Bücher mit dem Tag "türkische literatur"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "türkische literatur" gekennzeichnet haben.

28 Bücher

  1. Cover des Buches Schnee (ISBN: 9783446252318)
    Orhan Pamuk

    Schnee

     (160)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Herr Pamuk hat zu recht den Literatur-Nobel-Preis bekommen. Er scheint mit klarer, aber sehr ausdrucksstarker Sprache und entfalltet Geschichten die einen nicht mehr los lassen. In Schnee geht es um einen Journalist der in die Türkei geschickt wird, um über eine außergewöhnliche Mordserie zu berichten. Junge Mädchen werden gezwungen ihre Kopftücher abzulegen und bringen sich dann aus scham selbst um. Spannend, sehr tiefgreifend und nah am Leben.

  2. Cover des Buches Rot ist mein Name (ISBN: 9783446252301)
    Orhan Pamuk

    Rot ist mein Name

     (109)
    Aktuelle Rezension von: Stephanus

    Istanbul 1592. Mitten in der nachlassenden Blütephase des Osmanischen Reichs geschieht auf den Straßen ein Mord. Ein Mann wird in einen Brunnen gestürzt und stirbt. Aus der Perspektive des Toten wird der Mörder erzählt und dessen Motiv. Hinter der vermeintlich einfachen Tat steckt eine große Verschwörung gegen den Sultan und das ganze Osmanische Reich einschließlich der Kultur. Die Fäden führen zu den Buchmalermeistern bei denen der Sultan ein großes Werk mit zehn Bänden in Auftrag gegeben hat und die die Kunst nicht mehr so perfekt beherrschen wie die Vorfahren. Durch Ausschweifungen und Krieg inkl. Zerstörung ist Wissen verloren gegangen und die einzelnen Zeichnungen auch aus alten Büchern sprechen. Durch die Zeichnungen und die große Kunst kommt es zu einer Aufdeckung der Verschwörung.

    Meisterhaft schafft der Autor den Spagat mit einer Geschichte, die vor fast 500 Jahren spielt, eine Parallele zur Gegenwart herzustellen. Die ungewöhnliche Erzählperspektive wird großartig verknüpft mit der Geschichte und der Krimi und seine Fäden werden gekonnt zusammengeführt. Eine Liebesgeschichte und die wirkmächtige Sprache der Bilder werden zusammengefügt zu einem modernen Roman. Ein absoluter Lesegenuss von der ersten bis zur letzten Seite.


  3. Cover des Buches Istanbul (ISBN: 9783446252295)
    Orhan Pamuk

    Istanbul

     (68)
    Aktuelle Rezension von: Mogul

    Hierbei handelt es sich um einen Liebesroman an Istanbul von Orhan Pamuk, einem der wohl bekanntesten türkischen Schriftsteller, der auch vor einigen Jahren den Nobelpreis für Literatur bekam. Er nennt den vorliegenden Text seine Memoiren, in denen er sich seiner Kindheit, Jugend und jungen Mannesjahren erinnert, die er in Istanbul, wo er auch heute noch lebt, verbrachte. Mit zunehmendem Alter entdeckte er in seiner Jugend immer mehr Facetten der geschichtsreichen Stadt und deren Bewohner. Interessant ist, dass er vor allem Reisebeschreibungen von Schriftstellern und Malern aus Westeuropa herbeizieht, um die Vergangenheit der Stadt seiner Kindheit anhand von Quellen zu rekonstruieren, da ja bis zur Einführung des lateinischen Alphabets durch Atatürk quasi keine Bücher auf türkisch gedruckt wurden. Damit wird die Geschichte von Byzanz und Konstantinopel für ihn zum Mysterium, dass ihn völlig fasziniert. Er beschreibt das Istanbul seiner Kindheit als eine Stadt des Verfalls alter Kulturen, die durch  die aufgezwungene Verwestlichung zusätzlich beschleunigt wurde. Die Stadt wird als Schmelztiegel verschiedener Kulturen vorgeführt. Interessant ist, wie diese Verschmelzung der Geschichte und der Kulturen die Bewohner der Stadt prägt.


    Es ist keine Frage, das Buch ist grandios aufgebaut und geschrieben (und übersetzt). Der Text birgt einen Fundus an Informationen über die Stadt und Pamuks Familie und wird ergänzt durch viele schöne alte Fotografien. Für den Autor geht es aber um das Gefühl, welches die Bewohner inmitten der verfallenden Stadt prägt, und das ihn wahrscheinlich zum Schriftsteller gemacht hat: Hüzün. Es gibt kein Äquivalent für dieses Wort auf Deutsch. Am ehesten kann man es mit einer bestimmten Art von Melancholie übersetzen, welche durch Nostalgie, Verlust, Verfall und einer gewissen Orientierungslosigkeit im Leben geprägt ist. Für den Autor ist Hüzün das prägende Gefühl, welches das Denken und Handeln der Bevölkerung von Istanbul prägt, ein Verloren- und Geborgensein in einem ganz eigenen Universum des Wandels von der Antike in eine moderne Weltstadt. 


    Die Memoiren von Orhan Pamuk sind ein Buch voller Nostalgie und Melancholie, das dank des schriftstellerischen Könnens des Autors nicht in den verklärenden Kitsch abrutscht, sondern - wenigstens für mich - eine völlig neue Sicht auf Istanbul ermöglichen. Manchmal hat mich das Buch aber etwas gelangweilt, das es zwischendurch beinahe zu einem Lesebuch alter Schule wird, einem verstaubten Schmöker, der etwas langatmig geschrieben ist. Aber eben, das Buch ist von einem absoluten Könner geschrieben, und irgendwann hatte ich ich dann bei der Lektüre erahnt, was es mit diesem Hüzün auf sich hat, und warum der Text so daherkommen muss, wie er es tut. 


    Fazit: Sehr interessante Lektüre, wenn man dran bleibt.


    #Rezension  #bookstagram  #buchblogger  #bookaddicted  #instabook  #buch  #lesen  #booklover  #bücherwurm  #buchblog  #leseempfehlung  #meinung  #lesenswert

  4. Cover des Buches Das schwarze Buch (ISBN: 9783446252325)
    Orhan Pamuk

    Das schwarze Buch

     (37)
    Aktuelle Rezension von: WildRose
    Schon nach den ersten fünfzig Seiten dieses Buches fragte ich mich, ob sich das Weiterlesen lohnen würde. Nachdem ich mich durch ermüdende 500 Seiten gequält und Stunden meiner Lebenszeit damit vergeudet habe, bereue ich es, nicht auf mein Gefühl gehört und das Buch nicht schon früher weggelegt zu haben.  Aus einer Liebeserklärung an eine Stadt in Romanform könnte man so viel machen - doch der Autor hat hier einfach nur ein völlig überladenes, nichtssagendes, ausschweifendes Werk geschaffen, das im Leser keinerlei Spannung aufkommen lässt! Dabei ist die Grundidee gar nicht einmal so schlecht: Zwei verschwundene Personen, ein suchender Ehemann... aber man kann auch eine eigentlich gute Idee verhunzen! Pamuk versteift sich ständig auf irgendwelche komplett banalen Details, zudem besteht die Hälfte des Buches aus leider sehr einschläfernden Kolumnen  eines verschwunden Journalisten, dessen Gedankengänge wohl philosophisch sein sollen, mir aber einfach nur konstruiert und inhaltslos vorkamen. Vom Stil her ist das Buch gar nicht mal so schlecht, aber leider bringt das absolut nichts, wenn die Handlung sich nur mühsam dahinschleppt und der Autor seine Leser mit langweiligen und letztlich nebensächlichen Details quält, um die Geschichte in die Länge zu ziehen. Ich kann diesem Buch leider gar nichts abgewinnen.
  5. Cover des Buches Das Museum der Unschuld (ISBN: 9783446252363)
    Orhan Pamuk

    Das Museum der Unschuld

     (77)
    Aktuelle Rezension von: appassionata
    Für mich definitiv eines der besten Bücher die ich seit langem gelesen habe.  Eine Geschichte manchmal zaghaft, dann wieder wütend und aufgewühlt. Immer voller Emotionen. Ein Liebesroman der gleichzeitig ein Plädoyer für und gegen die völlige Hingabe darstellt. Das Museum der Unschuld in dem ein Mann alles sammelt das er mit seiner großen Liebe verbindet. Gleichzeitig ein interessanter Blick auf Istanbul, das Leben in der Stadt zwischen Orient und Europa, das Rollenbild der Frau etc. Träume und harte Realität, Alltag und Besonderheiten. Einfach wunderschön.
  6. Cover des Buches Die Madonna im Pelzmantel (ISBN: 9783548289502)
    Sabahattin Ali

    Die Madonna im Pelzmantel

     (22)
    Aktuelle Rezension von: PoeEA1809

    Ankara, 1940er Jahre. Raif Efendi ist ein kränklicher, zurückhaltender Mensch, von ungewöhnlicher Duldsamkeit, in seinem Beruf wie auch in seiner Familie. Warum das so ist offenbart er lediglich einem guten Freund in Form einer längeren Erzählung, die ins Berlin der frühen 1920er Jahre zurückführt. Dort begegnet Raif der Frau seines Lebens, zuerst in Form eines Gemäldes, dann persönlich. Maria ist Malerin und Tänzerin in einem Nachtclub. Sie ist in mancher Hinsicht das genaue Gegenteil von Raif, ist extrovertiert, selbstbewußt, dominant und klar in ihren Forderungen gegenüber dem Leben im allgemeinen und Männern im Besonderen. Auf den ersten Blick scheint es (für den Leser und für Maria) unmöglich, dass der schüchterne, willensschwache Raif mehr als nur ein guter Freund werden kann. Aber Raif ist in seiner Zuneigung unbeirrbar und entschlossen, mit Maria sein Glück zu finden. Im entscheidenden Augenblick seines Lebens zieht er sich jedoch gekränkt zurück anstatt zu handeln. Die spätere Erkenntnis seines Versagens wird ihn vernichten.

    Das Buch ist die schmerzhaft präzise Studie eines Menschen, dessen größte Schwäche mangelndes Vertrauen ist, zu sich selbst, zu anderen und dem Leben gegenüber. Großartig vor allem deshalb, weil man spürt, dass der Autor damit eigene Lebenserfahrungen verarbeitet hat. Dass Raifs Schicksal mich berührt obwohl ich diesen Charakter nicht ausstehen kann, spricht für die Qualität der Geschichte.

  7. Cover des Buches Das neue Leben (ISBN: 9783446252332)
    Orhan Pamuk

    Das neue Leben

     (42)
    Aktuelle Rezension von: Joroka

    ..  oder habe ich da etwas falsch verstanden?

    Mein erstes Werk von Pamuk und sehr rasch war ich von seinem Erzählstil irritiert. Es dauerte eine ganze Weile, mich in die Handlung hinein zu lesen. Immer wieder kam dabei die Frage auf, liegt denn mehr hinter den Sätzen verborgen, als ich auf den ersten Blick zu erkennen glaubte? Kann mir gut vorstellen, dass manche Leser das Werk frustriert auf die Seite legen. Ich habe mich durchgearbeitet.

    Das Buch handelt von einem dubiosen Buch, welches Menschen total umkrempelt. Von was es wohl handelt? Das bleibt leider im Dunkeln. Doch es scheint gefährlich zu sein, denn die Leser sind ihres Lebens nicht mehr sicher. Ihres alten Lebens?

    Osman ist der Hauptakteur der Geschichte. Er verliebt sich in Canan. Diese ist scheinbar jedoch mit Mehmet zusammen, der auch das Buch gelesen hat und das ihn offensichtlich ebenso verzehrt. Osman macht sich auf den Weg. Weg von seinem alten Leben. Auf die Suche nach einem neuen? Auf die Suche nach Canan? Er findet sie schließlich und reist gemeinsam weiter mit ihr auf der Suche nach Mehmet ..

    Ein Buch, dass man möglichst nicht auf Busreisen lesen sollte und vielleicht auch nicht in einem Türkei-Urlaub. Es weißt surrealistische Züge auf; viele Metaphern. Engel spielen eine Rolle, ein Süßwarenhersteller und Unfälle. Der Tod als Schlüssel zu einem neuen Leben?

    Fazit: Viel Verwirrendes. Ein Buch, dass man vielleicht vor allem wegen seiner Sprache lesen wird.

    Vielleicht habe ich manches nicht verstanden, gelangweilt hat mich das Buch wiederum aber auch nicht.


  8. Cover des Buches Der Architekt des Sultans (ISBN: 9783036959467)
    Elif Shafak

    Der Architekt des Sultans

     (80)
    Aktuelle Rezension von: Argentumverde

     Als Junge kommt Jahan, gemeinsam mit dem weißen Elefanten Chota im Sultanspalast in Istanbul an. Dort arbeitet er als Mahut, als Elefantenführer. Das ungleiche Gespann wächst immer enger zusammen und erlebt Kriege, Paraden, Feierlichkeiten, Arbeit und Müßiggang, Glück und Trauer gemeinsam. Als sich der großmanische Baumeister Sinan um ihn zu kümmern beginnt und ihn zum Lehrling nimmt, ändert sich Jahans Leben drastisch, aber nicht jeder ist ihm wohlgesonnen.

    Die Erzählweise von Elif Shafak ist ruhig, gemächlich, blumig, verschlungen poetisch, ein bisschen wie ein Märchen. Sie lässt vor den Augen des Leser einen riesigen Palast mit den zahlhlreichsten Menschen aus aller Herren Länder entstehen. , Öffnet eine fremde Welt voller Intrigen, Lügen und Neid, aber ebenso eindrucksvoll , wunderschön und prächtig. Sie lässt sich den jungen Knaben Jahans in die ungefähr gleichaltrige Prinzessin Mihrimah verlieben, eine Liebe die zeitlebens besteht, nie ausgesprochen wird und durch ein reines Sehnen nach einem einzigen Blick, völlig verklärt wird. Andererseits darf er, gesegnet durch ein stattliches Alter gleich drei Sultane erleben, vom Großvater über den Sohn, zum Enkel. Und jeder Sultan möchte als Zeichen seiner Macht und seines Einflusses durch großartige Gebäude der Nachwelt in Erinnerung bleiben und gibt bei dem Hofarchitekten Sinan prächtige Moscheen und andere Bauwerke in Auftrag. Aufträge die Jahans miterlebt und daran teilhat, mit immer mehr Verantwortung. Der Leser erlebt unglaublich viel mit Jahans, bekommt einen Eindruck vom Denken und Leben, von der ungefähren Struktur im Palast, aber leider alles doch sehr rudimentär. Einflußnehmende Persönlichkeiten kommen und gehen, wie Schall und Rauch, selbst das Bild des grossen Sultans Süleyman bleibt blass und grob. Wirkliche Tiefe in den Charakteren findet man nur im Protagonisten und ansatzweise im Hofarchitekten. Das Buch ist trotz seiner Länge schnell gelesen und fliegt dem Leser nur so zu, gibt ihm viel zum Nachdenken, umwirbelt ihn, wie eine Geschichte aus 1001 Nacht, bietet viele offensichtliche, aber auch versteckte Lebensweisheiten, bleibt aber nur in seiner Gesamtheit im Gedächtnis des Lesers, während die Einzelheiten alsbald wieder verschwimmen, zwischen Wort- und Farbenpracht und farblosem Nachhall.

    Mein Fazit: Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, es hat mich mitgenommen, mich in eine unbekannte Welt blicken lassen, mich fasziniert und unterhalten. Viele Aussagen des Architekten, sein Denken über das Leben, könnten mich tief beeindrucken. Und doch bleibt das Buch für mich am Ende ein prächtiger Wirbel aus Worten, Poesie und Farben mit wenig Nachklang. Es lohnt sich definitiv zu lesen, aber einen längerfristigen Eindruck hinterlässt es leider nicht.

  9. Cover des Buches Warten auf die Angst (ISBN: 9783943562002)
    Oguz Atay

    Warten auf die Angst

     (7)
    Aktuelle Rezension von: binooki
    Ich bin so glücklich, dass wir mit Oğuz Atay starten durften. Er ist so ein "durchgeknallter" Kerl (möge er in Frieden ruhen) und so ein großartiger Schriftsteller. Es ist mir eine große Freude ihn auf Deutsch zu lesen und es ist mir eine noch größere Ehre ihn verlegen zu dürfen.
  10. Cover des Buches Söhne und siechende Seelen (ISBN: 9783943562019)
    Alper Canigüz

    Söhne und siechende Seelen

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Gwhynwhyfar
    Der Fünfjährige frühreife Alper (er liest Nietzsche gern zum Frühstück) versucht einen Mord aufzuklären, den man der Einfachheit einem geistig Behinderten anhängen will:
    „Die Verantwortung für ein Verbrechen einem Verrückten aufzubürden machte es der Staatsgewalt nicht nur leicht, sondern passte ihr zugleich auch ins Konzept. „Der Mörder war sowieso ein Irrer“ – den Fall mit diesem Satz abzuschließen kam ihnen sehr gelegen. Damit wollten sie andeuten, dass das System so perfekt war, dass man an dem Verstand eines jeden, der gegen die Gesetze dieses Systems verstieß, zweifeln musste. Und genau dieser Denkansatz brachte mich auf die Palme. Wer den Mord begangen hatte war mir eigentlich egal.“
    Vom Reifegrad steht er in Augenhöhe einem intelligenten und erfahrenen Erwachsenen. Man nimmt das Kind aber nicht so ernst, ein Vorteil, wenn man herumschnüffeln möchte. Nebenbei versucht Alper auch die Versetzung seiner Eltern in eine andere Region zu verhindern. Alper schreit: "Erdogan, du Doppel-Arsch!" Genial, dass der Vorgesetzte des Vaters ein Namensvetter des türkischen Ministerpräsidenten ist. Es wird die vorherrschende Meinung der Bevölkerung dazu beschrieben, dass eine Versetzung ins tiefste Anatolien das Ende des Lebens bedeute. Man werde lebendig begraben, denn dort lebten ja nur rückständige Kurden. Die Welt betrachtet Alper auf seine kindlich ehrliche Weise und stößt mit messerscharfem Verstand auf die Zustände in der Türkei.
    Auf einen Krimi darf man die Geschichte nicht reduzieren, denn arabischer Humor und Weisheit durchziehen die Geschichte, die nicht als üblicher Krimi zu deuten ist. Durch die literarischen, wie philosophischen Anspielungen, gesättigt mit schwarzem Humor, ist das Buch trotz einiger Längen zwischendurch ein Leseerlebnis. Das Kind plappert, schimpft, beleidigt wie ihm der Schnabel gewachsen, ein Erwachsener würde sich damit in gefährliche Gewässer begeben, ein gelungener Hinweis des Autors auf die Gefährlichkeit des Wortes in der Türkei.
  11. Cover des Buches Cevdet und seine Söhne (ISBN: 9783596177646)
    Orhan Pamuk

    Cevdet und seine Söhne

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Alira

    Pamuks Erstlingswerk aus dem Jahr 1982 liest sich ungefähr wie Thomas Manns „Zauberberg“: Man kann das 663-Seiten-Buch irgendwo aufschlagen und hat beim Lesen keine Verständnisschwierigkeiten oder das Gefühl, etwas versäumt zu haben.

    Empfehlenswert für alle, die sich für die Gründerjahre der Türkei interessieren und eine Bestätigung, dass das Land unter Atatürk – im Gegensatz zu heute – intellektuell lebendig und aufgeschlossen war.

  12. Cover des Buches Palast des Ostens (ISBN: 9783293405653)
  13. Cover des Buches Die Türkei erzählt (ISBN: 9783596295760)
    Jutta Freund

    Die Türkei erzählt

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Trotat

    „Die Türkei erzählt“ ist ein spannendes Buchprojekt aus dem Jahr 1990, welches von Jutta Freund im Fischer-Verlag herausgegeben wurde. Spannend ist es auch deshalb, weil es den Behauptungen widerspricht, türkische Literatur finde (bzw. fand) keinen oder nur unzureichenden Platz in Deutschland. Für mich ist es jedoch insbesondere aus dem Grund spannend, da es mir bekannte Autoren wie Sabahattin Ali, Sait Faik und Yaşar Kemal mit mir bis dato unbekannten Autoren wie Halikarnas Balıkçısı, Haldun Taner und Aziz Nesin (ihn kannte ich nur aus einem anderen Zusammenhang) verbindet. So schaffen es 17 Kurzgeschichten in eine Anthologie, die überwiegend meinem Geschmack entsprechen, da sie sowohl zeitlich als auch räumlich meiner Vorliebe entsprechen. Hier fünf von fünf Sternen zu geben ist daher eine Selbstverständlichkeit, auch wenn ich natürlich nicht alle Geschichten zu 100 % „todesfeiere“. Schade ist, dass unter den 17 Stimmen aus der Türkei mit Aysel Özakın, Pinar Kür und Füruzan nur drei weibliche enthalten sind.
    Inhaltlich möchte ich aufgrund der Unterschiedlichkeit der jeweiligen Beiträge gar nicht so viel schreiben. Wer sich auch nur im Ansatz für Literatur aus der Türkei interessiert, aber noch keinerlei Zugang dazu hat, ist mit diesem Taschenbuch sehr, sehr gut aufgehoben.

  14. Cover des Buches Der Mathematiker (ISBN: 9783293306042)
    Oğuz Atay

    Der Mathematiker

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Wolkenatlas
    Ein Roman über das Leben des Mustafa Inan Der 1934 im Norden der Türkei in Inebolu geborene und 1977 viel zu früh in Istanbul verstorbene Oguz Atay ist außerhalb der Türkei fast unbekannt. Nach einem Ingenieurstudium an der Technischen Universität Istanbul war er einige Jahre als Dozent an dieser Universität tätig. Sein erster Roman "Die Haltlosen" erschien 1972, ein Jahr später "Gefährliche Spiele". "Der Mathematiker" ist Oguz Atays letzter Roman und erschien 1975. "Der Mathematiker" zeichnet den Lebensweg des Ingenieurs und Mathematikers Mustafa Inan (1911-1967) nach, der schon als Kind mit seinen besonderen Fähigkeiten überraschte und nach einem Promotionsstudium an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich an die Technische Universität Istanbul als Professor zurückkehrte. Später wurde er auch Dekan. Der Roman beginnt damit, dass ein junger Student aus der Provinz vor den Toren der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Ankara steht und versucht, an die Ergebnisse der Aufnahmeprüfungen zu kommen. Ein sympathischer Professor nimmt sich seiner an und beginnt, ausgehend von einer an diesem Tag stattfindenden posthumen Ehrung für Mustafa Inan, dem jungen Mann Mustafa Inans Geschichte zu erzählen. Somit hat Oguz Atay das Rad seines Romans auf sehr subtile Art und Weise ins Rollen gebracht. In klarer, poetischer Prosa erzählt Atay die Lebensgeschichte seines ehemaligen Professors. Er beginnt mit Mustafa Inans Kindheit, die mit einem Sturz vom Dach des Hauses seiner Eltern anhebt und bewegt sich über die Schul- und Studienjahre zur Heirat mit Jale hin, um den Bogen elegant via Zürich zurück nach Istanbul zu schließen. Das tut Oguz Atay auf beeindruckende Weise; er lässt den Leser quasi als Außenstehenden zuhören, wie der Professor Mustafa Inans Geschichte dem jungen Studenten erzählt. Dabei kommen unvermittelt auch andere Stimmen zu Wort. Mitschüler, Studenten, Eltern, Geschwister, Mustafa Inans Frau Jale und viele Andere, die von Zeit zu Zeit ihre Kommentare einstreuen dürfen. Dadurch entsteht ein ständig wechselndes Erzählbild, das die Struktur dieses biografischen, fast dokumentarischen Romans schön auffächert und interessant macht. Mustafa Inans von Oguz Atay gezeichnetes Bild ist lebendig und bunt, seine Persönlichkeit wird gut und überzeugend vermittelt. Ein wenig zu bewusst überzeugend. Und das ist der Punkt, der mich persönlich ermüden ließ. Oguz Atay trägt immer wieder etwas dick auf, daher vermeint man als Leser oft, einer literarischen Seligsprechung des in der Türkei berühmten Gelehrten beizuwohnen. Zu gut, zu imponierend, zu leuchtend, zu inspiriert, zu wichtig, zu korrekt kommt dieser Mustafa Inan in seinem Kampf gegen Trägheit und Faulheit des Denkens dem Leser entgegen. Die damit verbundene moralisierende Botschaft, nämlich, dass sich die Gesellschaft nur entwickeln könnte, wenn diese Trägheit und Faulheit abgelegt werden würde ist einfach zu klar, zu brav, zu wenig künstlerisch inspiriert. Oguz Atay schreibt großartig, seine Prosa ist der rettende Baustein dieses Romans. Atays beeindruckende Satzstrukturen, seine perfekt eingeschobenen Perspektiv- und Zeitwechsel haben mich fasziniert, ich fand mich jedoch bald nur auf Oguz Atays Prosa konzentriert, da mich die lobhudelnde Geschichte, obwohl immer wieder durch fesselnde Abschnitte durchbrochen, nicht bis zum Ende packen konnte. Um einen Vergleich zu bemühen: Ich würde diesen Roman mit einem genial instrumentierten symphonischen Werk vergleichen, dessen Themen und musikalische Inspiration nicht mit dem perfekten Handwerk im Gleichklang sind. Sehr gerne würde ich die ersten beiden Romane Oguz Atays lesen, um zu spüren, wie dieser äußerst interessante türkische Autor mit reiner Fiktion umgegangen ist; das schriftstellerische Potenzial ist in "Der Mathematiker" nämlich sehr wohl vorhanden. (Erstveröffentlicht auf www.sandammeer.at, Roland Freisitzer; 08/2009)
  15. Cover des Buches Auch die Vögel sind fort (ISBN: 9783293209930)
  16. Cover des Buches Die weiße Festung (ISBN: 9783446252356)
    Orhan Pamuk

    Die weiße Festung

     (18)
    Aktuelle Rezension von: Bibipiano
    Das Buch hat sicherlich einen großen literarischen Wert, allerdings schreitet die Handlung streckenweise sehr langsam voran und allein die schönen Sprachbilder reichen dann nicht für ein fesselndes Lesevergnügen. Die Idee des Romans, dass es sich um ein historisches Manuskript handeln soll, ist etwas besonderes und belegt das Genie Orhan Pamuks.
  17. Cover des Buches Die Begleitung (ISBN: 9783943562026)
  18. Cover des Buches Kultgedichte (ISBN: 9783293100145)
    Erika Glassen

    Kultgedichte

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Amigo
    Die Gedichtsammlung gestattet Einblicke in die türkische Literatur und weckt Neugier, neues Gebiet zu erkunden. Man beginnt zu blättern, liest, teils sehr persönliche Essays sowie Kurzbiografien. So wagt man sich weiter vor, vertieft sich, findet erneute und erstmalige Wortbilder für Alltägliches und die härte des Alltags, für Landschaft, Zeit, Freundschaft, Liebe und Tod, für Gewalt, Schönheit, Trauer, Glück, Wachsein und Traum. Sehr empfehlenwert!
  19. Cover des Buches Die Schattenlosen (ISBN: 9783293303850)
    Hasan Ali Toptaş

    Die Schattenlosen

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Eine Rezension zu "Die Schattenlosen" von Hasan Ali Toptas zu verfassen, fällt mir nicht leicht. Allein schon den Inhalt mit eigenen Worten wiederzugeben, ist schier unmöglich. Es fehlt dem Buch an einer linearen und stringenten Handlung. Bekräftigt wird dies im Nachwort von Erika Glassen"Wer versucht, den Inhalt des Romans "Die Schattenlosen" zu resümieren, dem brummt der Schädel. Der Schauplatz verwackelt, man verwechselt Figuren und verirrt sich im Gewirr der Erzählzeiten.“

    Daher greife ich für die Angabe des Inhalts auf den Klappentext zurück:
    Ein Lehrling verschwindet aus dem Frisörsalon. Auch das schöne Mädchen Güvercin ist verschollen - hat der Dorftrottel sie entführt? Das spurlose Verschwinden greift um sich wie eine Epidemie. Schon berichtet die Provinzpresse in fetten Schlagzeilen über den Skandal. Der Bürgermeister, noch siegestrunken nach seiner Wiederwahl, weiß sich nicht mehr zu helfen. Ein Albtraum legt sich über das Dorf. Oder ist dieses Verwirrspiel nur die Erfindung eines in Geschichten vernarrten Kunden, der im Spiegel des Frisörsalons seine Fantasie spielen lässt?

    Anfangs fiel es mir sehr schwer, mich in das Buch einzufinden. Vermutlich hängt dies stark damit zusammen, dass dieses Buch der Postmoderne zuzuordnen ist. (zumindest habe ich das Gefühl, dass es sich hierbei um einen postmodernen Roman handelt) Hasan Ali Toptas legt dem Leser geradezu auf das realistische Denken abzulegen und in eine teilweise surreale Welt einzutauchen. Wirklichkeit und Phantasie alternieren, Zeit und Raum verschwimmen ineinander und es birgt eine Eigenlogik, die manch einen verwirren könnte. Davon ausgehend wird dieses Buch nicht jedermanns Geschmack sein. Es ist sehr speziell und erinnert mich stark an die Werke von Franz Kafka. Ich neige schon dazu Hasan Ali Toptas als den türkischen Kafka zu betiteln. Jeder Der Prozess von Kafka mochte, wird "Die Schattenlosen" lieben und manch einer wird dieses Buch mit Sicherheit sogar wegen des wunderbaren poetischen Schreibstils und der überbordenden Phantasie Toptas als Meisterwerk deklarieren.

    Zu dem Autor:
    Hasan Ali Toptas, geboren 1958 in Buldan, einer Kleinstadt im Südwesten der Türkei, arbeitete ab 1981 als Gerichtsvollzieher und später als Beamter in verschiedenen Finanzämtern. Hasan Ali Toptas gilt als urwüchsiges Erzähltalent. Er besitzt eine magische Beziehung zur türkischen Sprache, der er in seiner klaren Prosa poetische Qualitäten abgewinnt. Für seinen jüngsten Roman Uykuların Doğusu (Morgenland des Schlafs) erhielt er die bedeutende literarische Auszeichnung den Orhan-Kemal-Preis.
  20. Cover des Buches Der Koffer meines Vaters (ISBN: 9783446251724)
    Orhan Pamuk

    Der Koffer meines Vaters

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Wolkenatlas
    Tiefgehende Einblicke in die Welt des Orhan Pamuk Orhan Pamuks Essayband "Der Koffer meines Vaters" ist ein wunderbares, persönliches und teilweise auch sehr poetisches Buch, das einen äußerst sympathischen und tiefen Einblick in das private und künstlerische Leben des türkischen Nobelpreisträgers von 2006 gewährt. Die in diesem Buch gesammelten Essays, Reden, Vorworttexte zu türkischen Erstveröffentlichungen und kurze, teilweise autobiografisch inspirierte Prosaminiaturen spannen den Bogen von seiner an seinen Vater und die wichtige Rolle des Vaters im Leben von Orhan Pamuk erinnernden Rede zur Empfangnahme des Nobelpreises für Literatur bis hin zu seinem abschließenden "Paris Review"-Interview. Dazwischen gibt es Essays und Texte, die in folgende Themengruppen unterteilt sind: Leben, Istanbul, Amerika, Lesen und Bücher, Meine Bücher sind mein Leben, Bilder und Texte, Politik und Staatsbürgerschaft, sowie das bereits erwähnte Interview. "Wenn ich an meine vierundfünfzig Lebensjahre zurückdenke, habe ich jemanden vor mir, der ständig voller Glücks- und Unglücksgefühle am Schreibtisch sitzt und arbeitet. Ich habe meine Bücher stets sorgfältig und geduldig und mit besten Vorsätzen geschrieben und immer an sie geglaubt. Erfolg, Ruhm und berufliches Glück ... von selbst gekommen sind sie nicht." Auf ganz wundersame Art und Weise berührt Orhan Pamuk den Leser, wenn er ihn an diesen teilweise sehr privaten Betrachtungen teilhaben lässt. Seine Gedanken zum Aufstehen in stiller Nacht, zum Gefühl, das sich einschleicht, wenn man nicht mehr raucht, zur poetischen Gerechtigkeit, die Bemerkungen über Traum und Schuldgefühl, zur schönsten Uhr und über Frühlingsnachmittage sind funkelnd, geistreich und literarisch von feinstem Schliff, während manche vom Autor selbst illustrierte Miniaturen sich in teilweise sehr reduzierter, direkter, fast naiver Sprache entfalten. "Wenn ich mit meiner kleinen Tochter Rüya an den Strand gehe, bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Und was will der glücklichste Mensch der Welt am allermeisten? Natürlich weiterhin der glücklichste Mensch der Welt sein. Dazu muss er immer wieder das gleiche tun. Also tun wir immer das gleiche." Großartige, stille und entrückte Momente haben die drei Istanbul und die beiden Amerika gewidmeten Essays, die, sich kleiner Geschichten bedienend, tief in die Welt der ganz unterschiedlichen und doch viele Ähnlichkeiten aufweisenden Städte New York und Istanbul eintauchen. Über interessante literarische Essays zu "Tristram Shandy", Victor Hugos Passion für Größe, Albert Camus, zur Romanwelt Thomas Bernhards, zu Ahmet Hamdi Tanpinar und Salman Rushdies "Die satanischen Verse" und der damit verbundenen Freiheit des Autors, führt der Leseweg zum Abschnitt "Meine Bücher sind mein Leben", der den Büchern des Autors gewidmet ist. Überzeugend und spannend, wie Orhan Pamuk hier seinen Schaffensprozess und die Entstehungsmomente seiner Romane, seine Schaffenswerkstatt quasi wie auf den Präsentierteller legt und dem interessierten Leser einen möglicherweise neuen Zugang zu seinen Romanen ermöglicht. Eine feine, schwarzweiß gehaltene Fotoserie aus Kars begleitet den Essay zu "Schnee"; Fotos, die die Schneewelt von Kars und "Schnee" eindringlich näher bringen. Pamuks differenzierte und komplexe Romanwelt als subtil erklärter Mikrokosmos, das ergibt eine spannende literarische Reise. Die etwas weniger interessanten Essays dieses Bandes sind die wenigen, die sich mit Politik beschäftigen, was aber nach Meinung des Rezensenten eine Frage der absoluten Unvereinbarkeit von Politik und Kunst in einer so klaren literarischen Form ist. Obschon Orhan Pamuks Gedanken und politische Ansichten bewundernswert und klar nachvollziehbar sind, fehlt ihnen die literarische Motivation, was sie für diesen Band entbehrlich erscheinen lässt. "Der Koffer meines Vaters" ist ein aufregender und beeindruckender Band, der den Wunsch, weiter in den literarischen Kosmos dieses Autors einzudringen, eindeutig geweckt hat und in dem man jederzeit gerne einzelne oder mehrere Texte wieder lesen möchte. "Ich weiß, dass ich jetzt, im April 2007, im Alter von vierundfünfzig Jahren, schon mehr als die Hälfte meines Lebens hinter mir habe, aber ich glaube, dass mein bisher zweiunddreißig Jahre währendes Schriftstellerleben erst bei der Hälfte angelangt ist. Vor mir sollten noch einmal zweiunddreißig Jahre liegen, in denen ich Bücher schreiben kann, die meine Mutter und andere Leser überraschen." Möge dieser Wunsch Orhan Pamuks in Erfüllung gehen. (Erstveröffentlicht auf www.sandammeer.at, Roland Freisitzer; 03/2010)
  21. Cover des Buches Tschador (ISBN: 9783936738414)
    Murathan Mungan

    Tschador

     (8)
    Aktuelle Rezension von: dzaushang
    Stellen sie sich einmal vor: Sie lebten in einer Welt voller Tod und Trauer, einer Welt, in der es auf den Friedhöfen lebendiger zugeht als in den Städten. Stellen sie sich vor, sie lebten in einer Welt, beherrscht von einem religiös totalitärem Regime. Sie lebten in ständiger Furcht und Angst, denn schon ein kleines Missverständnis könnte ihren Tod bedeuten. Und stellen sie sich vor, ihr Tod könnte so etwas wie eine Erlösung sein, denn, obwohl sie noch „Leben“ sind sie doch schon vor langer Zeit gestorben: zuerst gab es keine Worte mehr für das, was sie erlebten; dann spürten sie noch, wie auch ihre Mitmenschen verstummten. Nach den Worten verschwanden ihre Phantasie, ihre Träume, ihre Hoffnung auf ein neues Leben. Und die Frauen, auch sie sind verschwunden. Schon zu Lebzeiten haben sie vergessen, wie das Lächeln einer Frau aussieht. Verschwunden sind sie, die Frauen, die Burka verhüllt sie, macht sie nicht mehr existent. Mit der Auslöschung der Frauen verschwindet so auch eine Hälfte des Lebens. Machen sie diese Zeilen beklommen, denken sie, das ist unvorstellbar? Mit seinem Roman „Tschador“ führt uns Murathan Mungan genau in solch eine Welt. Sein Protagonist Akhbar kehrt nach dem Krieg aus seinem Exil zurück in die Heimat, auf der Suche nach seiner Familie. Schnell muss er aber feststellen, dass für ihn nur ein paar Jahre vergangen sind, für die Menschen in seiner Heimat aber mindestens einhundert Jahre. Und das nichts mehr so ist, wie es einmal war. Wie die Glut der Sonne alles versengt, wie der Wüstenwind mit seinen sandigen Schleiern alles bedeckt und verhüllt, so trifft er auf Menschen ohne Worte, voller Angst und Furcht. Seine Familie lässt sich nicht mehr dort finden wo er sie vermutete. Eine lange, mühselige Reise beginnt. Aber auf der Suche nach den Spuren seiner Familie beginnt auch Akhbar sich ganz langsam zu verändern. Mich hat dieser Roman mit seiner unheimlich dichten und authentischen Struktur sehr beklommen gemacht. Kein Land dieser Erde wird ausdrücklich benannt, mindestens ein halbes Dutzend Staaten kommt mir beim Lesen aber in den Sinn. „Tschador“ ist kein alltäglicher Roman, der Wucht und der Kraft seiner Worte ist der Leser letztlich völlig schutzlos ausgeliefert. Immer wieder wird er in die Irre geführt – spürt er zu spät, das er einmal mehr nur einer Fata Morgana gefolgt ist. Es gibt keine Hoffnung auf baldige, bessere Zeiten, nicht einmal andeutungsweise. Unbedingt lesenswert.
  22. Cover des Buches Behzat Ç - verschütt gegangen (ISBN: 9783943562040)
    Emrah Serbes

    Behzat Ç - verschütt gegangen

     (10)
    Aktuelle Rezension von: ChaosQueen13
    Für Hauptkommissar Behzat C. ist das wichtigste in seinem Leben, seine Arbeit beim Morddezernat in Ankara, dadurch leidet auch sein Privatleben. In dieser Hinsicht unterscheidet es sich nicht von so vielen anderen Roman-Kriminal-Kollegen. Behzat C. muss in diesem Buch ein Mord aufklären, der zuerst wie ein Selbstmord aussieht. In diesem korrupten Fall sind Staatsschutz und Antiterroreinheiten verwickelt. Hauptkommissar Behzat C. angetrieben von seinem Streben für Recht und Ordnung, macht sich an die Arbeit um den Mordfall zu lösen. Ein äußerst plausibler und spannender Krimi von der ersten bis zu letzten Seite.
  23. Cover des Buches Seelenfrieden (ISBN: 9783293207639)
    Ahmet Hamdi Tanpinar

    Seelenfrieden

     (6)
    Aktuelle Rezension von: Clari
    Ahmet Hamdi Tanpinar Seelenfrieden Unionsverlag ISBN 3293100139 In dem Buch des bereits 1901 geborenen Schriftstellers Hamdi Tanpinar kann man die politische und geistige Entwicklungsgeschichte der Türkei vom Untergang des osmanischen Reichs bis zum Beginn des zweiten Weltkriegs finden. Um die Figur des Helden Mümtaz erfährt die Geistesgeschichte Istanbuls Belebung, mit der man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dort eine Verbindung zwischen Orient und Okzident suchte. Man begleitet den Helden durch seine Zeit. Der Untergang des osmanischen Reichs ist zum Ende des ersten Weltkriegs hin besiegelt, und einschneidende gesellschaftliche und soziale Umwälzungen durch den Staatsführer Atatürk stehen an. Mümtaz erlebt den gewaltsamen Tod seines Vaters mit, die Vertreibung aus seiner Geburtsstadt und kurz darauf den Tod der Mutter, die nach schwerer Krankheit stirbt. Im Alter von 11 Jahren ist er zum Waisenkind geworden. Nach glücklichen Jahren im Hause seines Vetters Ihsan in Istanbul beginnt er ein Leben als Literaturdozent. Hoch sensibel und von tiefen Gedanken an sein Leben erfüllt wandert er geradezu traumwandlerisch durch die Gassen und Basare Istanbuls. Er ist 26 Jahre alt und seine Beobachtungen, Gedanken und Gefühle wecken wehmütige Erinnerungen an sein junges Leben. Da gab es Nuran, seine große Liebe, und es gab die Trennung von ihr! Man ahnt, dass tragische Ereignisse die Liebe zerstörten. Cit . Suat, ein Freund der beiden, fungierte als böses Omen, der als störendes Element ihr Glück bedrohte. Auf seinen Wegen schaut Mümtaz bei Buchhändlern vorbei, liest in den Büchern bekannter Auoren der europäischen Geistesgeschichte und verweilt bei den bekannten Dichtern aus der Türkei. In ihm scheinen sich die Geisteswelten zweier gegensätzlicher Kulturen zu berühren. Tanpinar schreibt einen träumerischen, assoziativen Stil, der zuweilen an Prousts erinnert. Die Liebesgeschichte zwischen Mümtza und seiner geliebten Nuran bietet Gelegenheit, tief in die türkische Lebensweise einzutauchen. Der Umgang zwischen den beiden Liebenden und Gespräche zwischen Freunden und Verwandten zeigen westlich aufgeklärte und orientalisch beeinflusste Lebens- und Denkmuster. Reflexionen über Literatur, Musik, Dichtung und Kunst insgesamt bestimmen auf weite Strecken den Inhalt der Erzählung. Familienbande bieten den anregenden Stoff für den Fortgang der Handlung, in der nicht zuletzt der Wertekanon der Gesellschaft berührt wird. Hoch intellektuelle Gespräche führen zu Fragen des Seins und des vollkommenen Glücks als Utopie, die niemals Wirklichkeit werden kann. Tanpinar hegte enge Verbindung zu seiner osmanischen Vergangenheit. Mit der Gründung der Republik 1923 durch Kemal Atatürk wurde in rigoroser Weise mit alten Gesellschaftsstrukturen aufgeräumt. Der Dichter wurde ein Wanderer zwischen den Welten: einerseits hat er Europa bereist und die Kultur jener Länder geschätzt, daneben aber die türkische Kultur hoch gehalten. Alle Tendenzen seiner eigenen Entwicklung kommen in seinem vorliegenden Roman, der 1949 erstmals erschienen ist, zum Tragen. In einem ausgezeichneten Nachwort von Wolfgang Günter Lerch kann man über den Autor und seine Bedeutung für die türkische Literaturgeschichte viele hervorragende Hinweise finden.
  24. Cover des Buches Der Bonbonpalast (ISBN: 9783036959771)
    Elif Shafak

    Der Bonbonpalast

     (31)
    Aktuelle Rezension von: Brombeere

    Worum geht es?
    Ein heruntergekommenes Haus mit mehreren Mietparteien, der Müllgeruch im Haus, die verschiedenen Beziehungen untereinander und zur Außenwelt.

    Worum geht es wirklich?
    Dreck, Geheimnisse und Schuld

    Lesenswert?
    Jein. Zwar gut lesbar, aber nicht wirklich unterhaltsam. Gefallen hat mir der Schreibstil, die überspitze und humorvolle Darstellung der einzelnen Bewohner*innen und die Nameswahl, die das ganze manchmal wunderbar kurios wirken lies.

    Zu Beginn erfährt man zu jeder Person eine eher ausführliche Geschichte, nach und nach werden die Kapitel kürzer und es wird eher der Alltag in dem dreckigen Haus mit dem wundervollen Namen „Bonbonpalast“ dargestellt.

    Zusätzlich gibt es mehrere Rahmenhandlungen und Erzählstränge die überhaupt erst einmal zu der Haussituation in der Gegenwart führen.

    Auch wenn mir die Sprache an sich gefallen hat, so habe ich sie doch als recht eingedeutscht empfunden und finde es schade, dass so wenige türkische Begriffe verwendet werden. Zeitgleich taucht ab und an Umgangssprache bei der Erzählstimme auf, was nicht wirklich passend wirkt. (Zudem sei erwähnt, dass die rassistische Bezeichnung für Roma und Sinti an mehreren Stellen fällt.)

    Die einzelnen Geschichten der Bewohner*innen sind zwar ganz interessant, aber für mich waren sie dennoch alle belanglos und wirkliche Tiefe ist nicht aufgekommen. Stattdessen geht es viel um schlechtes Gerede, Geheimnisse und den immer wiederkehrenden Müll samt seines Geruchs.

    Vielleicht habe ich die Absicht nicht verstanden, vielleicht geht es gerade um diese ganzen schlechten Seiten, vielleicht soll es genau so schmutzig zwischen den Menschen sein wie das Gebäude selbst.

    Aber wirklich unterhaltsam oder bereichernd war diese Lektüre einfach nicht.

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks