas Mann als Autor, sondern er als Mensch mit Ängsten und inneren Zerwürfnissen tritt in den Vordergrund. Drei Tage ringt Mann mit der Entscheidung den „Korrodi-Brief“ zu veröffentlichen.

    „Wo ich bin, ist Deutschland.“

    Britta Böhler legt ein gut recherchiertes Debut vor, welches uns Buddenbrooks’ Autor aus einfühlsamer Perspektive betrachten lässt. So interessant die Geschichte auch ist, so banal ist der Schreibstil. Ob eine bewusste Vereinfachung erzielt wurde oder Roman mit Sachbuch verwechselt wurde, bliebt offen. Die Lektüre liest sich schnell, Kenntnisse über Manns Werk sind dabei nicht vonnöten; vielmehr eignet es sich als blumige Ergänzung zu dessen Biographie. Trotz der vielversprechenden Idee bleibt die Lektüre unbefriedigend.  
  16. Cover des Buches Tonio Kröger/ Mario und der Zauberer (ISBN: 9783596512799)
    Thomas Mann

    Tonio Kröger/ Mario und der Zauberer

     (172)
    Aktuelle Rezension von: BM1TE19a

    "Mario und der Zauberer" von Thomas Mann ist eine faszinierende Erzählung über die Macht des Bösen und die Auswirkungen von Massenhypnose. Manns sprachliche Fähigkeit und psychologische Tiefe sind in diesem Werk auf höchstem Niveau. Die Geschichte folgt dem Erzähler, der mit seiner Familie in einen Badeort reist und dort auf einen hypnotischen Zauberer trifft, der die Menschenmassen in seinen Bann zieht. Mann beschreibt in präziser und unheimlicher Weise, wie der Zauberer seine Macht ausübt und Mario schließlich selbst zum Opfer wird. Das Buch ist ein zeitloser Klassiker und eine eindringliche Warnung vor den Gefahren der Manipulation und des Faschismus. Manns einzigartiger Schreibstil und die düstere Atmosphäre machen "Mario und der Zauberer" zu einem unvergesslichen Leseerlebnis.

    AG

  17. Cover des Buches Der Tod in Venedig und andere Erzählungen (ISBN: 9783596900275)
    Thomas Mann

    Der Tod in Venedig und andere Erzählungen

     (148)
    Aktuelle Rezension von: annilittle

    Dieses Buch war das letzte und auch das längste aus der Kategorie „Schätze vom Dachboden meines Elternhauses, die lange vor meiner Geburt veröffentlicht wurden“, (wobei keine der Lektüren so gut war, als dass ich sie als Schatz bezeichnen würde, tbh…)

    Vermutlich hätte ich das Buch einfach abbrechen sollen, aber das kann ich nicht. Also ernsthaft, der innere Monk und die verzweifelte Hoffnung, dass das Buch ja doch noch gut werden könnte, sind in solchen Momenten einfach zu stark, als dass ich der Option, die Bücher nicht zu Ende zu lesen, nicht nachgehen kann. Bei Büchern, die ich mir neu kaufe, ist das übrigens noch schlimmer. Ein Stern ist natürlich hart, aber gleichzeitig ist meine Meinung ja auch total irrelevant, weil es nur eine unter vielen ist. Und einen Stern gibt es eigentlich auch nur, weil ich es lieber hätte abbrechen soll, aber das Buch kann ja für meinen inneren Monk nichts…

    Das ganze Vorhaben stand von Anfang an unter einem schlechten Stern, weil mir Erzählungen einfach nicht gefallen. Vermutlich weil ich im Rahmen meines Studiums einfach viel zu viele davon lesen musste, ohne dass mir eine davon wirklich gefallen hätte, aber auch, weil mir diese Art von Literatur aufgrund der Kürze nicht zusagt. Ich brauche Zeit, um eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen, um in die Geschichte hineinzufinden und um ehrlich zu sein, verstehe ich in den meisten Fällen nicht mal, worum es eigentlich geht. Thomas Mann ist sehr bekannt in meiner Heimat und die „Buddenbrooks“ sagt ja vermutlich auch sehr vielen etwas. Viel mehr kannte ich von ihm auch nicht, aber „Der Tod in Venedig“ hatte ich schon öfter gehört, weshalb ich das Buch dann trotzdem gerne lesen wollte.

    Und nicht mal die Erzählung weswegen ich mich dann über 450 Seiten durch das Buch gequält habe, konnte mich begeistern. Ich fand sie leider genauso schlecht wie alles andere. Es gab einfach rein gar nichts, was mir gefallen hat. Bzw. hätte es sicherlich das ein oder andere gegeben, das mir gefallen hätte, wenn ich mir die Geschehnisse hätte merken können. Ich hatte es noch nie in einem Buch, dass ich einen Satz gelesen habe und direkt wieder vergessen habe. Und das über das gesamte (!) Buch hinweg. Für nicht eine einzige Erzählung könnte ich sagen, worum es ging oder wie eine:r der Charaktere hieß. Ich fürchte, dass mir Thomas Manns Schreibstil einfach nicht zusagt und das finde ich etwas schade, da ich die „Buddenbrooks“ eigentlich gerne lesen würde. Vielleicht gebe ich ihm noch eine Chance, aber für die nächste Zeit habe ich erst einmal genug von ihm gelesen…

    Fazit: Ich glaub, ich brauch nichts mehr sagen, es hat mir einfach gar nicht gefallen und kann es daher nicht empfehlen.

     

    1/5  

  18. Cover des Buches Wiesenstein (ISBN: 9783406700613)
    Hans Pleschinski

    Wiesenstein

     (53)
    Aktuelle Rezension von: Sigismund
    Fünf Jahre nach seinem viel gelobten Roman „Königsallee“ um Nobelpreisträger Thomas Mann widmet sich Hans Pleschinski (61) nun in seiner auch für literaturwissenschaftlich Unerfahrene absolut lesenswerten Romanbiografie „Wiesenstein“, im März beim Verlag C. H. Beck erschienen, dem Leben und Wirken des Dramatikers und Lyrikers Gerhart Hauptmann (1862-1946). Während die vordergründige Romanhandlung nur Hauptmanns letzte Lebensmonate zwischen März 1945 und Juni 1946 in seiner geliebten Jugendstilvilla Wiesenstein, „der mystischen Schutzhülle meiner Seele“, im niederschlesischen Agnetendorf umfasst - also die dramatischen Wochen zwischen letzten Kriegstagen, russischer Besetzung, polnischer Rache und der Vertreibung aller Deutschen -, lässt Pleschinski in Gesprächen des Hauspersonals, in Rezitationen aus Hauptmanns Werken, in Tischgesprächen des Dichters oder in dessen Erinnerungen nicht nur das Leben des 83-Jährigen bis in dessen Kindheit als Hotelierssohn in Bad Salzbrunn vor unseren Augen ablaufen. Der Autor zeigt uns vor allem das kulturelle Vermächtnis des in seiner literarischen Vielfalt wie auch politisch schwer einzuordnenden Nobelpreisträgers. Gewiss, manche Passage hätte Pleschinski vielleicht kürzer fassen können. Dennoch bleibt der Roman auch für literaturwissenschaftliche Laien interessant und spannend zu lesen. Der Autor wertet nicht, lässt auch nichts aus. Er verdeutlicht, dass nicht nur Macht, sondern auch Ruhm korrumpiert: Hauptmann wurde zeitlebens, ungeachtet der Widersprüchlichkeit seiner Werke, von Öffentlichkeit und Machthabern wenn nicht verehrt, dann doch geehrt. Schon zu Kaisers Zeiten erhielt er 1912 den Literaturnobelpreis, wurde zum Nationaldichter erhoben. Förderte der Schriftsteller bei Ausbruch des Ersten wie des Zweiten Weltkriegs in seinem Werk die Kriegseuphorie, wandelte er sich nach ersten Verlusten plötzlich zum Pazifisten. Von den Nazis wurde der Volksdichter gebraucht, auch missbraucht. Selbst die russischen Besatzer wissen nach Kriegsende, sein Loblied zu singen. Zuletzt erscheint der ostzonale Kulturwissenschaftler Johannes R. Becher in der Villa Wiesenstein und will unter Verweis auf Hauptmanns Vorkriegsdrama „Die Finsternisse“, in dem er die immerwährende Verfolgung des jüdischen Volkes beklagt hatte, den schon Todgeweihten noch für das neue Deutschland gewinnen. Jeder findet also in der Vielfalt der Werke Hauptmanns für sich mindestens eines, das dem aktuell angesagten Zeitgeist entspricht und alle unpassenden zu vernachlässigen ermöglicht. Pleschinski zeigt die Widersprüche Hauptmanns: Zum 80. Geburtstag nahm dieser 1942 die Ehrungen der Nazis entgegen. Er bewirtete in der Villa Wiesenstein in Kriegszeiten den in Polen als Generalgouverneur eingesetzten Hans Frank ebenso wie später russische Kommandanten. Hauptmann wandelte als gefeierter Nationaldichter zwischen den Welten. Er selbst, den Hitler in die „Liste der Gottbegnadeten“ aufgenommen hatte, hielt sich im Rückblick für überparteilich, nennt sich in Pleschinskis Buch selbst einen „Kompromissler“, gesteht kurz vor seinem Tod aber dann doch mit Blick auf seinen langjährigen Rivalen um die Publikumsgunst, den frühzeitig emigrierten Thomas Mann: „Wer nur zuschaut, ist deswegen noch lange nicht unschuldig.“ Pleschinskis Roman „Wiesenstein“ ist ein wunderbares Buch, das jeder Freund deutscher Literatur lesen sollte.
  19. Cover des Buches Thomas Mann und die Seinen (ISBN: 9783596522651)
    Marcel Reich-Ranicki

    Thomas Mann und die Seinen

     (10)
    Aktuelle Rezension von: cosima73
    "Empfindlich war er wie eine Primadonna und eitel wie ein Tenor. Er war ichbezogen und selbstgefällig, kalt und rücksichtslos und bisweilen sogar grausam." Dieses sehr hart ausfallende Urteil fällt Marcel Reich-Ranicki über Thomas Mann. Der so bezeichnete Schriftsteller erscheint in einem nicht wirklich positiven Licht, so einen Menschen würde man, so denkt man, meiden im eigenen Leben. Und doch geht von ihm eine Faszination aus, der man sich kaum entziehen kann. Von der ganzen Familie. Reich-Ranicki zeichnet anhand von Thomas Manns Tagebüchern und Briefen sowie mit Blick auf seine Werke in kurzen Essays ein Bild von Thomas Mann. Er beleuchtet Thomas Manns Leben als Deutscher, als Ehemann, Vater und Schriftsteller. Und er zeigt dabei einen Menschen, der trotz seines Erfolgs auf der ständigen Suche nach Achtung und Anerkennung ist. „'Wir alle tragen Wunden', heisst es in der „Entstehung des Doktor Faustus“, 'und Lob ist, wenn nicht heilender, so doch lindernder Balsam für sie.'“ Das Leben der Familie Mann ist geprägt von Thomas Manns Schreiben, alles scheint nur darauf ausgerichtet und davon geleitet. Diesem Schreiben ordnet er alles unter und alle müssen sich ihm unterordnen. Sichtbar wird ein Mensch, der in sich selber gefangen scheint, der als einziges Ventil das Schreiben sieht. Sowohl in seinem Werk wie auch in seinen Tagebüchern drückt er die Gefühle aus, welche er zu leben nicht wagt. Im Leben prägt ihn eine Distanz, eine Kälte und Härte, Freunde hat er keine wirklichen, Kontakte sind lose und nur da gesucht, wo sie ihm dienen. An Egozentrik ist er kaum zu überbieten, alles wird darauf hin analysiert, was es ihm bringt. Ein kurzer Blick fällt auch auf die Familie Thomas Manns, auf die geliebte älteste Tochter, welche sich nie aus seinem Bann lösen konnte, auf seine Frau, die ihr Leben dem seinen widmete, auf den ältesten Sohn, der in seinem Schatten nach Licht suchte und nicht fand. Ein Leben wie ein Roman, packend, mitreissend, faszinierend. Fazit: Ein lesenswertes Buch über einen grossen Schriftsteller. Reich-Ranicki schöpft aus einem tiefen Fundus von Wissen, Literaturliebe und sprachlicher Prägnanz.
  20. Cover des Buches Die Manns (ISBN: 9783596195664)
    Tilmann Lahme

    Die Manns

     (18)
    Aktuelle Rezension von: Federfee

    Da ist sie nun, die Strafe für den Verstoß gegen das Buchkaufverbot ;-)

    Ich hatte mich sehr darauf gefreut, noch mehr über die Familie Thomas Manns zu erfahren, aber dieses Buch mit dem so interessanten Cover – ein Foto - habe ich abgebrochen. Normalerweise gebe ich dann keine Bewertung ab und schreibe schon gar keine Rezension. Aber da ich dem Buch zweimal eine Chance gegeben und zudem das ganze erste Kapitel 'Eine deutsche Familie' somit zweimal gelesen und immer noch keinen Zugang gefunden habe, erlaube ich mir ein Urteil und das fällt nicht gut aus.

    Wie kann man über ein so interessantes, vollgepacktes Leben so ein langweiliges Buch schreiben? Schon das Vorwort – Vorspiel genannt – das über die Ausbürgerung im Dezember 1936 durch das Naziregime berichtet, macht den Einstieg ins Buch nicht verlockend. Warum gerade das aus dem Leben der Familie? Warum nicht die Meinung des Autors, Fragen oder irgendetwas, das zum Weiterlesen verlockt?

    Zwar geht der Autor chronologisch vor, aber es wirkt auf mich doch zusammenhanglos und ohne Konzept aneinandergereiht, Stellen aus Briefen, Tagebüchern, Klaus Manns Autobiografie und anderen Biografien. Der Autor springt von einer Person zur anderen und für mich ist kein roter Faden erkennbar. Ein Beispiel:

    'Die Manie der Familie ist nicht so sehr die des Schreibens wie die des Veröffentlichens.' (schreibt Pierre Bertaux, ein Freund von Golo). Gleich folgt der nächste Abschnitt, ohne Zeilenabstand, lediglich eingerückt: 'Erika und Klaus Mann feiern eine Party. Sie dauert neun Monate (gemeint: spontane USA-Reise).

    Zwar gibt der Autor im Anhang akribisch seine Fundstellen an, aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass zwar ein Brief an sich ein Faktum ist, dass aber auch die Auswahl von Fakten wertend sein kann.

    Inhaltlich fängt dieses Buch im Jahre 1922 an, wo Klaus und Erika schon etwas älter sind und wir mit ihren schulischen Schwierigkeiten konfrontiert werden. Auch wenn ich nur einen Teil des Buches gelesen habe, kann ich jetzt schon sagen, dass die Familie Thomas Mann mit ihren sechs Kindern sehr unsympathisch rüberkommt. Geradezu schockiert hat mich die Tatsache, dass sich der Vater wenig um seine Kinder kümmert, alles seiner Frau Katia überlässt, aber andererseits die älteren Kinder an seiner Verliebtheit in Klaus Heuser teilnehmen lässt. Noch schlimmer: er bevorzugt drei seiner Kinder und gibt offen zu, den Jüngsten nicht zu mögen.

    Wenn ich über eine berühmte, bekannte Familie lese, möchte ich etwas über das turbulente Familienleben erfahren und nicht in Einzelheiten, was z.B. der älteste Sohn Klaus Mann – der mir übrigens zu schwerpunktmäßig vorkommt – geschrieben und wen er getroffen hat. Wo bleibt etwas über das turbulente Familienleben, der Alltag dieser achtköpfigen Familie? Aufzeichnungen darüber gäbe es genug, denn Vater Thomas Mann hat akribisch Tagebuch geführt. Dass das alles fehlt und wird auch nicht durch ein paar Fotos wettgemacht.

    Ein sehr enttäuschendes Buch, das ich nicht weiter empfehlen kann.

  21. Cover des Buches Zauberberge – Als es die Dichter und Denker auf die Schweizer Gipfel zog (ISBN: 9783711200297)
    Andreas Lesti

    Zauberberge – Als es die Dichter und Denker auf die Schweizer Gipfel zog

     (4)
    Aktuelle Rezension von: annlu

    *Krankheit, Wahnsinn, Schönheit und Tod*


    Andreas Lesti macht sich auf, auf eine Reise in die Schweizer Berge – auf den Spuren bekannter Intellektueller. Thomas Manns Zauberberg führt ihn nach Davos. Er sucht die Spuren der Sanatorien und ihrer berühmten Besucher. In Sils Maria sind es der Wintersport – und Friedrich Nietzsche – die seinen Aufenthalt prägen. Nach Zermatt führt ihn nicht nur das Matterhorn, sondern auch die letzten Tage von Theodor W. Adorno. 



    Eine literarische Reise in die Schweizer Berge – das Thema hat mich ungemein angesprochen. Das Buch ist eine Mischung aus aktueller Reisebeschreibung, Rückblick auf die Vergangenheit der besuchten Orte, aber auch eine Hommage an einige literarische (philosophische) Werke. Während sich Teile davon locker leicht lesen (so die Informationen zur Reise des Autors oder einige Anekdoten) sind andere schwerere Kost (besonders die Abschnitte, die von Zitaten und Überlegungen zu den Werken der erwähnten Intellektuellen nur so wimmeln). So habe ich das Buch abschnittsweise und für meine Verhältnisse recht langsam gelesen und genossen. 


    Die Einleitung erzählt über den ersten Versuch des Autors, in die Schweiz zu reisen. Versuch deshalb, weil er genau auf die ersten Ausbreitungstage von Corona in Österreich und der Schweiz fiel. Obwohl ich bei Erwähnungen von Corona skeptisch bin, hat es hier die passende Stimmung erzeugt. Schließlich folgte Lesti den Spuren des Zauberberg-Romans von Thomas Mann, dessen Protagonist nach Davos kommt, dort die Diagnose Tuberkulose gestellt bekommt und sieben Jahre den Ort nicht mehr verlässt. Das Kapitel um Davos ist geprägt von dessen Vergangenheit – mit seien vielen Sanatorien, den Krankengeschichten und dem Tod.


    Anders zeigt sich Sils Maria, das den Wintersport groß schreibt. Bei seinem Aufenthalt steigt der Autor im altehrwürdigen Hotel – dem Waldhaus - ab, dessen Atmosphäre die Intellektualität auszuatmen scheint. So wandelt das Kapitel von den Anfängen des Wintersporttourismus bis zu tiefgründigen Gesprächen. Zermatt hingegen ist geprägt vom Matterhorn. Von den Besuchen Intellektueller scheint man hier wenig beeindruckt – wichtiger sind die Heldentaten des frühen Alpinismus. 


    Fazit: Das Buch spannt einen Spagat von der Vergangenheit in die Zukunft der Schweizer Berge, wobei es seinen Blick auf bekannte Schriftsteller, Dichter, Philosophen und Politiker richtet, die diese besucht haben. 

  22. Cover des Buches Mephisto (ISBN: 9783499276866)
    Klaus Mann

    Mephisto

     (317)
    Aktuelle Rezension von: sKnaerzle

    Als Klaus Mann den Roman  schrieb wollte er eine Wirkung erzielen und sein Qualitätsmaßstab war, ob er diese Wirkung erreichte oder nicht. Mein Maßstab ist notwendigerweise ein anderer.

    Der Ich Erzähler behauptet steif und fest, der Held der Geschichte, der eitle Schauspieler Höfen sei ein Karrierist, einer, der alles für seine Karriere tut und sich den Nazis andient. Aber mehr als ein Mitläufer wird aus ihm nicht. Er schafft es zwar, in den unmittelbaren Umkreis der Macht zu gelangen, aber zu mehr als einem Hofnarren, langt es bei ihm nicht. Er gibt sich nicht einmal als Nazis und seinem anfallsweise auftretendem schlechten Gewissen gibt er auch immer wieder nach.

    Klaus Mann benutzte vorallem eine realistische Palette, dabei viele Klischees. Seinem Hofgen ist weder dämonisch noch lächerlich.

    Interessanter sind die Einblicke ins Schauspielerleben, die man in dem Roman erhält.


  23. Cover des Buches Der Tod in Venedig (ISBN: 9783957282682)
    Susanne Kuhlendahl

    Der Tod in Venedig

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Gwhynwhyfar

    «Damit ein bedeutendes Geistesprodukt auf der Stelle eine breite und tiefe Wirkung zu üben vermöge, muß eine geheime Verwandtschaft, ja Übereinstimmung zwischen dem persönlichen Schicksal seines Urhebers und dem allgemeinen des mitlebenden Geschlechtes bestehen.» (Tod in Venedig – Thomas Mann)


    Susanne Kuhlendahl hat die Novelle «Der Tod in Venedig» von Thomas Mann als Graphik Novel umgesetzt. Wo Thomas Mann Worte sprechen lässt, benutzt sie das Bild. Natürlich ist auch Text enthalten – und der ist originalgetreu. Es ist alles enthalten, was diesen Fünfakter ausmacht: die Symbolkraft und die Sinnhaftigkeit: Schönheit, Begierde, Abgrund.


    Thomas Manns schreibt über den erfolgreichen, alternden Schriftsteller Gustav von Aschenbach, der in Venedig beim Anblick des fast vierzehnjährigen Knaben Tadzio seiner Schönheit verfällt. Ein Klassiker der deutschen Literatur. In Tadzio erkennt der Künstler die Essenz der Schönheit, zitiert griechische Klassiker immer wieder. Seine Begierde wächst, der verfolgt den Jüngling auf Schritt und Tritt. Eine unmögliche Liebe mit tragischem Ausgang. In seine pädophile Neigung verstrickt, verliert von Aschenbach dabei zunächst seine Würde und um Schluss sich selbst. Der Leser ahnt von Anfang an, dass dem Schriftsteller der Tod bevorsteht, figürlich treten immer wieder Personen und Symbole auf, die das Ende ankündigen. Susanne Kuhlendahl hat diese Symbolkraft, sowie die Zerrissenheit und Gier des Protagonisten fein umgesetzt, seinen Verlust der Würde. Auf seiner Fahrt nach Venedig beobachtet der Schriftsteller einen alten Mann, der sich zwischen jungen Leuten herumtreibt, sich ihnen anbiedert, sich kleidet, als wäre er einer von ihnen. Von Aschenbach ist angewidert. Beim Verlassen des Schiffs spricht der Mann den Schriftsteller an, verliert dabei sein Gebiss. In Szenen wie diesen geht Susanne Kuhlendahl in die Tiefe, zoomt mit ihren Zeichnungen die Details heraus.


    «Sein Mund wässert, er drückt die Augen ein, er leckt die Mundwinkel, und die gefärbte Bartfliege an seiner Greisenlippe sträubt sich empor. ‹Unsere Komplimente›, lallt er, zwei Fingerspitzen am Munde, ‹unsere Komplimente dem Liebchen, dem allerliebsten, dem schönsten Liebchen ...› Und plötzlich fällt ihm das falsche Obergebiss vom Kiefer auf die Unterlippe. Aschenbach konnte entweichen. ‹Dem Liebchen, dem feinen Liebchen›, hörte er in girrenden, hohlen und behinderten Lauten in seinem Rücken, während er, am Strickgeländer sich haltend, die Fallreepstreppe hinabklomm.» (Tod in Venedig, Thomas Mann)



    Thomas Mann lässt seinen auktorialen Erzähler Gustav von Aschenbach beobachten, kritisiert das Verhalten des Schriftstellers voller Ironie. Dann wieder wechselt die Perspektive zum Icherzähler von Aschenbach. Für ihn ist Schönheit eng mit Jugend verbunden. Als er Tadzio am Strand beobachtet, beschreibt er ihn so:


    «Sein honigfarbenes Haar schmiegte sich in Ringeln an die Schläfen und in den Nacken, die Sonne erleuchtete den Flaum des oberen Rückgrats, die feine Zeichnung der Rippen, das Gleichmaß der Brust traten durch die knappe Umhüllung des Rumpfs hervor, seine Achselhöhlen waren noch glatt wie bei einer Statue, seine Kniekehlen glänzten, und ihr bläuliches Geäder ließ seine Körper wie aus klarerem Stoff.» (Tod in Venedig, Thomas Mann)


    Diese zeichnerische Umsetzung des Stoffs ist Susanne Kuhlendahl sehr gut gelungen. Aquarelle, Zeichenstift mit Aquarelltechnik in Farbe gesetzt, großflächig, oder ins Detail gezoomt, ist jedes Bild für sich ein Genuss. Jede Doppelseite ist eine Einheit, ein Szenenausschnitt. Figurentiefe und Emonationalität entsteht durch die Ausdruckskraft der Gesichtszüge und Körperhaltung – hier haben mich die Details beeindruckt. Auch die Symbolhaftigkeit des Todes ist schauerlich gut gelungen: ein Passant in München, der Gondoliere in Venedig, Träume, Visionen, die vergammelten roten Erdbeeren. Von Aschenbach, streng, diszipliniert, unzufrieden und arrogant, löst sich immer weiter auf in Entsetzen und Verzweiflung. Thomas Mann sagte über seine Novelle, sie sei die «Tragödie einer Entwürdigung» – und es ist der Autorin wunderbar gelungen, dies zeichnerisch umzusetzen. 




    «Er liebte das Meer aus tiefen Gründen: aus dem Ruheverlangen des schwer arbeitenden Künstlers, der vor der anspruchsvollen Vielgestalt der Erscheinungen an der Brust des Einfachen, Ungeheueren sich zu bergen begehrt; aus einem verbotenen, seiner Aufgabe gerade entgegengesetzten und ebendarum verführerischen Hange zum Ungegliederten, Maßlosen, Ewigen, zum Nichts.» (Tod in Venedig, Thomas Mann)



    Das optische Bild der Jugend als Ideal, faltenfrei, grauhaarfrei, feste, rosige Haut, schlanke, elastische Körper, die strotzende Kraft des jungen Menschen, jung sein, gesund sein, Hochleistung erbringen – Schönheit. Ein noch heute aktuelles Thema. Verliebt, Gier. Was ist Liebe? Von Aschenbach wechselt in der Novelle nicht ein Wort mit dem schönen Knaben, weiß nichts über ihn, er liebt den jungen, anziehenden Körper. Er beobachtet Tadzio, verfolgt ihn – heute ein klares Stalking. Er schert sich auch einen Kehricht darum, dass Tadzio das verunsichert, es ihn stört. Die Novelle ist noch heute als Schullektüre gelistet – und diese Graphic Novel kann ich empfehlen. Vielleicht ein Einstieg zu Thomas Mann.


    Familie Mann wohnte in München und hat sich 1911 länger in Venedig aufgehalten. Und den polnischen Jungen Tadzio gab es dort wirklich. Insofern trägt die Geschichte einige autobiografische Züge.


    Susanne Kuhlendahl ist Illustratorin. Vor allem das Erzählen von komplexen Geschichten in Bildern, das Mitfühlen- und Miterlebenlassen des Lesers ist ihre Leidenschaft. Die Diplom-Designerin arbeitet für namhafte Schulbuch-, Kinderbuch-, Bastel- und Kalenderverlage. Sie ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.


  24. Cover des Buches Ostende. 1936, Sommer der Freundschaft (ISBN: 9783442715169)
    Volker Weidermann

    Ostende. 1936, Sommer der Freundschaft

     (85)
    Aktuelle Rezension von: Smilla_Fant

    Ein Sommer der Freundschaft im Exil vor langer Zeit in Ostende. Man fühlt sich zeitlich zurückversetzt und landet an diesem belgischen Badeort am Meer. Hier treffen sich die gut befreundeten Dichter und Schritsteller, die zur Zeit der Nazis keine Heimat mehr haben: Zweig, Roth Koestler,... Es könnte ein so schöner Sommer sein, wenn sie nicht auf der Flucht wären. Der Autor schreibt von ihrer Verzweiflung, ihrer Liebe und ihrer Freundschaft .

    Ein nachdenkliches ernstes Buch, das ich gerne gelesen habe.

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